Deutsche Erstausgabe (PDF) Januar 2016
Digitale Neuauflage (PDF) März 2021
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2014 by Heidi Cullinan
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
»Sleigh Ride«
Published by Arrangement with Dreamspinner Press,
5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2016 by Cursed Verlag
Inh. Julia Schwenk
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,
des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung
durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit
Genehmigung des Verlages.
Bildrechte Umschlagillustration
vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock
Satz & Layout: Cursed Verlag
Covergestaltung: Hannelore Nistor
ISBN-13 (Print): 978-3-95823-566-3
Besuchen Sie uns im Internet:
www.cursed-verlag.de
Aus dem Englischen
von Jilan Greyfould
Liebe Lesende,
vielen Dank, dass ihr dieses eBook gekauft habt! Damit unterstützt ihr vor allem die*den Autor*in des Buches und zeigt eure Wertschätzung gegenüber ihrer*seiner Arbeit. Außerdem schafft ihr dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der*des Autor*in und aus unserem Verlag, mit denen wir euch auch in Zukunft erfreuen möchten.
Vielen Dank!
Euer Cursed-Team
Klappentext:
Arthur ist frustriert: verlassen vom besten Freund und bequemen Fick, vorübergehend ohne Job und eine Familie im Nacken, die nur sein Bestes im Sinn hat. Als seine Mutter ihn für eine Kinder-Benefizveranstaltung einspannen will, spricht zunächst nichts dagegen – bis Arthur erfährt, wer ihn dabei unterstützen soll. Ausgerechnet der verklemmte Bibliothekar Gabe soll als Elf neben Weihnachtsmann Arthur kleine Waisen glücklich machen. Doch unter Gabes kalter Fassade schlummert ein Funke, der schnell ein erotisches Feuer zwischen ihnen zum Lodern bringt.
Widmung
Für die Bibliothekare.
Ihr gebt Kleinstadtkindern wie mir die Welt. Ihr gebt uns Geschichten, Wissen und Möglichkeiten, nach unseren eigenen Sternen zu greifen, und ihr verurteilt uns nie, sondern lächelt nur und helft uns zu wachsen. Jeden Tag lehrt ihr uns, in großen Städten und mitten im Nirgendwo, Was wäre wenn zu sagen.
Aus tiefstem Herzen: Danke.
Jeder in Arthur Andersons Leben war auf ein glücklich bis ans Ende- hrer Tage fixiert und es kotzte ihn ernsthaft an.
Er freute sich für seinen Freund Marcus, schließlich war der mit Frankie, dem süßen kleinen Friseur, der letztes Jahr in einem Schneesturm bei ihnen gestrandet war, jetzt so gut wie verheiratet. Seit der Highschool hatte Arthur gewusst, dass Marcus' grummelige Fassade einen weichen und schnulzigen Kern verbarg – der kräftige, zum Anwalt gewordene Holzfäller sehnte sich nach nichts mehr als nach jemandem, den er lieben konnte. Frankie wollte an der Main Street Haare schneiden, während Marcus Konferenzen der Handelskammer beiwohnte und eine Kanzlei auf der anderen Seite von Frankies Laden unterhielt. Das war schön und gut, aber ihr häusliches Glück brachte alle auf gefährliche Gedanken. Jetzt fanden nämlich alle, dass auch Arthur zum Turteltäubchen werden sollte.
Die schlimmste Übeltäterin war Arthurs Mutter. Nachdem sie fünfzehn Jahre lang Arthurs Liebesleben seine eigene Angelegenheit hatte sein lassen, fragte sie ihn jetzt regelmäßig, wann er Paul, seinen anderen besten Freund, endlich zu einem ehrbaren Mann machen würde. Paul war nicht Arthurs Partner, war es nie gewesen. Paul und Arthur wohnten und schliefen zusammen, aber sie waren nicht zusammen und trafen sich mit anderen Männern. Manchmal auch zur gleichen Zeit mit denselben. Hin und wieder entschied Paul, einen festen Freund zu haben, und schlief auf dem Sofa statt neben Arthur auf dem Dachboden, doch das hielt nie länger als eine Woche. Diese Vereinbarung kam Arthur sehr gelegen und er hatte angenommen, dass es so weitergehen würde, bis er zu alt war, um noch einen hochzubekommen.
Jetzt allerdings waren Marcus und Frankie zusammen und irgendwie änderte das alles. Marcus hatte nur kurze Zeit bei Paul und Arthur gewohnt, bevor er mit Frankie zusammengezogen war, doch bereits zwei Monate nach Marcus' Auszug begann Paul, Andeutungen fallen zu lassen, dass auch er und Arthur offiziell ein Paar werden sollten. Während das Jahr verstrich, wurden diese Andeutungen zu klaren Äußerungen und nachdem er Marcus und Frankie sieben Monate dabei beobachtet hatte, wie sie glückliches Eheleben spielten, setzte Paul ihm ein Ultimatum. Entweder würde Arthur aufhören, andere Kerle zu treffen, und offiziell mit Paul zusammen sein oder Paul würde ausziehen.
Arthur handhabte das, indem er diesen Schwachsinn komplett ignorierte. Was bedeutete, dass Paul in der ersten Augustwoche begann, seine Taschen zu packen.
Arthur war genervt. »Du willst einen Partner? Gut. Wir können aufhören, miteinander zu schlafen. Du kannst mit Männern ausgehen und immer noch hier wohnen. Wir bauen dir ein Schlafzimmer. Ich bringe auch einen Gleitgelspender über dem Kopfende an.«
»Nein, ich kann hier nicht bleiben. Wenn ich jemanden zur Hütte mitbringe, verschreckst du ihn nur oder versuchst, einen Dreier zu haben.«
Das Problem daran erkannte Arthur zwar nicht wirklich, aber wie auch immer. »Dann werden wir eben keine Dreier haben. Problem gelöst.«
Paul ließ sich nicht umstimmen. »Ich kann mit niemandem zusammen sein, während ich mit dir zusammenwohne. Ich muss umziehen.«
Dieser Streit zog sich hin, bis Paul am Südende der Stadt eine Doppelhaushälfte zur Miete fand und plötzlich nicht mehr nur davon sprach, auszuziehen oder Kartons zu packen, sondern es tatsächlich tat. Arthur weigerte sich, ihm zu helfen, was bedeutete, dass er wie ein schmollendes Kind am Rand des Grundstücks auf und ab lief, während Frankie und Marcus Pauls Sachen einluden und ihn mitnahmen. Bevor sie abfuhren, warf Marcus ihm einen finsteren Blick zu. »Du benimmst dich wie ein Idiot und du tust ihm weh.«
Die Arme vor der Brust verschränkt, starrte Arthur über das grasbedeckte Heufeld hinter der Baumgrenze. »Ja, tja, das beruht auf Gegenseitigkeit.« Er hielt inne und runzelte die Stirn, als er abwog, ob das überhaupt Sinn ergab. »Ich meine, er benimmt sich auch wie ein Idiot.«
»Er will immer noch mit dir befreundet sein, aber du machst daraus ein Alles-oder-nichts. Nur dass es das nicht ist. Er würde dich heiraten, wenn du ihn fragen würdest…«
Empört schnaubte Arthur durch die Nase.
»… aber er weiß, dass er nicht mal eine exklusive Verpflichtung aus dir rausbekommen würde, geschweige denn ein Haus und Kinder. Also geht er den klugen Weg und steigt aus, bevor ihr einander hasst.«
»Ich würde Paul nie hassen.« Wütend starrte er Marcus an. »Und das ist ein Haufen Schwachsinn, dass er ein Haus und Kinder haben will. Ich kauf dir keine Sekunde lang ab, dass er sich Kinder wünscht.«
Marcus sah Arthur direkt in die Augen. »Nein. Aber es gab eine Zeit, als du welche wolltest.«
Mit einem Zischen wandte Arthur sich ab. »Gott. Da war ich zehn und hab immer noch so getan, als könnte ich mal ein Mädchen heiraten.«
»Ja – weil das der einzige Weg war, um Babys zu bekommen. Du hast die ganze Zeit große Töne gespuckt, wie du deinen Sohn mit auf die Jagd nehmen und ihm Hockey beibringen würdest. Wie du jeden verprügeln würdest, der dein Mädchen schlecht behandelt.«
»Ja, na ja, Menschen ändern sich. Jetzt hab ich Thomas, Brianna und die kleine Sue.«
»Du übersiehst mit Absicht, was ich dir damit sagen will. Ich denke nicht nur, dass du dasselbe willst, was er sich wünscht, ich weiß es. Du willst sogar noch mehr.«
»Tu ich nicht und jetzt hör verdammt noch mal auf, darüber zu reden.«
Marcus warf die Hände in die Höhe. »Frankie und ich werden jetzt deinem besten Freund beim Auszug helfen und versuchen, ihn etwas aufzumuntern, weil ein gewisses Arschloch ihm immer wieder das Herz bricht und ihn vollkommen verwirrt. Du tust, was immer du tun musst.«
Arthur zuckte zusammen, sagte jedoch nichts und blieb stehen, bis er Marcus' SUV und Pauls Wagen von der Auffahrt rollen hörte. Dann ging er zurück ins Haus, das jetzt, da Paul und all seine Sachen fehlten, einsam und still wirkte.
Es war wirklich ätzend. Und auch als die Tage allmählich zu Wochen wurden, wurde es nicht weniger ätzend.
Da er am Ende eines Arbeitstages nichts anderes zu tun hatte, gewöhnte Arthur sich an, im Werkschuppen zu sitzen, Schrott zu sortieren und seinen Reparaturhaufen und die Projekte in Angriff zu nehmen, mit denen seine Mutter ihm in den Ohren lag. Er reparierte einen Toaster und die alte Kommode, die sie als kleines Mädchen besessen hatte. Auch die Esszimmerstühle brachte er in Ordnung, sogar den, der in sechs Einzelteile zerbrochen war, und am ersten Sonntag im September gab er alles bei seinen Eltern ab.
»Oh, Arthur, danke dir.« Corrina Anderson küsste ihren Sohn auf die Wange und bedeutete ihm, mit der ersten Möbelfuhre hereinzukommen. »Das Abendessen ist fast fertig.«
Mit einem Nicken blickte Big Tom über den Rand seiner Brille von seinem Platz neben dem Fenster auf, wo er Zeitung las und einen Schluck aus einer Tasse nahm, auf der Bilder von seinen Enkelkindern prangten. »Schön, dich zu sehen, mein Sohn.«
Arthur setzte die Stühle ab. Aus dem Wohnzimmer, wo Arthurs Nichte und Neffe spielten, drang Gelächter. Thomas ließ Spielzeugtrucks auf dem Teppich hin und her fahren, während seine kleine Schwester kichernd in unsteten Kreisen um ihn herum rannte.
Becky saß mit dem Baby auf dem Schoß im Schaukelstuhl. »Hey«, sagte sie müde, als Arthur den Raum betrat.
Er lehnte sich gegen den Türrahmen. »Wie geht es dir?«
»Wie immer. Kein Job, mein nichtsnutziger Ex zahlt die Alimente nicht, ich bekomme keine Arbeitslosenunterstützung mehr und wohne bei meinen Eltern.«
Arthur runzelte die Stirn. »Bei dem Restaurant in Eveleth hat es nicht geklappt?«
»Die haben mir ständig Spätschichten verpasst. Ich hab Thomas nie gesehen, außer um ihn morgens zum Bus zu bringen, und ich konnte ihn und Brianna nie ins Bett bringen.«
Mit einem breiten Lächeln sah der sechsjährige Thomas zu Arthur auf. »Hi, Onkel Arthur.«
Arthur grinste und hockte sich neben ihn auf den Teppich. »Hey, Kumpel. Hilfst du mir dabei, Omas Durchlauferhitzer zu reparieren?«
Thomas strahlte ihn an und sprang eilig auf die Füße. »Ich hol mein Werkzeug.«
Während Thomas die Treppe hinaufstapfte und sich durch seinen Schrank wühlte, wirbelte Arthur Brianna so lange im Kreis, bis Becky ihn wütend anfuhr. Dann ging er in die Küche, um sich eine Tasse Kaffee zu besorgen und auf Thomas zu warten.
Seine Mutter warf ihm vom Herd aus einen Blick zu, während sie die Bratensoße umrührte. »Hast du gerade gesagt, du willst den Durchlauferhitzer in Ordnung bringen?«
Arthur nickte ihr über den Rand seiner Tasse hinweg zu. »Ich glaube, ihr braucht eine neue Anode. Als ich gestern in der Stadt war, hab ich eine besorgt.«
»Danke, Schätzchen. Du bist eine große Hilfe.« Ihr Rühren gewann an Bedacht und Fokus, was Arthur warnte, dass ihn etwas Unangenehmes erwartete. »Gestern habe ich Paul auf dem Markt getroffen. Du hast mir gar nicht erzählt, dass er ausgezogen ist. Habt ihr euch gestritten?«
Arthur presste die Lippen aufeinander und griff nach seiner Tasse. »Wenn Thomas runterkommt, sag ihm, dass ich im Keller bin.«
Noch immer mit dem Schneebesen in der Hand folgte Corrina ihm die Treppe hinunter. »Ihr habt euch gestritten. Oh, Schätzchen.«
Arthur marschierte zum Durchlauferhitzer und zog den Schraubenzieher aus seiner hinteren Hosentasche, um die Abdeckung abzuschrauben. »Mom, hör auf.«
»Kannst du nicht mit ihm reden? Du sprichst viel zu wenig mit ihm, weißt du. Du bist immer so abweisend.«
»Mom.« Arthur atmete hörbar aus und ballte die Hände an seinen Seiten zu Fäusten. »Ich will nicht über Paul reden.« Gott, wenn sie jetzt auch noch davon anfing, dass er Kinder haben sollte, würde er seinen Kopf in eine Schneewehe stecken.
Sie sprach nicht über Kinder, doch sie seufzte schwer und er konnte beinahe hören, wie die Zahnräder in ihrem Kopf zu arbeiten begannen, als sie überlegte, wie sie über Paul reden konnte, ohne über Paul zu reden. »Ich denke, ich sollte nach meiner Soße sehen. Da fällt mir ein – kannst du dir noch meine Kochplatte ansehen, bevor du gehst? Sie funktioniert wieder nicht richtig.«
Den Rest des Tages ließ sie das Thema Paul ruhen. Im Handumdrehen ersetzten Arthur und Thomas die Anode und sie genossen ein leckeres Abendessen. Er ließ sich alles über die Pläne seiner Mutter für einen neuen Job für Becky in einer Zahnarztpraxis in Eveleth und den bevorstehenden Festumzug von Thomas' Schule erzählen.
Während Becky und Corrina den Abwasch übernahmen, kümmerte sich Arthur mit Thomas' Hilfe um die Kochplatte.
Es fühlte sich gut an, bei seinen Eltern zu sein, und Arthur begann, regelmäßiger vorbeizuschauen. Es war schön, dass ihm etwas zu essen gemacht wurde, aber es gab auch viel zu tun und mit seinem kaputten Bein und seiner Arthritis war Big Tom doch sehr eingeschränkt. Becky brauchte jemanden zum Reden, der nicht Corrina war, und Thomas brauchte ein gutes männliches Vorbild.
Ganz davon abgesehen, dass es wegen Paul politisch kompliziert geworden war, sich mit Frankie und Marcus zu treffen.
Eines Abends, nachdem er und Thomas die Abwasserleitung gereinigt hatten, bekam Arthur Abendessen und Nachtisch, den mit Pudding und Eis, von dem seine Mutter wusste, dass er ihn liebte.
Er hatte angenommen, dass das seine Belohnung für einen Nachmittag voller harter Arbeit war, aber nein. Das Dessert war ein Köder und als Arthur seinen leeren Teller in die Küche brachte, ließ seine Mutter die Falle zuschnappen.
»Weißt du«, sagte sie in einem Tonfall, der ihm sofort eine Warnung hätte sein müssen, »ich glaube, der Nachtpfleger im Altenheim ist Single.«
Mit dem Teller auf halbem Weg in die Spüle erstarrte Arthur. »Mom, ich werde nicht mit Kyle ausgehen. Ich werde mit niemandem ausgehen, weil ich keine Dates habe.«
»Was stimmt nicht mit Kyle? Er ist ein netter Junge.«
»Junge, Mom. Er ist wie alt? Neunzehn?«
»Ich nehme an, das ist ein wenig jung für einen Vierzigjährigen.«
Arthur starrte sie finster an. »Ich bin erst neununddreißig.«
Corrina winkte ab. »Im April wirst du vierzig.« Sie tippte sich mit dem Finger an die Wange, während sie offensichtlich alle ihr bekannten schwulen Männer in einem 80-Kilometer-Radius durchging.
Arthur entschied, der Schlange sofort den Kopf abzuschlagen. »Mom, du musst mich nicht verkuppeln. Mir geht's gut.«
»Es geht dir mit Sicherheit nicht gut. Ich habe Paul in dieser Woche mit zwei verschiedenen Männern gesehen. Er wird nicht zurückkommen – und du wirst nicht jünger.«
»Mom.«
»Was ist mit diesem netten Mann, der das Bed and Breakfast in Cloquet Valley betreibt? Der ist doch schwul, oder?«
So ging es den ganzen September unentwegt weiter, bis Arthur sich innerlich für einen weiteren Ansturm potenzieller Dates wappnete, wenn er seine Mutter seine Auffahrt entlangkommen sah. Es gab einen schrecklichen Moment, als er Corrina dabei erwischte, wie sie sich bei Grindr einzuloggen versuchte – wenn sie sein Profil tatsächlich gefunden hätte, na dann Gute Nacht. Obwohl er bezweifelte, dass irgendetwas sie noch überraschen konnte, nachdem sie seine Pubertät überstanden hatte.
Dass seine Mutter Amor spielen wollte, war problematisch. Nicht nur, weil Arthur niemanden daten wollte, sondern auch, weil er sich niemals mit den netten Jungen befassen würde, wie Corrina ihre zukünftigen Schwiegersöhne immer vorstellte, selbst wenn er daten würde. Es war ihm unmöglich, zu erklären, dass er einen Mann wollte; einen großen, groben, rauen Mann. Ein bisschen Kuscheln war ganz nett, aber erst nach hartem Sex und einer Menge Dirtytalk. Nette Jungs würden einen Chat mit RedBear69 niemals mit einem anzüglichen Bild beginnen. Und bis sie es taten, hatte Arthur keine Zeit für sie.
Corrina ließ sich von Arthurs Abweisungen nicht abschrecken. Sie begann, häufiger bei seiner Hütte aufzutauchen. Für gewöhnlich hatte sie dann Tupperdosen mit eingefrorenen Essensresten dabei und konnte immer mit Neuigkeiten über einen weiteren zukünftigen Partner aufwarten.
Am Montag vor Halloween erwartete sie Arthur zu Hause, als er von der Arbeit kam. Sie bereitete gerade einen Braten auf der Anrichte in der Küche vor und strahlte ihn an, als er den Raum betrat. »Arthur, Schatz, du bist aber früh zu Hause.«
Mit einem Grummeln sank Arthur in seinen Lehnsessel. Heute war ein Tag, an dem er seine Mutter tatsächlich sehen wollte. »Sie haben das Sägewerk bis einschließlich Neujahr geschlossen. Wir haben es gerade erfahren.«
»Was?« Corrina ließ die Karotte sinken, die sie gerade schälte. »Das Werk wird stillgelegt?«
»Vorübergehend.« Obwohl es Gerüchte gab, dass sie die Anzahl der Arbeiter um die Hälfte reduzieren würden, wenn der Betrieb wieder aufgenommen wurde.
»Aber als was arbeitest du denn dann? Als was arbeiten dann alle anderen?« Missbilligend schnalzte Corrina mit der Zunge. »So etwas so kurz vor Weihnachten zu machen, grenzt an ein Verbrechen.«
»Wir sammeln für die Arbeitslosenunterstützung, das ist immerhin etwas, denke ich. Außerdem kann ich dann mal wieder richtig jagen gehen.« Was er – wie ihm gerade bewusst wurde – das erste Mal seit Ewigkeiten ohne Paul würde durchziehen müssen.
Für einen Moment beschäftigte sich seine Mutter mit dem Braten. Dann sagte sie viel zu beiläufig: »Da gibt es noch etwas, worüber ich mit dir reden wollte.«
Arthur schloss die Augen und ließ den Kopf zurückfallen. »Mom, ich werde mit niemandem ausgehen, also spar dir den Atem.«
Sie fuhr fort, als hätte er nichts gesagt: »Es ist vielleicht gar nicht so schlecht, dass du gezwungenermaßen Urlaub hast, andernfalls hätte ich mir Sorgen gemacht, dass du keine Zeit haben könntest. Es gibt da ein Projekt, das ich für die Bibliothek plane.«
Die Bibliothek? Stirnrunzelnd richtete Arthur sich auf. Er wusste, dass seine Mutter im Bibliotheksvorstand war, aber wie um alles in der Welt er der Bibliothek helfen sollte, musste er sich anhören. »Was denn?«
»Der Vorstand will um Weihnachten herum eine Benefizveranstaltung organisieren. Wir haben fast keine Fördergelder mehr, weißt du, und obwohl Gabriel im kommenden Frühling neue beantragen will, dachten wir, dass wir ihm etwas unter die Arme greifen könnten. Wir werden ein paar Spenden einsammeln und dabei helfen, die Finanzlücken zu schließen, um uns ein paar mehr Monate zu erkaufen, sollte das Schlimmste passieren.« Sie strahlte. »Wir werden Schlittenfahrten anbieten.«
Arthur lachte. »Was, wollt ihr etwa Opa Andersons altes Biest aus dem Schuppen holen?«
»Daran habe ich gedacht, genau.« Sie lehnte sich gegen die Anrichte. »Ich will eine große Sache daraus machen. Frankies Freunde aus der Stadt einladen, vielleicht auch Leute aus Duluth. Es könnte sowohl der Stadt als auch der Bibliothek Geld einbringen. Alle würden gewinnen. Allerdings… braucht der Schlitten ein wenig Zuwendung. Glaubst du, du könntest ihn dir mal ansehen?«
Gott, Arthur hatte seit Jahren nicht mehr an den Schlitten gedacht. »Ich bin mir nicht sicher, wie viel ich da retten kann, aber ich werde mein Bestes geben.«
»Wunderbar. Wenn du das nächste Mal bei uns bist, holen wir ihn aus dem Schuppen und schauen ihn uns an.« Sie stieß sich von der Anrichte ab und nickte in Richtung Ofen, in den sie den Bräter geschoben hatte. »Gib ihm Zeit bis sechs Uhr, Schatz, dann hast du ein leckeres Abendessen. Ich werde auch herumfragen und sehen, ob jemand Arbeit für dich hat. Es würde dir nicht guttun, tatenlos herumzusitzen, jetzt, da das Werk geschlossen hat und Paul weiterzieht.«
Der Kommentar über Paul bereitete Arthur Sorgen, dass es doch eine Falle war. Dass er ihr dadurch, dass er der Reparatur des Schlittens zugestimmt hatte, eine Verkupplungsmöglichkeit bot. Aber egal, wie er es in seinem Kopf auch drehte und wendete, er konnte sich nicht vorstellen, wie selbst eine Corrina Anderson Schreinern in ein Happy End verwandeln wollte. Also machte er sich daran, mit Thomas über Schlittenrestauration zu recherchieren, während er die kleine Sue hielt und Brianna gebadet wurde. Generell kümmerte er sich um das, was sein Exschwager so vernachlässigte.
Na also. Er war irgendwie doch Vater, zeitweise zumindest, und wenn er sich irgendwann wieder auf Grindr einloggte, würde er seinen Kink befriedigen können. Es war das Beste aus beiden Welten, sagte er sich selbst.
Allerdings hatte er jedes Mal, wenn er nach Hause in seine leere Hütte zurückkehrte, Schwierigkeiten zu glauben, dass er alles hatte.
***
Gabriel Higgins hatte sich an viele Dinge in Kleinstadtbibliotheken gewöhnt – Mikrobudgets, monatliche Diskussionen über den Regalinhalt und einen Bibliotheksvorstand voller Rentner, die Fehden und Grolle wie Highschoolschüler handhabten. Aber Corrina Anderson? Er war sich ziemlich sicher, dass ihn nichts im bekannten Universum auf die Präsidentin des Bibliotheksvorstands hätte vorbereiten können.
Als er die Stelle des Direktors von Minnesotas winziger, erfolgloser Bibliothek in Logan angenommen hatte, hatte er es in dem Wissen getan, dass irgendwann herauskommen würde, dass er schwul war, und dass seine sexuelle Orientierung voraussichtlich einige Spannungen hervorrufen würde.
Während diese Spannungen eigentlich genau so eingetreten waren, wie er es vorhergesagt hatte – einige seiner Stammkunden bedachten ihn mit Seitenblicken, die offenlegten, dass sie um seine Seele fürchteten –, fand er andererseits auch PFLAG-Flyer unter den Werbeprospekten im Eingangsbereich und natürlich war da noch Corrina. Als sie nach seiner Freundin fragte und er ihr erklärte, dass er schwul war, war sie begeistert – und begann, ihm potenzielle Partner vorzuschlagen. Nie verpasste sie eine Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass der-und-der schwul und ungebunden war, und immer hatte sie zufällig die Telefonnummer von dem betreffenden Mann parat. Die Tatsache, dass Gabriel nichts Besseres zu tun hatte, als die Telefonnummern zu zerreißen, hielt ihren Strom nicht auf.
Er konnte sie noch nicht einmal einfach wegwerfen – sie fischte die Zettelchen aus dem Papierkorb, strich sie glatt und ließ sie auf seinem Tisch liegen.
Achtzehn Monate lang hatte er ihre Bemühungen ertragen und bereitwillig so getan, als würde er auf ihre Vorschläge für potenzielle Verehrer reagieren, um den Frieden zu wahren. Im Oktober hatte sie allerdings angefangen, Andeutungen in Richtung ihres Sohnes fallen zu lassen, und Gabriel befand, dass die Zeit reif war, um nicht mehr nur unerschütterlich zu sein, sondern vielmehr eindeutig zu werden.
Er stellte sich vor sie hin und war zum ersten Mal froh über seine 1,90 Meter, weil er weiß Gott jeden Vorteil gegenüber seiner ganz persönlichen Nemesis gebrauchen konnte. »Corrina, ich bin mir sicher, dass Ihr Sohn ein wundervoller Mann ist, aber ich bin nicht interessiert.«
Resolut wie eh und je verschränkte sie die Arme vor der Brust. »Sie sind nie interessiert, junger Mann, noch nicht einmal an Freunden. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass Frankie Blackburn Sie mehrmals eingeladen hat, ins Kino oder in ein Restaurant zu gehen oder ihn und Marcus in ihrem Haus zum Essen zu besuchen, doch Sie haben jedes Mal abgelehnt. Ebenso wenig kann ich Sie für ein Sonntagsessen bei uns begeistern. Ich weiß, dass Sie nicht ablehnen, weil Sie sich für etwas Besseres halten.«
Diese Bemerkung traf ihn. »Nein, tu ich nicht.« Er seufzte. »Ich bin nicht sehr gesellig. Es ist nichts Persönliches gegen Sie oder jemand anderen.«
»Niemand kann so ungesellig sein.« Sie lächelte und tätschelte seinen Arm. »Kommen Sie zum Abendessen bei uns vorbei. Schließlich müssen Sie etwas essen.«
Gabriel wusste, dass ein Abendessen bei ihr zu Hause in jedem Fall niemand Geringeres als Arthur Anderson beinhalten würde. »Vielleicht ein andermal.«
Er war überrascht, wie schnell sie seine Absage akzeptierte, und war deswegen die restliche Woche über besonders auf der Hut, da er einen weiteren Angriff erwartete. Der kam letztendlich auch, jedoch aus einer völlig anderen Richtung, sodass er sich nicht sicher war, was er damit anfangen sollte. »Sie wollen… eine Schlittenfahrt-Benefizveranstaltung ausrichten?«
Corrina strahlte. »Ja, das will ich. Alle sind so aufgeregt. Oh, das wird ganz großartig. Altmodische Schlittenfahrten die Main Street hoch und runter. Es war der Schlitten meines Vaters. Als er aus dem Zweiten Weltkrieg nach Hause gekommen ist, hat er ihn bei einer Haushaltsauflösung gekauft und repariert. Und dann hat er ihn jedes Weihnachten hervorgeholt und uns Fahrten wie in den guten alten Zeiten beschert. Der Schlitten muss ein wenig aufpoliert werden, bevor wir ihn benutzen können, aber ich dachte, dass ein wenig Nostalgie genau das ist, was wir jetzt brauchen können, da das Sägewerk geschlossen wurde und der Winter so früh kommt. Wir könnten auch mehr als nur Fahrten anbieten. Vielleicht können wir danach eine Feier ausrichten.«
»Das klingt… toll.« Gabriel versuchte immer noch, den Haken an der Sache zu finden. Bei Corrina würde es auf jeden Fall einen geben. »Bitten Sie mich gerade, das Fest zu organisieren?«
»Himmel, nein. Darum werde ich mich kümmern. Ich wollte Sie nur über unsere Pläne in Kenntnis setzen. Hoffentlich bekommen wir genug Geld zusammen, damit wir Ihr Gehalt bezahlen können, falls wir die Fördergelder nicht bekommen sollten.«
Das war ein wiederkehrendes Thema beim gesamten Bibliotheksvorstand und jetzt ergab die seltsame Benefizveranstaltung auch Sinn. »Corrina, wie ich Ihnen bereits gesagt habe, mache ich mir keine Sorgen um die Fördergelder. Wenn sie uns ausgehen, werden Sie sicherlich einen Weg finden, um mich zu bezahlen.«
Sie runzelte die Stirn und deutete auf seinen Tisch. »Ich habe die Jobangebote gesehen, die Sie bekommen. Ich will nicht, dass irgendjemand Sie uns wegnimmt, nur weil wir zu schlecht bezahlen.«
»Es ist nett von Ihnen, an mich zu denken, aber ich versichere Ihnen, dass ich nicht für Geld aus Logan weggehen werde.«
Misstrauisch beäugte sie ihn. »Aber warum um alles in der Welt würden Sie bleiben, wenn Sie an niemanden hier gebunden sind?«
Oh, deshalb war sie so darauf fixiert, ihn mit jemandem zusammenzubringen. Gabriel entspannte sich. »Bedenken Sie, dass auch ich aus einer Kleinstadt komme. Die Großstadt ist nichts mehr für mich und kleine Bibliotheken liegen mir sehr am Herzen. Ich mag Logan und ich mag Ihre Bibliothek. Ich brauche keinen Partner, um hier glücklich zu sein. Ich brauche generell keinen Partner, Punkt. Ich bin mit meinem Job verheiratet.«
Er hatte diese Lüge schon so oft gesagt, dass er sie beinahe glaubte.
»Aber Sie würden mit einem Partner hier glücklicher sein. Oder zumindest mit ein paar Freunden.«
Gabriel zog seine emotionalen Mauern wieder hoch, bevor Corrina sie noch weiter einreißen konnte. »Die Benefizveranstaltung klingt wundervoll. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, ich muss noch ein paar Bücher einsortieren.«
Den Rest des Tages behelligte sie ihn nicht weiter damit und zum Glück gingen ihre Verkupplungsversuche ebenfalls zurück. Sie hielt ihn wegen der Benefizveranstaltung auf dem Laufenden – während der nächsten Vorstandsversammlung musste er sich eine ganze Menge darüber anhören und jeden zweiten Tag kam sie mit neuen Ideen in der Bibliothek vorbei. Sie zeigte ihm das Schnittmuster des Weihnachtsmannkostüms, das eine ihrer Freundinnen nähte, was ihn für kurze Zeit nervös machte, doch glücklicherweise war das Kostüm nicht annähernd groß genug für Gabriels lange, schlaksige Beine.
Kurz vor Halloween begann sie, ihm von dem Schlitten zu erzählen, den anscheinend ihr Sohn restaurierte, und ihre Einladungen zum Essen beinhalteten nun auch Ermunterungen, sich anzusehen, wie großartig die Fortschritte waren. Sie zeigte ihm Bilder auf ihrem Handy – augenscheinlich war er größtenteils immer noch ein Haufen Schrott, aber Gabriel konnte sich bereits jetzt vorstellen, wie er durch den Schnee glitt.
Corrina lächelte, als er ihr das sagte. »Ich kann es kaum erwarten, bis er fertig ist.«
»Wer wird ihn fahren?«, fragte Gabriel, der trotz allem begann, Gefallen an dem Projekt zu finden.
»Arthur wird sich von Mr. Peterson unterrichten lassen, sobald er die Arbeit beendet hat. Gary hat Zugpferde, die man auch vor einen Schlitten spannen kann. Jetzt muss Arthur es noch lernen und wir sind startklar.« Sie tätschelte Gabriels Arm. »Ich wollte ja Sie bitten, es zu lernen, aber das hätte nicht richtig ausgesehen, nicht wahr? Wenn der Elf den Weihnachtsmann fährt?«
Einen furchtbaren Moment lang setzte Gabriels Herzschlag aus. »Elf?«
»Habe ich das nicht erwähnt? Sie werden den Helfer vom Weihnachtsmann spielen. Ihr Kostüm ist fast fertig – es ist so bezaubernd. Die Kinder werden es lieben. Sie lieben Sie und werden von der Vorstellung, dass Sie mit dem Weihnachtsmann befreundet sind, ganz entzückt sein.«
Da erkannte Gabriel, wie gut er ausgetrickst worden war. Wie das alles am Ende doch eine Verkupplungsfalle war. »Ich nehme an, Arthur wird den Weihnachtsmann spielen?«
»Natürlich. Es wird eine Herausforderung sein, seine roten Haare zu verstecken, aber das werden wir schon irgendwie hinbekommen. Frankie wird uns helfen.«
Gabriel wusste gar nicht, wo er mit dem Protestieren anfangen sollte. Er wusste nur, dass er sich aus der Affäre ziehen musste, und zwar jetzt. »Mrs. Anderson, ich fühle mich geschmeichelt, aber –«
»Es wird wahrhaftig eine der bezauberndsten Veranstaltungen, die wir seit Jahren in Logan hatten. Mein Enkel ist schon so aufgeregt, dass ich ihn abends kaum ins Bett bekomme. Sie werden wie immer perfekt sein. Alle hier lieben Sie, das wissen Sie, und wir werden alle so stolz darauf sein. Ein großes Ereignis, wie man es sonst nur in der Stadt veranstalten würde. Machen Sie sich bloß keine Sorgen. Arthur ist ein guter Junge – er wird sich um alles kümmern. Alles, was Sie tun müssen, ist, am Tag der Benefizveranstaltung aufzutauchen und wie immer bezaubernd zu sein. Ich möchte, dass das Kinderheim in Pine Valley auch daran teilnimmt. Vielleicht können wir eine besondere Geschenkelieferung vom Weihnachtsmann organisieren.«
Du lieber Himmel, das hier war die unabwendbarste aller Katastrophen. Sie hatte so lange gebraucht, um ihre Falle aufzubauen, hatte so viele Köder ausgelegt, dass Gabriel gar nicht in der Lage war, Nein zu sagen, und dass er keine Geschenke mit ihrem Sohn ausliefern wollte, weil er Arthur Anderson für einen rüpelhaften, ungebildeten Ochsen hielt. Und trotzdem konnte er das nicht tun. »Mrs. Anderson, ich kann wirklich nicht –«
Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Du meine Güte. Schon halb zehn? Becky hat gerade erst einen neuen Job angefangen und der gute Big Tom ist bei der Morgenroutine keine große Hilfe. Bei der Vorlesestunde am Nachmittag werde ich mit ihnen zusammen vorbeischauen und dann können wir weiterreden.«
Gabriel sah zu, wie sie ging. Er war hin und her gerissen, ob er ihr nachrennen und um Gnade flehen oder ob er sich in seinem Büro einschließen und den Kopf zwischen die Beine stecken sollte. Das war schlimmer als die Kuppelei. Er sollte für die ganze Stadt ein fröhliches Feiertagsgesicht aufsetzen und zu einer Gala gezwungen werden, auf der er wie üblich an der Wand stehen und anderen Familien und Paaren beim Spielen und Glücklichsein zuschauen würde, während er allein bleiben würde. Er musste einen Weg aus der ganzen Sache raus finden.
Vielleicht musst du das gar nicht, tröstete er sich. Vielleicht wird Arthur ja das Protestieren für dich übernehmen. Was tatsächlich das wahrscheinlichste Szenario war. Denn das Einzige, was noch unvorstellbarer war, als dass Gabriel mit Arthur Anderson ausgehen würde, war, dass diese vulgäre männliche Hure den Weihnachtsmann spielte.
Der Schlitten war, um es milde auszudrücken, ein einziger Schrotthaufen.
Die Hälfte war verrottet, alles war verrostet und von dem gepolsterten Sitz war nichts mehr übrig. Theoretisch wusste Arthur, wie man ihn zu reparieren hatte, doch es war viel Arbeit und beinhaltete eine Menge Versuch und Irrtum und reichlich viel Fluchen. So viel Fluchen, dass eines Nachmittags im frühen November, als die Ersatzsperrholzplatte, die sie an ihren Platz zwingen wollten, mal wieder zerbrach, Thomas Hurensohn sagte, bevor Arthur es konnte.
Arthur zuckte zusammen. »Kumpel, du darfst nicht einfach Hurensohn sagen.«
Thomas beäugte ihn mit ernstem Blick. »Aber du sagst das die ganze Zeit. Und Fuck und Scheiße und gottverdammt.«
Scheiße. Arthur rieb eine Hand über seinen Nacken. »Ja, aber das sollte ich nicht tun. Jemand sollte mir den Mund auswaschen, wenn ich so was sage.«
»Okay.« Thomas kauerte sich hin und runzelte wegen der zerbrochenen Platte die Stirn. »Sie will sich nicht biegen. Das ist unser Problem.«
»Wohl wahr, Kumpel.« Mit einem Seufzen stieß Arthur das zersprungene Brett an. »Holen wir uns einen heißen Kakao, dann sehen wir nach, ob wir auf YouTube eine Lösung finden können.«
Thomas' Gesicht hellte sich auf. »Kakao mit Marshmallows?«
Arthur zerzauste seine Haare. »Und mit Schlagsahne und Streuseln.«
Nachdem sie sich ihre Getränke zubereitet hatten, eilten sie ins Arbeitszimmer, ehe sich Brianna ihnen anschließen oder Corrina ihnen noch etwas zum Reparieren geben konnte. Er würde seine Nichte später bespaßen, aber erst wollte er ein bisschen gemeinsame Zeit mit dem Jungen verbringen.
Thomas kletterte auf Arthurs Schoß und schmiegte sich an ihn, während sie darauf warteten, dass der Computer hochfuhr.
»Ich habe gehört, dass du dich an Halloween als Handwerker verkleidet hast«, sagte Arthur.
Thomas sah ihm in die Augen. »Irgendwann bin ich ein richtiger Handwerker und arbeite mit dir zusammen. Und ich will drei Babys haben. Kleine Mädchen in Kleidern wie Brianna und April. Vielleicht einen Jungen, aber ich will auf jeden Fall zwei Mädchen haben.«
Arthur schmolz förmlich. »Das wäre bestimmt schön.«
Mit seinem Kopf unter Arthurs Kinn machte Thomas es sich gemütlich. »Wenn ich groß bin, will ich mit einem Jungen zusammenwohnen.«
Das war etwa das dritte Mal, dass Thomas das sagte, und er wusste, dass es bei Becky überhaupt nicht gut ankommen würde. Das Problem war, dass Arthur immer noch nicht wusste, wie er darauf antworten sollte. Er gab sein Bestes, um den Unbeteiligten zu spielen. »Wirklich?«
»Ja. Mädchen sind eklig. Mit Jungs macht Spielen viel mehr Spaß.«
Arthur konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Ja, das macht es wirklich. Halt dir trotzdem alle Möglichkeiten offen, Kumpel. Wenn du mit zwölf immer noch so denkst, kannst du zu mir kommen und wir reden darüber.«
Besorgt richtete Thomas sich wieder auf. »Davor kann ich nicht mehr mit dir reden?«
Sechsjährige, die wortgetreusten Wesen auf der Welt. »Du kannst mit mir reden, wann immer du willst, Thomas. Patenonkel sind immer zur Stelle.«
Thomas entspannte sich sichtlich. »Okay.« Allerdings biss er sich auf die Lippe und Arthur wusste, dass er noch mehr zu sagen hatte.
Sanft schnippte er gegen Thomas' Kinn. »Was liegt dir auf dem Herzen, Zwerg? Ich sehe doch, wie es in deinem Köpfchen arbeitet.«
Thomas wand sich, starrte auf seine Jeans hinunter und zupfte an einem Loch am Knie. »Ich wollte Soupy mit in die Schule nehmen und den anderen zeigen, aber Mom hat Nein gesagt. Und jetzt ist Soupy traurig.«
Vom Regen in die Traufe. Denn im Grunde genommen war Soupy der Schandfleck der Anderson-Familie. Die Puppe, die Corrina irgendwann einmal für Thomas draußen in Duluth gekauft hatte und die Becky hasste, was bedeutete, dass Soupy das Spielzeug war, das Thomas überall hin mitnehmen wollte.
Arthur räusperte sich und verkniff sich all die Dinge, die er sagen wollte, für die Dinge, die er sagen sollte. Er konnte keinen verdammten Unterschied darin sehen, ob man nun Vater-Mutter-Kind mit einem Dinosaurier oder mit einer Babypuppe spielte, außer dass die Puppe um einiges näher an der Realität war. Warum musste Thomas den Ernährer von Monstern und Tieren spielen statt von unechten Menschen? Er konnte allerdings nichts sagen, denn das hier war sein Patenkind und Neffe, nicht sein eigenes Kind.
»Es tut mir leid.« Er strich Thomas übers Haar und der Ausdruck in dessen großen braunen Augen schmerzte ihn sehr. »Vielleicht will Soupy uns stattdessen helfen, den Schlitten zu reparieren.«
Thomas bedachte Arthur mit einem tadelnden Blick. »Onkel Arthur, Soupy ist ein Baby. Für Werkzeuge ist sie viel zu klein.«
Entschuldigend hob Arthur eine Hand in die Luft. »Du hast recht. Mein Fehler. Tja, was will Soupy denn dann machen?«
Das Zögern hätte ihm eine Warnung sein müssen. »Sie will in deinem Pick-up mitfahren. Und im Café Pommes essen.«
Fuck. Verzweifelt suchte Arthur eine Möglichkeit, die Situation zu meistern. Er hatte kein Problem damit, sich mit Thomas und seiner Babypuppe in der Öffentlichkeit zu bewegen. Becky allerdings würde den totalen Wutanfall bekommen, wenn sie es herausfand. Doch jetzt steckte Arthur in der Klemme, denn wenn er keinen Ausflug mit Thomas und der Puppe unternahm, würde er sich bei diesem Streit auf eine Seite schlagen. Seine Mutter würde ihn unterstützen, aber es fühlte sich falsch an, Beckys Wünsche nicht zu respektieren.
Er entschied sich für den Mittelweg. »Ich würde dich und Soupy sehr gerne mitnehmen. Aber wenn ich das mache, wird deine Mom ziemlich sauer auf mich sein. Da komme ich nicht drum herum. Aber ich werde es durchstehen, wenn du das willst.« Er zwickte Thomas in die Nase. »Deine Entscheidung, Zwerg.«
Thomas sackte in sich zusammen. »Soupy mag es nicht, wenn Leute sich anschreien.«
War es falsch, dass Arthur ein wenig enttäuscht war? »Ich werde mit deiner Mom reden, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt. Vielleicht können wir eine Ausnahme machen. Nur dieses eine Mal.«
Thomas schüttelte den Kopf. »Lass uns den Schlitten reparieren, Onkel Arthur.«
Sie sprachen nicht mehr über die Puppe, aber sie arbeiteten jeden Abend, sobald Thomas von der Schule nach Hause kam, an dem Schlitten. Bis zum achten November hatten sie die Karosserie vollständig wiederhergestellt und Arthur führte seine Mutter zum Schuppen, um ihr sein Werk zu zeigen.
»Wir müssen noch eine letzte Bodenplatte erneuern und ihm eine neue Schicht Farbe verpassen, aber wir sind ziemlich nah dran. Was denkst du?«
Corrina schlug die Hände an ihre Wangen und strahlte ihn an. »Oh, Arthur, er ist perfekt. Er sieht jetzt besser aus als damals, als ich klein war, und dabei bist du noch nicht einmal fertig. Gabriel wird ihn lieben. Du musst ihn ihm zeigen. Ich werde ihn irgendwann zum Essen einladen und dann kannst du ihn herumführen.«
Arthur zuckte zusammen und begriff, dass die Kuppelei doch nicht aufgehört hatte. Und mein Gott, von allen potenziellen Dates. Gabriel. Der offen schwule Bibliothekar von Logan. Ein Strichmännchen, eingehüllt in einen Pullover und komplettiert mit einer Brille mit Plastikgestell. Ein netter Junge, wie er im Buche stand, und so weit von Arthurs Typ entfernt, dass er ein Navi brauchen würde, um wieder nach Hause ins Bärenland zu finden.
Corrina warf die Arme um seine Schultern und drückte ihn fest. »Vielen Dank. Du wirst der perfekte Weihnachtsmann zu Gabriels Elf sein.«
Blanker Horror stoppte jegliche Aktivität in Arthurs Gehirn. Als er wieder in der Lage war zu sprechen, stotterte er größtenteils. Das war zehn Mal schlimmer als Kuppelei. »Mom – was – willst du mich verdammt noch mal verarschen –«
Mit ernstem Gesichtsausdruck tauchte Thomas hinter dem Schlitten auf. »Oma Cory, du musst Onkel Arthurs Mund mit Seife auswaschen.«
Corrina glättete weiterhin Arthurs Mantel und sah aus, als würde sie gleich vor Freude weinen. »Ich habe alles arrangiert. Susan näht die Kostüme und ich habe es geregelt, dass du Fahrstunden bei Mr. Peterson nehmen und dir eins von seinen Pferden leihen kannst. Natürlich sprichst du dich mit Gabriel ab –«
»Mom.« Bei dem Drang, diesen Zug zu stoppen, bevor seine Mutter ihn auf Höchstgeschwindigkeit beschleunigt hatte, schnürte sich Arthurs Brust zusammen und es verlangte ihm Übermenschliches ab, nicht dabei zu fluchen. »Mom, ich werde mich nicht als Weihnachtsmann verkleiden, ich werde den Schlitten nicht fahren und ich spreche mich sicher nicht mit diesem –«
»Oh, Arthur. Du musst den Weihnachtsmann spielen. Du bist perfekt dafür und, ganz ehrlich, es gibt niemand anderes. Gabriel ist viel zu dünn. Würdest du das tun, Schatz? Für mich? Für die Kinder? Für die Bibliothek?«
Inzwischen stand Thomas neben ihnen und schaute Arthur bewundernd an. »Du spielst mit dem Weihnachtsmann?«
Corrina hockte sich auf Thomas' Augenhöhe. »Das stimmt. Der Weihnachtsmann kommt nach Logan. Onkel Arthur repariert seinen Schlitten und dann wird er alle damit in der Stadt herumfahren.«
Thomas nahm Arthurs Hand und drückte sie fest. »Onkel Arthur, darf ich auch mit dem Weihnachtsmann spielen?«
Oh Scheiße.
Arthur warf seiner Mutter einen letzten, verzweifelten Blick zu, doch sie war viel zu beschäftigt damit, Thomas zu versprechen, dass es ganz wundervoll werden würde, wenn der Weihnachtsmann Schlittenfahrten in Logan veranstaltete.
Wenn Arthur seinen Kopf aus dieser Schlinge bekommen wollte, musste er es selbst tun.
***
Gabriel liebte es, die Bibliothek zu öffnen.
Es war seine Lieblingszeit des Tages, wenn alles still war und er die Möglichkeit hatte sicherzugehen, dass die Regale geordnet und makellos aussahen. Natürlich sah er jeden Abend nach dem Rechten, wenn er nach Hause ging, doch normalerweise verließ er die Bibliothek, bevor sie schloss. Und er mochte es, noch einmal durch die sieben Regalreihen zu schlendern, Buchrücken gerade zu rücken und den Geruch von muffigem, altem Papier und sich zersetzendem Klebstoff tief einzuatmen, bevor er die Türen aufschloss.
Der Geruch von Büchern. Wenn es einen schöneren Duft auf der Welt gab, kannte Gabriel ihn nicht.
Die Kinderabteilung mit ihren drei plumpen Kästen neben den Sitzsäcken war wie üblich ein einziges Durcheinander, doch eine Mutter und ihre zwei Töchter hatten sich sehr früh hier eingefunden, während Gabriel sich im hinteren Bereich aufgehalten hatte. Ein Mädchen ließ Spielzeuglaster entlang einer Reihe Bauklötze fahren, die andere versuchte, ihre Mutter zu überreden, eine Filzhandpuppe überzuziehen. Es war zwar erst fünfzehn Minuten vor zehn, aber Gabriel brachte es nicht übers Herz, das anzumerken. Stattdessen ging er in sein Büro, sank in seinen Stuhl und schloss die Augen. Dann klappte er seinen Laptop auf, loggte sich in den Chat ein und betete, dass Alex online sein würde.
Das war sie und sie begrüßte ihn sofort, als sein Chatprogramm gestartet war. Hey, Süßer. Wie ist die Bibliothek so, die von der Zeit vergessen wurde?
Er stellte sich vor, wie sie in ihrer sonnendurchfluteten Küche in Bloomington saß, während ihr Baby in seinem Laufstall gluckste, ihr kleines Kind sich einen Film ansah und sie an ihrem Kaffee nippte und Mutterblogs überflog. Er erinnerte sich an die Zeit, als er bei ihr um die Ecke gewohnt hatte, als er ihr Bibliothekar gewesen war.
Mit einem Seufzen beugte er sich über die Tastatur und tippte eine Antwort. Corrina Anderson will Schlittenfahrten als Benefizveranstaltung anbieten. Ich werde ein Elf sein und ihr Sohn der Weihnachtsmann.
Fast konnte er die Heiterkeit in ihrer Antwort sehen. Aww. Ich sollte vorbeikommen. Das klingt witzig.
Es ist ein Albtraum. Er schnitt eine Grimasse und tippte den Rest mit wütendem Nachdruck. Ich kann ihren Sohn nicht ausstehen. Er ist ein großer, einfältiger Trottel und ein Rotschopf. Ein wütendes Karottenrot. Es ist lächerlich. Welches Kind wird glauben, dass er der Weihnachtsmann ist?
Kinder sind leicht zu überzeugen. Die glauben alles. Und den Erwachsenen wird es egal sein.
Gabriel war es nicht egal. Sie versucht schon wieder, mich mit ihm zu verkuppeln. Ich würde eher nackt die Main Street runterrennen. Darf ich dich daran erinnern, dass die Höchsttemperatur gestern bei neunzehn Grad lag? Fahrenheit.
Wenn du dich nicht benimmst, schicke ich dir noch ein animiertes I-Aah-GIF.
Na klasse. Jetzt hatte er so sehr geschmollt, dass Alex in ihren Muttermodus gewechselt war. Ignorier mich einfach. Ich bin heute ein wenig launisch.
Du bist immer launisch, Süßer. Allerdings wirkst du heute besonders launisch. Ist der Kerl so schlimm?
Ja, Arthur war schrecklich. Er war grob und unhöflich – und klein. Wenn man auf rote, spitzbübische Bären stand, war er sicher ganz süß. Gabriel tat das nicht. Ich wünschte, Corrina würde aufhören, mich mit dem ganzen County verkuppeln zu wollen. Es ist nervtötend.
Vielleicht versucht sie es nur, weil sie sieht, wie einsam du bist.
Ich bin nicht einsam.
Süßer, ich kann von hier aus sehen, wie einsam du bist. Es entstand eine Pause und er wusste, was sie schreiben würde, bevor sie es tat. Du solltest zurück in die Citys kommen. Deine alte Stelle wird bald wieder frei. Denk an das Chaos, das wir zusammen anrichten könnten.
Er wusste, dass seine alte Stelle frei war, weil sie ihm letzte Woche angeboten worden war. Ich will meine alte Stelle nicht. Ich will in einer kleinen Bibliothek arbeiten.
Es muss auch kleine Bibliotheken geben, die sich nicht am Rand der Tundra befinden.
Das war eine alte Diskussion; eine, die Alex nie verstehen würde. Er versuchte es trotzdem noch einmal. Es gibt hier oben Kinder, die mich brauchen.
Ich weiß, ich weiß. Kinder, wie du einst eines an der kanadischen Grenze warst, einsame homosexuelle Jungs und Mädchen, die gerettet werden müssen. Ich hoffe nur, dass deine Barmherzigkeit dich auch warm hält. Und ich hoffe, dass du diese kleine Stadt nicht als dein ganz persönliches Kloster siehst.
Gabriel zuckte zusammen. Alex traf immer den Kern der Sache, weil sie immer viel zu viel sah. Andererseits kannte sie ihn auch gut und hatte all seine Fehlschläge gesehen. Sie waren seit dem College befreundet und sie wusste über seine Katastrophen besser Bescheid als er selbst.
Trotzdem versuchte er, sich zu rechtfertigen. Ich bin kein Mönch.
Gehst du mit jemandem aus? Denn wenn du das nicht tust, bist du sehr wohl ein Mönch.
Dafür hatte ich keine Zeit. Es gibt so viel zu tun.
Natürlich, Bruder Higgins.
Er verdrehte die Augen. Ich brauche mit niemandem auszugehen. Ich bin glücklich, so wie es ist.
Ich habe dich bei vier Gelegenheiten glücklich gesehen und jedes Mal warst du betrunken und hast bei einem Kerl losgelassen. Bis du morgens aufgewacht bist und erkannt hast, wie sehr du dich hast gehen lassen. Du solltest dich mal bei diesem rothaarigen Weihnachtsmann gehen lassen, der dich so fuchsig macht. Klingt, als würde der Sex mit ihm fantastisch werden.
Wütend schnaubte Gabriel durch seine Nase und begann zu erklären, warum er lieber nackt und nass die Main Street runterrennen, als versuchen würde, sich mit Arthur Anderson anzufreunden, doch Alex tippte bereits, bevor er den Senden-Button drücken konnte.
Hey – das Baby ist wach. Ich muss los. Sei tapfer, Süßer, und halt mich auf dem Laufenden. Versuch, nicht alles so sehr zu hassen. Ich meinte es ernst, dass du das mit dem Kerl in Angriff nehmen sollst. Du musst ja nicht mit ihm schlafen, aber vielleicht ist es gar keine so schlechte Idee, einen Freund zu haben. Sie loggte sich aus.
Einige Minuten lang starrte Gabriel das leere Chatfenster an und bemitleidete sich selbst. Dann machte er noch einen Rundgang durch die Bibliothek. Die Mutter und ihre Kinder waren gegangen, sodass er die Abteilung aufräumen konnte. Die ganze Bibliothek war sauber.
Er nahm sich gerade vor, proaktiv zu sein, ein paar Flyer über Staatsfördermittel herauszusuchen und noch mal einen Blick in das Library Journal zu werfen, ob er irgendwelche potenzielle neue – günstige – Titel übersehen hatte, als die Tür geöffnet wurde. Lächelnd wandte sich Gabriel um, bereit, dem neuen Kunden die Bibliothek seiner Träume vorzuführen. Sein Lächeln erstarb, als er den roten Haarschopf über dem Gesicht mit rotem Bart erblickte.
Arthur Anderson lächelte ebenfalls nicht. »Hey. Wenn Sie 'ne Sekunde haben, müssen wir über diesen dummen Weihnachtsmannscheiß reden.«
Gabriel wünschte, er würde sich trauen, ein Vine-Video von Arthur zu machen, um Alex zu zeigen, wie lachhaft die Vorstellung war, irgendetwas mit ihm zu machen. Er verkniff sich den Tadel darüber, in der Bibliothek nicht zu fluchen, und nickte in Richtung der geschlossenen Tür neben seinem Büro. »Ich kann Ihnen zehn Minuten im Konferenzraum geben.«
Er wandte sich ab und ging in sein Büro, um sich eine Flasche Wasser und ein paar Tylenol-Tabletten zu holen, bevor er Arthur in den Raum folgte. Allerdings sagte ihm sein Gefühl, dass er sich ein Beruhigungsmittel wünschen würde, noch bevor das Gespräch beendet war. Nur konnte er sich nicht entscheiden, ob er sich selbst oder Arthur unter Drogen setzen sollte.