In seinen Anfangstagen war Düsseldorf – das soll hier ehrlich berichtet und nicht verschwiegen werden – nicht mehr als eine winzige Ansiedlung an der Stelle, an der die Düssel ihre sandige Mündung in den Rhein hat. Zwar besaßen einige Düsseldorfer das Fährrecht und auch ein kleines Pfarrkirchlein sein eigen nannte, dennoch stand das Dorf lange im Schatten von Kaiserswerth, Gerresheim und der Römerstadt Neuss. Wie es aber dazu kam, dass ausgerechnet diese kleine Siedlung, die vor 1159 nirgends Erwähnung fand, Stadtrecht erhielt und später zur Residenzstadt wurde, ergab sich so:
Es trug sich im Jahre 1288 zu, am 5. Juni, als die Schlacht von Worringen gerade geschlagen war und der siegreiche Graf Adolf von Berg nur den einen Wunsch hatte: So schnell wie nur irgend möglich nach Hause zurückzukehren. Auch wollte er seine Geisel, den Erzbischof Siegfried von Westerburg, nach Schloss Burg bringen und ein Lösegeld verlangen, wie es damals üblich war.
Weil Treue ihm aber an oberster Stelle kam, gab er seinem Bundesgenossen, dem Herzog Johann von Brabant, noch das Geleit bis Heerdt und setzte erst hier über die Düssel.
So voller Kraft und Freude über den Sieg war Graf Adolf, dass er als Erster aus dem Boot auf das Ufer sprang. Da sah er aber, dass seine Männer müde waren, von der Schlacht. Viele Wunden waren ob des schnellen Aufbruchs noch nicht versorgt. Die Soldaten bliesen Trübsal und schienen keinen Mut mehr zum Leben zu haben. Der Kölner Erzbischof zog ebenfalls ein langes Gesicht, aber das verwunderte sicherlich keinen. Trotz des errungenen Sieges, war also niemandem zum Lachen zumute.
Es war aber so, dass die jungen Burschen des Dorfes herbeigelaufen kamen, um die edlen Herren mit ihren Waffen Rüstungen und Pferden zu schauen. Dies brachte Graf Adolf auf eine Idee. Er rief ihnen zu: „Ihr Rabauken, wißt ihr nicht etwas Lustiges, um meine Männer wieder aufzuheitern?“ Woraufhin die Burschen anfingen, auf den Händen zu laufen und Räder zu schlagen und schon bald konnte keiner mehr eine finstere Miene ziehen und die Soldaten strahlten wieder.
Nur der Kölner, der schaute sauertöpfisch drein wie eh und je und ließ sich auf von den wagemutigsten Sprüngen kein Lächeln abringen. So kam es, dass die Düsseldorfer Burschen vor Fremden Kunststücke vorführten und dafür einen kleinen Obolus erhalten. Dem Brauch der Radschläger begegnet man in Düsseldorf bis heute noch allerorten. Und manchmal, da kann man junge Burschen an schönen Sommertagen noch immer im Freien ihre Räder schlagen sehen.
Am nächsten Morgen betrachtete Graf Adolf das Dorf einmal näher, in dem sie genächtigt hatten. Es war klein, fürwahr, gerade einmal drei Straßen gab es hier und wer einmal um das Dorf herumlief, der benötigte dafür weniger als eine Stunde Zeit. Aber es hatte eine Besonderheit, die dem Grafen sofort ins Auge sprang: „Düsseldorp“, wie es zu dieser Zeit noch hieß, lag auf einem sorgfältig aufgeschütteten Wall, den die Arme der Düssel umschlossen. Graf Adolf, der bei der Schlacht von Worringen das Recht zurückerrungen hatte, befestigte Plätze am Rhein zu errichten, sah seine nächste Festung vor Augen. Umschwärmt von seinem Gefolge lief er die Straßen ab und umriß mit einem Remscheider Messer die zukünftige Stadt auf einem Holzbrett. Als er geendet hatte, rammte er das Messer bis zum halben Heft ins Holz, genau an jener Stelle, an der die Burg entstehen sollte.
Lange spotteten die Kölner daraufhin: „So wenig wie aus einem Stück Holz ein Bauch kann wachsen, so wenig wird aus einem Dorf je eine Stadt werden.“ Wie falsch sie damit lagen, wissen wir heute alle. Auch ein Stadtwappen gab Graf Adolf Düsseldorf mit auf den Weg, nämlich den roten Löwen der Bergischen. Dazu soll er verfügt haben: „Gebt ihm einen Anker in die Tatzen, damit er keine Langeweile hat und die Bürger mit Steuern schröpft.“
Die eigentliche Stadtgründung wurde am 14. August 1288 durch eine Urkunde beglaubigt, wofür man eigens einen gelehrten Mann, einen Notar, aus Nürnberg kommen ließ, nach seiner Herkunft „Nörrenberg“ genannt, der das Schriftstück in Latein abfaßte. Jene Urkunde wurde feierlich bei einem Taufgottesdienst für die junge Stadt verlesen, bei dem allerlei wichtige Leute zugegen waren. Um nur einige zu nennen: Ritter Adolf von Vlingern, Rumpold von Pempelfort, die Herren von Eller und Ritter Heinrich von Vorst. „Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit! Alle, welche das gegenwärtige Schreiben sehen oder hören werden (…)“, begann Nörrenberg mit der Verlesung der Urkunde im Latein der Rechtsgelehrten. Bereits nach diesen ersten Worten schlief Ritter Rumpold von Pempelfort selig in seiner Rüstung ein. „(…) daher wollen wir, dass jeder wisse, dass wir unser Dorf Düsseldorp, wie es innerhalb seines fertigen oder noch zu machenden Grabens liegt, nach reifem, lange vorher gepflogenem Rat mit unseren Freunden und Getreuen zur Stadt Düsseldorp erhoben und die sämtlichen in ihr wohnenden oder künftig dahin ziehenden Bürger für unbedingt frei erklärt haben.“
So ging es weiter und Ritter Pempelfort schlief unterdessen nicht nur tief und fest, nein, er schnarchte sogar! Da packte Ritter Adolf von Vlingern die Wut über so viel Mißachtung gegenüber der jungen Stadt und dem heiligen Gottesdienst. Und Zorn, das wissen wir, verleiht dem Menschen die Kräfte eines Bären. Mitsamt der Bank, auf der Rumpold saß schleppte er den Unseligen aus dem Kirchlein hinaus und warf ihn in den Pferdetrog.
Das Wasser spritzte zu allen Seiten, die Tiere wieherten erschrocken. „Da sauf weiter, du Trunkenbold. Auf das du Rost ansetzest! “, brüllte Graf Adolf von Vlingern. Der Ritter Rumpold aber erwachte nur langsam. Schlafumnebelt und in Eisen gekleidet, war es ihm unmöglich, sich zu bewegen und so strampelte er kurz und ersoff dann jämmerlich. Zur Strafe soll Ritter Rumpold von Pempelfort sich in eine häßliche, warzige Kröte verwandelt haben, die noch heute die Vorbeireisenden erschreckt, die sich nach einem Schluck Wasser zum Trog hinunterbeugen.
Wieder einmal war Karneval in Düsseldorf und auch der Herzog und die Herzogin blieben von diesem Vergnügen nicht unberührt und hielten im Schloss einen Maskenball ab.
Nun war es Brauch, verhüllt zu kommen und bis zur festgelegten Stunde unerkannt zu bleiben. Der geladene Adel trug deshalb die fantasievollsten Verkleidungen und Masken: Vogelschnäbel, Tiergesichter, falsche Bärte und feine Porzellanlarven. Die Kleider leuchteten mit den Geschmeiden der Damen um die Wette. Man trug zur Schau, was man hatte.