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Die meisten Welpenbücher beginnen mit dem Zeitpunkt, an dem der Welpe in sein neues Zuhause kommt. Ab diesem Tag beginnt für die neuen Hundebesitzer eine sehr interessante und spannende Zeit. Welpenspielstunden oder Welpenprägungstage werden vielerorts angeboten, um die Welpen optimal zu fördern. Wir werden sehen, dass da jedoch auch einiges schieflaufen kann.
Doch auch die Zeit bis zur Übernahme des Hundebabys ist schon sehr bedeutsam. Und über diesen Zeitraum gibt es noch sehr wenige Informationen. Dabei sind es gerade die ersten Lebenswochen, die die Entwicklung des Welpen entscheidend beeinflussen. Hier werden oftmals die Grundlagen für vieles im späteren Hundeleben gelegt.
Für diesen Entwicklungsabschnitt ist der Züchter zuständig. Gute Züchter tun ihr Möglichstes, dem Welpen alles zu bieten, was er für eine gute Entwicklung braucht. Zusätzlich zu einer guten Unterbringung der Mutterhündin mit ihren Babys, ihrer optimalen Versorgung und später auch des Welpen mit hochwertigem Futter und einer guten medizinischen Versorgung, treten mehr und mehr die Aspekte in den Vordergrund, die für die Entwicklung des Verhaltens der Hunde wichtig sind.
Mit der Wahl des Züchters haben auch die zukünftigen Welpenbesitzer Einfluss auf diese so wichtige Zeit. Ich kann nur an alle appellieren, sich ihren Hund wohlüberlegt und mit Verstand auszusuchen. Denn allzu leicht übernimmt das Gefühl die Entscheidung, wenn man den kleinen Hundebabys gegenübersteht. Gute Züchter überlassen auch hier nichts dem Zufall, sondern wollen für ihre Hunde ein optimal passendes Zuhause finden. Sie sagen dann auch schon mal „Nein“, wenn ihnen ein Möchte-Gern-Hundebesitzer für diese bestimmte Rasse oder generell für einen Hund nicht geeignet erscheint.
Weniger seriöse Züchter, denen es nur darum geht, möglichst viele Welpen zu verkaufen, um möglichst viel Geld zu verdienen, legen hierauf keinen Wert. Sie interessiert letztendlich überhaupt nicht, was später aus dem Hund wird. Sollte er wegen irgendwelcher Probleme abgegeben werden, ist es eher noch von Vorteil, weil sie vielleicht relativ schnell wieder einen Welpen verkaufen können. Vielleicht bieten sie dann diesmal sogar eine andere Rasse an, denn sie wollen ja angeblich den Wünschen der Käufer aufs Beste genügen.
Je mehr der zukünftige Hundebesitzer über die Zeit des Welpen bei der Mutter und beim Züchter weiß, desto besser kann er darauf Einfluss nehmen. Diejenigen, die sich bei einem guten Züchter einen Hund ausgesucht haben, können anhand dieses Buches die Entwicklung ihres Hundes beispielhaft mitverfolgen. So wird die Zeit, bis der neue Mitbewohner einzieht, schneller vergehen, und sie können sich bestens auf sein Ankommen vorbereiten.
Aber auch Züchter erhalten wertvolle Tipps, wie sie ihre Welpen so fördern können, dass sie sich leicht in die menschliche Gesellschaft einleben, und dass Verhaltensproblemen von Anfang an vorgebeugt wird. Der Welpenbesitzer lernt, nach welchen Kriterien er sich einen geeigneten Züchter aussucht und wie er die vom Züchter begonnene Arbeit sinnvoll weiterführt.
Letztendlich können nur beide – Züchter und künftiger Welpenbesitzer – gemeinsam dazu beitragen, dass der Hund einen optimalen Start ins Leben hat. Ist der Züchter schlecht und der neue Welpenbesitzer gibt sich alle Mühe, sind Verhaltensprobleme genauso vorprogrammiert, wie im umgekehrten Falle, wenn der Züchter alles Erdenkliche für die Welpen getan hat und der neue Besitzer nicht darauf aufbaut.
Der Schwerpunkt dieses Buches liegt also im Verhalten und in der Verhaltensentwicklung und Erziehung des Welpen. Ernährung oder auch medizinische Aspekte werden nur am Rande gestreift.
© Anna Auerbach
Züchter und Welpenbesitzer bilden gemeinsam die Grundlage für einen umweltsicheren Hund.
— Auf die Grundlagen kommt es an
© Anna Auerbach
Inwieweit ein Verhalten ererbt oder gelernt ist, darüber wird schon lange diskutiert. Immer wieder tauchen irgendwelche Prozentzahlen auf, die man aber letztendlich nie belegen kann, weil Ererbtes und Gelerntes untrennbar zusammengehören.
Fest steht jedoch, dass ein Großteil des Verhaltens schon in den Genen festgelegt ist. Das wird z.B. an Hüte- oder auch Jagdhundrassen deutlich. Eine ganz bestimmte Sequenz aus dem Jagdverhalten wurde bei diesen Rassen über viele, viele Generationen selektiv herausgezüchtet und ist nun recht fest im Verhalten der jeweiligen Hunde verankert. So wird ein Hütehund normalerweise hüten, selbst wenn er dieses Verhalten nie gelernt hat. Ein Retriever wird gern apportieren, auch ohne dass man es mit ihm großartig trainieren muss. Es liegt ihm in den Genen. Natürlich gibt es auch individuelle Ausnahmen.
© Annie Sommer/Picani
Der Beagle: Lustige Schlappohren, fröhliches Wesen, doch er ist auch ein passionierter Jäger.
Außerdem wird in vielen Rassen schon lange nicht mehr nach der ursprünglichen Aufgabe der Hunde selektiert, sondern vorwiegend nach dem Aussehen. Dennoch sollte sich jeder, bevor er sich endgültig für einen Hund einer bestimmten Rasse entscheidet, ausführlich mit den Aufgaben der jeweiligen Rasse beschäftigen. Ich werde an anderer Stelle noch ausführlicher darauf eingehen, denn leider entstehen auch sehr viele Verhaltensprobleme dadurch, dass bei der Wahl der Rasse in erster Linie nur nach dem Aussehen entschieden wird. Das angeborene Verhalten gehört jedoch dazu.
Nicht nur bei der Wahl der Rasse ist es wichtig, sich über die allgemeinen Verhaltenseigenschaften zu informieren, auch ganz speziell das Verhalten der Elterntiere ist bei der Auswahl eines Welpen entscheidend. Es sollte grundsätzlich darauf verzichtet werden, mit ängstlichen oder aggressiven Tieren zu züchten, selbst wenn sie noch so schön aussehen. In guten Zuchtverbänden werden solche Hunde von der Zucht ausgeschlossen. Bei einem guten Züchter ist auch immer die Mutterhündin zu sehen, eventuell sogar der Vater, wenn er im Besitz des Züchters ist. So können Sie sich ein Bild von den Eltern Ihres zukünftigen Hundes machen. Das ist natürlich keine Garantie dafür, dass der Welpe später einmal genauso nett wird, denn es spielen noch viele andere Faktoren mit.
Sollte sich jedoch zeigen, dass die Mutter oder der Vater schon ängstlich oder aggressiv sind, sind die Chancen doch sehr groß, dass bei den Jungen dieselben Probleme auftreten werden. Sehen Sie sich also unbedingt zumindest die Mutterhündin an. Es lohnt sich immer, auch den Rüden anzusehen, auch wenn das etwas Aufwand und/oder einen längeren Ausflug bedeutet.
© Jana Weichelt/Kosmos
Australian Shepherds zählen zu den Hütehunden. Das Hüten liegt ihnen in den Genen.
Eine Unterhaltung mit einer Kollegin machte mir deutlich, wie viel leider noch im Argen liegt, was die Wahl der Elterntiere angeht. Sie erzählte, dass sie eine Boxerausstellung besucht hatte. Zwar besitzt sie selbst einen Hund dieser Rasse, hat jedoch von Rassestandards oder worauf auf einer Ausstellung geachtet wird, keine Ahnung. Sie „wettete“, welcher Hund bei den einzelnen Prüfungen gewinnen würde. Als Kriterium suchte sie nach Hunden, die am meisten an der Leine zogen, andere Hunde angifteten oder jedenfalls drohfixierten (d. h. andere Hunde mit dem Blick bedrohten), und meistens tippte sie auf den richtigen Hund. Gesamtsieger wurde ein Rüde, der sich – einem anderen Rüden gegenübergestellt – so richtig in Pose brachte und Imponier- und Drohverhalten zeigte, denn das wollten die Richter anscheinend sehen. Ein Hund, der freundlich war, beschwichtigte und sich nicht von anderen Hunden provozieren ließ, hatte keine Chance. Ist es dann ein Wunder, dass man in den Hundeschulen mehr und mehr Boxer sieht, die nicht mehr so ruhig und liebenswert sind, wie es diese Hunde vor einigen Jahren noch waren? Und das ist jetzt nur ein Beispiel. Das gilt für andere Rassen ebenso.
In meiner Praxis für Verhaltenstherapie wurde mir ein Retriever mit einem Aggressionsproblem gegen Menschen und andere Hunde vorgestellt. Mein Vorschlag, den Hund zu kastrieren, wurde vehement abgelehnt, weil er schon etliche Ausstellungssiege hatte und ein „wertvoller“ Deckrüde war.
Ein anderer Hund war extrem ängstlich, obwohl sowohl der Züchter als auch der spätere Besitzer viel Wert auf eine gute Sozialisation gelegt hatten. Trotzdem zeigte der Hund in vielen Situationen sehr viel Stress, der sich hauptsächlich durch Bellen äußerte. Nach dem Besuch einer Ausstellung speziell dieser Rasse, erzählte die Besitzerin, dass dort alle Hunde ständig bellten. Ihr eigener Hund wirkte im Vergleich mit den anderen sogar recht cool.
Solche Beispiele ließen sich mit unterschiedlichen Rassen beliebig fortsetzen. Und das zeigt leider allzu deutlich, dass bei der Auswahl der Elterntiere eben viel zu sehr nach dem Aussehen selektiert wird und nicht nach dem Verhalten bzw. dass Hunde, die z.B. Drohverhalten zeigen, sogar noch bevorzugt werden, oder dass eben auch mit ängstlichen Tieren gezüchtet wird. Und das darf eigentlich nicht sein, denn damit tragen die Züchter indirekt zu den vielen Verhaltensproblemen bei, die zum einen sehr viel Leid bei den entsprechenden Hundehaltern erzeugen, zum anderen letztendlich oft für das Einschläfern der Hunde verantwortlich sind.
Anstatt in den unterschiedlichen Rassen nach Show- und Arbeitslinien zu selektieren, sollte lieber das Züchten von familienfreundlichen Tieren im Vordergrund stehen und das auch entsprechend von den Richtern bewertet werden.
© Anna Auerbach/Kosmos
Rassestandards sollten immer im Hinblick auf das Verhalten kritisch hinterfragt werden.
Neben der Rasse stehen auch die individuellen Eigenschaften der Elterntiere im Fokus. Als Beispiel möchte ich hier die Stressempfindlichkeit ansprechen. Erlebt eine Mutterhündin während der Trächtigkeit sehr viel Stress, dann bleibt das auch für die Welpen nicht ohne Folgen. Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen, dass der Gehirnstatus der Hündin bei der Entwicklung der Welpen in deren Gehirn kopiert wird. Ein solcher Welpe wird viel stressempfindlicher auf die Welt kommen, als einer von einer entspannten Mutter, die nur kurzen Stressmomenten ausgesetzt ist und dann wieder die Gelegenheit hat, sich zu entspannen.
Das spielt besonders bei allen Arten an Hütehunden oder anderen Arbeitshunden, die in der Regel sehr leicht erregbare Hunde sind, eine große Rolle, und der angehende Welpenbesitzer sollte hier sehr wachsam sein und am besten bei der Auswahl seines zukünftigen Hundes den Rat eines neutralen Fachmanns hinzuziehen.
Die Entwicklung der Welpen kann man in bestimmte Phasen einteilen, die jeweils durch bestimmte Entwicklungsschritte charakterisiert werden. Dort passieren entscheidende und meist nicht wiederholbare Dinge für das spätere Leben.
Nach langer Suche hat ein Züchter zu einer netten, freundlichen Hündin einen ebenso tollen Rüden gefunden. Er war mit der Hündin bei ihm zum Decken.
Verhaltensänderungen der Hündin lassen einen erfahrenen Züchter schon relativ bald erkennen, ob alles geklappt hat. Mit ziemlicher Sicherheit wird das jedoch erst die tierärztliche Untersuchung zeigen. Der erfahrene Tierarzt kann die Bauchdecke abtasten und gegen Ende des ersten Trächtigkeitsmonats die sogenannten Früchte in der Gebärmutter fühlen (Palpation). Mithilfe der Ultraschalluntersuchung kann er ab dem 18. Tag der Trächtigkeit die Fruchtkammern oder später ab dem 25. Tag sogar die Herzpulsation der Welpen und damit ihr Leben darstellen. Nun entwickelt sich, wenn nichts mehr dazwischenkommt, dieses neue Leben immer weiter.
Die Entwicklung der Welpen kann anhand einiger charakteristischer Vorgänge in bestimmte Phasen eingeteilt werden. Wir werden uns im Folgenden mit der vorgeburtlichen Phase bis zur Sozialisationsphase und deren entscheidenden Charakteristika beschäftigen.
☞ ENTWICKLUNGSPHASEN DES HUNDES |
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Vom Deckakt bis zur Geburt |
Vorgeburtliche Phase |
Von der Geburt bis zum 13. Tag |
Neugeborenenphase |
Vom 14. bis zum 21. Tag |
Übergangsphase |
Vom 21. Tag bis zur 12. – 16. Woche |
Sozialisationsphase |
Bis zum Eintritt der Geschlechtsreife |
Junghundphase |
Ab dann |
Erwachsenenphase |
Ich möchte die Entwicklung des Welpen nicht erst ab der Geburt vorstellen, sondern schon im Mutterleib beginnen. Leider gibt es meines Wissens nach noch keine so schönen Aufnahmen von dieser Entwicklung, wie es das von menschlichen Babys gibt. Dennoch ist diese Zeit nicht uninteressant. Schon hier geschehen spannende und wichtige Dinge, die für das spätere Verhalten unseres Hundes wichtig sind.
Einen bis dreizehn oder gar mehr Welpen kann eine Hündin austragen, was unter anderem auch ein wenig von der Rasse abhängig ist.
Im zweiten Trächtigkeitsmonat nimmt das Wachstum der Hundebabys und damit der Bauchumfang der Hündin ständig zu. So wie das Herz der Welpen schon früh zu schlagen anfängt, übernehmen auch viele andere Organe bereits im Mutterleib ihre Funktion. Wichtig aus verhaltensbiologischer Sicht ist hier vor allem das Gehirn. Schon im Mutterleib werden die Gehirnnerven weitgehend vollständig angelegt und übernehmen teilweise ihre Funktion.
Einer der Sinne, der schon im Mutterleib entwickelt ist, ist der Geschmackssinn. Das wurde anhand von Versuchen festgestellt, in denen die Geschmacksvorlieben der jungen Hunde später getestet wurden, nachdem sie schon im Mutterleib mit bestimmten Stoffen konfrontiert worden waren.
Ein anderer Sinn, der in dieser Zeit funktioniert, ist der Tastsinn. Die kleinen Hundebabys können also schon in der Gebärmutter Berührungen fühlen. Untersuchungen haben gezeigt, dass junge Hunde viel unempfindlicher bei Berührungen sind, wenn sie in der Gebärmutter, durch den Mutterbauch hindurch, „gestreichelt“ wurden. Das nennt man den sogenannten „Streicheleffekt“. Die Welpen werden dadurch in ihrem Verhalten viel ausgeglichener. Es gibt auch Hinweise, dass sich dieser Streicheleffekt über das Nervensystem später auf eine bessere Bindung zum Besitzer auswirkt.
© Heike Schmidt-Röger
Beim Streicheln der Hündin werden die Welpen mitgestreichelt.
Lebt die tragende Hündin beim Züchter mit in der Familie und kümmert man sich sorgfältig um sie, kommt dieser Streicheleffekt häufig ganz unbewusst zum Tragen. Denn meist genießt es die Hündin, wenn sie ihren Bauch gestreichelt bekommt, und diesen Gefallen tut man ihr gern. Bei tragenden Hündinnen bei Massenvermehrern fehlt dafür jede Zeit und persönliche Bindung, bzw. es ist auch gar kein Interesse vorhanden, einer Hündin, und damit auch den Welpen, auf diese Art und Weise etwas Gutes zu tun. Das ist eines von vielen Beispielen, die zeigen, wie viel Einfluss der Züchter auf die späteren Welpen hat. Leider wird dieser Einfluss meist viel zu wenig beachtet. Ich hoffe, dass dieses und folgende Beispiele den Massenvermehrern das Leben künftig schwerer machen.
Hunde haben – genau wie wir – in ihrem Körper eine Vielzahl chemischer Botenstoffe in ihrem Nervensystem. Das Fachwort dafür ist „Neurotransmitter“. Diese Neurotransmitter werden z.B. an den Nervenenden ausgeschüttet und übertragen den elektrischen Impuls, der über den Nerv bis zum Ende ankommt und dort über den sogenannten synaptischen Spalt auf den nächsten Nerv oder auch den Muskel übertragen wird, je nachdem, wo der Nerv endet.
Diese Neurotransmitter werden von sogenannten Rezeptoren erkannt, sie passen dort wie ein Schlüssel ins Schloss. Die Neurotransmitter und die dazugehörigen Rezeptoren entwickeln sich in der vorgeburtlichen Zeit bzw. beginnen dort schon, ihre Arbeit aufzunehmen. Das Spannende für uns in diesem Zusammenhang ist, dass die Zahl dieser Rezeptoren bzw. die Menge der Neurotransmitter sich unter anderem nach der Häufigkeit ihres Gebrauches richtet. Vereinfacht kann man sagen, je mehr Informationen ein bestimmter Nerv überträgt, desto mehr Neurotransmitter werden gebildet und desto mehr Rezeptoren werden angelegt. Sind viele Rezeptoren da, ist der Nerv entsprechend empfindlicher für die ihm zugedachte Information. Dieser Zusammenhang wird noch komplizierter durch die Tatsache, dass auch die Neurotransmitter der Hündin darauf einen Einfluss haben, die der Welpe ja über das Blut sozusagen mitbekommt. Hat eine Hündin während der Trächtigkeit aus irgendwelchen Gründen sehr viel Angst, selbst wenn sie normalerweise nicht besonders ängstlich ist, kann sich diese Ängstlichkeit über die sich bildenden Rezeptoren bei den Welpen so auswirken, dass sie später sehr schnell ängstlich sind. Aus diesem Grund ist es bei einer trächtigen Hündin besonders wichtig, stark angstauslösende Situationen zu vermeiden!
Das heißt jedoch nicht, dass die tragende Hündin in Watte gepackt werden muss. Hier und da ist etwas Stress durchaus sinnvoll, denn auch die biochemischen Abläufe im Stresszustand werden schon beim Hundebaby in der Gebärmutter trainiert. Ab und zu leichter Stress bewirkt, dass die Tiere später viel besser mit Stress umgehen können.
© Heike Schmidt-Röger
Eine trächtige Hündin muss nicht …
© Heike Schmidt-Röger
… in Watte gepackt werden. Milder Stress …
© Heike Schmidt-Röger
… hat auch Vorteile für die Welpen.
Es gibt Versuche mit Ratten, die zeigen, dass milder Stress in der Trächtigkeit dazu führt, dass die Babys später nach der Geburt stress- und krankheitsresistenter sind. Starker Stress führt hingegen dazu, dass die Jungen viel stressanfälliger sind und sehr viel weniger gut lernen können.
Ich habe den Verdacht, dass viele Probleme, wie z.B. beim Border Collie, hier ihre Ursache haben. Das sind Hunde, die auch im Spiel besonders leicht aufdrehen, was nichts anderes als Stress ist. Wird das nun übertrieben, sind die Jungen von vornherein „vorgeschädigt“, insofern, dass sie immer schneller aufdrehen, immer nervöser und hyperaktiv werden und immer schwieriger lernen. Es ist nur ein Verdacht, aber ich würde mit sehr erregbaren Hündinnen entweder gar nicht züchten oder sie während der Trächtigkeit möglichst ruhig halten, um sie so wenig wie möglich aufzuregen.
Einen weiteren wichtigen Aspekt für die Verhaltensentwicklung, der sich in der vorgeburtlichen Phase findet, möchte ich noch ansprechen. Zunächst sind die männlichen und weiblichen Welpen von ihrem Verhalten her gleich angelegt. Kurz vor der Geburt sind die Hoden der männlichen Tiere das erste Mal aktiv und es kommt zu einer ersten Testosteronausschüttung. Dadurch wird die Grundlage für das spätere männliche Verhalten gelegt. Versuche an Mäusen lassen vermuten, dass auch die weiblichen Tiere indirekt davon betroffen sind. Liegt ein weibliches Tier in der Gebärmutter in der Nähe von nur männlichen, könnte es sein, dass sein Verhalten später auch viele männliche Eigenschaften aufweist.
Sie sehen, wie viele Faktoren bei der Verhaltensentwicklung schon eine Rolle spielen, bevor die Hundebabys das Licht der Welt erblicken, und welche Einflussmöglichkeiten es da schon gibt. Sehen wir uns die Entwicklung weiter an. Es wird noch spannender!
☞ VORGEBURTLICHE PHASE |
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CHANCEN |
RISIKEN |
Durch den Streicheleffekt wird auf die Berührungsempfindlichkeit der Hunde eingewirkt. Wahrscheinlich hat dieser Streicheleffekt auch Auswirkungen auf die spätere Bindung zum Besitzer. |
Extreme Stress- und Angstsituationen der Mutter haben einen sehr negativen Einfluss auf das spätere Verhalten der Welpen. |
DIE GEBURT
— Auf ins Leben!
Zwischen dem 62. und 64. Tag ist es so weit. Die Geburt beginnt meist mit einer Unruhe der Hündin. Sie frisst nicht mehr, sucht sich ein Lager bzw. richtet es her. Ihre Körpertemperatur fällt um 1 bis 1,5 °C. Die Wehen beginnen, was durch ein Anspannen der Bauchdecke deutlich wird. Man nennt dies das Eröffnungsstadium, weil sich hier hauptsächlich der Muttermund weitet.
Dann folgt das Austreibungsstadium. Die Wehen sind jetzt kräftig und regelmäßig und befördern die kleinen Hundebabys ans Licht der Welt. Die Mutter nabelt die Welpen ab und entfernt die Eihäute. Durch das Massieren mit der Zunge und das Herumschubsen der Kleinen wird die Atmung angeregt. Nach jedem Hundebaby kommt normalerweise die dazugehörige Nachgeburt, die von der Hundemutter meist sofort aufgefressen wird.
Das Geburtsgewicht der Kleinen ist natürlich von der Rasse abhängig, kann aber auch innerhalb einer Rasse sehr schwanken.
So gibt es z.B. bei Golden Retrievern Geburtsgewichte von 200 bis 600 Gramm, bei Yorkshire Terriern von 90 bis 150 Gramm, was auch von der Anzahl der Welpen im Wurf abhängig ist. Hat eine Hündin nur einen oder zwei Welpen, sind diese in der Regel deutlich schwerer, als bei acht oder zehn Welpen.
© Viviane Theby
Ist der Welpe geboren, nabelt die Hündin ihn ab …
© Viviane Theby
… und leckt ihn trocken.
© Viviane Theby
Inzwischen wird der nächste Welpe geboren
© Viviane Theby
Sofort machen sich die Welpen auf zur Milchquelle
© Viviane Theby
Später haben sich alle eine Pause verdient
Die kleinen Welpen machen sich schon bald auf die Suche nach der mütterlichen Milchquelle und werden dafür mit der wertvollen Kolostralmilch belohnt, die besonders viele mütterliche Antikörper enthält. Schon dieses Suchen und die anschließende Belohnung durch den Erfolg sind sehr wichtige Erfahrungen, die man den Kleinen nicht nehmen sollte, indem man sie z.B. direkt vor die Zitze legt. In der Natur ist alles so eingerichtet, dass die Hundebabys von Anfang an nach ihren Fähigkeiten gefordert und gefördert werden, um eine optimale Entwicklung zu gewährleisten.
Die Welpen haben nun einen Übergang in eine andere Welt vollzogen. Außer der einsetzenden Atmung und der Milchaufnahme ändert sich für sie jedoch kaum etwas. Als sogenannte Nesthocker sind sie noch auf Gedeih und Verderb von der Mutter abhängig.
Von ihr bekommen sie die lebensnotwendige Wärme. Die Kleinen sind nämlich noch nicht in der Lage, ihre Körpertemperatur selbst zu halten. So verlässt die Mutter in den ersten Tagen das Nest auch nur sehr selten und ist die meiste Zeit um ihre Welpen bemüht. Die Kleinen können bereits sehr genau warm und kalt unterscheiden. Wird es ihnen zu kalt, bewegen sie sich reflexartig so lange, bis sie eine Wärmequelle, also entweder die Mutter oder andere Geschwister, gefunden haben. Werden sie nicht fündig, stoßen sie einen Verlassensein-Ruf aus. Dieses Verhalten ist angeboren. Interessanterweise ist es auch bei der Hündin vorprogrammiert, in dieser Zeit auf diesen Ruf zu reagieren. Würde man ihn auf Tonband aufnehmen und ihn ihr zu einer anderen Zeit vorspielen, z.B. in der Trächtigkeit oder längere Zeit danach, würde sie kaum darauf reagieren. In der Zeit um die Geburt aber, so bis zum fünften bis zwölften Tag, würde sie selbst das Tonbandgerät ins Nest tragen, sobald der Schrei ertönt.
Diese Verhaltensweisen, die für das Überleben der Welpen notwendig sind, sind also angeboren. Es wäre nicht sehr sinnvoll, wenn sie erst erlernt werden müssten. Natürlich lernt auch die Mutter. Während sie beim ersten Wurf meist noch sehr aufgeregt ist, wird sie später immer gelassener und sicherer in dem, was sie tut.
Für die Welpen ist die Wärme in dieser Zeit wichtiger als etwa die Gesellschaft der Mutter (außer natürlich als Nahrungsquelle) oder der Geschwister. Legt man den Welpen auf ein gut temperiertes Heizkissen, ist er zufrieden und zeigt keine Zeichen des Verlassenseins. Das wird sich später ändern, aber im Moment ist sein Nervensystem noch so wenig ausgebildet, dass er zu viel mehr gar nicht in der Lage ist.
Bis auf die Geschmacks- bzw. Geruchswahrnehmung, den Gleichgewichtssinn und die Temperatur- und Tastwahrnehmung sind bei den Welpen in dieser Zeit keine weiteren Sinnesorgane entwickelt. Sie sind noch taub und blind. Augen und Gehörgänge sind geschlossen. Die Welpen sind daher auch relativ unempfindlich gegen äußere Einflüsse. Außerdem können sie kaum lernen. Das „kaum“ bezieht sich dabei auf im Alltag beobachtbare Verhaltensweisen. In Versuchen wurde nämlich nachgewiesen, dass auch ganz junge Hundewelpen schon in der Lage sind, bestimmte Dinge zu lernen.
© Heike Schmidt-Röger
Anfangs sind die Welpen taub und blind und voll und ganz auf die Mutter angewiesen.
Das Verhalten der Welpen in der Neugeborenenphase ist hauptsächlich durch Reflexe gesteuert. Wir haben uns eben schon das reflexartige Nähesuchen angesehen. Nun zeigen die Welpen auch den typischen Pendelreflex. Dabei bewegen sie ihr Köpfchen von einer Seite zur anderen, während sie sich kreisförmig vorwärtsbewegen. Das erhöht die Chancen, etwas Warmes oder z.B. die Milchquelle zu erreichen. Außerdem kommt man immer wieder an den Ausgangspunkt zurück, wenn man im Kreis läuft.
© Heike Schmidt-Röger
Ihr Verhalten wird von Reflexen gesteuert.
Von Laufen kann in diesem Alter eigentlich noch keine Rede sein. Die Hundebabys liegen platt auf dem Bauch und ziehen sich mit ihren Vorderbeinchen quasi in Form von Schwimmbewegungen vorwärts. Daran kann man schön sehen, wie sich die Nerven allmählich von vorne nach hinten entwickeln. Der Gesichtsnerv ist bei der Geburt bereits ausgebildet. Den brauchen die Kleinen auch, um zu nuckeln. Die Vorderbeine sind ebenfalls einsatzbereit. Ab ca. dem sechsten Lebenstag versuchen die Welpen, sich hochzustemmen. Durch den bereits entwickelten Gleichgewichtssinn sind sie in der Lage, sich wieder auf den Bauch zu drehen, wenn sie mal umfallen sollten.
© Heike Schmidt-Röger
Sie schlafen noch sehr viel.
Weiter hinten jedoch sind die Nerven und auch die Muskulatur noch nicht sehr entwickelt. Die Hinterbeinchen werden nachgezogen. Erst ab ca. dem achten Lebenstag werden sie bewegt. Auch die Ausscheidung funktioniert noch nicht, sondern wird wieder reflexartig von der Mutter gesteuert, indem sie den Kleinen über Bauch und Geschlechtsteile leckt. Das macht sie meist vor dem Füttern, was außerdem den Sinn und Zweck hat, die Babys aufzuwecken.
© Heike Schmidt-Röger
Das Belecken regt zur Ausscheidung an.
Muss man Welpen ohne Mutter aufziehen, sollte die Bauchmassage z.B. mit einem feuchten Handtuch nachgemacht werden. Sonst können die Welpen nicht überleben, weil durch einen fehlenden Anreiz von außen die Verdauung nicht funktionieren würde und sie die Ausscheidung noch nicht allein steuern können.
KUPIEREN
Wo früher die Schwänze kupiert wurden bzw. wo sie es heute noch werden, wird oft argumentiert, dass junge Welpen nichts spüren. Das stimmt jedoch nicht. Dass die Nerven nicht vollständig entwickelt, also noch nicht mit der Myelinscheide umgeben sind, bedeutet nicht, dass sie überhaupt nicht leiten, sondern nur, dass sie langsamer leiten. Inzwischen nimmt man sogar an, dass die Welpen den Schmerz deutlicher spüren, weil bestimmte Mechanismen im Gehirn noch nicht ausgebildet sind, die für eine Hemmung sorgen.
Zwei weitere Reflexe, die man auch in der Neugeborenenphase schön beobachten kann, sind der Beuge- und der Streckreflex. Hebt man einen Welpen in den ersten drei Tagen am Nacken hoch, wird er alle Beinchen anziehen, weil die Muskeln für das Beugen der Gelenke die Überhand haben. Das ändert sich ab ca. dem vierten Tag. Hebt man dann den Welpen hoch, streckt er sich und seine Beinchen. Jetzt haben die Streckmuskeln die Überhand.
Außer den erwähnten Reflexen kann man in dieser Zeit noch kaum Verhaltensweisen beobachten. Die Welpen schlafen und saugen eigentlich nur bzw. sind damit beschäftigt, überhaupt eine Nuckelstelle zu finden, bzw. eine gefundene für sich zu behalten. Auch hierfür sind sie wieder optimal ausgerüstet. Bei vielen Rassen sind die Zungen der Welpen fast zu groß, um ins Mäulchen hineinzupassen. Aber sie passen optimal um die Zitzen des Muttertieres. So docken die Kleinen dort richtiggehend an. Sie können sich sogar so festhalten, dass sie kurze Zeit hängen bleiben, wenn die Mutter aufsteht und das Nest verlassen will. So hat die Natur die Welpen für jede Phase optimal ausgestattet.
© Alina Klüglich-Hinrichs
Welpen können die Milchquelle finden und nuckeln …
Der Schlaf der Kleinen ist oft kaum von der Wachphase zu unterscheiden, zum einen, weil sie die Augen noch nicht geöffnet haben, zum anderen, weil der Schlaf selbst auch noch sehr unruhig ist. Auch Messungen der Gehirnströme in dieser Zeit zeigen kaum einen Unterschied zwischen Wach- und Schlafphase.
© Alina Klüglich-Hinrichs
… und schlafen.
Bis zum Alter von einer Woche haben die Welpen ihr Geburtsgewicht normalerweise verdoppelt. Man kann ihnen fast zusehen, wie sie wachsen.
Die Neugeborenenphase dauert von der Geburt bis etwa zum 13. Lebenstag, wenn die Welpen beginnen, ihre Augen zu öffnen.
Auch in dieser Zeit haben milde Stressoren eine positive Auswirkung auf die Entwicklung der Welpen. Sie können die Krankheitsresistenz steigern, eine emotionale Ausgeglichenheit unterstützen und späteres Lern- und Problemlöseverhalten verbessern.
Ein Stressor ist z.B., wenn man Hunger hat und sich nach etwas Ess- bzw. Trinkbarem umschauen muss. Wie schon weiter vorne beschrieben, sollte man den Welpen diese Erfahrung nicht nehmen. Ähnlich ist es mit der Temperatur. Die muss nicht in der gan-zen Wurfkiste gleich sein, wie dies häufig mit einer Wärmelampe bewirkt wird. Mutter und Geschwister reichen normalerweise als Wärmequelle. Ist die Mutter weg, kann man bei den Welpen beobachten, dass sie alle auf einem Haufen liegen. Die Äußeren suchen weiter innen Wärme, wenn es ihnen zu kalt wird. Dadurch gelangen die Inneren nach außen, bis es denen wiederum zu kalt wird. Und gerade in der ersten Zeit dauert es normalerweise nie lange, bis Mama wieder da ist.
Also kann man auf die Rotlichtlampe ruhig verzichten und die Welpen die Erfahrung von Wärme und Kälte machen lassen. Wenn nur ein oder zwei Welpen da sind, sollte man jedoch in der Zeit, in der die Mutter die Wurfkiste verlässt, für eine Wärmequelle sorgen.
© Heike Schmidt-Röger
Sie sollten schon früh mal kurz auf die Hand genommen werden.
Für weitere milde Stressoren kann der Züchter sorgen, indem er die Welpen öfter mal in die Hände nimmt. Oft geschieht das schon dadurch, dass die Welpen regelmäßig gewogen werden. Auch wenn auf das Gewicht kein allzu großer Wert gelegt wird, sollten die Welpen schon jetzt hin und wieder in die Hand genommen werden. Dadurch wird der Geruchssinn angeregt. Die Welpen merken, dass die Hand anders riecht als Mama oder die Geschwister. Auch der Gleichgewichtssinn wird stimuliert. Es gibt sogar die Theorie, die meines Wissens aber noch nicht bewiesen ist, dass Welpen, die in ihren ersten Lebenswochen viel in die Hand genommen, mal kurz auf den Kopf gestellt oder auf den Rücken gelegt werden, später keine Probleme beim Autofahren bekommen, ihnen also beim Fahren nicht schlecht wird.
© Heike Schmidt-Röger
Gruppenkuscheln dient der Wärmeregulation.
Eine gute Übung ist es auch, den Welpen in schön gewärmten Händen einschlafen zu lassen. Er sollte dazu nicht mehr hungrig sein. Diese Übung kann man sowohl machen, indem man den Welpen auf den Bauch als auch auf den Rücken legt. Es ist später für den erwachsenen Hund sehr sinnvoll, wenn er gelernt hat, in jeder Situation schlafen zu können.
Den Tastsinn kann man stimulieren, indem man den Welpen schon jetzt an Ohren, Beinchen und Pfötchen berührt. So wird das später für ihn zur Selbstverständlichkeit. Auch unterschiedliche Oberflächen und Gerüche kann man den Welpen schon sekundenweise näherbringen. Später wird darauf aufgebaut.
© Mareike Rohlf/Kosmos
Den Welpen kurzfristig auf den Rücken zu drehen, ist ein milder Stressor.
Durch diese milden Stressoren trainiert der Welpe seine biochemische Antwort auf Stress. Ein so vorbereiteter Welpe wird später bestimmt auch mal stressige Situationen erleben, aber er weiß damit viel besser umzugehen. Außerdem sind in einem solchen „Notfall“ aus Sicht des Körpers alle Stoffwechselvorgänge schnell darauf eingestellt, zeigen also eine optimale Reaktion, die dann aber auch zügig wieder Normalwerte annimmt.
Bei einem Welpen, der sein biochemisches Stresssystem nicht in dieser Weise trainieren konnte, wird es viel träger reagieren und viel länger brauchen, bis wieder Normalwerte erreicht werden, was unter Umständen recht schnell zu psychosomatischen Erkrankungen führen kann, wie z.B. einer Schwächung des Immunsystems.
Praktiziert man solche Übungen nur fünf Minuten am Tag (über mehrere Male verteilt) mit jedem Welpen, reicht das vollkommen aus. Bei einem Wurf mit acht Welpen ist der Züchter dann allein damit schon fast eine Stunde lang beschäftigt, ohne die anderen zu erledigenden Dinge, wie Saubermachen und die Hündin versorgen. Welpen optimal aufzuziehen, ist also sehr arbeitsintensiv, wenn es richtig gemacht werden soll. In sogenannten „Welpenfabriken“ ist für solche Übungen keine Zeit, was die späteren Hundehalter dann oft mit Problemverhalten konfrontiert, neben ebenfalls häufig auftretenden gesundheitlichen Problemen der Welpen. Ich kann gar nicht oft genug empfehlen, sich die Zuchtstätte eines Welpen sehr genau anzusehen und keinen Welpen aus Mitleid zu kaufen. Denn auch damit unterstützt man letztendlich das skrupellose Vorgehen der „Welpenproduzenten“.
Der höhere Preis eines verantwortungsvoll aufgezogenen Welpen ist in jedem Fall gerechtfertigt. Wenn man sich vorstellt, dass ein guter Züchter in den acht bis zehn Wochen, in denen die Welpen bei ihm sind, fast rund um die Uhr beschäftigt ist und alle möglichen Anstrengungen unternimmt, um seine Welpen optimal auf das spätere Leben vorzubereiten, sind die Welpen eigentlich sogar noch zu billig. Denn die hier angewandte Mühe macht sich später bezahlt.
Ersteht man dagegen einen Welpen für „’nen Appel und ’n Ei“ von einem unseriösen Züchter und freut sich zunächst darüber, einen billigen Hund gekauft zu haben, wird man bald eines Besseren belehrt. Spätestens dann, wenn die entsprechend häufigen Tierarztkosten anstehen, weil der Kleine alle möglichen Krankheiten angeschleppt hat, oder wenn die Einzelstunden in der Hundeschule fällig sind, weil der Kleine alle möglichen Verhaltensprobleme zeigt, oder wenn eine Verhaltenstherapie durchgeführt werden muss.
☞ NEUGEBORENENPHASE |
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CHANCEN |
RISIKEN |
Weil Seh- und Gehörsinn noch nicht ausgebildet sind, ist der Welpe – auch vor negativen Umweltreizen – noch relativ gut geschützt. Durch sinnvolle Übungen kann der Züchter jetzt schon die Entwicklung der Sinne fördern. |
Durch übertriebene Führsorge (z.B. Rotlichtlampe, Anlegen an die Zitze) wird den Welpen die Chance genommen, mit Stressoren umgehen zu lernen. |
Die Übergangsphase, auch transitionale Phase genannt, dauert vom Öffnen der Augen (ca. 13. Lebenstag) bis zum vollständigen Öffnen des Gehörganges, also ungefähr eine Woche lang.
Diese Zeit ist von einer rasanten Entwicklung zu mehr Unabhängigkeit gekennzeichnet. Mit dem Öffnen von Augen und Ohren wird das Gehirn mit neuen Möglichkeiten konfrontiert, Informationen aus der Außenwelt zu bekommen und zu verarbeiten.
© Corinna Buchmann
Ca. ab dem 13. Lebenstag öffnen sich die Augen.