Daniel Böcking
Ein bisschen
Glauben
gibt es nicht
Wie Gott
mein Leben
umkrempelt
Gütersloher Verlagshaus
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Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln
Umschlaggestaltung: Gütersloher Verlagshaus
ISBN 978-3-641-19039-2
V005
www.gtvh.de
Inhalt
Vorwort oder: Guter Gott!
Dieser Morgen danach ...
Ein blasser, leiser Gott
(K)ein moralischer Kompass
Böse Augen
Das Leid der anderen
Gebete in der Katastrophe
Das Ende der Belanglosigkeit
Das Wunder in der Wüste
An der Grenze zum Glauben
Auf Schatzsuche
Kirchen-Hopping
Eine Gute Nachricht per Mail
Schwein oder Schaf?
Schatz, wir müssen reden!
Mit allemann am Ballermann!
Die Umkehr
Und nun?
Rumms! Gott da!
Gottvertrauen lernen
Eine neue Lebensaufgabe
Geschwister auf der ganzen Welt
Veränderungen durch Gott
Eine Umarmung aus dem Inneren
Wahre Liebe
Radikal gläubig
Glaube meets ISIS
Wer hat mir vor den Kopf gehauen?
Ein Christ bei BILD?
»Macht die Nackten weg!«
Ein ganz besonderer Gottesdienst
Männer über Frauen – oder ...?
Kann denn Schwulsein Sünde sein?
Erlösung, Gnade, Freiheit
Eine neue Realität
Nächstenliebe
Gute Taten, hässliche Worte
Neue Worte in einem neuen Leben
Naiv und blauäugig
Glauben lernen
Nachwort
Anhang: Die Gebote aus dem Neuen Testament – eine unvollständige Liste
Danksagung: Gott sei Dank!
Vorwort oder: Guter Gott!
Danke! Danke, dass du mein Leben auf den Kopf gestellt hast. Danke, dass du mir eine Glaubensfreude geschenkt hast, die mich rätseln lässt, wie ich 36 Jahre lang ohne diese innere Ruhe, diese Zuversicht und diese Wegweisung gut schlafen konnte. Danke für die Vollbremsung auf meinem Lebensweg und den anschließenden U-Turn zu dir. Und danke, dass ich heute ein Buch darüber schreiben darf. Herr, es gibt so viel, wofür ich dir dankbar bin, und es ist schön, dass ich auf den folgenden Seiten anderen Menschen davon erzählen darf, wie es dazu gekommen ist: wie aus mir – einem, der wie Millionen anderer Menschen in Deutschland zwar irgendwie an irgendetwas glaubte, aber eher so nebenher – ein glücklicher Vollzeit-Christ geworden ist.
Lange habe ich mich gefragt, was wohl angemessene, einleitende Worte sein könnten. Schreckt ein Dank-Gebet zu Beginn einen skeptischen Leser ab? Ist es vielleicht sogar lästerlich, eine Einleitung als Gebet zu tarnen? Wirkt das zu hymnenhaft und nimmt mir jede Glaubwürdigkeit? Ich habe zu dir, Gott, gebetet, um herauszuhören, wie ich starten könnte. Ja, ich belästige dich inzwischen auch mit solchen Kleinigkeiten – so präsent bist du in meinem Alltag geworden. Und so schreibe ich die ersten Worte gleichzeitig an dich und an den Leser. Eigentlich ein chaotischer Mischmasch aus Gebet und Buch-Einleitung. Aber ein Mischmasch, zu dem du mich geführt hast und der vielleicht zeigt, wie wunderbar, bunt und vielfältig mein Leben dank deiner Nähe geworden ist. Wie allgegenwärtig du für mich bist.
Wann immer ich mit Menschen rede, versuche ich auch, meine Leitung zu dir offen zu halten. Wann immer ich zu dir bete, versuche ich, die Auswirkungen auf meinen Alltag zu hören und zu beherzigen. Du existierst nicht nur in einer abgetrennten Welt: hier das Gebet und der Glaube, dort das wirkliche Leben. Nein. Ein Leben mit dir, ein Leben in der Nachfolge Jesu, ist eine krasse, radikale Entscheidung, weil du dich immer und überall einmischst. Weil du nicht einfach einen heiligen Zuckerguss über den Alltag gießt, sondern fordernd bist. Nichts passiert mehr ohne dich.
Einen Schlüsselmoment vor dieser Umkehr zu dir erlebte ich bei einem kleinen Lotto-Gedankenspiel. Als ich mal wieder über das Leben sinnierte, fragte ich mich selbst:
Was würde ich tun, wenn ich einen Sechser im Lotto hätte?
Die Antwort: Vermutlich erstmal richtig feiern! Und nach der Spontan-Euphorie würde ich voller Vorfreude losplanen: Was kann ich jetzt machen, wovon ich bislang nur geträumt habe? Mit wem teile ich was? Dieser Gewinn (zwei, drei Millionen Euro sollten’s schon sein) würde meine Lebensplanung auf den Kopf stellen. Und zwar so richtig ...
Als ich diese Analogie auf mein Verhältnis zu dir, Gott, anwendete, fiel bei mir der Groschen: Wegen eines Lotto-Gewinns wäre ich glücklich und begeistert bereit, mein Leben umzukrempeln. Für dich tat ich das bis dahin nicht. Dabei sind deine Geschenke viel, viel größer: Vergebung, Erlösung, innere Ruhe und Sinn. Von ewigem Leben ganz zu schweigen. Das alles kann ich mir mit Geld nicht kaufen. Zum Glück bekomme ich es von dir geschenkt.
Vor fünf Jahren habe ich angefangen, mich auf die Suche nach diesem Geschenk zu begeben. Vor zwei Jahren habe ich es dann wirklich angenommen. Davor? Hatte ich – wie so viele andere Menschen auch – eine Art Individual-Glauben. Auf mich persönlich zugeschnitten, so, dass er bloß nicht zu sehr in mein Leben eingriff. Und wenn doch, dann mit klaren Regeln, die ich mir selbst ausgedacht hatte. Evangelisch getauft, als Kind hin und wieder ein Abendgebet gesprochen. Nebenher so ein bisschen gläubig. Kirche vielleicht mal am Heiligabend. Mein Glaubensbekenntnis passte auf einen Bierdeckel: »Gott ist Liebe«. Jesus fand ich auch sympathisch. Aber ob er nun dein Sohn ist oder einfach ein netter Typ, der viele gute Sachen gesagt hat, war für mich kaum relevant.
Das hat sich radikal geändert. Ich bin zu dir, Gott, umgekehrt. Und wie das Wort Umkehr schon sagt: Für mich – damals 36 Jahre alt, BILD-Journalist, ehrgeizig, partywütig – war es eine 180-Grad-Kehre mit sehr konkreten Veränderungen: im Job (kann man auch ganz ohne Ellbogen seinen Weg gehen?), in der Freizeit (wie viele durchfeierte Nächte in der Woche tun mir wirklich gut?), in der Familie (»Gehst du jetzt etwa in eine Sekte?« »Nein! Ich bin Christ!«).
Zwischen dem ersten Impuls »Hey, irgendetwas Wichtiges in deinem Leben hast du bislang vernachlässigt« und dem großen Schritt »Ab heute will ich mein Leben ganz und gar in deine Hand geben« lagen stolze dreieinhalb Jahre. Ganz offensichtlich bin ich nicht der schnellste, wenn es um lebensverändernde Entscheidungen geht. Eher so Typ Bausparer. Außerdem ging es mir bis dato ja auch ohne diese Kehrtwende ganz gut. Neben Job, Familie, Freunden und bierseligen Nächten war kaum Platz, alles in meinem Leben zu überprüfen, zu hinterfragen oder gar zu ändern. Keiner machte mir Druck. Du hattest es wohl nicht eilig mit mir. Oder warst geduldig. Oder ich war zu beschäftigt (und zu blöd), dir zuzuhören. Als ich endlich damit anfing und mich auf den Weg machte, erlebte ich es wie ein Wunder.
Lieber Gott, du weißt, wie unsicher ich noch in vielen Situationen bin. Wie eingeschüchtert, bei jeder Gelegenheit, die der Alltag mir bietet, über dich und den Glauben an dich zu sprechen. Immer gibt es Menschen, die früher zum Glauben gefunden haben als ich, die die Bibel öfter gelesen haben und sich komischerweise problemlos Kapitel- und Versnummern merken können, die historische Fakten tiefer recherchiert haben. Viele sind treu in ihrem Glauben geblieben und haben sich bewährt, obwohl sie schlimmste Schicksalsschläge erlitten haben. Verfolgung, Folter – aber auch schwere Krankheiten, Unfälle, Katastrophen. Ich hingegen führe ein fast zu schönes Leben: in einem gut bezahlten, aufregenden Job als stellvertretender Chefredakteur bei BILD.de, mit einer Eigentumswohnung in Berlin, einer Pacht-Datsche in Brandenburg, tollen Freunden, drei fantastischen Kindern und einer wundervollen Frau (für die ich dir nie genug werde danken können). Ich hätte also viele Gründe, ein dankbarer Vorzeige-Christ zu sein. Dankbar bin ich (inzwischen aber für andere Geschenke von dir), Vorzeige-Christ noch immer nicht, obwohl ich es redlich versuche. Immer wieder knallen Anspruch an mich selbst im Glauben und Wirklichkeit im Alltag aufeinander. Immer wieder stolpere ich, falle hin, baue Mist – und erfahre bei dir Vergebung. In fast jedem Gebet stelle ich Fragen, auf die ich noch keine Antwort weiß. Der Weg ist noch weit.
Ich bin also sicherlich nicht angetreten, um Lehren oder Ratschläge zu erteilen. Ich möchte einfach in demütiger Dankbarkeit erzählen, wie du in mein Leben eingegriffen und es verändert hast – gerettet hast. Denn zumindest zwei Dinge habe ich begriffen:
1. Du willst nicht, dass wir lauwarm im Glauben sind.
Es gibt so viele Menschen, die sich Christen nennen, die sich selbst als gläubig bezeichnen. Aus irgendeinem Grund sind sie aber nicht bereit, den logischen nächsten Schritt zu machen: sich wirklich RICHTIG auf den Glauben an dich einzulassen. Sich frei zu Jesus zu bekennen und die Veränderungen zuzulassen.
Vielleicht tun sie das nicht, weil es in Mode ist, einen persönlichen Einzel-Glauben zu leben (»Ich glaube an Gott. Aber nicht so wie die Kirche«). Vielleicht tun sie das nicht, weil sie sich nie wirklich damit beschäftigt haben und die gute Botschaft gar nicht kennen. Vielleicht tun sie das nicht, weil das Gefühl herrscht, die »Hardcore-Christen« seien irgendwie komisch und lebten fern der Realität.
Ich kann das alles nachvollziehen – denn mir ging es ja bis vor wenigen Jahren genauso. Trotzdem bin ich diesen Schritt gegangen und spaziere seitdem auf einem wundervollen Weg. Ich brauche keine esoterischen Ratgeber, mir geht es innerlich besser als je zuvor, ich habe den Sinn gefunden in allem, was ich tue. Viel wichtiger aber noch: Ich habe meine von dir gegebene Aufgabe gefunden. Ich höre dir endlich zu. Denn das ist das Schöne an diesem Weg: Dein Wort (ob im Gebet oder in der Bibel) lässt mich an keiner Gabelung allein. Es gibt Rat, hilft bei Entscheidungen. Und es ist gut. Andere Christen begleiten mich. Der Weg ist nicht übermäßig kompliziert, aber mitunter anstrengend, weil neu. Er bedeutete auch für mich Abschied nehmen von liebgewonnenen Gewohnheiten. Er bringt Verpflichtungen mit sich.
Und damit bin ich beim zweiten Punkt, den ich begriffen habe:
2. Du willst, dass Christen von ihrer Glaubensfreude und ihrem Gottvertrauen berichten, dass sie sich offen und laut zu dir bekennen, damit viele Menschen die wundervolle Botschaft hören und deine Einladung annehmen. Das klingt erst einmal ganz simpel und fluffig, ist aber eine wirklich neue Aufgabe, die zu Konfrontationen führen kann. Natürlich wird man von Freunden komisch angeguckt, wenn man an einem gemütlichen Grillabend nach einem Plausch über die Bundesliga-Tabelle und den letzten Politiker-Irrsinn ein Gespräch über Jesus anfängt. Doch dieses offene Bekenntnis zu dir ist gerade in Zeiten wie diesen wichtiger denn je.
Mir fiel es anfangs schwer, laut und sogar öffentlich für dich und meinen Glauben an dich einzustehen. Aus Angst vor Ablehnung oder Spott oder – im besten Fall – einem mitleidigen Lächeln. Doch das änderte sich von einem Moment auf den anderen, als ich, gemütlich vor dem Fernseher sitzend, in einer Nachrichtensendung das x-te Beispiel für das unfassbare Morden von ISIS im Namen ihres angeblichen Glaubens sah.
In diesem Augenblick war es vorbei mit meinem leisen Vor-Mich-Hin-Glauben.
Ich weiß nicht mehr, ob es eine Verbrennung, eine Erschießung oder eine Enthauptung war. Mir platzte jedenfalls der Kragen: Ich wollte nicht länger still sein und hinnehmen, dass es diesen (jeder kann hier sein eigenes Schimpfwort einsetzen) gelingt, den Glauben in den Dreck zu ziehen. Dabei ging es mir nicht darum, wer zu dem richtigen Gott betet. Sondern darum, dass mein Glaube an Jesus Christus mich zu Liebe, Barmherzigkeit, Vergebung anleitet. Zu innerer Freiheit, Ruhe, Frieden. Und dass diese fanatischen Glaubensschänder es fast geschafft haben, dich, Gott, in etwas Abschreckendes in den Augen vieler Menschen zu verwandeln. Du bist gläubig? Dann bist du gewiss so ein Extremist! Im besten Fall stock-konservativ, verbissen, intolerant – im schlimmsten Fall ein Terrorist ... Nein. Ich bin Christ. Und das bedeutet auch, dass die Zeit des Rumsitzens und Zusehens vorbei sein muss. Jeder Christ sollte in dem verursachten Leid so viele Aufträge zur Hilfe und zur Nächstenliebe sehen, dass es spätestens jetzt an der Zeit ist, sich zu diesen wahren Verpflichtungen des Glaubens an dich, guter Gott, zu bekennen und zu handeln. Davon, dass man als Christ sogar bereit sein sollte zur Vergebung für die Terroristen – davon will ich noch gar nicht reden.
Herr, ich habe dich oft gefragt, ob dieses Buch in deinem Sinne ist. Ob es nur meine Eitelkeit befriedigt (jeder Journalist möchte doch gern ein Buch schreiben ...), ob ich mich selbst damit viel zu wichtig nehme, ob ich mich selbst damit zu angreifbar mache oder meine Karriere riskiere, weil ich mich in eine Schublade stecke. Ob ich mich blamiere, weil andere ja viel theologischer an das Thema herangehen können. Du hast mich so weit geführt, dass ich nun wirklich zu schreiben beginne.
Ich kann nicht von oben herab predigen, weil ich selbst täglich lerne und viele Fehler mache. Ich kann keine verbindlichen Antworten auf große Fragen geben, weil die allein von dir kommen können. Aber ich kann meine Geschichte erzählen, die ganz von selbst zu Antworten von dir führte. Sie beginnt an einem Punkt, den viele Menschen von sich selbst kennen: Ich glaubte irgendwie so ein bisschen – nicht mit Volldampf, nicht mit tiefem Vertrauen, nicht mit Haut und Haaren. Ich glaubte noch nicht so richtig. Und dann wurde Schritt für Schritt alles anders und besser.