Über das Buch:
Wünschen Sie sich auch manchmal mehr Kraft, Gelassenheit, Zuversicht oder Lebensfreude? Sehnen Sie sich danach, Gottes Gegenwart in Ihrem Alltag deutlicher wahrzunehmen?
Dann lassen Sie sich von den 52 Psalmworten und Ermutigungsandachten in diesem Buch neu die Nähe Gottes und seine Versprechen vor Augen führen. Auf Gott können wir uns immer verlassen. Er richtet uns auf, wenn das Leben uns niederdrückt. Er will unsere Wunden heilen und für uns da sein. Er bietet uns einen sicheren Zufluchtsort und schenkt uns neue Hoffnung. Bei ihm sind wir geborgen und zutiefst geliebt.

Über die Autorin:
Holley Gerth ist Therapeutin, Lebensberaterin, vielgefragte Rednerin bei Frauenkonferenzen und begeisterte Bloggerin. Sie ist verheiratet und Mutter einer Adoptivtochter.

7. Gott gibt dir einen sicheren Stand

Manche Völker verlassen sich auf ihre Heere und Waffen,
wir aber vertrauen dem Herrn, unserem Gott.
Diese Völker werden fallen und untergehen,
wir aber werden aufstehen und standhalten.

Psalm 20,8-9

„Wie geht es dir diese Woche?“, frage ich sie in einer E-Mail. Kurze Zeit später antwortet sie: „Bin so ziemlich unten am Boden.“ Interessant, dass wir schwierige Zeiten immer mit einem „tief unten“ verbinden. Wenn das Leben uns hart zusetzt, ist es schwer, nach oben zu blicken und aufrecht zu stehen.

Doch in den oben zitierten Versen scheint David „unten“ als den Ort zu sehen, an dem Gott wirken kann. Zunächst beschreibt er diejenigen, die auf Heere und Waffen vertrauen – sie reiten auf einem hohen Ross durchs Leben. Doch David weiß, dass sie ihre hohe Position nicht werden halten können. Das, worauf sie vertrauen, wird am Ende versagen. Und dann fallen sie. Doch wenn wir auf den Knien beginnen, so sagt David, dann befinden wir uns genau dort, wo Gott uns ergreifen, uns aufrichten und uns einen festen Stand geben kann.

Allerdings können wir in die Versuchung geraten, unten zu bleiben, selbst wenn Gott uns gesagt hat, dass es Zeit ist, aufzustehen. Wir können falsche Überzeugungen haben, die uns weismachen wollen, dass das ganze Leben nur aus Schwierigkeiten besteht und es uns gar nicht gestattet ist, aufrecht zu stehen. Also gehen wir gebeugt, unsicher und mutlos durchs Leben, obwohl Gott das nie so für uns vorgesehen hat. In der Bibel wird „unten“ immer als ein vorübergehender Zustand beschrieben:

Ich war in eine verzweifelte Lage geraten – wie jemand, der bis zum Hals in einer Grube voll Schlamm und Kot steckt!

Aber er hat mich herausgezogen und auf festen Boden gestellt.

Jetzt haben meine Füße wieder sicheren Halt.

Psalm 40,3

Er befreite sie damals vor langer Zeit, weil er sie liebte und Mitleid mit ihnen hatte. Er nahm sie auf die Arme und trug sie Tag für Tag.

Jesaja 63,9

Beugt euch vor dem Herrn! Erst dann wird Gott euch aufrichten.

Jakobus 4,10

Ja, wir alle erleben Zeiten, in denen wir zu Boden geworfen werden. Das gehört ganz einfach zu unserem Menschsein dazu. Aber Gott möchte nicht, dass wir dort dauerhaft bleiben. Was sollen wir also tun, wenn wir ganz unten sind? Kämpfen wir darum, dass wir wieder auf die Beine kommen! Tun wir alles, was dafür nötig ist: Gott um Hilfe bitten, Freunde ansprechen, zum Arzt gehen, uns einer Selbsthilfegruppe anschließen, auf uns selbst achthaben.

Stellen Sie eine Liste auf für jeden Bereich Ihres Lebens – geistlich, körperlich, seelisch, mental – und auch für Ihre Beziehungen. Dann überlegen Sie sich in jedem dieser Bereiche eine kleine, einfache Sache, die Sie tun können, um sich selbst in Ihrer Situation zu helfen. Wenn es etwas ist, für das Sie nur fünf Minuten oder weniger benötigen, umso besser. Es kommt nicht darauf an, ganz schnelle Ergebnisse zu erzielen, denn schließlich haben Sie eine lange Reise vor sich. Wichtig ist nur, dass Sie die Entscheidung treffen, wieder auf die Beine zu kommen. Sie sollen sich sagen: „Ja, das Leben ist hart und manchmal liege ich am Boden. Aber dort bleibe ich nicht für immer.“

Ich meine damit nicht, dass Sie ein künstliches Lächeln aufsetzen sollen und so tun, als sei alles in Ordnung, wenn das nicht der Wahrheit entspricht. Das wäre auch nicht hilfreich. Im Gegenteil: Es wird Zeit, sich ehrlich einzugestehen, wie schwer Ihre Situation ist und dass Sie Hilfe brauchen. Gott möchte in diesen Lebensumständen Ihr Partner sein. Sanft, liebevoll und geduldig will er Sie genau zur richtigen Zeit wieder aufrichten und Ihnen einen neuen Platz zeigen, an dem Sie wieder sicher stehen können.

Was mein Herz dir sagt

Herr, ich fühle mich so niedergedrückt, wie am Boden liegend und ziemlich entmutigt. Ich knie hier vor dir und bitte dich: Nimm mich bei der Hand und richte mich auf. Und bitte zeig mir, wie ich selbst dazu beitragen kann, dass ich wieder auf die Beine komme. Schenk mir den Mut, um die Hilfe zu bitten, die ich konkret brauche. Ich liebe dich und vertraue darauf, dass du … Amen.

Wenn Sie möchten, lesen Sie Psalm 19–21.

8. Gott versorgt dich mit allem, was du brauchst

Der Herr ist mein Hirte. Nichts wird mir fehlen.
Er weidet mich auf saftigen Wiesen und führt mich zu frischen Quellen.
Er gibt mir neue Kraft. Er leitet mich auf sicheren Wegen, weil er der gute Hirte ist.

Psalm 23,1-3

Die Frauen sitzen im Kreis um einen Tisch. Einige von ihnen sind junge Mütter, die ihre Kinder gerade im Kindergarten abgegeben haben. Andere sind Großmütter im Ruhestand, für die eine neue Lebensphase begonnen hat. Jedes Alter und jede Lebenssituation sind in dieser Gruppe vertreten. Wir bereiten uns wie jede Woche auf das gemeinsame Bibellesen vor. Bevor wir anfangen, fordert die Leiterin uns auf: „Zunächst wollen wir jede reihum in einem Wort sagen, wie es uns heute Morgen geht.“ Die Antwort lautet fast immer: müde.

Das ist schon ein paar Jahre her, aber dennoch muss ich immer wieder daran denken, was die Frauen an jenem Morgen antworteten. Ich erinnere mich daran, wenn ich mit Freundinnen rede und wir auf unsere vollen Terminkalender zu sprechen kommen. Oder wenn ich mich auf den Plattformen der sozialen Medien umsehe. Ich grüble darüber nach, wenn ich fernsehe und das hektische Tempo wahrnehme, das unsere Welt von uns fordert.

Wir sind müde. Und wenn das Leben uns mit Problemen konfrontiert, dann ist der Rest an Kraft, den wir noch haben, schnell aufgezehrt. Wir fühlen uns ausgelaugt und wundern uns, warum wir unser Leben so wenig genießen können. Mit anderen Worten: Wir sind Schafe, die einen Hirten brauchen.

Einmal habe ich gehört, dass man Schafe dazu bringen muss, sich hinzulegen. Und dass sie das nur tun, wenn sie sich sicher fühlen. Anscheinend sind auch Schafe in der Lage, sich bis zur Erschöpfung zu verausgaben. Sie brauchen jemanden, der ihnen sagt: „Mach mal eine Pause, mein Freund.“ Da sind wir gar nicht so anders. Und Jesus weiß das ganz genau. Darum lässt er uns wissen: Ich will euer Hirte sein. Er möchte sicherstellen, dass es uns an nichts fehlt – auch nicht an Ruhe.

An den Versen aus Psalm 23 gefällt mir besonders, dass der Hirte die Schafe „auf saftigen Wiesen weidet“. Was bedeutet eine saftige grüne Wiese für ein Schaf? Dass seine Bedürfnisse erfüllt werden. Das Schaf muss sich keine Sorgen machen, ob es satt wird. Genauso stellt sich Gott unser Leben vor. Dabei geht es nicht nur um unsere körperlichen Bedürfnisse, sondern auch um die unseres Herzens. Er fordert uns auf: „Leg dich hin, meine Tochter. Ich sorge für dich. Du kannst aufhören zu kämpfen. Ruh dich aus.“

Er führt uns auch zu frischen Quellen. Wörtlich lautet der Bibeltext hier „zu stillen Wassern“. Schafe brauchen ruhige Gewässer, wo sie ihren Durst stillen können. Sie mögen keine reißenden Flüsse oder Seeufer, wo die Wellen anbranden. Auch wir brauchen ruhige Gewässer, an denen wir uns erfrischen können. Manchmal kommt unsere Terminflut wie ein Tsunami auf uns zu. Und trotzdem verspricht unser Hirte uns, „stille Wasser“ für uns bereitzuhalten, aus denen wir trinken können.

Unsere Rolle besteht eigentlich nur darin, uns von unserem Hirten führen zu lassen und nicht von unserer Gesellschaft. Wenn Schafe anderen Schafen folgen würden, befänden sie sich über kurz oder lang in Schwierigkeiten. Die Herde würde bald erschöpft sein, in Gefahr geraten und allem beraubt sein, was sie zum Überleben braucht. Wenn wir unsere Umwelt darüber bestimmen lassen, ob wir uns ausruhen oder nicht, gefährden wir unser Herz. Doch Sie haben einen guten Hirten. Er wird Sie nie so überanstrengen, dass Sie vor Erschöpfung zusammenbrechen. Er möchte nicht, dass Sie ohne Nahrung und Stärkung durchs Leben gehen. Wenn Sie also übermüdet sind und das Gefühl haben, immer nur das zu tun, was Sie tun müssen, dann wird es Zeit, eine Pause einzulegen und sich zu fragen, wessen Führung Sie eigentlich folgen.

Ein voller Terminkalender und ein leeres Herz sind ein sicheres Zeichen dafür, dass Sie sich näher zu Ihrem Hirten begeben sollten. Er hat versprochen, dass es Ihnen an nichts fehlen wird. Woran klammern Sie sich also so ängstlich? Was in Ihrem Leben gibt Ihnen nicht die wahre Nahrung? Wo sollten Sie aufhören zu kämpfen und wieder anfangen zu vertrauen?

Unser Hirte weiß genau, dass Schafe sich leicht verlaufen. Meistens tun sie das ganz unabsichtlich. Sie werden einfach abgelenkt durch etwas, was gut aussieht, und haben sich dann so weit entfernt, dass der Heimweg sehr mühsam wird. Wenn das Ihre Situation ist, dann dürfen Sie den Hirten bitten, dass er Sie abholt und wieder nach Hause bringt. Sagen Sie ihm, wie hungrig und durstig Ihr Herz ist und dass Sie Ruhe brauchen (ja, legen Sie sich doch mal eine Weile hin!). Erzählen Sie ihm, dass Ihre Seele Heilung nötig hat. Sie werden keinen Ärger bekommen. Hirten verstehen nämlich ihre Schafe. Und Ihr Hirte weiß schon, wo Sie sind und was Sie durchgemacht haben. Es macht ihm Freude, für Sie zu sorgen.

Was mein Herz dir sagt

Herr, ich bin so dankbar, dass ich zu so einem guten und treuen Hirten wie dir gehören darf. Danke, dass du über mich wachst und für all meine Bedürfnisse sorgst. Du verstehst mich sogar besser, als ich mich selbst verstehe. Heute komme ich zu dir und bitte dich: … Amen.

Wenn Sie möchten, lesen Sie Psalm 22–24.

9. Gott weist dich niemals zurück

Gib mich nicht auf, verlass mich nicht, du mein Gott und mein Retter! Wenn Vater und Mutter mich verstoßen, nimmst du, Herr, mich doch auf.

Psalm 27,9-10

Sie schaut das Handy an, das in ihrer Hand klingelt. Sie sagt sich, dass sie später zurückrufen wird, wenn es ihr besser geht. Die Einladung zu der Party am Wochenende sagt sie ab. Was könnte sie zu einem netten Beisammensein zurzeit schon beitragen? Sie beschließt, dass ihre Couch für einen weiteren Tag zu ihrem besten Freund wird. Denn die fordert nichts von ihr und ihre Arme sind immer offen.

Wenn wir uns von den Menschen in unserer Umgebung zurückziehen, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass wir verletzt sind. Ich bin dafür besonders anfällig. Zwar bin ich gern mit anderen Menschen zusammen, aber es strengt mich auch an. Und wenn ich deprimiert bin, bringe ich die Kraft dafür einfach nicht auf. Ich lasse mich auf kein Gespräch ein, gehe nirgendwohin und nehme keinen Kontakt auf, weil ich das Gefühl habe, nichts beitragen zu können. Dann sage ich mir, dass ich erst mit mir selbst ins Reine kommen muss, bevor ich andere Menschen wieder an meinem Leben teilhaben lasse.

Aber so hat Gott uns nicht geschaffen. Bitte glauben Sie mir: Wir werden nicht alleine heil. So hat Gott sich die Welt nicht gedacht. Wir brauchen einander zur Ermutigung, Stärkung und Unterstützung. Wenn Ihnen heute also danach ist, sich zu verstecken, dann darf ich Ihnen leise zuflüstern, dass Sie gerade jetzt einem anderen Menschen Ihren Kummer zeigen sollten.

Allerdings nisten sich manchmal ganz bestimmte Lügen in unserem Kopf ein, die es uns erschweren, mit anderen Kontakt aufzunehmen. Erstens will der Feind uns einreden, dass wir nichts zu geben haben und deshalb lieber wegbleiben sollten. Aber Jesus sagt: „Geben macht glücklicher als Nehmen“ (Apostelgeschichte 20,35). Wenn wir nicht zulassen, dass andere sich um uns kümmern, dann nehmen wir ihnen die Möglichkeit, dieses Glück zu empfangen, das aus dem Geben kommt.

Eine zweite Lüge besagt, dass wir nicht angenommen werden, wenn wir schwach oder traurig sind. Man wird uns abweisen. Aber in Wirklichkeit ist doch keine von uns perfekt. Wir alle sind schwierig. Wir alle sind im Werden begriffen. Und wir versuchen, das Leben zu begreifen. Wenn wir erst alle Probleme gelöst haben wollen, bevor wir wieder Kontakt mit anderen aufnehmen, dann werden wir wohl nie wieder mit irgendjemandem zusammen sein.

Was also kann uns den Mut geben, diese Lügen zu überwinden und wieder in die Liebe einzutauchen? Psalm 27 schenkt uns die Ermutigung, die wir brauchen. Gott sagt: „Egal, was andere Leute machen, ich werde dich niemals abweisen. Ich empfange dich immer mit offenen Armen. Ich werde dich nie verlassen.“ Manchmal sagen andere Menschen das Falsche. Manchmal sind sie nicht für uns da. Manchmal lassen sie uns im Stich. Aber mit all dem können wir umgehen, wenn wir wissen, dass Gott uns so etwas niemals antun wird. Diese Wahrheit macht uns frei, andere Menschen zu lieben und von ihnen geliebt zu werden, ohne dass wir uns zu sehr auf sie stützen und sie nicht standhalten können.

Der Gott, der in Ihnen lebt, lebt auch in anderen Christen. Das bedeutet, er kann ihnen helfen, Sie zu lieben. Gott möchte andere Menschen in unserem Leben gebrauchen, um uns Trost, Freude, Freundschaft und Weisheit zu schenken oder was immer wir sonst nötig haben. Doch damit das geschehen kann, müssen wir bereit sein, unser Herz zu öffnen und dies alles zu empfangen. Liebe ist immer riskant. An dieser Wahrheit führt kein Weg vorbei. Aber wenn wir auf Gottes vollkommene Fürsorge vertrauen, dann finden wir den Mut, unsere Hände auszustrecken. Und selbst wenn wir nicht die erhoffte Reaktion erhalten, können wir uns immerhin darauf verlassen, dass Gott uns die Liebe schenken wird, die wir brauchen.

Was mein Herz dir sagt

Herr, du weißt aus eigener Erfahrung, wie schwierig es manchmal ist, mit Menschen zusammen zu sein. Trotzdem hast du dich entschlossen, uns zu lieben. Hilf mir, dasselbe zu tun. Wenn ich mich zurückziehen will, dann gib mir bitte den Mut, Kontakt zu anderen aufzunehmen. Ich vertraue darauf, dass du mir in jeder Lebenslage die Menschen schickst, die ich brauche. Im Moment brauche ich vor allem jemanden, der … Amen.

Wenn Sie möchten, lesen Sie Psalm 25–27.

10. Gott will deine Garderobe erneuern

Du hast mein Klagelied in einen Freudentanz verwandelt. Du hast mir die Trauerkleider ausgezogen und mich mit einem Festgewand bekleidet.
Nun kann ich dich mit meinen Liedern loben,
nie will ich verschweigen, was du für mich getan hast. Immer und ewig will ich dir danken,
mein Herr und mein Gott!

Psalm 30,12-13

Als sie am Anfang zur Beratung zu mir kommt, trägt sie nur Schwarz. Manchmal schafft es ein grauer Pullover oder Schal in ihre Garderobe. Die dunkle Kleidung spiegelt die Gefühle ihres Herzens wider. Sie sieht zwar gut aus in diesen Farben, aber ich sehne den Tag herbei, an dem sie etwas Blaues trägt, das zu ihren leuchtenden Augen passt, oder ein Rot, das ihr Lächeln unterstreicht. Es dauert eine Weile, doch der Augenblick kommt. Und als sie eines Tages in einem sonnigen Gelb auf meiner Couch sitzt, weiß ich, dass wir es bald geschafft haben.

Was wir äußerlich tragen, spiegelt unsere Gefühle oft mehr wider, als uns klar ist. In unserer Kultur geschieht diese Auswahl der Farben häufig unbewusst. Wir machen eine schwere Zeit durch und stellen irgendwann fest, dass unsere Garderobe vor allem aus dunklen Tönen besteht. „Oh“, denken wir, „ich habe ja gar nicht gemerkt, dass ich immer zu diesen Farben greife.“

In der Kultur des Psalmbeters war die Verbindung zwischen äußerer Kleidung und inneren Gefühlen viel deutlicher. Wenn jemand im alten Israel durch eine Zeit der Trauer ging, dann trug er Gewänder aus Sacktuch. So zeigte er seiner Umwelt, dass er einen Verlust erlitten hatte. Sacktuch war ein sehr rauer Stoff, der auf der Haut kratzte und den Menschen in der Umgebung deutlich machte: „Für mich ist das Leben gerade richtig hart.“ Ich stelle mir vor, dass die Leute, wenn sie jemanden in dieser Kleidung sahen, sofort Mitgefühl empfanden – denn auch sie selbst hatten in bestimmten Zeiten ihres Lebens diesen Stoff getragen.

Wenn Sie jemanden in Sacktuch gekleidet sähen, würden Sie ihn vielleicht am liebsten dazu bringen, es auszuziehen, damit er es bequemer hätte. Doch das wäre eine unzureichende Lösung. Dann würde dieser Mensch nämlich nackt auf der Straße stehen, und das würde zu einem weiteren Trauma führen. Sacktuch kann man nicht einfach so ablegen, es muss durch etwas anderes ersetzt werden.

Dasselbe gilt für unseren Kummer. Wenn wir jemandem begegnen, der einen schweren Verlust erlitten hat, möchten wir ihm am liebsten seinen Schmerz wegnehmen. Dann sagen wir so taktlose Dinge wie „Das muss dir zum Besten dienen“ oder „Eines Tages wirst du ihn wiedersehen“. Selbst wenn wir es gut meinen: Mit Kommentaren wie diesen ziehen wir diesem Menschen sozusagen das Sacktuch aus. Statt ihm zu helfen, entblößen wir sein Herz nur noch mehr. Was unser Herz in solchen schweren Zeiten aber braucht, ist etwas Neues, das es umhüllt. Und genau das bietet Gott uns an.

Der Psalmbeter sagt, dass Gott ihm „die Trauerkleider ausgezogen“ und ihn „mit einem Festgewand bekleidet“ hat. Gott möchte unsere Trauer in Freude verwandeln. Er will uns etwas Besseres geben, mit dem wir unser Herz bekleiden können. Geschieht das alles von einem Augenblick zum anderen? Nein, denn Trauer ist etwas, das Gott geschaffen hat, damit wir Schweres in unserem Leben verarbeiten können. Sie mag sich negativ anfühlen, doch in Wirklichkeit ist sie etwas Positives, das uns voranbringt. Sie umhüllt unser Herz eine Zeit lang, bis wir wieder zur Freude bereit sind.

Darum sollen wir auf uns selbst und auf andere achthaben, damit wir den richtigen Zeitpunkt für einen Garderobenwechsel erkennen. Wenn wir unseren Schmerz loswerden wollen, noch bevor wir ganz geheilt sind, dann gehen wir mit einem entblößten und verletzlichen Herzen durchs Leben. Es braucht Zeit, bis wir wieder zur Freude bereit sind, und bis dahin müssen wir Geduld haben. Erlauben Sie sich Ihren Schmerz. Es ist in Ordnung so. Und selbst in solchen Zeiten dürfen Sie Hoffnung haben, weil Sie wissen, dass Sie eines Tages wieder mit Freude bekleidet werden.

Und was geschieht, wenn die Freude uns wieder umhüllt? Wir loben den Einen, der sie uns gerade zum richtigen Zeitpunkt in unserem Leben und in der richtigen Weise geschenkt hat.

Was mein Herz dir sagt

Herr, danke, dass du mir nicht nur hilfst, heil zu werden, sondern meinen Schmerz durch etwas Besseres ersetzt. Ich bin froh über deine Geduld und Behutsamkeit, während ich wieder lerne, Freude zu empfinden. Doch ein Teil meines Herzens fühlt sich heute noch verletzlich und entblößt an: … Amen.

Wenn Sie möchten, lesen Sie Psalm 28–30.