Lilly Block

 

Bücher sind seit ihrer frühen Kindheit die Leidenschaft der norddeutschen Autorin. Sie schreibt in ihrer Freizeit Erzählungen und Romane. 2008 veröffentlichte sie ihren ersten erotischen Roman auf hochdeutsch. 2013 folgte die erste Veröffentlichung erotischer Erzählungen auf plattdeutsch.

Durch ihre kesse Art, das Plattdeutsche mit ihren Büchern und Lesungen wieder mehr in den Alltag zu integrieren, war sie schon Gast bei diversen TV- und Radiointerviews.

Lilly Block lebt und arbeitet in Nordfriesland.


Birgit

 

Foto: Privat

Cover

Herrenbegleitung

 

Ein erotischer Roman von


Lilly Block






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Lilly Block

Herrenbegleitung


1. Auflage 2016


© Ahead and Amazing Verlag, Ostenfeld 2016

erschienen in der Edition Mondenschein

(bereits erschienen 2008 bei BOD in einer anderen Textversion)



Mondenschein-final

Edition Mondenschein



Alle Rechte vorbehalten.

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Titelbild: Pellegrina/photocase

Covergestaltung: Kristina Jelinski

Satz und Lektorat: Kristina und Manfred Jelinski




ISBN (Print): 978-3-95990-300-4

ISBN (E-Book): 978-3-95990-800-9


Ahead and Amazing Verlag, Jelinski GbR, Magnussenstr. 8, 25872 Ostenfeld

www.aheadandamazing.de

Prolog

 

Sonntagabend. Es war das Wochenende meines vierzigsten Geburtstags.

Feiern von Freitagabend bis Sonntagmittag. Nun war der Besuch verschwunden. Ich hatte inzwischen die Wohnung wieder aufgeräumt, mir ein Glas Rotwein einschenkt, saß auf dem Sofa und dachte über mein Leben nach. Ich wurde das unbestimmte Gefühl nicht los, dringend etwas ändern zu müssen.

Beruflich konnte ich mich nicht beklagen: Als Assistentin des Geschäftsführers in einem kleinen Unternehmen war ich geschätzt. Das Geld reichte für einen schönen Urlaub jährlich. Ich ging gern mit Freunden essen und leistete mir etwas Luxus.

Aber wenn ich auf die Männer in meinem Leben zurückblickte, fragte ich mich immer wieder, ob dies schon alles gewesen sein sollte. Sie waren alle lieb und nett. Wir hatten Sex, aber es fehlten mir die großartigen Gefühle, das Feuerwerk, von dem ich andere so oft reden hörte.

Ich hatte vier oder fünf Stellungen in meinem Leben erprobt. Wenn ich andere Ideen ins Spiel brachte, zogen sich die Herren zurück. Einer sagte sogar: „So etwas tut man nicht!“ Es gab nur das, was man als Blümchensex bezeichnet.

Seit drei Jahren war ich nun solo und hatte nie das gefunden, was ich suchte. Ich traute mich aber auch nicht, für ein nächtliches Abenteuer allein in die große Stadt zu gehen und nach dem passenden Mann für eine Nacht zu suchen. Ich war eben nur eine schüchterne, kleine Dorfschnecke, wie mich mein Freund Nils immer nannte, wenn ich ihm mein Leid klagte.

Sex hatte bislang immer nur in meinem Schlafzimmer stattgefunden, die einzige Ausnahme war einmal auf dem Sofa im Wohnzimmer. Ich träumte von Sex überall: auf dem Küchentisch, vor einem Feuer im Kamin, auf dem Fußboden. Und natürlich außerhalb der Wohnung: im Fahrstuhl eines Bürogebäudes, auf einer Sommerwiese, in einem blühenden Rapsfeld, im Meer, in den Dünen am Strand, stehend im Wald an einen Baum gelehnt oder auf der Motorhaube eines Autos. Und das Ganze mit und ohne Zuschauer. Der Gedanke, dass andere zuschauen könnten, erregte mich. Ich stellte mir diese Situation immer wieder vor, wenn ich Hand an mich selbst legte.

Und dann gab es noch die ganz anregenden Vorstellungen: Ich wollte von mindestens zwei Männern gleichzeitig bedient werden. Ich sah mich gefesselt mit verbundenen Augen, konnte Hände, Zungen und erregte Schwänze auf meiner Haut spüren.

Die Realität sah anders aus: Langweiler begehrten mich. Die Männer, die ich begehrte, sagten mir zwar, dass ich einen wunderbaren Körper hätte. Aber sie verschmähten mich und wendeten sich anderen Frauen zu. Ich wollte, dass mein Körper gefeiert wird, Berührungen überall und nicht nur ein kurzer Griff zwischen die Beine als einziges Vorspiel.

Seltsam – meine Patentante Nathalie kam mir in den Sinn. Als ich ein kleines Kind war, hatte sie uns häufig besucht. Dann war sie wie vom Erdboden verschluckt. Acht oder neun Jahre war ich alt, als sie verschwand. Onkel Erwin heiratete eine neue Frau, die ich nicht mochte. Wenn ich meine Eltern oder Großeltern nach Tante Nathalie fragte, bekam ich ausweichende Antworten. Nach einiger Zeit stellte ich keine Fragen mehr, hörte aber aufmerksam zu.

„Unerhört!“,

„... das steht einer Frau nicht zu ...“,

„... junger Liebhaber ...“,

„... Frauen in diesem Alter sollten nicht mehr im Bett ...“.

Das waren Gesprächsfetzen, die ich aufschnappte, aber mit denen nicht wirklich etwas anfangen konnte.

Die Flasche Wein ging zur Neige. Es war wieder einmal an der Zeit, allein ins Bett zu gehen. Ich dachte daran, wie ungerecht die Welt doch sei: Die meisten Männer haben zumindest im Bett die Frauen, die sie begehren. Männer kaufen sich eben die Frauen, die sie wollen.

„Moment“, dachte ich. „Warum eigentlich nicht? Warum sollte eine Frau nicht den Mann, der ihr gefällt, kaufen oder zumindest für ein paar Tage mieten?“ Ich dachte dabei nicht an den klassischen Callboy, der für eine oder mehrere Stunden vorbeischaut für Sex. Nein, ich wollte einen Mann, der mit mir ein Wochenende verbringt, mit mir Einkaufen geht, mich zum Essen ausführt und mir dann aufregende Nächte bereitet. Mein Entschluss stand fest: Ich miete einen Mann. Nun musste ich nur noch das nötige Geld zusammen bekommen, denn solch ein Begleiter würde sicherlich nicht ganz billig sein ...

 

***

Das besondere Geschenk

 

Mit vierzig läuft das Leben scheinbar deutlich schneller: Plötzlich überschlugen sich die Ereignisse. Montags gratulierten mir die Kollegen im Büro. Als ich die Geschenke auspackte, fühlte ich mich wie eine alte Frau. Gehaltvolle Cremes für die reifere Haut und ein Buch mit dem Titel „So überstehe ich die Wechseljahre“.

Ich machte früher Feierabend, wollte weg, mein Leben verändern. Spontan ging ich in ein Fischrestaurant und verwöhnte mich mit einem Drei-Gänge-Menü. Am Nachbartisch saß eine elegante ältere Dame, die mir bekannt vorkam. Ich zermarterte mir den Kopf, konnte sie aber nirgendwo einordnen. Sie blickte einige Male zu mir hinüber, unterhielt sich dann aber angeregt mit ihrem Begleiter, der mir um einiges jünger schien, als sie selbst.

Die nächsten Arbeitstage verliefen wieder wie gewohnt, es gab kaum Veränderungen. Viele Abende vor dem Fernseher, weil meine Bekannten sich abends um die Familie kümmern mussten und nicht ausgehen wollten.

Der Samstag dann total verregnet. Ich beschloss, einen Wellness-Tag einzulegen und ging in die Sauna. Lange hatte ich nichts mehr für meinen Körper getan. Ich merkte, wie mich die wohlige Wärme und der Geruch nach Holz entspannten. Und diese herrliche Ruhe! Ich war allein. Niemand war dort, der mir unbedingt ein Gespräch aufdrängen wollte.

Ich begann zu schwitzen, merkte, wie der Schweiß an meinem Körper hinunterlief, über die Brüste, zwischen die Beine. Ich schloss die Augen, stellte mir vor, wie ein Mann zu mir kommt, die Hände auf meinen verschwitzten Körper legt. Ich spürte ein Schwindelgefühl und öffnete die Augen. Ich war noch immer allein in der Sauna, viel zu lange schon, höchste Zeit abzukühlen und in den Ruheraum zu gehen.

Ich blieb allein, es kamen keine weiteren Besucher mehr. Auf einen weiteren Saunagang verzichtete ich. Ich hatte Angst davor, mich wieder in Gedanken zu verlieren, nicht zu merken, wie schnell die Zeit vergeht und womöglich noch einen Kreislaufzusammenbruch zu erleiden, um mich dann richtig alt zu fühlen. Nein, das wollte ich nicht.

Als ich wieder nach Hause fuhr, tobte der erste Frühlingssturm über den Ort. Ich beschloss, das Abendprogramm zu ändern. Ich würde nicht zum Griechen zu gehen, sondern plante für das Essen den Pizzaservice ein. Vielleicht gab es ja einen attraktiven Pizzaboten als Alternative zum Fernsehprogramm.

Der Tag schien wirklich nicht mein Glückstag zu werden: die Pizza wurde von einer Studentin mit muffigem Gesichtsausdruck gebracht. Strähnige Haare, schon die ersten Falten im Gesicht. Ich wusste, dass sie nicht mehr die Jüngste war, aber trotzdem noch immer mindestens zehn Jahre jünger als ich. „Hast dich gut gehalten“, dachte ich mir, öffnete eine Flasche Wein und machte mich daran, die Pizza vor dem Fernseher zu verspeisen.

Der Saunabesuch hatte mich müde gemacht. So schlief ich kurz nach den Essen vor dem Fernseher ein. Ich träumte von einem Urlaub am Meer, spürte, wie Wind und Wasser meine Haut streichelten.

Das Klingeln des Telefons riss mich aus meinen Träumen. Ich stellte fest, dass es längst wieder hell war und ich noch immer vollständig bekleidet auf meinem Sofa lag. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es schob früher Nachmittag war. Nach dem gefühlten hundertsten Klingeln hob ich endlich ab.

„Liane, … ich hoffe, ich störe nicht. Hier ist Nathalie.“

Es klang wie die Stimme meiner lange verschollenen Patentante. Ich konnte nichts sagen.

„Spreche ich mit Liane Block?“, hörte ich die Stimme wieder. Nun klang sie etwas unsicherer.

„Ja, das bin ich“, antwortete ich lahm.

„Wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht mehr an mich... Ach, vergessen wir diesen Anruf einfach.“

Jetzt war ich sicher! Es war meine verschollene Patentante.

„Bleib dran, Tante Nathalie. Wo bist du? Wie geht es dir?“. Tausend Fragen schossen mir durch den Kopf. Ich hörte, dass meine Gesprächspartnerin erleichtert aufatmete.

„Ich bin nach Jahrzehnten mal wieder in Deutschland, ganz in deiner Nähe. Ich glaube, dass wir uns in der letzten Woche in einem Restaurant getroffen haben, wagte da aber noch nicht, dich anzusprechen. Morgen fliege ich wieder nach Hause.“

„Du warst das am Nachbartisch zusammen mit dem jüngeren Mann?“, fragte ich. „Du kamst mir so seltsam bekannt vor, aber ich konnte dein Gesicht nirgendwo einordnen. Es ist so lange her, seit wir uns zuletzt gesehen haben.“

„Wohl wahr“, lachte sie. „Wenn mich mein altes Hirn nun nicht völlig im Stich gelassen hat, müsste ich deinen vierzigsten Geburtstag um ein paar Tage verpasst haben. Hast du Lust, dich für heute Abend von mir zum Essen einladen zu lassen?“

Neugierig sagte ich zu.

Tante Nathalie hatte einen Tisch in dem Fischrestaurant reserviert, in dem wir uns zuvor schon getroffen hatten.

„Ich hoffe, es stört dich nicht, schon wieder hier essen zu gehen“, sagte sie zur Begrüßung. „Aber ich hatte den Eindruck, dass es dir hier gut gefallen hat, du dir solchen Luxus aber viel zu selten gönnst.“

Ich nickte nur.

„Ja, ja, die Familie, … das macht man einfach nicht!“, sagte sie und fragte mich anschließend über mein Leben aus. Komisch, ich merkte, dass ich ausgehorcht wurde, aber es störte mich nicht. Nathalie machte es auf eine angenehme Art.

„Und wo warst du in den letzten dreißig Jahren?“, rutschte es mir spontan heraus, als ich beim Dessert der Meinung war, dass es nun wirklich nichts mehr aus meinen langweiligen Leben zu erzählen gab.

„Ja, nachdem die Familie das schwarze Schaf verstoßen hatte, habe ich den Kontakt komplett abgebrochen.“

Sie lachte bitter.

„Frauen ab vierzig sollen keinen Sex mehr haben. Das war Erwins Meinung und auch die der Familie. Er ignorierte mich im Bett und suchte sich jüngere Geliebte. Die verheimlichte er nicht einmal, sondern war der Meinung, dass es seine Richtigkeit habe, wenn er sein Vergnügen bei anderen Frauen suchte und ich ihm brav weiter bis ans Lebensende den Haushalt führe.“

„Und dann hast Du ihn verlassen?“

„Ich war mir nicht ganz sicher, was ich wollte, denn ich war finanziell völlig von ihm abhängig. Ich bekam nur wenig Haushaltsgeld von ihm, kaum Taschengeld. Dann überschlugen sich die Ereignisse: Ein Student kam zu uns. Er schrieb seine Diplomarbeit bei uns im Ort. Da Erwin immer hinter dem Geld her war, vermietete er unser Gästezimmer für zwei Monate an ihn.

Als die Arbeit fertig geschrieben war, wollte er uns zur Feier des Tages zu einem Glas Wein einladen. Doch an diesem Abend war Erwin mal wieder bei einer seiner Geliebten. So saß ich allein mit Pascal in der Küche. Wir tranken Wein und lachten viel. Der Wein lockerte meine Zunge. Irgendwann zeigte Pascal mir dann, dass auch Frauen über vierzig begehrenswert sind und guten Sex haben können. Er verwöhnte mich, ich hätte nie gedacht, dass es mit einem Mann so schön sein könnte.“

Ich hing an ihren Lippen, vergaß fast das Atmen. Nathalie mache eine Pause, bestellte Kaffee und Grappa für uns.

„Leider hatte Erwin in dieser Nacht Streit mit seiner Geliebten“, fuhr sie fort. „Er kam früher nach Hause und erwischte uns. In derselben Nacht setzte er uns beide vor die Tür.“

Ich schaute sie entsetzt an.

„Was hast du dann gemacht?“, fragte ich sie.

„Ich habe überlebt. Die ersten Jahre waren schlimm, doch danach ging es mir deutlich besser als in meiner Ehe.“

Natalie schaute auf die Uhr: „Oh, ich muss jetzt los. Vielleicht erzähle ich dir irgendwann den Rest der Geschichte.“

Sie zahlte, stand auf und ging ohne ein weiteres Wort.

Wie zur Salzsäule erstarrt blieb ich noch einige Zeit sitzen, bevor ich mich auf den Weg nach Hause machte.

Ich schlief schlecht in dieser Nacht, fragte mich immer wieder, wo und wie Nathalie nach dem Rauswurf wohl gelebt und überlebt hatte. Ich suchte in den nächsten Tagen nach ihr im Internet, konnte sie aber nicht finden.

 

***

Die Vorbereitung

 

Mai – der Monat der Liebe und der Triebe. Ich machte mich nun daran, meinen Geburtstagsvorsatz umzusetzen.

Eine Woche nach dem Restaurantbesuch mit Nathalie fand ich einen Brief von ihr in meinem Briefkasten. Ich traute meinen Augen kaum, als ich den Umschlag öffnete. Ein Scheck über 18.650 Euro war darin. Darin eine kurze Notiz: „Lilly, Du hast das Herz am rechten Fleck. Ich bedaure, dass ich als Deine Patentante dich so vernachlässigt habe. Nachträglich nun zu Deinem Geburtstag 50 Euro für jeden Monat, in dem ich nicht für Dich da war. Gönn Dir etwas Außergewöhnliches davon.“

Ich schluckte. Was Außergewöhnliches – ja, da war doch was … und dann musste ich grinsen.

 

***

 

Nun ging es darum, einen Mann zu mieten.