Bruno Gmünder
Die in diesem Buch geschilderten Handlungen sind fiktiv.
Im verantwortungsbewussten sexuellen Umgang miteinander gelten nach wie vor die Safer-Sex-Regeln.
Loverboys 149
© 2016 Bruno Gmünder GmbH
Kleiststraße 23 - 26, 10787 Berlin
info@brunogmuender.com
© 2016 Tilman Janus
Coverabbildung: © 2016 George Duroy, USA
www.belamionline.com (Models: Helmut Huxley &
Jerome Exupery)
ISBN 978-3-95985-145-9
eISBN 978-3-95985-208-1
Mehr über unsere Bücher und Autoren:
www.brunogmuender.com
Für J.
Zwei hübsche Füße schoben sich vor mein Gesicht. Ich ließ meinen Blick nach oben wandern und sah ideal geformte Waden, perfekte Knie und außergewöhnlich schöne, schlanke Oberschenkel. Nur wenige feine, dunkle Härchen zierten die hellbraune Haut dieser anbetungswürdigen Beine. Das Beste von allem war in einer schwarzen Badehose verborgen, aber sie lag so eng an, dass ich die Konturen einer verführerischen Männlichkeit genau erkennen konnte. Über dem knappen Badeslip lief eine schmale Haarlunte bis zum Nabel. Die schön modellierte Brust mit der samtigen, haarfreien Haut und den kleinen, braunen Nippeln ließ meine Sehnsucht jeden Tag ein bisschen mehr wachsen. Und das Gesicht! Eine klare Stirn, umrahmt von dunkelbraunen, lässig wirren Locken, kritisch zusammengezogene Brauen, leuchtend braune Augen, eine kräftige, gerade Nase, volle, verlockende Lippen und ein glattes, energisches Kinn ergaben zusammen mit dem attraktiven Körper einen jungen Mann zum Niederknien. Das Niederknien war in dem Moment aber nicht nötig, denn ich lag bereits flach auf den geheizten Fliesen am Swimmingpool.
»Hi, Jonas!«, sagte der Schöne. Er hob einen Fuß an und stellte sich mit leicht gegrätschten Beinen über mich.
Ich drehte mich auf den Rücken. So konnte ich die Innenseiten seiner Schenkel und die große Schwanzwölbung, die den Stoff der Badehose dehnte, besser sehen.
»Hi, Leon!«, erwiderte ich.
»Ich wusste gar nicht, dass du schon hier bist.«
»Die Tür zum Poolraum war nicht abgeschlossen.«
Leon nickte. »Ist ja okay. Du kannst doch immer herkommen, jederzeit. Was soll sich da ändern?«
»Hoffentlich nichts«, gab ich zurück. »Auch wenn jetzt alles anders ist.«
»Anders?« Er blies die Luft durch die schönen Lippen. »Eigentlich ist gar nichts anders.«
»Aber deine Eltern haben eine eigene Meinung dazu, oder?«
Leon ließ sich neben mir auf dem Fliesenboden nieder. Ich nahm seinen Duft wahr, dieses unverwechselbare Aroma nach Frische und junger Männlichkeit. Ich hätte diesen persönlichen Duft von Leon gerne in eine Flasche gefüllt, damit ich ihn jederzeit einatmen könnte. Aber ich sah Leon ja täglich und konnte immer am Original schnuppern. Nicht ganz von Nahem, leider, aber ich war mit dem zufrieden, was ich hatte. Was hatte ich? Einen wunderbaren, schönen Freund, sozusagen von Geburt an, der direkt neben mir wohnte, mit dem ich schon im Sandkasten gespielt hatte, mit dem ich in dieselbe Klasse gegangen war, mit dem ich Tag für Tag zusammen sein durfte. Platonisch.
»Meine Eltern tun so, als ob die Welt gerade zweimal untergeht«, meinte Leon spöttisch.
»Glauben sie, dass ich schuld bin?«
»Ist mir wirklich egal, was die glauben. Es ist nun mal so. Ich bin eben nicht der Sohn, den sie sich wünschen. Warum soll ich Apotheker werden, wenn mich das nicht die Bohne interessiert? Nur, weil meine Eltern beide Apotheker sind? Außerdem studiert mein Bruder schon Pharmazie.«
»Da hab ich’s besser. Meine Mutter ist eure Haushälterin, aber sie verlangt nicht, dass ich Haushälterin werde.«
»Das ist super!« Leon lachte frei heraus. Niemand hätte ihm angesehen, dass gerade seine ganze Zukunft auf der Kippe stand. Meine auch, aber Mama hatte keine großartige Erwartungshaltung. Sie stammte aus einfachen Verhältnissen und war stolz darauf, immer »ehrlich und anständig« geblieben zu sein, wie sie sagte. Ihr einziger »Fehltritt« war ich. Genauer gesagt: der Sex mit meinem Vater. Sie sprach nicht gern darüber. Ich wusste nur, dass mein Erzeuger ein verheirateter Politiker war, den Namen kannte ich nicht. Bedeutete mir auch nichts. Mama hatte vor 20 Jahren als Stewardess gearbeitet und war auf diesen Typen hereingefallen. Damals war sie sehr attraktiv gewesen. Meine blonden Haare hatte ich von ihr geerbt. Sie sagte immer, ich würde noch hübscher als sie früher aussehen. Mir war es nur wichtig, dass ich Leon gefiel.
»In den Fremdsprachen bist du doch gut«, sagte ich.
Leon zuckte mit den Schultern. »Die ganze blöde Schule kann mich mal! Ich hatte einfach keine Lust mehr zum Lernen. Ja, Sprachen kann ich so nach Bauchgefühl, aber Grammatik und Rechtschreibung … reden wir nicht davon!«
»Bei mir ist Mathe am schlimmsten. Und die Naturwissenschaften.«
»Bei mir auch.«
»In Sport hättest du viel mehr Punkte bekommen müssen, Leon!«
»Das liegt an dem Sportlehrerarsch Lehmann. Der kann mich einfach nicht ausstehen.«
»Obwohl du doch super durchtrainiert bist, wegen Kuntao.«
»Genau deshalb. Der Arsch hasst solche Kampfsportarten. Bei ihm muss man Bockspringen machen und solchen Scheiß.«
»Wir haben auch öfter geschwänzt«, erinnerte ich ihn.
Leon lächelte mich an. Jedes Lächeln von ihm verursachte eine kleine Hitzewelle bei mir. »Mit dir zusammen irgendwo rumzuhängen macht mir mehr Spaß als der Unterreicht.«
Was für ein Kompliment! »Du und ich …«, begann ich.
»Du und ich, und ich und du …«, setzte Leon fort.
»… wir sind vom gleichen Blute«, beendete ich den Satz. Es war der Jagdspruch des Dschungels, den wir zu unserem Motto erhoben hatten. Früher hatten wir jedes Buch gemeinsam gelesen. Als wir in Kiplings Dschungelbuch auf diese Beschwörungsformel der Urwaldjäger gestoßen waren, hatten wir beide gefühlt, dass sie zu uns passte.
»Komm!«, sagte Leon und stieß mich an. Er sprang auf und glitt ins warme Wasser des Pools. Ich folgte ihm.
Wir schwammen ein paar Bahnen. Der Pool befand sich im Keller der Villa in Berlin-Dahlem, die Leons Eltern gehörte. Selbstverständlich gab es im riesigen Garten noch einen weiteren Swimmingpool, mehr als dreimal so groß wie der im Keller, aber wir hatten den 31. März 2015, es stürmte draußen und war eiskalt.
Ich gehörte beinahe zur Familie von Leon. Mama wohnte mit mir in einem kleinen Anbau der Villa. Sie putzte, kochte, backte und wusch für die Apothekerfamilie und machte oft Überstunden. Dafür durfte ich die Annehmlichkeiten der Luxusvilla genießen.
Leon und ich waren fast gleichzeitig auf die Welt gekommen, er am 30. März 1995 und ich am 31. März. Dieser Tag zwanzig Jahre später, an dem das schulische Unglück über uns hereingebrochen war, hätte eigentlich ein Partytag sein sollen. Wir hatten unsere Geburtstage immer zusammen am 31. gefeiert. Aber die Party fiel dieses Jahr aus. Die Schulleitung hatte uns schriftlich mitgeteilt, dass wir beide wegen zu niedriger Punktzahlen nicht zur Abiturprüfung zugelassen wurden. Am zweiten Osterferientag waren die Briefe angekommen. Es hatte sich schon seit Januar abgezeichnet, aber wir lebten beide immer als Optimisten.
Während der Jahre am Gymnasium hatten wir eine Klasse wiederholen müssen, natürlich beide zusammen dieselbe. Nun waren wir 20 geworden und hatten nach diesen vielen Schuljahren bloß die Mittlere Reife.
»Ärgerlich, aber kein Beinbruch«, hatte Mama gesagt. »Du kannst das Jahr wiederholen oder später Abendschule machen. Überleg es dir, vielleicht willst du auch lieber eine Ausbildung anfangen.« Sie war schon eine tolle Mutter.
»Du unglaublich stinkend fauler Versager!«, hatte Leons Vater getobt. »Dafür hat man dich nun in die Welt gesetzt, damit du mit diesem genauso stinkend faulen Putzfrauenlümmel herumziehst und nichts tust.« Mit dem »Putzfrauenlümmel« hatte er mich gemeint. Leons Mutter trat nicht ganz so hart auf, aber begeistert war auch sie nicht.
Leons vier Jahre älterer Bruder Lukas riss eigentlich alles raus. Er war immer ein Musterschüler gewesen und steuerte bereits auf seine zweite Pharmazeutische Prüfung zu. Lukas war derjenige in Leons Familie, der am wenigsten gut auf mich zu sprechen war. Ich hielt ihn für arrogant. Leon tat das übrigens auch.
Leon schubste mich im Wasser. Ich schubste zurück. Wir kämpften ein bisschen, unsere Körper berührten sich. Für eine Sekunde spürte ich sogar Leons dicke Schwanzbeule an meinem Schenkel. Schon wieder vorbei! Meine Männlichkeit zuckte auf. Mein Schwanz brauchte sich nicht zu verstecken, er war ungefähr genauso groß wie der von Leon.
Früher hatten wir zusammen nackt geduscht und waren immer ohne Badehosen geschwommen. Seit drei Jahren war das nicht mehr vorgekommen. Ich wagte nicht, darüber zu sprechen.
Ja, ich liebte Leon, abgrundtief, genau genommen von Beginn an. Schon sehr früh hatte ich entdeckt, dass Mädchen mich nicht interessierten, dass ich voll auf Jungs abfuhr. Nie hatte ich mit Leon darüber geredet. Ich hatte schreckliche Angst, seine Freundschaft zu verlieren. Das wäre das Schlimmste, was mir hätte passieren können.
Diese Liebe ging so weit, dass ich ihm absolut treu blieb, ohne dass er es wusste. Obwohl ich wild auf Sex war, wichste ich nur. Eigentlich kam ich mir vor wie ein peinlicher Spätzünder – 20 Jahre alt und noch Jungfrau! Aber ich tat es für ihn.
Von Leons Sexleben wusste ich gar nichts. Als wir in die Pubertät gekommen waren, hatten wir unsere Schwänze noch manchmal verglichen, aber das ging nicht mehr lange so. Leon hatte aufgehört damit. So wie er später nicht mehr nackt geschwommen war. Ich wusste also, wie er aussah, ich kannte seinen schönen, dicken Schwanz und seinen fetten Sack, der sogar größer war als meiner, aber ich durfte nicht darüber reden, und ich durfte diese leckeren Teile nicht anfassen. Ungeschriebenes, unausgesprochenes Gesetz. Anscheinend stimmte unser Jagdspruch doch nicht, dass wir »vom gleichen Blute« waren. Ich war schwul, völlig klar. Und Leon? Ich wusste es nicht.
Sicher, wir verbrachten viel Zeit miteinander. Wir schwammen, hörten Musik, sahen Filme oder lasen gemeinsam, spielten Computerspiele, hatten auch oft zusammen gelernt, aber wir sprachen nicht über unsere Gefühle. Das ganze Thema Sex war einfach tabu.
Für zwei oder drei Wochen mussten wir uns jedes Jahr trennen, dann verreiste Leon mit seinen Eltern. Er konnte Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch frei nach Schnauze reden und dolmetschte für seine Eltern. In diesen Urlauben hätte er massig Frauen aufreißen können. Der Gedanke quälte mich immer. Aber ich fragte nie nach. Offiziell ging es mich auch nichts an. Wenn Leon nach Berlin zurückkam, freute er sich so offensichtlich darüber, mich wiederzusehen, dass ich alle quälenden Fragen weit wegschob. Dann umarmte er mich sogar – platonisch.
Leon drückte meinen Kopf unter Wasser. Ich kannte dieses Spiel und wusste, dass er mich nicht ertränken wollte. Ich war ein guter Schwimmer und Taucher, ich besaß sogar eine kostenlose Mitgliedschaft im Schwimmverein, wegen überdurchschnittlicher Begabung. Während Leon erfolgreich in der alten, südchinesischen Kampfkunst Kuntao war, tummelte ich mich am liebsten im Wasser.
Ich tauchte unter ihm durch und zog ihn an den Füßen unter die Wasseroberfläche. Irgendwann will ich deine hübschen Zehen ablecken, dachte ich dabei. Leon strampelte sich frei. Wir rangen im Wasser und erzeugten einen erstaunlichen Seegang. Die Berührung mit seinem nassen Körper machte mich heiß. Aber ich musste cool bleiben.
Eine Tür klappte. Wir lösten uns rasch voneinander. Warum eigentlich? Was dachte sich Leon, wenn er mit mir rang?
Lukas kam in scheußlichen, karierten Badebermudas in den Poolraum. Er sah nicht halb so gut aus wie Leon. Dafür konnte er zwar nichts, aber ich gönnte es ihm von Herzen, dass er wie ein vergnatzter Hänfling wirkte.
»Was macht ihr denn hier?«, fragte er schlecht gelaunt.
»Stell dir vor, wir schwimmen!«, schoss Leon zurück.
»Es sah eher aus, als ob sich zwei junge Hunde im Wasser balgten«, meinte Lukas gehässig.
»Und du bist jetzt der Hundebändiger – oder was?«
»Rotznase!«
»Arschloch!«
»Kleine Brüder sind wirklich das Letzte!«
»Leck mich doch!«
»Darauf kannst du lange warten!«, knurrte Lukas.
Ich hätte es sehr gerne getan, aber Leon fragte mich leider nie …
Lukas ließ sich so ins Wasser fallen, dass wir einen ordentlichen Schauer abbekamen. Dann zog er seine Bahnen, ohne uns weiter zu beachten. Streber eben.
Wir schwammen währenddessen im Kreis. Es galt durchzuhalten, bis Lukas genug vom Schwimmen hatte. Da Lukas untrainiert war, gab er bald auf. Er kletterte die Edelstahlleiter hinauf und ruhte sich am Beckenrand aus.
»He, Leon!«, rief er. »Wieso bist du eigentlich zu blöd, um Abitur zu machen?«
Ich sah, wie Leons Kiefer vor Wut mahlten, aber er beherrschte sich. »Kann nicht jeder so ein kluges Klappergestell sein wie du!«, gab er zurück.
»Oh Mann!«, sagte Lukas nur und schüttelte den Kopf, als ob er die Welt nicht mehr verstehen würde. Er saß da wie die Fleisch gewordene Arroganz. Endlich erhob er sich, ging unter die Dusche, schnappte sich ein Handtuch und verließ den Raum. Ich war nur froh, dass er nicht auch noch auf mir herumgehackt hatte.
»Dieser verdammte Arsch!«, zischte Leon und vollführte unter Wasser ein paar Kuntao-Schläge mit der offenen Hand. Ich hätte niemandem geraten, sich ihm jetzt in den Weg zu stellen.
»Jonas?«, fragte er plötzlich. »Findest du, dass ich Ähnlichkeit mit Lukas habe?«
Ich musste lachen. »Kein bisschen! Zum Glück!«
Er seufzte. »Die ganze Familie ist zum Abgewöhnen!« Er dachte einen Moment lang nach. »Wenn du nicht hier wohnen würdest … wenn du nicht mein ganzes Leben lang bei mir gewesen wärst … ich weiß gar nicht, wie ich das alles ertragen hätte.«
Ein so riesiges Kompliment hatte er mir noch nie gemacht. Bislang war alles immer wie selbstverständlich abgelaufen. Jetzt plötzlich schien er unsere Freundschaft bewusst wahrzunehmen.
»So geht’s mir auch«, sagte ich leise. Ich befand mich gerade am Beckenrand und hielt mich an der Überlaufrinne fest.
Leon schwamm auf mich zu. Seine schönen Augen fixierten mich. »Dir auch? Du hast doch eine nette Mutter!«
»Ja, aber … unsere Freundschaft ist mir wahnsinnig wichtig.« Sein Gesicht war direkt vor meinem. Ich spürte, dass mein Schwanz in der engen Badehose wuchs. Mir wurde heiß.
Leon kam noch dichter heran. Nur noch zwei Zentimeter waren zwischen uns. Vielleicht auch nur einer. Das Wasser reichte uns bis zur Brust. »Du denkst vielleicht«, sagte er kaum hörbar, »dass ich nie über dich nachgedacht habe. Das stimmt nicht. Ich überlege oft, wie du eigentlich bist.«
Ich musste mich beherrschen, um nicht zu zittern vor Aufregung. »Und … wie bin ich?«
Er sah mich stumm an. Und ich sah ihn an. Langsam hob er eine Hand aus dem Wasser. Im Zeitlupentempo legte er mir seinen Zeigefinger auf die Lippen.
Ich schloss die Augen. Kochende Erregung überlief mich. Ich wusste, dass mein Ständer bereits oben aus dem Badeslip ragte, aber ich wusste nicht, ob Leon ihn unter Wasser sehen konnte. Da wagte ich es. Ich ließ meine Zungenspitze durch die Lippen rutschen und beleckte Leons Finger zärtlich.
Er zog seine Hand nicht weg. Sein Finger glitt behutsam in meinen Mund. Es war der schönste Moment meines 20-jährigen Lebens – Leon gab indirekt zu, dass er schwul war!
Und dann küsste er mich. Mein erster Kuss! Unsere Lippen trafen sich, unsere Zungen nahmen scheu Kontakt auf. Warm, nass und rutschig war Leons Mund. Die Zungen rangen miteinander, schoben sich vor und wichen wieder zurück wie tanzende Kuntao-Kämpfer. Leon nahm mich in die Arme. Wie oft hatte ich das geträumt! Der kleine Zentimeter Zwischenraum war plötzlich fort. Unsere fast nackten, nassen Körper drückten sich aneinander. Leons glatte Brust presste sich an meine. Kein Härchen störte. Unsere Nippel berührten sich. Es war, als ob Starkstrom floss. Wir waren gleich groß, gleich schlank, gleich gut trainiert. Und unsere Schwänze fühlten sich gleich lang und gleich hart an.
Leons Rechte glitt zwischen unsere Körper. Er schob unsere Badehosen etwas tiefer, nur vorn, dass niemand es sehen könnte, der hereingekommen wäre. Dann berührte er meinen Steifen. Ich wollte versinken vor Erregung. Kaum konnte ich mich noch an der Rinne festhalten. Mit der anderen Hand fasste ich nach Leons Hartem. Er klopfte kräftig. Ich tastete nach der dicken Eichel, dem festen Eichelkranz, dem starken Schaft, nach den großen, straffen Eiern. Leon erkundete meine männlichen Schmuckstücke genauso wie ich seine. Leons Hand an meinem Schwanz! Der Himmel schien sich über mir zu öffnen. Leon rieb meinen Steifen immer rascher. Alles floss in mir zusammen. Ein heißer Strom schoss durch meinen Unterbauch. Während Leon mich weiter küsste, spritzte mein Sperma zwischen unsere Körper. Es schneite Samenflocken vom Glückshimmel. Ich stöhnte fast lautlos. Das Wasser um uns herum schien zu kochen. Weiter rubbelte ich seinen Ständer, bis er auch abspritzte. Ich fühlte seinen heißen Samen genau, obwohl wir im Wasser waren. Alles schien sich aufzulösen. Ich konnte mich nicht mehr halten und ließ den steinernen Rand los. Wir sanken beide fest umarmt unter Wasser. Da erst öffnete ich die Augen. Leon schaute mich zärtlich an. Zwischen unseren Gesichtern schwebten helle Spermawölkchen.
Zuerst konnte ich in dieser Nacht nicht einschlafen. Die Erinnerung an das Wahnsinnsglück mit Leon kreiste unaufhörlich in meinem Kopf. Ich lag im Bett und hielt die Decke umarmt. Wie wunderbar musste es erst sein, wenn ich mit ihm eine ganze Nacht verbringen könnte – jede Nacht! Ich wichste nicht mehr, als ob mein Schwanz plötzlich heilig wäre – von seiner Hand berührt! Bestimmt, ganz bestimmt würden wir wieder Gelegenheiten finden, zusammen zu sein. Leon war schwul! Er hatte mir das schönste Geburtstagsgeschenk gemacht, das es überhaupt geben konnte.
Irgendwann überwältigte mich der Schlaf dann doch. Ich träumte nichts, jedenfalls konnte ich mich am Morgen an keinen Traum erinnern. Die Wirklichkeit war auch schöner als jeder Traum.
Gleich nach dem Frühstück lief ich hinunter ins Schwimmbad. Niemand war dort. Ich klingelte mit meinem Smartphone Leons Nummer an. Es dauerte eine Weile, bis er ranging.
»Hi, Leon«, sagte ich zärtlich.
Drei Sekunden lang Schweigen. »Hi!«, sagte er dann sehr nüchtern. »Du, ich melde mich gleich bei dir.« Schon war das Gespräch zu Ende.
Die Angst fasste mit einer eklig kalten Hand nach meinem Herzen. Was war los? Wollte Leon das alles unter den Teppich kehren? Sollte es nicht wahr sein? Nein, nein, versuchte ich mich zu beruhigen. Bestimmt standen nur gerade seine Eltern oder sein blöder Bruder neben ihm, und er konnte nicht reden. Ich atmete tief ein. Langsam ging ich wieder nach oben in unseren Anbau. In meinem Zimmer stellte ich Musik an, um mein Herzklopfen nicht so laut zu hören.
Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis Leon sich endlich meldete. »Sorry, Jonas«, sagte er leise. »Kann ich in dein Zimmer kommen?«
»Ja«, brachte ich heraus. Er wollte zu mir kommen! Die Angst war wie weggewischt. Mein Glück schien mir perfekt.
Zwei Minuten später stand er vor meiner Tür. Ich ließ ihn herein und schloss ab. Seine schönen Augen leuchteten mich an. Er nahm mich sanft in die Arme, und ich drückte mich fest an ihn. Mein Leon!
Er jedoch schob mich sachte zurück, setzte sich auf meine Liege und zog mich neben sich.
»Wir hätten das schon viel eher machen sollen«, sagte er. Seine Stimme klang traurig.
»Ja!«, sagte ich. »Aber jetzt wissen wir es! Das kann uns keiner nehmen. Wir haben doch Zeit – für uns!«
»Wir haben eben keine Zeit«, erwiderte er bedrückt.
»Warum denn nicht?« Mein Herz begann schon wieder wehzutun.
Er seufzte abgrundtief. »Vorhin – als du anriefst – tagte der Familienrat. Ein Bekannter meines Vaters, so ein stinkreicher Typ, hat seine ganzen Kaffeegeschäfte und Röstereien für zig Millionen verkauft und sich ins Privatleben zurückgezogen. Nun will er endlich mal eine Reise machen.« Leon schwieg.
»Ja und?«, fragte ich ungeduldig. Wozu erzählte er mir das?
»Ich soll ihn begleiten«, sagte Leon.
»Du?« Ich starrte ihn an. »Aber das ist ja nur eine begrenzte Zeit. Die zwei oder drei Wochen werden wir es schon aushalten.« Ich war selbst nicht ganz überzeugt davon.
»Er will ein halbes Jahr wegfahren«, murmelte Leon düster.
»Ein halbes Jahr?«, schrie ich.
Leon nickte nur schwach.
Mir fiel ein, dass wir den 1. April hatten. »Soll das ein Aprilscherz sein?«
»Leider nicht!«
Ich fühlte mich, als hätte jemand auf mich geschossen. Alles tat mir weh. Dann sah ich einen Hoffnungsschimmer. »Vielleicht kann ich mitfahren?«
»Der Typ zahlt nur für zwei Personen. Er kann keine Sprachen, will aber mal die Welt sehen. Deshalb soll ich mit. Und auch, weil ich ihn verteidigen könnte, mit Kuntao. Und meine Eltern … die wollen, dass wir, du und ich, uns nicht mehr so oft treffen. Sie und Lukas sind der Meinung, dass … na, du kannst es dir denken. Nicht nur die Schule, verstehst du? Lukas, dieser Arsch, hat meinen Eltern sonst was erzählt, weil wir gestern im Pool ein bisschen gerungen haben … Ach, alles Scheiße!« Er nahm mich wieder in die Arme.
»Ein halbes Jahr …«, murmelte ich.
»Du könntest heimlich hinterherreisen. Dann können wir uns immer treffen …«
»So was kann ich doch nicht bezahlen. Und meine Mutter auch nicht.«
»Ich weiß«, gab er resigniert zurück.
»Ein halbes Jahr ist so lang …«
»Ja … und danach soll ich das Abi auf einer Privatschule nachholen, in einem Crashkurs. Ohne dich!« Er schnaufte empört.
»Privatschule kann Mama auch nicht bezahlen.«
»Klar! Deshalb ja! Sie wollen uns völlig trennen. Wenn deine Mutter nicht so gut wäre als Haushälterin, würden sie sie entlassen. Aber das möchten sie nicht. Sie hoffen, dass unsere Freundschaft in die Brüche geht, wenn wir uns nur lange genug nicht sehen.«
»Glaubst du das?« Ich blickte ihn beschwörend an.
Er lächelte. »Unsere Freundschaft wird nie kaputtgehen! Die wissen ja gar nicht, wie sehr – « Er schwieg.
»Wie sehr was?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Ich glaube«, sagte Leon leise, »ich mag dich sehr. Schon lange. Ich wollte es nur nicht zugeben.«
»Ich mag dich auch sehr! Schon seit 20 Jahren!«
Er küsste mich. All die Hitze und Erregung stiegen wieder in mir auf, die ich am Abend vorher so genossen hatte. Ich wollte Leon ganz haben, tief in mir, mit Haut und Haaren, mit Schwanz und Sperma, heiß und geil!
Da flötete sein Handy.
Er seufzte. »Mutter«, sagte er nach einem Blick aufs Display.
Seine Mutter redete so laut, dass ich bequem mithören konnte. »Wo steckst du, Leon? Es gibt Mittagessen! Komm bitte sofort ins Esszimmer!«
»Ich komm nachher noch mal«, sagte er zu mir und küsste mich ein letztes Mal. Dann verschwand er.
Wann würde er abreisen? Wohin? Eigentlich waren wir beide erwachsen, wir konnten über uns selbst bestimmen. Nur – wir hatten beide kein eigenes Geld. Und keinen Beruf. Also warten … ein halbes Jahr … gerade jetzt, wo es so schön geworden war … Oder ob es doch noch eine andere Möglichkeit gab?
W illst du nicht schwimmen gehen?«, fragte Mama und fasste mich freundschaftlich um. Ich entzog mich ihrer Umarmung. »Keine Lust.« »Ich mache mir langsam Sorgen um dich, Jonas. Du kannst doch nicht den ganzen Tag nur herumsitzen und Trübsal blasen!«
Ich würde auch lieber Leon einen blasen, dachte ich, sagte aber nichts.
Sie setzte sich neben mich auf meine Liege, genau dahin, wo Leon am 1. April zuletzt gesessen hatte. Sechs Tage war das her. Am 3. April, Karfreitag, war er mit diesem Pensionär abgereist. Seine Eltern hatten ihn bis dahin unaufhörlich beschäftigt, mit Packen, Organisieren, Besorgungen und so weiter. Leon hatte keine Zeit mehr für mich gehabt, und es war bestimmt nicht seine Schuld gewesen. Wir hatten uns seit dem 1. April nicht mehr gesehen, unfassbar!
Bloß eine Abschieds-SMS hatte er mir geschickt: ›Bin sooo sauer, dass wir uns nicht mehr treffen konnten. Ich schreib bald! I love you!‹ Ich liebe dich! Was wir beide einander so deutlich nicht zu sagen wagten, was wir mit »Ich mag dich« umschrieben hatten – da stand es.
Ich hatte zurückgesimst: ›Ich liebe dich! Vergiss mich nicht!‹ Dann war mir der zweite Satz blöd vorgekommen, aber ich hatte die SMS bereits abgeschickt.
Nun hockte ich da und wusste nichts mit mir anzufangen. Ich ging nicht mal in den Schwimmverein.
»Möchtest du ein paar Tage an die Ostsee fahren?« Mama versuchte weiter, meine Stimmung zu heben. »Dafür wäre noch Geld da.«
»Nett von dir«, murmelte ich. »Aber ich will nicht an die Ostsee.«
»Du hast ihn sehr lieb, nicht wahr?«, fragte sie leise.
Ich schaute sie überrascht an. Sie hatte es also die ganze Zeit geahnt. »Ja«, gab ich zu.
»Ich weiß es schon lange. Ich überlege, ob ich mit Frau Lingenfeld, also mit Leons Mutter mal rede – «
»Bloß nicht!«, fuhr ich auf. »Ich will nicht, dass du meinetwegen deine Arbeit verlierst!«
Sie drückte mich. »Wenn du einen Wunsch hast, sag’s mir.« Sie verließ mein Zimmer.
Leon und ich hatten uns bewusst gegen Facebook oder WhatsApp entschieden, denn wir hatten uns ja täglich gesehen. Außerdem vertrauten wir den Einstellungen nicht. Wir wollten nicht, dass andere mitlesen können. Also SMS.
In diesen Tagen surfte ich auch viel im Internet. Das lenkte mich ein bisschen von meiner Trauer ab. Am Donnerstag nach Ostern blätterte ich im Netz durch Reiseberichte. Dabei stieß ich auf die Seite von einem Typen, der um die ganze Welt gereist war. Der Blog hieß »Globetrotter ohne Geld«. Ich las den Bericht sehr aufmerksam. Der Mann war Friseur und hatte unterwegs gejobbt, um Geld zu verdienen. Für ein Abendessen oder eine Unterkunft hatte er den Wirtsleuten die Haare geschnitten. Im Notfall hatte er in einem leichten Folienzelt geschlafen. Oft war er getrampt oder schwarz Bahn gefahren. Natürlich war er ziemlich langsam vorangekommen. Für seine Erdumrundung hatte er drei Jahre gebraucht.
Während ich noch über diese Sache nachdachte, kam eine SMS auf mein Handy. Leon hatte geschrieben!
›Jonas! Sind in Amsterdam. Günter Helmut will auf einem Grachtenkahn wohnen. Küsse! Leon‹
Da stand mein Entschluss fest. Hatte Leon nicht gesagt »Du könntest heimlich hinterherreisen«? Ja, ich wollte ihm nachreisen! Und ich wollte ihn überraschen! Kein Wort darüber in meiner SMS-Antwort!
Obwohl ich keinen nützlichen Beruf wie Friseur hatte, glaubte ich fest daran, dass ich mich schon durchschlagen würde. Irgendeinen Job könnte ich bestimmt überall bekommen, vielleicht am Hafen oder auf einem Großmarkt. Leon, ich komme!, dachte ich und sprang auf.
Mama werkelte gerade in unserer eigenen Küche. Sie sah mich hoffnungsvoll an, als ich hereinkam. Wahrscheinlich freute sie sich über meine unternehmungslustige Miene.
»Ich habe einen Wunsch!«, sagte ich. »Eigentlich drei!«
»Schieß los!« Sie lächelte.
»Ich hätte gern ein kleines Folienzelt, einen dünnen Folienschlafsack und ein Ticket nach Holland«, sagte ich.
»Ah! Du willst Campen fahren.«
»Ich will Leon nachreisen. Er ist jetzt in Amsterdam.«
Sie riss die Augen auf. »Nachreisen? Ich denke, er macht eine Weltreise!«
»Vielleicht erreiche ich ihn noch in Amsterdam. Und ich kann zwischendurch jobben. Du musst mir weiter kein Geld mitgeben. Aber bitte kein Wort zu Leons Familie!«