Der Alltag is
da Wahnsinn
Das Beste aus 30 Jahren Kabarett
von Toni Lauerer
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
ISBN 978-3-86646-342-4
© 2016 MZ-Buchverlag in der
Battenberg Gietl Verlag GmbH, Regenstauf
Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
www.gietl-verlag.de
Alle Rechte vorbehalten!
Umschlagfotos: privat
Vorwort
Formel 1 mit Oma
Bitte a Gruselgschicht!
Am Drive-In-Schalter
Beim Schafkopf
‘s Hosnkaffa
Das Telefongespräch
Der Schuhschrank
Der Brunch
Der Rausch
Die Hochzeitseinladung
Urlaub in Bayern
Martyrium an der Kasse
Dumme Fragen
I mag ned probiern!
So waren die 70er
Der tägliche Horror
Im Finanzamt
A gscheits Kind
Der Mann vom Paketdienst
8 Kurzdialoge von Kare und Sepp
Generationenkonflikt
Taxifahrt in Berlin
Im Vier-Sterne-Restaurant
Die Stadtführung
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
seit 30 Jahren bin ich nun schon unterwegs auf den Kabarettbühnen in ganz Bayern und zwischendurch auch mal in Österreich.
Ich weiß gar nicht genau, wie viele verschiedene Soloprogramme ich schon für Sie und Euch spielen durfte.
Grundlage für die Programme waren und sind immer Geschichten aus meinen inzwischen schon neun Büchern, dieses hier ist die Nummer zehn.
Es versteht sich von selbst, dass die Geschichten von mir nicht einfach vorgelesen, sondern, oft mit mehreren handelnden Personen, gespielt werden. Dabei werden manche Passagen ausgebaut, manche verkürzt, neue Szenen und Sätze eingefügt und Formulierungen abgeändert.
Diejenigen Geschichten, die mein Publikum bei den Live-Auftritten am meisten begeistert haben, habe ich herausgesucht und für dieses Buch entsprechend „upgegraded“, wie es so schön neudeutsch heißt.
Natürlich in der Hoffnung, dass Sie viel Vergnügen beim Lesen damit haben.
A bissl was Neues ist natürlich auch dabei, das versteht sich von selbst. Besonders über den Irrsinn, der uns täglich im Fernsehen präsentiert wird, habe ich mir meine Gedanken gemacht.
Also: Genießen Sie mein „Best of“-Buch mit dem gesammelten Wahnsinn des Alltags von 30 Jahren!
Viel Spaß und ganz herzliche Grüße!
Ihr/Euer
Toni Lauerer
Wenn Menschen gemeinsam fernsehen, kann dies ein harmonisches, manchmal sogar romantisches Erlebnis sein. Wenn es sich allerdings um eine Extremsportart handelt, über die im Fernsehen live berichtet wird, und wenn zwischen den beiden Betrachtern zwei Generationen liegen, dann kann es schwierig werden. Zum Beispiel, wenn der Enkel folgendes in Ruhe anschauen will:
Oma: Heinz, wos treibst denn?
Heinz: Formel 1 kimmt!
Oma: Wer kimmt? Da Former Heinz? Is des a Freind vo dir?
Heinz: Naa, Formel 1 hoaßt des, am Fernseh kimmt des! Mit Rennautos!
Oma: Wos alls gibt! Derf i mi a weng hersitzn zu dir und mit zuaschaun?
Heinz: Mit starrem Blick auf den Bildschirm: No frale Oma! Sitzde no her!
Oma: Na sitzame her zu dir. Setzt sich. Du, Heinz, host ebba an Saft für mi? Mi dürscht aso!
Heinz: Genervt: Mensch Oma! Muass des jetza sei? Jetza is grad so spannend! In ana Viertlstund is eh aus. Holtsdas so lang nimmer aus?
Oma: Flehend: Mi daad owa wirklich gscheit dürschtn. Da Dokta hod gsagt, i soll viel trinka. Sunst dirr i aus! A älterer Mensch dirrt leichter aus wia a junger!
Heinz: Also guat, nacha hol i dir holt dein Saft. Bevor dass du mir ausdirrst.
Oma: Des is owa nett vo dir. I schau derweil für di Fernseh, bis du wieder kimmst.
Heinz läuft in die Speis zum Saft holen, Oma schaut inzwischen das Rennen an.
Oma: Uiuiuiui, wia de schnöll fohrn! Do wenn oan d’Bolezei aafholt, des kimmt deier. Brauchta bloß no ebbs trunka hom, nacha is da Führerschein furt. Omeiomei, de junga Leit heitzudogs! Koa Hirn ned! Fohrn wia de Blädn!
Heinz: Außer Atem: So Oma, do is dei Saft. Jetza trink, dann dirrst ned aus!
Oma: Dankschee, Heinz! Trinkt. Mmmh, is der guat. Wos isn des für oana?
Heinz: Genervt: A Saft halt. Jetza muasst staad sei, Oma, jetza wirds spannend! Pssst!
Oma: De fohrn fei gscheit schnöll. Do schau hi, do fohrt oana mit, der is gwiss vo Bayern. Der hoißt Alise!
Heinz: Alesi hoaßt der! Des is a Italiener, koa Bayer!
Oma: Aso. Du, sog amal Heinz, wo fohrn denn de überhaupt hi? Is do irgendwo a Fest oder a Fahnaweih oder wos?
Heinz: Sehr genervt: Ins Ziel! Des is doch a Rennen! Wer als erster im Ziel is, der hod gwunga und kriagt dann a boor Millionen. De fohrn doch aaf koa Fahnaweih!
Oma: Ned? Mir hamma früher aa Rennen gmocht, mitn Fohrradl. Do hod da Sieger an Loab Brout kriagt oder aa amal a Blunzn Pressog. Millionen bloß in da Inflation! Umara 1923 war des!
Heinz: Jamei, Oma, des warn andere Zeitn!
Oma: Do host du recht, Heinz. Noja, jetza bini staad und trink mein Saft!
Heinz: Genau Oma! Des waar a Sach!
Oma: Owa woaßt wos? De kemman doch nie ans Ziel, wenns allawal bloß rundum fohrn. Dass de ned damisch wernd. I werad do dodal damisch. Mir is eh vo Haus aus a weng damisch. Des is da Bluatdruck. Für mi waar des Rundum Gift! Mi daads drahn!
Heinz: Mensch, Oma, ’s Ziel is doch aaf da Streck. Do schau hi, jetza fohrt grod wieder oaner durch!
Oma: Ja wos? Worum bleibta denn nacha ned steh, der Hanswurscht, wenn er scho im Ziel is? Spinnt der? Oder gfollts eam so guat, dass er no a Reim fohrt?
Heinz: Naa, Oma. De miassn zweiundsiebzig Rundn fohrn. Und erst noch da letztn Rundn is ’s Ziel ’s Ziel. Vorher fohrns einfach durch.
Oma: Aso. Jamei, wia soll denn des a olts Wei wia i wissen?
Heinz: Is scho recht, Oma. Jetza pass aaf, jetza wirds spannend. Da Vettel überholt ’n Alonso.
Oma: Geschockt: Ja is denn der narrisch? In da Kurvn überholn! Wenn do oana entgegenkimmt! Alle sans hi. Da Seppl und da Alfons!
Heinz: Also Oma! Do konn doch koana entgegenkemma. In da Forml 1, do kimmt nie oana entgegen. Außerdem hoaßt der Alonso und ned Alfons! Und da ander Vettel und ned Seppl!
Oma: Sog des ned, Heinz, sog des ned! Grad wennma ned damit rechnet, kimmt oaner daher. Schau ’n Falzer Hans o: Der hod aa gmoant, dass koana kimmt. Und wos hoda davo? Acht Wocha a Halskrause und ’s Gnack duat eam heit no weh. Aso hods den prellt, wia er mit dem andern zammboxt is. Jamei, wennma holt ned langsam fohrt, nacha kimmt ebbs sechas aussa. Im Fernseh hammses gsagt, am gscheitern is, man fohrt definitiv!
Heinz: Defensiv!
Oma: Trinkt vom Saft. Des aa!
Heinz: Owa Oma, des is doch a Schmarrn! Da Falzer Hans is aaf da Bundesstraß gfohrn und ned aaf da Forml-1-Streck. Mitm Bulldog! Des is doch ganz wos anders.
Oma: Straß is Straß! Owa mir is ja des wurscht. Trinkt vom Saft. Der Saft is wirklich guat!
Heinz: Des gfreit mi, Oma. Owa jetza muasst wirklich staad sa, jetza kimmt de entscheidende Phase! Bald kimmt da Zieleinlauf!
Oma: Geschockt: Wooos? Einlauf? Ja um Gottes Willen! De orma Burschen! Kriagn de im Ziel an Einlauf?
Heinz: Gereizt: Naa, de kriagn doch koan Einlauf! Ja sag amal, aaf wos für Wahnsinnsideen du kimmst! Zieleinlauf hoaßt, dass glei aus is! Und bitte sei jetza staad!
Oma: Jaja, i bin scho staad. I trink mein Saft und bin staad. Der is wirklich guat, der Saft.
Heinz: Psst!! Ruhe jetza!
Oma: Ja, bin scho staad! Du, is jetza do da Boris Becker aa dabei?
Heinz: Also Oma! Da Boris Becker hod doch Tennis gspielt! Der fohrt doch ned Auto!
Oma: Hod denn der koan Führerschein ned?
Heinz: Scho, owa er is koa Rennfahrer. Jetza pass halt amal aaf! Da Vettel fohrt grod an d’Box!
Oma: Segstas, segstas, i hobs gsagt! Waar er ned so schnöll gfohrn, nacha waar er ned an d’Box drogfohrn. Definitiv muassma fohrn! ’n Falzer Hans duat heit no ’s Gnack weh.
Heinz: Oma, mit dir is wirklich a Kreiz! Da Vettel fohrt doch ned an d’Box dro! Des sagtma bloß aso. Des bedeit, dass er neie Reifn affeduat und dass er tankt. Do schau hi, nacha segstas! Jetza wechslns grod seine Reifn.
Oma: Hod er ebba a Loch gfohrn? Warn Glasscherm aaf da Straß? Weils allaweil alles zammhaun, de junga Leit!
Heinz: Naa, a Loch hod er ned gfohrn. Owa de Reifn, de holtn bloß zwoahundert Kilometer aus. Des san Spezialreifn.
Oma: Spezialreifn? Und dann bloß 200 Kilometer? Aso a Glump! De platzn ja dann scho, wennst aaf Minga fohrst!
Heinz: Des is koa Glump, des is normal bei da Forml 1!
Oma: Also, wenn des normal is, nacha woaß i nimmer. Da Onkl Alfons, der is acht Johr mit de gleichn Reifn gfohrn und gfahlt hod nixe. Wenn er ned zufällig gstorm waar, fohrert er heit no damit.
Heinz: Omei, Oma, wos soll i do sogn? Do follt mir nix mehr ei.
Oma: Schau hi, Heinz, sans scho firte mit dem Reifnwechseln. Nimm dir a Beispiel! Du wennst deine Winterreifn affeduast, du stehst den ganzn Vormittog in da Garage drin.
Heinz: Oma, des verstehst du ned!
Oma: Du scheinbar aa ned, weilst so lang brauchst. Du Heinz, jetza muass i scho amol dumm frogn: Worum hod denn da Vettel am Ofang ned volltankt? De Tankerei holt doch aaf. Do gwingt der ned, wenna dauernd tankt.
Heinz: Der hod scho volltankt am Ofang. Owa de Auto brauchan so viel Benzin.
Oma: Aso a Glump! Muass der des Benzin zohln?
Heinz: Also Oma, sog amal! Der muass doch des Benzin ned zohln. Der hod doch an Sponsor!
Oma: An Sponsor hod der? Du host an Opel, du muasst dei Benzin zohln. Hättstda holt aa an Sponsor kafft! Is des a deitscher, da Sponsor? Oder a Japaner?
Heinz: Jetza bi holt amal staad, Oma! I muass mi konzentriern. Jetza lafft de Schlussphase vo dem Rennen. Jetza wirds dodal spannend. Schau holt aa zua wia i und frog ned dauernd! Du bist schlimmer wia a Kind.
Oma: Jamei, mi interessierts holt, drum frog i. Oläg! Do schau hi! Jetza is da Marlboro ins Gros einegfohrn! Voll in d’Wies!
Heinz: Wer?
Oma: No, da Marlboro. Steht doch groß draaf aaf sein Auto.
Heinz: Des is doch da Sponsor!
Oma: Sponsor hoaßt der? Ned Marlboro?
Heinz: Naa, Oma. Schau her, des is aso: Aaf de Auto steht da Nam von ana Firma und de Firma zohlt dafür an Haffa Göld. Und de Firma is dann da Sponsor. Marlboro zum Beispiel san Zigrettn.
Oma: A geh! Und worum zohlt de Firma an Haffa Göld? Also i, i daad nix zohln, wenn der „Frieda Gruber“ aaf sei Auto affeschreibn daad.
Heinz: Des is scho klar. Wenn dei Nam obnsteh daad, des daad dir aa nix bringa. Owa wenn d’Leit des „Marlboro“ seng, dann rauchands Marlboro und de Firma verdient a Göld. Und drum zohlns wos dafür.
Oma: Aso a Schmarrn! Des is doch mir wurscht, wos do draff steht. I rauch aso und aso ned. Wos san denn des für Deppen, de wos rauchen, bloß weils aaf an Auto obn steht!
Heinz: Ja, is scho recht, Oma. Jetza pass aaf, glei is aus. Oa Rundn no.
Oma: Sinnierend: Omei, wer wird denn des ganze Gros neba da Straß mahn? Hod des ebba ebba pacht?
Heinz: Also Oma, des woaß i beim bestn Willn ned. Des is doch wurscht, wer des maht.
Oma: Wahrscheinlich da Bauhof, weil a Kuah frisst des Zeig ned. Is ja alls voll Benzindampf.
Heinz: Wahrscheinlich. Ruhe jetza, jetza kimmt da Zieleinlauf!
Oma: Omei, sog bloß nix mehr von an Einlauf! Morgn hob i mei Darmspiegelung. Mir graust sovül vor dem Einlauf. I mog scho ned, wenn mi oana untn ume nackert segt, owa dann der Einlauf! I derf gor ned drodenka!
Heinz: I hobdas doch scho gsagt, dass des mit dem Einlauf beim Doktor nix zum dua hod!
Oma: Ja, i woaß scho! I moan ja bloß!
Heinz: Da Vettel hod gwunga! I hobs ja glei gsagt, dass der da Beste is.
Oma: Is des der, der den Alfons so frech überholt hod?
Heinz: Genau! Der is des! Do schau hi, do fohrt er! Er is scho a Hund, unser Sebastian!
Oma: Du host doch gsagt, er hoaßt Vettel!
Heinz: Ja, da Vornam is Sebastian! Schau halt hi, do fohrt er!
Oma: Wo fohrt denn der jetza hi? I hobma denkt, der hod scho gwunga. Der kannt doch scho stehbleim!
Heinz: Der draht no a Ehrenrunde. Des is aso üblich bei da Forml 1.
Oma: Hoffentlich geht eam ’s Benzin ned aus!
Heinz: Gwiss ned. So, jetza kimmt glei d’Siegerehrung. Do schau hi, wias fetznd, de ganzn Ferrari-Fans!
Oma: Ja, wia des? Hod der aa gwunga?
Heinz: Wer?
Oma: Da Ferrari. I hobma denkt, da Vettel hod gwunga.
Heinz: Sei Auto is a Ferrari! Schau hi, steht doch drauf am Auto!
Oma: I hobma denkt, des is a Sponsor.
Heinz: Oma, jetza bringst alls durchanand. Und i bin aa scho ganz bläd mit deiner Fragerei. Jetza drah i’n Fernseh ab, sunst werd i narrisch.
Oma: Des viele Fernsehschaun is eh ned gsund. Des mocht aggressiv. Schau di o, du bist nervlich scho ganz firte. Des kimmt vo dem Fernsehschaun! Geh amal ausse an de frische Luft! Des is guat für dein Körper!
Heinz: Genau! Steht auf und geht! Und für meine Nerven aa!
Was für ein Glück ist es, Kinder zu haben! Meistens! Ein noch größeres Glück ist es, auch eine passende Oma zu haben, die auf die Nervensägen aufpasst, wenn die Eltern einmal ungestört und ruhigen Gewissens abends ausgehen wollen. Omas sind ja allgemein bekannt dafür, dass sie wunderschöne Geschichten erzählen können. Omas sind auch bekannt dafür, dass sie geduldig sind und sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lassen wie Eltern. Aber bei den heutigen ebenso aufgeklärten wie wissbegierigen und skeptischen Kindern ist dies nicht mehr so einfach, wie es früher war.
Knut: Oma, derf i Nintendo spielen?
Selina: Ouh ja Oma, spielma Nintendo! Du derfst aa mitspieln!
Oma: Naa, naa, Kinderln! Jetza spielma ned mit dem elektrischn Zeig. Dauernd de greislichen Gfrieser und dann platzt allaweil zwischendurch oan da Schädl oder es zreißt oan komplett! Des is nix für mi! Wenn i scho amal an ganzn Abend do bin bei eich, dann erzähl i eich a scheene Gschicht!
Knut: Owa dann a Gruselgschicht! A normale is langweilig.
Selina: Genau. Bitte a Gruselgschicht! Flehend: Bittöööö!
Oma: Also guat. Owa i sog eichs glei: Wenns eich firchts, seids selber schuld! I sogs bloß!
Knut: Ah, mir firchtma uns doch ned! Mir hamma scho „Scream“ am Fernseh gseng!
Oma: Des kenne ned, i schau bloß „Sturm der Liebe“!
Knut: Des kenn i ned! Um wos geht’s denn do?
Selina: Zurechtweisend: Des is doch wurscht! Jetza fang o, Oma!
Oma: Also: Amal san da Sepperl und ‘s Reserl in Wold ganga …
Knut: Hihi! Wos des für komische Namen san! Sepperl und Reserl! Aso möcht i ned hoaßn.
Selina: Kichernd: I aa ned! Sepperl sowieso ned!
Oma: Also des sog eich scho: Knut und Selina is aa ned grod ’s Gelbe vom Ei!
Knut: Ha? Wos für a Ei?
Oma: Ach nix. Aaf jedn Fall san da Sepperl und ’s Reserl in Wold ganga.
Selina: Ganz alloa?
Oma: Dodal alloa! Bloß de zwoa. Sunst wor neamad dabei. Bloß da Sepperl und ’s Reserl, des war sei Schwesterl.
Knut: Hamm de des derft?
Oma: Irritiert: Wos derft?
Knut: In Wold geh, ganz alloa.
Oma: Jaja, de hamm derft, d’Mama hods erlaubt.
Knut: Und da Papa?
Oma: Leicht genervt: Dem wars wurscht. Der war in da Arbeit.
Selina: In da Arbeit? Wos war denn der? War der im Büro? Oder a Metzger?
Oma: Etwas mehr genervt: Des woaß doch i ned, wos der war! A Schreiner oder Beamter oder irgendwos! Des is doch in dem Fall wurscht!
Selina: Des is ned wurscht! Weil a Beamter konn koan Schrank macha, owa a Schreiner scho!
Oma: Ob der an Schrank macha konn, des hod doch mit dera Gruslgschicht nix zum dua! Ok, dann wara halt in Gottes Namen a … a … Ding, a Beamter!
Knut: Im Landratsamt?
Oma: Immer entnervter und laut: Ja, im Landratsamt! Im Bauamt! Kruzenäsn, jetza lassts mi halt mei Gschicht erzähln! Jetza hockma scho fünf Minuten do und i hob ned amal drei Sätze gsagt, weil ihr mi dauernd unterbrechts! Do verlier i ja ganz den roten Faden!
Knut: Den roten Faden? Wos für an Faden?
Oma: Fast schon hysterisch: Des sagtma halt aso! Koan echten Faden! I moan, dass i mit meiner Gschicht ganz durcheinander kimm!
Selina: Gehts do um an Faden in deiner Gschicht?
Knut: Hod sich da oaner mit an roten Faden aafghängt und war dann a Geist?
Oma: Schreit: Nein! Vergessts endlich den blöden Faden!
Knut: Erschrocken: Owa … owa du host doch mit dem Faden ogfangt!
Selina: Naseweis: Des stimmt, Oma! Mir ham nix gsagt! Des mit dem Faden, des warst du!
Oma: Laut: Entschuldigung! Des duat mir leid mit dem Faden! Hättes bloß ned gsagt! Vergessts des einfach! Also, i fang noml o: Amal san da Sepperl und ’s Reserl in Wold ganga! Ganz alleine! D’Mama hods erlaubt, dem Vater am Landratsamt wars wurscht! Und dann …
Selina: Äh, Oma, derf i wos fragen?
Oma: Argwöhnisch: Wos is denn scho wieder?
Selina: Warn da Sepperl und ’s Reserl gega Zecken gimpft?
Oma: Hysterisch, laut: Kreizbirnbaamhollerstaun, des is doch wurscht!
Selina: Selbstbewusst: Des is ned wurscht! D’Mama hod gsagt, des is wichtig! Weil da Zeck is a Killer! Do konnma sterben oder sogar bläd wern!
Oma: Frustriert: Ja guat, dann warns halt gimpft! Wenn eich des so wichtig is, dann warns gimpft! Und gega Wundstarrkrampf und Keichhoustn warns aa gimpft! De warn gega alles gimpft, wenn eich des beruhigt! Owa des spielt für die Gschicht keine Rolle!
Selina: Ned?
Oma: Naa, null! A Gschicht über gimpfte Kinder, de is doch ned gruslig! Es geht um ganz wos anders in dera Gschicht! A Zeck kimmt überhaupt ned vor! Also, aaf jeden Fall san de zwoa in Wold ganga. Ganz alloa, Mama hods erlaubt, Papa wars wurscht, dass des ein für allemal klar is! Mit drohendem Blick zu den Kindern: Gega Zecken warns gimpft!!!
Knut: Leicht beleidigt: Ja ok, jetza wissmas!
Oma: Genau! Und wias im Wold drin warn, hamms aafamal wos ghört, ungefähr so: Krrr … krrr!
Knut: Wos hamms ghört?
Selina: Hörst du schlecht? „Krrr! Krrr!“, hams ghört!
Oma: Genau Selina. Krrr! Krrr!
Knut: Wos wor nacha des, des Krrr! Krrr?
Oma: Des woaß i aa ned. Auf jeden Fall: Da Sepperl und ’s Reserl hamm total Angst ghabt und san immer schneller ganga, immer schneller und schneller, immer weida in Wold eine.
Knut: Grübelnd: Wos kannt des bloß gwesn sa? Krrr! Krrr! A Monster vielleicht?
Selina: Abschätzig: Du immer mit deine Monster! Du denkst immer bloß an Monster! Monstermonstermonster, dauernd!
Knut: Und du an Kleidln!
Selina: Monsterschädl!
Knut: Kleidlgoaß!
Selina: Depp!
Knut: Aff!
Oma: Grantig und tadelnd: Jetza seids owa staad mit de hässlichen Ausdrücke! Duats ned dauernd streitn. Wer streit, kimmt in d’Höll! Lusts liawa zua! Man sagt ned Depp zu seiner Schwester!
Knut: I hob Aff gsagt!
Oma: Des is wurscht! Aff is irgendwie aa Depp! Also, da Sepperl und ’s Reserl san soweit in Wold einegrennt, bis des krrr! krrr! weg war. Se hamms dann nimmer ghört.
Knut: Gottseidank!
Oma: Wos hoaßt do Gottseidank? Nix Gottseidank, weil wias ganz weit im Wold drin warn, hammsase aafamol nimmer auskennt. Jaaa!
Selina: Wia nimmer auskennt? Hamm de Drogen gnumma?
Knut: Christl Speed am End! Do kenntmase nimmer aus! Bei uns in da Schul war a Polizist, der hod an Vortrag ghaltn über Christl Speed! Der hod gsagt, do kenntmase nimmer aus! Der hodse fast selber nimmer auskennt!
Oma: De hamm doch koane Drogen gnumma! Drogen! So ein Schmarrn! Naa, verlaffa hammsase, dodal verlaffa. De hamm nimmer gwisst, wo vorn und hint is. Kinnts eich des vorstelln, wos des is? Wennma mittendrin im dunklen Wold is und kenntse nimmer aus – woaßt, wos des is!
Knut: Scheiße is des! Voll Scheiße!
Oma: Also Knut! Sowos sagtma doch ned!
Selina: Drohend: Des sog i da Mama, wenns wieder hoamkimmt, dass du zur Oma Scheiße gsagt host!
Knut: Triumphierend: Dann sog i ihr, dass du mitn Papa seiner Unterhosn ‘n Tisch ogwischt host!
Oma: Böse: Jetza hörts amol endlich des Streitn aaf, Mensch Meier! Will denn koana mei Gschicht hörn, zenalln? I erzähl do a gruslige Gruslgschicht und ihr streits! Wos seids denn ihr für Kinder? Glei mogi nimmer, wenns allaweil streits!
Selina: Doch Oma, erzähl weida!
Oma: Kurzfristig wieder versöhnt: Also guat! Also: Jetza warn da Sepperl und ’s Reserl ganz tief im Wold drin und hamm nimmer gwisst, wias wieder hoamkemma kanntn.
Knut: Und „krrr! krrr!“ hods nimmer gmocht?
Oma: Des ned, owa wennmase nimmer auskennt, des is aa ohne „krrr! krrr“ schlimm!
Knut: Des stimmt! Mit „krrr! krrr!“ waars a dodaler Wahnsinn!
Oma: Genau! Wos sollma da machen, wennma ganz tief im Wald drin is und kennste nimmer aus? Wos soll man da machen?
Knut: Emotionslos: Mitn Handy dahoam oruafa!
Oma: Wieder grantig und lauter: De hamm koa Handy dabei ghabt! Mensch Meier! Man konn doch als Kind amal in den Wold geh ohne Drogen und ohne Handy! Des muass doch möglich sei!
Selina: Warn des vielleicht ganz arme Kinder, weils ned amal a Handy ghabt hamm? Vielleicht Flüchtlinge?
Oma: Flüchtlinge! Aso a Schmarrn! De hamm Sepperl und Reserl ghoaßn, ned Ali Baba und Suleika! Des warn ganz normale Kinder, wia ihr! De hamm halt einfach koa Handy dabeighabt! Des konn doch sei, dassma amal koa Handy dabei hod!
Knut: Hamm de des Handy vielleicht dahoam lassn, weil da Akku laar war?
Oma: Erleichtert: Ja genau! De hamms dahoam lassn, weil da Akku laar war! Aso wars!
Knut: War des mit Karte oder Vertrag?
Oma: Völlig konsterniert: Wos?
Knut: Des Handy! War des a Kartenhandy oder oans mit Vertrag? Weil mit Vertrag kriagtma alle zwoa Johr a neis!
Oma: Des woaß i ned! Des spielt jetza koa Rolle ned! Jetza lassts mi halt de Gruslgschicht weida erzähln und fragts ned dauernd aso an Krampf!
Selina: Also bis jetza is fei no ned gruslig!
Oma: Jetza passts aaf, jetza wird’s gruslig! Wias ganz weit im Wold drin warn, hamms von an Gebüsch aussa ghört, wias immer „huaaah, huaaah“ gmocht hod! Direkt aus dem Gebüsch, ganz unheimlich mit der tiefsten ihr möglichen Stimme und mit aufgerissenen Augen „huaaah, huaaah“.
Knut: Leicht irritiert: Oläck! Wos war nacha des?
Selina: Vorwurfsvoll: Wia soll denn d’Oma des wissen? Wenns „krrr! krrr!“ ned woaß, nacha wirds „huaaah, huaaah“ aa ned wissen. Gell, Oma?
Oma: Genau! Und da Sepperl und ’s Reserl hamm aa ned gwisst, wos des sei kannt. Se hamm dermaßen Angst ghabt und se hamm nimmer gwisst, wos macha solln. ’s Reserl hod scho a bisserl gflennt und hod gsagt: „Omei, Sepperl, i glaub, jetza miassma sterm!“
Knut: Auch leicht ängstlich: Und da Sepperl? Wos hod der gsagt? Hod der aa gmoant, dass sterm miassn?
Oma: Da Sepperl? Der hod gsagt … äh, der hod gsagt: „Oläck!“, hoda gsagt, „jetza machts huaaah!“
Knut: Ja, wos war denn nacha drin in dem Gebüsch? A Dinosaurier oder wos? Oder da Darth Vader?
Selina: Ja Oma, wos war denn do drin?
Oma: Lustvoll die Spannung aufbauend: Des sog i eich no ned! I sogs eich später! Zerst erzähl i eich, wos dann passiert is!
Selina: Wos isn dann passiert?
Oma: Dann is aafamol a Mo daherkemma! A großer Mo!
Knut: War der vorbestraft?
Oma: Also Knut! Wie kimmst denn aaf des? War der vorbestraft! Mit dir stimmt doch wos ned! A normaler Mensch kimmt nie aaf so a Frage! War der vorbestraft! Schüttelt den Kopf.
Selina: Also Knut, du immer!! Für di gibts überall bloß Reiber und Mörder. Oma, war des a Reiber oder a Mörder?
Oma: Naa, des war er ned. Des war da Förster!
Selina: Erleichtert: Gottseidank!
Knut: War des wirklich da Förster? Traun derfst koan! Hod der an Dienstausweis dabeighabt?
Oma: Ja Knut, sag amal! Warum bist denn du dermaßen misstrauisch?
Knut: Da Papa sagt allaweil, bei Fremde muassma misstrauisch sei. Des is ned gsagt, dass jeder Mo im Wald da Förster is! Des kannt a Psychopath grad aso sei! Oder a Holzdieb!
Selina: Des stimmt, Oma! Des sagt da Papa allaweil!
Oma: Dass ned jeder Mo im Wold da Förster is?
Selina: Naa, dassma misstrauisch sei soll!
Oma: Ja, do hod er scho recht. Owa des war wirklich da Förster. Der hod a grünes Gwand anghabt, typisch Förster! Und der hod gsagt: „Habts eich ebba verlaufen, liebe Kinderlein?“ Und d’Kinder hamm gsagt: „Ja, lieber Förster! Und do drin im Gebüsch, do mochts allaweil „huaaah, huaaah“! Wos isn des bloß, Herr Förster?“
Selina: Da Förster hod des bestimmt gwisst, wos des is.
Knut: Des is ned gsagt. Wenns a Monster is, nacha woaßas ned. Da Förster kennt bloß normale Viecher – Saurier und Krokodüler. Monster kennt der ned.
Selina: Ach, du allaweil mit deine blädn Monster! Gell Oma, da Förster hods gwisst, wos do „huaaah, huaaah“ gmocht hod?
Oma: Gwisst hodas ned. Drum is er ins Gebüsch eineganga zum Nachschaun, wos do drin is.
Knut: Aso a Depp!
Oma: Unwirsch: Des war koa Depp! Der war mutig!
Knut: Hod der wenigstens a Laser-Pistoln dabeighabt? Weil mit dera konnst sogar an T. Rex pulverisiern! Ahmt eine Schießbewegung in Richtung Oma nach. Zack – Pulver!
Oma: A Laser-Pistoln! So ein Krampf! De gibt’s doch bloß am Fernseh! Naa, bloß sei Förstergwehr hod er dabeighabt!
Knut: Oläck! Des hätt i ned do!
Selina: I aa ned. Und dann? Wos is dann passiert?
Oma: Wia da Förster im Gebüsch drin wor, hodma zerst nix ghört. Dann aafamal ganz laut „huaaaarrrrr“ schreit aus Leibeskräften wie ein Untier und dann „Hilfeee!“ und dann wars ganz, ganz staad. Unheimlich staad.
Knut: Und da Förster? War der hi oder wos? Oder hods der alle bloß verarscht?
Selina: Bestimmt ned. Der war hi, do trau i mir wettn!
Oma: Do host du recht Selina! Owa man sagt ned hi, sondern tot! Am Rand vom Gebüsch hodma nämlich sei bluatige Händ liegn segn. A bisserl hods no zuckt. Owa des warn bloß d Nerven, insgesamt war er hi … äh tot!
Knut: Cool! Wer hod denn nacha den umbracht? War in dem Gebüsch vielleicht a fleischfressende Riesenheidelbeere?
Selina: Aso a Schmarrn! A fleischfressende Riesenheidelbeere mocht doch nie im Leben „huaaarrrrr“.
Knut: Woher willst denn du des wissen? Host du vielleicht scho amal a fleischfressende Riesenheidelbeere ghört?
Selina: No ned. Owa „huaaarrrrr“ machts bestimmt ned. Gell, Oma?
Oma: Des woass doch i ned, wia a fleischfressende Riesenhimbeere macht!
Knut: Heidelbeere, ned Himbeere!
Oma: Des woaß i aa ned! Des war sowieso koa Beere, sondern a Bär! In dem Gebüsch war a verzauberter Bär!
Knut: Begeistert: Stark!
Selina: A verzauberter Bär? Wer hod denn den verzaubert?
Oma: Da böse, unheimliche Waldzauberer Watz!
Knut: Unverändert begeistert: Stark! Saustark! Waldzauberer – cool!
Selina: Hoaßt der wirklich Watz?
Oma: Ja. Warum?
Selina: Unser Kindergartenfräulein hoaßt aa Watz. De is bestimmt mit dem verwandt, wal de is aa so böse. I glaub, de is a Hex!
Oma: De is doch ned mit dem verwandt! A böser Waldzauberer hod doch koa Verwandtschaft ned!
Knut: Hä? Wieso ned? Hod der koane Eltern? Is der ned geborn?
Oma: Naa, a Zauberer, der is einfach aso do. Der wird ned geboren und der stirbt aa ned. Sunst waars ja koa Zauberer.
Knut: Des gibts doch ned. A jeder Mensch is geboren! Neunmalklug: