CAROLA KUPFER • CHRISTINE WEINER
DAS
PIPPILOTTA
PROJEKT
ICH WEISS, WAS ICH WILL –
UND ICH WERDE ES MIR HOLEN
SCHRITT FÜR SCHRITT
ZUM BERUFLICHEN ERFOLG
Sind Sie längst eine Pippilotta?
Sind Sie bereits auf einem guten Weg?
Was braucht es noch, um
eine Pippilotta zu sein?
Wir haben hier einige Situationen zusammengetragen, die Sie sich am besten im eigenen Umfeld vorstellen, um sie dann, nach kurzem Nachspüren, für sich selbst einzuschätzen.
Dabei gibt es kein Richtig oder Falsch, weder besonders gute Auswertungen noch schlechte. Sinn und Zweck der Übung: für sich zu schauen, wo man »pippilottamäßig« steht.
Als eine interessante Aufgabe in Ihrer Abteilung zu vergeben ist, melden Sie Ihr Interesse sofort an, ohne erst einmal auszukundschaften, wer außer Ihnen diesen Job noch will.
Ihr Freund reagiert irritiert, als Sie ihm eröffnen, aus beruflichen Gründen ein halbes Jahr ins Ausland gehen zu wollen. »Muss das sein?«, will er von Ihnen wissen. Sie schlagen ihm vor, er könne ja in seinem Job pausieren und Sie begleiten.
Alle Frauen in Ihrer Abteilung tragen meist Hosenanzüge. Sie präferieren Kleider. Wie wahrscheinlich ist das?
Als Sie Ihr Jahresgespräch haben und Ihr Vorgesetzter/Ihre Vorgesetzte Ihnen eine Gehaltserhöhung anbietet, antworten Sie: »Das ist super, aber zu wenig.«
Obwohl alle Kolleginnen eher Kleidung in gedeckten Farben tragen, wählen Sie jeden Tag gezielt einen bunten Tupfer.
Ihre Mutter wünscht sich von Ihnen, dass Sie endlich vernünftig werden und Ihr Leben ändern. Ihre Reaktion: »Ich verstehe dich. Du darfst dir das wünschen. Aber nicht jeder Wunsch wird einfach erfüllt.«
Die Weihnachtsfeier ist immer schön, fängt aber Jahr für Jahr extrem langweilig mit diversen Reden an. Darum kommen Sie erst, wenn die Reden vorbei sind.
»Kannst du dich nicht einfach uns anschließen und mit uns allen wandern gehen?«, fragt Sie eine Freundin, die eigentlich wissen müsste, dass Sie lieber alleine losziehen. Sie lächeln und sagen: »Ach, du weißt doch, wie merkwürdig ich bin.«
Obwohl Sie eine Verabredung fest zugesagt haben, trauen Sie sich, diese auch wieder abzusagen. Ohne Ausrede.
Ihre Kollegin will Sie für eine Entscheidung gewinnen, hinter dem Sie nicht stehen. Obwohl dicke Luft zu erwarten ist, sagen Sie einfach: »Nein. Wenn du magst, nenne ich dir auch die Gründe.«
Sie sind selbstständig und müssen sich bei den Treffen Ihres Netzwerkes ständig anhören, wie toll der Umsatz dieses Jahr bei den anderen ist und dass schon jetzt Bestellungen für das nächste Jahr eingehen. Sie steigen in dieses Konkurrenzkarussell nicht ein; stattdessen erzählen Sie von Ihren Urlaubsplänen.
Man hat Ihnen zugetragen, dass eine Kollegin nicht gut über Sie spricht. Obwohl diese Frau Sie ignoriert und meidet, grüßen Sie sie jeden Tag freundlich und halten Ihr die Tür auf.
Ihr Vorgesetzter/Ihre Vorgesetzte möchte, dass Sie im Team eine andere, leider unspektakuläre Aufgabe übernehmen. Sie antworten: »Auf keinen Fall!«
»Wenn Sie sich nicht grundlegend ändern, müssen wir uns von Ihnen trennen.« Darauf reagieren Sie nicht irritiert, sondern fragen sachlich und konzentriert nach den Gründen.
In einer Gruppe fallen Sie den anderen auf, egal, was Sie tun. Dann ist es halt so!, freuen Sie sich und machen Sie sich gleich noch ein bisschen größer.
Als Sie den Abteilungsleiter Ihrer Gruppe treffen, begrüßt Sie dieser mit den Worten: »Na, Ihre Probezeit ist ja nun bald um.« Sie antworten ihm ruhig: »Das stimmt. Ihre auch.«
»Das Zimmer ist aber für Sie vorgesehen«, reagiert das Hotel auf Ihre Beschwerde. »Kann schon sein«, antworten Sie. »Aber ich möchte ein anderes, und das ist mein Recht.«
Sie werden gefragt, was Sie sich zum Geburtstag wünschen. »Eine ganze Menge!«, sagen Sie und sind bereit, die Wünsche aufzuzählen.
»Meine Güte, bist du hartnäckig!«, spiegelt Sie ein Freund. »Stimmt«, antworten Sie. »Ich weiß, was ich will, und werde es mir holen.«
Alles kleine Situationen, die nicht einfach mit »Ja« oder »Nein« zu beantworten sind, die Ihnen allerdings ein Gefühl dafür vermitteln können, ob Sie schneller als nötig mit Anpassung, Scheu oder Zurückhaltung reagieren. Und Sie bekommen ein Gefühl dafür, wie es für Sie ist, eine »Extrawurst« zu haben oder so etwas wie das »schwarze Schaf« zu sein.
Ein Blick auf Ihre Skalierungen zeigt Ihnen allein optisch auf, wie sehr Sie schon eine Pippilotta sind. Wir haben auf eine Auswertung verzichtet, weil Sie individuell sind und nicht mit anderen vergleichbar. Sie haben eine Selbsteinschätzung vorgenommen. Der Test wird Sie also vermutlich zum Nachdenken verführt haben, das ist uns Auswertung genug. Sollten Sie sich dabei ertappt haben, dass Sie viel zu häufig nachgeben oder Rollen/Aufträge übernehmen, die Sie eigentlich nicht wollen, wissen Sie nun, dass Sie auf dem »Pippilotta«-Weg sind. Denn allein das Erkennen sorgt dafür, dass etwas in Bewegung gerät und sich verändert.
Im Übrigen ist keine von uns je eine 100-prozentige Pippilotta. Auch Pippi Langstrumpf selbst nicht. Dafür macht ihr das Unperfekte viel zu viel Spaß. (Die Sommersprossen im Gesicht des Lebens!)
Sollten Sie bei diesem Test den Eindruck gewonnen haben, es gäbe da noch ein bisschen was für Sie zu tun, weil Sie gerne mehr Pippilotta wären, dann hätten wir da etwas für Sie …
Aufforderung zur Aufmüpfigkeit
Nach Erscheinen des Buches Das Pippilotta-Prinzip wurden wir von der Presse gefragt, ob wir die Frauen dazu ermutigen wollten, anderen auf die Nerven zu gehen, indem sie sich inadäquat verhalten und Grenzen überschreiten. Wir erklärten damals, dass wir schon froh seien, wenn Frauen überhaupt erst mal bis an Grenzen gingen und nicht vor lauter Höflichkeit und vorauseilendem Gehorsam 50 Meter davor stehen blieben.
Wenn wir Sie also um mehr »Aufmüpfigkeit« bitten, dann geht es uns sicher nicht darum, dass Sie jemandem auf die Füße treten, Hilfe verweigern oder unverschämt werden. Allerdings fordert es uns heraus, immer und immer wieder zusehen zu müssen, wie Frauen zu schnell klein beigeben, statt auf ihr Recht zu bestehen; lieber verzichten sie um des lieben Friedens willen auf ihren verdienten Anteil. Und da wir Pippilotta-Autorinnen nun einmal im Dienste der Ringelstrümpfe unterwegs sind, wollen wir Sie auch auf dem Weg begleiten, dessen Wegweiser lautet: »Ich lass mich nicht mehr verunsichern und weiß, was ich will.«
Schluss damit!
Oft werden uns solche Situationen in Seminaren erzählt – und auf einmal wird es ungewöhnlich still im Raum. Die Frauen fragen sich, warum sie nicht keifen, argumentieren, verbal zurückschlagen, sondern weiter brav und lammfromm wie Annika ihre »Hausaufgaben« machen. Selten steckt dahinter Feigheit; meist handelt es sich um ein ungesundes Geschwulst der an sich sympathischen Einstellung: »Ach, gib einfach mal nach«. Wenn Peter doch so gerne Cabrio fährt und die Freundin Sorge hat, den Zug zu verpassen … Frauen möchten in der Regel so etwas wie eine »Pippilotta im Lammfell« sein: Sie wollen nicht unangenehm auffallen, nicht als anstrengend empfunden werden, weder als zickig noch als spießig gelten. Auch Christine tappte jüngst in solch eine Falle. »Ach, hier auf dem Campingplatz musst du das Fahrrad doch nicht anketten. Sind doch alles Camper hier. Am nächsten Morgen war das geliebte Fahrrad weg und Christine ärgerte sich doppelt, zum einen über den Diebstahl, zum anderen über sich selbst. »Ich wollte in dem Moment nicht die blöde Spießerin sein. Das hab ich jetzt davon!«
Es ist schwierig, bei sich zu bleiben, wenn ein anderer sagt: »Wie bist du denn drauf? So komisch hat sich ja noch nie jemand benommen …« Als Kind bekamen wir zu hören: »Stell dich nicht so an!«, »Sei brav!«, »Mach, was ich dir sage!«, »Der Klügere gibt nach!«. Viele von uns wurden wie »ein typisches Mädchen« erzogen. Sittsam, still und leise. Unsere Brüder hingegen wurden eher aufgefordert, mal mit dem Vater zu ringen oder gegen ihn beim Fußball anzutreten. Und natürlich »gewannen« sie möglichst oft, um ihr männliches Selbstbewusstsein zu kräftigen.
So extrem ist das heute zum Glück nicht mehr, und doch spüren wir eine Menge Wut bei den Frauen, wenn sie im geschützten Rahmen die Gelegenheit bekommen, sich Luft zu machen, »Nein!« und »Schluss!« in die Welt hinauszurufen. Das ist es, was wir von Pippi Langstrumpf lernen können: dieses Nein, die klare Ansage »Das darfst du mit mir nicht machen«, sich zu wehren, bei sich zu bleiben und auf dem eigenen Standpunkt zu beharren.
Der kleine Pippilotta-Bodyguard
Für das Pippilotta-Projekt ist es schon sinnvoll, mit kleinen Verweigerungen zu beginnen und so den schlaffen Aufmüpfigkeitsmuskel zu trainieren. Fangen wir mit dem Schmollmund an: Ziehen Sie einen Schmollmund und halten Sie ihn mindestens zehn Sekunden!
Und nun probieren Sie bei nächster Gelegenheit die folgenden Sequenzen einfach mal aus, wandeln Sie diese gegebenenfalls den Umständen entsprechend ab – und nehmen Sie die Veränderung wahr! Jeder noch so kleine Schritt in die eigene Richtung, ohne langes Abwägen, was die anderen (von uns) wollen könnten, ist ein guter Schritt.
Die Welt ist voll von Menschen, die davon profitieren, dass Sie so anpassungsfähig sind und es Ihnen nichts ausmacht, die eigenen Wünsche aufzugeben oder hintanzustellen. Beruflich, das hat Pippilotta Ihnen in diesem Buch vorgemacht, bringt Sie diese Angepasstheit nicht weiter. Vielmehr werden Sie weiter die Adressatin für Aufgaben sein, die jemand anderes nicht machen will. Wehren Sie sich, formulieren Sie mit Ihrer ganzen persönlichen Ausstrahlung ein »Nein!« und bestehen Sie darauf, dass Ihre Wünsche Gehör finden.
Wenn jeder zu dem steht, was er kann und will, kommen mehr Vielfalt und Farbe in die Welt.
Christine Weiner, Carola Kupfer: Das Pippilotta-Prinzip. Campus Verlag, Frankfurt 2006
vgl. Schulz von Thun, »Inneres Team«, http://www.schulz-von-thun.de/index.php?article_id=93, zuletzt abgerufen am 27.01.2016
Astrid Lindgren: Pippi Langstrumpf – Gesamtausgabe. Verlag Friedrich Oetinger GmbH, Hamburg 1987, S. 22
Lindgren (1987), S. 166
Lindgren (1987), S. 44
Lindgren (1987), S. 45
Lindgren (1987), S. 14
Lindgren (1987), S. 17
Lindgren (1987), S. 277
Lindgren (1987), S. 277
Lindgren (1987), S. 24ff.
Lindgren (1987), S. 110
Lindgren (1987), S. 199
Lindgren (1987), S. 199
Lindgren (1987), S. 16
Lindgren (1987), S. 161
Lindgren (1987), S. 53
Lindgren (1987), S. 16
Lindgren (1987), S. 18
Lindgren (1987), S. 71
Lindgren (1987), S. 272
Lindgren (1987), S. 11
Lindgren (1987), S. 12
vgl. Studie Ernst&Young: »Frauen machen Firmen erfolgreicher«, http://www.stern.de/wirtschaft/job/studie-von-ernst-young-frauenmachen-firmen-erfolgreicher-3523430.html, Stern online vom 18.01.2012, zuletzt abgerufen am 27.01.2016
Lindgren (1987), S. 129
vgl. Forsa-Studie: »Frauen nutzen berufliche Netzwerke stärker als Männer«, http://www.marketing-boerse.de/News/details/forsa-Studie---Frauennutzen-berufliche-Netzwerke-staerker-als-Maenner, vom 09.02.2009, zuletzt abgerufen am 27.01.2016
vgl. Forsa-Studie (2009)
Lindgren (1987), S. 227
Lindgren (1987), S. 225
Lindgren (1987), S. 290
Lindgren (1987), S. 355
Lindgren (1987), S. 104
Lindgren (1987), S. 103ff.
Lindgren (1987), S. 394f.