ABW!R ARBEITSBÜCHER WIRTSCHAFTSRECHT
Herausgegeben von
Prof. Dr. Jörg-Dieter Oberrath
Fachhochschule Bielefeld
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6. Auflage, 2015
Print ISBN 978-3-415-05493-6
E-ISBN 978-3-415-05570-4
© 2011 Richard Boorberg Verlag
E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara
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A. Einleitung
I. Sinn und Zweck des Buches
II. Fallbearbeitung im Bürgerlichen Recht
1. Fragestellungen
2. Falllösung
B. Prüfung eines vertraglichen Anspruchs
I. Grundsätzlicher Prüfungsablauf für den Erfüllungsanspruch
1. Allgemeiner Prüfungsablauf
2. Einzelne Prüfungsabläufe bezüglich des Entstehens des Anspruchs
3. Einzelne Prüfungsabläufe bezüglich des Erlöschens des Anspruchs
4. Einzelne Prüfungsabläufe bezüglich der Gegenrechte des Anspruchsgegners
II. Besondere Prüfungsabläufe
1. Prüfung der Wirksamkeit einer AGB-Klausel
2. Prüfung von Schadensersatzansprüchen wegen Unmöglichkeit der Leistung
3. Prüfung von Schadensersatzansprüchen wegen Verzögerung der Leistung
4. Prüfung von Schadensersatzansprüchen wegen Schlechtleistung
5. Verletzung von Nebenpflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB
6. Anspruch des Schuldners bei Gläubigerverzug (Annahmeverzug)
7. Prüfung von Ansprüchen aus abgetretenem Recht
8. Vertiefungshinweise/Coachingzone
C. Prüfungsablauf bei Ansprüchen aus ausgewählten Vertragstypen
I. Mängelansprüche bei einem Kaufvertrag
1. Anspruch auf Nacherfüllung
2. Recht auf Rücktritt
3. Recht auf Kaufpreisminderung
4. Anspruch auf Schadensersatz
5. Ansprüche des Verkäufers nach §§ 478, 437 BGB gegen den Lieferanten bei einem Verbrauchsgüterkauf
6. Fallbeispiel
II. Ansprüche aus Wohnraummietvertrag
1. Mietzinsanspruch
2. Ansprüche des Mieters wegen Mängeln der Mietsache
3. Ansprüche des Vermieters
III. Ansprüche aus einem Werkvertrag
1. Anspruch des Unternehmers auf Werklohn
2. Ansprüche wegen Mängeln des Werkes
3. Fallbeispiel
IV. Ansprüche aus einem Darlehensvertrag
1. Anspruch auf Rückzahlung bei einem Gelddarlehen
2. Anspruch auf Rückgabe bei einem Sachdarlehen
V. Ansprüche aus weiteren für die Wirtschaft relevanten Verträgen
1. Anspruch gegen den Bürgen aus einem Bürgschaftsvertrag
2. Anspruch des Leasingnehmers bei Mängeln der Leasingsache
3. Ansprüche des Leasinggebers bei Zahlungsverzug des Leasingnehmers
VI. Vertiefungshinweise/Coachingzone
1. Spezialprobleme
2. Weitere Übungsfälle
3. Aufsätze/Rechtsprechung
D. Glossar/Definitionen
E. Fallfinder
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Die Erfahrung zeigt, dass Studierende in Rechtsfächern relativ wenig Probleme damit haben, sich die theoretischen Grundlagen für die Lösung einzelner Rechtsprobleme anzueignen. Schwierigkeiten bereitet ihnen dagegen die Anwendung des Erlernten auf die in den Klausuren geforderte Bearbeitung konkreter juristischer Fälle. Abgesehen von den Schwierigkeiten, sich in die Besonderheiten der juristischen Fallbearbeitungstechnik einzufinden, treten häufig weitere Probleme auf. Zum einen werden die in dem jeweiligen Fall untergebrachten Fragestellungen oft nicht logisch korrekt in die Prüfung einer Norm eingebunden. Zum anderen bereitet es Schwierigkeiten, die Zusammenhänge verschiedener Regelungsbereiche zu erkennen, insbesondere das Zusammenspiel verschiedener Normen.
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Hier setzt das vorliegende Buch an. Mit Hilfe von Prüfungsschemata für die gängigsten Klausurkonstellationen soll den Studierenden ein Fahrplan für die Bearbeitung eines Falles an die Hand gegeben werden. Auf die Vermittlung theoretischer Kenntnisse wird dabei weitgehend verzichtet. Das Buch soll Vorlesungen und Lehrbücher nicht ersetzen, sondern ergänzen. Es kann dabei sowohl zur Nachbearbeitung einzelner Themenkomplexe als auch zur Wiederholung des gesamten Stoffes im Rahmen der Klausurvorbereitung eingesetzt werden. Das Buch beschränkt sich dabei nicht auf die Vorstellung verschiedener Prüfungsabläufe, sondern bietet mit den enthaltenen Fällen und dem Glossar auch die Möglichkeit, sich über die in den Übersichten auftretenden Begriffe kurz zu informieren und das einzelne Schema in einem darauf zugeschnittenen Fall direkt anzuwenden.
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Dementsprechend kann man sich mit dem konsequenten Durcharbeiten des Buches einen guten Überblick über typische Probleme und Fallgestaltungen des Bürgerlichen Rechts verschaffen. Das Buch kann aber auch punktuell eingesetzt werden. Es ist möglich, gezielt einzelne Begriffe nachzuschlagen, um Sicherheit in der Beherrschung von Definitionen zu erlangen. Außerdem können konkrete Prüfungsabläufe zu einzelnen Problemen und Fallgestaltungen, auf die man in Vorlesungen oder Lehrbüchern stößt, nachvollzogen werden. Schließlich kann auch die Bearbeitung juristischer Fälle geübt werden.
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Grundlage eines Falles aus dem Bürgerlichen Recht ist die Darstellung eines tatsächlichen Lebenssachverhalts mit rechtlichen Bezügen. Sie schließt mit einer Fallfrage ab. Diese kann auf die Begutachtung der gesamten Rechtslage („Wie ist die Rechtslage?“) oder eines einzelnen Aspekts, insbesondere das Vorliegen eines Anspruchs („Hat A einen Anspruch auf … gegen B?“), gerichtet sein. Ansprüche (vgl. § 194 Abs. 1 BGB) können sich aus einem Vertrag (z. B. Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach § 433 Abs. 2 BGB), der Herrschaft über eine Sache (z. B. Herausgabeanspruch des Eigentümers aus § 985 BGB) oder einem gesetzlichen Schuldverhältnis (z. B. Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung eines Rechtsguts aus § 823 Abs. 1 BGB) ergeben. Zu beachten ist, dass man sich klarmachen muss, worauf die Fallfrage genau abzielt. Dabei kann man sich folgenden Merksatzes bedienen: „Wer will was von wem woraus?“. Die Frage nach „wer“, „was“ und „wem“ ergibt sich direkt aus dem Falltext. Bezüglich der Frage nach dem „Woraus“ muss die geeignete Anspruchsgrundlage gesucht werden. Zu beachten ist, dass für einen Anspruch auch mehrere Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen können (sog. Anspruchskonkurrenz), die dann allesamt zu prüfen sind. Soweit für diese Ansprüche unterschiedliche Rechtsgründe in Betracht kommen – man unterscheidet üblicherweise Ansprüche aus Vertrag, Ansprüche aus dinglichem Recht und gesetzliche Ansprüche –, werden üblicherweise meist die vertraglichen, dann die dinglichen und als letztes die gesetzlichen Ansprüche geprüft. So sind auch die beiden Bände des Arbeitsbuchs „Bürgerliches Recht“ aufgebaut.
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Die Falllösung erfolgt in zwei Schritten. Zunächst muss unter Berücksichtigung der bei der Vorüberlegung gefundenen Grundsätze und Normen eine These aufgestellt werden. Soweit es um mehrere Ansprüche oder Anspruchsgegner bzw. -berechtigte geht, ist jeweils eine gesonderte These aufzustellen. Hauptteil der Falllösung ist die Prüfung, ob die aufgestellte These auf den konkreten Fall zutrifft. Man muss dabei untersuchen, ob die für die Erfüllung der These erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere die Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen Normen, erfüllt sind (sog. Subsumtion). Mit der Feststellung, dass ein Anspruch entstanden ist, ist die Lösung – vor allem bei vertraglichen Ansprüchen – oft noch nicht endgültig gefunden. Ansprüche können nämlich auch wieder erlöschen, oder sie können infolge von Gegenrechten des Anspruchsgegners nicht durchsetzbar sein (vgl. hierzu Übersicht 1 Rn. 10).
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Für die Arbeit mit den Prüfungsabläufen gilt, dass der Leser zunächst die einzelnen Prüfungsschritte mittels Nachlesen der zitierten Normen und der im Glossar erklärten Begriffe nachvollziehen und dann die Anwendung anhand des Übungsfalls erproben sollte. Dabei ist die angebotene Lösung selbstverständlich zunächst abzudecken, da nur so eine echte Kontrolle gewährleistet ist, ob der Prüfungsablauf wirklich beherrscht wird.
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Bei der Anwendung der Prüfungsabläufe ist ferner zu beachten, dass es sich nur um ein Hilfsmittel zur Prüfung von Fällen handelt. Ein sklavisches Abarbeiten der einzelnen Prüfungspunkte ist zu vermeiden. Es ist jeweils der konkrete Sachverhalt im Auge zu behalten. Dabei ist zu beachten, dass die vom Aufgabensteller in den Sachverhalt eingearbeiteten Informationen den Fallbearbeiter führen und ihm Hinweise geben sollen, welche Punkte problematisch sind und daher intensiver als andere behandelt werden sollten. Allerdings gibt es bei den meisten Schemata auch Punkte, die erfahrungsgemäß fast immer eine Rolle spielen. Auf diese Punkte wird in den Ausleitungen zu den jeweiligen Schemata besonders hingewiesen.
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Die Prüfungsabläufe sind so angelegt, dass sie alle notwendigen Prüfungsschritte erfassen. Allerdings ist die dargestellte Prüfungsreihenfolge nicht immer zwingend, weil sich aus den Gesetzen oder aus der Logik nicht überall eine bestimmte Abfolge ableiten lässt. Insoweit handelt es sich lediglich um einen Vorschlag. Andere Möglichkeiten der Prüfungsreihenfolge sind denkbar. Entsprechendes gilt für die Lösung der Fälle. Auch hier sind je nach Auffassung und Argumentation bei einigen Problemen auch andere Meinungen vertretbar. Die Autoren haben sich bemüht, bei Meinungsstreitigkeiten der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu folgen. Insbesondere bei Klausuren kann davon natürlich auch abgewichen werden. Entscheidend ist letztlich vor allem, dass die vertretene Auffassung nachvollziehbar begründet wird.
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Unabhängig von dem einzelnen Vertragstyp existiert ein einheitlicher Ablauf für die Prüfung eines Anspruchs auf Leistung bzw. Gegenleistung aus einem Vertrag. Herkömmlicherweise wird dabei untersucht, ob der Anspruch entstanden ist, ob er erloschen ist und ob er noch durchsetzbar ist. Gegenstand der verschiedenen Prüfungsabschnitte sind die gängigen Problemkreise des Allgemeinen Teils des BGB und des Allgemeinen Schuldrechts. Dementsprechend werden in der Klausur üblicherweise auch nur einzelne Punkte zu prüfen sein. Allgemein muss bei der Klausurlösung beachtet werden, dass nur die erheblichen Punkte zu prüfen sind. Sofern bestimmte Tatbestandsmerkmale offensichtlich vorliegen, muss dies bei der Lösung nur kurz festgehalten werden, z. B. durch Formulierungen wie „Die Parteien haben einen Kaufvertrag geschlossen“.
Die Prüfung problematischer Punkte leitet man mit Formulierungen wie „Fraglich ist, ob …“ oder „Zu prüfen ist, ob …“ ein.
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Übersicht 1
Prüfung eines vertraglichen Anspruchs (z. B. § 433 Abs. 1 oder 2 BGB)
Dieser Prüfungsablauf umfasst alle gängigen Problemkreise. Es gilt hier in besonderer Weise der bereits erwähnte und für alle Schemata zu beachtende Grundsatz, dass nur das einer näheren Erörterung bedarf, was durch den konkreten Sachverhalt angezeigt ist.
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Obwohl das Minderjährigenrecht in der wirtschaftsrechtlichen Praxis nur geringe Bedeutung hat, werden die §§ 104 ff. BGB in Klausuren häufig abgefragt. Hintergrund ist, dass sich hierdurch die zu erlernende Subsumtions- und Fallprüfungstechnik besonders gut abprüfen lässt, weil sich die Lösung solcher Fälle aus der Anwendung einiger weniger Normen ergibt, deren Zusammenspiel man erkennen muss. In fortgeschrittenen Klausuren wird das Minderjährigenrecht dagegen höchstens als Teilaspekt bei der Frage, ob ein Anspruch überhaupt entstanden ist (vgl. oben Rn. 9), zu behandeln sein.
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Übersicht 2
Prüfung der Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen
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Bei der Prüfung ist zu beachten, dass man sich an die sich aus der Gesetzessystematik ergebende Prüfungsreihenfolge hält. Insbesondere muss der Fehler vermieden werden, sich mit Fragen der Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zu befassen, solange nicht alle Möglichkeiten eines von vornherein gültigen Vertragsabschlusses untersucht worden sind. Denn wenn das Rechtsgeschäft bereits gültig ist, kommt es auf die Frage der Genehmigung überhaupt nicht mehr an. Ein beliebtes Problem ist die Frage, ob ein Rechtsgeschäft i. S. v. § 107 BGB lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Beim Erwerb einer Sache ist das nur der Fall, wenn sich eine mögliche Haftung des Minderjährigen auf die erworbene Sache beschränkt. Daher ist z. B. der Erwerb einer Eigentumswohnung rechtlich nicht nur vorteilhaft, da der Erwerber auch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft wird und deshalb z. B. nach § 16 Abs. 2 WEG haftet (BGH, NJW 2010, 3643).
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Der in Klausuren und in der Praxis wohl am häufigsten vorkommende Fall der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts ist die Nichtbeachtung der erforderlichen Form (§ 125 BGB). Dieses Problem kann nicht nur im Rahmen der Frage nach einem vertraglichen Erfüllungsanspruch eingebaut werden, sondern ist häufig auch Gegenstand von Klausuren, bei denen Rückabwicklungsansprüche (z. B. § 812 BGB) zu prüfen sind.
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Übersicht 3
Prüfung der Einhaltung der erforderlichen Form
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Nicht übersehen werden darf bei der Lösung, dass in manchen Vorschriften eine Heilung der nichtbeachteten Form vorgesehen ist, wenn der mit dem Rechtsgeschäft beabsichtigte Erfolg tatsächlich eingetreten ist. Wichtigster Fall ist die Eintragung des Käufers eines Grundstückes als Eigentümer im Grundbuch (§ 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB).
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Grund will Schlawiner sein Grundstück verkaufen. Schlawiner akzeptiert zwar den Preis von 200.000,– € als angemessen, schlägt jedoch vor, den Preis „offiziell“ auf 150.000,– € festzulegen, damit er Grunderwerbssteuer sowie Notar- und Gerichtskosten spare. Grund ist einverstanden. Deshalb wird beim Notar ein Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 150.000,– € geschlossen. Mündlich verpflichtet sich Schlawiner jedoch, für das Grundstück 200.000,– € an Grund zu zahlen.
Grund könnte gegen Schlawiner ein Anspruch auf Zahlung von 200.000,– € gem. § 433 Abs. 2 BGB zustehen.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Parteien einen wirksamen Kaufvertrag über das Grundstück abgeschlossen haben. Ein Kaufvertrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme i. S. v. § 145 BGB, zu Stande. Diese Willenserklärungen liegen hier vor. Diese Erklärungen könnten jedoch unwirksam sein, wenn ein Nichtigkeitsgrund vorliegt. Gem. § 125 BGB sind Willenserklärungen dann nichtig, wenn nicht die erforderliche Form eingehalten wurde.
Fraglich ist deshalb, ob die Erklärungen formwirksam sind. Gem. § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB bedürfen Verträge, durch die sich ein Teil verpflichtet, Eigentum an einem Grundstück zu übertragen, der notariellen Beurkundung. Zwar haben die Parteien einen notariellen Kaufvertrag abgeschlossen. Dieser belief sich jedoch auf einen Kaufpreis von 150.000,– €. Diese Erklärung ist aber nur zum Schein abgegeben worden und damit nichtig (§ 117 Abs. 1 BGB). Da dieses Geschäft aber den Verkauf über 200.000,– € verdecken sollte, ist auch noch dieser Vertrag zu untersuchen, weil gem. § 117 Abs. 2 BGB auf das verdeckte Rechtsgeschäft abzustellen ist. Die Erklärung, 200.000,– € zahlen zu wollen, erfolgte allerdings lediglich mündlich. Damit fehlt es an der gem. § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB vorgeschriebenen Form.
Grund kann deshalb nicht von Schlawiner Zahlung von 200.000,– € gem. § 433 Abs. 2 BGB verlangen.
Grund könnte gegen Schlawiner Zahlung von 200.000,– € gem. § 433 Abs. 2 BGB verlangen.
Voraussetzung hierfür ist der Abschluss eines wirksamen Kaufvertrages zwischen Grund und Schlawiner. Wie bereits unter a) dargestellt liegt ein solcher nicht vor, da dieser nicht der gem. § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlichen Form entspricht. Fraglich ist aber, ob eine Heilung dieses Formfehlers nach § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB eingetreten ist. Diese setzt die Eintragung des Käufers in das Grundbuch voraus. Schlawiner ist als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden. Damit gilt der Kaufvertrag über 200.000,– € als für die Zukunft wirksam.
Folglich kann Grund ab Eintragung des Schlawiner als Eigentümer im Grundbuch von ihm Zahlung von 200.000,– € gem. § 433 Abs. 2 BGB verlangen.
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Die Frage, ob die von einem Stellvertreter abgegebene Willenserklärung für und gegen den Geschäftsherrn wirkt, ist in Klausur und späterer Praxis von herausragender Bedeutung. Die Voraussetzungen der §§ 164 ff. BGB werden nicht nur in BGB-Klausuren abgeprüft, sondern ihre sichere Beherrschung wird auch in Klausuren zum Handels- und Gesellschaftsrecht vorausgesetzt. Aufhänger für die Prüfung ist dabei regelmäßig die Frage, ob zwischen Anspruchsteller und Anspruchsgegner überhaupt ein Vertrag zu Stande gekommen ist.
Teilweise haben sich die Bearbeiter von Klausuren mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Minderjähriger Stellvertreter sein kann. Dies ist gem. § 165 BGB möglich. Allerdings ist für Minderjährige, die ohne die erforderliche Vollmacht gehandelt haben, die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB) eingeschränkt (vgl. § 179 Abs. 3 BGB).
Weiterhin können in der Klausur Probleme im Zusammenhang mit § 166 BGB eingebaut werden. Dieser regelt zunächst die Folgen von Fehlern, die dem Vertreter bei der Abgabe der Willenserklärungen unterlaufen. Grundsätzlich führen diese, soweit sie einen Anfechtungsgrund i. S. d. §§ 119 ff. BGB darstellen, zu einem Anfechtungsrecht des Vertretenen. Dieses kann allerdings unter den Voraussetzungen des § 166 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sein, wenn der Stellvertreter nach Weisungen des Vertretenen gehandelt hat. Des Weiteren regelt § 166 BGB, dass es für die Kenntnis oder Unkenntnis bestimmter Umstände beim Abschluss eines Rechtsgeschäfts (z. B. für den guten Glauben i. S. d. § 932 BGB) grundsätzlich auf die Person des Stellvertreters ankommt. Auch hier regelt § 166 Abs. 2 BGB Ausnahmen.
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Übersicht 4
§§ 164 ff. BGB – Wirksamkeit einer Stellvertretung
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Bei der Prüfung sind die Punkte 1 bis 3 immer anzusprechen, weil sich diese Anforderungen direkt aus dem Gesetz ergeben. Anderenfalls läge keine umfassende Subsumtion vor.
Bezüglich des Handelns in fremdem Namen ist zu beachten, dass die Wirkungen seiner Erklärung den Vertreter selbst treffen, wenn er nicht hinreichend deutlich gemacht hat, dass er für einen anderen handeln will. Eine Anfechtung wegen Irrtums ist für den Vertreter insoweit nicht möglich. Abzugrenzen ist das Handeln in fremdem Namen vom Handeln unter fremdem Namen, d. h. wenn jemand für den Abschluss eines Rechtsgeschäfts nicht den eigenen Namen verwendet. Soweit die Person des Verragspartners keine Rolle spielt, liegt ein Eigengeschäft des Handelnden vor. Anderenfalls liegt ein Fremdgeschäft mit dem tatsächlichen Träger des Namens vor, für dessen Gültigkeit es dann auf das Vorliegen einer Vertretungsmacht ankommt.
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Hauptproblem in einer Stellvertretungsklausur wird regelmäßig das Vorliegen der Vertretungsmacht sein. Insoweit können insbesondere die Fälle relevant werden, in denen die Willenserklärung eines Vertreters dem Vertretenen zugerechnet wird, ohne dass er ausdrücklich Vollmacht erteilt hat. Wenn jemand wiederholt als Vertreter auftritt, dies dem Vertretenen bekannt ist und Letzterer dagegen nichts unternimmt, liegt eine sog. Duldungsvollmacht vor. Kennt der Vertretene dagegen das Auftreten des Vertreters nicht, hätte es aber kennen und verhindern können, spricht man von einer sog. Anscheinsvollmacht. In beiden Fällen wird das Handeln des Vertreters dem Vertretenen zugerechnet, sofern dem Geschäftspartner der Mangel der Vertretungsmacht nicht bekannt war oder hätte bekannt sein müssen.
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Punkt 4 ist nur relevant, wenn bei der vorherigen Prüfung das Vorliegen einer Vertretungsmacht verneint wurde. Zu Punkt 5 ist nur etwas zu sagen, wenn sich aus dem Sachverhalt entsprechende Hinweise ergeben.
Der Prüfungsablauf ist auch einschlägig, wenn nicht oder nicht nur nach einem Erfüllungsanspruch gefragt ist, sondern es um den Anspruch des Dritten gegen den vollmachtlosen Vertreter gemäß § 179 BGB geht. Dieser verlangt nämlich, dass jemand als Vertreter aufgetreten ist (Prüfungspunkte 1 und 2), keine Vertretungsmacht (Prüfungspunkt 3) nachweisen kann und dass der Geschäftsherr die Genehmigung des Vertrages verweigert hat (Prüfungspunkt 4).
Relevant wird die Anscheinsvollmacht neuerdings besonders im Zusammenhang mit Online-Aktivitäten. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit die missbräuchliche Verwendung von Zugangsdaten durch Dritte dem Berechtigten zugerechnet werden kann. Nach der Rechtsprechung ist dies der Fall, wenn der Berechtigte die Daten unbefugt weitergegeben hat oder die Erlangung seitens des Dritten durch unsichere Aufbewahrung begünstigt hat (OLG Schleswig, CR 2011, 52 für Online-Banking; BGH, WM 2011, 1148 für Nutzung eines Ebay-Accounts).
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Frau Schön ist Angestellte des Modehauses Pfeil in Blauheim. Um die neuesten Trends für die Sommersaison 2016 nicht zu verpassen, wird Schön im Herbst 2015 auf die Modemesse nach Paris geschickt. Unter anderem soll sie bei der Firma Nice Dress 10 Abendkleider des Modells Dolly in maisgelb kaufen. Im Übrigen soll sie lediglich den Markt sondieren und der Geschäftsleitung Bericht erstatten. Auf der Messe ist Schön aber von dem Modell Dolly so angetan, dass sie davon 15 Abendkleider statt 10 für das Modehaus Pfeil bestellt.
Pfeil lehnt die Abnahme der 15 Abendkleider ab.
Nice Dress könnte gegen Pfeil einen Anspruch auf Zahlung gemäß § 433 Abs. 2 BGB haben. Dazu müsste zunächst ein wirksamer Kaufvertrag zwischen Nice Dress und Pfeil zu Stande gekommen sein. Das wäre der Fall, wenn zwei übereinstimmende Willenserklärungen von Pfeil und Nice Dress bezüglich des Kaufes von 15 Kleidern Modell Dolly abgegeben worden wären. Eine Willenserklärung des Nice Dress liegt vor. Problematisch ist, ob Pfeil eine Willenserklärung abgegeben hat. Persönlich hat er keine Willenserklärung abgegeben. Ihm könnte jedoch die Willenserklärung der Schön zugerechnet werden. Dazu müsste diese den Pfeil wirksam i. S. v. § 164 Abs. 1 BGB vertreten haben.
Dazu ist zunächst erforderlich, dass Schön eine eigene Willenserklärung abgegeben hat. Das ist der Fall, da sie nicht lediglich eine Willenserklärung von Pfeil übermittelt hat, sondern über den Preis entscheiden konnte.
Ferner müsste sie diese Willenserklärung in fremdem Namen abgegeben haben. Dies trifft ebenfalls zu, da sie erklärt hat, für Pfeil zu handeln.
Letzte Voraussetzung ist, dass Schön mit Vertretungsmacht gehandelt hat. Es könnte ein Fall rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht nach § 167 Abs.