Sagen und Legenden aus Nürnberg

Der Neun-Uhr-Glockenschlag

Wenn es Abend wird in Nürnberg kann man das nicht überhören, denn Schlag Neun läuten alle Kirchenglocken der Stadt. Seit alter Zeit ist dies nun schon so. Und fragte man die Nachtwächter warum das so ist, hörte man meist nur die einfache Antwort: „Schlag Neun beginnt die Nacht!“

Ja so sagte man in früherer Zeit! Doch die Nachtwächter vergessen dabei ganz, dass man sich in Nürnberg noch eine alte Geschichte zu diesem Glockenschlag erzählt. Ich weiß es noch, als wäre es erst gestern gewesen, da wohnte am Hauptmarkt, gleich neben dem Schönen Brunnen, mit Blick auf die Frauenkirche, ein reicher Nürnberger Kaufmann. Wie alle reichen Kaufleute, besaß auch dieser Handelsbeziehungen in ferne Länder. Oft waren die Kaufherren unterwegs. Wie auch an diesem einen besagten Tag. Die Familie des Kaufmanns saß gerade bei Tisch, als sein Sohn, ein Knabe von neun Jahren, plötzlich fragte:

„Ist noch was Süßes da? Ich möcht’ jetzt so gern was Süßes essen!“ Man suchte alles in Hause ab, doch selbst der Honigtopf war an diesem Tage leer. Die Mutter des Jungen sagte sofort:

„Du musst warten bis die Waldimker, die Zeidler wieder in die Stadt kommen! Sie kommen doch jede Woche zum Marktplatz, so lange wirst du doch wohl warten können!“ Der Junge hatte aber seinen eigenen Kopf. Trotzig sagte er schnell: „Ich geh selbst hinaus in den Wald! Ich kenne den Weg genau! Der Vater hat mich oft mitgenommen!“

Und noch eh man etwas tun konnte, rannte der Junge zu Tür hinaus. Er lief zuerst über den Hauptmarkt, vorbei an Frauenkirche und Heilig-Geist-Spital, quer durch die Stadt, durchs Frauentor, über die Felder, mitten hinein in den großen und tiefen Lorenzer Reichswald. Es war damals ein schöner Tag. Die Sonne stand am Himmel, der Weg war hell und breit und so kam der Junge gut voran. Stunde um Stunde lief er. Er merkte gar nicht wie die Zeit verstrich. Erst als die Schatten länger wurden und die Sonne verschwand, da bemerkte er seinen Fehler. Der Junge hatte sich im tiefen Wald heillos verlaufen. Keine Zeidlerhütte war weit und breit zu sehen. Und wo war plötzlich der Weg? Hörte er da nicht auch schon ein wildes Tier schreien? Dem Jungen fiel plötzlich ein! Hingen nicht gerade überall in der Stadt große Tafeln, worauf zu lesen stand, dass man zu Ansbach einen Wolf gefangen, der zwölf Kindelein gefressen!

Vor lauter Angst kniete sich der Junge auf dem Waldboden nieder und er flehte zu den 14 Nothelfern, Sie mögen ihm doch ein Zeichen schicken. Und plötzlich, wie durch ein Wunder, hörte der Knabe ein Glockenläuten. Doch der Glockenklang kam nicht aus dem Himmel! Nein, er kam aus einer bestimmten Richtung! Der Junge schöpfte wieder Mut und er lief einfach dem Glockenschlag hinterher. Zudem bestrahlte der Mond ihm plötzlich wieder den Weg und nach kurzer Zeit stand der Knabe am Waldesrand und vor ihm lag die Stadt Nürnberg. Der Junge ward gerettet! Man kann sich nun fragen, was war an diesem Abend geschehen? Warum läuteten die Glocken der Stadt viele Minuten lang? Die Antwort darauf ist recht einfach: Die Mutter des Jungen hatte Angst bekommen. Früh morgens war ihr Knabe aufgebrochen und seit dieser Zeit hatte ihn kein Mensch mehr gesehen. Da bat sie am Abend alle Geistlichen der Stadt, sie möchten doch einmal alle Kirchenglocken lauten. So geschah es und der Junge fand den Heimweg.Ich erwähnte schon zu Beginn meiner Geschichte, der Vater des Jungen war ein reicher Kaufmann. Zum Dank für die Rettung seines Sohnes stiftete er einen großen Geldbetrag, sodass die Glocken der Stadt, bis auf den heutigen Tag, allabendlich um 9:00 Uhr geläutet werden können. So kann man auch heute noch, sofern man sich verirrt hat, den Weg zurück in die Stadt finden.

Die Wette mit dem Teufel

„Kyrill! Erbaue mir für meine Kaiserburg zu Nürnberg eine Burgkapelle! Denn wie du sehen kannst, fehlt diese noch! Zudem bin ich es Leid Tag für Tag zur Messe in die Stadt reiten zu müssen!“ Noch heute liegen mir diese Worte des Kaisers in den Ohren als er dies dem Burgkaplan Kyrill damals sagte. Kyrill freute sich, denn schon lange lebte er droben auf der Kaiserburg. Dem Kaplan gefiel es in Nürnberg. Denn hier schmeckte das Essen und das Bier war auch nicht zu verachten. Was brauchte ein Mönch noch mehr? Eine eigene Kapelle! Die sollte er jetzt bekommen. Schnell beauftragte Kyrill einen Baumeister und er bestimmte auch die Menschen die ihm beim Bau der Kapelle helfen mussten.

Doch das Bauwerk musste schnell fertig werden, denn der Kaiser war ein Hitzkopf! Noch im gleichen Jahr hatte er in Nürnberg ein großes Fest angesetzt. Alle Fürsten des Landes waren schon auf dem Weg in die große Reichsstadt und der Kaiser wollte bei dieser Gelegenheit gleich seine neue Kapelle prachtvoll einweihen. Kyrill hatte sich alle Mühe gegeben, das Bauwerk war schon weit emporgewachsen. Doch es fehlten noch vier Säulen, die das obere Gewölbe tragen sollten. Das Dach fehlte, ein regnete herein. Eine Messe zu Ehren des Kaisers konnte man da keinesfalls lesen.

Der Kaplan fragte sofort viele Menschen in der Stadt. So schnell konnte ihm jedoch keiner helfen.