Die Anderen haben den Tod nicht erfunden; sie haben ihn nur perfektioniert. Haben ihm ein Gesicht gegeben, um ihn uns vor die Nase zu halten; denn sie wissen, dass das der einzige Weg ist, um uns zu vernichten. Es wird nicht auf irgendeinem Kontinent oder Ozean enden, nicht auf einem Berg oder einer Ebene, nicht in einem Dschungel oder einer Wüste. Es wird dort enden, wo es begonnen hat, wo es von Anfang an war, auf dem Schlachtfeld des letzten schlagenden menschlichen Herzens.
Vier Tage – mehr bleiben nicht mehr bis zur letzten Welle, der fünften, alles vernichtenden tödlichen Welle, mit der die Anderen alles zerstören und die Menschheit ausrotten wollen. Gemeinsam mit einer Handvoll Getreuen schmiedet Cassie in einer geheimen Unterkunft einen tollkühnen Plan, um im letzten Augenblick doch noch das Blatt zu wenden: Sie werden in die Offensive gehen, ins Herz des feindlichen Lagers vordringen und die Anderen von innen heraus vernichten.
Doch kann solch ein Angriff gelingen? Und sind wirklich alle in ihrer kleinen Truppe auf Cassies Seite? Oder hat der Feind sie schon unterlaufen, heimlich Misstrauen und Zwietracht gesät, seine Spione eingeschleust? Cassie beschließt, das Risiko einzugehen, auch weil es keinen anderen Ausweg zu geben scheint. Und so rüsten sie sich zum letzten großen Kampf – einem Kampf ohne Wiederkehr und mit ungewissem Ausgang …
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Rick Yancey
DER
LETZTE STERN
Die Fünfte Welle
Band 3
Roman
Ins Deutsche übertragen
von Thomas Bauer
Für Sandy
»Die Welt endet. Die Welt beginnt aufs Neue.«
Verzweifle keiner je, dem in der trübsten Nacht
Der Hoffnung letzte Sterne schwinden.
Christoph Martin Wieland
— Das Mädchen, das fliegen konnte —
Vor vielen Jahren, als ihr Vater zehn war, fuhr er mit einem großen gelben Bus zum Planetarium.
Dort explodierte die Decke über ihm in eine Million schimmernder Lichtscherben. Sein Mund klappte auf. Seine kleinen Finger umklammerten den Rand der hölzernen Bank, auf der er saß. Über seinem Kopf rotierten winzige Punkte weißen Feuers, rein wie an dem Tag, als die Erde als geschwärzter, pockennarbiger Fels auftauchte, als durchschnittlicher Planet, der am Rand einer durchschnittlichen Galaxie in einem grenzenlosen Universum einen durchschnittlichen Stern umkreiste.
Der große Wagen. Orion. Der große Bär. Das monotone Geleier des Astronomen. Die nach oben gerichteten Gesichter der Kinder mit offen stehendem Mund und gebanntem Blick. Und der Junge, der sich unter der Unermesslichkeit dieses künstlichen Himmels winzig klein vorkam.
Er würde jenen Tag niemals vergessen.
Jahre später, als seine Tochter noch sehr jung war, lief sie immer auf unsicheren pummeligen Kleinkinderbeinchen auf ihn zu, die festen Ärmchen nach oben gereckt, die Augen vor gespannter Erwartung und Vorfreude leuchtend, Daddy, Daddy rufend, die stummeligen Finger gespreizt, zu ihm ausgestreckt, zum Himmel ausgestreckt.
Und dann sprang sie, warf sich furchtlos ins Leere, denn er war nicht nur ihr Vater – er war Daddy. Er würde sie auffangen; er würde sie nicht fallen lassen.
Rief: Fliegen, Daddy, fliegen!
Und dann hob sie ab, schoss auf die Unermesslichkeit des grenzenlosen Himmels zu, die Arme ausgebreitet, um die Unendlichkeit zu umfassen, den Kopf zurückgeworfen, eilte zu dem Ort, an dem sich Schrecken und Wunder treffen, ihr Kreischen die Essenz ihrer Freude darüber, schwerelos und frei zu sein, in seinen Armen in Sicherheit zu sein, am Leben zu sein.
Cassiopeia.
Von jenem Tag im Planetarium an, als ihr Leben noch fünfzehn Jahre in der Zukunft lag, bestand für ihn kein Zweifel, welchen Namen er ihr geben würde.
— 1. Kapitel —
»ICH SETZE MICH ZU IHNEN«
Das ist mein Leib.
In der tiefsten Kammer der Höhle hebt der Priester die letzte Oblate – sein Vorrat ist erschöpft – zu den Gesteinsformationen, die ihn an das Maul eines Drachen erinnern, das mitten im Brüllen erstarrt ist. Die Auswüchse gleichen Zähnen und funkeln rot und gelb im Schein der Lampe.
Die Katastrophe des göttlichen Opfers durch seine Hand.
Nehmet und esset alle davon …
Dann der Kelch, der die letzten Tropfen Wein enthält.
Nehmet und trinket alle daraus …
Mitternacht Ende November. In den unterirdischen Höhlen wird die kleine Gruppe von Überlebenden warm und unentdeckt bleiben, mit genügend Vorräten bis zum Frühling. An der Seuche ist seit Monaten niemand mehr gestorben. Das Schlimmste scheint überstanden zu sein. Hier sind sie sicher, völlig sicher.
Im Glauben an deine Liebe und deine Gnade esse ich deinen Leib und trinke ich dein Blut …
Sein Flüstern hallt in der Tiefe wider. Es klettert an den glatten Wänden empor, dringt durch den schmalen Gang in die oberen Kammern, wo die anderen Flüchtlinge in einen ruhelosen Schlaf verfallen sind.
Mach, dass mir das keine Verdammnis bringe, sondern Gesundheit für Körper und Geist.
Es gibt kein Brot mehr, keinen Wein. Dieses Abendmahl ist sein letztes.
Möge mir der Leib Christi ewiges Leben bringen.
Das alte Stück Brot, das auf seiner Zunge weich wird.
Möge mir das Blut Christi ewiges Leben bringen.
Die Tropfen sauren Weins, die in seinem Rachen brennen.
Gott in seinem Mund. Gott in seinem leeren Magen.
Der Priester weint.
Er gießt ein paar Tropfen Wasser in den Kelch. Seine Hand zittert. Er trinkt das wertvolle, mit Wasser vermengte Blut, dann wischt er den Kelch mit dem Purifikatorium aus.
Es ist vollbracht. Das immerwährende Opfer ist vorüber. Er tupft sich die Wangen mit demselben Tuch ab, mit dem er den Kelch ausgewischt hat. Menschliche Tränen und das Blut Gottes untrennbar vereint. Daran ist nichts neu.
Er wischt die Hostienschale mit dem Purifikatorium ab, dann legt er das Tuch in den Kelch und stellt ihn beiseite. Er zieht die grüne Stola von seinem Hals, faltet sie gewissenhaft zusammen, küsst sie. Er liebte alles am Priesteramt. Am meisten liebte er die Messe.
Sein Kragen ist feucht von Schweiß und Tränen und locker um seinen Hals: Er hat seit dem Ausbruch der Seuche fünfzehn Pfund abgenommen und seinen Pfarrbezirk verlassen, um die hundert Meilen zu den Höhlen im Norden von Urbana zurückzulegen. Unterwegs schlossen sich ihm viele an – insgesamt mehr als fünfzig, wobei zweiunddreißig von ihnen an der Infektion starben, bevor sie sich in Sicherheit bringen konnten. Als ihr Tod nahte, gab er ihnen die letzte Ölung, ob katholisch, protestantisch, jüdisch spielte keine Rolle: Möge der Herr in seiner Liebe und Gnade dir helfen … Zeichnete ihnen mit dem Daumen ein Kreuz auf die heiße Stirn. Möge der Herr, der dich von deinen Sünden erlöst, dich erretten …
Das Blut, das aus ihren Augen sickerte, vermischte sich mit dem Öl, das er auf ihre Lider rieb. Und Rauch rollte über freie Felder, hing in Wäldern und bedeckte Straßen wie im tiefen Winter Eis träge Flüsse. Brände in Columbus. Brände in Springfield und Dayton. In Huber Heights, London und Fairborn. In Franklin, Middletown und Xenia. Am Abend tauchte das Licht von tausend Feuern den Rauch in ein dunkles Orange, und der Himmel senkte sich bis wenige Zentimeter über ihre Köpfe. Der Priester schlurfte durch die schwelende Landschaft, eine Hand ausgestreckt und sich mit der anderen einen Lumpen vor Mund und Nase haltend, während ihm Tränen des Protests die Wangen hinunterströmten. Verkrustetes Blut unter seinen Fingernägeln, getrocknetes Blut in den Linien auf seinen Handflächen und in den Sohlen seiner Schuhe. Nicht mehr weit, spornte er seine Gefährten an. Geht weiter. Unterwegs gab ihm jemand den Spitznamen »Pater Moses«, da er seine Begleiter aus dem Dunkel des Rauchs und dem Feuer ins gelobte Land von »Ohios farbenfrohsten Höhlen« führte.
Natürlich waren dort bereits Menschen, die sie bei ihrem Eintreffen begrüßten. Der Priester hatte damit gerechnet. Eine Höhle brennt nicht. Sie ist wetterfest. Das Beste ist, sie ist leicht zu verteidigen. Nach der Ankunft der Anderen waren Höhlen nach Militärstützpunkten und Regierungsgebäuden die beliebtesten Zufluchtsstätten.
Vorräte waren gebunkert worden, Wasser und unverderbliche Nahrungsmittel, Decken, Verbandsmaterial und Medikamente. Und Waffen natürlich, Gewehre und Pistolen, Schrotflinten und viele Messer. Die Kranken wurden oberirdisch im Begrüßungszentrum unter Quarantäne gestellt, wo sie auf Pritschen lagen, die zwischen den Regalen des Souvenirshops aufgestellt worden waren, und der Priester besuchte sie jeden Tag, sprach mit ihnen, betete mit ihnen, nahm ihnen die Beichte ab, spendete die Kommunion, flüsterte die Dinge, die sie hören wollten: Per sacrosancta humanae reparationis mysteria … Durch die heiligen Mysterien der Erlösung des Menschen …
Hunderte starben, bevor das Sterben vorüber war. Sie hoben südlich des Begrüßungszentrums eine drei Meter breite und neun Meter tiefe Grube aus, um die Toten darin zu verbrennen. Das Feuer schwelte Tag und Nacht, und der Geruch von verbranntem Fleisch war so alltäglich geworden, dass sie es kaum noch zur Kenntnis nahmen.
Inzwischen ist November, und in der tiefsten Kammer erhebt sich der Priester. Er ist nicht groß, trotzdem muss er sich ducken, um sich nicht den Kopf am Dach der Höhle oder an den steinernen Zähnen anzuschlagen, mit denen der Gaumen des Drachen gespickt ist.
Die Messe ist beendet, gehet hin in Frieden.
Er lässt den Kelch und das Purifikatorium zurück, die Hostienschale und seine Stola. Diese sind jetzt Reliquien, Gegenstände aus einer Zeit, die mit Lichtgeschwindigkeit in die Vergangenheit zurückweicht. Wir haben als Höhlenbewohner begonnen, denkt der Priester, und in Höhlen sind wir zurückgekehrt.
Selbst die längste Reise beschreibt einen Kreis, und die Geschichte kehrt immer an den Ort zurück, an dem sie begonnen hat. Aus dem Messbuch: »Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst.«
Und der Priester erhebt sich wie ein Taucher, der zum Himmelsgewölbe emporgleitet, das über der Wasseroberfläche funkelt.
In dem langen Gang, der sich zwischen weinenden Steinwänden sanft nach oben schlängelt, ist der Boden glatt wie eine Kegelbahn. Nur wenige Monate zuvor gingen hier Schulkinder bei Ausflügen im Gänsemarsch, strichen mit den Fingern an der Felswand entlang und hielten in den Schatten, die sich in den Nischen sammeln, nach Monstern Ausschau. Sie waren jung genug, um noch an Monster zu glauben.
Und der Priester steigt wie ein Leviathan aus der lichtlosen Tiefe auf.
Der Weg zur Oberfläche führt vorbei an der Caveman’s Couch und dem Crystal King, in den Big Room, den Hauptaufenthaltsraum der Flüchtlinge, und schließlich in den Palace of the Gods, den Bereich der Höhlen, den er am liebsten mag, wo Kristallformationen wie gefrorene Scherben aus Mondlicht schimmern und die Decke sinnlich wogt wie auf den Strand rollende Wellen. Hier, in der Nähe der Oberfläche, ist die Luft dünner, trockener, eingefärbt vom Rauch der Feuer, die noch immer von der Welt genährt werden, der sie den Rücken gekehrt haben.
Herr, segne diese Asche, mit der wir zeigen, dass wir Staub sind.
Gebetsfetzen gehen ihm durch den Kopf. Bruchstücke von Liedern. Litaneien und Segnungen und die Worte der Absolution: Gott schenke dir Verzeihung und Frieden, und ich spreche dich los von deinen Sünden … Und aus der Bibel: »Zu den Gründen der Berge sank ich hinab. Der Erde Riegel waren hinter mir auf ewig geschlossen.«
Im Rauchfass verbrennt Weihrauch. Weiches Frühlingssonnenlicht wird von Buntglas gebrochen. Kirchenbänke, die an Sonntagen knarren wie der Rumpf eines uralten Schiffes weit draußen auf dem Meer. Der getragene Rhythmus der Jahreszeiten, der Kalender, der sein Leben vom Kleinkindalter an bestimmte: Advent, Weihnachten, Fastenzeit, Ostern. Ihm ist bewusst, er hat die falschen Dinge geliebt, die Rituale und Traditionen, den Pomp und Prunk, den Außenstehende der Kirche seit jeher vorwerfen. Er bewunderte die Form, nicht den Inhalt; das Brot, nicht den Leib.
Das machte ihn nicht zu einem schlechten Priester. Er war ruhig und bescheiden und seiner Berufung treu ergeben. Er genoss es, Menschen zu helfen. Die Wochen in der Höhle gehörten zu den erfülltesten in seinem ganzen Leben. Leid bringt Gott in sein natürliches Zuhause, in die Krippe von Schrecken und Verwirrung, von Schmerz und Verlust, wo er geboren wurde. Dreh die Währung des Leids um, denkt der Priester, und du bekommst sein Gesicht zu sehen.
Ein Wachposten sitzt unmittelbar hinter dem Eingang über dem Palace of the Gods. Seine gedrungene Silhouette zeichnet sich vor dem Sternenzelt ab. Ein steifer Nordwind, der den Winter prophezeit, hat den Himmel leer gefegt. Der Mann trägt eine Baseballkappe, die er tief in die Stirn gezogen hat, und eine abgenutzte Lederjacke. Er hat ein Fernglas in der Hand. Auf seinem Schoß ruht ein Gewehr.
Der Mann grüßt den Priester mit einem Nicken. »Wo ist denn Ihr Mantel, Pater? Es ist kalt heute Abend.«
Der Priester lächelt matt. »Ich fürchte, den habe ich Agatha geliehen.«
Der Mann schnaubt leise. Agatha ist die Nörglerin der Gruppe. Sie friert immer. Hat immer Hunger. Hat immer irgendetwas. Er hebt sein Fernglas an die Augen und sucht den Himmel ab.
»Haben Sie noch mehr von ihnen gesehen?«, fragt der Priester. Das erste gräulich silberfarbene Objekt haben sie eine Woche zuvor entdeckt, als es mehrere Minuten lang regungslos über den Höhlen schwebte, ehe es lautlos senkrecht nach oben schoss und zu einem winzigen Wundmal in der blauen Weite wurde. Zwei Tage später tauchte ein anderes – oder dasselbe – auf und glitt geräuschlos über sie hinweg, bis es hinter dem Horizont versank. An der Herkunft dieser seltsamen Luftfahrzeuge bestand kein Zweifel – die Höhlenbewohner wussten, dass sie nicht terrestrisch waren. Was ihnen Angst machte, war das Mysterium ihres Zwecks.
Der Mann lässt sein Fernglas sinken und reibt sich die Augen. »Was ist denn los, Pater? Können Sie nicht schlafen?«
»Oh, ich schlafe in letzter Zeit nicht viel«, entgegnet der Priester. Dann fügt er hinzu: »So viel zu tun.« Er möchte nicht, dass der Mann denkt, er würde sich beklagen.
»In Schützengräben gibt es keine Atheisten.« Das Klischee hängt wie ein ranziger Geruch in der Luft.
»In Höhlen auch nicht«, sagt der Priester. Seit sie sich zum ersten Mal begegnet sind, bemüht er sich, diesen Mann besser kennenzulernen, doch er gleicht einem verschlossenen Raum, dessen Tür sicher verriegelt ist mit Wut und Trauer und der verzweifelten Furcht von Todgeweihten, deren Uhr abgelaufen ist. Seit Monaten gibt es davor kein Entkommen. Für einige ist der Tod die Hebamme für die Hoffnung. Für andere ist er deren Vollstrecker.
Der Mann holt eine Packung Kaugummis aus der Brusttasche, wickelt vorsichtig einen Streifen aus und faltet ihn in den Mund. Bevor er die Packung wieder in die Tasche steckt, zählt er die verbliebenen Streifen. Dem Priester bietet er keinen an.
»Meine letzte Packung«, erklärt der Mann. Er verlagert auf dem kalten Stein sein Gewicht.
»Ich verstehe schon«, sagt der Priester.
»Wirklich?« Der Kiefer des Mannes bewegt sich in einem hypnotischen Rhythmus, während er kaut. »Verstehen Sie das wirklich?«
Das trockene Brot, der saure Wein: Er hat den Geschmack noch auf der Zunge. Das Brot hätte gebrochen werden können; der Wein hätte geteilt werden können. Er hätte die Messe nicht alleine feiern müssen. »Ich glaube schon«, erwidert der kleine Priester.
»Ich nicht«, sagt der Mann langsam und bedächtig. »Ich glaube an verdammt noch mal gar nichts.«
Der Priester errötet. Sein leises, verlegenes Lachen klingt wie das Trippeln von Kinderfüßen auf einer langen Treppe. Er fasst sich nervös an den Kragen.
»Als der Strom ausfiel, glaubte ich, das wäre nur vorübergehend«, sagt der Mann mit dem Gewehr. »Das glaubten alle. Der Strom fällt aus, dann gibt es wieder Strom. Das ist Glaube, nicht wahr?« Er kaut seinen Kaugummi, auf der linken Seite, auf der rechten Seite, schiebt den grünen Klumpen mit der Zunge hin und her. »Dann trudelt von den Küsten die Nachricht ein, dass es keine Küsten mehr gibt. Reno hat auf einmal beste Uferlage. Und wenn schon? Das ist schließlich nicht das erste Erdbeben. Nicht der erste Tsunami. Wer braucht schon New York? Was ist an Kalifornien so besonders? Wir rappeln uns schon wieder auf. Wir rappeln uns immer wieder auf. Daran habe ich geglaubt.« Der Wachposten nickt und starrt den Nachthimmel an, die kalten, leuchtenden Sterne. Den Blick nach oben gerichtet, die Stimme gesenkt. »Dann wurden die Ersten krank. Antibiotika. Quarantäne. Desinfektionsmittel. Wir setzten Schutzmasken auf und wuschen uns die Hände, bis sich unsere Haut schälte. Die meisten von uns starben trotzdem.«
Und der Mann mit dem Gewehr betrachtet die Sterne, als erwarte er, dass sie sich aus der Schwärze lösen und zur Erde fallen. Warum sollten sie das nicht tun?
»Meine Nachbarn. Meine Freunde. Meine Frau und meine Kinder. Ich wusste, dass nicht alle sterben würden. Es konnten doch unmöglich alle sterben? Einige würden krank werden, aber die meisten werden gesund bleiben, und allen übrigen wird es wieder besser gehen, nicht wahr? Das ist Glaube. Das ist es, was wir glaubten.« Der Mann zieht ein großes Jagdmesser aus dem Stiefel und fängt an, sich mit seiner Spitze die Fingernägel zu säubern. »Das ist Glaube: Man wächst auf, man geht zur Schule. Sucht sich einen Job. Heiratet. Gründet eine Familie.« Er vollendet die Arbeit an einer Hand, einen Nagel für jeden Übergangsritus, dann beginnt er mit der anderen. »Die eigenen Kinder wachsen auf. Sie gehen zur Schule. Suchen sich einen Job. Sie heiraten. Sie gründen eine Familie.« Kratz, kratz. Kratz, kratz, kratz. Er schiebt mit dem Ballen der Hand, in der er das Messer hält, seine Mütze nach hinten. »Ich war nie ein religiöser Mensch. Habe seit zwanzig Jahren keine Kirche mehr von innen gesehen. Aber ich weiß, was Glaube ist, Pater. Ich weiß, was es heißt, an etwas zu glauben. Das Licht geht aus, dann geht es wieder an. Die Flut strömt herein, dann fließt sie wieder ab. Leute werden krank, dann werden sie wieder gesund. Das Leben geht weiter. Das ist wahrer Glaube, oder? Wenn Sie Ihren Hokuspokus über Himmel und Hölle, Sünde und Erlösung über Bord werfen, bleibt Ihnen das. Daran glaubt sogar der kirchenfeindlichste Atheist: Das Leben wird weitergehen.«
»Ja«, stimmt der Priester zu. »Das Leben wird weitergehen.«
Der Wachposten bleckt die Zähne. Er stößt das Messer in Richtung Brust des Priesters und faucht: »Sie haben kein verdammtes Wort von dem gehört, was ich gesagt habe. Sehen Sie, das ist der Grund, warum ich Ihresgleichen nicht ausstehen kann. Sie zünden Ihre Kerzen an, murmeln Ihre lateinischen Zaubersprüche und beten zu einem Gott, den es gar nicht gibt, dem es egal ist oder der einfach nur verrückt oder grausam oder beides ist. Die Welt steht in Flammen, und Sie preisen das Arschloch, das den Brand entweder gelegt hat oder das Feuer brennen lässt.«
Der kleine Priester hat die Hände erhoben, die Hände, die das Brot und den Wein gesegnet haben, als wolle er dem Mann zeigen, dass sie leer sind, dass er es nicht böse meint.
»Ich behaupte nicht, dass ich weiß, was Gott will«, setzt der Priester an und lässt die Hände sinken. Den Blick auf das Messer gerichtet, zitiert er aus dem Buch Hiob: »Darum bekenne ich, dass ich habe unweise geredet, was mir zu hoch ist und ich nicht verstehe.«
Der Mann starrt ihn einen sehr langen, sehr unbehaglichen Moment an, völlig regungslos bis auf seinen Kiefer, der den bereits geschmacklosen Klumpen Kaugummi bearbeitet.
»Ich werde ehrlich zu Ihnen sein, Pater«, sagt er nüchtern. »Am liebsten würde ich Sie auf der Stelle töten.«
Der Priester nickt traurig. »Ich fürchte, dazu könnte es kommen. Sobald Ihnen die Wahrheit bewusst wird.« Er nimmt dem Mann das Messer aus der zitternden Hand und berührt ihn an der Schulter.
Der Mann zuckt zusammen, weicht aber nicht zurück. »Was ist denn die Wahrheit?«, fragt er im Flüsterton.
»Das«, entgegnet der kleine Priester und rammt dem Mann das Messer tief in die Brust.
Die Klinge ist sehr scharf – sie dringt mit Leichtigkeit durch das Hemd des Mannes und gleitet zwischen seine Rippen, ehe sie sich mehrere Zentimeter tief in sein Herz bohrt.
Der Priester zieht den Mann an seine Brust heran und küsst ihn auf den Scheitel. Gott schenke dir Verzeihung und Frieden.
Es ist schnell vorbei. Der Kaugummi fällt aus dem erschlafften Mund des Mannes, und der Priester hebt ihn auf und wirft ihn zum Höhleneingang hinaus. Er legt den Mann auf dem kalten Steinboden ab, dann richtet er sich wieder auf. In seiner Hand schimmert das feuchte Messer. Das ist das Blut des neuen und ewigen Bundes …
Der Priester betrachtet das Gesicht des Toten, und sein Herz brennt vor Wut und Ekel. Das menschliche Gesicht ist hässlich, unerträglich grotesk. Er braucht seine Abscheu nicht mehr zu verbergen.
Der kleine Priester kehrt in den Big Room zurück, folgt einem ausgetretenen Pfad in die Hauptkammer, wo die anderen in unruhigem Schlaf zucken und sich hin und her wälzen. Alle bis auf Agatha, die an der hinteren Wand der Kammer lehnt, eine zierliche Frau, die in der pelzgefütterten Jacke, die ihr der kleine Priester gegeben hat, verloren wirkt, ihr ungewaschenes, gekräuseltes Haar ein Wirbelsturm aus Grau und Schwarz. Schmutz hat sich in den tiefen Falten ihres wettergegerbten Gesichts eingenistet, um einen Mund, der eines längst verlorenen künstlichen Gebisses beraubt ist, und um Augen, die zwischen Falten hängender Haut begraben sind.
Das ist die Menschheit, denkt der Priester. Das ist ihr Gesicht.
»Sind Sie es, Pater?« Ihre Stimme ist kaum hörbar, das Piepsen einer Maus, der schrille Schrei einer Ratte.
Und das ist die Stimme der Menschheit, denkt der Priester.
»Ja, Agatha. Ich bin’s.«
Sie blinzelt die menschliche Maske an, die er seit früher Kindheit trägt und die jetzt von Schatten verdunkelt ist. »Ich kann nicht schlafen, Pater. Setzen Sie sich eine Weile zu mir?«
»Ja, Agatha. Ich setze mich zu Ihnen.«
— 2. Kapitel —
Er trägt die sterblichen Überreste seiner Opfer an die Oberfläche, jeweils zwei, eines unter jedem Arm, und wirft sie in die Grube, lässt sie ohne jede Zeremonie fallen, ehe er wieder hinabsteigt und die nächste Ladung holt. Nach Agatha tötete er die übrigen im Schlaf. Niemand ist aufgewacht. Der Priester arbeitete leise, schnell, mit sicherer, ruhiger Hand, und das einzige Geräusch war das Flüstern reißenden Stoffes, als das Messer in die Herzen aller sechsundvierzig sank, bis sein Herz das einzige war, das noch schlug.
In der Morgendämmerung fängt es an zu schneien. Er bleibt einen Moment draußen stehen und hebt das Gesicht zu einem Himmel, der leer und grau ist. Auf seinen blassen Wangen lassen sich Schneeflocken nieder. Sein letzter Winter für sehr lange Zeit: Bei Tagundnachtgleiche wird die Kapsel kommen, um ihn zum Mutterschiff zurückzubringen, wo er warten wird, bis diejenigen, die sie für diese Aufgabe ausgebildet haben, die finale Säuberung der Erde von der menschlichen Plage vollenden. Sobald er sich an Bord des Schiffes befindet, wird er aus der Ruhe der Leere zusehen, wie sie die Bomben werfen, die jede Stadt auf der Welt auslöschen und die Spuren der menschlichen Zivilisation hinwegfegen werden. Die Apokalypse, von der die Menschheit von Anbeginn ihres Bewusstseins geträumt hat, wird letzten Endes auf die Erde gebracht werden – nicht von einem erzürnten Gott, sondern gleichgültig, mit einer Kälte wie der des kleinen Priesters, als er seinen Opfern das Messer ins Herz stieß.
Die Schneeflocken schmelzen auf seinem nach oben gerichteten Gesicht. Noch vier Monate bis zum Ende des Winters. Hundertzwanzig Tage, bis die Bomben fallen, dann wird die Fünfte Welle losgetreten, von den menschlichen Schachfiguren, die sie darauf abgerichtet haben, ihresgleichen zu töten. Bis dahin wird der Priester weiterhin sämtliche Überlebende niedermetzeln, die sich in sein Territorium verirren.
Beinahe vorbei. Beinahe da.
Der kleine Priester steigt in den Palace of the Gods hinab und bricht sein Fasten.
— 3. Kapitel —
RINGER
Neben mir flüsterte Razor: »Lauf.«
Seine Handfeuerwaffe explodierte neben meinem Ohr. Sein Ziel war das kleinste Ding, das die Summe aller Dinge ist, seine Kugel das Schwert, das die Kette durchtrennte, die mich mit ihr verband.
Teacup.
Als Razor starb, blickte er mit seinen weichen, ausdrucksstarken Augen zu mir auf und flüsterte: »Du bist frei. Lauf.«
Ich lief.
— 4. Kapitel —
Ich durchbreche die Fensterscheibe des Kontrollturms, und der Boden rast mir entgegen, um mich zu empfangen.
Wenn ich auf dem Asphalt lande, werde ich mir keinen einzigen Knochen brechen. Ich werde keinen Schmerz spüren. Ich wurde vom Feind aufgerüstet, um tiefere Stürze als diesen zu überstehen. Mein letzter Fall begann in einer Höhe von tausendfünfhundert Metern. Dieser ist ein Kinderspiel.
Ich lande, rolle auf die Füße und renne um den Turm herum, dann die Rollbahn entlang zu der Betonbarriere und dem mit Stacheldraht gekrönten Zaun. Der Wind schreit mir in die Ohren. Ich bin jetzt schneller als das schnellste Tier auf der Erde. Ein Gepard ist im Vergleich zu mir eine Schildkröte.
Es besteht kein Zweifel daran, dass mich die Wachposten an der Umzäunung sehen und der Mann im Kontrollturm ebenfalls, aber es wird kein Schuss abgegeben, kein Befehl erteilt, mich unschädlich zu machen. Ich rase auf das Ende der Rollbahn zu wie eine Kugel durch einen Gewehrlauf.
Sie können dich nicht erwischen. Wie sollten sie dich jemals erwischen?
Noch bevor ich auf dem Boden aufgekommen bin, hat der Prozessor, der in mein Gehirn eingebettet ist, die Berechnungen angestellt und die entsprechenden Informationen an die zigtausend mikroskopisch kleinen Drohnen weitergegeben, die für mein Muskelsystem zuständig sind. Über Geschwindigkeit, Timing oder Angriffspunkte brauche ich nicht nachzudenken – das tut die Zentrale für mich.
Ende der Rollbahn: Ich springe. Mein Fußballen landet für einen Augenblick auf der Betonbarriere, dann drückt er sich ab, um mich in Richtung Zaun zu katapultieren. Der Stacheldraht rast auf mein Gesicht zu. Meine Finger greifen in die fünf Zentimeter breite Lücke zwischen der Wicklung und der obersten Stange, um mich eine Rückwärtsrolle ausführen zu lassen. Ich fliege mit den Füßen voraus, im Hohlkreuz und mit ausgestreckten Armen über den Zaun.
Ich überstehe die Landung, beschleunige abermals auf Höchstgeschwindigkeit und lege die hundert Meter Freifläche zwischen Zaun und Wald in weniger als vier Sekunden zurück. Mir fliegen keine Kugeln hinterher. Kein Hubschrauber steigt auf, um mir zu folgen. Die Bäume schließen sich hinter mir, als würde ein Vorhang zugezogen, und ich habe sicheren Halt auf dem rutschigen, unebenen Boden. Ich erreiche den Fluss, dessen schwarzes Wasser schnell dahinströmt. Meine Füße scheinen seine Oberfläche kaum zu durchbrechen, als ich ihn überquere.
Auf der anderen Seite weicht der Wald freier Tundra, die sich meilenweit ohne Unterbrechung bis zum nördlichen Horizont erstreckt, eine grenzenlose Wildnis, in der ich mich verlieren werde, unentdeckt, unbehelligt.
Frei.
Ich laufe stundenlang. Das Zwölfte System trägt mich. Es stärkt meine Gelenke und Knochen. Es unterstützt meine Muskulatur, gibt mir Kraft und Ausdauer, annulliert meine Schmerzen. Ich brauche mich bloß zu ergeben. Ich brauche bloß zu vertrauen, dann werde ich durchhalten.
VQP. Im Schein hundert brennender Leichname ritzte sich Razor diese drei Buchstaben in den Arm. VQP. Es siegt, wer erdulden kann.
Manche Dinge, sagte er zu mir am Abend vor seinem Tod, bis hin zu den kleinsten Dingen, sind die Summe aller Dinge wert.
Razor war bewusst, dass ich niemals fliehen und Teacup zurücklassen und leiden lassen würde. Ich hätte wissen müssen, dass er mich retten würde, indem er mich hintergeht: Das hatte er von Anfang an getan. Er tötete Teacup, damit ich überleben konnte.
Die nichtssagende Landschaft erstreckt sich in alle Richtungen. Die Sonne sackt zum Rand des wolkenlosen Himmels ab. Der bitterkalte Wind, der mir ins Gesicht beißt, lässt meine Tränen im Fallen gefrieren. Das Zwölfte System kann einen vor dem Schmerz schützen, der dem Körper zusetzt, doch es ist hilflos gegen den Schmerz, der die Seele heimsucht.
Stunden später laufe ich noch immer, während das letzte Licht am Himmel verblasst und die ersten Sterne erscheinen. Und da ist das Mutterschiff, das über dem Horizont schwebt und wie ein lidloses grünes Auge herabstarrt. Man kann nicht vor ihm davonlaufen. Man kann sich nicht vor ihm verstecken. Es ist unerreichbar, unangreifbar. Wenn der letzte Mensch längst zu Staub zerfallen ist, wird es immer noch da sein, unerbittlich, unergründlich, unbegreiflich: Gott wurde entthront.
Und ich laufe weiter. Durch eine urwüchsige Landschaft, die nicht von irgendwelchen menschengemachten Dingen gezeichnet ist, durch eine Welt, wie sie war, bevor Vertrauen und Kooperation die Bestie Fortschritt entfesselten. Die Welt wird jetzt wieder so, wie sie war, bevor wir sie kannten. Paradies verloren. Paradies zurückgegeben. Ich erinnere mich an Voschs Lächeln, traurig und verbittert. Eine Erlöserin. Ist es das, was ich bin?
Während ich auf nichts zulaufe, vor nichts weglaufe, durch eine leere Landschaft von makelloser Weiße unter der Unermesslichkeit eines gleichgültigen Himmels laufe, verstehe ich. Ich glaube, ich begreife.
Die menschliche Population wird auf eine vertretbare Größe reduziert und dann ihrer Menschlichkeit beraubt, denn Vertrauen und Kooperation stellen die größte Bedrohung für das empfindliche Gleichgewicht der Natur dar, sind die inakzeptablen Sünden, von denen die Welt an den Rand des Abgrunds gedrängt wurde. Die Anderen kamen zu dem Schluss, dass der einzige Weg zur Rettung der Welt darin besteht, die Zivilisation auszulöschen. Nicht von außen, sondern von innen. Und dass der einzige Weg zur Auslöschung der menschlichen Zivilisation darin besteht, die menschliche Natur zu verändern.
— 5. Kapitel —
Ich lief weiter in die Wildnis. Noch immer verfolgte mich niemand. Als die Tage verstrichen, machte ich mir weniger Gedanken darüber, dass jeden Moment Hubschrauber herabstoßen und Angriffstrupps absetzen könnten, sondern eher darüber, wie ich warm bleiben und an frisches Wasser und Protein gelangen konnte, die ich zur Versorgung des labilen Wirts des Zwölften Systems benötigte. Ich grub Löcher, um mich darin zu verstecken, baute Unterstände, um darunter zu schlafen. Ich schnitzte aus Ästen Speere und machte Jagd auf Hasen und Elche, deren Fleisch ich roh aß. Ich wagte es nicht, Feuer zu machen, obwohl ich dazu in der Lage gewesen wäre; der Feind hatte es mich in Camp Haven gelehrt. Der Feind hatte mich alles gelehrt, was ich wissen musste, um in der Wildnis zu überleben, und mich dann mit außerirdischer Technologie ausgestattet, die meinem Körper dabei hilft, sich ihr anzupassen. Er hatte mich gelehrt, wie man tötet und wie man vermeidet, getötet zu werden. Er hatte mich gelehrt, was die Menschen nach zehn Jahrhunderten Kooperation und Vertrauen vergessen hatten. Er hatte mich gelehrt, was Furcht ist.
Das Leben ist ein Kreislauf, der von Furcht bestimmt ist. Die Furcht vor dem Räuber. Die Furcht der Beute. Ohne Furcht gäbe es kein Leben. Ich habe einmal versucht, Zombie das zu erklären, aber ich glaube nicht, dass er es verstanden hat.
Ich überstand vierzig Tage in der Wildnis. Und nein, die Symbolik entging mir nicht.
Ich hätte auch noch länger durchgehalten. Das Zwölfte System hätte mich weit über hundert Jahre aufrechterhalten. Königin Marika, die einsame alte Jägerin, eine seelenlose Hülle, die an den getrockneten Knochen toter Tiere nagt, die unangefochtene Herrscherin über ein bedeutungsloses Gebiet, bis das System schließlich zusammengebrochen und ihr Körper zerfallen oder von Aasfressern zerpflückt worden wäre und ihre Knochen wie ungelesene Runen über eine verlassene Landschaft verstreut herumgelegen hätten.
Ich kehrte um. Dann wurde mir mit einem Mal bewusst, warum sie nicht kamen.
Vosch war mir zwei Züge voraus; das war er schon immer gewesen. Teacup war tot, aber ich war nach wie vor an ein Versprechen gebunden, das ich niemals einem Menschen gegeben hatte, der wahrscheinlich ebenfalls tot war. Doch Wahrscheinlichkeit war bedeutungslos geworden.
Er wusste, ich konnte Zombie nicht im Stich lassen, solange die Möglichkeit bestand, ihn zu retten.
Und es gab nur einen Weg, wie ich ihn retten konnte; das wusste Vosch ebenfalls.
Ich musste Evan Walker töten.