SUZETTE HADEN ELGIN
DIE JUDASROSE
Roman
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
Das Buch
Der Autor
Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Epilog
Die USA des 23. Jahrhunderts sind ein erzkonservatives Patriarchat, in dem die Frauen alle Rechte, die sie sich vor über 300 Jahren erkämpft hatten, verloren haben. Einzig die Frauen der sogenannten Linguisten-Dynastie und ihren Kindern haben eine besondere Aufgabe: Sie sollen Kontakt zu den verschiedenen Alien-Spezies herstellen und so den interstellaren Handel ermöglichen. Nur das Gehirn von Kleinkindern im vorsprachlichen Alter ist noch flexibel genug, um die fremdartigen Sprachmuster zu lernen, sodass sie später als Dolmetscher eingesetzt werden können. Für die Frauen ist das die Chance, sich eine Geheimsprache zu erschaffen und sich so ein kleines Stück Unabhängigkeit zu erobern. Die katholische Kirche betrachtet diese Versuche als Häresie. Sie wirbt Schwester Miriam Rose an, die sich das Vertrauen der aufmüpfigen Frauen erschleichen soll, damit dieser Eiterherd bekämpft und die Vorherrschaft des Patriarchats erhalten bleibt. Doch die Männer haben ihre Rechnung ohne diese Judasrose gemacht …
Suzette Haden Elgin wurde am 18. November 1936 in Jefferson City, Missouri, als Patricia Anne Wilkins geboren. Um sich ihr Linguistikstudium an der University of California zu finanzieren, begann sie in den späten Sechzigerjahren mit dem Schreiben von Science-Fiction-Romanen und -Stories, die sich vor allem mit Themen wie Feminismus und Sprache auseinandersetzen. Elgin wurde schnell zu einer der prominentesten Vertreterinnern für feministische Science-Fiction, denn ihrer Ansicht nach könnten Schriftsteller nur in diesem Genre wirklich ausloten, wie eine Welt aussähe, in der die Frauen den Männern gleichgestellt wären. 1973 machte sie ihren Doktor in Linguistik und war die erste Studentin, die ihre Dissertation sowohl auf Englisch als auch auf Navajo schrieb. Sie konstruierte eigens für ihr Science-Fiction-Universum Native Tongue, zu dem die beiden Romane Amerika der Männer und Die Judasrose gehören, die künstliche Sprache Láadan, um den Frauenfiguren eine eigene, feministische Ausdrucksform zu geben. 1985 veröffentlichte sie eine Láadan-Grammatik, die unter http://www.sfwa.org/members/elgin abgerufen werden kann. Elgin nahm 1972 eine Professur für Linguistik an der San Diego State University an, die sie bis zu ihrer Emeritierung 1980 innehatte. 1978 gründete sie die Science Fiction Poetry Association, um SF-Gedichte zu promoten. Mit ihrem zweiten Ehemann George Elgin lebte sie in Arkansas, wo sie am 27. Januar 2015 im Alter von 78 Jahren starb.
www.diezukunft.de
Titel der Originalausgabe
THE JUDAS ROSE
NATIVE TONGUE II
Aus dem Amerikanischen von Horst Pukallus
Überarbeitete Neuausgabe
Copyright © 1987 by Suzette Haden Elgin
Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabe by
Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Covergestaltung: Das Illustrat
Satz: Thomas Menne
ISBN 978-3-641-18848-1
V001
Vor einigen Jahren hatten wir das große Privileg, einen Roman mit dem Titel ›Native Tongue‹{1} zu veröffentlichen. Als so außerordentlich empfanden wir das Privileg, dass wir das Werk als aus Papier hergestelltes Buch anstatt auf Mikrofilm oder Chiplet verlegten. Das Buch war mehr als lediglich ungewöhnlich; mit ihm verbanden sich zwei Geheimnisse. Erstens kannten wir die Verfasserin nicht, sondern wussten nur, dass eine oder mehrere Frauen des Chornyak-Haushalts es geschrieben hatten. Zweitens blieb uns der Name des Gelehrten unbekannt, der das Manuskript aufbewahrte; es wurde uns durch einen Boten zugestellt, und das kurze Begleitschreiben trug weder Absender noch Unterschrift. Heute verfügen wir bezüglich dieser Unklarheiten über nicht mehr Informationen als damals. Doch wir haben einen neuen Grund, um unserem unbekannten Gönner dankbar zu sein, weil uns ein zweiter Band des Werks zur Veröffentlichung zugänglich gemacht worden ist.
Diesmal wirkten die mit der Veröffentlichung einhergehenden Probleme zunächst sehr schwerwiegend. Zehn Jahre hatte es gedauert, um die erforderlichen Gelder und Fachkräfte zur Publikation von ›Native Tongue‹ zu beschaffen, obschon die Einzigartigkeit und historische Bedeutung als überzeugungskräftige Argumente für eine Verlegung des Textes sprachen. Dieses Mal dagegen lag die Situation ganz anders. Natürlich konnte man annehmen, dass das neue Buch für alle, die den ersten Band mit Genuss gelesen hatten, eine freuenswerte Lektüre abgeben würde, aber es ließ sich nicht mehr behaupten, es sei eine historische Einmaligkeit. Wie erklärt es sich dann, dass wir trotzdem dazu imstande sind, Ihnen das vorliegende Werk in Form eines richtigen Buchs zu präsentieren?
Die Antwort ist ein weiteres Rätsel: Die einzigen Informationen, die wir haben, umfassen ein paar spärliche Einzelheiten. Irgendjemand – wer es gewesen sein mag, ob Mann oder Frau, Linguist oder Laie, wissen wir nicht – hat es den Frauen der Linguistenfamilien ermöglicht, ein geheimes Bankkonto zu eröffnen und im Laufe der Jahre darauf Einzahlungen vorzunehmen. Das geschah zu der Zeit, als terranische Frauen nach dem Gesetz als Unmündige galten und man ihnen – außer unter besonders außergewöhnlichen Umständen – kein eigenes Geld zugestand. Normalerweise verfügten sie nur über kleine, als ›Taschengeld‹ bezeichnete Summen, die ihnen von ihren männlichen Vormündern nach Gutdünken zum Erwerb einer begrenzten Auswahl von Gegenständen des persönlichen Bedarfs, etwa Süßigkeiten, Getränke oder Nippes, gewährt wurden. Wir sind davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die Frauen geringste Beträge sparten – vielleicht indem sie einfach bezüglich der Kosten ihrer persönlichen Ausgaben logen – und sie durch einen ungenannten Strohmann auf dem Geheimkonto anlegten. Der einzige Zweck, für den diese Gelder verwendet werden dürfen, ist die Finanzierung von Schriften, die uns nur mit der Angabe ›Werke von Frauen aus Linguisten-Linien‹ zugeleitet werden, in richtiger Buchform.
Uns ist keine Einsicht in die Bankunterlagen erlaubt worden. Wir wissen nicht, ob dem Konto heute, da die Lage der Frauen anders ist, noch immer Geld zufließt, oder wie der Kontostand aussieht. Doch auch kleine Beträge, lässt man sie über viele Jahre hinweg verzinsen, können zu beträchtlichen Summen anwachsen, und auf alle Fälle war genug Geld vorhanden, um uns die Präsentation dieses Buchs zu ermöglichen.
Hier ist es also: ›Native Tongue‹, Zweites Buch: ›Die Judasrose‹.
Patricia Ann Wilkins,
Leitende Herausgeberin
(›Native Tongue‹, Zweites Buch: ›Die Judasrose‹
ist eine Gemeinschaftspublikation folgender Organisationen:
Historische Gesellschaft Erde; FRAUENWORT,
Sektion Erde; Metagilde der Laienlinguisten,
Abt. Erde; Láadan-Zirkel.)
Der Gnade Wundermaß wird heilen
und sich als Heil erweisen:
Alle die auf Erden weilen,
all jenen, die das All bereisen.
Ein Kind von Galaxien weitgesät
bin ich, von unerforschten Welten,
ein Kind des Einzigen, des' Majestät
kein Schwert noch Thron lässt gelten.
Unter den Strahlen anderer Sonnen,
auf Welten fern, an fremden Gestaden,
wo andere Harmonien sind Wonnen,
da wohnen meinesgleichen Myriaden.
Ja, wie du säst, so sollst du ernten –
die alte Wahrheit bleibt stets wahr,
und dies Wort, es soll mich leiten
durch mein Leben immerdar.
Rings um mich endlose Himmel sich breiten
voll Sonnenleuchten und Sternegefunkel.
Keine Welt so klein, kein Planet so dunkel,
dass er nicht könnt zum Allerhöchsten schreiten.
Beliebtes Kirchenlied;
nach der Melodie von ›Send deinen Geist, Herr Jesu Christ‹
Heykus Joshua Clete, Leiter des Referats Analyse & Übersetzung der Fremdwelten-Abteilung im US-Außenministerium, Gewinner der Reagan-Medaille für Politische Verdienste, Inhaber Dutzender von Ehrentiteln und zahlloser Preise und Urkunden, Vater dreier Kinder und Großvater von sieben Enkeln, Oberster Hoch-Diakonus der Vereinten Reformierten Baptistischen Kirche, war ein hünenhafter, massiger Riese von einem Mann aus dem ländlichen Süden Missouris. Die viele Ehre drückte seine breiten Schultern nicht; er war zwei Meter zehn groß und wog 135 kg, ohne dass er ein Gramm Fett aufgewiesen hätte. Sein silberweißes Haar trug er fast militärisch knapp, so dass die Stunde Schwimmen, die er täglich einlegte, jederzeit eingeschoben werden konnte, ganz gleich, wie förmlich oder offiziell die Termine davor oder danach sein mochten. Er leistete sich die kleine Eitelkeit eines eleganten, kurzen Bärtchens, das graufleckig von Silber war wie seine buschigen Brauen; er hatte nämlich ein Kinn, das für seinen Geschmack ganz geringfügig zu schwach ausgeprägt war, als er es sich gewünscht hätte. Seine Augen waren vom klassischen Hellblau Missouris, wie dominante, unverwüstliche schottisch-irische Gene es weitervererbten; er war eine beeindruckende, distinguierte Erscheinung und erfreute sich bester Gesundheit. Und man fürchtete ihn. Nicht etwa, weil er grausam, bösartig oder gemein gewesen wäre, sondern weil er an anderen Menschen genau die gleichen unbeugbaren ethischen Maßstäbe wie an sich selbst anlegte. Der Umstand, dass jemand vielleicht ausschließlich aufgrund ernster Schwierigkeiten von den Dienstvorschriften ein wenig abwich, bewog Heykus Clete nicht im geringsten zur Nachsicht. Auch ein bis dahin tadelloser, lebenslanger Dienst unter der Regierung der Vereinigten Staaten zählte dann nicht mehr. Wurde man in New St. Louis in einer Bar mit einem Drink in der Hand gesehen, und wenn verlässliche Augenzeugen anschließend beobachteten, dass man sogar von dem Drink trank – und mochte der getrunkene Anteil noch so winzig sein –, dann arbeitete man nicht länger im Referat Analyse & Übersetzung. Dass die diesbezügliche RAÜ-Vorschrift Unsinn enthielt, es keinen Unterschied zwischen Bars in New St. Louis und Bars irgendwoanders gab, hatte für Heykus keine Bedeutung: Vorschrift war Vorschrift. Und Verstöße hatten zur Folge, dass die Übeltäter die Arbeit verloren und in ihre Personalakte bei der Regierung einen Verweis eingetragen erhielten, der ihren weiteren Werdegang gehörig belastete.
Heykus trug eine Brille, weil auch sein Vater und Großvater Brillen getragen hatten, denn er schätzte die leichte Andeutung von Privatschutz, die er hinter den dicken Brillengläsern genießen durfte, und die Möglichkeit, während mündlicher Interaktion eine Anzahl körpersprachlicher Ausdrucksweisen, wie sie sich mit einer Brille anboten, anwenden zu können. Er brauchte keine Brille; hätte er eine gebraucht, gab es – seit einem halben Jahrhundert – Laserchirurgen, die perfekte Operationstechniken beherrschten, durch die sie Brillen überflüssig machten. Vielmehr trug er eine Brille, weil das die Tradition war, der sich die männlichen Oberhäupter seiner Familie seit Generationen verpflichtet fühlten. Nie hatte er auf seinen Sohn irgendeinen Druck zur Einhaltung dieser Tradition ausgeübt, war aber immer unerschütterlich der Überzeugung gewesen, dass der Junge, wenn er die normale Phase des Rebellierens gegen die elterlichen Werte überwunden hatte, von sich aus an die Tradition anknüpfen würde, und er hatte recht behalten. Trotz seines gesunden Augenlichts war Heykus jr. im Alter von sechsundzwanzig Jahren endlich zu einem sonntäglichen Familienessen mit einer traditionsgerechten Brille erschienen. Heykus hatte sich dazu nicht geäußert, und auch sonst niemand hatte eine Bemerkung gemacht; Kommentare erübrigten sich, wenn alles genau so lief, wie es sein sollte.
Als der Computer einen Anruf John Bellenas von der RA ankündigte, saß Heykus nicht an seinem Schreibtisch. Er stand in Rührt-euch!-Haltung mitten in seinem Büro und betrachtete eine Fläche, die ihm gehörigen Missmut bereitete. Eine Karte des bekannten Universums nahm drei Wände des Büros ein, vom Fußboden bis zur Decke, und sie hielt ihn so genau, wie es sich überhaupt erreichen ließ, über die interplanetaren Verhältnisse auf dem laufenden. Jeder Planet, Mond, Asteroid oder sonstige Himmelskörper, der wenigstens eine nützliche Einrichtung aufwies, war auf der Karte verzeichnet; die gewaltigen Entfernungen zwischen ihnen waren maßstabsgerecht verkleinert, die Verkleinerung war nach einer mathematischen Formel berechnet worden, die er nicht kannte und die ihn auch gar nicht interessierte. In Bezug auf Astronomie, Astrophysik und Weltraumwissenschaften blieb Heykus bei unerschütterlicher Unwissenheit; für so etwas hatte er schließlich einen Stab von Experten. Das System von Lichtlein, das er sich ausgedacht hatte, verstand er hingegen sehr gut; es zeigte ihm, was er wirklich wissen musste.
Heykus hatte jeden bekannten und irgendwie für Menschen nützlichen Himmelskörper auf der Karte mit einem winzigen Lichtchen markiert. Eine an die Sowjetbanden verlorene Welt leuchtete rot; eine entdeckte, aber noch von niemandem in Besitz genommene Welt – noch zugänglich für Erforschungs-, Kolonisten- und andere praktische Zwecke, und noch neutral – glänzte in Grün; und jede Welt, die den Christlichen Nationen der Erde gehörte – so wie Heykus ›christlich‹ definierte – hatte ein hellgelbes Licht. Heykus war viel zu schlau, als dass er irgendwem, sei es nun jemand seines Mitarbeiterstabs oder ein Kongressabgeordneter, verraten hätte, dass er diese letzteren Lichtlein als goldene Kreuze auffasste; er nannte sie nur die ›X-Welten‹ und erklärte dazu – eine Redewendung, die folglich bloß ihn allein amüsieren konnte –, es wären »Welten, die auf meiner Liste schon durchgekreuzt sind.«
Was er jetzt anstarrte, war eine hübsche, kleine Gruppe von Planeten, die er schon lange im Augenmerk hatte und einen Gegenstand seiner Sehnsucht abgab: Genau die Art von Dreiergruppe, die ihn an die Heilige Dreifaltigkeit erinnerte und sein ästhetisches Empfinden stark ansprach, ganz davon abgesehen, dass nach seinen Erfahrungen eine solche Planetenkonstellation hochgradige Nützlichkeit und großen Ertragsreichtum vereinte. Und er war sich ganz sicher, dass alle drei Lichtchen gestern noch in stetem Smaragdgrün geleuchtet hatten. Heute morgen waren sie weder grün, noch leuchteten sie still vor sich hin; sie waren von dunklem Blutrot, und sie blinkten wie Warnlämpchen.
Das Blinken bedeutete, dass ihr Status sich innerhalb der vergangenen vierundzwanzig Stunden verändert hatte; es hatte die Funktion, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Das Rot besagte, dass sie von Status 3 (unerforscht, unbesiedelt, frei zugänglich) nach Status 7 (zwecks Erforschung von der Sowjetunion beansprucht) gewechselt hatten. Und das wurmte ihn; es erfüllte ihn mit Erbitterung. Es drehte ihm schier den Magen um und verursachte ihm Weh in der Brust. Heykus' Gebärden liefen, genau wie sein sorgsam gepflegtes ländlich-raues Nölen, bedächtig und geschmeidig ab; er klatschte die Rechte in den Handteller der Linken und fluchte gedämpft, beschwor die Bärte diverser Propheten, damit sie seinen gerechten Zorn bezeugten. Wieder drei Welten dahin, und es gab keine Möglichkeit, um sie zurückzugewinnen! Drei Gelegenheiten verpasst. Drei weitere Brutstätten des Kommunismus verseuchten die Unendlichkeit des Alls, und nur der Allmächtige wusste, wie viele Tausende von Seelen dadurch der Ewigen Verdammnis verfielen.
Davon wurde Heykus richtig übel; er fühlte sich körperlich krank. Er musste schwer schlucken und für einen Moment erst einmal tief durchatmen. Wie oft in solchen Augenblicken hatte er das Gefühl, dass das Porträt Ronald Reagans, das an der vierten Wand des Büros hing, hinter dem Schreibtisch, voller Missbilligung seinen Hinterkopf betrachtete; er vermied aber jedes Mal das Hinschauen.
»Heykus Joshua Clete«, wiederholte der Computer in seinem deutlichen, weichen Panglish, so unverfälscht durch irgendwelche Dialekteinfärbungen, wie Technik es ermöglichen konnte, »ein Anruf John Oliver Bellenas, Abteilung Zwölf, für Sie auf Leitung Sechs.« Der Computer würde die Meldung viermal machen, ehe er Bellena mitteilte, dass Heykus Joshua Clete nicht an seinen ComSet-Apparat ging.
Diesmal jedoch reagierte Heykus, strebte schnurstracks zum Schreibtisch, unterdrückte seine Wut über das Dreigespann neuer roter Lichter. Er hegte immer jede Bereitwilligkeit zu einer Unterhaltung mit jemandem der Abteilung Zwölf, geläufiger bekannt als »Regierungsarbeit-Agentur«; die Projekte der RA lagen ihm nämlich sehr am Herzen. Selbst heutzutage, da eine Lebenserwartung von 130 Jahren als nichts ungewöhnliches galt, rüstige Männer knapp unter oder über hundert im Dienst der Regierung keinen Gesprächsstoff mehr lieferten, sah ein Mann mit achtundsiebzig Jahren die Frist abnehmen, die ihm noch zur Verwirklichung seiner Ziele blieb. Heykus baute darauf, dass die jüngeren Leute der RA einmal fortsetzten, was er begonnen hatte, wenn er abgetreten war; oder wenn er nichts anderes mehr tun konnte als dazusitzen, Däumchen zu drehen und die dicken Tagebücher abzustauben, die er seit seinem fünfzigsten Geburtstag führte und für die Veröffentlichung nach seinem Ableben aufbewahrte.
Er drückte die Taste, die den Anruf durchstellte, ohne sich mit den Verwürflern oder Druckern zu befassen. Wäre der Anruf streng vertraulicher Natur gewesen, hätte der Computer ihn nicht laut angekündet, und es wäre nicht Leitung Sechs verwendet worden. Heykus setzte sich und richtete den Blick auf den ComSet-Bildschirm, widmete ihm seine volle Beachtung.
»Heykus?«, meinte der Mann, dessen Abbild auf der Bildfläche erschien. »Hier ist John Bellena. Guten Morgen.«
»Morgen, John«, antwortete Heykus freundlich. Er schätzte und vertraute dem jüngeren John Bellena und erwartete von ihm Großes. »Was kann ich eigentlich für Sie tun?«
»Sie könnten uns 'n Gefallen erweisen, Heykus.«
»Wenn's mir möglich ist, ohne weiteres. Was ist das Problem?«
Bellena räusperte sich. »Sind Sie allein?«, fragte er.
»Sie können unbesorgt sprechen, es sei denn, Sie hätten für die Angelegenheit die falsche Leitung ausgesucht.«
»Heykus, gestern erhielt ich 'n Anruf vom Waisenhaus in Arlington.«
»Mmhmm.«
»Entsinnen Sie sich an 'n Kind namens Selena Opal Hame, Chef?«
»Müsste ich's?«
»Es ist schon schrecklich lange her. Lange bevor ich beim Außenministerium zu arbeiten anfing, vielleicht sogar 'ne Zeitlang bevor Sie angefangen haben. Möglicherweise ist Ihnen was über dieses Kind zu Ohren gekommen, obwohl Sie nicht persönlich mit dem Fall beschäftigt gewesen sind.«
»Sie müssen meine Erinnerungen auffrischen, John. Der Name sagte mir nichts.«
»Selena Opal Hame«, sagte Bellena, den Blick auf einen Punkt hinter Cletes wuchtige Schultern geheftet, um Peinlichkeit zu vermeiden, »war eins der Kinder, die wir zu dem Beta-Zwo-Alien ins Interface schickten. Dabei kam zur Abwechslung einmal der Alien um. Das muss vor rund sechzig Jahren gewesen sein. Ich war noch in der Schule.«
Heykus verschwendete nie Zeit damit, auf den Busch zu klopfen, außer wenn sich anscheinend kein anderes Vorgehen empfahl. Er erinnerte sich noch immer nicht an den Namen, aber von den Aufzeichnungen über das Vorkommnis und den Unannehmlichkeiten, die sich daraus ergeben hatten, besaß er ganz genaue Kenntnis. Um diesen Vorfall zu vertuschen, waren wochenlange Verhandlungen und eine immense Summe Geld – die man dem Kongress verschwieg – erforderlich gewesen. Und die kleine Hame war ein auf normale Weise geborenes Kind gewesen, kein Retorti; letztere hatten keine Namen, lediglich Nummern, und Heykus zog es vor, überhaupt erst gar nicht an sie zu denken. Sicher, in der Bibel stand nirgends das Gebot »Du sollt keine Retortis herstellen«, doch er vertrat die Ansicht, dass es eigentlich hineingehörte. Er konnte sich sehr wohl ausmalen, wie einst, in finsteren Zeiten, ein Übersetzer über das sonderbare Wort nachgrübelte, das der Herrgott für die semantische Konzeption eines im Reagenzglas gezeugten und im Laboratorium »geborenen« Kinds bestimmt haben mochte, und zu der Auffassung gelangte, dass der frühere Übersetzer oder Schreiber betrunken oder im Wahn gewesen sein musste. Mühelos konnte er sich vorstellen, wie der Mann in der Annahme, es handele sich nicht um das authentische Wort Gottes, sondern um den geistlichen Irrtum eines Menschen, das störende Stück Unfug aus der Heiligen Schrift strich.
»Was will Selena Opal Hame?«, erkundigte Heykus sich unumwunden, weil er über diese theologische Komplikation nicht länger nachdenken mochte. »Eine Entschädigung? Könnte ich ihr nicht verübeln, und wir können sie sicherlich genehmigen. Selbstverständlich in vernünftigem Umfang.«
»Sie ist an dem, um was es jetzt geht, gar nicht direkt beteiligt«, entgegnete Bellena rasch. »Das ist es nicht. Und was sie vielleicht will, weiß niemand. Passiert ist vielmehr folgendes: Bei einem routinemäßigen Test auf Sprachbegabung ist 'n Lingu irgendwie auf Miss Hame gestoßen … und der Sachverhalt hat ihm verdammt kein bisschen gefallen, Heykus.«
Heykus runzelte die Stirn. »Was hatte denn 'n Linguist im Ahornsacker zu suchen, John? Diese Tests sind 'ne Aufgabe unserer Mitarbeiter.«
»Heykus, wenn wir die Linguisten nicht ab und zu auch mal ranlassen, werden sie argwöhnisch. Wie gesagt, 's war Routine. Der Fehler war, ihn nicht von Selena Hame fernzuhalten, und dieser Fehler ist unterlaufen – um ehrlich zu sein, Chef –, weil sie einfach völlig vergessen worden ist. Aber lassen Sie mich betonen, was er sah, hat dem Lingu echt gestunken.«
»So? Und was schert's uns, ob einem Lingu was in den Kram passt oder nicht? Droht er damit, bloß wegen einer Panne im Erinnerungsvermögen von Regierungsmitarbeitern den Betrieb lahmzulegen?« Die Linguisten konnten ein Desaster auslösen, wenn sie es wollten; ihre Mitwirkung auf Dutzenden, ständig stattfindenden Verhandlungssitzungen hatte entscheidende Bedeutung. Doch bislang hatten sie ihre Position noch nie ausgespielt, und es hatte bereits viel ernstere Konflikte gegeben.
»Er ist 'n Angehöriger der Linien, Heykus. Aus dem Chornyak-Haushalt. Sie wissen, wie sie sind. Er begann unverzüglich Formulare auszufüllen. Beschwerden und Eingaben nach allen Seiten.«
»Aha.« Heykus überlegte, und John Bellena wartete höflich auf seine Erwiderung. »Ich durchschaue die Lage nicht so recht«, gestand Heykus schließlich bedachtsam ein. »Wieso interessiert sich ein Linguist der Linien, obwohl er zahllose wichtige Dinge zu erledigen hat, für eine unwichtige Frau in einem bundeseigenen Waisenhaus?«
Bellena seufzte und breitete weit die Hände aus. »Sie ist dort ganz allein, Heykus«, erklärte er. »Sie wissen, was aus den Retortis wird, die wir benutzen, sie schrammen alle mit zwölf oder dreizehn ab, Gott weiß warum. Ich wünschte, wir wüssten's auch, dann könnten wir's womöglich abstellen. Aber diese Hame war kein Retorti, sie ist nicht weggestorben. Heute ist sie 'ne Frau mittleren Alters, so um die sechzig, und sie lebt noch immer in dem Waisenhaus, zusammen mit lauter Kindern und Kleinkindern. Ich glaube, der Lingu hat recht – wahrscheinlich ist sie sehr einsam, und's ist 'ne Schande.«
»Naja, und was schlägt Chornyak vor, was so spät noch getan werden sollte?«
Bellena, der auf dem ComSet-Bildschirm auf Heykus' Schreibtisch sportlich, fesch und überlebensgroß aussah, hob die Schultern. Allem Anschein nach war mit ihm alles in Ordnung. Heykus wusste, wie viel sich den geringfügigsten Details der Körperhaltung und der Bewegungen eines Anrufers entnehmen ließ; darum bestand er auf den allerbesten und größten ComSet-Bildschirmen. In dieser Hinsicht erachtete er Sparsamkeit als unangebracht, und die Leute, die ihn anriefen, wussten im allgemeinen über die Art von Beobachtung Bescheid, der er sie unterzog. Bellena war locker genug – berücksichtigte man die Umstände –, um Heykus den Eindruck zu vermitteln, dass er die volle Wahrheit sprach, so wie er sie sah. Und Heykus war nicht leicht zu täuschen. Viele Jahre lang hatte er in Georgetown linguistische Kurse besucht, und er war schon Mitglied der Linguistischen Gesellschaft Amerikas gewesen, bevor sie ihren Namen in Verband der Sprachwissenschaftler Amerikas umänderte, um zu vermeiden, dass die Vorurteile gegen die Linguisten der Linien auf sie abfärbten. Zwar war er kein Linguist, aber in der Schnellanalyse der nonverbalen Kommunikation so tüchtig wie jeder linguistische Laie in Washington. »Er möchte«, sagte Bellena, »dass wir ihre Verlegung genehmigen.«
»Wohin?«
»Tja, nicht etwa in 'ne andere Bundesanstalt. Er ist der Meinung, dass sie davon jetzt genug hat. Er will sie im Chornyakschen Sterilenhaus unterbringen – dem Schuppen, in dem ihre unfruchtbaren Frauen wohnen. Dort hätte die Hame die Gesellschaft gleichaltriger Frauen. Sie könnte leichte Hausarbeit verrichten, in ihrem schietigen Gemüsegarten helfen, dergleichen eben. Bestimmt wären die Frauen nett zu ihr, Heykus.«
»Können wir das riskieren?«, fragte Clete, stellte die Frage so unvermittelt, dass er den Jüngeren aus seinen höflichen Bemühungen schreckte, seinem Vorgesetzten einen Gesichtsverlust zu ersparen. Bellena wirkte unversehens mehr als verdutzt, und sein Tonfall entsprach seiner Miene.
»Welches Risiko gibt's denn da?«, lautete seine in merklicher Verwunderung geäußerte Gegenfrage. »Wie könnte es dabei 'n Risiko geben? Sie ist geradeso wie die Retortis, die wir ins Interface gesteckt haben, Heykus, nur hat sie die Pubertät überlebt. Sie hat keine Sprache. Gar keine.«
»Keine? Sind Sie in dieser Beziehung vollkommen sicher?« Heykus grollte sich selbst; er hätte den Fall im Auge behalten sollen.
»Überhaupt keine«, bestätigte Bellena mit Nachdruck. »Selbst wenn sie sich noch daran erinnert, was mit ihr geschehen ist – und das ist ausgeschlossen, weil sie damals praktisch noch 'n Säugling war –, kann sie niemandem was davon erzählen.«
Langsam atmete Heykus aus und seufzte. Diese Unerfreulichkeit behagte ihm nicht; sie zeugte von Achtlosigkeit und war völlig überflüssig. »Jetzt verstehe ich, John«, sagte er. »Das ist eine ziemlich traurige Geschichte.«
»Ja, das ist's«, pflichtete Bellena bei. »Und ich schäme mich dafür. Wir haben sie schlichtweg vergessen, und dafür gibt es einfach keine Entschuldigung. Wir hätten sie vor vierzig Jahren aus dem Waisenhaus entlassen und anständig für sie sorgen müssen.«
»Sie gehen mit dem ›Wir‹ reichlich großzügig um«, bemerkte Heykus, »bedenkt man, dass Sie nicht daran beteiligt waren, sie hineinzubringen. Niemand kann Ihnen einen Vorwurf machen.«
»Die Information befindet sich hier in unseren Datenbanken. Ich habe diese Daten alle schon tausendmal durchgesehen. Ich hätte von ihr wissen müssen. Ich wusste von ihr … Als ich hier mit meiner Tätigkeit angefangen habe, war der damalige Unglücksfall eins der ersten Dinge, über die man mich aufgeklärt hat. Ich habe sie vergessen, Heykus, genau wie jeder andere habe ich sie einfach vergessen. Und ich bin absolut kein herzloser Mensch, hätte ich daran gedacht, ich hätte 'n Protest eingereicht. Sie ist kein Tier, sie ist 'n Mensch, und ihr Dasein im Ahornsacker muss unbeschreiblich trostlos sein. Herrjesses … was 'n scheußliches Versäumnis.«
Heykus schwieg einen Moment lang, tippte sich sachte mit einer Fingerkuppe gegen die Unterlippe, musterte Bellena. Dessen Bedauern erweckte einen aufrichtigen Eindruck, beruhte nicht nur auf konventionellen guten Manieren, und das war ein wenig ungewöhnlich. Freilich war die Hame ein Mensch, und es war ihr schlecht ergangen. Allerdings verhielt es sich nicht so, dass man sie um das zum Leben Nötige betrogen hätte. Wie jedes terranische Kind hatte sie jederzeit Anspruch auf hinlängliche Ernährung, Behausung, Bildung und medizinische Versorgung, ein Recht auf Schutz vor Unfällen oder sonstigen Gefahren. Vermutlich war Bellena verheiratet, hatte eine zufriedenstellende Gattin und Kinder, auf die er stolz sein durfte. »John«, sagte Heykus versonnen, »ich bin wie Sie der Auffassung, dass das ein unglückseliges Missgeschick ist. Anscheinend ist's, so wie das meiste, mit dem sich die RA zu beschäftigen hat, ein richtig vertrackter Mist. Irgendwie ist uns die Angelegenheit entglitten, und dahin hätt's nicht kommen dürfen, da gebe ich Ihnen recht. Aber ich bin nicht sicher, ob wir die Frau in ein Haus voller Linguistenfrauen umziehen lassen sollten. Brächten wir sie damit nicht vom Regen in die Traufe?«
»Die Hame ist kein Kind, Sir«, stellte Bellena fest. »Es verhält sich nicht so, als wäre sie 'n Kind, oder wenigstens 'ne junge Frau. Welchen Schaden könnte man dort einer Frau in ihrem Alter zufügen, die nicht einmal Sprache hat? Heykus, sie könnte nie allein leben, sie muss irgendwo sein, wo man sich um sie kümmern, für sie sorgen kann. Und anscheinend möchten die Linguisten sie bei sich aufnehmen.«
»Um mit ihr zu experimentieren.«
Der RA-Mitarbeiter schüttelte heftig den Kopf. »Das habe ich zuerst auch gedacht«, sagte er. »Und wir haben Chornyak gehörig ausgequetscht. Er hat uns darauf hingewiesen, dass Selena Hame längst über das Alter des Spracherwerbs hinaus ist. Vor vierzig Jahren hätten sie sicher noch das eine oder andere mit ihr versucht, glaube ich, aber heute würden sie dafür keine Zeit mehr vergeuden. Sie haben zuviel zu tun, und es ist schon zu spät.«
»Sie haben wirklich das Empfinden, 's wär eine gute Lösung, nicht wahr, John?« Heykus empfand die Betroffenheit des jüngeren Mannes als richtig rührend. Er beschloss, sich für alle Fälle eine Aktennotiz zu machen.
»Ja, tatsächlich. Sie dürfte nicht mehr im Waisenhaus sein. Herrje, Heykus, sie hat's noch nie verlassen, sie ist nie über das Gelände des Heims hinausgelangt. Sie muss doch ein bisschen vom Leben haben! Nachdem wir jetzt auf den Sachverhalt aufmerksam geworden sind, stehen wir ganz einfach unter Zugzwang. Wir können nicht vorgeben, wir wüssten nichts. Und die Linguisten kennen die Vorgeschichte, also brauchen wir für die Hame keine falsche Identität aushecken, nichts dergleichen wäre erforderlich. Kein Fremder darf die Wohnsitze der Linguisten-Linien betreten, also wäre auch jede andere Sorge überflüssig. Unter den gegebenen Umständen halte ich's für die ideale Lösung. Deshalb glaube ich, wir sollten darauf eingehen.«
Heykus sah voraus, wie die Diskussion enden musste, doch die Vorstellung, sich in einer solchen Sache gegenüber den Linien nachgiebig zu zeigen, behagte ihm nicht. Ein beispielloser Präzedenzfall würde entstehen. »Und was passiert«, fragte er, »wenn wir nicht einwilligen?«
»Falls wir ablehnen, werden die Chornyaks bestimmt irgendeine Taktik anwenden, um uns unter öffentlichen Druck zu setzen. Mein Vorschlag ist, dass wir einen Schlussstrich ziehen, bevor's dazu kommt, und zwar in aller Diskretion, ohne erst noch vierzig andere Dienststellen einzuschalten und dass alles rumerzählt wird. Darum habe ich ja Sie angerufen.«
»Würden sie's wirklich an die Große Glocke hängen, John? Könnten sie das, ohne ihre eigene Beteiligung an dem Projekt offenzulegen?«
John Bellenas Haltung versteifte sich, er starrte Heykus Clete unverhohlen an. Sein Gerät lieferte kein so qualitativ ausgezeichnetes Bild wie Heykus' ComSet, er hatte nur den standardmäßigen Dienstapparat mit leicht flimmrigem Bild, aber sehen konnte er seinen Vorgesetzten. »Heykus«, fragte er nachdenklich, »verstehen Sie Lingus?«
»Nein, natürlich nicht.« Das war eine Lüge, die Heykus als gerechtfertigt einstufte, und zudem bezeugte sie Bescheidenheit.
»Tja, und ich auch nicht. Und das gleiche gilt für alle Leute, die ich kenne, sämtliche Eierköpfe der Welt zusammengenommen mitgerechnet. Ich will nicht bestreiten, dass es den Lingus vielleicht gelingen könnte, in den Medien eine verzerrte Darstellung zu verbreiten, die uns in die Scheiße hineinreitet, während sie mit weißer Weste dastehn. Aber das wären bloß Worte, Heykus. Das wär's, was sie tun würden. Darin sind sie ja besser als jeder andere. Wenn Sie der Meinung sind, wir können's uns leisten, geben Sie mir 'ne entsprechende Anweisung, und ich sage nichts mehr. Dann werde ich ihnen mitteilen, dass sie die Hame nicht kriegen, und wir werden für sie was anderes arrangieren. Aber ich bin nicht dazu bereit, die Ablehnung ohne Segen von oben vorzunehmen.«
Heykus nickte. Langsam und widerwillig, doch er nickte. Bellena hatte recht. Wenn man ein paar Gelegenheiten gehabt hatte, um die abartige Gerissenheit und Tücke der Linguisten kennenzulernen, die Art und Weise, wie sie Sprache – ihre einzige Waffe – einzusetzen verstanden, sah man bald ein, dass es schneller und schmerzloser war, aus einer Luftschleuse ins All zu hüpfen, als sich mit ihnen ernsthaft anzulegen.
»Also gut«, sagte Heykus. »Unter der Voraussetzung, dass wir nicht befürchten müssen, sie veranstalten Wirbel, auch wenn wir ihre Forderung erfüllen.«
»In dieser Hinsicht haben sie sich eindeutig festgelegt. Wenn wir ihnen die Frau überlassen, wollen sie die Sache nicht weiterverfolgen. Sie halten uns für üble Schufte – nicht ganz ohne Grund, möchte ich mal sagen – und möchten die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen, um wieder an die Arbeit gehen zu können.«
»Die Sache ist wirklich keine Aufregung wert«, meinte Heykus abschließend. Sie war zu läppisch, um sich deshalb mit den Linien zu zanken, Präzedenzfall oder nicht. Vermutlich war es klüger, nicht den Eindruck zu begünstigen, dass die Regierung sie anders als läppisch einschätzte.
»Nein, nicht. In keiner Beziehung.«
»Dann wickeln Sie's ab«, sagte Heykus, nachdem er seine Entscheidung getroffen hatte. Irgendwo tief in den Datenbanken ihrer Computer würden die Männer der Linien eine Notiz speichern; und irgendwann in der Zukunft würde ein Tag kommen, an dem sie sich entsannen, ihm etwas abgetrotzt zu haben, und sie würden den vergangenen Erfolg als Hebel verwenden, um bei ihm etwas anderes, das sich jetzt noch nicht voraussehen ließ, zu erreichen. Aber damit beabsichtigte er sich zu befassen, sobald es dazu kam. Oder sein Nachfolger würde sich damit beschäftigen. Viele Jahrzehnte waren verstrichen, seit man den Quatsch eines obligatorischen Pensionsalters für Regierungsmitarbeiter abgeschafft hatte, aber freilich war Heykus sich darüber im Klaren, dass er nicht ewig weitermachen konnte. Und man kannte die Linien für ihr langes Gedächtnis und ihre bemerkenswerte Geduld.
»Vielen Dank, Heykus. Offen gestanden, ich fühle mich erleichtert.«
»Brauchen Sie was Offizielles von mir?«
»Nein, wird nicht erforderlich sein. Formulare können wir auch ausfüllen. Aber ich wollte Ihre mündliche Genehmigung, ehe wir den ganzen Vormundschaftskram umgehen.«
»Sie haben mein Einverständnis. Und ich bin froh, dass Sie mich angerufen haben. Wie rasch können Sie das erledigen?«
Zum ersten Mal lächelte Bellena, und Heykus bemerkte, dass es sich um eines jener Lächeln handelte, die man gemeinhin als ›jungenhaft‹ bezeichnete; das war ihm noch nie aufgefallen. Er nahm sich vor, dem jungen Mann eine Notiz mit der Empfehlung zu schicken, daran etwas zu ändern; so ein Grinsen passte keinesfalls zu seiner dienstlichen Position.
»Die Hame kann morgen früh im Chornyakschen Sterilenhaus eintreffen. Sie muss erst einer medizinischen Routineuntersuchung unterzogen werden, sonst würden wir sie noch heute verlegen.«
»Prächtig, John. Aber setzen Sie 'n MedRob ein. Wir sollten vermeiden, dass irgendwelche Med-Sammies ihre Nase in den Fall stecken und uns auch noch lästige Fragen stellen.«
»Völlig klar. Sie können sich darauf verlassen.«
»Sonst noch was?«
»Nein, das wär's. Jetzt will ich Sie nicht länger von der Arbeit abhalten.«
Die Bildfläche wurde dunkel. Clete blieb ruhig am Schreibtisch sitzen, las vom Display im Sockel des Apparats den Physiostatus ab. John Bellenas Puls- und Herzschlag, Blutdruck, elektrolytisches Gleichgewicht, Transpiration und Schweißzusammensetzung erwiesen sich als langweilig normal. Diese Tatsache bestätigte lediglich Cletes Erwartungen. Bellena war ein tüchtiger, verlässlicher Mitarbeiter. Kein eifriger Christ, aber ein anständiger Kirchgänger. Nun erinnerte sich Heykus: Es gab eine Mrs. Bellena. Eine schlampige Blondine, die man stets in Begleitung zweier kleiner, bleicher, ebenfalls blonder Töchter sah. Bellena war ein zuverlässiger, innerlich gefestigter Mann, die Physiostatus-Kontrolle eigentlich überflüssig.
Aber Heykus ließ die Physiostatus-Kontrolle nie aus. Gerade infolge solcher Fahrlässigkeiten kamen Fehler zustande. So kam es dazu, dass Mitarbeiter, die unter diesem oder jenem Druck standen, ohne dass man davon erfuhr, in Positionen blieben, in denen sie Unheil anrichten konnten. Selbst wenn Bellena ihn täglich zehnmal anriefe, würde Heykus jedes Mal die Physiostatus-Kontrolle vornehmen. Wenn jemand von der RA anrief, war sie besonders wichtig. Ein RA-Mitarbeiter hatte mehr Gründe, aus denen er psychisch überlastet werden mochte, als irgendein durchschnittlicher Büromensch. Heykus hielt es für unverzichtbar, die RA-Mitarbeiter unter wirklich aufmerksamer Beobachtung zu haben.
Was Selena Opal Hame betraf … Er überlegte, dann begann er am Terminal zu tippen, rief die entsprechenden Daten ab. Es ärgerte ihn nach wie vor, sie vergessen zu haben; das sollte ihm kein zweites Mal unterlaufen; er fasste den Vorsatz, die Daten für eine regelmäßige Wiedervorlage zu kennzeichnen und sich künftig in gewissen Abständen berichten zu lassen.
Und nachdem er durchgesehen hatte, was er den Computerhirnen an Informationen über die Hame entnehmen konnte, wollte er nachschauen, was sich über das schöne Planetentrio finden ließ, das ihm von den Sowjets weggeschnappt worden war, ohne dass ihn an seinem Schreibtisch nur die geringste Vorwarnung erreicht hätte. Sein Stab wusste verdammt gut, dass ihn diese Gruppe von drei Planeten besonders interessierte. Man hätte ihm melden müssen, dass die Sowjets etwas im Schilde führten, und er beabsichtigte herauszufinden, warum man es nicht getan hatte. Falls irgendwer seine Aufgaben vernachlässigt hatte, würde er, bevor der Vormittag vorbei war, in Heykus' Büro antanzen müssen. In Heykus' Leben gab es keinen Platz für Inkompetenz, weder bei ihm, noch bei anderen Personen. Wenn die Arbeit, die man leistete, das Werk Gottes war, hatte man kein Verständnis für die Ausreden anderer Leute, und man duldete ebenso wenig bei sich selbst irgendwelche Ausflüchte.
Weil er ein Mann von überdurchschnittlicher Intelligenz und klarem Verstand war, von Geburt an bauernschlau und auf der Hut, hatte Heykus nie die Versuchung verspürt, jemandem von dem Engel zu erzählen. Er lebte nun seit einem halben Jahrhundert mit seinem Geheimnis, und er hatte vor, damit bis zu seinem Ende zu leben. Nie hatte er den Wunsch gehegt, seinem Dasein chemische Zügel anzulegen, aufgrund der er bloß gerade noch so eben spürte, dass er lebte. Aber ab und zu, wenn er sehr müde war, hatte er das Gefühl, als ob seine gesamte Müdigkeit sich wie ein Stein auf die Stelle in seinem Gewissen drückte, wo das Geheimnis des Engels ruhte; dann wanderte Heykus mit Aufblaszelt und Faltrucksack in die Wildnis und blieb dort, bis die Anwandlung verflog. Doch auch unter solchen Umständen galt die Versuchung, die ihn plagte, nur dem Reden über die Botschaft, keinesfalls der Preisgabe ihrer Quelle.
Es geschah in seinem dritten Jahr am Priesterseminar der Vereinten Reformierten Baptisten in Tulsa, dass ihm der Engel erschien. Heykus war der Liebling seiner verschiedenen Lehrer gewesen: Ein brillanter, stattlicher, netter junger Mann von inbrünstiger Frömmigkeit, aber keineswegs auf weibische Art, leidenschaftlich in seiner Verehrung des Heilands, begabt zum Kanzelredner und mit einem unbekümmerten Drang zur Macht, ein charismatischer junger Predigeranwärter, auf den Seminar und Fakultät bis weit in die Zukunft würde stolz sein dürfen; so hatte man ihn gesehen. Man hatte erwartet, aus ihm würde ein neuer Billy Graham, ein zweiter Marcus Graynje, ein neuer Clark Ndala; es war erwartet worden, er würde die Erde entflammen von Liebe zum Wort Gottes, Missionare inspirieren, die dann ihrerseits die Kolonien der Erde mit eben dieser Liebe entflammen könnten. In jeder Hinsicht hatte man ihn hochgeschätzt, und er hatte die Wertschätzung erwidert. Das Priesterseminar und alles, was damit zusammenhing, war ihm lieb und teuer gewesen; jede Kleinigkeit hatte ihm soviel Freude bereitet, als wäre sie haargenau auf ihn zugeschnitten worden.
So blieb es, bis ihm der Engel erschien. Das war an einem Abend, als – Gott sei Dank – Heykus' Zimmergenosse fürs Wochenende nach Hause gefahren war und er sich allein im Zimmer aufhielt. Er hatte studiert; wie er vermutete, verkörperte die Heimfahrt seines Zimmergenossen einen Versuch, seinem überstarken Vorbild zu entrinnen, das sich in seinem fortwährenden Studieren ausdrückte, dem er sich mit solcher Hingabe widmete, dass Heykus darüber leicht das Essen und Schlafen vergaß.
Auf gewisse Weise sah er den Engel vor seinem geistigen Auge noch immer vor sich, auf eine ganz seltsame Weise des Sehens, für die er keine Worte wusste. Das hieß, obwohl er den Eindruck hatte, ihn nach wie vor sehen zu können, ein Teil seines Geistes ihn noch direkt vor sich erblickte, hätte er sein Aussehen in keiner Beziehung zu beschreiben vermocht. Nicht etwa, weil es ihm an Worten gemangelt hätte – Heykus hatte eine sehr ungnädige Einstellung zu Behauptungen der ›Mystiker‹, die anführten, für das, was sie schauten, gäbe es keine Worte –, sondern als ob er einen Augenschaden hätte, oder als wäre die Verbindung zwischen seinen Augen und dem Gehirn gestört. Als wären seine Augen zu erfassen außerstande, was sie sahen. Er nahm an, es war so ähnlich, als sähe man etwas in einer Fremdsprache geschrieben, zwar erkannte man sie als Fremdsprache, konnte das Geschriebene jedoch nicht entziffern.
Mit der Stimme des Engels hatte er keine derartigen Wahrnehmungsprobleme. Bis auf den heutigen Tag hörte er sie so klar und deutlich, als spräche der Engel immer noch zu ihm, er erinnerte sich mit vollkommener Genauigkeit an jedes Wort. Diese Stimme hatte dazu den Anlass geliefert, dass er das Priesterseminar verließ, obschon er erst zum Bakkalaureus der Religionswissenschaft aufgestiegen war, anstatt (wie ursprünglich geplant) zum Professor der Theologie. Die Stimme des Engels war es gewesen, die ihn dazu bewogen hatte, statt eine Laufbahn im Klerus einzuschlagen, eine Karriere im Außenministerium zu wählen und schließlich im Referat Analyse & Übersetzung erfolgreich tätig zu werden.
Damit hatte er seiner Mutter das Herz gebrochen … Wie so viele Frauen übte sie sich in übertriebener, aufdringlicher Frömmigkeit, und als sich die Aussicht abzeichnete, dass er ein großer Prediger werden sollte, war sie von kindischem Stolz besessen gewesen. Dagegen hatte sich sein Vater gefreut. Er hatte die Bereitschaft gehabt, seinen Sohn in der Wahl des religiösen Werdegangs und bei dessen Absolvierung vollauf zu unterstützen; doch er hatte keinen Hehl daraus gemacht, wie froh es ihn stimmte, als Heykus seine Absicht änderte und nicht für die Kirche, sondern auf dem männlicheren Parkett der Diplomatie und Politik zu wirken anfing. Und was die Lehrer und Professoren des Priesterseminars anging … Eine Zeitlang hatte Heykus befürchtet, sie würden ihre Opposition gegen die Änderung seiner Pläne nie einstellen. Zunächst hatten sie ihn offen beschworen, davon abzusehen, er hatte sich alles mögliche Geschwafel über die Vergeudung seines Talents anhören müssen; danach war mit subtileren Methoden auf ihn Druck ausgeübt worden; zuletzt hatte man einige schmutzige Tricks angewendet, die ihn damals, als in seiner jugendlichen Vorstellung noch der gesamte Klerus aus lauter Heiligen und Märtyrern bestand, tief bestürzt hatten. Der Klerus war nicht unbedingt die angesehenste Berufsgruppe der Vereinigten Staaten, aber ihre Reputation keineswegs schlecht; jedenfalls lernte er daraus, dass einflussreiche Kleriker, wenn es sich um etwas drehte, das ihnen wichtig war, an einer überraschenden Vielzahl von Fäden ziehen konnten. Doch Heykus hatte allem getrotzt, über die schmutzigen Tricks war er so mühelos hinweggegangen, wie er die Frivolitäten des Schlafens und Essens ignorierte, und am Ende hatte man ihn in Ruhe und sein eigenes Leben führen lassen. Nie hatte er die Abänderung seines Lebenslaufs jemandem erklärt; das war ihm vom Engel verboten worden.
»Heykus Joshua Clete«, hatte der Engel zu ihm gesagt, »vernimm meine Worte und wisse, es sind die Worte des Allmächtigen Gottes. Wisse, dass ich ein Bote des Himmels bin, der alle Welten regiert und was darauf lebt. Höre mich an!« Heykus hatte mit voller Aufmerksamkeit zugehört; er war auf die Knie gefallen und hatte jedem einzelnen Wort des herrlichen unsichtbaren Wesens gelauscht, das er dennoch sah. Die Menschheit, so hatte der Engel erläutert, verließe nun ihre Wiege. Das geschähe nicht, weil sie bereits reif genug für eine solche Freiheit, sondern weil sie offenbar dazu entschlossen wäre, sich andernfalls selber zu vernichten, und weil sie darauf beharrt hätte, die Heilige Schrift falsch zu deuten. Die Wiederkunft Christi stünde nunmehr wahrhaft bevor, hatte der Engel gesagt. Aber »bevorstehen« hieße für Gott etwas völlig anderes als für Menschen, und es bliebe Zeit für ein großes, noch nicht einmal begonnenes Werk. Es bliebe eine Zeitspanne – eine Frist bis zum Jüngsten Gericht, bis sich Christus in Wolken der Glorie zeigte und Seine geliebten Kinder in der letzten Verzückung um sich scharte –, um das neue heilige Werk, all den anderen Welten die frohe Kunde des Heils zu bringen. Außerhalb der kleinen Erde seien zahllose Milliarden von Seelen, hatte der Engel dargelegt, noch zur ewigen Finsternis verdammt, weil das Wort des Heils sie bislang nicht erreicht hätte. Noch bliebe genug Zeit, um diese Seelen zu erlösen, hatte der Engel versichert, so viele von ihnen, wie die Kunde vom Heiland vernähmen und glaubten, sich den Reihen der Gesegneten anschlössen. Dies gewaltige Werk hätte die Menschheit schon längst beginnen müssen, hatte die Stimme des Engels gedonnert, so dass Heykus zitterte, doch stattdessen hätte sie auf der Torheit bestanden, auf ihrem Kindergartenplaneten Krieg zu spielen, ihre Kräfte und Mittel für sinnlosen Blödsinn verschwendet, anstatt das heilige Werk im Sinne der Pläne Gottes fortzusetzen. Deshalb hätte Gott sich in Seiner Unendlichen Gnade zum Eingreifen entschlossen, damit die Menschheit sich nicht vernichtete und dadurch den Rest des Universums samt und sonders der immerwährenden Verdammnis anheimfallen ließe. Der Mensch sollte jetzt Wege erhalten, um bis an die entferntesten Grenzen des Weltraums zu reisen, damit die Lehre des Heils überall verbreitet und zum Ruhme Gottes Seelen gerettet werden könnten, ehe die Letzten Tage anbrächen. »Du, Heykus«, hatte der Engel gesagt, »wirst dem Himmlischen Vater als Sein auserwähltes Werkzeug dienen. Verlasse diesen Ort! Verwirf deine kleinen, närrischen Ziele, denn du bist für höhere Zwecke bestimmt. Dein Platz ist in den Häusern der Regierung, wo man die Pläne schmiedet und für ihre Ausführung sorgt, dank der Welt um Welt der Gemeinde des Universums zugeführt werden soll.«
Der Engel hatte ihm genau geschildert, mit welchem Vorgehen seine neuen Ziele zu erreichen man von ihm erwartete; darum hatte Heykus nie den geringsten Zweifel daran gekannt, dass er die erforderlichen Posten, die verdienten Beförderungen, für seine Projekte die unentbehrlichen Gelder erhielt. Es war ja nicht sein Plan, den er verwirklichte, es war der Wille des Allmächtigen Gottes, und was zählten die Launen einiger weniger Bürokraten neben den Absichten des Allmächtigen?
Sonderbarerweise hatte der Engel die Sowjetunion nicht erwähnt. Heykus brachte nicht die Vermessenheit auf, darin ein Versehen zu erblicken – sein Gott machte keine Fehler –, doch hatte er sich schon oft gewünscht, der Herrgott hätte es als richtig erachtet, mit seinen Weisungen mehr ins Detail zu gehen, was die Frage des Umgangs mit der UdSSR betraf. Konkurrenzreligionen bedeuteten keine so ernste Gefahr; Heykus war der Überzeugung, dass die Heerscharen von Missionaren, die zu fremden Welten reisten, beizeiten Möglichkeiten fanden, um Buddhisten, Moslems, Taoisten, Freie Animisten, Shintoisten und den ganzen buntgescheckten Rest zu bekehren, für Christus und die Auferstehung zu gewinnen. Selbst die Religionen der Aliens, welcher Art sie auch sein mochten, würden den Soldaten Christi – daran zweifelte er nicht – schlussendlich unterliegen, falls die Zeit es zuließ, dass die Missionare sie erreichten und die Sprachbarrieren überwunden werden konnten. Doch hatte die UdSSR einen Planeten erst einmal für sich in Beschlag genommen, stand Heykus vor ernsten Problemen. Den christlichen Missionaren wurde der Zutritt zu solchen Welten verwehrt, glattweg verweigert; alle Versuche, sie mit der Frohen Botschaft zu beglücken, ganz gleich, mit welchem Medium, unterdrückte die Zensur an jedem Zugang schnell und gründlich. Deshalb war jede Welt, die die Sowjets in Besitz nahmen, ob klein oder groß, allem Anschein nach eine dem Allmächtigen vorenthaltene Welt … Wie es um die sowjetischen Christen stehen mochte, erfuhr man überhaupt nicht.
–konnte die Frist vorüber sein,