Sabine Meyer
Donald Trump
Sabine Meyer
DONALD
TRUMP
Gier nach Macht und Geld
Originalausgabe
1. Auflage 2016
© 2016 CBX Verlag UG (haftungsbeschränkt)
Joseph-Dollinger-Bogen 13
80807 München
info@cbx-verlag.de
Alle Rechte Vorbehalten. Das Werk darf in keinerlei Form – auch nicht auszugsweise – ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Lektorat: Ulla Bucarey und Henriette Jabbour
Korrektorat: Matthias Kutschera
Umschlaggestaltung: Nina Knollhuber
Coverfoto: (c) Zack Seckler / Corbis
Satz: Sina Georgi
Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck
Printed in Germany
ISBN 978-3-945794-74-6
1. Warum ich unbedingt ein Buch über Donald Trump schreiben musste
2. Donald Trump will Präsident werden
3. Donald im Wahlkampf
3.1 Wie funktioniert der Wahlkampf in den USA?
3.2 Donald lässt kein Fettnäpfchen aus
4. Donald und die Frauen
4.1 Donald und Ivana
4.2 Donald und Marla
4.3 Donald und Melania
4.4 Donald und sein Frauenbild
5. Donald und seine Wurzeln
6. Donald und die Menschen, die anders sind als er
7. Donald und das Militär
8. Donald und seine Karriere
8.1 Donalds Einstieg ins Familienunternehmen
8.2 Donald baut auf
8.3 Donald will ganz hoch hinaus
8.4 Donald – Rien ne va plus
9. Donald hat Ideen
9.1 Donald und die Reality-Show
9.2 Donald und das Geschäft mit den schönsten Frauen
9.3 Donald und seine Bestseller
9.4 Donald liebt Sport
10. Donald hat viele Seiten
11. Donalds politisches Programm
12. Donald dreht richtig auf
Und noch ein kleiner Nachtrag
13. Donald und ich
Literaturverzeichnis
Eigentlich gab es drei Auslöser dieses Buch zu schreisben – eine Reise nach New York, die Schlagzeilen um die Präsidentschaftskandidatur von Donald J. Trump und das überraschende Angebot von meinem Verlag, über den Unternehmer zu schreiben. Drei völlig voneinander unabhängige Dinge, die dazu führten, dass dieses Werk entstanden ist. Es handelt sich nicht um eine Biografie, auch wenn viele Stationen aus dem Leben von Trump detailliert beschrieben werden – und auch keine vollständige Wiedergabe des Lebenslaufes. Ich habe einfach ein paar Punkte herausgepickt, die mir wichtig erschienen, um den Mann, der so viele Schlagzeilen macht, und seine Denkweise ein bisschen zu verstehen. Es ist aber auch kein politisches Buch, obwohl politische Zusammenhänge und der Präsidentschaftswahlkampf in den USA thematisiert werden. Es ist ein Buch über einen Mann, der ins Weiße Haus einziehen will und auf dem Weg dorthin hemmungslos austeilt und beleidigt. Und es ist ein Versuch zu verstehen, warum so viele Amerikaner hinter dem prominenten Unternehmer stehen und seine diskriminierenden und rechtsradikalen Parolen unterstützen.
Begonnen hat dieses Projekt eigentlich im April 2015, als ich mit meiner Familie ein paar traumhafte Tage mitten in Manhattan verbracht habe. New York ist eine quirlige und aufregende Stadt. Vieles, was wir gesehen haben, kannten wir aus Spielfilmen und Serien und doch war es ein wahnsinnig spannendes Erlebnis. Die Stadt war so unglaublich inspirierend und voller Leben. Begegnungen und Gespräche mit zauberhaften Menschen machten den Aufenthalt perfekt. Kurz und gut: New York hat unsere Herzen im Sturm erobert. Und gleichzeitig wurde unser Interesse am ganzen Land, den Menschen und der Politik verstärkt.
Bei den endlosen Spaziergängen und Besichtigungstouren durch Manhattan führte der Weg natürlich auch über die berühmte Fifth Avenue mit ihren teuren Läden. Geld scheint dort überhaupt keine Rolle zu spielen, beinahe jedes bekannte Luxuslabel präsentiert in der Gegend seine Kollektionen. Dort hat auch der berühmte Juwelier Tiffany & Co. sein Domizil und wurde von uns mit leuchtenden Augen besichtigt. Und da wir schon einmal vor Ort waren, sahen wir uns natürlich auch in dem Wolkenkratzer gleich nebenan einmal um. Trump Tower – den Namen hatten wir alle schon einmal gehört. Und auch Donald Trump war uns ganz vage ein Begriff. Für uns war er ein schillernder Milliardär, der sich bis nach ganz oben gearbeitet hat und auf eine gewisse Art den berühmten „American Dream“ verkörpert. Irgendwo im Hinterkopf war ein Mann mit einer seltsamen Frisur und wechselnden Ehefrauen abgespeichert, der einige Häuser in New York gebaut hatte, die bis heute seinen Namen tragen. Der Mann musste unglaublich reich sein. Das war mein gesamtes Wissen über Donald Trump, als ich den Trump Tower betrat, ein 202 Meter hohes Gebäude mit 68 Etagen und einem imposanten Atrium. Unglaublich beeindruckend oder einfach nur protzig – das liegt im Auge des Betrachters. Das Gebäude wirkt, als habe sich der Milliardär selbst ein Denkmal gesetzt, war mein Gedanke, als ich zum ersten Mal in der Eingangshalle stand. Zahlreiche Spiegel, Wände aus rosa-braunem Marmor und viel Gold verströmen prunkvollen Kitsch. Ein Wasserfall, der normalerweise über drei Stockwerke hinweg die Wand heruntergleitet – als wir dort waren, lag er wohl wegen Wartungsarbeiten auf dem Trockenen und war damit sehr unspektakulär –, setzt dem ganzen Bild noch die Krone auf. All das hatte viel Geld gekostet, das sahen wir – und das sollten wir auch sehen. Die Läden sind edel, aber nur wenige Kunden verirrten sich hierher. Es wurden Luxusartikel und natürlich auch Produkte rund um den Hausherren – wie beispielsweise seine zahlreichen Bücher – verkauft.
Im Trump Tower wohnen bis heute Millionäre, Milliardäre, arabische Prinzen, Schauspieler und natürlich der Donald Trump selbst. Der Immobilienmogul residiert dort mit seiner aktuellen Familie – seiner dritten Ehefrau Melania und dem gemeinsamen Sohn Barron William. Die drei Trumps bewohnen ein gigantisches Penthouse, das sich über drei Etagen erstreckt und einen atemberaubenden Blick über Manhattan und den Central Park bietet. Auch wenn mir die 90er-Jahre-Ausstattung des Trump Towers nicht gefiel, war ich sehr beeindruckt, dass ein Mensch seinen Traum von einem Wolkenkratzer mitten in Manhattan so umgesetzt hatte. Doch da New York so viel mehr zu bieten hat, waren Donald Trump und sein Tower für mich nach kurzer Zeit schon wieder vergessen.
Wirklich mein Interesse weckte Donald Trump erst, als er im Juni 2015 seine Kandidatur für das Amt des US-Präsidenten verkündete – mitten in seinem protzigen Trump Tower. Dort setzte er sich in Szene und erklärte, dass er Amerika wieder zu einer Großmacht machen werde. Als erfolgreicher Geschäftsmann traute er sich das selbstverständlich zu. Bei uns in Deutschland zählt Donald Trump neben Hillary Clinton und Jeb Bush zu den bekanntesten Kandidaten, die sich ins Rennen um den Platz im Weißen Haus begeben haben. Sowohl Clinton, Gattin des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton und frühere US-Außenministerin, als auch Bush, Sohn und Bruder der einstigen US-Präsidenten George H. W. und George W. Bush, bringt man auf jeden Fall mit Politik in Verbindung. Anders sieht es dagegen bei Donald Trump aus. Ernsthafte Politik gehörte bis jetzt nicht zu den Betätigungsfeldern des Immobilienmoguls – auch wenn sein Name im Vorfeld von früheren Präsidentschaftswahlen mehrfach durch die Presse gegeistert war. Wirkliche politische Ambitionen hatte es bis zu dem Zeitpunkt nicht gegeben. Schlagzeilen hatte der Unternehmer in der Vergangenheit eher mit Skandalen rund um seine Firma und sein Privatleben gemacht. Alle Politexperten waren sich am Anfang an einig: Der Kandidat Donald Trump verschwindet ganz schnell wieder in der Versenkung und spielt im Rennen um die Position des Präsidentschaftskandidaten der Republikaner keine Rolle. Er wird zunächst für ein wenig Unterhaltung sorgen, muss dann aber Platz für die „echten“ Politiker machen.
Nachdem ich den Protz und Kitsch im Trump Tower gesehen hatte, fand ich die Kandidatur von Donald Trump jedoch ziemlich spannend. Ich wollte wissen, warum der Unternehmer wissentlich in Kauf nahm, sich durch seine Kandidatur lächerlich zu machen. Mein Interesse an Donald Trump war geweckt und hält bis heute an. Was ist das für ein Mann, der in den letzten Jahrzehnten ein Immobilienimperium aufgebaut hat und jetzt behauptet, dass er die Vereinigten Staaten von Amerika besser als jeder andere regieren kann? Warum macht er das? Glaubt er wirklich so sehr an sich selbst? Ist er ein überheblicher Narzisst? Oder möchte er einfach nur seinen Marktwert und Bekanntheitsgrad steigern? Wie kommt ein Mann, der von Politik gar keine Ahnung hat, auf die Idee, er könnte Präsident werden – selbst wenn mit Ronald Reagan schon einmal ein Schauspieler die USA regieren durfte.
In der Vergangenheit hatte ich mich nie intensiv mit den Vorwahlkämpfen in den Vereinigten Staaten beschäftigt, aber die Bewerbung von Donald Trump machte mich wirklich neugierig. Schon seine Antrittsrede irritierte mich. Er beleidigte ganze Bevölkerungsgruppen und machte sich damit von Anfang an bei vielen Mitbürgern ziemlich unbeliebt. Mit seinen polarisierenden Formulierungen geriet er auch sofort in den Fokus der Medien. Trump wurde zum populärsten Kandidaten der Republikaner, obwohl andere als Favoriten ins Rennen gegangen waren. Seit seiner Kandidatur im Juni 2015 verging kaum ein Tag, an dem der Immobilienmogul nicht für Schlagzeilen sorgte. Die vermeintlichen Favoriten gaben auf oder sind nur noch farblose Randfiguren im Kampf um die republikanische Präsidentschaftskandidatur.
Im Laufe der Zeit wurden die Beleidigungen von Donald Trump immer massiver und seine Ansichten immer diskriminierender. Die Ablehnung vieler amerikanischer Bürger und Medien nahm stetig zu. Selbst die Parteiführung der Republikaner äußerte sich entsetzt über die teilweise rechtsradikalen Aussagen des Unternehmers. Doch unerwartet viele Menschen waren auch begeistert von Trumps Parolen. Der pöbelnde Immobilien-Tycoon hatte sich an die Spitze der republikanischen Kandidaten gesetzt und baute seinen Vorsprung von Woche zu Woche aus. Bei jedem neuen Skandal sind sich die Experten einig, dass sich Trump wohl endgültig ins Abseits geschossen hat. Doch das Gegenteil ist der Fall. Es war erschreckend, dass so viele US-Bürger signalisierten, dass sie mit Trumps Gedankengut einverstanden sind, seine Ansätze unterstützen und glauben, dass er ein ganzes Land führen kann. Wie ist es möglich, dass ein Mann wie Donald Trump so viele Menschen von sich und seinen Fähigkeiten überzeugen kann? Obwohl seine Pläne sehr unausgegoren sowie unlogisch erscheinen und vielfach nicht umsetzbar sind, findet der Unternehmer besonders bei weißen Männern mittleren Alters eine breite Zustimmung. Die sogenannte „Silent Majority“ – also die schweigende Mehrheit – schlägt sich zu großen Teilen auf seine Seite. Sie fühlt sich von ihm verstanden und vertreten.
Dieses Phänomen ist nicht leicht zu verstehen. Gerade hier in Deutschland sind wir sehr vorsichtig geworden, wenn ein Mensch mit Stammtischparolen um sich wirft, einzelne Bevölkerungsgruppen diskriminiert und massiv ängste schürt. Wie kann es sein, dass sich in einem Land wie den USA so viele Bürger von diesen Verbalattacken angesprochen fühlen? (Anmerkung der Autorin: Diese Zeilen waren sicherlich zutreffend, als sie im Herbst 2015 geschrieben wurden. Die politische Entwicklung im Frühjahr 2016 zeigt jedoch, dass solche Parolen auch hier immer mehr auf fruchtbaren Boden stoßen)
Wie können sich die Menschen mit einem protzigen Selbstdarsteller identifizieren? Je mehr ich mich mit diesem Thema auseinandersetzte, desto spannender wurde die ganze Sache für mich. Ich wagte mich daher an ein kleines Experiment: Kann ich herausfinden, was für ein Mensch dieser Donald Trump ist? Wie ist er? Wie denkt er? Was sind seine Ziele? Wie erreicht er seine Ziele? Warum verhält er sich, wie er sich verhält? Und wie ist er dahin gekommen, wo er jetzt ist? Ich wusste, dass ich unbedingt mehr über diesen Mann erfahren will, der entgegen aller Prognosen die Massen begeistert. Der Mann, der Barack Obama im Weißen Haus beerben möchte und glaubt, dass er dessen Job so viel besser machen kann als alle anderen Kandidaten.
Der Mann, der vor Selbstbewusstsein nur so strotzt, mit seinem Vermögen prahlt und protzt. Der Mann, der wie ein Elefant im Porzellanladen Freund und Feind beleidigt und diffamiert. Will Donald Trump wirklich Präsident werden oder ist der ganze Wahlkampf nur eine obskure Marketingstrategie?
Auf der Suche nach Antworten fing ich an, Informationen zusammenzutragen, um mir meine eigene Meinung über Donald Trump bilden zu können. Ich las Bücher – auch einige von Trump selbst –, forschte im Internet, grub alte Zeitungsartikel aus und erfuhr dabei eine Menge interessanter Details über den Unternehmer. In einer Zeit, in der die digitalen Medien auch Kleinigkeiten für die Ewigkeit archivieren und für die breite Masse verfügbar machen, ist es gar nicht so schwer, ein Gesamtbild über eine Person des öffentlichen Lebens zu erhalten, obwohl man diese nicht persönlich kennt. Donald Trump selbst nutzt Twitter, Facebook und Co. wie kein anderer Kandidat im US-Präsidentschaftswahlkampf. Er erreicht mit den sozialen Medien innerhalb von Minuten seine Anhänger und die, die es noch werden sollen. Am Anfang meiner Recherche hatte ich tatsächlich noch eine gewisse Bewunderung für den Ehrgeiz und die Energie des Immobilienmoguls aufbringen können. Es wirkte sehr mutig, wie er sich als Laie dem Politzirkus und den Medien entgegenstellte.
Doch im Laufe der Zeit wuchs mein Entsetzen – nicht nur über Donald Trump und dessen Aussagen sondern auch über die vielen Amerikaner, die einen Mann unterstützen, der offen sagt, dass er ein Einreiseverbot gegen Muslime erlassen möchte. Und das ist nur ein Beispiel von zahllosen abstrusen und gefährlichen Hirngespinsten, die Trump verbreitet.
Die Präsidentschaftskandidatur von Donald Trump entwickelt sich trotz oder gerade wegen seiner krassen Aussagen ganz anders, als es die Experten vorausgesagt hatten. Auf jeden Fall ist der New Yorker motiviert bis in die Haarspitzen seiner immer wieder für Erheiterung sorgenden Frisur. Für ihn zählt nur der Sieg. Nur Zweiter zu werden, das kann und will er nicht akzeptieren. Als er nach der dritten Fernsehdebatte der Republikaner in den Umfrageergebnissen erstmals hinter seinem afroamerikanischen Kontrahenten Ben Carson lag, jammerte er. „Es ist schrecklich, Zweiter zu sein“, sagte er auf einer Wahlkampfveranstaltung im Oktober 2015 in Sioux City in Iowa. „Ich weigere mich zu sagen, dass ihr eure Ärsche hochkriegen sollt. Nein, das sage ich nicht. Aber sorgt dafür, dass ich hier gewinne!“1
Die Recherchen über Donald Trump haben mir auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht, auch wenn ich bis heute vielen Aussagen und Aktionen nur fassungslos gegenüberstehe. Aus einzelnen Puzzlesteinen entstand für mich das Bild eines Mannes, der immer mehr will – mehr Macht, mehr Geld, mehr Ansehen. Donald Trump will gewinnen. Und selbst wenn der 45. Präsident der Vereinigten Staaten nicht den Namen Trump tragen sollte, ist seine Kampagne in Sachen Selbstmarketing ein voller Erfolg. Aus der Ferne entstand für mich ein ziemlich klares Bild von dem Unternehmer. Und ich bin mir jetzt sicher: Meine Stimme bekäme Donald Trump nicht.
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1 Kolb, Matthias: Trump: „Es ist schrecklich, Zweiter zu sein“ – 28.10.2015 http://www.sueddeutsche.de/politik/donald-trump-im-wahlkampf-es-istschrecklich-zweiter-zu-sein-1.2711691
Am 16. Juni 2015 war es soweit. Der Immobilienmogul Donald Trump verküdass er für die US-Präsidentschaftswahl im Jahr 2016 kandidieren wolle. Es war nicht das erste Mal, dass der Mann mit der lustigen Frisur (offiziell ist es kein Toupet) öffentlich mit diesem Gedanken spielte. Mehrfach – zuletzt für die Präsidentschaftswahl 2012 – hatte Donald Trump seinen Namen bereits in den Ring geworfen, sagte seine Kandidatur aber immer wieder frühzeitig ab bzw. ließ das Projekt einfach im Sande verlaufen. 1996 stellte er sich vor, für die Republikaner ins Rennen zu gehen. 2000 wollte er mit der Reform Party zur Wahl antreten. Während des Präsidentschaftswahlkampfs 2012 stellte Trump die amerikanische Staatsbürgerschaft von Barack Obama – und damit dessen Legitimation Präsident zu sein – in Frage.
US-Entertainer wie David Letterman machten sich in den letzten Jahren immer wieder über eine mögliche Kandidatur von Donald Trump lustig. Die Macher der „Simpsons“ gingen im März 2000 sogar so weit, dass sie in die erfolgreiche Zeichentrickserie eine fiktive Präsidentschaft von Donald Trump einbauten, die zum Staatsbankrott führte.2
Zwei Tage nach seinem 69. Geburtstag machte sich Donald Trump im Juni 2015 selbst ein verspätetes Geschenk und präsentierte sich als Kandidat für die US-Präsidentschaftswahl im November 2016. Dabei hatte er sich zunächst noch nicht entschieden, ob er für die Republikaner in den Ring steigen oder ob er als unabhängiger Kandidat sein Glück versuchen wird. Zu einem späteren Zeitpunkt reihte sich Trump in die Riege der bereits zahlreichen republikanischen Bewerber ein und schloss schließ lich eine unabhängige Kandidatur aus. Er unterschrieb sogar ein entsprechendes Dokument und erklärte anschließ end, dass der beste Weg sei, einfach die republikanische Kandidatur zu gewinnen. „Deshalb werde ich der Republikanischen Partei und den konservativen Grundsätzen, für die sie steht, meine absolute Loyalität versprechen.“3
Es gibt nicht viele Voraussetzungen, die ein Mensch erfüllen muss, um sich für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zu bewerben. Er muss nachweisen können, dass er seit seiner Geburt die US-Staatsbürgerschaft besitzt. Außerdem muss er mindestens 35 Jahre alt sein und das Formular II der Federal Election Commission (FEC) ausfüllen. Mehr muss man nicht machen, um offizieller Kandidat zu werden. So mogelten sich in der Vergangenheit schon einige Witzbolde in die Kandidatenlisten und sorgten im Wahlkampf zeitweise für Erheiterung. In der Regel traten diese Menschen als unabhängige Kandidaten an. Und in der Regel verschwanden sie – wenn sich das Interesse der Bevölkerung an dem Gag gelegt hatte – auch ganz schnell wieder von der Bildfläche.
Der Unternehmer und Multimilliardär Donald Trump meinte seine Bewerbung für die US-Präsidentschaftswahl 2016 jedoch völlig ernst. Er zelebrierte die Bekanntgabe seiner Kandidatur mediengerecht und holte sich dazu seine Familie als Verstärkung ins Boot. Während Trump als Hauptperson im Hintergrund mit Ehefrau Melania wartete, glitt seine älteste Tochter Ivanka – aus der Ehe mit Ivana Trump – als Erste die Rolltreppe ins geräumige Atrium des Trump Tower hinunter. Lange blonde Haare, ein perfektes Make-up, ein schlichtes, figurbetontes Kleid in Cremeweiß und ein strahlendes Lächeln – so postierte sich Ivanka auf dem Podium, hinter ihr standen – ganz patriotisch – acht Sternenbanner. Dann stellte sie den Anwesenden einen ganz besonderen Mann vor: ihren Vater.
Ivanka lobte ihn ausführlich als guten Vater und als perfekten Mann für das Amt im Weißen Haus. „He thinks big“ – er denkt groß – sei einer der Vorzüge, die ihn ihrer Meinung nach für die Aufgabe prädestinieren. Seine Weigerung „Nein“ als Antwort zu akzeptieren, gehöre ebenfalls zu den erwähnenswerten Eigenschaften von Donald Trump, meinte sie. Die interessanteste und im Nachhinein auch amüsanteste Stelle ihrer Rede war aber sicherlich, als Ivanka stolz verkündete: „Mein Vater ist das Gegenteil von politisch korrekt. Er sagt, was er meint und er meint, was er sagt.“ Im weiteren Verlauf des Wahlkampfes sagte Donald Trump nämlich eine ganze Menge Dinge, die politisch nicht korrekt waren. Ein Skandal jagte den nächsten. Sowohl die inländische als auch die ausländische Presse überschlug sich mit Kritik an den Aussagen von Trump. Wenn er das alles wirklich so meint, wie er es sagt, kann einem bei der Aussicht, dass dieser Mann tatsächlich zum Präsidenten der USA gewählt werden könnte, nur angst und bange werden.
Nach den lobenden Worten von Ivanka betrat „The Donald“ selbst das Podium. Theatralisch winkend fuhr er die lange Rolltreppe in das Atrium seines Wolkenkratzers herunter. Seine anwesenden Fans jubelten ihm euphorisch zu. Böse Zungen behaupteten, dass einige von ihnen gekauft seien. Es hätte einen Casting-Aufruf gegeben, hie ßes beispielsweise im Internet.4 Musikalisch untermalt wurde Trumps Einmarsch von Neil Youngs „Rockin’ in the free world“. Keine gelungene Wahl, denn der Text des Songs passte überhaupt nicht zu den politischen Vorstellungen des Immobilienmoguls. Zudem hatte man verpasst, sich die Einwilligung des kanadischen Sängers für den Einsatz des Songs im Wahlkampf zu holen. Neil Young war nicht begeistert, denn er unterstützte im Wahlkampf den demokratischen Kandidaten Bernie Sanders.
Aber von solchen Kleinigkeiten ließ sich Trump nicht aufhalten. Er hatte viel Größeres vor. An Selbstbewusstsein mangelte es Donald Trump nicht, als er lautstark verkündete: „So, ladies and gentlemen, I am officially running for president of the United States, and we are going to make our country great again“ – „Meine Damen und Herren, ich bewerbe mich offiziell für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten und wir werden dieses Land wieder großartig machen.“5 Dabei machte er dramaturgisch wirkungsvolle Pausen, damit sein Fanclub gebührend jubeln konnte.
In seinem rund einstündigen Auftritt holte Donald Trump zu einem Rundumschlag gegen die Regierung, den amtierenden Präsidenten und das ganze Land aus. Seiner Meinung nach sind die USA am Ende. Aber er versprach Rettung: „Sadly the American dream is dead […] But if I get elected president I will bring it back bigger and better and stronger than ever before“ – „Der ‚American Dream‘ ist tot […] Aber wenn ich zum Präsidenten gewählt werde, dann werde ich ihn größer, besser und stärker als jemals zuvor zurückbringen.“6
Und dann legte er richtig los. Das Wort „ich“ war die wichtigste Vokabel in seiner peinlichen Verkaufsveranstaltung. Zählungen ergaben, dass Donald Trump das Wort insgesamt 195 Mal in seiner Rede benutzte. Rechnete man noch Formulierungen wie „mir“ und „mich“ hinzu, kam man sogar auf 257 Selbstreferenzen in einer Ansprache, in der es doch eigentlich um das Land gehen sollte. „Ich bin wirklich reich“7, tönte er und hielt dabei seine Vermögensübersicht in die Runde. Nach eigener Aussage soll er 8.737.540.000 Dollar besitzen – verteilt auf Immobilien, verschiedene Investments und einige Schönheitskonkurrenz-Unternehmen. Nur mal so am Rande erwähnt: Die Summe, die Trump angab, war ungefähr doppelt so hoch, wie vom Wirtschaftsmagazin „Forbes“ geschätzt.
Der Grund für die Probleme der Vereinigten Staaten von Amerika lagen für Donald Trump auf der Hand. „Wir siegen nicht mehr“, erklärte der Unternehmer. China und Japan übertrumpften die USA in allen wirtschaftlichen Aspekten. „Ich schlage China ständig in allem“, behauptete er vollmundig. Und dann kam die Aussage, die im Nachhinein mächtige Wellen schlug. Mexiko, wetterte Trump, schicke seine übelsten Gestalten über die Grenze. „Sie bringen Drogen, sie bringen Kriminalität, sie sind Vergewaltiger, und einige, nehme ich an, sind auch nette Leute.“8
Kreuz und quer arbeitete Donald Trump dann zahlreiche andere Problemfelder ab. Er kritisierte die aktuelle Politik und ließ sich beispielsweise über die Arbeitslosigkeit, das Bruttoinlandsprodukt, Obamacare und den Islamischen Staat (IS) aus. Eine Lösung für die Probleme hatte er auch parat: Donald Trump – also ich, ich, ich …
Für absolute Erheiterung – nicht bei seinen anwesenden Fans – aber beim staunenden Fernsehpublikum sorgten seine im Anschluss angepriesenen Qualifikationen für das Amt des US-Präsidenten. Trump bezeichnete sich als „wahrhaft großen Führer“, der „die Marke Amerika“ großartig machen werde. Und dann fügte er hinzu: „Ich habe die besten Golfplätze der Welt. Einen direkt am Weißen Haus.“9
Die meisten Politexperten in den USA hatten zunächst über die Kandidatur von Donald Trump gelacht und den Immobilienmogul nicht ernst genommen. Die Umfrageergebnisse überzeugten sie jedoch bald vom Gegenteil. Der selbstverliebte Geschäftsmann sprach mit seinen Parolen scheinbar erstaunlich vielen Amerikanern aus dem Herzen. Ganz im Gegensatz zu den Erwartungen der Politexperten führt Donald Trump das Kandidatenfeld der Republikaner bis heute an – zeitweise mit großem Vorsprung. Daran änderten auch seine – immer wieder aufs Neue – provozierenden Aussagen nichts. Zur Überraschung vieler hatte Donald Trump plötzlich große Chancen, zum offiziellen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner ernannt zu werden. Trump selbst hat natürlich auch politische Vorbilder. In seinem 2008 erschienen Buch „Gib niemals auf!“ beantwortete er 24 Fragen, die ihm oft in seiner zahlreichen Fanpost gestellt werden. Die Antwort auf die Frage, welche Persönlichkeiten der Geschichte er bewundere, lautete folgendermaßen: „Eine davon ist Abraham Lincoln, weil er in der schwierigsten Phase unserer Geschichte Präsident unseres Landes war. Außerdem war er Autodidakt und hat jahrelang gegen Widrigkeiten kämpfen müssen, bevor er Präsident wurde. Eine andere ist Winston Churchill, der in einem entscheidenden Moment der Weltgeschichte, dem Zweiten Weltkrieg, eine Führungspersönlichkeit war. Er war ein großartiger Redner, der mit seinen Ansprachen Tausende von Menschen begeisterte, und er hat den Literaturnobelpreis für seine historischen Schriften erhalten.“10
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2 Günther, Markus: Das Geheminis des Trumpismus – 04.08.2015 http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/das-geheimnis-vondonald-trumps-erfolg-13730711.html
3 Zeit Online: Trump schwört Republikanern die Treue – 04.09.2015 http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-09/usa-wahlen-donald-trump-kandidatur
4 Couch, Aaron/ McDermott, Emmet: Donald Trump Campaign Offered Actors $50 to Cheer for Him at Presidential Announcement – 17.06.2015 http://www.hollywoodreporter.com/news/donald-trump-campaign-offered-actors-803161
5 Diamond, Jeremy: Donald Trump jumps in: The Donald’s latest White House run is officially on – 17.06.2015 – Stand: 07.01.2016 http://edition.cnn.com/2015/06/16/politics/donald-trump-2016-announcement-elections/
6 Diamond, Jeremy: Donald Trump jumps in: The Donald’s latest White House run is officially on – 17.06.2015 – Stand: 07.01.2016 http://edition.cnn.com/2015/06/16/politics/donald-trump-2016-announcement-elections/ (Übersetzung der Autorin)
7 Milbank, Dana : Donald Trump’s festival of narcissism – 16.06.2015 – Stand: 07.01.2016 https://www.washingtonpost.com/opinions/donald-trumps-festival-of-narcissism/2015/06/16/fd006c28-1459-11e5-9ddc-e3353542100c_story.html
8 Youtube: Donald Trump Presidential Announcement Full Speech 6/16/15. Hochgeladen: 16.06.2015 https://www.youtube.com/watch?v=q_q61B-DyPk (Übersetzung der Autorin)
9 Pitzke, Marc: Donald Trumps Präsidentschaftskandidatur: Ich, ich, ich - 16.06.2015 – Stand: 07.01.2016 http://www.spiegel.de/politik/ausland/donald-trump-kandidiert-fuer-us-wahl-ich-ich-ich-a-1039159.html
10 Trump, Donald: Gib niemals auf! – Wie ich meine größten Herausforderungen in Triumphe verwandelte (2008) – S. 62
Wenn in Deutschland eine Bundestagswahl ansteht, dann haben sich die Parteien im Vorfeld schon entschieden, wer ihr Spitzenkandidat und somit „das Gesicht“ der Partei sein soll. Erhält eine Partei die absolute Mehrheit bzw. führt eine regierungsfähige Koalition an, wird der zuvor ausgewählte Spitzenkandidat zum Bundeskanzler ernannt. Die Partei wählt also den potenziellen Regierungschef aus.
Ganz anders ist die Situation in den USA. Alle vier Jahre wird dort der Präsident gewählt. Dieser darf nur einmal wiedergewählt werden, so verlangt es der 22. Zusatzartikel der Verfassung. Nach der zweiten Amtsperiode muss daher auch die Partei, die bisher den Präsidenten stellt, einen neuen Kandidaten präsentieren. Die Wahl des passenden Kandidaten ist dabei – ganz anders als in Deutschland – sehr spannend und zieht das Interesse der Medien und der Bevölkerung auf sich. Bei den sogenannten Vorwahlen können die US-Bürger aktiv in die Kandidatenkür der Parteien eingreifen. In einigen Bundesstaaten dürfen nur Parteimitglieder abstimmen, in anderen Bundesstaaten ist die Vorwahl für jeden offen. In der Regel küren die Parteien den Bewerber zum Präsidentschaftskandidaten, der bei den Vorwahlen die meisten Bundesstaaten für sich gewinnen bzw. die meisten Stimmen erzielen konnte. Die US-Bürger können somit viel direkter Einfluss auf die Wahl des Präsidenten nehmen, als es für uns in Deutschland bei der Wahl des Bundeskanzlers möglich ist.
Schon rund 1½ Jahre vor der eigentlichen Präsidentschaftswahl geht der Wahlkampf in den USA in die heiße Phase. Ambitionierte US-Bürger, Politiker, Unternehmer und manchmal auch einfach nur Menschen, die im Fokus der Medien stehen, bewerben sich offiziell um das höchste Amt im Staat. Bei den beiden groß en Parteien – den Demokraten und Republikanern – gibt es so manchmal zehn oder mehr Männer und Frauen, die ins Rennen um den Einzug ins Weiße Haus gehen. Dem breiten Publikum dürfen sich diese Bewerber in unterhaltsamen Fernsehdebatten präsentieren.
Im Anschluss an die verbalen Auseinandersetzungen werden Zahlen zur Beliebtheit der einzelnen Kandidaten veröffentlicht. Nicht immer liegt dabei derjenige mit dem qualifiziertesten Programm in Führung. Manchmal hat auch der Bewerber mit dem größten Unterhaltungswert die Nase vorn.
Danach geht es folgendermaßen weiter: Im Rahmen der Vorwahlen, die sich über mehrere Monate ziehen, entscheiden sich die Parteien für einen Kandidaten. Auf den nationalen Parteitagen im Sommer des Wahljahres nominieren die Delegierten ihren Kandidaten. Am „Election Day“, dem Dienstag nach dem ersten Montag im November, ist es dann soweit. Die Amerikaner wählen – nein, nicht den Präsidenten – sondern die sogenannten Wahlmänner. Die Anzahl der Wahlmänner, die jeder Bundesstaat stellen darf, richtet sich nach der Einwohnerzahl. Das bedeutet, bevölkerungsreiche Staaten wie Kalifornien, New York oder Texas haben die meisten Wahlmänner. Im Wahlkampf sind sie daher am interessantesten und werden von den Bewerbern hart umkämpft.
Wenn ein Kandidat in einem Bundesstaat auch nur eine einzige Stimme mehr hat als sein Gegner, bekommt er alle Wahlmännerstimmen des Staates zugesprochen. Mehr als einen Monat nach dem „Election Day“ treten dann die Wahlmänner zusammen und wählen den neuen US-Präsidenten bzw. Vize-Präsidenten. Dabei zählt die einfache Mehrheit – man kann es auch „the winner takes it all“ nennen.
Wenn ein Bewerber in den elf bevölkerungsreichsten Bundesstaaten der USA die Wahl gewinnt, verfügt er bereits über die Mehrheit der 538 Wahlmännerstimmen. Wie die anderen 39 Bundesstaaten entscheiden, ist dann völlig egal. Die Mehrheit der Amerikaner kann sich also für einen Kandidaten entscheiden und trotzdem wird ein anderer zum Präsidenten ernannt. Diese kuriose Situation gab es beispielsweise im Jahr 2000. Der Demokrat Al Gore bekam rund 600.000 Wählerstimmen mehr als sein Kontrahent. Als Präsident wurde jedoch der Republikaner George W. Bush vereidigt.
Ein geschickter Wahlkampf in den Schlüsselstaaten kann also einen Kandidaten zum Präsidenten machen, den die Mehrheit der US-Bürger gar nicht haben will. Für die „Exoten“ unter den Kandidaten bietet dieses System vielversprechende Möglichkeiten. Auch wenn sie über keinerlei politischen Background verfügen, können sie die Wähler in den wichtigsten Bundestaaten mit Stammtischparolen sowie zielgerichteter Überzeugungsarbeit auf ihre Seite ziehen.
Warum ich an dieser Stelle so weit aushole? Ich möchte aufzeigen, dass Donald Trumps Kandidatur von Anfang an ernst genommen werden muss. Viel Geld – wie viel auch immer es tatsächlich sein mag –, polemische Rhetorik und ein unerschütterliches Selbstbewusstsein stehen seit Beginn des Wahlkampfes auf der Habenseite des Unternehmers. Und ein unglaublicher Ehrgeiz gepaart mit der Gier nach Macht und Erfolg – Donald Trump will gewinnen.
Seitdem Donald Trump seine Präsidentschaftskandidatur verkündet hat, vergeht kaum ein Tag, an dem es keine Schlagzeilen über den Unternehmer gibt. Zu fast jedem aktuellen Thema tut er seine Meinung kund, sorgt mit seinen Kommentaren und provozierenden Aussagen immer wieder für groß es Entsetzen und Fassungslosigkeit. Auf der anderen Seite trifft er aber bei vielen Amerikanern auf Zustimmung. Bei den obligatorischen TV-Debatten im Vorfeld der Kandidatenkür der Parteien richtet sich die Aufmerksamkeit der Zuschauer stets auf den ehrgeizigen Mann mit der unorthodoxen Frisur. Der populäre Platz im Zentrum der Kandidaten ist für Donald Trump reserviert und das Fernsehpublikum dankt es den Sendern mit Rekordeinschaltquoten. Die Vorstellung der Bewerber der Republikaner hat – Donald Trump sei Dank – einen enormen Unterhaltungswert bekommen.
Schon in der ersten TV-Debatte beim Fernsehsender FOX im August 2015 sorgte Donald Trump mit seinem Verhalten für großes Aufsehen. Bei der Frage von Moderator Chris Wallace, ob er bei einer Niederlage im Vorwahlkampf eine Kandidatur als unabhängiger Bewerber definitiv ausschließen könne, antwortete der Immobilienmogul: „Ich werde zum gegenwärtigen Zeitpunkt dieses Versprechen nicht geben.“11 Mit dieser Aussage – oder ist es vielleicht sogar eine Drohung – stieß er bei der Parteiführung der Republikaner auf wenig Begeisterung. Als unabhängiger Kandidat könnte Trump dem republikanischen Kandidaten viele Stimmen aus dem konservativen Lager und dem rechten Flügel wegnehmen.
Zudem nutzte Trump die Debatte auch für eine Stellungnahme zum Thema Einwanderung. Bei der Bekanntgabe seiner Kandidatur hatte er bereits mit empörenden Vorurteilen gegenüber Mexikanern für große Aufregung gesorgt. Statt seine Aussagen zu relativieren, legte Trump noch nach. „Wir müssen eine Mauer bauen. Und sie muss schnell gebaut werden“, verkündete der Unternehmer.12 Dafür erntete er vom anwesenden Publikum allerdings nicht nur Buh-Rufe sondern auch Applaus.
Moderatorin Megyn Kelly sprach den selbstsicheren Kandidaten dann auf sein Verhältnis zu Frauen an und warf ihm vor, dass er Frauen beleidige und mit Schimpfworten wie „fette Schweine“ und „Schlampen“ titulieren würde. Donald Trump versuchte sich mit einem Witz zu retten, doch Kelly ließ nicht locker und führte ihn gekonnt vor. Trump revanchierte sich am nächsten Tag, indem er in einem Interview erklärte: „Da tropft Blut aus ihren Augen, Blut aus ihrer Wo-auch-immer.“ Wahrscheinlich wollte er damit auf Menstruationsbeschwerden anspielen, unter denen die Moderatorin seiner Ansicht nach wohl gelitten haben muss. Nicht sehr professionell, Mister Trump – auch wenn Sie diese Interpretation natürlich umgehend dementierten.
Später setzte Donald Trump seinen Rundumschlag gegen Frauen jedoch in einem Interview fort und beleidigte Carly Fiorina, die einzige weibliche Bewerberin im umfangreichen Kandidatenfeld der Republikaner. „Schauen Sie sich ihr Gesicht an“, zitierte man ihn im berühmten Musikmagazin „Rolling Stone“. Die ehemalige HP-Managerin konterte souverän und machte sich in der nächsten Fernsehdebatte über den Geschäftsmann lustig.13
Im weiteren Verlauf des Wahlkampfes erklärt Donald Trump, dass er alle Syrer zurückschicken wolle und kritisiert die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Auß erdem fordert er nach den terroristischen Anschlägen in Paris im November 2015 tatsächlich mehr Waffen für die US-Bürger. Im Rahmen einer Fernsehsendung trauert der Unternehmer brutalen Diktatoren wie Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi hinterher. Dem Vietnam-Veteranen und republikanischen Politiker John McCain spricht Trump öffentlich den Status eines Kriegshelden ab. Er möchte Moscheen überwachen lassen und ein temporäres Einreiseverbot für Muslime durchsetzen. Der Immobilienmogul wirft aber auch Steuerfreiheiten für Geringverdiener in den Raum. Donald Trump sagt, was er denkt, und polarisiert damit. Viele Menschen sind empört und protestieren gegen seine Pläne. Auf jeden Fall fischt er aber mit seinen Aussagen potenzielle Wähler aus allen Ecken. Und immer, wenn seine Umfragewerte nach einer seiner verbalen Entgleisungen deutlich fallen, gelingt es ihm doch wieder, Menschen auf seine Seite zu ziehen und seinen Vorsprung weiter auszubauen. Seine Gegenkandidaten – sowohl aus der eigenen Partei als auch aus dem demokratischen Lager – attackiert der Unternehmer wiederholt mit Aussagen, die deutlich unter die Gürtellinie gehen. Und trotzdem – oder gerade deswegen – bekommt Trump groß e Aufmerksamkeit und ist einer der aussichtsreichsten und interessantesten Bewerber im Kampf um das Weiße Haus. Fazit: Donald Trump meint es ernst. Er will Präsident der Vereinigten Staaten werden.
Und Millionen von Amerikanern sehen ihm dabei gespannt zu. Nur mal so am Rande erwähnt: Laut amerikanischen Marktforschungsunternehmen Nielsen verfolgten die erste TV-Debatte der Demokraten beim Fernsehsender CNN 15,8 Millionen Menschen. Die Debatte zwischen Hillary Clinton und ihren vier Konkurrenten überstieg damit deutlich das bisherige Rekordergebnis von 10,7 Millionen Zuschauern im Jahr 2008. Damals hatte Clinton mit Barack Obama bei ABC diskutiert. Donald Trump kann über solche Einschaltquoten jedoch nur müde lächeln. Die beiden ersten Debatten der republikanischen Kandidaten bei FOX News und CNN erreichten zusammen rund 47 Millionen Zuschauer.14 Das vorrangige Interesse des Fernsehpublikums galt dabei ganz sicher nicht Bewerbern wie Jeb Bush oder Ben Carson. Donald Trump versteht es im gegenwärtigen Wahlkampf wie kein Zweiter, das Interesse der Medien und der Bürger auf sich zu ziehen. Häufig ganz nach dem Motto: „Lieber eine schlechte Presse als gar keine Presse.“
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11 Zeit Online: Trump dominiert TV-Debatte der Republikaner – 07.08.2015 – Stand: 07.01.2016 http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-08/usa-debatte-trump-wahlkampf
12 Stern: TV-Debatte der US-Repubikaner: Donald Trump fordert Mauerbau an Mexikos Grenze – 07.08.2015 – Stand: 07.01.2016 http://www.stern.de/politik/ausland/trump-erntet-buh-rufe-bei-tv-debatte-um-us-praesidentschaft-6373902.html
13 Knowles, David: Rolling Stone: Donald Trump Mocked Carly Fiorina’s Looks – 10.09.2015 http://www.bloomberg.com/politics/articles/2015-09-10/rolling-stone-donald-trump-mocked-carly-fiorinas-looks
14 Tagesanzeiger: Donald Trump schlägt Hillary Clinton – 15.10.2015 http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/amerika/donald-trump-schlaegt-hillary-clinton/story/24738146