Sarah Mlynowski | Lauren Myracle | Emily Jenkins
Murks-Magie
Ein Stein kommt selten allein
FISCHER E-Books
Aus dem Amerikanischen von Katrin Segerer
Mit Vignetten von Eva Schöffmann-Davidov
Sarah Mlynowski, Lauren Myracle und Emily Jenkins sind nicht nur alle drei erfolgreiche Autorinnen, sondern auch richtig gute Freundinnen. Sie wissen, dass man mit großem Murks den meisten Spaß haben kann. Und dass Freundschaft die allerstärkste Magie ist. Deshalb haben sie gemeinsam die Serie ›Murks-Magie‹ geschrieben.
Eva Schöffmann-Davidov, geboren 1973, hat schon als Kind alles gezeichnet, was ihr vor den Pinsel kam. Nach dem Abitur besuchte sie die Freie Kunstwerkstatt in München und studierte anschließend Graphik-Design in Augsburg. Bis heute hat sie mit großem Erfolg über 300 Bücher, vorwiegend für Kinder- und Jugendbuchverlage, illustriert. Sie lebt, liebt und arbeitet in Augsburg.
Alle Bände der ›Murks-Magie‹:
Band 1: Das verflixte Klassenschlamassel
Band 2: Ein Stein kommt selten allein
Weitere Bände sind in Vorbereitung!
Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage, auch zu E-Book-Ausgaben, gibt es bei www.blubberfisch.de und www.fischerverlage.de
Nory und ihre Freunde haben sich in der Spezialklasse für Murks-Magie eingelebt. Okay, Nory verwandelt sich immer noch meistens in zwei Tiere gleichzeitig. Und ja, Bax verwandelt sich manchmal noch in einen Stein. Na gut, immer. Aber sie haben eine Menge Spaß. Doch dann bricht an der Zauberschule das große Chaos aus. Ständig wird irgendetwas zu Stein. Der Verdacht fällt natürlich sofort auf Bax – aber der sagt, er war es nicht. Nory muss ihrem Freund helfen und die Wahrheit herausfinden!
Band 2 der magischen Kinderbuchserie, in der falsch zaubern genau richtig ist und wahre Freundschaft immer siegt!
Zu diesem Buch ist bei D›A‹V ein Hörbuch erschienen, das im Buchhandel erhältlich ist.
Erschienen bei FISCHER E-Books
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2016 unter dem Titel ›Upside Down Magic – Sticks and Stones‹ bei Scholastic Press, an imprint of Scholastic Inc., New York, USA
Copyright (c) 2016 by Sarah Mlynowski, Lauren Myracle, and Emily Jenkins
Alle Rechte vorbehalten
Published by arrangement with Scholastic Inc., 557 Broadway, New York, NY 10012, USA
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2016 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, Garbsen
Covergestaltung: Eva Schöffmann-Davidov unter Mitarbeit von Punchdesign
Coverillustration: Eva Schöffmann-Davidov
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-7336-4928-9
Für unsere Flauscher: Al, Jamie, Ivy, Maya, Mirabelle, Alisha, Hazel, Chloe und Anabelle. Schokolade und Umarmungen ein Leben lang. (Und ja, natürlich bekommt jeder von euch ein Einhorn zum Geburtstag!)
Wenn Nory Horace sich in eine Zatze verwandelte, hatte sie den Körper einer schwarzen Katze und den Kopf einer winzigen Ziege. Sie konnte mit einem Satz vom Boden auf die Arbeitsfläche der Küche springen. Sie konnte die Schmutzwäsche durchwühlen und leckere Socken anknabbern. Und sie war richtig gut im Schmetterlingejagen.
Eigentlich war Norys Zatze ein ziemlich cooles Tier, aber ihre Tante Margo mochte sie nicht.
Zatzen-Nory fraß Tante Margos Blumen.
Und ihre Teppiche.
Und natürlich ihre Socken.
Gestern Morgen hatte sie die ganze Packung Knusperkringel gefressen, mitsamt der Schachtel.
Und die Tischdecke, zwei komplette Brote und ein Stück von Tante Margos Couch.
Nory war ein Fluxer. Mit ihrer Magie konnte sie sich in Tiere verwandeln. Die meisten Fluxer wurden allerdings normale Tiere wie Katzen oder Hunde oder Kaninchen. Nory war anders. Sie konnte sich zwar in normale Tiere verwandeln, aber die blieben nie lange normal.
Tante Margo hatte Nory ausdrücklich gebeten, sich heute nicht in eine Zatze zu verwandeln, weil ihr Freund Figs zum Abendessen kommen würde und sie wollte, dass das Haus sauber und ordentlich war. Außerdem durften Kinder eigentlich nicht unbeaufsichtigt zaubern – erst, wenn sie erwachsen waren und eine Lizenz hatten. (Als würde sich daran irgendwer halten …)
Nory hatte Tante Margo sehr lieb und wollte sie nicht enttäuschen. Sie war fest entschlossen, ein stinknormales Mädchen zu bleiben. Wilde Wuschellocken, braune Haut, fröhliche Augen, lila Glücksjeans, neue rote Turnschuhe.
Tante Margo musste immer früh los zur Arbeit, deshalb war Nory allein. Sie stand auf der Veranda vor Tante Margos kleinem Holzhaus in Dunwiddle und wartete auf ihren Freund Elliott. So würde das Haus auf jeden Fall sauber und ordentlich bleiben, selbst wenn sie sich versehentlich in eine Zatze verwandelte.
Nory und Elliott gingen normalerweise zusammen zur Schule.
Aber heute war anscheinend eine Ausnahme. Heute war Elliott spät dran.
Nory bemerkte einen Schmetterling, der um ihren Kopf herumflatterte. Vielleicht könnte sie sich nur ganz kurz in eine Zatze verwandeln und dann gleich wieder zurück? Es machte so viel Spaß, als Zatze einen Schmetterling zu jagen.
Nein, dachte sie streng. Keine Zatze heute. Kein unbeaufsichtigtes Fluxen.
Der Schmetterling flatterte vor ihrem Gesicht.
Nein, nein, nein! Keine Zatze! Nicht fluxen!
Wie bei den meisten Kindern hatten Norys magische Kräfte sich erst entwickelt, als sie zehn war. Davor hatte sie eine ganz normale Grundschule besucht. Nach der vierten Klasse wechselte man auf eine Zauberschule.
Norys neue Schule, die Dunwiddle-Zauberschule, war eine staatliche Schule. Das bedeutete, dass jeder dorthin gehen konnte. Anders als bei einer Privatakademie: Die war sehr teuer, und man musste schwierige Aufnahmeprüfungen bestehen. Auf der Dunwiddle-Zauberschule gab es Fächer wie Mathe, Geographie und Sport, aber auch normalen Zauberunterricht in den fünf Zauberkategorien: Fliegen, Fackeln, Fluxen, Flauschen und Flirren. Flieger konnten fliegen. Fackler hatten Feuerkräfte. Fluxer verwandelten sich in Tiere. Flauscher konnten sich mit Tieren verständigen. Flirrer konnten sich selbst oder andere Dinge unsichtbar machen.
Allerdings hatten nicht alle Kinder normale Zauberkräfte. Nory zum Beispiel. Das stellte die Schulen vor ein Problem: In welche Klasse sollten die Kinder mit besonderen Kräften gehen?
Deswegen gab es an der Dunwiddle-Zauberschule jetzt ein neues Programm: die Zickzack-Klasse. Norys Vater hatte Nory extra zu ihrer Tante geschickt, damit sie an diesem Programm teilnehmen konnte. Außer Nory waren noch sieben andere Fünftklässler in der Zickzack-Klasse. Und genau wie bei Nory war ihre Magie irgendwie vermurkst. Murks-Magie eben. Nur, dass sie nicht vermurkst sagen sollten. Ihre Lehrerin Miss Starr wollte, dass sie stattdessen außergewöhnlich sagten. Oder zickzack.
Nory wünschte, die Kinder aus den normalen Klassen würden sich an diese Regel halten. Aber die meisten von ihnen taten es nicht. Viele nannten die Zickzack-Kinder vermurkst. Oder Murks-Köpfe. Ein paar Fackler aus der Fünften waren am schlimmsten. Sie hatten eine Bande namens die Funkler und machten sich ständig über die Zickzack-Kinder lustig. »Schaut mal, da drüben ist der Murks-Kopf, der sich in einen Stinkefanten verwandelt und die ganze Kantine vollgestunken hat«, erzählten sie jedem, der zuhörte.
(Und ja, Nory hatte sich zu Beginn des Schuljahrs wirklich in einen Stinktier-Elefanten verwandelt. Und die ganze Kantine vollgestunken. Aber mussten die Funkler ihr das ständig unter die Nase reiben?)
Nory wippte auf und ab und wandte den Kopf. Sie hielt Ausschau nach Elliott. Stattdessen sah sie einen schlanken, dunkelhaarigen Jungen, der um die Straßenecke schlitterte und mit rotem, verschwitztem Gesicht auf sie zugerannt kam. Er trug eine Baseballkappe und ein dunkelblaues T-Shirt, auf dem in weißen Buchstaben CIDERCUP KRIMINALPOLIZEI stand. Es war Bax Kapoor, ein Mitschüler aus der Zickzack-Klasse.
»Du kommst zu spät«, rief er, als er an ihr vorbeiflitzte.
Vertrickst und zugenäht! Er hatte recht.
»Hey, warte auf mich!«, rief Nory und sprintete hinter ihm her.
Bax drehte sich kurz zu ihr um, rannte aber weiter.
Plötzlich – Hoppla! – flogen seine Füße nach hinten, sein Kopf schnellte nach vorn, und er knallte mit rudernden Armen hart auf den Boden.
Rums!
Nory schlug sich die Hände vor die Augen. Als sie durch die Finger linste, wusste sie schon, was sie sehen würde.
Jep. Bax hatte sich in einen Stein verwandelt.
Das war seine Zickzack-Magie. Bax war ein Fluxer, aber er verwandelte sich nicht in Tiere. Er verwandelte sich in einen Stein. Jeden Tag. Fast nie absichtlich. Und jedes Mal in denselben gigantischen grauen Stein. Na ja, einmal hatte er sich in ein Seil verwandelt, aber das war eine Ausnahme gewesen. Jedes andere Mal? Gigantischer. Grauer. Stein.
Nory rannte zu ihm. »Bax! Alles in Ordnung?«
Keine Antwort. Stein-Bax konnte nicht reden. Und er konnte sich auch nicht zurückverwandeln, weshalb er Nory schrecklich leidtat. Wie grässlich musste es sein, sich in einen Stein zu verwandeln – ohne Mund, ohne Arme, ohne Ohren – und dann in dieser Gestalt festzustecken! Damit Bax wieder ein Junge wurde, musste ihn jemand ins Krankenzimmer bringen, wo Pfleger Riley ihm einen ekligen grünen Trank verabreichte.
Nory ließ die Schultern hängen. Heute würde sie dieser Jemand sein.
Sie würden beide so was von zu spät zur Schule kommen.
Bax tat der Kopf weh. Ihm taten die Beine weh. Ihm taten die Arme weh. Ihm taten sogar die Ohrläppchen weh. Warum tat ihm immer alles weh, nachdem er gefluxt hatte?
Bax wusste nie, was passierte, wenn er ein Stein war. Andere Fluxer behielten die Kontrolle über ihr menschliches Gehirn, wenn sie eine Tiergestalt annahmen, zumindest meistens. Das war eine wichtige Fluxtechnik. Aber wenn Bax fluxte, hatte er null Kontrolle über irgendwas. Er hasste es.
Er erinnerte sich daran, dass er zur Schule gerannt war. Und dass er gestolpert war. Danach war alles schwarz.
Jetzt war er im Krankenzimmer.
»Na, ausgeschlafen?«, begrüßte Pfleger Riley ihn lächelnd.
Bax blinzelte und versuchte, sich zurechtzufinden. Er saß auf einer Liege. Eine kratzige blaue Wolldecke lag auf seinen Schultern, und seine Zunge fühlte sich schleimig an. Das kam von der Chamäleonkur, dem ekligen grünen Trank, den Pfleger Riley benutzte, um ihn zurückzuverwandeln.
Bax verabscheute die Chamäleonkur. Sie schmeckte nach verfaultem Salat. Und wie zum Teufel landete sie immer in seinem Mund? Pfleger Riley trug sie mit einem Pinsel auf Stein-Bax auf.
Pfleger Riley war trotzdem echt in Ordnung. Er hatte Koteletten und lachte viel, und er tat so, als sei es völlig normal, Bax tagtäglich mit stinkendem grünem Zeug einzupinseln.
»Du hast auf dem Weg zur Schule gefluxt«, erklärte er gerade.
»Wer hat mich hergebracht?«
»Nory Horace. Hat dich in einem antiken Kinderwagen geschoben, ist das zu glauben?«
»In einem Kinderwagen?«
»Ziemlich einfallsreich, was? Den hatte sie aus dem Garten ihrer Tante. Normalerweise stehen da Blumentöpfe drin.«
Bax war schon einmal im Garten von Norys Tante gewesen. Jetzt bemerkte er auch den Kinderwagen in der Ecke des Krankenzimmers. Er sah genauso aus, wie Bax ihn in Erinnerung hatte: groß und gebogen mit dünnen Reifen.
Damit hatte Nory ihn zur Schule geschoben. Wie eine Puppe!
»Ich glaub, mir wird schlecht«, sagte er.
Pfleger Riley reichte ihm den Mülleimer. »Soll ich dir einen Wackelpudding holen? Damit sich dein Magen beruhigt?«
»Geht schon wieder.« Bax wartete, bis der Brechreiz nachließ. Dann stand er auf. Die blaue Wolldecke rutschte ihm von den Schultern. »Ich muss zum Unterricht.«
»Ach ja, natürlich«, sagte Pfleger Riley. Er schlug Bax auf den Rücken. »Bis heute Nachmittag wahrscheinlich.«
Bax stöhnte.
Pfleger Riley presste sich die Hand auf die Brust und taumelte rückwärts, als wäre er tief verletzt. »Ich freue mich immer über einen Besuch von dir, Bax. Du bist einer meiner Lieblingspatienten.«
»Es liegt nicht an Ihnen. Es ist bloß – ich habe das Gefühl, ich werde immer öfter ein Stein!«
»Ich weiß nicht. Einmal hast du doch ein Seil hinbekommen. Und Miss Starr meint, du machst große Fortschritte. Sie sagt, dein Kopfstand ist schon viel besser.«
»Sie fährt echt auf Kopfstände bei Zickzack-Kindern ab«, erwiderte Bax. »Jemand sollte ihr einen Kopfstand zum Geburtstag besorgen.«
Pfleger Riley lachte.
Bax ging langsam in Richtung Zickzack-Klasse. Die Korridore waren mit grellroten Feuerlöschern gesäumt, um Fackelunfälle in Schach zu halten.
Überall an den Wänden hingen Schilder:
Kein Fackeln außerhalb des Fackellabors.
Waghalsige Flugmanöver verboten.
Ratten, Mäuse und Schlangen sind im Schulgebäude nur mit SCHRIFTLICHER Genehmigung gestattet.
An den Schließfächern hingen ein paar neue Schulplakate. Daneben bemerkte Bax Anmeldelisten für das Dunwiddle-Katzenballteam und andere Nachmittags-AGs. Flugball. Unsichtbares Tauchen.
Er kam am Klassenzimmer der normalen Fluxer vorbei. Die Fünftklässler saßen an ihren Tischen und schrieben. Normale Fluxer beherrschten nach ungefähr einem Monat eine perfekte schwarze Katze. Anschließend arbeiteten sie an verschiedenen Fellfarben: orange, getigert, schwarzweißbraun gescheckt und so weiter.
»Perserkatzen sind besonders schwierig wegen ihres langen Fells«, hörte Bax die Lehrerin erklären. »Langes Fell erfordert ununterbrochene Kontrolle – und natürlich viel Pflege.«
Bax blieb am Türspalt stehen. Er beobachtete, wie die Lehrerin auf ihr Pult kletterte.
»Schaut gut zu!« Geschickt verwandelte sie sich in eine flauschige weiße Perserkatze mit zerknautschtem Gesicht und wieder zurück. »Für die flachen Gesichtszüge braucht man viel Übung«, sagte sie. »Und das führt mich zu eurer Hausaufgabe für heute.«
Bax schlurfte weiter. Er würde nie in diese Klasse gehen. Wahrscheinlich würde er nie auch nur eine einfache schwarze Katze schaffen. Die anderen Fluxer würden ihn immer für seltsam halten.
Am anderen Ende des Korridors stand ein riesiger Sammelbehälter aus Glas mit der Aufschrift Taler für Tränke. Die schulweite Hilfsaktion lief seit einer Woche. Die Kinder brachten Kleingeld von zu Hause mit, und wenn der Behälter voll war, spendete die Schule das Geld an ein Krankenhaus in einer weniger wohlhabenden Gegend. Bax kramte in seinen Hosentaschen.
Mist. Eigentlich hatte er heute ein paar Münzen mitbringen wollen, aber er hatte es vergessen.
Er nahm sich fest vor, morgen daran zu denken. Sein Dad bewahrte sein Wechselgeld in einer großen Schale in der Küche auf, und er hatte sicher nichts dagegen, wenn Bax ein wenig davon spendete. Er würde extra ein bisschen früher zur Schule kommen, um es einzuwerfen.
Als er das Zimmer der Zickzack-Klasse erreichte, ließ Miss Starr gerade einen Hula-Hoop-Reifen um die Hüfte kreisen. Sie trug eine pinkfarbene Bluse und dazu passende Turnschuhe.
»Überlasst eurem Körper die Kontrolle, nicht eurem Gehirn«, sagte sie, als Bax eintrat.
Auf der Teppichbodenseite des Klassenzimmers lag ein Haufen bunter Plastikreifen. »Das ist genau wie beim Kopfstand«, fuhr Miss Starr fort, während der Reifen weiterwirbelte. »Zuerst denkt man noch nach, aber mit genug Übung klappt es irgendwann von ganz allein. Das ist eine wunderbare Art, eine Verbindung zu eurer einzigartigen Magie aufzubauen.«
Bei Miss Starr mussten sie immer Sachen machen, die auf den ersten Blick seltsam und albern schienen. Kopfstand. Ausdruckstanz. Balanceübungen. Atemübungen. Vertrauensübungen. Über ihre Gefühle reden.
Insgeheim bewunderte Bax sie. Sehr sogar. Aber nach außen zeigte er es nicht.
Miss Starr begrüßte Bax mit einem Winken. Sie fragte ihn nicht, warum er zu spät war. Bestimmt hatte Nory schon allen erzählt, wie heldenhaft sie Bax gerettet hatte. In einem Kinderwagen.
Seine Wangen wurden heiß. Wie viele Leute hatten ihn darin gesehen?
Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen und versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken. Unauffällig schaute er sich um. Außer ihm und Nory waren heute nur vier andere Zickzack-Kinder da.
Andrés schwebte an der Zimmerdecke. Er war ein Zickzack-Flieger.
Sebastian sah unsichtbare Dinge. Er war ein Zickzack-Flirrer.
Pepper machte Tieren Angst. Sie war ein Zickzack-Flauscher.
Marigold schrumpfte Dinge. Was Marigold war, wusste niemand so genau.
Die beiden Zickzack-Fackler fehlten: Elliott, der Dinge frostete, und Willa, die es drinnen regnen ließ.
Miss Starr redete über die symbolische Bedeutung von Kreisen. Dann sollten sie alle aufstehen und sich einen Hula-Hoop-Reifen nehmen.
»Hey, Bax«, sagte Nory leise. »Geht’s dir wieder besser?«
Bax tat, als hätte er sie nicht gehört.
»Bax! Ich muss dir was sagen!«
»Wir sollen Hula-Hoop üben«, sagte Bax.
»Ich hab ein Handtuch über dich gelegt und dich durch den Hintereingang geschoben.«
»Was?«
Nory zuckte mit den Schultern. »Ich fände es schrecklich, wenn ich fluxen würde und mich nicht mehr zurückverwandeln könnte. Und noch schlimmer, wenn mich jemand so zur Schule kommen sehen würde. Ich dachte, du würdest bestimmt nicht wollen, dass dich jemand in einem K-i-n-d-e-r-w–«
»Jeder hier weiß, wie man Kinderwagen buchstabiert, Nory.«
»Okay, aber niemand hat es gesehen. Das wollte ich dir nur sagen.«