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Jürgen Hübschen

OPA WERDEN, DAS IST SCHWER,
OPA SEIN, DANN GAR NICHT MEHR

agenda

Jürgen Hübschen

OPA WERDEN, DAS IST SCHWER
OPA SEIN DANN GAR NICHT MEHR

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agenda Verlag
Münster
2016

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in
der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2016 agenda Verlag GmbH & Co.KG
Drubbel 4, D-48143 Münster
Tel.: +49-(0)251-799610 | Fax +49-(0)251-799519
www.agenda.de | info@agenda.de

Umschlagfoto: Matthias Hübschen
Layout, Satz und Umschlaggestaltung:
Rosalia Kopplin, Sharin Leitheiser

ISBN 978-3-89688-557-9
eISBN 978-3-89688-558-6

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Opa, was oder wer ist das überhaupt?

Kinder2 oder ohne Kinder keine Enkel

Alte Väter - alte Opas

Die Tabu-Liste

Die Enkelkind Warteschleife Teil I

Das „Drinnen-Enkelkind“ oder Warteschleife Teil II

Es ist da und mit ihm das Glück

Enkelkinder, das schönste persönliche Fitness-Programm

Lass man Opa, ich mach schon

Enkel-Teenies und Enkelmänner

Hurra, es bleibt – eine fast philosophische Schlussbetrachtung

VORWORT

Vwerden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr. Dieses Sprichwort kennt wohl jeder, und die Mehrzahl von uns sieht das auch so. Aber was ist eigentlich mit dem Opa Werden und dem Opa Sein? Gilt das Sprichwort für den Fall analog oder ist es damit vielleicht anders, vielleicht sogar umgekehrt?

Genau mit dieser Frage beschäftigt sich dieses kleine Büchlein und versucht darauf eine Antwort zu geben.

Die geneigten Leserinnen und Leser fragen in diesem Zusammenhang natürlich zu Recht, ob der Autor eigentlich überhaupt kompetent ist, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.

Im Klartext heißt das, ob ich befugt bin, die Frage zu beantworten und woraus ich meine Kompetenz ableite. Die Antwort ist total einfach: Meine Frau und ich oder, um es noch konkreter zusagen: Meine lebenslange Frau und ich haben vier erwachsene Kinder, drei Söhne und eine Tochter, die uns im Laufe der letzten fast 12 Jahre, 7 Enkelkinder geschenkt und ein 8. in Auftrag gegeben haben.

Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass dieses Opa Werden also auch nicht schwer ist, weil wir die Enkel ja einfach so bekommen haben, also scheinbar ohne eigenes Zutun. Und da genau irrt der unbedarfte Beobachter, weil er nämlich vergisst, was eigentlich alles vorher passieren muss, bevor man diesen Opa-Status erreicht.

Und wie es dann so mit den Enkeln ist, also dieses Opa Sein, das ist ja ein völlig anderes Thema.

Wer also über die Voraussetzungen für das Opa Werden mehr wissen will und darüber hinaus interessiert ist zu erfahren, was es mit dem Opa Sein auf sich hat, dem empfehle ich die Lektüre dieses kleinen Buches.

Greven im Sommer 2016

P.S.

Ob das mit dem Oma Werden und Oma Sein so ähnlich ist, könnte ich mir zwar vorstellen, aber darüber sollen die Omas lieber selber schreiben!!

OPA, WAS ODER WER IST DAS ÜBERHAUPT?

Im Laufe eines langen Lebens und dem Verfassen der unterschiedlichsten mehr oder weniger wissenschaftlichen Arbeiten oder auch Vorträgen, habe ich gelernt, dass es sinnvoll, eigentlich sogar notwendig ist, wesentliche Begriffe zu definieren und außerdem das Thema einzugrenzen. Man legt also für sich ganz subjektiv fest, was unter einem bestimmten Begriff zu verstehen ist und was eben nicht und wie und warum man das Thema eingrenzen möchte. Im Regelfall dient eine solche Eingrenzung der eigenen Trägheit aber auch der zeitlichen Belastung der betreffenden oder vielleicht auch betroffenen Leser, natürlich auch Leserinnen und/oder der Zuhörer und deren weiblichen Pendanten (oder wie heißt die weibliche Form von Pendants?)

Damit nun nicht der Eindruck entsteht, es handele sich bei diesem Büchlein um den Versuch eines trivial-wissenschaftlichen Werkes, will ich nur noch schnell sagen, was für mich im konkreten Fall ein Opa ist, und was nicht.

Also, ein klassischer Opa ist ein Mann, der eine Oma zur Frau hat oder in traurigen Fällen vielleicht einmal hatte. Es handelt sich also nicht einfach um irgendeinen alten Mann, Knacker oder feinen älteren Herrn, der lediglich schon ziemlich lange auf der Welt ist, sondern eben um den Ehemann einer Frau, mit der er schon so lange ein gemeinsames Leben führt, dass er sich kaum noch erinnern kann, wann das eigentlich angefangen hat. In diesem Büchlein ist der Opa der Mann von der Oma, die früher mal seine Frau, davor seine Verlobte und noch weiter davor seine Freundin gewesen ist.

Ich weiß, dass es natürlich auch den s.g. Patchwork Großvater gibt, also einen Opa, der diesen Status praktisch ohne entscheidende Eigenleistung erworben hat, weil die Patchwork-Oma das Enkelkind oder die Enkelkinder schon mitgebracht hat. So ein Old-Timer muss ja theoretisch nicht einmal eigene Kinder haben, um mit Enkelkindern prahlen zu können. Diese Sorte Opa nehme ich zwar zur Kenntnis, ist aber in meinem kleinen Büchlein nur eine Randerscheinung.

Ich bin ja Westfale, genauer gesagt Münsterländer, und deshalb geht es in diesem Büchlein schlicht und einfach um den Menschen, den die Enkelkinder Opa nennen und zwar mit zwei „P“, also die klassische Opa Ausführung.

Früher, in dieser bewussten Zeit, die manche als die gute alte verklären, in dieser Zeit hatte so ein klassischer Opa immer eine normale Stoffhose an, dazu ein Oberhemd, manchmal mit auswechselbarem Kragen und, wenn es kalt war noch eine von Oma gestrickte Wolljacke. Die Hose hatte keinen Gürtel, sondern Hosenträger und zwar solche, die vorne links und rechts mit jeweils zwei Enden aus Leder an insgesamt 4 Hosenknöpfen befestigt wurden. Nun hält ja so eine Hose nicht, wenn die Träger nur vorne festgemacht werden, und deshalb gab es natürlich hinten auch aus Leder gefertigte solide Enden. Wenn der Hosenträger praktisch auf halber Strecke zwischen Nacken und Hose geteilt war, dann gab es an der Hose hinten auch links und rechts jeweils 2 Knöpfe, wobei die Knopfpaare natürlich nicht denselben Abstand von einander hatten wie vorne, weil es auch früher schon hinten keinen Bauch gab. Bestand der Hosenträger hinten aus nur einem Strang, dann wurde dieser an nur zwei Lederenden an insgesamt nur zwei Knöpfen befestigt. Diese Knöppe, wie man im Münsterland sagt, befanden sich links und rechts von der Hosenmitte oder, wenn man will, links und rechts in der Verlängerung der Porille.

So ein Opa hatte mindestens einen Schnauzbart, aber noch öfter einen Gesichtsschmuck wie Kaiser Wilhelm.

Tagsüber machte Opa alles Mögliche und erledigte vor allem die Dinge, zu denen die Eltern nicht kamen, wie man so schön sagte oder aus deren Sicht einfach nicht wichtig waren. Als Enkelkind konnte man nicht nur zuschauen, sondern durfte beim Opa alles mitmachen, und wenn Opa danach war, hat er dabei auch was erzählt oder eben Dinge erklärt, die man sonst vielleicht nie oder erst Jahre später gelernt hätte. So ein Opa war natürlich auch im Krieg gewesen, aber davon hat er nie erzählt.

Abends saß er im Lehnstuhl, gern direkt neben dem Küchenofen, rauchte eine Pfeife oder einen Zehner-Stumpen und hing seinen Gedanken nach. Ein Opa war meistens wenig gesprächig, es sei denn ein Enkelkind setzte sich auf seinen Schoß und löcherte ihn mit allen möglichen Fragen.

Wenn Opa in die Stadt ging, egal, ob nur so oder in die Kirche oder ins Gasthaus, trug er meistens einen Anzug und zwar mit Weste, den sonst hätte er ja keinen Platz für die Taschenuhr gehabt. Natürlich hatte Opa immer einen Hut auf und meistens auch einen Spazierstock dabei, der unten eine Metallspitze hatte und manchmal sogar selbst geschnitzt war. Unsere Eltern und auch wir Kinder benutzten Opas Stock immer, wenn wir am Ende des Sommers Brombeeren pflückten. Wir hauten damit die Brennnesseln runter und oder zogen mit dem Handgriff die Ranken so zu uns ran, dass wir die dicksten Beeren ernten konnten.

Solche Opas mit Schnauzbart oder Kaiser Wilhelm Gesichtsschmuck, Taschenuhr und Stock sind mittlerweile fast ausgestorben, und jeder von uns sollte froh und dankbar sein, wenn er so einen ganz besonderen Menschen noch erleben durfte.

Und wie sieht so ein Opa heute aus? Kann man am Äußeren erkennen, ob es sich bei einem Mann mittleren Alters oder, wie man so schön sagt, bei einem älteren Herrn um einen Großvater handelt?

Hat so ein Mann viele oder nur noch wenige Haare und sind diese blond, schwarz, rot oder auf jeden Fall grau oder sogar schon weiß? Geht er noch gerade oder schon gebeugt? Hat er einen Stock oder vielleicht sogar schon einen Rollator? Wenn er in Begleitung einer Dame ist, handelt es sich dann um eine Oma? Wenn ein Mann in der Stadt einen Kinderwagen schiebt, kann man dann ausschließen, dass es sich um einen Opa handelt? Ist ein Mann mit einem kleinen Kind an der Hand immer ein Vater oder könnte es auch ein Großvater sein? Sieht man einen Mann auf einem Mountain- oder Trecking Rad, schließt das aus, dass zu Hause ein Enkelkind auf ihn wartet? Ist ein Mann, der den Giebel seines Hauses mit einem neuen Anstrich versieht, immer nur ein Anstreicher oder könnte es auch ein Großvater sein? Sieht man im Flughafen ein offensichtlich glückliches Paar mit einem etwas länger zurückliegenden Herstellungsdatum, kann man da sicher sein, dass es sich um Großeltern handelt? Trifft man im Freibad einen Herrn, dessen Schulzeit offensichtlich schon länger zurückliegt, der aber krault wie ein Zwanzigjähriger, könnte das ein Opa sein oder in gar keinem Fall?

Wenn man im Sommer jemanden in kurzen Hosen sieht, dessen Beine offensichtlich schon lange keine Sonne mehr gesehen haben, ist das einer aus dieser Spezies der Opas, obwohl er zu seinen Sandalen keine Socken trägt?

Wir könnten diese Liste von Fragen ein ganzes Kapitel lang fortsetzen und hätten noch immer keine verlässlichen Merkmale, ob es sich bei einem Herrn älteren Semesters um einen Opa handelt oder nicht, weil die heutigen Opas meistens nicht zweifelsfrei als solche zu erkennen sind. Es gibt eben, wie man so schön sagt, sonne und sonne.