Ingo Pies
Moderne Klassiker der Gesellschaftstheorie
Von Karl Marx bis Milton Friedman
Mohr Siebeck GmbH & Co. KG
UTB Band 4575
ISBN print 978-3-8252-4575-7
e-ISBN EPUB 978-3-8385-4575-2
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Die „Ordonomik“ arbeitet mit einer Diagnose der Moderne sowie mit verschiedenen analytischen Kernelementen, die darauf abzielen, die (sozialstrukturellen) Ordnungen des Handelns und die (semantischen) Ordnungen des Denkens durch wechselseitige Anpassungen miteinander vereinbar zu machen. Zugrunde liegt ein sozialwissenschaftlich informierter Zugang zur Normativität. Die Stoßrichtung zielt auf politische Aufklärung, insbesondere auf die Vermeidung von Denkfehlern. Vgl. als Überblick Pies (2009), (2012), (2006, 2015) sowie (2014). – Hinweis zur Zitation: In diesem Buch werden verwendete Quellen durch Autorennamen, Jahreszahl(en) sowie ggf. durch Seitenverweise im Text und in den Fußnoten kenntlich gemacht. Der vollständige Quellennachweis findet sich in den Literaturverzeichnissen am Ende der jeweiligen Beiträge. Stehen hinter einem Autorennamen zwei durch ein Komma getrennte Jahreszahlen, so zeigt die erste Zahl das Erscheinungsjahr der Erstausgabe, die zweite Zahl das Erscheinungsjahr der zur Zitation verwendeten Ausgabe an. Die Abkürzung H.i.O. steht für „Hervorhebung(en) im Original“.
Sämtliche Bände sind im Literaturverzeichnis einzeln aufgeführt.
Dieser gesellschaftstheoretische Impetus kann auch an deutsche „Klassiker“ anknüpfen, man denke nur an die „Interdependenz der Ordnungen“ bei Walter Eucken (1952, 1990; S. 180–184).
Hier ordnet sich John Rawls (1971, 1979; S. 19) ein: Für ihn ist Gerechtigkeit „die erste Tugend sozialer Institutionen“.
Auf weitere Beispiele wird im Folgenden noch eingegangen.
Bis in seine neuesten Schriften hinein hat Rawls seine Formulierung der Gerechtigkeitsgrundsätze immer wieder verändert und präzisiert. An dieser Stelle reicht es aus, den Grundgedanken vorzustellen, ohne auf die speziellen Einzelheiten einzugehen: Rawls unterscheidet zwei Gerechtigkeitsgrundsätze. Der erste fordert ein möglichst hohes Niveau gleicher Grundfreiheiten; der zweite, prinzipiell nachgeordnete, Grundsatz formuliert zwei Bedingungen zulässiger Ungleichheit: Ungleichheit dürfe nur aufgrund gleicher Startchancen zustandekommen, und selbst dies nur insoweit, als von solcher Ungleichheit die am schlechtesten Gestellten profitieren. Der erste Grundsatz stellt auf eine Garantie des bürgerlichen Status als citoyen ab und ist dem zweiten Grundsatz lexikalisch vorgeordnet, der die Bedingungen regelt, unter denen die Gesellschaft als ein faires Positivsummenspiel aufgefasst werden kann, und zwar in dem Sinne vorgeordnet, dass die (zugelassenen) sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten nicht auf eine (unzulässige) politische Ungleichheit durchschlagen dürfen.
Rawls (1992; S. 119ff.) nennt diese beiden Momente „Freiheit als Unabhängigkeit“ und „Freiheit als Quelle von Ansprüchen“. Dies entspricht dem Stand zu Anfang der 80er Jahre. Mitte der 80er Jahre führt Rawls (1992; S. 277–282) ergänzend ein drittes Moment an: „Freiheit als Verantwortung“. In einer wohlgeordneten Gesellschaft verfügen Personen, die zu sozialer Kooperation fähig sind, über die Fähigkeit, die Realisationsbedingungen ihrer Konzeption des Guten zu reflektieren, d.h. Ziele und Mittel gegeneinander abzuwägen: Freie Personen sind für ihre Ziele verantwortlich. Für Rawls wird es damit zu einem Konstitutionsmerkmal von Freiheit, dass einer Person zugemutet werden kann, ihre Konzeption des Guten zu revidieren, sofern sie zu den Gerechtigkeitsgrundsätzen in Widerspruch gerät. Kantisch formuliert könnte man sagen, die Würde der Person liege gerade darin begründet, dass man ihr so viel Einsichtsfähigkeit unterstellt, bis es zu einem inhärenten Bestandteil der eigenen Konzeption des Guten wird, mit den Gerechtigkeitsgrundsätzen nicht konfligieren zu wollen. Dass es sich hierbei um eine signifikante Weiterentwicklung des Rawlsschen Ansatzes handelt, die sich einer noch stärker gesellschaftstheoretischen Ausrichtung seiner neueren Schriften verdankt, wird nachfolgend im Zusammenhang mit seiner heuristischen Zeitdiagnose näher ausgeführt. Für eine Explikation der drei Freiheitsmomente einer politischen Personkonzeption vgl. Rawls (1993; S. 30–34). Zur Rolle der Verantwortung für eigene Ziele, ja sogar für Präferenzen und Geschmack, vgl. Rawls (1993; S. 185–190).
Auch die Kategorie des Vernünftigen entspringt letztlich dem Positivsummenparadigma (Rawls, 1993; S. 49f. sowie 1992; S. 98, H.i.O.): „Faire Bedingungen der Kooperation artikulieren einen Begriff der Wechselseitigkeit oder Gegenseitigkeit: alle, die kooperieren, müssen daraus Vorteil ziehen und die gemeinsamen Belastungen in angemessener Form … teilen. Dieses Element sozialer Kooperation nenne ich das Vernünftige.“ Mit der Kategorie des Rationalen verhält es sich ähnlich. Sie entspringt dem sozialer Kooperation inhärenten Moment individueller Interessenwahrnehmung, dem Streben nach Vorteilen, dem zweckmäßigen Einsatz von Mitteln zur Verfolgung eigener Ziele, vgl. ebenda sowie Rawls (1993; S. 50).
Für eine konzise Kurzfassung dieses Ideals vgl. Rawls (1993; S. 202).
Von besonderer Klarheit ist die Selbstauskunft bei Rawls (1993; S. XX): „The principles of political justice are the result of a procedure of construction in which rational persons (or their representatives), subject to reasonable conditions, adopt the principles to regulate the basic structure of society.“ Vgl. auch Rawls (1993; S. 52).
Zur Unterscheidung zwischen rationaler Autonomie und voller Autonomie vgl. ausführlich Rawls (1993; S. 72–81): Rationale Autonomie bezieht sich auf die Parteien im Urzustand und ist ein artifizielles Konstrukt zum Zweck der Darstellung. Volle Autonomie bezieht sich auf die Bürger einer wohlgeordneten Gesellschaft und kennzeichnet damit ein normatives Ideal. Beide Autonomiebegriffe haben nicht nur einen unterschiedlichen Status, sie sind auch unterschiedlich umfassend. Volle Autonomie ist der weitere Begriff. Die Modellierung dieser Begriffsinhalte im Urzustand erfährt daher eine Aufteilung: zum einen auf die Parteien, denen rationale Autonomie zugeschrieben wird; zum anderen auf die vernünftigen Bedingungen, unter denen die Parteien zu entscheiden haben. Deshalb ist für Rawls (1992; S. 176f.) „die rationale Autonomie der Parteien nur die Autonomie künstlicher Akteure, die eine Konstruktion bewohnen, welche darauf zugeschnitten ist, die vollständige Konzeption der sowohl vernünftigen als auch rationalen Person nachzubilden“.
Für eine ausführliche Begründung, warum der Gegenstand sozialer Gerechtigkeit mit der Kategorie einer Ergebnisgerechtigkeit nicht angemessen erfasst werden kann, vgl. bereits Rawls (1971, 1979; S. 344–350).
Rawls (1992; S. 129): „Die Art und Weise, wie wir über Fairness im Alltag denken, ist eine schlechte Vorbereitung für den großen Perspektivenwechsel, der erforderlich ist, wenn die Gerechtigkeit der Grundstruktur selbst betrachtet werden soll.“
Damit weist Rawls seiner Gerechtigkeitskonzeption eine wichtige Funktion innerhalb der politischen Kultur demokratischer Öffentlichkeiten zu, wie sie in modernen Gesellschaften anzutreffen sind. Rawls (1993; S. XX f.): „When citizens share a reasonable political conception of justice, they have a basis on which public discussion of fundamental political questions can proceed and be reasonably decided, not of course in all cases but we hope in most cases of constitutional essentials and matters of basic justice.“
Für den Zusammenhang von Problemsteuerung und Modellbildung vgl. Suchanek (1994). Dort wird der methodologische Begriff einer „pragmatischen Reduktion“ vorgestellt, um deutlich zu machen, inwiefern die jeweilige Problemstellung als Selektionsfilter für die zu modellierenden Sachverhalte dient. Ein solches Verständnis von pragmatischer Reduktion betrifft nicht nur den ‚Einstieg‘, sondern vor allem auch den ‚Ausstieg‘ aus Modellen, also nicht nur die Frage, wie Modelle gemacht werden, sondern vor allem auch die Frage, wie Modelle (angemessen) interpretiert werden: Modelle sind nicht Abbildung von, sondern – problemgesteuerter, d.h. pragmatisch reduzierender! – Umgang mit Realität.
Für einen Überblick vgl. Rawls (1993; S. XVII). Zu den Neuerungen gehört, dass der Begriff eines vernünftigen Pluralismus eingeführt und damit anerkannt wird, dass nicht zu erwarten ist, in der Demokratie könnten letztlich alle Meinungsverschiedenheiten durch eine vernünftige Argumentation diskursiv überwunden werden. Zu den Modifikationen gehört der Gedanke eines übergreifenden Konsenses, der dieser Neuerung Rechnung trägt, und hierzu gehört auch, dass das Toleranzprinzip in die Konzeption des Guten hineindefiniert wird. Letzteres ist ein generelles Kennzeichen der neueren Schriften. Rawls (1992; S. 265): „[W]ir müssen das Toleranzprinzip auf die Philosophie selbst anwenden.“
Bereits bei Rawls (1971, 1979; S. 161) heißt es: „Eine wichtige Eigenschaft einer Gerechtigkeitskonzeption ist, dass sie zu ihrer eigenen Unterstützung motiviert. … In diesem Fall ist eine Gerechtigkeitsvorstellung stabil.“
Rawls (1992; S. 355): „Es scheint nicht länger unmöglich zu sein, eine … wohlgeordnete Gesellschaft als das erreichbare Ziel von Reformen und Veränderungen ins Auge zu fassen. Unter den einigermaßen günstigen Bedingungen, die einen Verfassungsstaat ermöglichen, gibt dieses Ziel einen vernünftigen Orientierungspunkt, und es kann in weiten Teilen realisiert werden.“
Rawls (1992; S. 293): „Die Ziele der politischen Philosophie hängen von der Gesellschaft ab, an die sie sich wendet. In einem demokratischen Verfassungsstaat ist es eines ihrer wichtigsten Ziele, eine politische Gerechtigkeitskonzeption vorzulegen, die nicht nur eine gemeinsame öffentliche Basis für die Rechtfertigung politischer und sozialer Institutionen bietet, sondern darüber hinaus einen Beitrag leistet, Stabilität von einer Generation zur nächsten zu sichern.“
Zur Rationalisierung des politischen Liberalismus vgl. Pies (1993) sowie Homann und Pies (1993).
Rawls (1992; S. 129).
Vgl. Rawls (1999) bzw. (2002a).
Vgl. Rawls (2001) bzw. (2006).
Zur Moralphilosophie vgl. Rawls (2000) bzw. (2002b), zur politischen Philosophie vgl. Rawls (2007) bzw. (2008).
Vgl. Freeman (2003).
Vgl. Mandle und Reidy (2013).
Dabei ist natürlich eine bestimmte Interpretation der klassischen Ökonomik vorausgesetzt. Buchanan (1987a; S. 244): „The eighteenth-century discovery that, in an institutional framework that facilitates voluntary exchanges among individuals, this process generates results that might be evaluated positively, produced ‚economics‘, as an independent academic discipline or science.“
Eine der klarsten Formulierungen dieses Anspruchs findet sich bei Buchanan und Tullock (1962, 1990; S. 22f.). Dort heißt es im Anschluss an eine Passage, die der zeitgenössischen Politikwissenschaft vorwirft, typischen Phänomenen des politischen Prozesses wie ‚logrolling‘ etc. mit Unverständnis gegenüberzustehen: „The Scholastic philosophers looked upon the tradesman, the merchant, and the moneylender in much the same way that many modern intellectuals look upon the political pressure group. Adam Smith and those associated with the movement he represented were partially successful in convincing the public at large that, within the limits of certain rules of action, the self-seeking activities of the merchant and the moneylender tend to further the general interests of everyone in the community. An acceptable theory of collective choice can perhaps do something similar in pointing the way toward those rules for collective choice-making, the constitution, under which the activities of political tradesmen can be similarly reconciled with the interests of all members of the social group.“
Buchanan (1986; S. 7): „Understanding the mind-set of those who differ with us is a first step toward commencing dialogue and discussion at the most fundamental level of political philosophy.“ Die Pointe liegt freilich darin, dieses Anliegen politischer Philosophie als Ökonom aufzugreifen. Hierauf wird noch zurückzukommen sein.
Buchanan hat nicht nur wichtige Bücher, sondern auch wichtige Aufsätze mit Ko-Autoren verfasst – vgl. beispielsweise Brennan und Buchanan (1981, 1984) und (1983, 1989) sowie Vanberg und Buchanan (1989) und (1991). Bei der im folgenden vorzustellenden Lesart geht es jedoch weniger um die personale Zuschreibung einzelner Ideen und Beiträge des Forschungsprogramms konstitutioneller Ökonomik als vielmehr um den systematischen Stellenwert dieses Forschungsprogramms für eine Theorie demokratischer Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. Es geht um die grundlegende theoretische Konzeption, und (nur) insofern scheint es gerechtfertigt, die Erörterung dieser Konzeption als eine reine Buchanan-Diskussion anzusetzen.
Wollte man die beiden Erlebnisse formelhaft zuspitzen, so ließe sich das erste als „Sozialismus versus Liberalismus“, das zweite als „Liberalismus und Demokratie“ betiteln. Autobiographische Schilderungen dieser Erlebnisse finden sich bei Buchanan (1987a; S. 243) und (1986; S. 3). Vgl. auch Buchanan (1986, 1992; S. 4–7). Auf S. 5 heißt es dort: „I was converted by the power of ideas.“
Buchanan (1987a; S. 247): „The unanimity rule for collective choice is the political analogue to freedom of exchange of partitionable goods in markets.“
Dass Buchanan in der Tat den Anspruch erhebt, mit seiner Theoriebildung die methodische Konsequenz aus dem Scheitern politischer Ratschläge gezogen zu haben, mögen die beiden folgenden Zitate belegen. Buchanan (1975; S. 227): „How many economists bother with proposed compensations (which must, of course, include structural-institutional rearrangements) to those who will be overtly harmed by the effects of a public or governmental policy shift? Instead of this potentially constructive effort, we find our colleagues continuing to express opposition to tariffs, quotas, minimum wages, price controls, depletion allowances, monopolies, tax loopholes, etc., whether these be existing or proposed. And they continue to stand surprised when the political process, as it operates, pays little or no heed to their advice.“ Und weiter heißt es bei Buchanan (1975; S. 229, H.i.O.): „Something is amiss, and economists are necessarily being forced to take stock of the social productivity of their efforts. When, as, and if they do so, they will, I think, come increasingly to share what I have called the contractarian paradigm. … The unifying principle becomes gains from trade, not maximization.“ Für die Quintessenz, die sein Ansatz zu beherzigen versucht, findet sich bei Buchanan (1987a; S. 248) die luzide Formulierung: „Policy options must remain within the realm of the feasible, and the interests of political agents must be recognized as constraints of the possible.“
Von daher erklärt sich die Konvergenz gesellschaftstheoretischer und gesellschaftsphilosophischer Überlegungen in den Hauptwerken zur konstitutionellen Ökonomik, vgl. Buchanan und Tullock (1962, 1990), Buchanan (1975, 1984) sowie Brennan und Buchanan (1985, 1993).
Für einen Überblick über das Forschungsprogramm vgl. immer noch am besten Buchanan (1987b) und (1990).
Buchanan (1964, 1979; S. 26, H.i.O.): „[W]hat I am suggesting is not so much a change in the basic content of what we study as a change in the way we approach our material. I want economists to modify their thought processes, to look at the same phenomena through ‚another window‘, to use Nietzsche’s appropriate metaphor. I want them to concentrate on exchange rather than on choice.“
Gleich im nächsten Satz heißt es dann aber bereits: „Consider this paper, if you will, as an ‚essay in persuasion‘.“ Die Einkleidung seiner methodischen Forderungen als Werturteil ist von Buchanan also keineswegs als Verzicht auf Argumente gemeint, ganz im Gegenteil. Hinter seinen ‚Forderungen‘ stehen die ‚An-Forderungen‘ demokratischer Politikberatung. Insofern können die kategorialen Festlegungen, die Buchanan im Rahmen seines Forschungsprogramms vornimmt, als durchgehend problemgesteuert aufgefasst werden.
Nicht zuletzt hier dürfte der Grund dafür liegen, dass Buchanan in den 1980er Jahren den Namen seines Forschungsprogramms auswechselt. Die Bezeichnung ‚konstitutionelle Ökonomik‘ spiegelt nicht nur das Thema seiner institutionentheoretischen Verfassungsökonomik. Sie ist zugleich Distanzierung von einer Public-Choice-Literatur, die Effizienz zum Maß aller Dinge erhebt und gerade dadurch ihre politische Orientierungskraft einbüßt. Buchanan (1988, 1991; S. 119): „[A]rguments promoting abstract efficiency as a social objective gain few adherents. Hence, these arguments carry relatively little by way of potential for garnering votes in any electoral process. Efficiency, as a norm for policy, carries little or no emotive thrust, and economists should never have been surprised that their unqualified advocacy of efficiency-enhancing changes in structure falls on deaf ears.“ In normativer Hinsicht geht es ihm daher eher um Gerechtigkeit als um Effizienz. Vgl. hierzu Buchanan (1987a; S. 247) sowie die Gerechtigkeitsanalyse bei Brennan und Buchanan (1985, 1993).
Damit soll natürlich nicht ausgesagt werden, dass das Werk Buchanans der Möglichkeit von Kritik – insbesondere konstruktiver Kritik – enthoben wäre, ganz im Gegenteil. Ausgesagt werden soll lediglich, dass solche Kritik aufpassen muss, nicht das Niveau methodologischer Reflexion zu unterbieten, auf dem Buchanan seine Argumente entwickelt. Generell ist man gut beraten, der Buchanan-Rezeption als Motto jene Paraphrase zugrundezulegen, mit der Buchanan (1964, 1979; S. 37) seine Überlegungen zur Aufgabenbestimmung des Ökonomen abschließt: „Concentration on methodology won’t solve any of the problems for you, but at least you should know what the problems are.“ Für den Versuch einer in diesem Sinne konstruktiven Buchanan-Kritik vgl. Pies (1993; Kap. 3). Zu den gegenwärtig offenen Fragen gehört, wie Interdisziplinarität zwischen Ökonomik und Politikwissenschaft zu denken ist und welcher Stellenwert dem Homo oeconomicus zukommt, der nach Aussage von Buchanan (1989c; S. 23f.) tendenziell eher durch die Ko-Autoren in die Analyse hineingetragen worden ist. Offen ist freilich auch, ob sich die hier vorgeschlagene Arbeitshypothese in allen Fällen bewährt, d.h. ob sich die (scheinbar) normativen ‚Setzungen‘ im Forschungsprogramm konstitutioneller Ökonomik mit Buchanan auf Zweckmäßigkeitsüberlegungen zurückführen bzw. – gegebenenfalls gegen Buchanan – in Zweckmäßigkeitsüberlegungen überführen lassen. – Zum Niveau methodologischer Reflexion vgl. beispielsweise Buchanan (1988, 1991) und (1989a).
Vgl. hierzu Zintl (1989) sowie Pies (1993; Kap. 3).
Bei Buchanan und Tullock (1962, 1990; S. 14f.) heißt es in einer Passage, die an Deutlichkeit eigentlich nichts zu wünschen übrig lässt: „In discussing … improvements in an existing constitution, we shall adopt conceptual unanimity as a criterion. That is to say, we are concerned with examining proposals that will benefit each member of the social group. There are two reasons for adopting this criterion. First, only by this criterion we can avoid making interpersonal comparisons among separate individuals. Secondly, in discussing decision rules, we get into the familiar infinite regress if we adopt particular rules for adopting rules. To avoid this, we turn to the unanimity rule.“ Ähnlich heißt es auf S. 6: „One means of escape from what appears to be a hopeless methodological dilemma is that of introducing some rule for unanimity or full consensus at the ultimate constitutional level of decision-making.“
Vgl. Hobbes (1668, 1987; S. 119).
Diese Konzeptualisierung findet nicht zuletzt darin ihren Ausdruck, dass für Buchanan (1992; S. 27f.) Anarcho-Libertäre der Vorstellung – genauer: der „Phantasievorstellung“ – anhängen, dass man „irgendwie kostenlos aus dem Hobbesschen Dschungel entkommen“ (sein) könnte.
Buchanan (1987a; S. 246): „Individuals acquiesce in the coercion of the state, of politics, only if the ultimate constitutional ‚exchange‘ furthers their interests. Without some model of exchange, no coercion of the individual by the state is consistent with the individualistic value norm upon which a liberal social order is grounded.“
Zum Effizienzbegriff vgl. insbesondere Buchanan (1984, 1986).
Für einen klassischen Text dieser Forschungsrichtung vgl. Samuelson (1954). Dort findet sich auch die Metapher vom Markt als einer „Kalkulationsmaschine“, ebda., S. 388. Programmatisch ist das Auseinandertreten von Prozess- und Ergebnisbetrachtung: „The solution ‚exists‘, the problem is how to ‚find‘ it.“ Ebda., S. 389.
Vgl. hierzu die exzellente Buchanan-Interpretation bei Coleman (1992; S. 91–98). Auf S. 98 heißt es dort: „Buchanan and conventional economic analysts develop the relationship between autonomy and efficiency in exactly contrary ways. Orthodox economists believe that efficiency can be defined as a property of social states; and given their definition of it (especially Pareto superiority), it follows logically that people would consent to efficient rules. Consent follows from efficiency. Buchanan puts the matter in exactly the opposite way. What people consent to is efficient. Efficiency follows from consent.“
In seiner Nobelpreisrede formuliert Buchanan (1987a; S. 243f.) den Anspruch, sein Ansatz integriere verschiedene Elemente zu einer „theory of economic policy … [that] is consistent with, builds upon, and systematically extends the traditionally accepted principles of Western liberal societies.“
Es sollte nicht übersehen werden, dass mit der Betonung der relevanten Alternativen ein wissenschaftlicher Seriositätsstandard für die Behandlung normativer Probleme aufgestellt wird. Will man diesen Standard nicht schlicht unterbieten, dann bedeutet das, dass man Fragen der Legitimität nicht mehr unabhängig von Kostenüberlegungen diskutieren kann. Genau das meint die Formel vom „Calculus of Consent“. Angesichts von Alternativen gehören Legitimität und Kosten konstitutiv zusammen. Zur ökonomischen Demokratietheorie vgl. grundlegend Homann (1988).
Buchanan (1987a; S. 250): „Normatively, the task for the constitutional political economist is to assist individuals, as citizens who ultimately control their own social order, in their continuing search for those rules of the political game that will best serve their purposes, whatever these might be.“
Buchanan (1988; S. 135): „Any identifiable contribution of the contractarian political economist must emerge from the differentially abstracted order that his perspective imposes on social reality.“ Zum Zusammenhang zwischen theoretischer Konzeptualisierung und politischer Wahrnehmung vgl. auch Buchanan (1989a) und (1992). Letztlich steht eine solche Betonung des Argumentationsaufrisses in der subjektivistischen Tradition österreichischer Nationalökonomie, der sich Buchanan stets zugehörig erklärt hat und zu der sein Buch „Cost and Choice“ – Buchanan (1969, 1978) – einen mittlerweile klassischen Beitrag liefert.
Vgl. hierzu Homann und Pies (1996).
Zum Konzept des politischen Liberalismus vgl. Rawls (1992) und (1993). Zu den ökonomischen Wegbereitern des Konzepts im 20. Jahrhundert gehören – neben Buchanan (1975, 1984) – von Mises (1927, 1993) und von Hayek (1960, 1991) sowie (1973, 1986), (1976, 1981) und (1979, 1981). Zur neueren Diskussion vgl. Pies (1993), Homann und Pies (1993) sowie Pies und Leschke (1995). Mit den Schriften von John Rawls und James Buchanan eröffnet sich die Option, politische Ökonomik und politische Philosophie miteinander ins Gespräch zu bringen. Das Potential interdisziplinärer Verständigung sei mit den beiden folgenden Zitaten zumindest angedeutet. Buchanan (1989a; S. 45): „A central task of political philosophy is to derive principles of social order that will reconcile divergent private value structures and the minimally required public rules without which productive interaction among persons is impossible.“ Mit Buchanan (1987a; S. 249) lässt sich nicht nur das Thema politischer Philosophie, sondern auch die Methode angeben, mit der die politische Ökonomik dieses Thema angehen kann: „As the basic Wicksellian construction is shifted to the choice among rules or constitutions and as a veil of uncertainty is utilized to facilitate the potential bridging of the difference between identifiable and general interest, the research program in political economy merges into that of contractarian political philosophy, both in its classical and modern variations.“
Vgl. Buchanan und Congleton (1998).
Vgl. Buchanan (1999–2002).
Vgl. Meadowcroft (2011).
Vgl. Berggren (2013).
Vgl. Spencer und Macpherson (1986, 2014; S. 111–124).
Vgl. Horn (2009, 2012; S. 97–131).
Olson (1965, 1985).
Olson (1982, 1985).
Vgl. Olson (1991c), (1993a) sowie McGuire und Olson (1996).
Zur Begrifflichkeit vgl. Pies (1993; S. 157f.).
Vgl. hierzu die Rekonstruktion bei Sandler (1991; S. 23–27). Vgl. auch Hardin (1982). Für eine spieltheoretische Analyse kollektiven Handelns vgl. Ostrom, Gardner und Walker (1994).
In der Literatur werden noch zwei weitere wichtige Produktionsfunktionen unterschieden, vgl. Hirshleifer (1983). Bei einer ‚weakest-link‘-Technologie bestimmt der niedrigste individuelle Beitrag das Gruppenniveau, d.h. Y = min {y1, …, yn}. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Bau eines Deiches, dessen Schutzwirkung insgesamt vom niedrigsten bzw. schwächsten Deichabschnitt abhängt. Bei einer ‚best-shot‘-Technologie bestimmt der höchste individuelle Beitrag das Gruppenniveau, d.h. Y = max {y1, …, yn}. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Wissensproduktion, etwa in Form von Erfindungen. Metaphorisch ausgedrückt, bestimmt im ersten Fall das ‚langsamste‘, im zweiten Fall hingegen das ‚schnellste‘ Mitglied das ‚Tempo‘ der Gruppe. Ein besonders anschauliches – und gesellschaftstheoretisch interessantes – Beispiel für additive und ‚weakest-link‘-Technologien findet sich bereits bei Hume (1777, 1984; Anhang III, S. 238): „Das Glück und Wohlergehen der Menschen, das aus der sozialen Tugend des Wohlwollens und ihrer Unterarten entspringt, kann mit einer Mauer verglichen werden, die, von vielen Händen erbaut, mit jedem hinzugefügten Stein immer höher wird und die im Verhältnis zum Fleiß und zur Sorgfalt jedes Arbeiters wächst. Dasselbe Glück, das auf den sozialen Tugenden der Gerechtigkeit und ihrer Unterarten beruht, kann mit einem Gewölbebau verglichen werden, wo jeder einzelne Stein, für sich allein, zu Boden fallen würde und wo die ganze Konstruktion nur durch die gegenseitige Stützung und Verbindung ihrer entsprechenden Teile erhalten wird.“
Vgl. Olson (1965, 1985; S. 48 und S. 28, im Original teilweise hervorgehoben). Anschaulich heißt es bei Olson (1991a; S. 30): „Sobald etwa in einem Großstadtverbund mit gemeinsamen Problemen aller Bezirke der zentral gelegene Bezirk oder in einer Gruppe, die sich freiwillig um die Bereitstellung eines öffentlichen Gutes bemüht, der reichste Mann oder in einer internationalen Organisation der größte Staat diejenige Menge von Mitteln für die Beschaffung des kollektiven Gutes bereitgestellt hat, die aus seiner (ihrer) Sicht optimal ist, haben möglicherweise ‚kleinere‘ Betroffene keinen Anreiz mehr, irgend etwas zur Bereitstellung des öffentlichen Gutes beizutragen.“
Vgl. Olson (1965, 1985; Kapitel 3, S. 65–96). Ebenfalls verständlich wird freilich auch die Bismarcksche Sozialgesetzgebung, nämlich als Versuch, die Gewerkschaften zu schwächen, indem man ihnen die Möglichkeit nimmt, das Angebot privater Versicherungsleistungen als positiven selektiven Anreiz nutzen zu können.
Olsons Gesellschaftstheorie fragt nach den Bestimmungsgründen für den Aufstieg und Niedergang von Nationen. Den Aufstieg der Nationen führt Olson – ähnlich wie die Klassiker den ‚Reichtum der Nationen‘ – auf die Einrichtung von Märkten zurück, d.h. auf das Zurückdrängen von Kartellen. Wollte man die Frage nach dem Niedergang von Nationen graphisch illustrieren, so müsste die Pfeilrichtung in Abbildung 5 vom ersten zum dritten Quadranten verlaufen.
Diese Aussage gilt ceteris paribus. Sie ist bei Olson nicht monokausal gemeint.
Vgl. Olson (1982, 1985; Kapitel 7, S. 238–309) sowie Olson (1984, 1991). Mit dieser Vermittlung verbindet Olson (1991a; S. 11) den ehrgeizigen Anspruch, „dass wir sowohl den Keynesianismus wie die neue klassische Makroökonomie aufgeben und die Makroökonomie … neu formulieren müssen“.
Diese Argumentationslinie ist mittlerweile zur sog. ‚Insider-Outsider‘-Theorie ausgearbeitet worden. Vgl. neben Blanchard und Summers (1986) vor allem Lindbeck und Snower (1988) sowie Lindbeck (1993), die jedoch eigenartigerweise auf Olson nicht explizit Bezug nehmen.
Vgl. Olson (1982, 1985; S. 286–288).
Vgl. Olson (1982, 1985; S. 304–306).
In seinem jüngsten Jahresgutachten hat der ansonsten eher um politische Zurückhaltung bemühte Sachverständigenrat im Hinblick auf die bundesdeutschen Verhältnisse explizit die Frage aufgeworfen – SVR (1995; S. 226, Ziff. 380) –, „ob der Beitrag der Tarifvertragsparteien zur Lösung der Beschäftigungsprobleme ausreicht oder ob vornehmlich Verträge zu Lasten Dritter abgeschlossen werden, mit denen die Folgen lohnpolitischen Fehlverhaltens der Allgemeinheit aufgebürdet werden“.
Vgl. etwa die Ausführungen zum indischen Kastenwesen und zum europäischen Adel im Mittelalter bei Olson (1982, 1985; S. 202–212) oder die Diskussion des Zunftwesens bei Olson (1982, 1985; Kapitel 5, S. 158–192).
Zu speziellen Aussagen über das Apartheidssystem in Südafrika vgl. Olson (1982, 1985; S. 212–217).
Vgl. Olson (1982, 1985; S. 187f.). Dies steht in direktem Widerspruch zu North (1981, 1988; S. 161), der die wirtschaftliche Entwicklung der englischen Demokratie als intendiertes Ergebnis interpretiert und auf die Weitsicht der im Parlament vertretenen Kaufleute zurückführt.
Vgl. Homann und Suchanek (1992).
Oder in den Worten von Olson (1993a; S. 569): „[A] stationary bandit … is not like the wolf that preys on the elk, but more like the rancher who makes sure that his cattle are protected and given water.“
Hinzu kommt, dass es in einer rechtsstaatlichen Demokratie den Bürgern vergleichsweise leichter fällt, einer übermäßigen Besteuerung auszuweichen, was die Laffer-Kurve weiter nach links und zudem nach unten verschiebt. Im Text wird angenommen, dass der Produktivitätseffekt überwiegt, durch den sich die Laffer-Kurve der Demokratie nach oben verschiebt. – Die Möglichkeit zum Steuerwiderstand ist von zentraler Bedeutung für Olsons Analyse planwirtschaftlicher Regimes. So schreibt er den durchaus erklärungsbedürftigen ‚Erfolg‘ Stalins der autokratischen Innovation zu, unter Bruch rechtsstaatlicher Traditionen die individuellen Tradeoffs der Bürger zwischen Arbeit und Freizeit so manipuliert zu haben, dass eine inframarginale Besteuerung ihrer Einkommen und mithin eine besonders drastische Form staatlicher Ausbeutung möglich wurde. Vgl. hierzu Murrell und Olson (1991) sowie Olson (1990), (1992) und (1993b), mit interessanten Thesen zu den Problemen der aktuellen Systemtransformation und entsprechenden Politikvorschlägen.
Im Extremfall einer „super-encompassing majority“ kann es sogar dazu kommen, dass die Mehrheit – im eigenen Interesse – auf Maßnahmen steuerlicher Umverteilung gänzlich verzichtet. Vgl. hierzu McGuire und Olson (1996; S. 92).
Für eine ökonomische Theorie politischen Wettbewerbs vgl. Becker (1985, 1996) sowie Breton (1996).
Einen Systematisierungsbedarf sieht Olson durchaus selbst, wie zahlreiche Hinweise auf das seit 1972 immer wieder angekündigte Buch belegen, das er unter dem Titel „Beyond the Measuring Rod of Money“ veröffentlichen will. Vgl. etwa Olson (1991a; S. 25f.).
Für einen Kurzüberblick vgl. Pies (1995). Für die zugrundeliegenden theoriestrategischen Überlegungen vgl. ausführlich Pies (1993). Demgegenüber bleiben die Ausführungen von Olson (1991d) zum Gefangenendilemma eher enttäuschend, weil er die gesellschaftstheoretische Bedeutung dilemmatischer Interaktionsstrukturen – und ihrer institutionellen Instrumentalisierbarkeit – nicht (er-)kennt.
Dieses Verständnis liegt implizit bereits der gruppentheoretischen ‚Logik‘ zugrunde. Explizit findet es sich bei Olson (1968, 1991; S. 161f., H.i.O.), wo das Spezifikum der die Ökonomik als wissenschaftliche Disziplin kennzeichnenden Sichtweise nicht thematisch, sondern methodisch bestimmt wird: „Ökonomische (genauer: mikroökonomische) Theorie ist in einem grundlegenden Sinn eher eine Theorie rationalen Verhaltens als eine Theorie materieller Güter.“
Vgl. Olson (1968, 1991) und (1991b).
Vgl. hierzu auch die Überlegungen von Olson (1996; S. 15f.) zur Unterscheidung von marktfähigem und nicht-marktfähigem Humankapital – ‚personal culture‘ versus ‚civic culture‘ –, die sich als Beitrag zur ‚Sozialkapital‘-Diskussion lesen lassen.
Hier ist auf interessante Berührungspunkte zur neueren Methodologiediskussion hinzuweisen, die im Kontext des Interdisziplinaritätsproblems entstanden ist und deshalb sowohl die disziplinäre Arbeit mit kategorialen Schemata als auch die interdisziplinäre Übersetzung dieser Schemata diskutiert. Theoretische Integration resultiert dann aus dem Zusammenspiel von ‚Pragmatik‘ und ‚Kritik‘. Vgl. hierzu Suchanek (1994).
Zum Bemühen um eine umfassende inner-ökonomische Analyse des Sozialstaats vgl. Olson (1983, 1991). Vgl. auch Homann und Pies (1996).
Vgl. Olson (2002) bzw. (2003).
Vgl. Olson und Kähkönen (2000).
Vgl. Heckelman und Coates (2003).
Für intensive, langjährige Diskussionen über ein angemessenes Verständnis der spezifisch ökonomischen Theoriestrategie bin ich Karl Homann zu größerem Dank verpflichtet, als ich es durch Zitate im Text kenntlich machen konnte. Ebenfalls nicht eigens kenntlich gemacht ist, dass ich an mehreren Stellen auf Argumente zurückgreife, die ich in meiner (unveröffentlichten) Diplomarbeit – Pies (1987) – und in meiner Dissertation – Pies (1993; insbesondere S. 86–120) – ausführlich(er) entwickelt habe.
Zur ökonomischen Soziologie vgl. Becker (1974, 1982) sowie die neueren Forschungsarbeiten über die Bedeutung (und Modellierung) von Personal- und Sozialkapital in Becker (1996a). Zur ökonomischen Theorie der Familie vgl. Becker (1981, 1991). Zur ökonomischen Theorie des Rechts vgl. Becker (1968, 1982) sowie den einleitenden Überblick von Friedman (1995). Zur ökonomischen Theorie der Politik vgl. Becker (1958, 1982) sowie (1985, 1996) und (1989, 1996).
Royal Swedish Academy of Sciences (1993; S. 1).
Vgl. die Rekonstruktion bei Becker und Michael (1973, 1982) sowie den kurzen Überblick bei Becker (1981, 1991; Kapitel 1, S. 20–29). Vgl. auch die frühe Lehrbuchdarstellung bei Becker (1971; insbesondere S. 45–48).
Es handelt sich um Beckers Chicagoer Ph. D.-Arbeit, die später als Buch veröffentlicht wurde. Vgl. Becker (1957, 1971). Vgl. auch die exzellente Einführung von Chiswick (1995).
Sie ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts, an dem Becker seit 1957 gearbeitet hat, d.h. seit seinem Wechsel von Chicago nach Columbia. Vgl. Becker (1962) sowie (1964, 1993).
Auch wenn dieser Ansatz eine reichhaltigere Erklärung für die beobachtbaren Lohndifferenzen ermöglicht, muss er dem Diskriminierungsansatz nicht notwendig widersprechen. Vielmehr kann es durchaus eine Folge von Diskriminierung sein, wenn bestimmte Gruppen von Personen – weil sie diskriminiert werden – vor bestimmten Investitionen in Humankapital zurückschrecken. Hier besteht also die Möglichkeit, dass Vorurteile sich selbst bestätigen können.
Becker (1960, 1982; S. 210).
Vgl. Becker (1962, 1982) sowie (1971; S. 21–23). Beckers methodologische Argumentation erfolgt in Anlehnung an den Grundlagenbeitrag seines akademischen Lehrers, Milton Friedman (1953, 1984).
Vgl. Lakatos (1974a) und (1974b).
In der Tat sind die Modell-Diskussionen bei Becker oft konjunktivisch formuliert. Sie geben an, womit zu rechnen wäre, wenn ein rationaler Akteur seinen Nutzen maximieren würde.
Missverständlich ist dieser Begriff insofern, als „Qualität“ üblicherweise die Eigenschaften eines Gutes bezeichnet. Im herkömmlichen Sprachgebrauch wird so das Ergebnis eines Produktionsprozesses bewertet. Hier ist „Qualität“ eine Output-Kategorie. Becker jedoch verwendet sie als Input-Kategorie: zur Bezeichnung der Intensität des Faktoreinsatzes. Bei Becker impliziert der Begriff „Qualität“ folglich keine Aussage über die Eigenschaften von Kindern, sondern eine – wertfreie – Aussage über die Menge an Ressourcen, die Eltern einsetzen, um ihre Kinder mit bestimmten (erwarteten) Eigenschaften auszustatten.
Becker (1960, 1982; S. 213).
Unterstellt man, dass sich jedes Zielgut als Linearkombination von Marktgütern herstellen läßt, so lautet die technologische Restriktion:
Setzt man dies in die traditionelle Budgetrestriktion – Gleichung (2) – ein, so erhält man:
Der zweite und dritte Schritt in der Entwicklung des Forschungsprogramms werden – zu Unrecht – oft nicht unterschieden, weil Gary Becker (1965, 1982) die Haushaltsproduktionsfunktion im Rahmen seiner Zeitallokationstheorie in die Literatur eingeführt hat.
Gleichung (9) folgt, wenn man die Nutzenfunktion in Gleichung (5) unter folgender Nebenbedingung maximiert:
Bei der linken Seite dieser zeitallokationstheoretischen Budgetrestriktionen ist zu beachten, dass die Schattenpreise durch Gleichung (10) definiert sind. Auf der rechten Seite der neuen Budgetrestriktion steht das „volle“ Einkommen, d.h. das monetäre Äquivalent aller verfügbaren Ressourcen. Es setzt sich zusammen aus dem Vermögenseinkommen (V) sowie aus dem maximalen Arbeitseinkommen. Dieses ergibt sich, wenn man die gesamte verfügbare Zeit (T) mit dem Marktlohnsatz (w) bewertet. Zur Budgetrestriktion der traditionellen Preistheorie sind somit zwei Unterschiede festzuhalten, die für das Verständnis der modifizierten Preis- und Einkommenseffekte im Becker-Ansatz wichtig sind: Preiseffekte beziehen sich auf „Schatten“-Preise, Einkommenseffekte auf das „volle“ Einkommen.
Vgl. Becker und Lewis (1973, 1982). Vgl. auch Becker (1981, 1991; Kapitel 5, S. 135–154) sowie die Diskussion bei Bryant (1990; Kapitel 7, S. 196–216) und Cigno (1991; Kapitel 6, S. 85–96).
Vgl. Becker (1996c; S. 13).
Vgl. den berühmten „Einleitungsaufsatz“ von Becker (1976, 1982; S. 1–15) sowie den nicht minder berühmten Beitrag von Stigler und Becker (1977, 1996).
Der Vollständigkeit halber sei auf eine fünfte mögliche Reaktion hingewiesen. Sie besteht darin, aus der ökonomischen Modell-Logik auszusteigen, indem nicht länger gefragt wird, wie Menschen sich tatsächlich verhalten, sondern wie sie sich verhalten sollten. Zur Ablehnung dieser Form von Normativität als Ausstieg aus dem positiven Forschungsprogramm des ökonomischen Ansatzes vgl. Becker (1976, 1982; S. 8 und S. 13).
Von Wissenschaftstheoretikern, die sich nicht nur mit der Methodologie der Naturwissenschaften und dem für diese zentralen Kausalitätsprinzip, sondern auch mit der Methodologie der Sozialwissenschaften beschäftigt haben, für die das Rationalprinzip eine vergleichbar zentrale Stellung einnimmt, ist dies schon seit langem gesehen und in beeindruckender Klarheit formuliert worden. Jedenfalls ist es ein gründlicher – wenn auch noch weit verbreiteter – Irrtum zu glauben, etwaige Bemühungen um eine Falsifikation des Rationalitätsprinzips könnten sich auf Karl Popper stützen. In seinem Aufsatz „Das Rationalitätsprinzip“ – Popper (1967, 1995) – vertritt dieser nämlich genau die gegenteilige Auffassung: Auf S. 353 weist er auf die „Tatsache“ hin, „dass Modelle notgedrungen immer nur Annäherungen sind; dass sie notgedrungen immer nur schematische Vereinfachungen sind“. Er argumentiert, dass das Rationalprinzip für die – schematisch verfahrenden – Erklärungsversuche mit Hilfe sozialwissenschaftlicher Modelle eine wichtige Rolle spiele. Auf S. 354355