Vorwort

Viele Menschen tun manchmal so, als sei das Handy ein Fluch unserer Zeit. Manchmal klingt es schön, wenn sie von früher erzählen – wie man noch ganz ohne Handy ausgekommen war. Und manchmal würde auch ich gern das Handy meiner Tochter in einem Safe einschließen.

Aber so einfach ist das alles nicht. Vor allem, weil ich selbst niemals ohne Handy aus dem Haus gehe. Und wenn, dann würde ich noch einmal umkehren, um es zu holen.

Ein Roman über Handysucht konnte also nur eine Geschichte werden, in der es um die verschiedenen Gesichter dieser smarten Spielzeuge geht. Viel Spaß beim Lesen wünsche ich euch!

Ich bedanke mich herzlich bei meinen handysüchtigen Familienmitgliedern und Freunden für die vielen Details aus dem lustigen Alltag von Handyabhängigen.

Florian Buschendorff

Lernen Sie so etwas in der Lehrerausbildung?“

Aaron war nicht zu Unrecht zum Klassensprecher gewählt worden. Er konnte Lehrern manchmal ordentlich einheizen. Er hatte den Mut, das auszusprechen, was die schweigende Mehrheit dachte.

„Herr Schmidt, das ist schon eine ziemlich durchgeknallte Idee. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das wirklich durchziehen wollen.“

„Warum nicht?“, erwiderte Herr Schmidt ruhig. „Es ist doch ein interessantes Experiment. Nach zwei Wochen wird ausgewertet.“ „Aber wir sind nicht Ihre Versuchskaninchen!“, sagte Johanna. „Können Sie Ihr Experiment nicht mit einer anderen Klasse machen?“

„Nein, kann ich nicht“, antwortete Herr Schmidt. „Ihr seid meine Prüfungsklasse und ich möchte über dieses Experiment meine Abschlussarbeit schreiben. Außerdem lernt ihr dabei sicher eine ganze Menge.“

Aaron stand auf. Das tat er gern, wenn er zu Lehrern redete, um zum Ausdruck zu bringen, dass er für die ganze Klasse sprach.

„Lieber Herr Schmidt. Wir hatten ja schon zwei Referendare. Frau Euler zum Beispiel, letztes Jahr. Die hatte auch immer so lustige Ideen. Bei ihr mussten wir uns bei der Gruppenarbeit Papierhütchen aufsetzen. Und dann malte sie uns Teamsternchen auf die Dinger.“ Die Klasse lachte. Auch Herr Schmidt musste schmunzeln.

„Am Anfang fanden wir das ganz witzig und haben uns alles Mögliche gegenseitig auf die Hütchen gemalt. Aber dann fanden wir das ziemlich bald ziemlich bescheuert.“

„Wir sind schließlich keine Babys mehr“, sagte Johanna. „Wir können schon ganz gut selbst entscheiden, wie oft und wozu wir unsere Handys benutzen.“

Aaron ging nach vorne und stellte sich neben Herrn Schmidt.

„Wir leben doch in einer Demokratie, Herr Schmidt“, sprach er weiter. „Das haben Sie uns doch gerade beigebracht. Dann fragen Sie doch mal, wer überhaupt mitmachen will.“ Aaron wandte sich zur Klasse.

„Also: Wer will bei dem Experiment von Herrn Schmidt mitmachen? Bitte melden!“

Aaron zeigte auf die schweigende Klasse.

„Sehen Sie, Herr Schmidt? Niemand! Also lassen Sie uns doch einfach weiter ganz normalen Unterricht machen.“

Aaron ging zu seinem Platz zurück.

Er mochte Herrn Schmidt ja. Für ihn war sein Auftritt eher eine Art freundschaftliches Kräftemessen. Allerdings hatte Herr Schmidt gute Chancen, die Klasse doch noch rumzukriegen. Der Referendar war bei den meisten Schülern sehr beliebt. Am Anfang des Schuljahres waren alle sehr verwundert über den neuen, jungen Lehrer, der sich nicht wie ein typischer Lehrer benahm. Und alle fanden, dass Herr Schmidt auch nicht wie ein Lehrer aussah. Eher wie Robert Pattinson.

„Vielleicht stimmen wir noch einmal richtig ab“, sagte Herr Schmidt, „nachdem ich euch die Einzelheiten erklärt habe.“ In ruhigen Schritten ging er durch den Klassenraum.

„Also, ich brauche keine Details“, sagte Johanna. „Ich werde mein Handy mit Sicherheit nicht abgeben. Nicht für einen Tag und schon gar nicht für zwei Wochen.“

Amelie meldete sich, obwohl jetzt ohnehin alle durcheinanderredeten.

„Amelie!“, sagte Herr Schmidt.

„Also, ich finde, wenn Herr Schmidt das machen will, sollten wir ihn wenigstens mal ausreden lassen.“

„Schleimer!“, rief Tom.

„Sie sagen“, sprach Amelie weiter, „wir würden dabei eine Menge lernen. Was soll das denn sein?“

„Nun“, sagte der Lehrer, „ich finde, man lernt eine ganze Menge über sich selbst, wenn man für eine gewisse Zeit auf etwas verzichtet, was man sonst immer tut.“

„In die Schule gehen zum Beispiel“, rief Tom und erntete ein paar Lacher.

„Zum Beispiel habe ich“, sprach Herr Schmidt unbeirrt weiter, „einmal einen ganzen Monat auf Fleisch verzichtet und seitdem …“

„Schon klar, Herr Schmidt“, unterbrach ihn Johanna. „Seitdem essen Sie nur rohes Gemüse und fahren nur noch Fahrrad.“

„Jetzt lass Herrn Schmidt ausreden!“, sagte Karla.

Der Lehrer schaltete den Projektor ein.

An der Wand erschien die Überschrift:

Zwei Wochen ohne Handy – ein Selbstversuch der Klasse 9a

Herr Schmidt schrieb ein paar Begriffe auf die Folie und fuchtelte dann mit dem Stift in der Luft herum.

„Erstens: Nicht alle geben ihr Handy ab, sondern nur die Hälfte der Klasse. Die anderen machen weiter wie bisher. Und zweitens: Es ist viel leichter, auf das Handy zu verzichten, wenn man weiß: Vielen anderen geht es genauso.“

„Und wer legt fest, wer sein Handy abgeben muss?“, fragte Johanna.

„Lose“, antwortete Herr Schmidt. „Ihr zieht Lose.“