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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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1. Auflage 2016
 
© 2016 by FinanzBuch Verlag,
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Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.
 
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Übersetzung: Silvia Kinkel
Redaktion: Judith Engst
Korrektorat: Sonja Rose
Umschlaggestaltung: Karen Schmidt, Isabella Dorsch
Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern
 
ISBN Print 978-3-89879-932-4
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-777-6
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-778-3
 
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Einleitung

»Egal, ob ich 1 Million Dollar oder auch 10 Millionen Dollar hätte, ich würde stets alles investieren. Die größten Gewinne habe ich in den 1950er-Jahren gemacht. Ich habe den Dow gekillt. Sie sollten die Zahlen sehen. Dabei habe ich damals nur Peanuts investiert. Nicht viel Geld zu haben, ist ein riesiger struktureller Vorteil. Ich glaube, mit 1 Million Dollar würde ich Ihnen einen Gewinn von 50 Prozent verschaffen. Nein, ich weiß sogar, dass ich das könnte. Ich garantiere es Ihnen.«2

Warren Buffett, Business Week, 1999

1956 arbeitete Warren Buffett in New York mit seinem Mentor Benjamin Graham, dem Vater des Value-Investing. Als Graham entschied, sich zur Ruhe zu setzen, bot er seinem besten Schüler eine Beteiligung an der Graham-Newman Investmentgesellschaft an. Der 25-jährige Buffett lehnte jedoch ab, um nach Hause zurückzukehren. Kurze Zeit später gründete er – mit dem Geld von vier Familienmitgliedern und drei Freunden – eine neue Investmentgesellschaft, die er als »Partnership« (Partnerschaft) bezeichnete: Buffett Associates, Ltd. Bevor Buffett die Schecks der anderen akzeptierte, bat er sie jedoch, sich mit ihm im Omaha Club zum Abendessen zu treffen. Jeder bezahlte selbst.3

An jenem Abend überreichte Buffett jedem von ihnen einen mehrseitigen Schriftsatz mit der formalen Partnerschaftserklärung. Er sagte, sie sollten sich über den Inhalt nicht allzu viele Sorgen machen und versicherte, dass sie keine bösen Überraschungen bereithielte. Das Treffen diene dazu, über das zu sprechen, was er für viel wichtiger hielt: seine Grundregeln. Er hatte Kopien dieser kurzen Liste von Prinzipien vorbereitet und ging sorgfältig jeden einzelnen Punkt durch. Buffett bestand auf vollständiger Autonomie. Er würde nicht darüber sprechen, was die Investmentgesellschaft eigentlich tat, über gegenwärtige Beteiligungen gab er kaum Details preis. Er sagte zu den anderen: »Diese Grundregeln sind die Philosophie. Wenn ihr meiner Meinung seid, dann lasst uns loslegen. Falls ihr nicht meiner Meinung seid, verstehe ich das.«4

»Die Grundregeln

  1. 1.Den Partnern wird keine Rendite garantiert. Partner, die jeden Monat 0,5 Prozent entnehmen, tun genau das – sie entnehmen Geld. Wenn wir jährlich mehr als 6 Prozent über den Zeitraum mehrerer Jahre erwirtschaften, sind die Entnahmen von den Gewinnen gedeckt und das Kapital wächst. Wenn wir keine 6 Prozent erwirtschaften, sind die monatlichen Auszahlungen teilweise oder ganz eine Rückzahlung des investierten Kapitals.
  2. 2.Wenn wir in einem Jahr nicht mindestens 6 Prozent Zuwachs erreichen, bekommen Partner, die monatlich Zahlungen erhalten, im darauffolgenden Jahr verminderte Zahlungen.
  3. 3. Wenn wir von jährlichen Gewinnen oder Verlusten sprechen, meinen wir grundsätzlich Marktwerte. Sie drücken aus, wie wir zu Marktpreisen bewertet am Jahresende mit den Aktiva dastehen im Vergleich zu derselben Basis am Jahresbeginn. Das hat mit den steuerlichen Ergebnissen in einem bestimmten Jahr mitunter wenig zu tun.
  4. 4. Ob wir gut oder schlecht gewirtschaftet haben, wird nicht daran gemessen, ob wir auf ein Jahr bezogen ein Plus oder ein Minus erwirtschaftet haben. Es wird anhand der generellen Erfahrung mit Wertpapieren gemessen, die durch den Dow Jones Industrial Average, durch führende Investmentfirmen etc. repräsentiert wird. Ist unsere Bilanz besser als diese Messlatten, betrachten wir das als ein gutes Jahr, unabhängig davon, ob wir ein Plus oder ein Minus erzielt haben. Wenn wir schlechter abschneiden, haben wir versagt.
  5. 5. Eigentlich bevorzuge ich eine Fünf-Jahres-Betrachtung. Zumindest aber drei Jahre sind das absolute Minimum, um die Performance zu bewerten. Zweifellos werden wir Jahre erleben, in denen die Performance der Partnership schlechter ausfällt, möglicherweise sogar wesentlich schlechter als der Dow Jones. Wenn eine Periode von mindestens drei Jahren schlechte Ergebnisse hervorbringt, sollten wir uns alle nach anderen Möglichkeiten umsehen, unser Geld anzulegen. Ausnahme: Die drei Jahre umfassen eine Spekulationsblase in einem Bullenmarkt.
  6. 6. Es ist nicht meine Aufgabe, den Aktienmarkt insgesamt vorherzusagen oder Konjunkturschwankungen korrekt zu prognostizieren. Wenn ihr das von mir erwartet oder es als wesentlich für ein Investitionsprogramm betrachtet, solltet Ihr nicht in dieser Investmentgesellschaft sein.
  7. 7. Ich kann den Partnern keine Gewinne versprechen. Was ich jedoch versprechen kann, ist folgendes:
  8. a) Unsere Investitionen werden auf der Basis von Value-Prinzipien ausgewählt und richten sich nicht nach Popularität.
  9. b) Wir streben an, das Risiko eines dauerhaften Kapitalverlustes (nicht eines kurzfristigen kursbedingten Verlustes) auf ein absolutes Minimum zu reduzieren, indem wir bei jedem Engagement eine breite Sicherheitsmarge einbauen und die Engagements streuen.
  10. c) Meine Frau, meine Kinder und ich selbst bringen praktisch unser gesamtes Eigenkapital in die Investmentgesellschaft ein.«5

 

Jeder, der an diesem Abend in den Omaha Club eingeladen war, wollte mitmachen, und Buffett nahm die Schecks entgegen. Wenn neue Partner dazu kamen, wurden ihnen die Grundregeln ausführlich erläutert. Jeder Partner erhielt jährlich eine aktualisierte Ausfertigung.

Während der folgenden Jahre informierte Buffett in einer Reihe von Briefen seine kleine, aber wachsende Schar von Anhängern über die Performance und beschrieb seine Aktivitäten. Er nutzte diese Briefe als Lehrmaterial, um die Konzepte hinter den Grundregeln zu bekräftigen und zu erweitern, erläuterte seine Erwartungen zur zukünftigen Performance und kommentierte die Marktsituation. Am Anfang informierte er einmal jährlich über den aktuellen Stand, aber als viele Partner nörgelten, dass »ein Jahr doch eine sehr lange Zeit sei«, begann er, sie mindestens halbjährlich zu verfassen.

Diese »Partnership Letters« geben seine Gedanken, Ansätze und Reflektionen aus jener Zeit wieder, die seinem Wirken bei Berkshire Hathaway unmittelbar vorausging – einer Zeit, die eine beispiellose Bilanz von Investment-Erfolgen brachte, die sogar im Vergleich zu seiner wesentlich bekannteren Erfolgsbilanz bei Berkshire Hathaway hervorstach. Obwohl er davon ausging, gute und schlechte Jahre zu haben, hielt er ein Plus von 10 Prozent gegenüber dem Dow Jones über eine Periode von drei bis fünf Jahren für machbar und setzte sich das als Ziel.

Er war deutlich besser. Er übertraf kontinuierlich den Markt und hatte kein einziges Verlustjahr. Während der gesamten Zeit verzinste sich unter seiner Führung das Kapital der Partner mit knapp 24 Prozent pro Jahr, nach Abzug aller Gebühren. In dieser frühen Phase erlebte er einige der besten Performancejahre seiner Karriere.

Die Lektionen in seinen Briefen bieten eine zeitlose Anleitung für jede Art von Investor – vom Anfänger über den Amateur bis hin zum routinierten Profi. Sie stellen eine folgerichtige und effektive Sammlung von Prinzipien und Methoden dar, die trendbezogene und technische Verlockungen vermeiden, welche im heutigen Markt nur allzu präsent sind. Obwohl sie ausgereifte Analysen enthalten, die vor allem auf erfahrene Profis gemünzt sind, sind die Briefe doch Buffetts Einmaleins des Investierens – sie liefern einen grundlegenden, allgemeinverständlichen Ansatz, der jedem einleuchtet.

Die Partnership Letters und ihre Weisheit sind in diesem Buch erstmals umfassend und leicht zugänglich zusammengestellt und enthalten fundamentale Prinzipien, wie Buffetts nicht-marktkonforme Diversifikationsstrategie, seine fast religiöse Verehrung des Zinseszinses, seinen konservativen Entscheidungsprozess, der allen konventionellen Ansätzen widerspricht. Die Briefe enthalten auch Methoden, in »Generals«, »Workouts« und »Controls« zu investieren. So heißen seine drei grundlegenden »Arbeitsmethoden«, die wir betrachten werden und die sich auf interessante und wichtige Weise im Laufe der Zeit herausgebildet haben.

Im Wesentlichen haben die Briefe einen enormen Wert, weil sie das Gedankengut eines erfolgreichen jungen Investors beschreiben, der ursprünglich mit sehr bescheidenen Summen arbeitete – ein Gedankengut, dass Investoren übernehmen und nutzen können, um langfristigen Erfolg zu erzielen, wenn sie sich selbst an den Markt wagen. Sie dienen als überzeugendes Argument für eine langfristige, nach dem Value-Ansatz ausgerichtete Strategie. Eine solche erscheint besonders in turbulenten Zeiten wie diesen besonders sinnvoll, in denen die Menschen nur allzu anfällig sind für einen spekulativen, oft fremdfinanzierten, kurzfristigen Ansatz, der auf lange Sicht selten erfolgreich ist. Sie bieten zeitlose Grundsätze des konservativen Investierens und der Disziplin, der Eckpfeiler von Buffetts Erfolg.

Wenn heutzutage ein junger Buffett seine Investmentgesellschaft gründen würde, würde er zweifelsohne genauso gute Ergebnisse erzielen. Buffett garantiert tatsächlich schriftlich, dass er mit einer Million Dollar jährliche Renditen von 50 Prozent erzielen könnte. Diese hohe Rendite wäre heute (bei einer kleinen Summe) genauso plausibel wie vor Jahren. Denn Marktineffizienzen existieren nach wie vor, vor allem bei kleineren, wenig beachteten Unternehmen, und er ist ein brillanter Investor, der sie auszunutzen weiß. Solange Aktien weiterhin ein kurzes Gedächtnis haben und getrieben von der Furcht und Gier der Anleger im Wert stark schwanken, wird es für alle geschäftstüchtigen Investoren immer Chancen auf sagenhafte Renditen geben, vorausgesetzt, diese eignen sich eine entsprechende Denkweise an.

Wie seit eh und je mangelt es auch heutzutage vielen an der Disziplin, die fürs Value-Investing nötig ist. Brief für Brief besinnt sich Buffett auf die Beständigkeit seiner Grundsätze. Der eigenen Vorgehensweise treu zu bleiben, ohne sich von Trends mitreißen zu lassen, ist selbst für erfahrene Investoren eine große Herausforderung. Jeder kann von Buffetts meisterhafter Beherrschung seiner Emotionen beim Investieren lernen.

Jedes Kapitel dieses Buches konzentriert sich auf eine Idee oder Thematik aus seinen Briefen. Jedes Kapitel ist zudem gleich aufgebaut und beginnt jeweils mit einer Zusammenfassung, um Einblick in den Hintergrund zu geben. Das ermöglicht eine Einordnung in den historischen Kontext und führt zu einer noch ausgeprägteren Wertschätzung in Bezug auf die heutige Relevanz.

Anschließend werden die entscheidenden Auszüge aus den Briefen zu jedem Thema wiedergegeben. Wir können nicht nur große Schlucke von der Quelle trinken, die Buffett mit seinen Briefen geschaffen hat, sondern das Buch wird auch zu einem nützlichen Instrumentarium bei der Beschäftigung mit seiner damaligen Tätigkeit. Sämtliche Kommentare zu einem bestimmten Thema in einem eigenen Kapitel zusammenzufassen, ist oft sehr aufschlussreich. Wir können in den Briefen wiederkehrende Muster erkennen. Buffett greift bestimmte Ideen immer wieder auf und verfolgt sie weiter. Das zu erkennen, wäre beim Lesen der Briefe in chronologischer Reihenfolge wesentlich schwieriger.

Buffett hat nie ein Fachbuch über Investments veröffentlicht, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Was wir haben – neben seinen veröffentlichten Artikeln und den Aufzeichnungen aus seinen Gesprächen und Vorträgen –, sind diese Briefe. Faktisch bilden sie eine Art Fernlehrgang, der von 1957 bis heute andauert, was der gesamten Dauer seiner Karriere entspricht. Die Partnership Letters sind der erste Teil dieses Kurses, und ich bin hocherfreut, sie Ihnen anzuvertrauen. Ich hoffe, Sie haben beim Lesen so viel Spaß wie ich beim Zusammenstellen.

Ich bin Warren Buffett dankbar, dass er mir die Verwendung der Briefe in diesem Buch erlaubt hat, und betone nochmals, dass er darüber hinaus nicht in dieses Projekt eingebunden war. Mein Ziel bestand darin, das Material in einer Weise wiederzugeben, die hoffentlich seine Zustimmung findet und seine Lehre angehenden wie erfahrenen Investoren gleichermaßen zugänglich macht.