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Cindy Kirk, Amanda Berry, Melissa McClone, Rachel Lee

BIANCA EXTRA BAND 30

IMPRESSUM

BIANCA EXTRA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
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© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA EXTRA
Band 30 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2014 by Cynthia Rutledge
Originaltitel: „Ready, Set, I Do!“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: SPECIAL EDITION
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Stephanie Thoma-Kellner

© 2015 by Amanda Berry
Originaltitel: „His Small-Town Sweetheart“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: SPECIAL EDITION
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Ines Schubert

© 2015 by Melissa Martinez McClone
Originaltitel: „His Proposal, Their Forever“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: SPECIAL EDITION
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Stefanie Rose

© 2015 by Susan Civil Brown
Originaltitel: „The Lawman Lassoes a Family“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: SPECIAL EDITION
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer

Abbildungen: manifeesto / iStockphoto, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 04/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733732479

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

 

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CINDY KIRK

Nanny gesucht – Mommy gefunden

Wo hatte er nur all die Jahre seine Augen? Seine Nachbarin Hailey ist so sexy! Und ihre Küsse schmecken nach mehr! Aber Hailey will eine Familie – und Winn weiß nicht, ob er dazu wirklich bereit ist …

AMANDA BERRY

Träum in meinen Armen

Wie ein Wirbelwind stürmt Nicole in sein Leben! Dabei möchte Sam doch vor allem eines: seine Ruhe – auch vor der Liebe. Aber Nicole lässt nicht locker. Ist sie vielleicht die Eine, die sein Herz erobert?

MELISSA MCCLONE

Der Feind, der mich so zärtlich küsst

Mit zerzausten Haaren und funkelnden Augen steht Bailey vor dem Hotel, das er abreißen will. Justin ist verwirrt: Warum hängt sie so an dem Haus – und weshalb kann er plötzlich nur noch an ihre sinnlichen Lippen denken?

RACHEL LEE

Es kann doch nur für immer sein

Sie hat so viel durchgemacht – Dan darf Vicki nicht drängen! Und doch: Wenn er in ihre Augen sieht, wird sein Verlangen übermächtig. Wie nur kann er ihr zeigen, dass seine Liebe ihre Wunden heilen wird?

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Nanny gesucht – Mommy gefunden

1. KAPITEL

Hailey Randall saß allein an einem Tisch im „Hill of Beans“ Coffeeshop und grübelte darüber nach, wie dumm sie doch war. Denn vor Kurzem hatte sie herausgefunden, dass ihr Freund sie nur ausgenutzt hatte.

„Von deinem strahlenden Lächeln bekommt man ja Sonnenbrand.“

Hailey sah auf. Cassidy Kaye, die Eigentümerin des beliebten Friseursalons „Clippety Do Dah“, hielt sich die Hand vor die Augen. „Ich … ich bin ganz geblendet.“

„Ha ha.“ Aber Haileys Lippen zuckten. „Solltest du nicht gerade irgendwem die Haare scheren?“

„Bei dieser überschwänglichen Begrüßung wird mir ganz warm ums Herz. Und ich setze mich natürlich liebend gerne zu dir.“ Cassidy ließ sich auf den leeren Stuhl fallen. Sie grinste, streckte die Hand aus und nahm sich ein Stück von Haileys Zimtmuffin. „Was für ein Kaffee ist das?“

„Zimt.“

Cassidy rollte die Augen. „Zimt im Kaffee. Zimt im Muffin. Kindchen, du brauchst ein bisschen Abwechslung.“

Obwohl Hailey nicht einsah, warum das langweilig sein sollte, lächelte sie. „Glaub mir, sogar ich habe so meine Momente.“

„Wie zum Beispiel Josh Gratzke in hohem Bogen vor die Tür zu setzen.“

Haileys Lächeln verschwand. Sie hätte wissen müssen, dass sich das inzwischen herumgesprochen hatte.

„Ich kann nur sagen, es war höchste Zeit.“ Cassidy nickte entschieden.

Hailey hatte das Gefühl, dass die meisten ihrer Freunde so reagieren würden. Darum kam sie sich nur noch dämlicher vor. „Ich hab es einfach nicht gemerkt, Cass. Ich Dummkopf habe geglaubt, er hat sich Hals über Kopf in mich verliebt. Ich hätte nie gedacht, dass Josh nur auf einen Job im Büro von meinem Bruder aus war.“

Hailey konnte es immer noch kaum glauben, dass ihr Bruder jetzt der Bürgermeister von Jackson Hole, Wyoming, war.

Cassidys Augen verdunkelten sich. „Menschen enttäuschen einen eben. Sogar diejenigen, die wir vermeintlich gut kennen.“

„Ich hätte was merken sollen“, murmelte Hailey.

„Geh mal nicht zu hart mit dir ins Gericht. Josh war ziemlich geschickt.“ Cassidy drückte Haileys Hand.

Hailey hatte keinen Appetit mehr, also schob sie ihren Teller Cassidy hin. „Erzähl mir von Susan Finsters Hochzeit.“

„Sie will das komplette Programm.“ Cassidy beugte sich vor. „Man hat mir zu verstehen gegeben, dass sie gerne zur Konkurrenz geht, wenn ich das nicht schaffe.“

„Wenn du Hilfe brauchst, sag Bescheid. Ich habe während des Studiums als Kosmetikerin gearbeitet. Das hat mir wirklich Spaß gemacht.“

Cassidy ließ das Gebäckstück fallen. „Jetzt ernsthaft?“

„Absolut.“ Hailey freute sich über Cassidys Reaktion.

„Verdammt, ich glaub das einfach nicht.“ Cassidy schlug sich mit der Hand gegen den Kopf. „Ich zermartere mir seit Wochen das Gehirn, wen ich fragen könnte, dabei habe ich dich direkt vor der Nase.“

„Da bin ich ja froh, dass ich nicht die Einzige bin, die mal was Offensichtliches übersieht.“

Haileys trockener Tonfall brachte Cassidy zum Lächeln. Die Friseurin richtete sich auf. „Ich will, dass wir zusammenarbeiten, Hailey.“

„Dann würdest du aber die Katze im Sack kaufen.“ Hailey bemühte sich darum, unbefangen zu klingen. „Du weißt doch gar nicht, ob ich was drauf habe.“

Mit blau lackierten Fingernägeln wischte Cassidy Haileys Einwand beiseite. „Ich hatte schon Kundinnen, die mit deinen Vorschlägen für ihre Frisur zu mir gekommen sind. Du hast immer den Nagel auf den Kopf getroffen.“

Hailey errötete vor Freude. „Du willst wirklich, dass ich für dich arbeite?“

„Nein, eigentlich nicht.“ Cassidy musterte sie nachdenklich. „Ich will, dass du mit mir zusammenarbeitest“, erläuterte Cassidy. „Eine Partnerschaft.“

Hailey stellte sich vor, wie sie mit Kundinnen arbeitete, ihnen Tipps gab und ihnen zeigte, wie ein anderes Make-up und eine neue Frisur ihre natürliche Schönheit betonten. Diese Gelegenheit wollte sie unbedingt beim Schopf packen. Aber sie zwang sich, nichts zu überstürzen. Die Lektion hatte sie dank Josh gelernt. „Warum eine Partnerschaft?“

„Du musst das als dein Projekt sehen. Ich will deine Beziehungen ausnutzen, um das Unternehmen in Schwung zu bringen.“

Ein eisiger Schauer lief Hailey den Rücken hinunter. „Ich habe gedacht, du willst mich wegen meiner Fähigkeiten …“

„Jetzt stell dich nicht so an.“ Cassidy tat ihren Kommentar mit einer Handbewegung ab. „Ich bringe meine Geschäftserfahrung, meine Zulassung und meine Kontakte ein. Das wiegst du mit deinem Blick für Farben, deiner Erfahrung als Kosmetikerin und deinen Beziehungen auf.“

Hailey konzentrierte sich auf die Fakten. Ein paar Sekunden später stieß sie den Atem aus und nickte. „Das ergibt vermutlich Sinn.“

„Auf jeden Fall.“ Cassidy schob ihren Stuhl zurück. „Über die Einzelheiten können wir reden, sobald du dich entschieden hast.“

„Meinst du nicht, falls ich mich dafür entscheide?“

„Wir können es doch beide gar nicht erwarten loszulegen.“ Cassidy grinste.

Da läutete die Klingel über der Ladentür, und Winston Ferris kam herein, das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt. Beim Anblick ihres gut aussehenden Nachbarn machte Haileys Herz einen Satz.

Winn war groß, athletisch gebaut und selbstbewusst. Das dunkle Haar trug er in einem modischen Kurzhaarschnitt. Obwohl sein Gesicht durchaus attraktiv war, machten seine kühlen grünbraunen Augen seinen eigentlichen Reiz aus.

„Ich muss wieder in den Salon.“ Cassidy nickte Winn zu. „Also überlass ich dich mal deinem neuen Freund.“

Hailey runzelte die Stirn. „Winn ist nur mein Nachbar.“

Cassidy zwinkerte ihr nur zu und schlenderte davon.

„Das ist nur ein Rückschlag, mehr nicht.“ Winn ließ sich keinerlei Gefühlsregung anmerken, während er dem Wutausbruch seines Chefs zuhörte. Er nickte Cassidy Kaye kurz zu. Die Geschäftsfrau mit dem rosa Haar und der aufreizenden Figur war gerade auf dem Weg nach draußen.

Schließlich fiel seinem Chef nichts mehr ein, und er beendete abrupt den Anruf. Winn steckte das Handy ein. Es gab wieder ein Problem bei der Bewilligung des Golfplatzes.

Kaffee brauche ich jetzt keinen mehr, dachte Winn.

Aber dann sah er, dass Cole Lassiter hinter dem Tresen stand. Cole war ein wichtiger Meinungsmacher in Jackson Hole.

„Cole.“ Winn schenkte dem Eigentümer der „Hill of Beans“-Kette ein Lächeln. „Was macht der Chef hinterm Tresen?“

„Ich lerne die alltäglichen Herausforderungen kennen, die meine Mitarbeiter bewältigen müssen“, erklärte Cole entspannt.

„Vorbildlich.“ Winn hielt seine Aktentasche hoch. „Ich habe gedacht, ich besorge mir eine Dosis Koffein, um ein paar Berichte durchzugehen.“

„Also einfach nur einen Kaffee?“

„Schwarz und stark.“

„Kommt sofort.“ Cole drehte sich zur Kaffeemaschine um.

Winn nutzte die Gelegenheit, um sich im Coffeeshop umzusehen.

Er hatte den Blick beinahe einmal im Kreis wandern lassen, als ihm eine zierliche Blondine in Jeans und knallrosa Kapuzenshirt auffiel.

Hailey Randall. Seine Nachbarin. Allein.

Winn hatte seit Tagen auf eine Gelegenheit gehofft, sich mit ihr zu unterhalten. Wieder sagte er sich, dass ihr Privatleben ihn nichts anging. Doch als er seinen Kaffee hatte, ging er geradewegs zu ihrem Tisch.

Als er näherkam, sah sie auf. Ihr einladendes Lächeln war ein unerwarteter Lichtblick an diesem Tag.

„Darf ich?“, fragte er höflich.

Sie deutete auf den leeren Stuhl. „Aber bitte.“ Dann lehnte sie sich zurück. „Ich habe dich jetzt eine Weile nicht gesehen. Warst du wieder geschäftlich unterwegs?“

„Ich habe meinem Dad auf der Ranch beim Heumachen geholfen.“ Winn nahm einen tiefen Schluck Kaffee.

„Das ist harte Arbeit.“ Hailey bedachte ihn mit einem zweifelnden Blick. „Du wirkst jetzt nicht gerade wie der Typ für körperliche Arbeit.“

„Soll ich mich jetzt beleidigt oder geschmeichelt fühlen?“ Winn lachte leise. „Ehrlich gesagt macht es mir Spaß, mal gehörig zu schwitzen.“

Das sollte wirklich keine Anspielung sein. Aber eine Sekunde lang lag da … etwas in der Luft. Etwas, das er schon mal gespürt, aber ignoriert hatte. Schließlich war Hailey nicht nur sieben Jahre jünger als er, sondern auch seine Nachbarin. Vor allem aber war sie eine Freundin. Und er hatte nicht viele Freunde in Jackson Hole.

Genau darum musste er ehrlich mit ihr sein. Hailey war mit Josh nur ein paar Monate zusammen gewesen. Das wusste Winn. Aber der Kerl war genau wie Vanessa.

Winn hatte gedacht, dass er Vanessa vielleicht wirklich liebte. Er hatte ihr vertraut. Einer Frau, die mit einem anderen Mann geschlafen hatte, während sie angeblich eine monogame Beziehung führten.

Winn wünschte sich, ihm hätte damals jemand etwas gesagt. Dadurch wäre ihm viel erspart geblieben.

„Ich muss dir was sagen.“

„Wenn du mir jetzt eröffnest, dass du der Geschäftswelt den Rücken kehrst, um als Rodeoclown zu arbeiten, gib mir eine Sekunde, um noch einen Espresso zu bestellen“, zog sie ihn auf.

Winn schüttelte den Kopf. Er wollte ihr wirklich auf keinen Fall wehtun. „Es geht nicht um mich. Sondern um Josh.“

Ihr Lächeln verblasste. Als sie nach ihrer Tasse griff, zitterte ihre Hand. „Was gibt’s denn?“

„Er ist nicht der Mann, für den du ihn hältst …“

„Oh, Winn.“ Ihr Lachen klang zerbrechlich. „Ich glaube, ich kenne ihn inzwischen ziemlich gut.“

„Dann weißt du also Bescheid?“, fragte Winn vorsichtig.

„Jawohl.“ Obwohl ihr Ton nichts preisgab, glänzten ihre Augen tränenfeucht.

Winns Magen verkrampfte sich. „Wie hast du das herausgefunden?“

Ihr ersticktes Lachen sagte ihm, dass sie den Tränen nahe war. „Du meinst, wann ich endlich gemerkt habe, dass er mich nur benutzt, um sich an meinen Bruder heranzumachen?“

Jetzt war Winn total verwirrt. „Ich rede von der Frau in Idaho Falls, mit der er ein Verhältnis hat.“

Hailey glitt die Tasse aus der Hand und landete mit einem Klirren auf dem Tisch. Als sie sprach, war ihre Stimme unnatürlich gelassen. „Was für eine Frau?“

„Eine Anwältin namens Kelly. Das ist alles, was ich weiß.“ Er hielt inne, als ihm plötzlich die Bedeutung ihrer Worte aufging. „Er hat dich benutzt, um an Tripp heranzukommen? Warum?“

„Anscheinend hat Josh politische Ambitionen.“ Sie hob die Tasse an die Lippen, trank aber nicht. „Gibt es einen besseren Weg, die Konkurrenz zu übertrumpfen, als den entscheidenden Mann über seine geliebte kleine Schwester kennenzulernen?“

Winn hörte den Schmerz trotz ihres Sarkasmus. „Wie hast du das herausgefunden?“

„Von einem Freund eines Freundes.“ Hailey zuckte eine Schulter. „Josh hat angegeben. Das hat sich dann bis zu mir durchgesprochen.“

„Er ist ein Narr.“

Ich war da die Dumme.“ Hailey lachte humorlos. „Bis gerade eben habe ich mich damit getröstet, dass er mich vielleicht zumindest gemocht hat. Jetzt scheint es, als ob ich wirklich nur Mittel zum Zweck gewesen bin. Erklär mir, wie du die Sache mit der Anwältin herausgefunden hast.“

Winn konnte die Traurigkeit nicht ertragen, die ihre Augen verdunkelte. „Das spielt doch keine Rolle.“

„Ich will Bescheid wissen.“ Hailey umklammerte sein Handgelenk. „Sag es mir.“

Er sah ihr in die blauen Augen, und sein Herz verkrampfte sich. Was er ihr zu sagen hatte, würde ihr nur noch mehr wehtun. Das bedauerte er zutiefst.

„Ich hatte letzte Woche ein Geschäftsessen in Idaho Falls“, setzte er an.

Winn hatte nicht erwartet, dass er dort einen Bekannten treffen würde. Doch dann hatte er Josh mit einer hübschen Brünetten in dem schicken Restaurant gesehen.

Als Winn seinen Bericht beendete, war Haileys Miene wie versteinert.

Sie presste die Lippen zusammen. „Also nicht nur ein Opportunist, sondern auch noch ein Betrüger.“

Winn nahm einen Schluck Kaffee und nickte.

„Ich mag es nicht, hintergangen zu werden.“

„Wer tut das schon?“ Winn konnte gut verstehen, wie schockiert, betrogen und bloßgestellt sie sich fühlte. Sogar nach acht Jahren setzte ihm die Tatsache immer noch zu, wie er sich damals von Vanessa hatte hinters Licht führen lassen.

„Danke, dass du mir das erzählt hast. Das weiß ich zu schätzen.“ Hailey verzog die Lippen zu einem zittrigen Lächeln. „Manche Leute hätten kein Wort gesagt.“

„Ich sehe das so“, meinte Winn beiläufig. „Wenn du nicht auf deine Freunde zählen kannst, wozu taugen die dann?“

Aber als er ihr in die Augen sah, musste er gegen das Bedürfnis ankämpfen, sie in den Arm zu nehmen und zu küssen, bis die Traurigkeit aus ihren Augen verschwunden war.

Freunde, dachte er und lächelte reumütig. Ja, klar.

2. KAPITEL

Nach der Diskussion mit seinem Chef und dem Gespräch mit Hailey war sein Vater der letzte Mensch auf der Welt, den Winn sehen wollte. Aber er hatte seinem Dad versprochen, mittags auf der Ranch vorbeizukommen.

Winn fuhr vom Highway auf die Landstraße, während er darüber nachdachte, wie viel er von dem neuesten Rückschlag erzählen sollte.

Winn hielt vor dem Ranchhaus an und beschloss, dass er das Thema nicht von sich aus ansprechen würde.

Einen Augenblick später öffnete Elena Hernandez, die Haushälterin seines Vaters, lächelnd die Tür. „Wie schön, Sie zu sehen, Mr. Ferris.“

„Guten Tag, Elena.“ Winn sah sich im Foyer um.

Normalerweise würde sein Vater sich bereits lautstark beschweren, weil er sich angeblich verspätet hatte, auch wenn er tatsächlich zu früh dran war. Aber es herrschte Stille im Haus.

Winn zog eine Augenbraue hoch.

„Ich fürchte, Ihr Vater ist nicht da.“

Sie hatten den Termin erst am Vorabend ausgemacht. „Wo steckt er denn?“

„Ich glaube, er ist in Idaho Falls. Etwas Geschäftliches.“

Winn kämpfte gegen den aufsteigenden Ärger an. Sein Vater hätte ihm wenigstens eine SMS schicken können.

„Darf ich Ihnen etwas zu essen anbieten?“

„Nein, ich …“

„Ich habe Escabeche mit Hühnchen gemacht.“

Offensichtlich erinnerte sie sich noch daran, dass es sich dabei um eine seiner Lieblingsspeisen handelte.

„Dann bleibe ich auf jeden Fall zum Lunch.“

Elena wollte schon in der Küche verschwinden, doch dann blieb sie auf der Türschwelle stehen. „Würden Sie lieber im Esszimmer oder auf der Terrasse speisen?“

„Auf der Terrasse.“ Winn zog sein Handy aus der Tasche. „Und ich hätte gerne ein Glas Eistee.“

„Aber natürlich.“

Winn ging auf die Terrasse hinaus, die im Schatten großer Laubbäume lag. Dort ließ er sich auf einem der bequemen Stühle nieder.

Während er auf seinen Lunch wartete, telefonierte Winn mit dem Rathaus und teilte mit, wie unzufrieden er wegen der neuerlichen Verzögerungen war.

Als er hörte, wie die Terrassentüren aufgingen, drehte er sich um. Elena kam mit einem Glas in der Hand aus dem Haus.

„Viel Eis, genau wie Sie es mögen.“ Die Haushälterin stellte den Eistee auf dem Beistelltisch neben seinem Stuhl ab. „Das Essen kommt auch gleich.“

„Keine Eile.“ Winn hielt das Handy hoch. „Ich muss noch ein paar Rückrufe machen.“

Er dachte an den Ausdruck in Haileys Augen, als er ihr eröffnet hatte, dass er Josh mit einer anderen Frau gesehen hatte. An ihren Schmerz, als sie erzählt hatte, wie dieser Fiesling sie nur benutzt hatte, um an Tripp heranzukommen.

Er dachte an Vanessa. Eine Frau, von der er geglaubt hatte, dass er sie wirklich lieben könnte. Aber genau wie Hailey herausgefunden hatte, dass man Josh nicht vertrauen konnte, hatte er begreifen müssen, dass die fröhliche Vanessa ihn belogen und betrogen hatte.

Winn hörte die Türklingel und richtete sich auf. Anscheinend war er nicht der einzige Besucher, den sein Vater heute versetzt hatte.

„Kommen Sie herein, Miss Hailey.“ Elenas Stimme klang herzlich. Abgesehen von der Begrüßung konnte Winn nur die Worte „er ist im Stall“ verstehen.

Weil er neugierig war, stand Winn auf.

Als er das Foyer betrat, versuchte Elena gerade, die hübsche Blondine zu überreden, zum Mittagessen zu bleiben.

„Danke für das Angebot“, sagte Hailey. „Aber …“

Hailey machte große Augen, als sie ihn erblickte. „Winn. Ich habe gar nicht gewusst, dass du da bist.“

„Denk doch noch mal über Elenas Vorschlag nach und leiste mir beim Lunch Gesellschaft“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln. „Hat sie schon erwähnt, dass es Escabeche mit Hühnchen gibt? Ich wette, sie hat auch ein Glas Sangria für dich.“

„Ich glaube nicht …“

„Jetzt sag bloß nicht, dass du noch satt bist“, sagte Winn. „Der Muffin von heute früh kann unmöglich vorhalten.“

Winn ignorierte das neugierige Glitzern in Elenas Augen. Er nahm Haileys Arm und fällte eine Entscheidung. „Miss Randall wird mit mir auf der Terrasse essen.“

„Jawohl.“ Elena entfernte sich eilig und ignorierte Haileys leisen Protest.

Haileys Wangen glühten. „Ich bin wirklich nicht hergekommen, weil ich erwartet habe, etwas zu essen zu bekommen.“

„Damit machst du Elena nur eine Freude“, sagte Winn, während er weiter ihren Arm festhielt, als er sie auf die Terrasse führte. „Also, jetzt erzähl mal. Was für einen Mann hast du hier im Stall versteckt?“

„Mann?“ Hailey hob die hübschen Augenbrauen. „Was für ein Mann?“

„Elena hat doch gesagt, dass er im Stall ist.“

Hailey ließ sich auf einen Stuhl fallen und brach in schallendes Gelächter aus. „Der Mann ist ein Hund.“

Winn blinzelte.

„So einer, der bellt. Und vier Beine hat.“ Haileys Tonfall war ganz ernst, aber sie schien sich bemühen zu müssen, nicht noch mal loszulachen.

Elena tauchte mit einem Glas Sangria und einem Tablett mit Tapas auf, bevor sie beschwingten Schrittes wieder im Haus verschwand.

„Der Hund ist ein Streuner.“ Hailey nahm einen Schluck Sangria. Ihre blauen Augen funkelten genießerisch. „Der ist gut. Versuch mal.“

Sie hielt ihm den Sangria hin. Gehorsam nahm Winn einen Schluck und fragte sich, wie es wäre, wenn er ihre Lippen und nicht das Glas berührte. Würde ihr Mund so süß schmecken wie der Sangria?

Winn schob den Gedanken beiseite und gab ihr den Drink zurück. Dabei lächelte er. „Sehr lecker.“

Als sie das Glas wieder an die Lippen führte, verspürte Winn ein heftiges Aufwallen von Leidenschaft. Das passierte ihm nicht zum ersten Mal mit ihr. Aber sie musste gerade über das schlechte Ende einer Beziehung wegkommen. Er lehnte sich zurück und zwang sich zu einer Gelassenheit, die er nicht wirklich spürte. „Erzähl mir mehr über den Grund deines Besuchs.“

Er hörte zu, als sie erklärte, wie der Colliemischling auf dem Grundstück seines Vaters aufgetaucht war. Niemand vermisste einen Hund in der Gegend.

„Die Leute vom Tierheim haben gesagt, das hört sich so an, als ob er ausgesetzt worden ist.“

„Du bist den weiten Weg hier rausgefahren, nur um dir einen streunenden Hund anzusehen?“

„Er heißt Bandit“, sagte Hailey beinahe pikiert. „Das steht auf einer Marke an seinem Halsband. Jedenfalls hat dein Vater Bobby gesagt, er soll ihn ins Tierheim bringen. Aber das Tierheim ist voll und es wäre möglich, dass er dort eingeschläfert wird. Soviel ich weiß, ist er ein kluges, liebes Tier. Und jung …“

Winn hob die Hand wie ein Schuljunge, der darauf wartet, dass die Lehrerin ihn aufruft.

Hailey lächelte. „Ja, Winn?“

„Wer ist Bobby?“

„Einer der Rancharbeiter deines Vaters.“ Ihr Tonfall legte nahe, dass er das hätte wissen sollen. „Bobby und ich sind zusammen zur Schule gegangen.“

„Ich bin überrascht, dass dein Freund ihn nicht selbst behält.“ Winn verzog das Gesicht. Er konnte es nicht ausstehen, Zeit zu verschwenden. Also warum saß er hier herum und unterhielt sich über einen streunenden Hund?

„Bobbys Vermieter erlaubt keine Haustiere.“ Hailey hielt inne, um noch einen Schluck Sangria zu genießen. „Ich denke darüber nach, mir einen Hund zuzulegen. Also habe ich gesagt, ich sehe ihn mir mal an. Wenn er mir gefällt, nehme ich ihn mit.“

Ja, er verschwendete wirklich seine Zeit damit, über einen Hund zu reden. Winn öffnete schon den Mund, entschlossen, das Thema zu wechseln, als Elena mit dem Salat erschien.

„Danke.“ Hailey schenkte der Haushälterin ein warmherziges Lächeln. „Das sieht köstlich aus.“

Hailey nahm noch einen tiefen Schluck Sangria. „Ich liebe Hunde, und du?“

„Ich hatte noch nie viel mit Tieren zu tun.“

Hailey stellte ihr Glas ab. „Aber als kleiner Junge hast du doch bestimmt einen Hund gehabt, oder?“

„Du kennst doch meinen Vater.“

Hailey legte einen Finger an die Lippen und lenkte damit seine Aufmerksamkeit auf ihren vollen, sinnlichen Mund. „Du hast recht. Er ist auf keinen Fall ein Hundemensch.“

„Soweit ich das beurteilen kann, bedeutet jedes Haustier eine Menge Verantwortung.“ Winn platzierte die Leinenserviette mit Präzision auf seinem Schoß. „Bist du sicher, dass du genug Zeit dafür hast?“

„Absolut. Ohne Josh ist in meiner Freizeit jetzt offiziell gar nichts mehr los.“ Hailey lachte humorlos. „Und ich habe viel Freizeit. Da bin ich schon mal einsam. Du nicht?“

„Eigentlich nicht.“ Als Kind hatte er sich sogar in Gesellschaft oft allein gefühlt. Aber das war lange her. Jetzt schätzte er seine Privatsphäre.

„Wenn wir gegessen haben, kannst du mitkommen und dir mit mir Bandit ansehen.“

Winn wollte schon den Kopf schütteln, doch dann nahm sie seine Hand.

„Bitte, Winn. Wenn ich ihn mitnehme, wird Bandit dein Nachbar. Ich will wirklich deine Meinung hören.“

Ihre Hand fühlte sich warm auf seiner Haut an.

„Ich würde alles für dich tun.“ Seine Stimme klang heiser.

Ihre Blicke begegneten sich. Einen Moment lang sahen sie einander in die Augen.

Als ihre Lippen plötzlich zuckten, war der Augenblick vorbei. Sie stieß ein kurzes Kichern aus. „Fürs Erste gebe ich mich mit deiner Meinung zufrieden … aber ich behalte mir vor, dich später um mehr zu bitten.“

Bevor er antworten konnte, kam Elena mit einem zweiten Glas Sangria und mehr Tee für ihn zurück.

Hailey streichelte den schwarz-weißen Hund, der mit seinem flauschigen Schwanz wedelte, während er ihre Hand ableckte. Sie schaute zu Winn auf. „Ist er nicht der süßeste Hund aller Zeiten?“

Sie waren allein im Stall. Als Bobby ihn als Jims Sohn erkannt hatte, war er hastig verschwunden.

Winn blieb auf Abstand. Er konnte es wirklich nicht brauchen, zu der Besprechung an diesem Nachmittag mit einem Anzug voller Hundehaare aufzutauchen. „Anscheinend ist er in der Mauser.“

Hailey lachte. „Es wird wärmer. Im Winter hat sein dickes Fell dafür gesorgt, dass er es gemütlich hatte. Jetzt wird er für den Sommer einen Teil seines Haars wieder los.“

War ihr nicht klar, dass der Hund das in ihrer ganzen Wohnung machen würde, wenn sie ihn mitnahm? So was kommt mir nicht ins Haus, dachte er. Nicht in einer Million Jahren.

„Willst du mit mir mitkommen, Bandito?“, säuselte Hailey und der Hund winselte leise. „Willst du mein braver Junge sein?“

Bei diesen Worten sprang das fusselnde Fellbündel auf und gab ein stakkatoartiges Bellen von sich.

Hailey schaute zu Winn auf und lächelte. „Ich wusste es. Bandit und ich gehören einfach zusammen.“

Sie sah so hübsch und erfreut aus, dass Winn sie in seine Arme ziehen wollte. Stattdessen wandte er seine Aufmerksamkeit dem Hund zu. „Dann nimmst du ihn?“

„Auf jeden Fall.“ Sie befestigte die Leine am Halsband des Hundes und richtete sich auf. „Ich bringe ihn besser weg, bevor dein Vater wiederkommt.“

Winn war gerade dabei, Hailey zu helfen, den Transportkorb für den Hund in ihr SUV zu laden, als sein Handy klingelte. Er zog es aus der Tasche und warf einen Blick aufs Display. Es war eine Nummer aus Atlanta, die er nicht erkannte. „Macht es dir was aus, wenn ich da rangehe?“

Hailey schaute auf. Sie war gerade dabei, Bandit dazu zu bewegen, in die Transportkiste zu springen. „Überhaupt nicht. Ich muss jetzt sowieso los …“

„Noch nicht“, sagte er. Dann nahm er den Anruf entgegen. „Winn Ferris.“

„Mr. Ferris. Charles Keating von Keating, Exeter und York. Wir sind eine Anwaltskanzlei in Atlanta und kümmern uns um den Nachlass von Ms. Vanessa Abbot …“

Während Winn dem Anwalt zuhörte, wurde ihm schlecht. Eisige Kälte hüllte ihn ein. Er zwang sich, tief durchzuatmen.

Als Mr. Keating verstummte, räusperte Winn sich und fand die Stimme wieder. Er stellte Fragen und bekam Antworten, aber alles kam ihm völlig surreal vor. Winn beendete den Anruf mit dem Versprechen, den nächsten Flug nach Georgia zu nehmen.

„Winn. Stimmt was nicht?“

Sogar Haileys warme Hand auf seinem Arm konnte die Kälte nicht vertreiben.

„Ich muss sofort nach Atlanta.“ Er begegnete ihrem besorgten Blick. „Ich muss meinen Sohn abholen.“

3. KAPITEL

Gebratene Hühnerfilets auf dem Herd und Knoblauch-Käse-Brötchen im Ofen füllten die große Landhausküche mit köstlichem Duft. So lange Hailey denken konnte, war Kochen eine Leidenschaft ihrer Mutter gewesen.

Kathy Randall war Ende fünfzig und trug das dunkelblonde Haar in einem schicken Bob. Ihre blauen Augen strahlten. Haileys Mutter genoss das Leben in vollen Zügen und das sah man ihr an. „Willst du damit sagen, dass Winn Ferris einen Sohn hat?“

„Das hat er gesagt.“ Hailey runzelte die Stirn und fuhr fort, Brokkoli für den Salat klein zu schneiden.

„Gibt’s auch eine Ehefrau, die zu dem Sohn gehört?“ Ein Hauch von Missbilligung lag in der Stimme ihrer Mutter. Zweifellos dachte sie an die diversen Frauen, mit denen der Geschäftsmann ausgegangen war, seit er nach Jackson Hole gezogen war.

„Die Mutter des Jungen, die bei dem Bootsunfall ums Leben gekommen ist, war seine Exfreundin. Der Mann, der mit ihr gestorben ist, war ihr Verlobter.“

„Wie traurig.“ Ihre Mutter seufzte mitleidig. „War das Kind bei ihnen?“

„Nein. Er war zum Spielen bei einem Nachbarn.“

Die Hintertür ging auf und ihr Vater kam herein. Ihr Border Collie begleitete ihn. „Gibt’s jetzt Essen?“

Frank Randall war ein hochgewachsener Mann mit dichtem, grau meliertem Haar. Er war zwar von Natur aus schlank, aber inzwischen hatte er wenigstens das Gewicht wieder zugenommen, das er im letzten Jahr bei seinem Kampf gegen den Hautkrebs verloren hatte.

„Gleich“, sagte Haileys Mutter. „Hailey hat mir gerade erzählt, dass Winn Ferris …“

Haileys Handy klingelte. Sie warf einen Blick aufs Display. „Es ist Winn.“

Hailey ging zum Telefonieren ins Wohnzimmer. „Hi, Winn. Wie geht’s?“

„Gut. Wir sind jetzt in Denver und sollten ungefähr um acht in Jackson landen. Cam weigert sich zu essen. Aber ich muss ihn dazu bringen, irgendetwas zu sich zu nehmen. Erinnerst du dich noch an die Hühnersuppe, die du letzte Woche gemacht hast?“

„Natürlich.“ Als gute Nachbarin hatte sie Winn etwas davon gebracht.

„Hast du davon noch was übrig?“

Hailey wusste, dass ihre Mutter noch etwas eingefroren hatte. „Zufälligerweise ja.“

„Danke, Hailey.“

Die Müdigkeit in Winns Stimme ging ihr zu Herzen.

„Das wird schon, Winn“, sagte sie sanft und beruhigend. „Das kommt schon alles ins Lot.“

Nach einem gemütlichen Abendessen mit ihrer Familie fuhr Hailey mit der Hühnersuppe ihrer Mutter und einem Laib hausgemachtem Haferflockenbrot nach Hause.

Der Flughafen war zwar nicht weit weg, aber wenn das Flugzeug um acht landete, würde es noch eine Weile dauern, bis Winn nach Hause kam.

Winn hatte ihr erzählt, dass Cameron acht Jahre alt war. Hailey hatte als Logopädin in Denver viel mit Kindern gearbeitet. Sie mochte Kinder, kam gut mit ihnen aus und hoffte, eines Tages selbst ein paar zu haben.

Sie fragte sich, wie Winn wohl so als Vater war. Bisher hatte er immer so gewirkt, als ob er nur an seinem Job interessiert war.

An Winns Stelle, der sich jetzt ganz allein um einen kleinen Jungen kümmern musste, würde sie ausrasten. Aber Winn hatte sich am Telefon ganz gefasst angehört. Doch irgendwie hatte sie so eine Ahnung, dass er sich sogar auf dem Deck eines sinkenden Schiffes so anhören würde. So wie sie ihn kannte, ließ Winn sich seine Gefühle nicht gerne anmerken.

Weil sie es satthatte, herumzusitzen, ging sie zum Kühlschrank. Als sie sich endlich für ein Joghurt entschieden hatte, klingelte ihr Handy. „Seid ihr zwei jetzt hungrig?“

„Sind wir. Oder ich zumindest.“ Winn zögerte. „Hailey, was Cam angeht …“

„Was ist mit ihm?“

„Er …“ Winn verstummte. „Ach, nichts. Wir sind hier, also komm einfach rüber, wann es dir passt.“

Damit beendete er den Anruf. Hailey starrte stirnrunzelnd ihr Handy an. Irgendwas stimmte da nicht. Sie stellte das Joghurt wieder in den Kühlschrank und schnappte sich stattdessen die Dose mit der Suppe und das Brot. Neugier beflügelte ihre Schritte, als Hailey nach nebenan ging.

Winn versuchte, den kleinen Jungen nicht anzustarren, der stumm auf dem Sofa saß. Cam hatte immer noch wuscheliges braunes Haar und haselnussbraune Augen. Er war immer noch dünn und hatte große Füße. Aber damit hörte die Ähnlichkeit mit dem Sohn auf, den er gekannt und geliebt hatte.

Dieses Kind war so blass, dass die Sommersprossen auf seiner Nase wie dunkle Flecken aussahen. Seine Augen funkelten nicht. Da war nur … Leere und Leid.

Der Junge hatte gerade Menschen verloren, die er liebte. Ganz egal wie sie sich Winn gegenüber verhalten hatte, Vanessa war eine gute und liebevolle Mutter gewesen. Brandon hatte Winn nicht gekannt. Er hatte lediglich die Versuche des Mannes verabscheut, Cam von ihm fernzuhalten.

Der Junge war Brandons leiblicher Sohn. Aber Winn hatte ihn die ersten sechs Jahre seines Lebens großgezogen. Jetzt waren Brandon und Vanessa tot. Und Winn war Cams Vormund.

Es war normal, dass der Junge ihm verändert vorkam. Er hatte nicht nur seine Eltern verloren. Cam glaubte, dass Winn ihn im Stich gelassen hatte. Und jetzt hatte ausgerechnet er ihn von seinem Zuhause weggebracht.

„Meine Nachbarin Hailey bringt uns Suppe rüber.“ Winn versuchte fröhlich zu klingen, aber er schaffte das nicht ganz. „Du musst doch hungrig sein. Du hast heute kaum etwas gegessen.“

Winn hatte inzwischen so viel geredet, dass er den Klang seiner eigenen Stimme satthatte. Cam dagegen hatte kaum fünf Worte gesagt.

Als es an die Tür klopfte, überkam ihn Erleichterung.

„Das ist bestimmt meine Nachbarin.“ Er machte die Tür auf und sah, dass Hailey nicht alleine gekommen war. Ihr Border Collie stand neben ihr.

„Bandit wollte Cam auch kennenlernen.“ Hailey drückte Winn die Dose mit der Suppe in die Hand und ging an ihm vorbei ins Wohnzimmer. „Ich hoffe, das stört dich nicht.“

Er wollte schon protestieren, doch da bemerkte er den Ausdruck freudiger Überraschung in Camerons Augen. „Äh, nein, gar nicht.“

„Hi, Cameron.“ Hailey durchquerte das Zimmer und setzte sich neben den Jungen aufs Sofa. „Ich heiße Hailey Randall. Ich wohne nebenan. Herzlich willkommen in Jackson Hole.“

„S-s-sehr e-e-erfreut“, stotterte Cameron.

Hailey hörte nicht auf zu lächeln. „Ich habe euch Hühnersuppe mitgebracht. Ich würde mich freuen, wenn du sie probierst und mir sagst, ob sie schmeckt.“

Der Junge sagte nichts, sondern deutete mit dem Kopf auf Bandit. „W-Wer ist das?“

Falls Hailey das Stottern des Jungen bemerkte – und es war unmöglich, das nicht zu tun –, ließ sie es sich nicht anmerken.

„Das ist Bandit“, vertraute Hailey Cam an und lächelte. „Vielleicht können wir nach dem Essen einen Spaziergang mit Bandit machen. Es sei denn, du bist zu müde.“

Cam zeigte auf den Hund. „K-Können wir g-gleich gehen?“

„Ich würde lieber erst was essen“, meinte Hailey. „Aber wenn du willst, kannst du nachher Bandits Leine nehmen.“

Winn nahm Suppenteller und Gläser aus dem Schrank. Hailey stellte die Suppe in die Mikrowelle, während Winn das Brot schnitt und Cam das Besteck auf den Tisch legte.

Bei Tisch sagte Cameron kein Wort. Er schaufelte das Essen in sich hinein und hielt den Blick auf Bandit gerichtet. Winn war sich nicht sicher, ob der Junge aß, weil er Hunger hatte oder weil er mit dem Hund spazieren gehen wollte.

Sobald sie den Tisch abgeräumt hatten, befestigte Hailey die Leine an Bandits Halsband und gab sie Cam. „Wie wäre es, wenn du ihn erst mal hier drinnen herumführst? So bekommst du ein Gefühl dafür.“

Cam machte große Augen und eine ernste Miene.

Hailey lächelte. „Fang doch damit an, dass du ihm dein Zimmer zeigst.“

Der Junge nickte und die beiden verschwanden im Flur.

„Danke.“ Winn achtete darauf, leise zu sprechen. „Er ist nicht derselbe Junge, den ich vor zwei Jahren in Atlanta zurückgelassen habe.“

„Aber das war doch bestimmt nicht das letzte Mal, dass du ihn gesehen hast.“

Ein Muskel in Winns Backe zuckte. „Ehrlich gesagt doch. Er hat früher nie gestottert. Glaubst du …“

Er verstummte, als der Junge und der Hund zurückkamen. „Ich würde gerne mit dir über etwas reden“, sagte er. „Wenn Cam schläft.“

Zwei Stunden später saß Hailey auf Winns Ledersofa. Sie hatte ein Glas Wein in der Hand, und ihr Hund schlief zu ihren Füßen.

„Ich weiß nicht, was ich tun soll, Hailey.“ Winns Miene war sehr ernst. „Ich muss arbeiten. Aber ich kann ihn nicht einfach bei jemandem lassen, den ich nicht kenne.“

„Wie wäre es mit deinem Vater?“

„Kommt nicht in Frage.“

Sein Ton war so bestimmt, dass Hailey diese Möglichkeit ausschloss.

„Du könntest dir eine Weile freinehmen“, schlug sie vor.

„Das ist momentan ungünstig“, verwarf Winn diese Idee. „Außerdem muss Cam hier Freunde finden.“

„Es gibt Sommerferienlager. Ferienprogramme.“ Hailey biss sich auf die Lippe. „Aber der Junge hat gerade seine Mutter verloren. Und das hier ist alles neu für ihn.“

Winn drehte sein Weinglas zwischen den Fingern. „Du hast doch neulich gesagt, dass du einen Job suchst.“

Der plötzliche Themenwechsel verwirrte Hailey. „Kennst du jemanden, der eine Logopädin sucht?“

„Ich. Du könntest auf Cam aufpassen. Nur bis er sich eingewöhnt hat.“

„Aber ich helfe schon meinem Dad mit der Buchführung auf der Ranch“, erklärte sie. „Manchmal springe ich auch im Krankenhaus ein, wenn ein Therapeut krank ist. Und dann habe ich gerade erst mit Cassidy ausgemacht, dass ich ihr bei Hochzeiten und Events mit dem Make-up helfe.“

„Du könntest ihn zu deinem Dad mitnehmen. Für Cam wäre das wahrscheinlich ein Abenteuer.“ Winn bot seine ganze Überredungskunst auf. „Wenn das Krankenhaus dich braucht, nehme ich mir eben einen Tag frei. Es wäre ja nicht auf Dauer. Nur bis Cam sich hier heimisch fühlt. Und ich würde dafür sorgen, dass es sich für dich lohnt.“ Winn überlegte. „Zahlen würde ich dir …“

Bei der Summe, die er nannte, blieb ihr der Mund offen stehen. „Soll das ein Witz sein?“

„Machst du’s?“

Sie war versucht, Ja zu sagen. Aber ihre spontanen Entscheidungen hatten noch nie zu guten Ergebnissen geführt. „Was für Arbeitszeiten hätte ich denn?“

„Das ist verhandelbar“, sagte er. „Montag bis Freitag tagsüber. Vielleicht ein paar Stunden am Abend oder am Wochenende, wenn ich geschäftliche Termine wahrnehmen muss.“

Das Geld konnte sie definitiv brauchen. Trotzdem zögerte Hailey.

Winn überraschte sie, indem er ihre Hand nahm. Diese schlichte Berührung brachte ihren ganzen Arm zum Kribbeln.

„Ich will dich wirklich nicht ausnutzen, Hailey.“ Er sah sie unverwandt an. „Cameron ist mein Sohn. Diese Verantwortung nehme ich ernst. Ich will ihn nicht bei dir abladen. Wenn es nicht funktioniert, kannst du jederzeit kündigen.“

Sie hatte Fragen, viele Fragen. Wie zum Beispiel, warum er seit zwei Jahren nicht mehr mit seinem Sohn in Verbindung gestanden hatte. Aber das war jetzt der falsche Zeitpunkt dafür. Außerdem fiel es ihr schwer, nachzudenken, denn er hatte angefangen, ihr mit dem Daumen über die Handfläche zu streicheln.

Das ist dein Nachbar, ermahnte sie sich. Das war Winn, der Mann, der schon mit vielen ihrer Freundinnen ausgegangen war. Verdammt, er hatte sogar mal mit ihrer Schwägerin eine Verabredung gehabt, bevor Anna und ihr Bruder ein Paar geworden waren.

„Ich denke darüber nach“, versprach sie Winn. „Morgen sage ich dir Bescheid.“

Konnte der Tag noch schlimmer werden?

Winn fuhr sich mit der Hand durchs Haar. In der Nacht hatte er schlecht geschlafen. Erinnerungen an Vanessa hatten seine Träume verdunkelt. Wie Cam fiel es ihm nicht leicht, die Tatsache zu akzeptieren, dass so eine lebhafte Frau nicht mehr da war.

Winn erinnerte sich auch daran, wie verlassen er sich gefühlt hatte, als seine eigene Mutter gestorben war. Er war damals zwölf gewesen.

Er war entschlossen, Cam die Zeit zu geben, die er brauchte, um auf seine Art zu trauern. Cam hatte nicht geweint. Nicht bei der Beerdigung und nicht auf dem Weg nach Jackson Hole. Aber nachts hatte Winn vor der Zimmertür des Jungen gestanden und zugehört, wie sein Kind weinte. Er hatte sich hilflos gefühlt. Das war ein Gefühl, das er nicht kannte. Es gefiel ihm gar nicht.

Zum Glück war Cam in den frühen Morgenstunden vor Erschöpfung eingeschlafen. Trotz seines eigenen Schlafmangels war Winn wie immer um halb sieben Uhr früh aufgestanden. So hatte er Zeit, ein paar Anrufe zu erledigen, bevor er Cam weckte. Eines der Telefonate hatte seinem Vater gegolten.

„Warum ist er bei dir?“ Sein Vater hörte sich ehrlich verwirrt an. „Das Kind ist doch nicht dein …“

„In jeder Beziehung, auf die es ankommt, ist Cam mein Sohn“, unterbrach ihn Winn.

Jim Ferris hatte scheinbar nicht zugehört, denn er redete einfach stur weiter: „Du hast das Kind doch seit zwei Jahren nicht gesehen.“

„Das lag nicht an mir“, erklärte Winn abgehackt.

„Du bist ein viel beschäftigter Mann“, erinnerte ihn sein Vater. „Wie willst du dich ums Geschäft und um ein Kind kümmern?“

Winn erzählte ihm von Hailey und dem Angebot, das er ihr gemacht hatte.

„Geschickt.“ Aus der Stimme seines Vaters war ein Lob herauszuhören.

„Das denke ich auch“, sagte Winn. „Hailey ist ein warmherziger Mensch. Genau, was Cam jetzt braucht. Außerdem …“

„Mir ist völlig gleichgültig, ob sie nett ist oder nicht“, unterbrach ihn sein Vater. „Sie ist die Schwester des Bürgermeisters. Je mehr du mit ihr vertraut bist, umso leichter kommst du an ihn ran.“

Die Bemerkung war so typisch. Sein Vater verpasste nie eine Gelegenheit, eine Situation zu seinem Vorteil zu manipulieren. Aber dieser Rat hatte einen üblen Beigeschmack. Er erinnerte Winn an Josh und daran, wie dieser Widerling Hailey benutzt hatte.

„Ich werde Hailey nicht benutzen, um an Tripp heranzukommen.“

„Du bist ein Narr, wenn du das nicht tust.“ Die Verachtung seines Vaters war klar und deutlich zu vernehmen.

„Ich … ich habe einen Hund bellen gehört.“

Beim Klang der traurigen Stimme drehte Winn sich um. Der Anblick des Jungen, der barfuß und mit zerzaustem Haar im Schlafanzug dastand, versetzte Winn einen Stich ins Herz.

„Wir reden später weiter.“ Winn beendete den Anruf. „Guten Morgen, Sportsfreund. Wie hast du geschlafen?“

Das war eine dumme Frage. Die das Kind nicht beantwortete. Stattdessen rieb Cam sich die Augen und sah sich um. „Wo ist Bandit?“

Winn machte vorsichtig einen Schritt auf den Jungen zu. „Nebenan.“

Er hatte gesehen, wie Hailey vor einiger Zeit das Gebäude verlassen hatte … ohne den Hund.

„K-Können wir ihn holen?“

Da war ein Ausdruck in den Augen des Jungen, der Winn nicht gefiel. Angst. Als ob er erwartete, wegen einer einfachen Frage geschlagen zu werden. In den sechs Jahren, in denen er sich mit Vanessa informell das Sorgerecht geteilt hatte, hatte er nie erlebt, wie sie den Jungen geschlagen oder auch nur die Stimme erhoben hatte. Aber Brandon …

Winn ballte die Hände zu Fäusten. Wenn der Mann Cam etwas angetan hatte …

Mit Bedacht entspannte er seine Hände. Wenn Brandon Cam misshandelt hatte, ließ sich daran jetzt nichts mehr ändern. Der Mann war tot. Sein Sohn war in Sicherheit.

Winn legte vorsichtig die Hand auf die Schulter des Jungen. Erleichterung überkam ihn, als das Kind nicht zurückwich. „Erst müssen wir etwas essen. Wenn wir fertig sind, sehen wir mal, ob Bandit uns … uns besuchen kann.“

Der Gedanke daran, das haarende, sabbernde Fellbündel wieder in seine Wohnung zu lassen, ließ Winn innerlich zusammenzucken. Aber der Hund und der Junge hatten sich angefreundet.

„Okay.“ Cam stand da, als ob er nicht wusste, was er als Nächstes tun sollte.

„Zieh dir mal was an.“ Winn nahm an, dass man achtjährigen Jungen zutrauen konnte, sich ordentlich anzuziehen.

Der Junge nickte. Er machte ein paar Schritte, dann drehte er sich zu Winn um. „I-Ich sollte nicht hier sein.“

Winn neigte den Kopf zur Seite. „Warum nicht?“

„Mein Dad sagt, ich b-b-bin nicht von dir.“

Zu hören, wie der Junge Brandon „Dad“ nannte, machte Winn wieder wütend. Er zwang sich zur Ruhe. „Ich bin jetzt deine Familie.“

Der Junge starrte ihn nur ausdruckslos an.

„Ich mache jetzt Schokoladenpfannkuchen.“ Winn erinnerte sich daran, dass das mal eine von Cams Lieblingsspeisen war. „Zieh du dich an, ich kümmer mich ums Frühstück.“

Als Cam in einem gestreiften Shirt mit langen Ärmeln und Jeans wiederauftauchte, hatte Winn auch noch ein paar Telefonate wegen eines Projekts in South Carolina erledigt. Weil er abgelenkt gewesen war, hatte er zu viele Pfannkuchen gemacht.

Winn stellte die Teller auf den Tisch und setzte sich. Während er ohne Erfolg versuchte, den Jungen in eine Unterhaltung zu verwickeln, wurde ihm klar, dass sein Leben sich dramatisch geändert hatte. Und er wusste nicht, ob er bereit dafür war.

Hailey hörte Bandits Gebell, als sie die Treppe zu ihrer Wohnung hinaufging. Sie beschleunigte ihre Schritte. Obwohl ihr Mietvertrag Haustiere ausdrücklich erlaubte, wusste sie, dass ihr Vermieter ohne Zögern eingreifen würde, wenn ihr Hund andere Bewohner störte.

Vor der Tür holte sie hastig den Schlüssel aus ihrer Handtasche. Das Bellen wurde lauter. „Ruhe, Bandit.“

„Hailey.“

Sie hob nur kurz eine Hand, während sie sich darauf konzentrierte, die Tür aufzusperren. Der Hund winselte vor Freude, als er Hailey sah.

Hailey schnappte sich die Leine vom Beistelltisch, bevor sie mit Bandit wieder nach draußen ging.

Winn trug heute legere Bürokleidung, eine schwarze Hose, ein graues Hemd und glänzende Budapester. Er verzog die Lippen zu einem entspannten Lächeln, bei dem sie Schmetterlinge im Bauch bekam.

Das war absolut verständlich, sagte sie sich. Ein gut aussehender Mann. Ein lässiges Lächeln. Sie hätte tot sein müssen, um darauf nicht zu reagieren.

„Hallo, Herr Nachbar.“ Sie schenkte ihm ebenfalls ein Lächeln. „Ich hoffe, das Gebell hat nicht zu sehr gestört.“

„Hat es.“ Seine Augen funkelten schelmisch. „Aber das kannst du wiedergutmachen.“

Solches Geplänkel zwischen ihnen war nicht neu. Auch nicht, wie es dabei zwischen ihnen funkte. Mit festem Griff hielt sie die Leine des ungeduldigen Hundes fest und sah durch gesenkte Wimpern zu Winn auf. „Woran hast du dabei gedacht?“

Bevor Winn rufen konnte, tauchte Cam auf. Er strahlte wie ein Honigkuchenpferd, als er den Hund erblickte. Bandit winselte leise.

Hailey lockerte die Flexileine, und Cam legte seine dünnen Arme um den Hund. Winn begegnete Haileys Blick.

„Daran“, sagte er, „zum Beispiel.“

Er schaute mit solcher Zuneigung auf den Jungen hinunter, dass Hailey Tränen in den Augen brannten. Hastig blinzelte sie.

Obwohl sie sich in Bezug auf sein Angebot noch nicht entschieden hatte, war klar, dass Winn Freunde brauchen würde, um diese schwierige Zeit zu überstehen.

„Ich habe daran gedacht, auf die Ranch meiner Eltern rauszufahren“, sagte sie beiläufig. „Heute ist ein schöner Tag, um auszureiten. Du und Cam, ihr könnt gerne mitkommen.“

Bei dem Wort „reiten“ hatte Cam aufgeschaut. Aber den Hund ließ er nicht los. „K-Kommt Bandit auch mit?“

Hailey nickte.

Winn sah an sich herunter. „Fürs Reiten bin ich nicht richtig gekleidet.“