The Cover Image
 

 

In einem Pariser Bus der Linie S beschimpft ein junger Mann mit Hut einen älteren Herrn, setzt sich dann auf einen freien Platz und taucht zwei Stunden später an der Gare Saint-Lazare wieder auf, wo einer ihm sagt, sein Überzieher habe einen Knopf zu wenig. Die Stilübungen bilden das Kunststück, diese Alltagsepisode in über hundert Varianten zu präsentieren – etwa als Komödie, Sonett, Haiku, Traum oder Verhör, in Alexandrinern, Anagrammen oder Permutationen, kulinarisch, bäurisch, mathematisch, lesbisch oder reaktionär.

Die Stilübungen sind ein fintenreiches erkenntnistheoretisches Sprachspiel und ein überbordendes Lesevergnügen. Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel haben Queneaus populären Klassiker – um manches auf Deutsch bisher Unveröffentlichtes ergänzt – mitreißend virtuos neu übersetzt.

 

 

Raymond Queneau, geboren 1903 in Le Havre, gestorben 1976 in Paris, hinterließ ein umfangreiches, vielgestaltiges Werk. Von 1924 bis 1929 gehörte er zur Gruppe der Surrealisten, ab 1961 zu der avantgardistischen Literatengruppe »Oulipo«. 1938 wurde er Lektor des Verlags Gallimard. 1948 veröffentlichte er den Roman Heiliger Bimbam (BS 951), 1958 Zazie in der Metro (suhrkamp taschenbuch 3474), den Roman, der ihn, spätestens mit der Verfilmung durch Louis Malle, berühmt machte.

 

Die mehrfach mit Preisen ausgezeichneten Übersetzer Frank Heibert (u. ‌a. Don DeLillo, Richard Ford, William Faulkner, Boris Vian) und Hinrich Schmidt-Henkel (u. ‌a. Jean Echenoz, Denis Diderot, Jon Fosse, Tomas Espedal) übersetzen gelegentlich gern gemeinsam.

 

 

Raymond Queneau
Stilübungen

Aus dem Französischen
und mit einem Nachwort
von Frank Heibert
und Hinrich Schmidt-Henkel

Suhrkamp Verlag

 

 

Die Originalausgabe erschien 1947 unter dem Titel Exercices de style bei Editions Gallimard, Paris.

 

 

 

 

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2016

Der vorliegende Text folgt der Erstausgabe, 2016.

© der deutschen Ausgabe Suhrkamp Verlag Berlin 2016

© Editions Gallimard, Paris, 1947, 1963, 1973, 1979, 2006 et 2012 pour la présente édition

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr.

Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar.

Umschlag: Konzept von Willy Fleckhaus

Umschlagfotos: Succession Raymond Queneau/Verbreitung: Gallimard

 

eISBN 978-3-518-74497-0

www.suhrkamp.de

Stilübungen

 

Notiert

 

 

Im S, zur Stoßzeit. Ein Typ, ungefähr sechsundzwanzig, weicher Hut mit Kordel statt Band, zu langer Hals, als hätte jemand dran gezogen. Leute steigen aus. Besagter Typ regt sich über einen der Nebenstehenden auf. Der remple ihn jedes Mal an, wenn einer vorbeiwolle, beschwert er sich. Weinerlicher Ton, der aggressiv klingen soll. Er sieht einen freien Platz, springt hin.

Zwei Stunden später sehe ich ihn auf der Cour de Rome vor der Gare Saint-Lazare. Er steht mit einem Freund da, der zu ihm sagt: »Du solltest dir einen zusätzlichen Knopf an den Mantel nähen lassen.« Er zeigt ihm wo (am Ausschnitt) und warum.

Gedoppelt

 

 

Um die Tagesmitte und mittags betrat und erstieg ich die Plattform und den hinteren Austritt eines vollen und nahezu restlos besetzten Autobusses und Fahrzeugs des Öffentlichen Nahverkehrs der Linie S und der Verbindung zwischen Contrescarpe und Champerret. Ich sah und bemerkte einen ziemlich lächerlichen und ganz schön grotesken jungen Mann und alten Jugendlichen: hagerer Hals und magere Gurgel, Schnur und Kordel um Hut und Kopfbedeckung. Nach einem Gedrängel und Durcheinander sagt und verkündet er mit larmoyanter und weinerlicher Stimme und Betonung, sein Nachbar und Mitreisender schubse und belästige ihn jedes Mal mit Absicht und Nachdruck, wenn jemand aussteige und den Bus verlasse. Als er dies geäußert und nachdem er den Mund aufgemacht hat, stürzt und begibt er sich auf einen leeren und freien Platz und Sitz.

Zwei Stunden später und einhundertzwanzig Minuten danach treffe und sehe ich ihn auf der Cour de Rome und vor der Gare Saint-Lazare wieder. Er ist und befindet sich dort mit einem Freund und Kumpel, der ihm rät und nahelegt, zusätzlich einen Knopf und eine Steinnussscheibe an seinen Überzieher und Mantel anfügen und annähen zu lassen.

Litotes

 

 

Wir, ein paar Leute, waren per Blechbüchse unterwegs. Ein nicht besonders intelligent wirkender junger Mann sprach eine Weile mit einem Herrn neben ihm, dann setzte er sich hin. Zwei Stunden später begegnete ich ihm erneut; er war in Begleitung eines Freundes, es ging um Klamotten.

Metaphorisch

 

 

Im Zenit des Tages predigte in einem Käfer mit weißlichem Unterleib, der als Dose für reisende Sardinen diente, ein Hähnchen mit gerupftem Langhals überfallartig einer friedlichen unter ihnen, und seine Worte entfalteten sich klagefeucht in den Lüften. Dann stürzte sich der Jungvogel in eine lockende Leere.

Am selben Tage erblickte ich ihn in einer trüben städtischen Wüstenei, als er sich gerade wegen irgendeines Knopfes auf die Hühneraugen steigen ließ.

Rückwärtsgang

 

 

Da sollte noch ein Knopf an deinen Mantel, sagte sein Freund zu ihm. Ich begegnete ihm mitten auf der Cour de Rome, nachdem ich ihn zuletzt dabei beobachtet hatte, wie er sich begierig auf einen Sitzplatz stürzte. Da hatte er sich gerade gegen das Schubsen eines Mitreisenden verwahrt, der, wie er behauptete, ihn jedes Mal anrempelte, wenn jemand ausstieg. Der magere junge Mann war Inhaber eines lächerlichen Hutes. Das Ganze spielte sich auf der Plattform eines voll besetzten S ab, am selben Mittag.

Überrascht

 

 

Was war das ein Gedränge auf dieser Autobus-Plattform! Und wie albern, ja lächerlich dieser junge Mann aussah! Und was macht er? Wird der doch im Ernst einen Streit anfangen wollen mit einem Mann, der – angeblich! fand dieser Geck! – ihn anrempelte! Und danach hat er nichts Besseres zu tun, als sich schleunigst auf einen frei gewordenen Platz zu setzen! Statt ihn einer Dame zu überlassen!

Und ahnt man, wen ich zwei Stunden später vor der Gare Saint-Lazare wiedersehe? Denselben Vogel! Der sich gerade in Kleidungsfragen beraten lässt! Von einem Freund!

Du glaubst es nicht!

Traum

 

 

Alles um mich her erschien mir dunstig und schimmernd, voll verschwommener Wesen, unter denen sich einzig die Gestalt eines jungen Mannes recht deutlich abzeichnete, mit einem allzu langen Hals, der schon für sich genommen seinen zugleich feigen und querulantischen Charakter erahnen ließ. Sein Hutband war durch eine geflochtene Schnur ersetzt. Im Weiteren legte er sich mit einer Person an, die ich nicht sehen konnte, dann stürzte er sich, wie in jäher Angst, ins Halbdunkel eines Ganges.

In einem anderen Teil des Traums geht er vor der Gare Saint-Lazare durch die pralle Sonne. Er wird von jemandem begleitet, der zu ihm sagt: »Du solltest dir noch einen Knopf an den Mantel nähen lassen.«

Und da bin ich aufgewacht.

Vorhersagen

 

 

Gegen Mittag wirst du dich auf der hinteren Plattform eines Autobusses befinden, wo sich die Passagiere drängen, und unter ihnen wirst du einen lachhaften Jüngling bemerken: knochiger Hals und kein Band am weichen Filz. Er wird sich nicht wohl befinden, dieser Junge. Wird meinen, ein Herr schubse ihn absichtlich, jedes Mal, wenn jemand zum Ein- oder Aussteigen vorbeiwolle. Er wird es ihm sagen, aber der andere, verächtlich, wird ihn keiner Antwort würdigen. Und der lachhafte Jüngling, von Panik befallen, wird ihm vor der Nase wegflitzen, zu einem freien Platz.

Etwas später wirst du ihn auf der Cour de Rome wiedersehen, vor der Gare Saint-Lazare. Ein Freund wird bei ihm sein, und du wirst diese Worte hören: »Dein Mantel schließt nicht gut, du solltest dir noch einen Knopf drannähen lassen.«

Mixtura verborum

 

 

Einen lächerlichen jungen Mann, als ich mich eines Tages in einem überfüllten Autobus der Linie S befand, durch Zugkräfte vielleicht mit verlängertem Hals, am Hut eine Kordel, bemerkte ich. Arrogant und larmoyant im Tonfall, der neben ihm steht, über diesen Herrn beschwert er sich. Denn der remple ihn an, Mal jedes, wenn aussteigen Leute. Platz setzt er sich hin und stürzt zu einem freien, dies gesagt. An der Rome (Cour de) sehe ich ihn später, zwei Stunden, an seinen Mantel noch einen Knopf nähen zu lassen ein Freund ihm rät.

Regenbogen

 

 

Eines Tages stand ich auf der hinteren Plattform eines violetten Autobusses. Dort befand sich auch ein ziemlich lächerlicher junger Mann: indigoblauer Hals, Kordel am Hut. Auf einmal beschwert er sich bei einem blauen Herrn. Und zwar wirft er ihm vor, mit grüner Stimme, er rempele ihn jedes Mal an, wenn Leute ausstiegen. Dann aber springt er doch zu einem gelben Platz und setzt sich hin.

Zwei Stunden später sehe ich ihn vor einem orangen Bahnhof wieder. Er steht mit einem Freund da, der ihm rät, sich noch einen Knopf an seinen roten Mantel nähen zu lassen.

Logo-Rallye

 

 

(Aussteuer, Bajonett, Feind, Kapelle, Atmosphäre, Bastille, Korrespondenzweg.)

 

Eines Tages befand ich mich auf der Plattform eines Autobusses, der wohl zur Aussteuer der Tochter von Monsieur Mariage gehörte, welcher die Geschicke der Pariser städtischen Verkehrsbetriebe lenkte. Dort befand sich auch ein ziemlich lachhafter junger Mann, lachhaft nicht, weil er kein Bajonett trug, sondern weil er aussah, als trüge er eines, obwohl dem nicht so war. Unvermittelt attackiert dieser junge Mann seinen Feind: einen hinter ihm stehenden Herrn. Er beschuldigt ihn namentlich, sich nicht so rücksichtsvoll zu verhalten wie in einer Kapelle. Nachdem er solcherart für eine gereizte Atmosphäre gesorgt hat, setzt sich dieser Hänfling hin.

Zwei Stunden später sehe ich ihn zwei, drei Kilometer von der Bastille entfernt mit einem Freund, der ihm rät, sich noch einen Knopf an den Mantel nähen zu lassen; den Rat hätte er ihm ebenso gut auf dem Korrespondenzwege erteilen können.

Zögernd

 

 

Ich weiß nicht genau, wo es geschah … in einer Kirche, einem Mülleimer, einem Massengrab? Einem Autobus vielleicht? Da gab es … ja, was gab es denn da? Eier, Teppiche, Pfifferlinge? Skelette? Ja, genau, aber noch mit Fleisch dran und lebendig. Ich glaube, so war's. Leute in einem Autobus. Aber einer darunter fiel auf (oder zwei?), ich weiß nicht mehr so recht wodurch. Durch seinen Größenwahn? Seine Fettleibigkeit? Seine Melancholie? Besser gesagt … genauer … durch seine Jugend, die etwas Langes zierte … Nase? Kinn? Daumen? Nein: der Hals, und ein komischer, komischer, komischer Hut. Er geriet mit jemandem in Streit, richtig, wahrscheinlich mit einem anderen Fahrgast (Mann oder Frau? Kind oder Greis?). Das Ganze endete, es muss ja irgendwie geendet sein, vermutlich durch den Rückzug eines der beiden Kontrahenten.

Es war, das glaube ich schon, dieselbe Person, auf die ich später traf, aber wo? Vor einer Kirche? Vor einem Massengrab? Vor einem Mülleimer? Mit einem Freund, der ihm wohl etwas erzählte, aber was? Was? Was?

Genaue Angaben

 

 

In einem Autobus der Linie S, der 10 m lang, 2,10 m breit und 3,50 m hoch war, sprach um 12 Uhr 17, 3,6 km nach Fahrtbeginn und mit 48 Fahrgästen an Bord, ein Individuum männlichen Geschlechts, 27 Jahre, 3 Monate und 8 Tage alt, 1,72 m groß und 65 Kilo schwer, auf dem Kopf einen Hut von 17 cm Höhe, darum ein 35 cm langes Hutband, einen 48 Jahre, 4 Monate und 3 Tage alten Mann von 1,68 Größe und 77 kg Gewicht an, indem es 14 Worte an ihn richtete, deren Äußerung 5 Sekunden dauerte und die sich auf unfreiwillige Ortsverschiebungen von 15 bis 20 mm bezogen. Hernach setzt es sich ungefähr 2,10 m weiter hin.

118 Minuten später befand er sich 10 m vor der Gare Saint-Lazare beim Eingang zu den Vorortzügen und schlenderte über eine Strecke von 30 m auf und ab, zusammen mit einem 28 Jahre alten Bekannten, der 1,70 m groß war, 71 kg wog und ihm mit 15 Wörtern riet, einen Knopf von 3 cm Durchmesser versetzen zu lassen, und zwar um 5 cm in Richtung Zenit.

Subjektiv gesehen

 

 

An jenem Tag war ich gar nicht mal unzufrieden mit meiner Gewandung. Ich weihte einen neuen, ziemlich kecken Hut ein sowie einen Mantel, auf den ich große Stücke hielt. Vor der Gare Saint-Lazare auf X getroffen, der mir meine Freude daran vermiesen will, indem er mir nachzuweisen versucht, dass mein Mantel zu weit ausgeschnitten sei und ich mir noch einen zusätzlichen Knopf annähen lassen sollte. Immerhin hat er nicht gewagt, meine Kopfbedeckung zu kritisieren.

Kurz zuvor einem regelrechten Rüpel eine hübsche Abfuhr erteilt, der mich absichtlich jedes Mal, wenn jemand vorbeikam, ob beim Aus- oder Einsteigen, malträtieren musste. Das Ganze spielte sich in einem jener widerwärtigen Omnibusse ab, die sich ausgerechnet in den Stunden, da ich mich genötigt sehe, sie zu benutzen, mit Plebs füllen.

Anders subjektiv

 

 

Heute hatte ich neben mir im Autobus so einen rotznasigen Typen von der Sorte, wie sie zum Glück selten gemacht werden, sonst würde ich am Ende noch einen totschlagen. So ein Bürschchen von sechsundzwanzig oder dreißig Jahren, das mir gar nicht mal wegen seinem langen Hals so auf den Wecker ging, wie bei einem gerupften Truthahn, sondern vor allem wegen seinem Hutband, das kein Band mehr war, eher eine Art auberginenfarbene Schnur. Ah! Der Mistfink! Wie der mich anwiderte! Da unser Autobus um diese Tageszeit stark frequentiert war, nutzte ich das Gedrängel beim Ein- und Aussteigen, um ihm den Ellbogen in die Koteletts zu rammen. Am Ende suchte er feige das Weite, grad als ich ihm schon ein bisschen auf die Quanten treten wollte, um ihm Beine zu machen. Außerdem hätte ich ihm, um ihn zu ärgern, noch mitgeteilt, dass sein Mantel zu weit ausgeschnitten war und da noch ein Knopf fehlte.

Bericht

 

 

Eines Tages um die Mittagszeit erblickte ich auf der hinteren Plattform eines so gut wie voll besetzten Autobusses der Linie S (heute 84) beim Parc Monceau eine Person mit sehr langem Hals, die einen weichen, mit geflochtener Borte statt Band besetzten Filzhut trug. Dieses Individuum herrschte unvermittelt einen Nebenstehenden an und behauptete, dieser trete ihm absichtlich jedes Mal auf die Füße, wenn Fahrgäste zu- oder ausstiegen. Im Übrigen brach er die Auseinandersetzung schnell ab, um sich auf einen frei gewordenen Platz zu stürzen.

Zwei Stunden später sah ich ihn vor der Gare Saint-Lazare wieder, ins Gespräch mit einem Freund vertieft, der ihm riet, den Ausschnitt seines Mantels zu verkleinern, ein fähiger Schneider solle ihm den obersten Knopf etwas höher setzen.

Wortkompositionen

 

 

Ich autobusplattformte mitmenschmenghaft in einer luteciomittäglichen Raumzeit und nachbarte mit einem rotznasigen tressebehuteten Langhals. Dieser sagte zu einem Irgendanonymen: »Sie rempeloffenbaren mich.« Nachdem er das ausgestoßen hatte, freiplatzte er sich begierig. In einer späteren Raumzeitlichkeit sah ich ihn wieder, er placesaintlazarte mit einem X, der zu ihm sagte: Du solltest deinen Mantel knopfergänzen. Und ihm die Sache warumerklärte.

Ex negativo

 

 

Es war weder ein Boot noch ein Flugzeug, sondern ein Landfahrzeug. Es war weder morgens noch abends, sondern mittags. Es war weder ein Baby noch ein Greis, sondern ein junger Mann. Es war weder ein Band noch eine Schnur, sondern eine geflochtene Borte. Es war weder eine Prozession noch eine Schlägerei, sondern ein Gedränge. Es war weder ein liebenswürdiger noch ein bösartiger, sondern ein jähzorniger Mensch. Es war weder eine Wahrheit noch eine Lüge, sondern ein Vorwand. Es war weder ein Stehender noch ein Liegender, sondern ein Sitzenwollender.

Es war weder am vorherigen noch am folgenden, sondern am selben Tag. Es war weder die Gare du Nord noch die Gare de Lyon, sondern die Gare Saint-Lazare. Es war weder ein Verwandter noch ein Unbekannter, sondern ein Freund. Es war weder eine Beleidigung noch ein Spott, sondern ein Bekleidungsratschlag.

Animistisch

 

 

Ein weicher, brauner, gekniffter Hut mit hängender Krempe, umflochten von einer Tressenborte, ein Hut befand sich unter anderen, erschüttert nur von den Unebenheiten des Bodens, die von den Rädern des automobilen Fahrzeuges übertragen wurden, welches ihn beförderte, diesen Hut. Bei jedem Halt verpasste ihm das Kommen und Gehen der Passagiere seitliche, manchmal durchaus heftige Bewegungen, was ihn irgendwann erboste, diesen Hut. Er verlieh seiner Erzürntheit Ausdruck mittels einer menschlichen Stimme, die mit ihm durch eine Schicht Fleisch verbunden war. Diese wiederum war strukturell um eine unter ihm, diesem Hut, befindliche und mit einigen Löchern versehene knöcherne Quasi-Kugel angeordnet. Dann auf einmal ging er sich hinsetzen, dieser Hut.

Ein oder zwei Stunden später sah ich ihn wieder, er bewegte sich vor der Gare Saint-Lazare rund einen Meter sechsundsechzig über dem Boden hin und her, dieser Hut. Ein Freund riet ihm, noch einen Knopf an seinem Mantel anbringen zu lassen … noch einen Knopf … an seinem Mantel … so was zu sagen … zu ihm … zu ihm, diesem Hut.

Anagramme