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mare

SARAH MOSS

Zwischen
den Meeren

Roman

Aus dem Englischen
von Nicole Seifert

mare

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet
diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
unter http://dnb.ddb.de abrufbar.

Die englische Originalausgabe
erschien 2015 unter dem Titel Signs for Lost Children
bei Granta Publications, London.

Copyright © Sarah Moss 2015

© 2016 by mareverlag, Hamburg
Covergestaltung Nadja Zobel / Petra Koßmann, mareverlag, Hamburg
Abbildung [M]: Public Domain
Lektorat Meike Herrmann
Typografie (Hardcover) Farnschläder & Mahlstedt, Hamburg
Datenkonvertierung eBook bookwire
ISBN eBook: 978-3-86648-328-6
ISBN Hardcover-Ausgabe: 978-3-86648-257-9
www.mare.de

PROLOG

Zu Hause

Da ist ein Junge.

Durch die Blätter wirft die Sonne kupfernes Licht auf sein Haar. Er hört nicht, wie das Meer hinter den Bäumen auf das Ufer trifft, und er hört den Flügelschlag in den Kammern seines Herzens nicht. Die Bäume produzieren Sauerstoff, und die Lunge des Jungen dehnt sich, seine Rippen heben sich, das Blut in seinen Arterien rötet sich. Da ist ein Junge.

Da ist ein Vogel in der Nähe des Jungen. Der Vogel ist so groß wie die Hand des Jungen, er ist nicht braun, er hat die Farbe von nassem Stroh, die Sprenkel sehen aus wie Einkerbungen, und auf jedem Flügel sind zwei Kohlenstreifen, als hätte jemand den Vogel auf die Schnelle mit Ölkreide gezeichnet, und der Junge war so lange still, dass der Vogel gar nicht weiß, dass da ein Junge ist.

Der Junge wartet.

Die roten Ahornblätter leuchten grell wie Blut vor dem Grün des kornischen Gartens. Die Kaninchen suchen dort keinen Schutz, als würden sie das Fremde erkennen. Im Schwarzen Bambus versammeln sich keine Spatzen und Blaumeisen. Keine Fuchsspuren verunzieren den geharkten Kies, kein Reiher spiegelt sich neben den Trittsteinen, die nur bis in die Mitte des Teiches führen, der den Mond ansieht. Manchmal, nachts, landet die Eule auf dem Dach des Teehauses und wendet den Kopf, um im Mondlicht Ausschau nach Mäusen zu halten.

Zweige brechen, und durch die Blätter nähert sich ein Rascheln. Papa. Er summt. Denn kummen de Wörm un freten di op. Bitte nicht vor den Patientinnen, meine Lieben, sagt Mama. Oder wenigstens nicht mit solcher Begeisterung. Später wird es im Haus ein anständiges Abendbrot geben, mit den Patientinnen. Mama am Kopf des Tisches und Schmalzfleischbrote, Salat aus dem Garten, ein Biskuitkuchen aus Eiern, die Laurence heute früh vor der Schule aus dem Hühnerstall geholt hat. Nach der Schule wird er Klavier üben, Arithmetik, Haare waschen. Papa setzt sich an den Rand der Veranda und zieht sich die Schuhe aus. Er hat seine Socken mit der falschen Farbe gestopft.

Grüner Tee ist nicht immer zu bekommen, aber Papa hat von Bates am anderen Ufer eine neue Packung mitgebracht. Ein Schiff ist eingelaufen, wie er sagt. Papa kniet sich auf den Boden, um die glänzende Holzkiste zu öffnen, die Makoto ihm aus Tokio geschickt hat. Er nimmt den Primus heraus, mit dem man Wasser kochen kann. Er stellt die Tassen und die Teekanne, rau und schwer wie graue Kiesel, auf ein schwarzes Tablett, das glänzt wie Eis und mit goldenen Vögeln bemalt ist. Laurence hockt auf der Veranda und sieht zu. Papas Hose spannt. Laurence kann auch so knien, mit den Hacken unter dem Po, aber das quetscht ihm die Füße ein, und darum tut er es nicht.

»Eine Geschichte?«, fragt Papa. »Die Dachse und das Säcklein voll Gold? Der Reisende und die Fuchswelpen?«

Laurence lächelt Papa an und schüttelt den Kopf.

»Die Katze und der Teich, der den Mond beobachtet?«

Papa erzählt gern japanische Geschichten, in denen Tiere ihre Gestalt ändern und sprechen können.

»Erzähl mir, wie du unser Haus gebaut hast. Erzähl mir vom Garten.«

Papa lächelt. »Lass mich vorher noch Tee machen. Meine Gedanken sammeln.«

Schwarze Haarnadeln

Das weiße Cottage fühlt sich anders an, wenn Ally nicht da ist. Wie eine Fabrik, in der die Maschinen stillstehen, wie ein Segelboot auf windstiller See. Die Papiere auf seinem Schreibtisch tun einen Atemzug, als vom Fluss eine Brise herüberweht, und er bewegt die Finger in der Sonne, um seine Schattenhand auf der halb beschriebenen Seite größer und länger werden zu lassen. Es ist nichts Schlechtes, wenn ein Haus ausruht, wenn außer dem Summen seiner Gedanken und dem Kratzen seines Stifts auf dem Papier nichts geschieht. So war es, ehe sie geheiratet haben, ehe er sie mit hierherbrachte. Mit all meinem irdischen Gut beschenke ich dich. Die Schatten auf dem Rasen werden länger, der Vormittag kühlt auf einmal ab, als die Wolke an der Sonne vorbei und aufs Wasser in Richtung St. Mawes zieht. Er hält die Hand ins Licht, das stark genug ist, um durch seine Fingerspitzen zu leuchten, die Grenzen seines Ichs zu durchdringen. Er wendet die Hand und sieht zu, wie das Gewebe zwischen seinen Fingern durchscheinend wird. Vogelfüße, denkt er. Vielleicht geht er am Nachmittag an den Strand, baden. Kann Ally schwimmen, besitzt sie einen Badeanzug? Er stellt sie sich nass vor, im kurzen Kleid, das an ihren Beinen klebt, weiße Arme unter durchnässter dunkler Baumwolle. Los jetzt, wenn er nichts tut, hätte er sie genauso gut zu den Booten begleiten können. Er wendet sich seiner Arbeit zu.

Er liest etwas über Leuchttürme in Japan. Er stellt das Buch aufrecht hin und lehnt sich im Sessel zurück. Man sollte meinen, dass Leuchttürme bei Erdbeben besonders gefährdet sind. Vor seinem geistigen Auge sieht er einen Turm schwanken, sieht Risse im Mauerwerk entstehen, als das Gebäude sich verdreht wie ein gewrungenes Handtuch. Etwas Gläsernes fliegt in hohem Bogen durch die Luft, die Reflektorlampe in perfektem, glitzerndem Flug, bis sie unten auf den Felsen zerspringt und der Turm erzittert und fällt, das Land die Gebäude abschüttelt wie ein Schlafender seine Bettdecke. Die Wellen unten haben kehrtgemacht, laufen in die falsche Richtung, weil sogar der Pazifische Ozean aufgestört wird von den Umwälzungen des Grundes, auf dem er ruht.

Aber da täuscht man sich. Wenn sie ordnungsgemäß gebaut werden, halten hohe, säulenartige Gebäude einem Erdbeben stand. Türme kann man – im Gegensatz zu länglichen, niedrigen Häusern, in denen zumeist Menschen leben – so bauen, dass sie eher biegen, als zu brechen. Und man weiß heute, dass die besten Leuchttürme die sind, die stärker auf Wind und Wellen reagieren. Das Fundament muss sich mit dem Boden bewegen, auf dem es steht, aber wenn die Maurer gute Arbeit leisten, ist die Spitze, das Licht selbst, ein Ruhepol, Achse und Fixpunkt.

Die Sonne verschwindet erneut, und eine Möwe schreit, als wolle sie protestieren. Er schlägt Die Berichte der Asiatischen Gesellschaft Japans zu. Der Verfasser dieses Artikels, ein schottischer Ingenieur, mag die Japaner nicht. Sie lügen, schreibt er, weil sie so am leichtesten bekommen, was sie wollen, und manchmal auch ohne ersichtlichen Grund. Er beschreibt ihre »vollständige Gleichgültigkeit gegenüber den Anforderungen der Zeit und der Lebensumstände«. Sie sperren ihre Frauen ein und unterjochen sie und wissen mit einem Essig-und-Öl-Ständer nichts anzufangen. Womöglich wüsste dieser Verfasser aber mit dem japanischen Gegenstück genauso wenig anzufangen, was auch immer das sein mag. Wie unergründlich die Einheimischen sein mögen, das gehört zu den Dingen, die man doch lernen können müsste. Zu den Dingen, die er versuchen wird zu lernen.

Er hört die Pforte ins Schloss fallen, steht auf und reckt sich, um Ally durch den Garten gehen zu sehen. Von hier oben wirkt sie perspektivisch verkürzt, ist auf Hut, Rock und Korb reduziert. Der Korb zieht ihren Arm nach unten; die Boote müssen eingelaufen sein. Eine Möwe, die auf dem Dach von Greenbank House Wache hält, verkündet Allys Rückkehr und erhält Antwort vom Schornstein von Symond’s Hill und dem Firstbalken von Penwerris House. Falls er dort draußen stirbt, denkt er manchmal, falls sein Schiff im Golf von Biskaya sinkt oder vor dem Horn, bevor er das Binnenmeer auch nur gesehen hat, werden die Möwen hier von seinem Tod künden, Wochen bevor der Bote den Weg entlangkommt. Die Haustür schließt sich leise. Sie achtet gewissenhaft darauf, ihn nicht bei der Arbeit zu stören, wie sie es im Haus ihres Vaters gelernt hat. Er wird zu ihr runtergehen; lieber mit seiner Ehefrau Zeit verbringen als mit morbiden Fantasien.

Sie kann die Wärme der Steinplatten durch ihre Schuhe spüren. Alle Kapitänshäuser auf der Dunstanville haben die Jalousien heruntergelassen, um die Sonne auszusperren, die von der Flussmündung herüberflackert und drüben in Flushing die Fensterscheiben aufblitzen lässt. Die Häuser dort auf der anderen Seite des Wassers sind wahre Verrücktheiten, mit an den Ecken klebenden Türmen, Mauerzinnen an den unwahrscheinlichsten Stellen und gotischen Ziersteinen, die in modernen Klinkerwänden prangen wie Geschwüre. Papa würde sie als persönliche Beleidigung betrachten, Ally aber kümmert es nicht. Sollen die reichen Männer ihr Spielzeug haben: Für uns andere ist es unterhaltsam, wenn nicht erbaulich, zu sehen, wie sehr diese äußeren Zeichen männlichen Reichtums den Tagträumen kleiner Mädchen gleichen. Der Affenschwanzbaum vor dem weißen Erkerfenster eines Kapitäns neigt sich über den Gehweg, die dunklen Äste prägen ein Muster auf den Putz des Greenbank Hotel. Angeblich hat Captain Motton ihn aus Afrika mitgebracht, zusammen mit einem Affen, der gestorben ist und nun ausgestopft in einer Glasvitrine auf seiner Anrichte steht. Falmouth gefällt ihr.

Sie wechselt den Arm, mit dem sie den Korb trägt, und lächelt, weil sie überlegt, was ihre Tante in London dazu sagen würde, dass sie, Dr. Moberley Cavendish, im Hafen um Fisch feilscht. Um diese Jahreszeit fahren die Boote, wie ihr die Haushälterin der Nachbarn gestern erzählte, im Morgengrauen raus und sind häufig am Mittag schon wieder zurück. Wenn das Boot voll ist, ist es voll, und je eher der Fang im Zug nach London liegt, desto besser. Wer Fisch will, tut gut daran, am Kai zu sein, wenn sie zurückkommen. Mrs. Trevethan bekommt den Fisch immer von ihrem Cousin; die meisten Leute hier kennen jemanden, der rausfährt, deshalb gibt es keinen Fischladen, wissen Sie? Aber solange die Hotels nicht vor ihr da sind, wird ihr schon jemand ein paar Makrelen oder einen Dorsch verkaufen. Mrs. Trevethan hat ihr nicht gesagt, dass der Fischkai stromaufwärts hinter dem Paketkai liegt, weil die Fischerboote weniger Tiefgang haben als die Hochseeschiffe, aber obwohl sie spät dran war, standen immer noch Kisten groß wie Särge voller toter Fische in der Sonne. Hunderte, dachte sie, vielleicht auch Tausende, und sogar ganz oben schlugen noch ein paar Schwanzflossen in der heißen Luft, taten Münder in silbernen Gesichtern lautlos ihre Empörung kund. Die Fische da oben leben noch, wollte sie zu den Männern sagen, die triefende Netze über die Steine hievten, wir haben einen medizinischen Notfall.

Ally rückt ihren Hut so zurecht, dass er ihr Gesicht beschattet. Sie hat noch nie Fisch zubereitet. Bei Mama gab es keinen. Vielleicht war in Manchester vor zwanzig Jahren kein Fisch zu bekommen. Vielleicht hätte sie weniger hochmütig sein und Tante Marys Angebot, sich von ihrer Köchin etwas beibringen zu lassen, nicht ausschlagen sollen. Ally hatte nicht bedacht, dass sie Tom damit die Haushaltsführung aufzwang, die sie bei Mama gelernt hatte. Aber auch in den Jahren bei Tante Mary in London hat sie einiges gelernt. Sie verlangt von Tom nicht, sich beim Frühstück zwischen Butter und Marmelade zu entscheiden. Sie bietet ihm Sahne zum Kaffee an und Zucker zum Tee. Und Fisch zuzubereiten kann doch nicht so schwierig sein. Man muss nur auf die eine oder andere Weise genügend Hitze zuführen, damit das Eiweiß stockt, und bedenken, dass gekochter Fisch zwangsläufig grässlich schmeckt. Den Ofen anzuheizen ist schwierig, außerdem ist es im Haus schon warm genug, also werden die Seezungen gebraten. Sie mag das Gewicht und den Schimmer ihrer neuen Kupferpfanne. Salzkartoffeln mit Minze aus dem Garten und zum Nachtisch die restlichen Pflaumen. Das ist doch eine Mahlzeit. Wenn er weg ist – nein, schon bei dem Gedanken ans Kochen, daran, dass es dann leichter wird, hält sie inne. Der Zeitpunkt seiner Abreise naht schnell genug. Es wird dauern, und sie wird Geduld brauchen. Geduld hat man immer, so wie man immer Luft zum Atmen hat, einfach weil es gar keine Alternative gibt. Sie öffnet die Pforte. Und jetzt wird sie den Fisch in die Küche bringen und Annie einen fröhlichen Brief schreiben, vom Baden im Meer und von den Fischweibern erzählen und ihrer Freundin versichern, dass das Eheleben in Cornwall mehr bedeutet als ein Exil von der Arbeit und den Freunden in London.

Aber da ist Tom, er kommt mit schwerem Schritt die bloße Holztreppe herab, legt von hinten die Arme um sie, als sie den Fisch aus dem Korb hebt. Er hat Haut statt Schuppen und unter der Rückenflosse die Narbe einer alten Wunde. Seine orangefarbenen Punkte sind verblasst.

»Ich dachte, du arbeitest«, sagt sie.

»Jetzt nicht mehr.« Er küsst ihren Nacken über dem hohen Kragen. »Es sollten unsere Flitterwochen sein.«

Sie lehnt sich für einen Moment an ihn, spürt seinen Atem in ihrem Haar. Sie haben nur so wenig Zeit. »Sind es aber nicht. Bring Mr. Penvenick nicht gegen dich auf. Wenn du doch zu tun hast …«

Seine Hand berührt durch die graue Baumwolle ihre Brust, und durch ihren Körper flackert eine Antwort. Aber, denkt sie, Mr. Penvenick wird sich aufregen, wenn dein Bericht nicht fertig ist, er wird dich tadeln, er wird enttäuscht sein, wo er dir bisher vertraut.

Er streicht ihr Haar beiseite. »Es gibt immer irgendwas zu tun. Lass den Fisch, Al.«

Sie senkt den Kopf, als er ihr den Kragen aufknöpft.

Vom Gewicht ihres Kopfes auf seinem Schlüsselbein wird ihm der Arm taub, aber er möchte, dass sie so liegen bleibt. Sie weiß vermutlich, wie viel der menschliche Kopf wiegt, denkt er. Vermutlich hat sie ein menschliches Gehirn in ihren bloßen Händen gehalten und es in eine Waagschale gelegt. Vor der Hochzeit wurden Witze gemacht, die keine Witze waren, darüber, dass eine Ärztin wenigstens wisse, was sie erwarte, und er in der Hochzeitsnacht gleich zur Sache kommen könne, ohne erst zu erklären, was wohin gehört. Beim vierten Glas Bier hatte der etwas jüngere George gesagt, es wäre beinahe, als würde er eine Witwe heiraten, wobei es gleichzeitig den Vorteil hätte, dass … Charlie zog ihn nach draußen, und als sie wieder hereinkamen, bat George ihn um Entschuldigung. Er hatte es nicht böse gemeint, er war nicht trinkfest und dachte nicht nach, bevor er den Mund aufmachte, aber Tom war seit seiner Schulzeit nicht mehr so kurz davor gewesen zuzuschlagen.

Sie legt den Kopf auf das Kissen, schiebt ihre Hand von seinem Bauch hoch zu seiner Brust. Er streichelt ihre Hüfte, die Kurve ihrer Taille. Ihr Haar hat sich an einer Seite gelöst, und auf dem Laken hinter ihr liegen verstreut ein paar schwarze Haarnadeln.

»Ich habe ganz vergessen«, sagt er und sammelt die Nadeln ein, »De Rivers hat uns zum Abendessen eingeladen.«

Sie hebt den Kopf, die Zufriedenheit, über die er sich so gefreut hat, ist aus ihrem Blick verschwunden. »De Rivers? Aus dem großen Haus an der High Street?«

»Ludgate House. Er möchte dich in Falmouth willkommen heißen.«

Sie setzt sich auf, bemerkt seinen Blick und zieht die Knie an, um ihre Brüste zu bedecken. »Warum sollte er das wollen?«

»Vielleicht macht es ihn stolz, eine preisgekrönte junge Ärztin in der Stadt zu haben.«

Sie schüttelt den Kopf. »Woher soll er denn von meinem Preis wissen? Und warum sollte ihm das irgendwas bedeuten?«

Er verschränkt die Hände hinter dem Kopf. Der Riss in der Decke wird wahrscheinlich nicht größer geworden sein, seit er ihn zuletzt betrachtet hat. »Er weiß es, weil ich ihm davon erzählt habe. Und vergiss nicht, es stand in der Times. Jedenfalls habe ich die Einladung angenommen. Für Donnerstag.«

Verheiratete Männer sagen in solchen Fällen, sie müssten erst noch mit ihren Frauen sprechen; zu spät fällt es ihm ein. Er hat vorausgesetzt, dass sie einverstanden ist und dass sie Zeit hat. Ein bloßes Versehen, aber er hat sie und Annie über Männer reden hören, die nur so lange Verständnis für die Frauenbewegung haben, bis sie sich genötigt sehen, den Tee selbst einzuschenken. Vielleicht vertraut sie ihm noch nicht genug, als dass er sich solche Fehler erlauben könnte, vielleicht meint sie, er wolle das Sagen haben. Dann kann er nur versuchen, es zu erklären: Ich wollte mir nicht anmaßen, in deinem Namen zu sprechen, es ist vielmehr … Nun, ich habe vergessen, dass ich jetzt ein verheirateter Mann bin. Ich habe dich vergessen. Er wartet ab. Die Sonne der letzten Tage hat goldene Strähnen in ihr spatzenbraunes Haar gezogen.

»Na schön«, sagt sie. »Ich muss mein graues Kleid auslüften. Immerhin etwas, wovon ich Annie und Tante Mary in meinen nächsten Briefen erzählen kann.«

Er streckt den Arm aus und fährt mit den Fingern ihre fein gemeißelten Rückenwirbel entlang.

Die Umkehrung von
Noahs Arche

Hinter der Stadt geht die Sonne unter, das Abendrot versteckt sich westlich der Lizard-Halbinsel, doch jenseits des Meeresarms leuchtet der Hügel über Flushing in gebrochenem Rosa. Die Masten rund um den Hafen wiegen sich in einem Kaleidoskop aus Land und Himmel, das sich in den Wellen spiegelt. Zwei große Schiffe schieben sich an Pendennis Head vorbei, ihre Segel erschlaffen, als sie St. Mawes Castle passieren und das schützende Land erreichen. Nicht mehr lange, und er wird die andere Richtung nehmen, sehen, wie sich die Segel blähen, die Leinen sich klimpernd straffen und das Schiff sich gegen den Wind lehnt. Das Meer wird sich um ihn herum ausdehnen, während Falmouth, Pendennis, die Lizard-Halb insel, Cornwall im Nordosten kleiner werden. Und dann, nach ein paar Wochen, wird er in Japan sein. Er zieht Allys Arm fester um seine Rippen.

»Aus seinem Esszimmer hat man sicher einen schönen Blick«, sagt sie. »Ich bin gestern am Kai langgegangen und habe es von unten bewundert.«

»Penvenick zufolge ist das Haus ganz bemerkenswert, De Rivers ist offenbar Sammler. Da bekommst du endlich mal wieder schöne Bilder zu sehen.«

Das Haus ihres Onkels war voll mit Gemälden und Skulpturen. Nie zuvor hatte er in einem Privathaushalt eine lebensgroße Marmorstatue gesehen, und nun hat er Ally in ein Cottage geholt, dessen Wände allesamt zu feucht und uneben für Bilder wären, selbst wenn er welche besäße.

Sie reibt ihre Wange an seiner Schulter. »Ich kann nicht behaupten, dass ich sie vermisse. Und ich glaube kaum, dass Mr. De Rivers und ich den gleichen Geschmack haben.«

Geschmack. In ihrem Kopf sind ganze Welten, die er nicht betreten kann, Arten, Menschen und ihren Besitz zu kategorisieren, die ihm fremd sind.

»Ally?«, fragt er. »Ally, gehst du am Samstag mit mir in die Kunstgalerie?«

Die Galerie gibt es schon, seit er hier lebt. Sie ist eine Schenkung der Familie Yarrow an die Stadt gewesen, ein bisschen Kultur, um den Sinn der Seeleute und Geschäftsmänner zu verfeinern, er aber hat nur ein Mal den Fuß hineingesetzt, um einen Vortrag über neue Entwicklungen im Leuchtturmbau zu halten. Es gibt auch Konzerte, zu denen er nicht geht.

Sie sieht ihn an. »Natürlich, mit Vergnügen. Sie haben ein paar interessante Sachen. Aber ich weiß nicht, ob ich dir viel dazu sagen kann.«

»Bestimmt mehr, als ich bisher weiß.«

Ihre Hand streicht seinen Arm hinab und greift nach seiner. Sie mag die Innenseiten seiner Handgelenke, ein Teil seiner Anatomie, an den er vor der Hochzeit noch keinen Gedanken verschwendet hatte.

»Und du lernst gern dazu. Sag, Liebster, soll ich dir auch einmal eine Führung durch das Nervensystem und das Skelett geben?«

»Warum nicht?«, sagt er. »Ein Mann kann gar nicht zu viel wissen. Eine Frau natürlich auch nicht. Vielleicht taugt die menschliche Wirbelsäule ja als Vorbild für einen erdbebensicheren Leuchtturm.«

»Die Wirbelsäule ist eine Schwachstelle. Und nach allem, was du mir erzählt hast, dürften andere Säulen für dieselben physikalischen Probleme anfällig sein.«

Er küsst ihre Hand, und sie gehen die Stufen zur Haustür hoch.

Was die schöne Aussicht betrifft, hat sie richtiggelegen. Mr. De Rivers – ein Mann, der derartige Ähnlichkeit mit einem Frosch hat, dass man erstaunt ist, ihn eine Treppe hochgehen zu sehen – zeigt ihnen das ganze Haus, ehe sie sich setzen dürfen. Mit ihrer dunklen Eichentäfelung wirken die quadratische Diele und die flache Treppe wie eine Höhle, doch die Fenster über dem Meer leuchten wie die Canalettos, die sie in der Manchester City Art Gallery immer so bewundert hat. Die Geländerpfosten sind geschnitzte Gerstenähren. Die Bodendielen, blanke Schiffsplanken wie in allen Häusern dieser Stadt, knarzen, wenn man darauf tritt. Das Haus, erklärt Mr. De Rivers, ist mehr als zweihundertfünfzig Jahre alt. Er legt ihr die Hand an den Ellenbogen, der unter den kurzen Ärmeln des grauen Kleides bloß liegt, als helfe er ihr um die Treppenbiegung. Seine Hand ist feucht, sie würde sie am liebsten gleich wieder abschütteln. Neun Generationen wurden hier geboren und sind hier gestorben, denkt sie. Sein Daumen drückt sich in ihren Trizepsmuskel. Möglicherweise ist dies das älteste Gebäude, das sie je betreten hat. Trotzdem fühlt es sich vertraut an. Sie rückt von Mr. De Rivers ab, auf die andere Seite des Treppenabsatzes. Papas Haus wurde erst für ihn und Mama gebaut, mit modernem Ziermauerwerk und Erkerfenstern, aber wie das Haus von Papa wurde auch Ludgate House erbaut, um etwas darzustellen. Sechs Menschen würden hier nebeneinander auf die Treppe passen. Aus der Vertäfelung könnte man ein Schiff bauen, das tauglich für die sieben Weltmeere wäre, der Marmor der Kamine würde ausreichen, um eines ganzen Regiments geliebter Söhne zu gedenken. Ally betrachtet eine kleine Glaskugel auf einem Tischchen und unterdrückt ein Japsen, als aus dem Inneren etwas zurückschaut. Im düsteren Licht kann sie es nicht richtig erkennen; ein kleines Säugetier mit spitzer Nase und grauem Fell, das erstarrt unter einem nackten Ast kauert. Tom nimmt ihre Hand. Hinter Beistelltischen ragen Palmen in Töpfen auf, und in den dunklen Ecken schimmern weitere Glaskästen. Über dem Kamin steht ein geweihtragender Kopf von der Wand ab wie aufgespießt. Irgendwie bezweifelt sie, dass De Rivers den Tod dieser Tiere persönlich beaufsichtigt hat. »Meine Zentralamerika-Vi trine«, sagt De Rivers, als sie sich davor versammeln. Er greift wieder nach ihrem Arm, aber Ally sieht seine Hand kommen und tritt hinüber auf Toms andere Seite, als könne sie von dort besser sehen. Die Vögel im Inneren haben keine Vogelfarben, sie sind türkis, violett, scharlachrot und so klein, dass man sich kaum vorstellen kann, wie jemand sie getötet hat. Für eine Kugel sind sie nicht groß genug. Womöglich Chloroform, nachdem man sie mit einem Netz gefangen hat. Dann wurden die panischen Flügelschläge allmählich langsamer und hörten schließlich auf, die Köpfe hingen herab, während sich ein Film über die Augen legte. Die Herzen der Vögel müssen kleiner sein als der Nagel von Allys kleinem Finger und schneller schlagen, als man mitzählen kann.

»Sie waren in Zentralamerika?«, fragt Tom.

Mr. De Rivers plustert sich ein wenig auf. Allys Finger erspürt die Innenseite von Toms Handgelenk, über dem Pulspunkt, wo sich unter zarter weißer Haut der Muskel wölbt. Sie mag diese Stellen an ihm, an denen sich Weichheit mit einer Stärke verbindet, die der weibliche Körper nicht kennt. De Rivers sagt etwas. »Aber nein, ich habe keine Zeit, mich auf dem Globus herumzutreiben. Die Mine läuft nicht von selbst. Aber wenn man die richtigen Leute kennt, ist es ein Leichtes, beinahe alles von überall auf der Welt zu bekommen. Captain Polwarth hat sogar Schrumpfköpfe aus Afrika in seiner Vitrine!«

»Menschenköpfe?«

»Verzeihen Sie, Mrs. Cavendish. Das ist kein Thema für Damen. Ich zeige Ihnen lieber meine chinesischen Fächer. Sind die nicht bemerkenswert? Man vermag sich die Mühe der Schnitzer kaum vorzustellen, nicht wahr?«

In einer Truhe aus Zedernholz liegen Seidenstoffe aus China, bemalt mit Tigern und Drachen. Im schwachen Licht sind die Farben kaum auszumachen, aber Mr. De Rivers ermuntert Ally, die Seide anzufassen, lässt sie in ihre Hände fließen und sieht ihr dabei ins Gesicht. Sie weicht seinem Blick aus und denkt an die Hände, die diesen Stoff gemacht haben. Papa würde er gefallen.

Es gibt eine Glasvitrine voller Porzellanfiguren, und – De Rivers zwinkert Tom zu – ganz am Rand stehen welche, die nicht unbedingt für die Öffentlichkeit geeignet sind. Es gibt eine weitere Truhe, für die ein kornischer Zimmermann geschnitzte chinesische Wandschirme auseinandergenommen und neu zusammengesetzt hat. Die Papierkörbe sind aus Elefantenfüßen gefertigt und die Kerzenhalter aus Elfenbein geschnitzt. Das hier ist ein Mausoleum, es ist die Umkehrung von Noahs Arche. Sie stellt sich vor, was für einen Lärm es machte, wenn all diese ausgeweideten Tiere zum Leben erwachten, wenn ihre Seelen inmitten einer Winternacht wiederkehrten, flatternd, brüllend, kreischend, wenn die Eichentäfelung splitterte und die Geländer brächen wie Bäume im Sturm …

Im Esszimmer sitzt am Kamin in der dunkelsten Ecke des Raums eine Frau über einen Stickrahmen gebeugt. Die Frau steht auf und hält den Rahmen dabei wie ein Taschentuch, als müsste sie gleich weinen. Sie ist größer als Ally, älter und trägt ein weiches, kaninchenfellfarbenes Abendkleid, das sie vom Haarschmuck bis zu den Schuhen sepiagetönt erscheinen lässt und nur knapp über ihren Brustwarzen endet. Ally senkt unwillkürlich den Blick, als wollte sie die Würde einer Patientin wahren; sogar sie weiß, dass ein solches Dekolleté einer festeren Polsterung bedarf.

»Meine Schwester. Deborah, Mr. und Mrs. Cavendish. Mrs. Cavendish, Miss De Rivers.«

Dr. Moberley Cavendish, denkt Ally, aber in den drei Monaten seit ihrem Abschluss hat sie schon begriffen, dass es Situationen gibt, viele Situationen, in denen mit einer solchen Bemerkung nichts gewonnen ist.

Sie streckt die Hand aus. »Sehr erfreut.«

»Mrs. Cavendish. Wie gefällt es Ihnen in Falmouth?«

Mr. De Rivers hat den Esstisch, eine Mahagonifläche von der Größe ihres Schlafzimmers, ans Fenster gestellt und sie, als frisch verheirateten Ehrengast, zu seiner Rechten platziert, von wo aus sie zusehen kann, wie Hügel und Meer langsam dunkler werden, dieselbe Farbe annehmen, und die ersten Lichter die Boote kitzeln. Als ein berüschtes Dienstmädchen die Suppe abräumt, wechseln draußen die Gezeiten, und die Schiffe schaukeln in der Dunkelheit. Trotz Toms Erklärungen erscheint Ally der Gezeitenwechsel noch immer geheimnisvoll, und bevor sie hierherkam, wusste sie nicht, dass er überhaupt so eindeutig erkennbar ist. Gestern erst hat sie gesehen, wie bei Niedrigwasser eine kleine Pause eintrat und dann langsam das erste Bächlein der hereinkommenden Flut anschwoll. Es war ganz deutlich – wie wenn ein Patient das Bewusstsein wiedererlangt.

»Mrs. Cavendish?«

Sie begegnet Toms Blick.

»Verzeihen Sie, Mr. De Rivers. Ihre wunderschöne Aussicht hat mich abgelenkt.«

Er lächelt. Er ist die Art Mann, dessen Lächeln einen zwangsläufig an ein Krokodil denken lässt. »Ich wage zu behaupten, dass unsere kleine Stadt recht faszinierend ist, wenn man London gewohnt ist. Und – war es nicht Manchester? Ich kenne die Stadt nicht, und ich kann auch nicht behaupten, dass mich London besonders anzieht. Ich habe als junger Mann dort gelebt, wissen Sie?«

Ally nippt an ihrem Wein. Ausgezeichneter Wein, so gut wie der, den Onkel James im Keller hat. »Manchester ist eine interessante Stadt. Der gesellschaftliche Wandel, der sich dort vollzieht, dürfte abgelegenere Teile des Landes erst in einigen Jahren erreichen. Und London habe ich mir nicht ausgesucht, es ist die einzige Stadt in Großbritannien, in der ich meine Ausbildung machen konnte. Ich war glücklich dort.«

Sein Gesichtsausdruck verhärtet sich kurz, als hätte sie etwas Unaussprechliches ausgesprochen, aber das Lächeln bleibt. »Und das werden Sie hier hoffentlich auch sein, meine Liebe.«

Tom legt die Gabel hin. »Meine Frau wird in Truro in der Anstalt arbeiten. Sie interessiert sich sehr für Nervenleiden.«

Mr. De Rivers hustet. Wenn er zu ersticken droht, denkt sie, wird er sich noch über meine Ausbildung freuen. Er greift nach dem Wasser.

»In der Irrenanstalt? Ihre Frau? Cavendish, was denken Sie sich denn dabei?«

Tom lächelt. Er kann jeden anlächeln. »Dr. Moberley Cavendish ist der Meinung, dass weibliche Irrenärzte dringend gebraucht werden. Schließlich ist die Mehrheit der Patienten weiblich, und ihre Leiden beginnen häufig in den kritischen Lebensphasen, in denen Frauen wünschenswerterweise von Frauen behandelt werden sollten. Fasse ich das richtig zusammen, Ally?«

Sie nickt. Noch wissen sie nicht, warum diese Einladung ausgesprochen wurde, aber Mr. De Rivers ist ein mächtiger Mann, der sich für Tom zu interessieren scheint. Mit ihrer Sache braucht er nicht zu sympathisieren.

»Ich beginne meine Tätigkeit erst, wenn Tom abgereist ist. Ich möchte so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen, und da ich hier niemanden kenne, brauche ich während seiner Abwesenheit natürlich eine Beschäftigung. Und welchen Beruf haben Sie in London ausgeübt, Mr. De Rivers?«

Mr. De Rivers’ Hemdbrust bläht sich über seiner Weste. »Ich hätte gedacht, unter solchen Umständen kehrt eine junge Dame ins Haus ihres Vaters zurück, aber wie ich sehe, haben Sie Ihren eigenen Kopf. Mein Vater hielt es für das Beste, dass ich für einige Zeit bei einem Ausfuhrhändler arbeite. Den Großteil unseres Blechs verkaufen wir auf Märkten in Übersee, und er legte Wert darauf, dass ich diesen Teil des Geschäfts verstehe. Ich muss sagen, ich war froh, nach Cornwall zurückzukommen.«

Ally nickt. »Das kann ich verstehen. Und bei der Gelegenheit haben Sie dieses herrliche Haus gefunden?«

Inzwischen kann sie das. Mama hat nie verstanden, dass nicht jede Schlacht jedes Mal geschlagen werden muss, und auch Höflichkeit ist ihre Sache nicht. Weibliche List, würde Mama sagen, die feige Taktik jener, die das Urteil von Dummköpfen fürchten und auf Weltlichkeit mehr geben als auf Erlösung. War Gottes Sohn auf Kriechertum und süße Worte angewiesen? Hatte er Angst, die Geldverleiher im Tempel zu verärgern?

Als die Damen hinausgehen, steht er auf, einer dieser Gentleman-Tricks, die er sich spät angeeignet hat. Ally hält den Blick gesenkt, sittsam. Ihre Frisur sitzt nicht mehr so straff, und entlang der blassen Kurve ihres Halses schlängelt sich eine einzelne Locke. Miss De Rivers tritt etwas zurück, um Ally vorangehen zu lassen in den Salon, wo sie im Dämmerlicht die Schar Kolibris, das Tigerfell und der Elchkopf erwarten. Er kann sich nicht vorstellen, worüber die beiden Frauen reden sollen.

Mr. De Rivers schweigt und nippt am Rest seines Burgunders, bis sich die Tür hinter den beiden schließt. Das Dienstmädchen räumt zwei Teller ab, lässt den Nachtisch aber noch stehen, und Mr. De Rivers holt dazu einen Portwein aus der Anrichte.

»Darf’s eine Zigarre sein, Cavendish?«

Ally mag den Geruch nicht. »Für mich nicht, danke. Aber von diesen Walnüssen nehme ich noch eine.«

De Rivers reicht ihm den Korb. »Eigene Ernte. Ich habe auch einen schönen Feigenbaum. Trägt aber leider nicht jedes Jahr Früchte.«

»Das Klima ist wirklich mild. Wenn ich die Palmen und das Springkraut sehe, kann ich kaum glauben, dass ich in England bin.«

»Sicher nichts, womit Sie aufgewachsen sind. Wo war es noch gleich, Yorkshire?« Er schenkt großzügig Portwein ein. »Ich war noch nie dort. Gut, Cavendish, sollen wir übers Geschäftliche reden?«

»Ich dachte mir doch, dass Sie mir etwas zu sagen haben, Mr. De Rivers.«

Er möchte, dass Tom ihm aus Japan Seidenstoffe mitbringt. Kimonos, ja, auch, vielleicht einen für Miss De Rivers, aber einen besonders schönen hat er im Haus von James Poldoon hängen sehen, der Stoff gleichermaßen mit Applikationen und mit Stickerei verziert, was man so in Europa noch nicht gesehen hat. Poldoon habe seinen von einem Londoner Händler, aber er möchte etwas Echtes. Gehen Sie in die Werkstätten, junger Mann. Sehen Sie mit eigenen Augen, wie die Nadeln aufblitzen und die Farbe aufgetragen wird. Es wird Ihnen wohl nichts ausmachen, orientalischen Mädchen ein wenig bei der Arbeit zuzusehen, was? Er habe ein, zwei Sachen über diese Japanerinnen gehört … Jedenfalls werde er dafür sorgen, dass es sich für Tom lohnt. Er soll ihm etwas richtig Schönes mitbringen, eine ganze Wand soll es bedecken, damit Poldoon die Augen ausfallen, dann wird Tom es sich, wenn er das nächste Mal nach Übersee reist, leisten können, Ally in Florence Terrace zu lassen und nicht in dem feuchten kleinen Haus.

Tom schwenkt den Portwein in seinem Glas, Zentrifugalkraft kontra Schwerkraft. Bei der ersten Bewegung schwappt er beinahe über, die zweite stellt das Gleichgewicht wieder her. Er hatte gehofft, in einem halben Jahr wieder zu Hause zu sein.

»Wissen Sie, wo sich diese Werkstätten befinden, Mr. De Rivers?«

Mr. De Rivers bläst Rauch aus. »Das müssten Sie herausfinden. Zweifellos gibt es Reiseführer. Und meines Wissens gibt es in Osaka eine Gegend, die als Textilviertel bekannt ist.«

»Mein Auftrag bestünde darin, die Werkstätten ausfindig zu machen, eine Bestellung aufzugeben und die Ausführung zu beaufsichtigen? Ich würde erst abreisen, wenn Ihr Behang fertig ist, und Sie wollen, dass ich ihn in meinem Gepäck mitbringe, wenn ich zurückkehre?«

De Rivers lässt die Asche auf einen Teller fallen. Das Küchenmädchen wird ihn später sauber machen und wahrscheinlich über die Gedankenlosigkeit der Herren fluchen, die noch nie eine Frau abwaschen gesehen haben. »Genau so ist es. Und wenn Sie Unternehmerblut in den Adern haben, junger Mann, dann bringen Sie mit, soviel Sie tragen können, und verkaufen es auf eigene Rechnung.«

Der Portwein schwenkt in die andere Richtung. »Es soll eine kurze Reise werden. Mr. Penvenick kann mich nicht lange entbehren.«

»Penvenick! Kommen Sie, Tom, keiner von uns ist unersetzlich. Wenn Penvenick sechs Monate ohne Sie auskommt, werden ihn ein paar Wochen mehr schon nicht umbringen. Wie auch immer, Sie haben mich noch nicht gefragt, von welcher Summe wir sprechen.«

Er stellt sein Glas ab und sieht auf. Es reicht, denkt er, es reicht. Er schuldet diesem Mann gar nichts. »Das, Mr. De Rivers, liegt daran, dass meine Lage mich glücklicherweise nicht zwingt, an Geld zu denken, bevor ich an meinen Beruf oder an meine Frau denke.«

De Rivers lächelt. »Sie haben Biss, genau wie Ihre Frau. Ich sehe interessante Zeiten in Ihrem Haus voraus, Cavendish. Nehmen Sie das Mädchen mit, wenn Sie es ohne sie nicht aushalten. Sie fahren schließlich nicht nach Afrika, Japan ist ein zivilisiertes Land. Vor allem verglichen mit der Anstalt in Truro.«

Natürlich hat er daran schon gedacht. Penvenick hat es selbst vorgeschlagen. Die zusätzlichen Kosten wären unbedeutend. Er hat sich sogar einzureden versucht, dass Ally in Japan arbeiten könnte, denn sicher gibt es dort Frauen, auch Europäerinnen, die genauso dringend medizinischer Hilfe bedürfen wie ihre Schwestern zu Hause. Oder sie könnte sich ansehen, wie man in Japan die Geisteskranken versorgt, denn auch die wird es dort genauso geben wie hier. In Indien gab es schon Ärztinnen, lange bevor sich Frauen in Großbritannien überhaupt ausbilden lassen, geschweige denn praktizieren konnten. Japan ist nicht Indien. Tatsache bleibt, dass sie ihn nicht zu den Leuchttürmen begleiten könnte und wochenlang allein in einer Kolonie von Auswanderern leben müsste. Tatsache bleibt, dass sie ihrer Arbeit in der Anstalt erwartungsvoll entgegenblickt.

»Es ist unmöglich. Und ich denke nicht, dass Mr. Penvenick mir erlauben würde, Ihren Auftrag anzunehmen.«

»Seien Sie kein Dummkopf, Tom.«

De Rivers stellt sein Glas ab und nennt ihm die Summe.

Jacob’s Ladder

Die Möwen lärmen, vom Hafen tönt ein Schiffshorn herüber, drei Mal, wahrscheinlich verkündet der große Dampfer, der vor zwei Tagen einlief, seinen Aufbruch. Ally liegt zusammengerollt da. Er beobachtet, wie sich das Laken mit ihren Atemzügen hebt und senkt. Ihr Nachthemd, das er irgendwann gestern Abend aufgeknöpft hat, ist ihr über die Schulter gerutscht. Auf ihrem Schulterblatt sieht er einen blassen Leberfleck, der ihm noch nie aufgefallen ist. Vielleicht sehen wir im Schlaf alle jünger aus als im wachen Zustand. Sie hat sich das Laken um die Beine gewickelt, sodass für ihn nichts mehr bleibt, eine mit goldenem Flaum bedeckte Wade liegt entblößt in der Morgensonne. Kaum hat er sich daran gewöhnt, sein Bett zu teilen, wird er schon in einer Holzkoje hinter einem Schutzgeländer liegen und sich von den Wellen wiegen lassen. Er hat auf See immer gut geschlafen.

Das Zimmer hat sich durch Allys Ankunft nicht besonders verändert. Seine beiden Jacketts hängen an dem Haken an der Tür, seit ihre Kleider den Platz im Spiegelschrank einnehmen. Ihre besten Schuhe, zu hoch, als dass sie bequem darin laufen könnte, stehen unter seiner Kommode, und das graue Seidenkleid liegt über dem Stuhl, als wäre es ohnmächtig geworden, aber heute Morgen wird sie alles wegräumen. Die gestreiften Vorhänge filtern das Sonnenlicht wie eh und je, und die Tagesdecke, die seine Mutter ihm genäht hat, als er nach London ging, hängt zusammengefaltet über der Stange am Fußende des Bettes wie eh und je. Er denkt an das, was Ally ihm über das Haus ihres Vaters erzählt hat, an die Dornröschentapete, die er extra für sie und ihre Schwester May entworfen hat, an die Winter- und Sommervorhänge, die für anderes Licht und andere Farben im Salon sorgten, dem ersten mit der berühmten Herbsttapete ausgekleideten Raum. Er kennt das Haus nicht, man hat ihn nicht eingeladen, aber sogar seine Mutter kannte den Namen Alfred Moberley. Oh ja, die Vogelvorhänge, sagte sie. Mrs. Gummersall hat sie in Rosa. Im Haus von Allys Onkel James, wo er sie kennenlernte, gab es ebenfalls gemusterte Tapeten und Gardinen und Lampen und Sessel im Überfluss. Vielleicht sollte er vorschlagen, dass Ally das Cottage neu einrichtet, die Räume so herrichtet, wie sie es gewohnt ist. Wenn er den Auftrag von De Rivers annähme, hätten sie dafür mehr als genug.

Darauf bedacht, sie nicht zu stören, schiebt er sich unter der Decke hervor und tritt über das knarrende Dielenbrett an der Tür hinweg. Als Junge hat er sich an Sommermorgen manchmal in aller Früh aus dem Haus seiner Mutter gestohlen, um am Fluss zu angeln, oder einfach, weil er Lust zu einem heimlichen Ausflug hatte, ohne die Seitenblicke derer, die meinen, ein Junge allein könne nichts Gutes im Schilde führen. In diesem Haus musste er sich noch nie leise bewegen. Der Großteil des Gartens liegt im Schatten, nur auf die Rosen am Tor und die hohe Ziegelmauer, die ihr Cottage vom Garten der Nummer zwei trennt, scheint die Sonne. Die Küche im Keller ist kühl und dunkel, der gekachelte Boden unter seinen nackten Füßen kalt. Er hat sich immer staubig angefühlt, bis Ally kam. Er setzt den Wasserkessel auf und nimmt die Flöte ab, damit sie Ally nicht weckt. Sie hat am Samstag Brot gebacken, und in der Speisekammer sind Eier und der besondere Rauchtee aus Indien, der zu den bescheideneren Hochzeitsgeschenken von Tante Mary gehörte, nur ein kleines Zeichen, sagte sie, ein bisschen Luxus für die ersten Tage des Ehelebens. Ein Tablett haben sie nicht, aber ein Backblech tut es auch; er wird seiner Frau Frühstück ans Bett bringen. Seiner Braut. Auf dem Weg nach oben bleibt er stehen, balanciert das Tablett, dann öffnet er die Haustür und lässt den Tag herein.

Der Küchenfußboden ist gewischt, ordentlich geschrubbt und trocken gefeudelt. Sie hat zum ersten Mal Toms Sachen gewaschen, hat zugesehen, wie seine Ärmel und Hosenbeine im Wasser schwammen und sich um ihre Unterkleider und Blusen schlangen. Bitte, hat Tom gesagt, ich habe keine Ärztin geheiratet, damit sie meine Hemden auswringt. Das ist unter deiner Würde, Al, gib es raus. Er hat es immer so gemacht. Warum, sagte sie, damit ich faul herumsitzen kann wie eine feine Dame, während sich eine andere Frau abmüht? Kannst du dir vorstellen, was Mama dazu sagen würde? Sie hat alles gewaschen, aber Tom besitzt keine Mangel. Es ist ein schöner Tag. Die Haushälterin der Nachbarn hat ihr Holzklammern gegeben, die sie nicht mehr benötigt, nachdem sie ihre Dienstherren überzeugt hat, die neuen mit Metallfedern zu kaufen, und Ally hat zwischen der Stechpalme und dem Zaun eine Leine gespannt. Nichts spricht dagegen, dass sie sich hinsetzt, vielleicht sogar in den Garten, in dem Blätter herumliegen, und noch einmal Professor Brownes Buch über Irrenanstalten liest. Mit der Hausarbeit ist man nie ganz fertig, man könnte immer noch die Vorhänge waschen oder irgendetwas abstauben, aber ihr neuer Status als Ehefrau darf ihrer eigentlichen Arbeit nicht im Wege stehen. Faulheit, sagt Mamas Stimme in ihrem Kopf, den Nachmittag genusssüchtig verplempern, während vor der eigenen Haustür Elend und Verzweiflung herrschen. Die Stimme hat recht: Es gibt in Falmouth Gassen, so infernalisch wie die in Manchester, wo Mama sich Tag für Tag, Monat für Monat damit plagt, Frauen, die nicht lesen und schreiben können, beizubringen, wie sie ihre Kinder ernähren, ihre Häuser sauber halten und ihre Kleidung waschen, ohne dass es ihr besonders gedankt würde; wo sie gefallenen Mädchen und erkrankten Prostituierten zeigt, dass das Leben andere Wege für sie bereithält. Hier gibt es offene Abwasserkanäle, die ins Meer fließen, und mangelernährte Kinder, die vor der Bäckerei betteln. Frauen in welker Pracht stehen bei jedem ankommenden Schiff bereit und frequentieren die Bars am Hafen. Ally könnte jetzt gerade dabei sein, Körper und Seelen zu retten wie Mama, statt auf den Steinstufen neben der Kamelie Kissen zurechtzulegen, auf denen sie es sich bequem machen kann. Sie könnte versuchen, Unterstützer für eine Besserungsanstalt für diese Frauen zu gewinnen, oder ihnen und ihren Kindern wenigstens medizinische Hilfe anbieten. Ihr fällt ein, wie sie den Bewohnerinnen von Mamas Heim als Achtzehnjährige erzählte, sie wolle sich nach ihrem Abschluss um Frauen kümmern, die nirgendwo anders hin und sich keinen Arzt leisten könnten, die mitsamt ihren Kindern starben, weil sie nicht einmal die grundlegendste Versorgung erhielten. Und jetzt widmet sie sich dem Studium chimärischer Geisteskrankheiten, dem am wenigsten geachteten Zweig der Medizin. Noch auf dreihundert Meilen Entfernung spürt sie Mamas Enttäuschung. Sie schlägt das Buch auf.

Die Geschichte der Geisteskrankheiten, schreibt Browne, enthülle ein paar furchtbare Wahrheiten. Unter anderem die, dass der Geist zum Wahnsinn erzogen werden kann, dazu, sich selbst zu zerstören. Dies ist der Ausgangspunkt eines im Kern optimistischen Arguments: Wenn der Geist zum Wahnsinn geführt oder getrieben werden kann, wenn eine gesunde Person verrückt werden kann, dann muss dieser Prozess doch umkehrbar sein. Warum sollte jemand, der einmal im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war, diesen Zustand nicht wiedererlangen können? Browne preist »das wohlregulierte Bemühen, die tugendhafte Genügsamkeit, die festen Prinzipien eines hochgebildeten Geistes«. Über Allys Kopf kreischt eine Möwe. Die Blätter der Kamelie sind fast so dunkel wie die Dornen der Stechpalme, nun glänzen beide im gleißenden Sonnenlicht. Ein hochgebildeter Geist führt ihrer Erfahrung – und der Erfahrung sämtlicher ihr bekannter Frauen – nach weder zu tugendhafter Genügsamkeit noch zu festen Prinzipien. Ihrer Ansicht nach erschüttern Klugheit und Bildung die tugendhafte Genügsamkeit vielmehr, eine Erschütterung, die jede Frau während ihrer Ausbildung erleben sollte. Browne befasst sich natürlich vor allem mit dem männlichen Geist.

Sie liest weiter: »Wer sich der Pflege der Irren widmet … muss unter ihnen leben; er muss ihr häuslicher Partner sein; er sollte sich beschäftigen, womit sie sich beschäftigen; er sollte sich tagsüber mit ihnen unterhalten und den Selbstgesprächen lauschen, die sie in der Abgeschiedenheit ihrer Zellen führen. Er muss den Wahnsinn unter den Wahnsinnigen beobachten, analysieren, anpacken und in der Verfassung und Veranlagung jedes Individuums nach dessen hochwirksamen Waffen suchen und nicht in allgemeinen Regeln oder universellen Angaben.« Der Beruf des Irrenarztes wird sich aber nur durch die Entdeckung allgemeiner Regeln und universell gültiger Angaben durchsetzen, denkt sie, und trotzdem stimmt es. Jeder Geist hat seine eigene Geschichte, seinen eigenen Weg ins Verderben, und vielleicht kann diese Geschichte, wenn man sie sich erst mal vergegenwärtigt, zurückverfolgt werden. Wie sie und Browne sehr wohl wissen, liegt die Schwierigkeit darin, in den Anstalten eine Ordnung einzuführen, die das ermöglicht. Darin, zwischen den vielfältigen Geisteskrankheiten Raum zu schaffen für Erzählungen irgendeiner Art. Sie ertappt sich dabei zu überprüfen, ob die Wäsche trocknet, als könnte sie irgendetwas anderes tun.

»Wollen wir einen Spaziergang machen, Dr. Moberley Cavendish, kann Ihr bedeutendes Werk so lange warten?« An ihren Händen kleben Mehl und Butter, ihre Fingernägel sind unangenehm verkrustet. Mama hielt Gebäck für ungesund, besonders für junge Mädchen, und zu Hause gab es nie welches, Tom aber liebt es. Und in Japan wird er keinen Kuchen bekommen.

Sie versucht, für ihn zu lächeln, doch ihre Augen werden feucht. Jetzt beginnt er, ihr letzter Abend. Von diesem Moment an werden die Minuten dahineilen wie die Stiche einer Nähnadel. Unauftrennbar, unwiederbringlich.

»Wenn Sie einverstanden sind, zu ausschweifend später Stunde zu Abend zu essen, Mr. Cavendish. Im Buch steht, es wäre von Vorteil, wenn der Teig eine Weile ruht.«

Er streckt die Hand aus. »Haben Sie mich denn nicht in der Hoffnung auf Ausschweifungen geheiratet? Komm, ich war den ganzen Tag im Büro eingesperrt, und vom Meer weht ein schöner frischer Wind.«

Sie versenkt die Hände in dem Becken mit kaltem Wasser, kratzt die Butter unter ihren Fingernägeln hervor, schüttelt die Hände trocken, um kein Handtuch waschen zu müssen. Wenn sie sich jetzt auch ins Gesicht Wasser spritzt, sieht er, dass sie aufgewühlt ist.

»Und deine Schürze?«

Was schert sie die Schürze? Sie verzieht den Mund zu einem Lächeln. »Finden Sie das keinen angemessenen Aufzug für einen Abend der leidenschaftlichen Vergnügungen? Vielleicht haben Sie recht.«

Sie nehmen den oberen Weg, gehen vom Cottage aus die Steinstufen zu Penwerris Terrace hoch, wo eine Reihe Kapitänshäuser steht. Die Sonne steht noch hoch am Himmel, und die weiß verputzten Fassaden leuchten hell wie Laken, die in der Sonne trocknen. Auf den Firstbalken und Schornsteinen verkünden die Möwen, dass Tom und Ally näher kommen, die Schreie umkreisen sie von oben, und unter ihnen schmiegt sich die Stadt an den Hang, unten arme Leute in grauem Stein, ganz oben reiche in weißer Farbe. Vor ihnen bändigen schmiedeeiserne Zäune rosafarbene Fuchsien und rankende Glyzinien, deren violette Blüten herabhängen wie Weintrauben. Hinter einem Fenster sieht sie die Herbsttapete, von der sie lange Zeit dachte, Papa habe sie nur für den Salon zu Hause entworfen.

»Ally?«

Erschrocken dreht sie sich um. Als er ihr den Heiratsantrag gemacht hat, klang seine Stimme nicht so ernst. Vielleicht sagt er es im letzten Moment doch noch. Komm mit. Ich kann nicht ohne dich fahren, das schaffe ich nicht. Egal, was es für deine Berufstätigkeit bedeutet, komm mit. Das kann ich nicht, würde sie sagen. Und doch. Ja.