zimt fuer deutschland | reihe: apollon
Die Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet dieses Buch
in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Erste Auflage September 2016
© Größenwahn Verlag Frankfurt am Main, 2016
www.groessenwahn-verlag.de
Alle Rechte vorbehalten.
ISBN: 978-3-95771-106-9
eISBN: 978-3-95771-107-6
IMPRESSUM
zimt fuer deutschland
Reihe: Apollon
Autor
Tibor Schneider
Seitengestaltung
Größenwahn Verlag Frankfurt am Main
Schriften
Constantia und FELIX TITLING
Covergestaltung
Marti O´Sigma
Coverbild
© Simone Kornappel
Autorenfoto
Seite 101 : © Marcus Hammerschmitt
Größenwahn Verlag Frankfurt am Main
September 2016
ISBN: 978-3-95771-106-9
eISBN: 978-3-95771-107-6
»Die Bestimmung ist die affirmative Bestimmtheit als das Ansichsein, dem das Etwas in seinem Dasein gegen seine Verwicklung mit Anderem, wovon es bestimmt würde, gemäß bleibt, sich in seiner Gleichheit mit sich erhält, sie in seinem Sein-für-Anderes geltend macht.« (G.W.F. Hegel, WdL I, S.132)
Es gibt die Leere der Floskeln. Es gibt die überanstrengte Leere der immerzu wiederholten Floskeln, die undurchsichtig werden, die beginnen zu murmeln, dann, etwas später, wie Murmeln zu klackern. Jetzt werden sie undurchsichtig. Kurz darauf werden sie ernst. Mit einem Mal vergrößern sie sich endlos und begegnen als Planeten in einem formwandlerischen Universum. Wo wollen sie nur hin? Hat sich etwa die Gravitation geändert? Sie bewegen sich sehr schnell, in ein Gleichgewicht hinein, aber vor allem aus jedem Gleichgewicht heraus. Wo steht denn die Sonne? Weiß man nicht. Was würde passieren, fragt ein bekanntes Gedankenexperiment, wenn die Erde und alle Himmelskörper in ihrer nächsten Umgebung mit einem Mal anhielten, aber die Atmosphäre ihre Geschwindigkeit beibehielte? Nun, das wäre nicht sehr angenehm. Am Äquator bewegt sich die Erdoberfläche mit etwa 470 Metern pro Sekunde. Wenn die Erde anhielte, aber die Luft weitermachte, käme ein enormer Sturm auf. Dieser Sturm, Winde mit einer Geschwindigkeit von mehr als 1000 Stundenkilometer, wäre am Äquator am stärksten und würde vermutlich nur einige Minuten toben, bis er sich verlangsamte. Diese wenigen Minuten wären allerdings fatal. »It’s not that the wind is blowing, it’s what the wind is blowing«, und der Wind triebe alles vor sich her, was sich ihm in den Weg stellte. Wenn man sich dies nun als Sprachsturm vorstellt, ist es als stünde man in den Zimtgedichten des Bandes »zimt fuer deutschland« von Tibor Schneider. Ich kann nicht aufzählen, was vorbeistürmt, es ist alles Mögliche darunter, wahrscheinlich sogar die Dialektik. Nein, die Dialektik mit Sicherheit. Und das Eigenartige daran ist, dass es plötzlich hell wird, aber nicht stumm. Haben wir eine Zuflucht gefunden, von der aus sich das lesen lässt?
Nein, das ist nicht das Herumsegeln von Formeln des marktgerechten Erstaunens in einer mehrsprachig zertrümmerten Aufführung. Das säkulare Erstaunen ist ja heute oft nur noch die unklare Vorbedingung des Kaufs, aber hier, im Zimtsturm wird es immer wieder in den krassesten Verballhornungen losgeschickt, um Unklares zu besorgen. Das bringt es dann auch mit, nur dass es auf der Strecke an Unklarheit verliert. Danke. Die Empfindsamkeit bleibt bestehen. Die Neologismen kommen angeschwärmt, so dicht, dass man die Seite wechseln will, und sich unversehens auf der Seite des nur noch Anders-Sagbaren findet, wo die Leute auf bessere Weise sonderbar gekleidet sind. Der Sturm hat übrigens inzwischen ein wenig nachgelassen. »Ein Erden nach oben«. Etwas zerrt ja doch noch an den Haaren, die Aufrichtung folgt und »vom nichts ist hier alles da«, ja, danke auch. Ein neuer Plural.
Alberne vom Laut selbst geleitete Findungen ziehen die großen Namen näher an sich heran. Das