Zu den vielen positiven Auswirkungen des Umbruchs in Osteuropa gehört auch, dass Lettland kein weißer Fleck auf der Reisekarte westeuropäischer Touristen mehr ist. Dies ist um so erfreulicher, als es sich gerade bei Lettland um ein landschaftlich wunderschönes Land mit vielfältigen Attraktionen und einer langen, interessanten Geschichte handelt. Auffallend sind die engen Verbindungen zu Deutschland und seiner Kultur. Es faszinieren aber auch die vielen slawischen, finno-ugrischen, skandinavischen und sogar – durch die Zugehörigkeit zur ehemaligen Sowjetunion bedingt – kaukasischen und zentralasiatischen Elemente. Eine Reise nach Lettland ist garantiert ein unvergessliches Erlebnis.
Nach der Wiederherstellung der staatlichen Unabhängigkeit im Jahre 1991 hat in Lettland so gut wie jeder versucht, eine westliche Sprache zu erlernen. Trotzdem wird es für den Reisenden immer von Vorteil sein, sich wenigstens die Anfangsgründe der lettischen Sprache anzueignen. Genau dies will der Kauderwelsch-Band „Lettisch Wort für Wort“ ermöglichen: Die Grammatik ist übersichtlich und so einfach wie möglich dargestellt. Dabei musste natürlich manches vereinfacht oder ganz weggelassen werden. „Kenner“ der lettischen Sprache könnten deshalb das eine oder das andere vermissen oder gar bemängeln wollen.
Angesichts der ethnischen Situation in Lettland muss man – insbesondere im Osten des Landes – damit rechnen, dass in einigen Ortschaften die Umgangssprache nach wie vor das Russische ist. Hierfür sei ergänzend der Kauderwelsch-Band „Russisch Wort für Wort“ empfohlen. Auch in Riga selbst ist der Anteil der russischsprachigen Einwohner nach wie vor ziemlich hoch.
Ich möchte an dieser Stelle all denjenigen danken, die durch ihre Zuschriften dazu beitrugen, dass übersehene Tipp- und Sachfehler in den früheren Ausgaben dieses Bandes beseitigt werden konnten.
Bernard Christophe
Zu diesem Buch ist zusätzlich ein AusspracheTrainer als MP3-Download erhältlich unter https://www.reise-know-how.de/produkte/kauderwelsch-aussprachetrainer-und-audio/aussprachetrainer-lettisch-mp3-1291
Auch erhältlich auf Audio-CD unter https://www.reise-know-how.de/produkte/kauderwelsch-aussprachetrainer-und-audio/aussprachetrainer-lettisch-audio-cd-117
Der AusspracheTrainer enthält alle Sätze und Redewendungen, die in diesem Buch mit einem markiert sind.
Hörproben: In ausgewählten Kapiteln im Konversationsteil dieses Buches können Sie sich unter den dort angegebenen Links Ausschnitte aus dem AusspracheTrainer anhören.
Die Grammatik beschränkt sich auf das Wesentliche. Wer nach der Lektüre gerne noch tiefer in die Grammatik der lettischen Sprache eindringen möchte, findet im Anhang einige Tipps zum Weiterlernen. Natürlich kann man die Grammatik auch überspringen und sofort mit dem Konversationsteil beginnen.
Im Konversationsteil finden Sie Sätze aus dem (touristischen) Alltagsgespräch, die Ihnen einen ersten Eindruck davon vermitteln sollen, was Sie später in Lettland hören werden. Die blaue Lautschrift erleichtert die Aussprache. Um die andersartige Wortfolge lettischer Sätze zu verstehen, ist die Wort-für-Wort-Übersetzung in kursiver Schrift gedacht. Jedem lettischen Wort entspricht ein Wort in der Wort-für-Wort-Übersetzung. Entspricht ein lettisches Wort mehreren Wörtern im Deutschen, sind diese mit einem Bindestrich verbunden:
Kāda mūzika?
kaada muusika
was-für-eine Musik
Was für eine Musik?
In lettischen Sätzen mit dem Tätigkeitswort „sein“ macht es einen Unterschied, ob Mann oder Frau spricht, angesprochen wird, oder ob man über Mann oder Frau spricht. Ein Mann spricht die Variante vor dem Schrägstrich, eine Frau die Variante danach:
Esmu vācietis / vāciete.
äßmu waaziätiß / waaziätä
(ich-)bin Deutscher / Deutsche
Ich bin Deutscher / Deutsche.
Im Normalfall wird das persönliche Fürwort für die Person des Satzgegenstands (Subjekt) vor dem Tätigkeitswort in Klammern ergänzt. Alternativen sind durch einen Schrägstrich getrennt:
Kur jūs / Jūs dzīvojat?
kur juuß / juuß dsiiwuojat
wo ihr / Sie (ihr-)wohnt
Wo wohnt ihr / wohnen Sie?
Um welchen Fall es sich handelt, kann man an der hochgestellten Zahl ablesen:
Kāda mūzika tev patīk?
kaada muusika täu patiik
was-für-eine Musik dir3 (sie-)gefällt
Welche Musik gefällt dir?
Sie können die Beispielsätze als Satzmuster benutzen, aus denen Sie mit einem kleinen bisschen Kreativität und Mut neue Sätze „zusammenbauen“ können, auch wenn das Ergebnis nicht immer grammatikalisch perfekt ausfällt. Die Wörterlisten am Ende des Buches helfen Ihnen dabei. Sie enthalten einen Grundwortschatz von je ca. 1.000 Wörtern Deutsch–Lettisch und Lettisch–Deutsch.
Die Rubrik „Das Wichtigste im Überblick“ im Anhang hilft, die wichtigsten Sätze und Formulierungen stets parat zu haben. Hier findet man außerdem die wichtigsten Angaben zur Aussprache und die Abkürzungen, die im Buch verwendet werden; weiterhin eine kleine Liste der wichtigsten Fragewörter, Richtungs- und Zeitangaben. Einfach die gewünschte Satzkonstruktion mit dem entsprechenden Vokabular aus den einzelnen Kapiteln kombinieren.
Wenn alles nicht mehr weiterhilft, dann ist vielleicht das Kapitel „Nichts verstanden? – Weiterlernen!“ der richtige Tipp. Es befindet sich ebenfalls in der Rubrik „Das Wichtigste im Überblick“, stets bereit, mit der richtigen Formulierung für z. B. „Ich verstehe leider nicht.“ oder „Können Sie das bitte wiederholen?“ auszuhelfen.
Latvija ist der lettische Name für Lettland. Latvija ist mit 64.000 km² größer als die Schweiz und kleiner als Österreich. Im Osten grenzt es an die Russische Föderation und an die Republik Weißrussland. Zur Zeit hat Lettland ca. 2,2 Mio. Einwohner, von denen 34 % in der Hauptstadt Riga leben, der wunderschönen alten Stadt an der Daugava (dies ist der lettische Name für den Fluss Düna).
Von den Einwohnern Lettlands sind etwas mehr als die Hälfte ethnische Letten und ein Drittel Russen. Die übrigen ca. 13 % sind unterschiedlicher Nationalität, darunter ca. 3.000 Lettlanddeutsche. Die Lage der nationalen Minderheiten wurde im Zuge einer lebhaft diskutierten Neuregelung der Staatsangehörigkeitsbestimmungen rechtstaatlich gesichert und dürfte jetzt üblichen europäischen Standards entsprechen.
Die Republik Lettland wurde 1918 gegründet und war bis 1940 unabhängig, als sie von der UdSSR annektiert wurde. Erst 1991 erlangte das Land seine Unabhängigkeit zurück. 2004 wurde es Mitglied der Europäischen Union. Seit der „Wende“ 1991 ist eine starke Veränderung im Straßenbild und in allen öffentlichen Einrichtungen zu verzeichnen. Besonders die wirtschaftliche Situation und die mitunter recht schwierigen Beziehungen zum russischen Nachbarn sind Punkte, mit denen sich die Regierung des jungen lettischen Staates ständig beschäftigen muss.
Ein wichtiger Aspekt in der Geschichte Lettlands ist die Zugehörigkeit Rigas zur Hanse. Davon zeugen zahlreiche Bauten in Riga und überhaupt das hanseatische Gepräge, das etwas an Lübeck oder Hamburg erinnert. Viele lettische Städte haben auch deutsche Namen, die oft in Geschichtsbüchern oder in der älteren Literatur vorkommen. Hier sind einige der Wichtigsten:
Alūksne | aluukßnä | Marienburg |
Cēsis | zääßiß | Wenden |
Daugavpils | daugawpilß | Dünaburg |
Jelgava | jälgawa | Mitau |
Liepāja | liäpaaja | Libau |
Sigulda | ßigulda | Segewold |
Ventspils | wäntßpilß | Windau |
Das Lettische gehört zusammen mit dem Litauischen und dem ausgestorbenen Altpreußischen zum baltischen Zweig der indoeuropäischen Sprachfamilie. Seit dem hohen Mittelalter, als Lettland in den Einfluss-bereich des Deutschen Ordens kam, bis zur Umsiedlung des größten Teils der deutschstämmigen Bevölkerung während des Zweiten Weltkrieges hat die deutsche Sprache das Lettische stark beeinflusst. Dies spiegelt sich in vielen Bereichen der Grammatik und des Wortschatzes wider. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch das Mittelniederdeutsche – die Sprache der Hanse-Kaufleute.
Als Schriftsprache etablierte sich Lettisch im 19. Jahrhundert im Zuge des nationalen Wiedererwachens. Einen maßgeblichen Anteil daran hatte Krišjānis Barons (1835-1923), der lettische Volkslieder sammelte und dadurch die Grundlage für eine lettische Schriftsprache schuf. Der Schrank, den Barons für sein Volksliederarchiv eigens konzipiert und gebaut hatte, gilt bis heute als ein nationales Kleinod und ist in Riga im Barons-Museum ausgestellt. Als „lettischer Goethe“ gilt Jānis Rainis (1865-1929), der ein umfassendes Werk geschaffen hat.
Einige Regionen des heutigen Lettlands (insbesondere der südwestliche Teil des Landes und die Küstengebiete), sind traditionell Siedlungsgebiete der Liven – ein finno-ugrisches Volk, dessen Sprache eng mit dem Estnischen und mit dem Finnischen verwandt ist. Es gibt Bestrebungen, die livische Sprache, die immer noch von einigen wenigen (meist älteren) Personen gesprochen wird, wiederzubeleben. Im Lettischen finden sich viele Wörter livischer Herkunft. Auch in der Grammatik lässt sich der livische Einfluss stellenweise ablesen.
Wie im Deutschen können Selbstlaute im Lettischen sowohl kurz als auch lang ausgesprochen werden. Abgesehen vom e / ē ist die Aussprache der Selbstlaute recht einfach. In den meisten Lehrbüchern der lettischen Sprache werden die e-Laute irgendwie kenntlich gemacht. Da das lettische Alphabet aber schon genug Sonderzeichen hat, und ich die Sache nicht weiter verkomplizieren möchte, verzichte ich hier auf eine solche Kennzeichnung. Es ist am besten, die exakte Aussprache der e-Laute vor Ort von einem Letten zu lernen.
Selbstlaute (Vokale)
a | a | kurzes „a“ wie in „Watte“ labs labß gut |
ā | aa | langes „a“ wie in „Vater“ dārzs daarsß Garten |
e | ä | kurzes, offenes „ä“ wie in „Bett“; ceļš zäljsch Weg bzw. noch offeneres „äh“ wie in „gähnen“ esmu äßmu ich bin |
ē | ää | langes offenes „ä“ tēvs tääwß Vater |
i | i | kurzes „i“ wie in „Sitte“ silts ßiltß warm |
ī | ii | langes „i“ wie in „viel rīts riitß Morgen |
u | u | kurzes „u“ wie in „Unke“ uguns ugunß Feuer |
ū | uu | langes „u“ wie in „Stuhl“ ūdens uudänß Wasser |
o | uo | zwischen „u“ und „o“ (offen und breit gesprochenen), ähnlich wie in „Uhr“ mit vokalischem Schluss-r ola uola / uala Ei |
o | in Fremdwörtern offenes„o“ wie in „Konzert“ koncerts konzärtß Konzert |
Doppelselbstlaute (Diphthonge)
ai | ai | wie in „Mai“ laiva laiwa Boot |
au | au | wie in „Bauch“ jauks jaukß schön |
av | au | wie „au“ in „Bauch“ nav nau es gibt nicht |
ei | äi | wie „ay“ in „okay“ meita mäita Tochter |
ie | iä | kein langes „i“, sondern nacheinander gesprochenes „i“ und offenes „e“ wie in „hier“ mit vokalischem Schluss-r liels liälß groß, iela iäla Straße |
ui | ui | wie in „pfui“ puika puika Junge |
ev | eu | nicht „äu“, sondern nacheinander „e“ + „u“ sprechen tev teu dir |
Mitlaute (Konsonanten)
Die meisten Mitlaute des Lettischen werden etwa wie die entsprechenden Laute im Deutschen ausgesprochen. Hier sind nur diejenigen beschrieben, deren Aussprache vom Deutschen abweicht bzw. abweichen kann.
c | z | wie „z“ in „Zeit“ cilvēks zilwääkß Mensch |
č | tsch | stimmloses „tsch“ wie in „Tscheche“ četri tschätri vier |
s | ß | stets stimmlos wie „ß“ in „Maß“ sacīt ßaziit sagen |
š | sch | stimmloses „sch“ wie in „Schule“ šeit schäit hier |
z | s | stimmhaft wie „s“ in „Rose“ zāles saaläß Medikament |
ž | sh | stimmhaftes „sch“, wie das zweite „g“ in „Garage“ dažreiz dashräis manchmal |
dž | dsch | stimmhaftes „dsch“ wie in „Dschungel“ džezs dschäsß Jazz |
j | j | wie „j“ in „ja“ jā jaa ja |
r | r | gerolltes „r“ wie im Italienischen rudens rudänß Herbst |
v | w | wie „w“ in „Wein“ visi wißi alle |
Die Buchstaben ģ, ķ, ļ und ņ bezeichnen so genannte palatale Laute, die im Gaumenbereich mit einem leichten, kaum hörbaren j-Nachschlag gesprochen werden.
ģ | dj | palatales „g“, das zu einem „dj“ wie im englischen „due“ (fällig) tendiert ģimene djimänä Familie |
ķ | kj | palatales „k“ kaķis kakjiß Katze |
ļ | lj | palatales „l“, etwa wie in „Taille“ ļaudis ljaudiß Leute |
ņ | nj | palatales „n“, etwa wie „gn“ in „Champagner“ ņemt njämt nehmen |
Die lettischen Verschlusslaute p, t und k sind anders als im Deutschen nicht behaucht (d. h. ohne den Beiklang eines folgenden „h“) und klingen eher wie im Französischen. Allerdings gibt es im Lettischen dennoch einen Unterschied zwischen p und b, zwischen t und d sowie zwischen k und g.
k | k | nicht behaucht, wie in frz. „côte“ koks kuokß Baum / Holz |
p | p | nicht behaucht, wie in frz. „port“ padoms paduomß Rat |
t | t | nicht behaucht, wie in frz. „tour“ tauta tauta Volk |
Betonung
Die Betonung ist denkbar einfach. Bis auf wenige Ausnahmen werden alle Wörter auf der ersten Silbe betont, ungeachtet wie lang das Wort ist, oder ob es kurze oder lange Selbstlaute enthält. Manches Wort wird deshalb vielleicht ungewohnt klingen, so z. B. students ßtudäntß Student, mit Betonung auf stu-. Ausnahmen von dieser Regel sind aber ausgerechnet einige wichtige Floskeln, die auf der zweiten Silbe betont werden:
labdien | guten Tag |
labvakar | guten Abend |
paldies | danke |
Sie müssen sich gleich nach Ihrer Ankunft verständlich machen? – Hier das Wichtigste:
Lūdzu, piedodiet!
luudsu piäduodiät
(ich-)bitte entschuldigt!
Entschuldigen Sie bitte!
Vai jums ir ... ? – Haben Sie ... ?
Vai Jums ir brīva istaba?
wai jumß ir briiwa ißtaba
FW euch3 (sie-)ist freie Zimmer
Haben Sie ein freies Zimmer?
pilsētas plāns1 | pilßäätaß plaanß | Stadtplan |
(autobusu) saraksts1 | (autuobußu) ßarakßtß | (Bus-)Fahrplan |
(vilcienu) saraksts1 | (wilziänu) ßarakßtß | (Zug-)Fahrplan |
minerālūdens3 | mineraaluudänß | Mineralwasser |
kafija5 | kafija | Kaffee |
tēja5 | tääja | Tee |
piens1 | piänß | Milch |
cukurs1 | zukurß | Zucker |
alus4 | aluß | Bier |
istaba5 | ißtaba | Zimmer |
kaut kas ēdams | kaut kaß äädamß | etwas zu essen |
kaut kas dzerams | kaut kaß dsäramß | etwas zu trinken |
Die Zahlen im Kreis geben Beugungsklassen der Wörter an, aber dazu später!
Jā, ir.
jaa ir
ja (es-)ist
Ja, habe ich.
Nē, nav.
nää nau
nein nicht-(es-)ist
Nein, habe ich nicht.
Vai (te) ir ... ? – Gibt es (hier) ... ?
Vai te ir viesnīca?
wai tä ir wiäßniiza
FW hier (sie-)ist Hotel
Gibt es hier ein Hotel
Vai te ir restorāns?
wai tä ir räßtoraanß
FW hier (er-)ist Restaurant
Gibt es hier ein Restaurant?
Kur ir ... ? – Wo ist / gibt es ... ?
Kur ir pasts?
kur ir paßtß
wo (er-)ist Post
Wo ist die Post?
Kur ir viesnīca?
kur ir wiäßniiza
wo (sie-)ist Hotel
Wo gibt es ein Hotel?
Kur ir taksometrs?
kur ir takßomätrß
wo (er-)ist Taxi
Wo gibt es ein Taxi?