Edition Habermann
Anagarika Govinda mit 75 Jahren
auf Vortragsreise, im Zug nach Berlin | 1973
TIBETS SACHSE
ERNST HOFFMANN WIRD LAMA GOVINDA
Herausgegeben von Birgit Zotz
Edition Habermann
München 2016
Begleitbuch zur Ausstellung im Museum Waldheim 2016/17
© 2016 Edition Habermann
der Lama und Li Gotami Govinda Stiftung, München
Umschlagbilder: © Lama und Li Gotami Govinda Stiftung, München Likir Gompa, ein Gelugpa Kloster in Ladakh Gemälde von Anagarika Govinda Portrait Anagarika Govinda, Foto: Li Gotami
Übersetzungen der Texte von R. C. Tandan und Niranjan Majumder aus dem Englischen von Birgit Zotz
ISBN
Hardcover 978-3-96025-006-7
Paperback 978-3-96025-007-4
e-Book 978-3-96025-008-1
www.lama-govinda.de
VORWORT
Birgit Zotz
„DIE GANZE SCHÖNHEIT DER WELT EINZUFANGEN.“
ANAGARIKA GOVINDAS WEG ÜBER DIE KONTINENTE
Ram Chandra Tandan
ANĀGĀRIKA GOVINDA ALS KÜNSTLER
EINE INDISCHE PERSPEKTIVE
Peter van Ham
ÄUSSERE ORTE – INNERES GESCHEHEN
GOVINDA AUF DEMWEG DER WEISSEN WOLKEN
Peter Michel
LAMA GOVINDAS BRÜCKENSCHLAG
ZWISCHEN DEN KULTUREN
Volker Zotz
ANAGARIKA GOVINDA UND SACHSEN
François Maher Presley
ANAGARIKA GOVINDAS GEBURTSSTADT WALDHEIM
Ernst Lothar Hoffmann
PANTELLERIA
Lama Anagarika Govinda
DER PARALLELISMUS ZWISCHEN KUNST UND MEDITATION
DIE KUNST SRI ANAGARIKA GOVINDAS.
EIN INTERVIEW VON NIRANJAN MAJUMDER
OBJEKTE DER AUSSTELLUNG
DIE AUTOREN
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Foto: Anagarika Govinda mit 75 Jahren
auf Vortragsreise, im Zug nach Berlin | 1973
Geburt des Glücks | Pastell 29,8x40cm
Positano | Italien | 1922 | Pastell 31x21cm
Foto: Mit 7 Jahren in Kassel
Foto: Soldat im Ersten Weltkrieg
Foto: Mit Anna Habermann auf Reisen | 1920er Jahre
Foto: In Kairouan, Tunesien | 1925
Foto: In Śāntiniketan | 1935
Foto: Hochzeit mit Li Gotami | 1947
Foto: Gespräch am Rande der Tagung in Venedig | 1960
Foto: Mit Shunryū Suzuki in Kalifornien
Foto: Beim Vortrag
via krupp | Capri | Pastell 37,5x52,2cm
Moschee Kairouan | Tunesien | Pastell 30,6x22cm
Ziegelbrennerei bei Rajgir | Indien | Pastell 30,5x39cm
Der Palast der Könige von Leh | Pastell 37,3x51,5cm
Durchbruch | Pastell
Befreiung | Pastell
Berg Meru mit Weltenbaum | 1922 | Kohle 27,4x37,5cm
Weg über Schlucht bei Dehradun | Pastell 37,2x49,5cm
Foto: Govinda 1947
Foto: In seinem Haus in Almora
Foto: Vor dem Dresdner Zwinger | 1965
Foto: Mit seinen Brüdern Hans-Joachim u. Oscar | 1965
Foto: Mit Li im Familienkreis in Waldheim I | 1965
Foto: Mit Li im Familienkreis in Waldheim II | 1965
Felsensäule am Grund des Canyons bei Tholing | Tibet Pastell 37,3x54cm
Der Gespaltene Berg von Rii | Pastell 37,3x54,5cm
Roter Tempel des Mahakala | Ladakh | Pastell 40x48,5cm
Samadhi - Ausklang | Pastell 29,8x40cm
Copyright: Lama und Li Gotami Govinda Stiftung
Geburt des Glücks | 3. Versenkungsstufe | Pastell 29,8x40cm
VORWORT DER
HERAUSGEBERIN
1920 verließ der im mittelsächsischen Waldheim 1898 geborene Ernst Lothar Hoffmann Deutschland. Nach Stationen auf Capri und in Nordafrika wurde er zum Staatsbürger Indiens und einem Lama des tibetischen Buddhismus. Er erlangte weltweit Beachtung als Schriftsteller, Maler, Interpret buddhistischer Lehren und Praktiken, bevor er 1985 in Amerika starb. Bei seinem Weg über vier Kontinente erfuhr er starke Wandlungen seiner Lebensform und geistigen Perspektive, die weitergingen, als Ernst Hoffmann bereits zu Lama Govinda geworden war.
Bei allen Veränderungen der geistigen Positionen war eine starke Konstante seines Wegs die Wertschätzung und subjektiv empfundene Identifikation mit der tibetischen Kultur, mit der er erstmals 1931 in Indien näher in Berührung kam. Als eine seiner Lebensaufgaben betrachtete er, „die Erinnerung an die Größe und Schönheit des Geistes festzuhalten, welche die Geschichte und das religiöse Leben Tibets erfüllten, damit künftige Generationen ermutigt und inspiriert werden, ein neues Leben auf den Fundamenten einer erhabenen Vergangenheit zu bauen.“1
In einer Zeit, als das Thema Tibet noch nicht in war, man in Europa und Amerika kaum Literatur darüber fand und keine Massenmedien ausführlich über das Land und seine Vertreter berichteten, wollte Govinda durch Bücher und Artikel sowie Vortragsreisen, Impulse der in Tibet gepflegten Kunst und Philosophie für andere Regionen fruchtbar machen.
Für diese Versuche und seine Nähe zu ihrer Tradition wurde er von tibetischen Autoritäten verschiedener buddhistischer Schulrichtungen hoch geachtet. Der XIV. Dalai Lama hob in einer Würdigung zu Govindas 75. Geburtstag dessen Leistungen hervor, „ein Interesse an der Kultur und Religion Tibets unter den Völkern des Westens zu schaffen und zu fördern,“ und wies auf die Bedeutung seiner Bücher für viele dankbare Leser hin.2 Ayang Rinpoche, ein führender Vertreter der tibetischen Drikung-Tradition, schrieb in seinem Nachruf auf Anagarika Govinda: „Er war wie eine goldene Brücke zwischen Ost und West. Lama Govinda besaß große Kenntnisse des tibetischen Buddhismus und der tibetischen Kultur; er war ein vollendeter Praktiker und erlangte tiefe Verwirklichung.“3 Tarthang Tulku, ein hochrangiger Lama der Nyingma-Tradition, der gern mit Govinda gemeinsam lehrte und zusammenarbeitete, betrachtete ihn als guten Freund.4
Tibets Sachse. Ernst Hoffmann wird Lama Govinda ist der Titel einer Ausstellung von Mai 2016 bis Januar 2017 im Museum Waldheim, gemeinsam veranstaltet von Govindas Geburtsstadt und der Lama und Li Gotami Govinda Stiftung. Aus Anlass dieser Ausstellung erscheint vorliegendes Buch.
In sechs Beiträgen liefert es Informationen und Hintergründe zu Govindas außergewöhnlichem Leben und vielfältigem Wirken, die sich über Besucher der Ausstellung hinaus an Leser mit Interesse an Govindas Werk wenden. Darüber hinaus wird Hoffmann-Govinda selbst in drei Texten zu Wort kommen.
Der erste Beitrag von der Herausgeberin „Die ganze Schönheit der Welt einzufangen“ führt mit einigen Eckdaten und Ereignissen in den Weg und das Schaffen des Mannes ein, der sich nicht eindeutig als Künstler, Schriftsteller, Gelehrter oder Persönlichkeit des religiösen Lebens etikettieren lässt. „Mit Ernst Hoffmann, der Lama Govinda wurde, begegnen wir dem Werdegang eines Menschen, der nicht blieb, wohin die Umstände seiner Geburt, die Konventionen seines Umfelds ihn stellten.“
Ram Chandra Tandan schildert im folgenden Artikel „Anāgārika Govinda als Künstler“ das Echo, das dieser als Maler in Indien erlebte, und interpretiert sein bildnerisches Werk: „Für Govinda erschöpfte sich die Wirklichkeit nicht in ihren sichtbaren Tages- und Nachtseiten, die sich im Kontrast von Licht und Dunkelheit zeigen. Immer suchte der Künstler darüber hinaus nach der verborgenen Innenseite der Dinge, ihrer tieferen Realität.“
Im dritten Beitrag „Äußere Orte – Inneres Geschehen“ liefert Peter van Ham eine kritische Untersuchung wesentlicher Motive in Govindas bekanntestem Werk Der Weg der weißen Wolken. Er sieht „Govindas Erzählweise nicht wesentlich geprägt von stilistischen Intentionen der Leserorientiertheit oder pädagogischen Überlegungen, sondern vielmehr authentisch als Selbstdarstellung eines von seinem Erlebten erfüllten Autors, der sich nicht scheut, seine persönliche Sicht der Dinge in den Mittelpunkt des Berichts zu stellen, der sich bewusst ist über die Subjektivität der Darstellung und diese auch bewusst wählt.“
Peter Michels Gedanken über „Lama Govindas Brückenschlag zwischen den Kulturen“ zeigen, wie es dem Weltbürger bei seinen Wegen zwischen Ost und West keinesfalls darum ging, „kritiklos und schwärmerisch die Seiten zu wechseln, sondern in bewusster Synthese scheinbar Getrenntes im eigenen Inneren zur Synthese zu führen.“
Volker Zotz veranschaulicht an Beispielen, wie Govinda als Wahl-Inder und tibetischer Ordensangehöriger doch nie die Verbindung zu seinen sächsischen Wurzeln aufgab, stets mit seiner Familie in der Geburtsstadt Waldheim in Kontakt blieb und wünschte, dass diese an seinen Erfahrungen teilnimmt.
Die Stadt Waldheim, in der Govindas Weg begann, stellt der abschließende Beitrag von François Maher Presley vor. Wie der Autor bemerkt, war der Lama aus Sachsen nicht an physischen Lokalitäten sondern in geistigen Inhalten zuhause: „Govinda fand seine Heimat in seinem Werk, dessen Wirkung nicht durch Grenzen bestimmt ist, sondern in das jeder Mensch und jeder Ort einbezogen sind.“
Dass dieses Menschen und Orte einschließende Werk drei Jahrzehnte nach Govindas Tod aktuell blieb, zeigt die Tatsache, dass 2016 bei einer zweiten Ausstellung dem Wirken Govindas eine zentrale Rolle zukommt. Diese findet vom November bis zum Herbst 2017 im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen in der Schweiz statt. Der Titel der von Peter van Ham kuratierten Ausstellung lautet angelehnt an Govindas bekanntestes Buch Auf dem Weg der weißen Wolken. Westtibet einst und jetzt. Aus dem Fundus der Lama und Li Gotami Govinda Stiftung werden Gemälde und Tempelpausen Govindas aus Westtibet gezeigt.
Gerade in einer Zeit, in der sich durch Migrationsströme immer mehr Lebensläufe über mehr als eine geografische Sphäre entfalten, mag das Wirken des Kosmopoliten Anagarika Govinda, der seinen Weg zwischen den Welten in zahlreichen Schriften und Bildern reflektierte, von besonderem Interesse sein.
Den ersten Text, mit dem Govinda in diesem Band selbst zu Wort kommt, schrieb der Autor noch als Ernst Lothar Hoffman auf Capri, als er in den frühen 1920er Jahren für seine archäologischen Studien im Mittelmeerraum unterwegs war. Der Text mit Impressionen von der Insel Pantelleria, wie auch der Titel lautet, blieb damals unveröffentlicht und erscheint im vorliegenden Band erstmals im Druck.
Die Gedanken des zweiten Textes „Der Parallelismus zwischen Kunst und Meditation“ hat der Autor zu Lebzeiten in abweichenden Versionen an verschiedenen Stellen veröffentlicht, erstmals in seinem Buch Art and Meditation (1936), zuletzt in Schöpferische Meditation und multidimensionales Bewusstsein (1977).
Der dritte Text „Die Kunst Sri Anagarika Govindas“ ist die deutsche Übersetzung eines Live-Interviews, das der indische Journalist Niranjan Majumder im Januar 1946 für das Programm von All India Radio mit Govinda führte.
1 Lama Anagarika Govinda: Der Weg der weißen Wolken. Zürich 1969, S. 14
2 The Dalai Lama: „Message.“ In: Wege zur Ganzheit. Festschrift zum 75. Geburtstag vom Lama Anagarika Govinda von seinen Freunden und Schülern. Almora 1973, S. 7
3 Der Kreis 174 (Januar-März 1985), S. 105
4 Vgl. Tarthang Tulku Rinpoche: „Preface.“ In: Lama Anagarika Govinda: Psychocosmic Symbolism oft he Buddhist Stūpa. Emeryville 1976, S. XI