Das Buch
Erinnerungen können schmerzen, dachte ich. Auch die schönen.
Mia hat ihren Auftrag erfüllt, die Schulden ihres Vaters sind bezahlt. Sie kann sich ihren Job nun aussuchen und verbringt den Oktober in ihrer neuen Heimat Malibu – an der Seite des Mannes, den sie liebt. Doch den lassen die Schatten der Vergangenheit nicht los. Mia muss kämpfen, um Wes und um ihr gemeinsames Glück. Und auch in Mias eigenem Leben fehlt ein wichtiges Puzzleteil. Wird sie es finden und ihr vor langer Zeit verwundetes Herz heilen können?
Die Autorin
Audrey Carlan schreibt mit Leidenschaft heiße Unterhaltung. Ihre Romane veröffentlichte sie zunächst als Selfpublisherin und begeisterte damit eine immer größere Fangemeinde, bis der Verlag Waterhouse Press sie unter Vertrag nahm.
Ihre Serie »Calendar Girl« stürmte die Bestsellerlisten von USA Today und der New York Times und wird als das neue »Shades of Grey« gehandelt. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Kalifornien.
Homepage der Autorin: www.audreycarlan.com
AUDREY CARLAN
OKTOBER
NOVEMBER
DEZEMBER
Aus dem Amerikanischen von
Friederike Ails
Ullstein
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ISBN 978-3-8437-1372-6
Deutsche Erstausgabe im Ullstein Taschenbuch
1. Auflage November 2016
© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2016
© 2015 Waterhouse Press, LLC
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
The Calendar Girl – October/November/December
Umschlaggestaltung: ZERO Media GmbH
Titelabbildung: © FinePic®, München
Buchgestaltung: Axel Raidt
E-Book: LVD GmbH, Berlin
Alle Rechte vorbehalten.
Drue Hoffman
Es war ein langer Weg, an dessen Anfang du mir Hilfe und Orientierung angeboten hast, als ich sie am meisten brauchte. Danke für dein Wissen, deine Unterstützung und deine Freundschaft.
Ich hoffe, dir gefallen dieser Band und der verschrobene männliche Drew Hoffman.
Ekatarina Sayanova
Eine Geschichte zu lektorieren ist wie das Kind einer Frau zu kritisieren.
Schwer machbar, ohne verletzend zu sein.
Doch irgendwie schaffst du es immer wieder.
Du lektorierst mit Gnade, Mitgefühl und Rücksicht.
Ich bin unendlich dankbar, dich zu haben.
Mit deiner Anleitung und jeder neuen Geschichte werde ich eine bessere Autorin.
Danke.
Die echte Mia Saunders
Du bist noch nicht geboren, aber ich liebe dich jetzt schon.
Ich hoffe, dass meine Freundin Sarah eines Tages, wenn du erwachsen bist, diese Geschichte mit dir teilt.
Ich wünsche dir Liebe, ein erfülltes Leben und die Erkenntnis:
Der Weg ist das Ziel.
KAPITEL 1
Stille begrüßte mich, als ich Wes’ Zuhause in Malibu betrat. Mein Zuhause. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Vielleicht hatte ich gehofft, dass das Universum sich plötzlich auftut und mir den Himmel auf Erden, will heißen meinen Mann, sicher und wohlbehalten auf amerikanischen Boden setzt, direkt in unser heimeliges Zuhause. Denn genau das war es. Unser Zuhause. Wes hatte darauf bestanden, dass ich meine Sicht auf das Haus, das Ginelle immer als Anwesen bezeichnete, änderte und es als meins ansah. Ansonsten müssten wir uns gemeinsam etwas Neues suchen, meinte er. Das wollte ich nicht. Um ehrlich zu sein, wollte ich lieber komplett in seine Welt abtauchen. Ganz und gar. Großartig.
Wes hatte sich all das, was er in jungen Jahren besaß, hart erarbeitet. Er war weder überheblich noch gierig. Die klaren Linien und die lässige Ausstattung des Hauses waren einladend und zeugten von dieser inneren Haltung. Als ich durch die dunklen, leeren Räume ging, machte ich mich wieder mit seinen Sachen vertraut, aber es war anders. Etwas hatte sich verändert. Mit scharfem Blick versuchte ich zu ergründen, was anders war als bei meinem letzten Aufenthalt vor zwei Monaten.
Auf dem Kaminsims stand eine kleine, dreißig Zentimeter hohe Figur einer Balletttänzerin, die ein Bein in die Luft streckte. Sie hielt das Bein über ihrem Kopf am Knöchel fest und stand auf der Zehenspitze. Die Figur hatte meiner Mutter gehört. Sie hatte sich immer auf die Zehen gestellt, sich zurückgebeugt und mir genau gezeigt, wie eine Ballerina diese Position einnahm. Meine Mutter war Showgirl in Vegas gewesen, war aber in klassischem und zeitgenössischem Tanz ausgebildet. Ich sah ihr wahnsinnig gern zu. Beim Putzen wirbelte sie zu Musik durchs Haus, die nur sie hören konnte. Ihr schwarzes Haar reichte ihr bis zur Taille und schwang wie ein dunkler Umhang um ihren Körper. Als Fünfjährige hatte ich meine Mutter für die schönste Frau der Welt gehalten und sie mehr geliebt als sonst irgendjemanden. Diese Liebe war fehl am Platz gewesen, aber die Figur war es nicht. Sie hatte einen Ehrenplatz auf dem Kaminsims, und auch wenn ich sie am liebsten heruntergestoßen und zerbrochen hätte, ich ließ sie stehen. Wenn ich sie nicht hätte behalten wollen, hätte ich sie längst gespendet. Manchmal taten Erinnerungen halt weh, selbst die schönsten.
Ich sah mich im Wohnzimmer um. Auf einem Beistelltisch stand ein gerahmtes Foto, das ich kannte. Maddy. Es war an dem Tag aufgenommen, bevor sie aufs College kam. Ich war ihr wie ein hilfloser Welpe durch die Uni hinterhergelaufen. Mads jedoch war freudig vor mir hergehopst, hatte meine Hand gehalten und die Arme geschwungen. Wir waren von Hörsaal zu Hörsaal gegangen. Sie hatte mir von all ihren Kursen erzählt und davon, was sie laut Vorlesungsverzeichnis dort lernen würde. Ihre Freude war ansteckend, und ich genoss sie, weil ich bereits damals wusste, dass meine kleine Schwester etwas Tolles aus sich machen würde. Und das hatte sie. Ich war unheimlich stolz auf sie. Sie griff nach den Sternen und ließ sich von nichts aufhalten.
In der Küche war eine Fotocollage mit Magneten am Kühlschrank befestigt. Einzelne Fotos, die ich vom Kühlschrank in meinem winzigen Apartment abgenommen hatte, waren hinzugekommen. Maddy, Ginelle, Pops. Und ein paar neue. Fotos, die nicht ich entwickelt hatte. Wes und ich. Eins von einem Abendessen und ein Selfie im Bett, auf dem nur unsere Gesichter zu sehen waren. Wes musste sie hinzugefügt haben. Das war ganz am Anfang gewesen. Ich strich mit dem Finger über sein Lächeln. So selbstsicher und sexy, wie er mich in seinem Bett im Arm hielt. Meine Brust zog sich zusammen, und ich rieb den Schmerz weg. Bald. Bald würde er nach Hause kommen. Der Weg war das Ziel. Mehr denn je musste ich auf die Worte vertrauen, die ich als Tattoo am Fuß trug.
Als ich ins Schlafzimmer ging, jetzt unser gemeinsames, blieb ich wie angewurzelt stehen. Mir fiel die Kinnlade herunter, und meine Augen wurden vermutlich so groß wie Untertassen.
»Himmel!« Ehrfürchtig starrte ich das Bild an. Mein Bild.
Es war das letzte Porträt, das Alec im Februar auf der Aussichtsplattform der Space Needle in Seattle von mir gemacht hatte. Meine Locken wehten im Wind wie ein ebenholzschwarzer Fächer. An dem Tag hatte ich mich befreit gefühlt. Frei von der Last, die mein Vater unabsichtlich auf meine Schultern gelegt hatte, und frei von der Verpflichtung, das zu spielen, was der Kunde von mir wollte – in dieser einen Sekunde des Friedens war alles von mir abgefallen. In diesem Augenblick war ich nur Mia gewesen, ein Mädchen, das in der vor ihm liegenden Landschaft zum ersten Mal wahre Schönheit erkannte.
Ich konnte es nicht fassen. Weston hatte die teuerste Arbeit gekauft, die Alec von mir geschaffen hatte. Im Laufe des Jahres hatte ich ihm schließlich von Alec erzählt. Zwar nicht bis ins letzte Detail, aber das Wesentliche. Ich hatte ihm von der Kunst erzählt und wie jedes Werk mich weiter verändert hatte. Seitdem sah ich das Leben, die Liebe und mich selbst viel klarer. Wir hatten im Bett gelegen, nackt aneinandergeschmiegt, als ich ihm erklärte, wie dankbar ich Alec für diese Lektion war. Wie falsch es sich angefühlt hatte, sein Geld zu nehmen, wo er mir doch bereits so viel gegeben hatte, aber ich hatte ja keine Wahl gehabt.
Ich zog mein Handy heraus, überflog meine Kontakte und tippte auf Anrufen.
»Ma jolie, was verschafft mir die Ehre, deine wundervolle Stimme zu hören?«, meldete sich Alec in diesem weichen, sinnlichen Tonfall, der mich an weit bessere, glücklichere Zeiten erinnerte, die ich unter dem sündhaft heißen Franzosen liegend verbracht hatte.
Ich krabbelte aufs Bett und setzte mich im Schneidersitz vor das Gemälde. »Ich, äh, ich kann’s einfach nicht glauben …« Doch statt den Satz zu beenden, drehte ich das Handy um, machte ein Foto von dem Bild, schickte es ihm und hielt mir das Telefon wieder ans Ohr. Ich hörte das Piepen meiner Nachricht durch die Leitung.
»Mia, parle-moi, geht es dir gut?« Er klang besorgt.
Meine Stimme zitterte, als ich jede Facette des wunderschönen Werks über Wes’ Bett in mich aufnahm. Über unserem Bett. »Du hast eine Nachricht bekommen.«
»Diese Kommunikationsform mag ich nicht, chérie.«
»Jetzt sieh einfach nach!«, stöhnte ich und konnte ihn hoffentlich überzeugen.
Ein paar Klicks waren zu hören. »Ah, mais oui, du siehst dich selbst, non?«
Es gibt Momente, in denen ich am liebsten die Hände durchs Handy strecken und die Person am anderen Ende der Leitung erwürgen würde. Das war so ein Moment. »Darum geht es nicht, Alec. Die Frage ist, wieso sehe ich mich im Schlafzimmer meines Freundes?«
Alec schnappte nach Luft. »Ma jolie, du hast einen copain? Einen Freund?« Mit seinem französischen Akzent klang das Wort so schön, dass ich fast vergessen hätte, wie genervt ich darüber war, dass er es nicht begriff. »Du hast eine Entscheidung fürs Leben getroffen. Félicitations!« Er gratulierte mir, gab mir aber keine Antwort darauf, wieso seine Arbeit hier hing.
Ich stöhnte. »Alec, hör mir zu!«
Er gab einen Seufzer von sich. »Oh, chérie, ich höre immer zu. Vor allem, wenn du nackt vor mir liegst. Ich weiß noch genau, wie du dich damals in meinen Armen angefühlt hast. Du doch auch, oui?«
»Alec, wir haben keine Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen. Ich brauche Antworten. Von dir. Wie kommt dieses Bild in mein Schlafzimmer?«
Er lachte leise. »Du willst immer alles ganz genau wissen. Vielleicht war es als Überraschung gedacht, compte tenu de ton amant.«
Mein Französisch war ziemlich eingerostet, weil ich in den letzten Monaten nicht geübt und auch nicht mit Alec telefoniert hatte, aber er wollte wohl sagen, dass es eine Überraschung von meinem Geliebten war.
»Wes hat es gekauft?«
»Nicht ganz.«
Mein Rücken versteifte sich, und ich biss die Zähne so fest zusammen, dass ich Steine hätte zerbeißen können. »Hör auf, dich zu zieren, Frenchie. Spuck’s aus!«
Er tat so, als müsste er würgen. »Spucken ist eine schlechte Angewohnheit, eine, die mir nicht zu eigen ist.«
Ich verdrehte die Augen und ließ mich rückwärts aufs Bett fallen. »Alec …«, sagte ich drohend.
»Dein Geliebter hat nicht für das Bild bezahlt«, sagte er klipp und klar.
»Wie ist es dann hergekommen?«
Meinem Franzosen Informationen zu entlocken, die er nicht hergeben wollte, war schwerer, als einen Mann nach einer heißen Nummer dazu zu bringen, den nahenden Orgasmus zurückzuhalten. Unmöglich.
Schließlich stöhnte er auf. »Ma jolie, ich will ehrlich zu dir sein, oui?«
Als bräuchte er darauf eine Antwort – er wusste genau, was ich wollte. Trotzdem sagte ich: »Oui. Merci.«
»Dein Geliebter hat meinen Agenten angerufen. Er wollte Leb wohl, meine Liebe kaufen. Ich habe mich geweigert, es zu verkaufen.«
Das überraschte mich. Ein Künstler, der Kunst schuf, um Geld damit zu verdienen und sie mit der Welt zu teilen, weigerte sich, ein Bild zu verkaufen? »Wieso? Das ergibt keinen Sinn.«
Wieder zögerte er, ehe er etwas erwiderte. »Es ist einfach so. Ich liebe dich und möchte, dass deine Schönheit von den richtigen Menschen genossen wird. Ich habe zu jedem Bild Regeln aufgestellt. Zwei von ihnen wollte ich nicht abgeben.«
»Welche zwei denn?«
Seine Stimme wurde tiefer, wurde zu dem verführerischen Raunen, das ich nur zu gut kannte. »Ich sehe uns gern in unserem Augenblick der Liebe. Ich habe Unsere Liebe in meiner Villa in Frankreich in mein Zimmer gehängt. Je ne pouvais pas m’en séparer«, sagte er, und ich zerbrach mir den Kopf, um seine Worte zu etwas Sinnvollem zusammenzusetzen. Er meinte wohl, dass er sich nicht davon trennen konnte.
Ich lachte. »Alec, das ist doch dumm. Die Ausstellung war doch dafür gedacht, die Kunst mit anderen Leuten zu teilen.«
»Aah, aber ich will, dass es jeden Tag von den richtigen Augen gesehen wird. Die anderen habe ich verkauft, an Käufer, die ich überprüft und mit denen ich persönlich gesprochen habe.«
Ich schüttelte den Kopf und leckte über meine trockenen Lippen. Meine Gefühle fuhren Achterbahn, während ich das Bild vor mir betrachtete, mit Alec am Telefon und voller Sehnsucht nach Wes. Es fühlte sich an, als wäre ein Tornado über mich hinweggegangen. Ich versuchte, die zerfetzten Überreste meiner Gedanken und Gefühle zusammenzusetzen, aber sie wollten einfach nicht mehr passen.
»Und dieses Bild? Wie ist es dann hier gelandet?«
»Ich habe mit deinem Weston gesprochen. Er hat mir gesagt, wer er ist, und mir erklärt, was er von unserer Beziehung weiß. Ich hatte schon mit grabuge gerechnet.«
»Gebüsch?« Er hatte mit Gebüsch gerechnet? Was?
»Merde. Wie sagt man … Zöff?«
Ich prustete los. »Zoff?«, fragte ich lachend.
»Oui. Zoff. Aber er war ein echter Gentleman. Er meinte, er hätte die Fotos von der Ausstellung im Internet gesehen und wolle sie kaufen.«
»Sie? Doch nicht etwa alle?«
»Oui«, antwortete Alec, als wäre das nicht ungewöhnlich. Aber ich fand es sehr ungewöhnlich, dass mein cooler Surferboy Millionen für Bilder ausgeben wollte. Bilder von mir. Wenn er nach Hause kam, sollten wir uns ernsthaft über diese Fehlinvestition seines sauer verdienten Geldes unterhalten. Oh Gott, hoffentlich kommt er nach Hause.
Ich stand auf, ging schnell durchs Haus und schaute in jedes Zimmer. Zum Glück entdeckte ich keine weiteren Bilder von mir. »Also …«
»Ich habe nein gesagt. Dass es nur eins geben würde, das er haben dürfte, und wenn er das richtige aussuchen würde, könnte ich es ihm verkaufen.«
Meine Güte. Alec war ein schräger Typ. Komplex, merkwürdig, liebevoll, überzeugend, fordernd, unfassbar gut im Bett, aber echt exzentrisch. Aber so waren Künstler halt, oder? Ihre komische Art ließ sich weder greifen noch benennen, weil man einfach keine Vergleichsmöglichkeit hatte.
»Und?«
»Er hat die richtige Wahl getroffen. Er hat dich ausgewählt.«
Die Art, wie er es ausdrückte, jagte mir eine Gänsehaut über die Arme. Ich rieb darüber und schlang die Arme um mich, weil niemand sonst da war, der das übernehmen konnte.
»Die Bilder sind doch alle von mir, Alec.«
»Non. Die anderen waren bestimmte Zeiten in deinem Leben, Erlebnisse, Dinge, die du für die Kunst gespielt hast. Nur dieses eine Bild zeigt dich so, wie du heute bist. Und das wollte er. Also durfte er dich haben.«
Das Wort »haben« klang komisch. »Wie meinst du das?«
»Sieh es als Geschenk an euch beide. An eure Liebe.«
»Du hast meinem Freund ein Bild geschenkt, das eine Viertelmillion Dollar wert ist?«
»Eigentlich war es sogar eine halbe Million wert.«
»Oh mein Gott!«
»Mia. Je t’aime. Ich wollte dir ohnehin die Hälfte von dem Geld abgeben. Aber so hast du eine wunderschöne Erinnerung daran, wer du bist, jeden Tag. Ich finde es phantastisch, dass er es über euer Bett gehängt hat. Für dieses Bild gibt es keinen besseren Platz.«
Ich schniefte, und mir schossen die Tränen in die Augen. »Ich liebe dich auch, das weißt du, oder? Auf unsere Art.« Ich meinte es genau so, wie ich es gesagt hatte.
Er lachte. »Oui. Ich weiß, ma jolie.« Und dann beendete er das Gespräch mit den Worten, die dem Gemälde seinen Namen gegeben hatten: »Leb wohl, meine Liebe.«
Ich hoffte, es war nicht das letzte Mal, dass ich etwas von meinem Franzosen mit dem losen Mundwerk hörte. Auch wenn er Wes und mir gewissermaßen seinen Segen gegeben hatte, wollte ich ihn nicht verlieren. Er würde immer Teil meines Weges sein, und ich würde ihn bis an mein Lebensende lieben. Aber Wes liebte ich mehr. In ihn war ich verliebt, und ich brauchte ihn hier bei mir. Zu Hause.
****
Der Abend war kühler als bei meinem letzten Aufenthalt, aber mir war auch schon seit Wochen kalt. Ich blickte hinauf zu den Sternen und fragte mich, ob Wes sie dort, wo er war, auch sehen konnte. Ich hatte mir zwar geschworen, auf seinen Anruf zu warten, aber jetzt zog ich trotzdem mein Handy heraus und wählte seine Nummer. Sofort ging die Mailbox an. Adrenalin schoss durch meine Adern, und ich atmete tief durch und versuchte, nicht in Panik zu geraten, weil er sich nicht meldete. Wahrscheinlich schlief er gerade. Der Mann erholte sich von einer Schusswunde am Hals, Herrgott noch mal. Entspann dich, Mia. Du hast doch gestern erst mit ihm gesprochen.
»Hey, äh, ich bin’s. Wollte einfach nur deine Stimme hören. Ich bin zu Hause. In, ähm, Malibu.« Mein Blick wanderte zu den dunklen Wellen des Ozeans in der Ferne. Meine Stimme zitterte. »Das Haus ist so still. Ich weiß nicht, wo Judi ist.« Die Wellen brachen sich am Strand, und der Wind fuhr durch meine Haare. Mir wurde noch kälter. »Ich hab mich total gefreut, dass du meine Sachen ausgepackt hast. Oder es war Judi, aber ich hoffe, du warst es, weil du wolltest, dass unsere Leben eins werden.« Ich zupfte an den Fäden an meinem Jeanssaum. »Wes, ich vermisse dich. Ich will nicht allein in unserem Bett schlafen.« Sosehr ich es auch zu verhindern versuchte, mir kamen die Tränen, und ein paar von den Verrätern rollten mir die Wangen herunter. Ich wusste nicht, was ich ihm noch sagen sollte, außer wie sehr ich ihn brauchte. Mich nach ihm sehnte. Mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen konnte.
»Vergiss mich nicht«, flüsterte ich und legte auf. Diese drei Worte bedeuteten uns mehr als alles andere. Ich blickte ein letztes Mal in den Himmel, dann drehte ich mich um und ging in mein altes Zimmer. Wenn er nicht da war, konnte ich auch nicht in unserem gemeinsamen Bett schlafen.
****
Schwerelos. So fühlte ich mich. Ich war völlig erschöpft, und starke Arme umfingen mich. Ich schmiegte mich enger an die Wärme, rieb meine Nase daran, sog seinen vertrauten männlichen Duft ein. Die wenigen Nächte, in denen ich tief und fest schlief, waren immer von ihm erfüllt. Statt dagegen anzukämpfen, würde ich mich in dieser Nacht darauf einlassen. Würde die Freude darüber, ihn hier bei mir zu haben, in mich aufnehmen, würde zulassen, dass sie sich um mein Herz schloss, und sie mir bewahren. Ich stellte mir vor, wie Wes mich ins Bett legte. In unser Bett. Das Kissen roch nach ihm, nach Ozean, Sand und dem gewissen Etwas, das Wes ausmachte. Sein Duft hing noch immer darin. Ich rieb mein Gesicht an der weichen Baumwolle. »Ich vermisse dich …« Meine Stimme brach, und eine Träne stahl sich aus meinem Augenwinkel.
Etwas strich sanft wie eine Feder über meine Wangen. »Ich bin hier. Bei dir«, flüsterte er mir ins Ohr. Es war faszinierend, wie grausam und gleichzeitig schön Träume sein konnten. Sie gaben mir alles, was ich wollte, nur um bei Tagesanbruch zu verschwinden.
Flatternd öffnete ich die Augen, und in meiner Erschöpfung sah ich eine Silhouette vor mir. Seine Silhouette. »Verlass mich nicht. Bleib bei mir.« Ich blinzelte heftig und versuchte, die Augen offen zu halten. Das Fenster stand auf und ließ die kühle Meeresluft herein. Ich kuschelte mich in die schwere Decke und zog sie bis zur Nasenspitze hoch. Dann umgab mich plötzlich nur noch Wärme. Ein Arm legte sich um meine Taille, und ich genoss den Traum. Genoss es, Wes zu spüren, wie er mich im Arm hielt, seinen Atem an meinem Hals.
Sein großer Körper schmiegte sich von hinten an mich, und ich drückte mich gegen den imaginären Wes. Es war mir egal, ob er wirklich da war oder nicht. Ich tat so, als wäre er es, nur diese eine Nacht, damit ich schlafen konnte. Es fühlte sich unglaublich real an, wie er mich hielt und mit der Nase meinen Haaransatz, meinen Nacken und meine Schulter berührte. Ich zog seinen Arm an meiner Taille hoch zwischen meine Brüste, legte die Lippen an seine Fingerknöchel, atmete seinen Duft tief ein, bis in meine Seele. So tief, dass ich ihn am nächsten Morgen noch immer bei mir haben würde. Sein Seufzer strich durch mein Haar. Mir liefen die Tränen, als ich die Augen fest schloss, damit sein Trugbild auch ja nicht verschwand. Irgendwann vertrieben die Wärme an meinem Rücken und das Gefühl von Frieden, das mich umgab, meine Trauer und meine Angst. Wenigstens für diese eine Nacht.
In meinem Traum hörte ich, wie er zu mir sprach: »Schlaf, Süße. Ich bin hier. Ich lass dich nie mehr los.«
»Gut«, murmelte ich meinem Traum-Wes zu und drückte ihn noch enger an mich, als der Sandmann kam und sich sein nächstes Opfer holte. Wes’ Arme schlossen sich fester um mich, und ein Funken Vertrautheit drang an die Oberfläche, während er mich mit seinem ganzen Körper berührte. Genau wie er es tun würde, wenn er hier wäre. Ich seufzte und ließ mich fallen.
Der Klang seiner Stimme schien weit weg und verzerrt: »Ich habe dich nicht vergessen, Mia. Du warst jeden Tag hier bei mir. Ich habe von der Erinnerung an dich gezehrt.«
KAPITEL 2
Ein Höllenfeuer leckte an meiner Haut, breitete sich über jede meiner Kurven aus, bis mein ganzer Körper brannte. Das Feuer war seltsam schwer, ich konnte mich kaum rühren. Ich versuchte, meine Beine zu bewegen, aber es ging nicht. Ein haariges Bein drückte meinen Oberschenkel herunter. Moment mal. Was? Während mein Hirn wieder online ging, erstarrte ich. Mein Herz fing so heftig an zu klopfen, dass ich schon dachte, ich hätte eine Trommel in der Brust, die die Person, die hinter mir schlief, wecken würde. Sofort wurde meine Haut klamm. Vor lauter Panik liefen meine Angstrezeptoren auf Hochtouren.
Ganz langsam machte ich meine angsterstarrten Glieder zum Angriff bereit. Ich ballte die Hand zur Faust und brachte meinen Ellbogen in Position, um ihn anzuspannen, dann zuzustoßen und wegzurollen, genau wie man es mir in der Grundschule für den Fall eines Feuers beigebracht hatte. Nur dass es damals stehen bleiben, fallen lassen, über den Boden rollen gewesen war. Ich sagte es mir im Kopf auf. Zustoßen, wegrollen, fallen lassen. Vom Bett fallen lassen und die Beine in die Hand nehmen.
Ein männliches Stöhnen ertönte hinter mir, und die Arme und Beine, die mich umschlangen, schlossen sich noch fester um mich. »Ich kann dich denken hören.« Er klang schlaftrunken.
Gerade als ich die gut geplante Zustoßen-wegrollen-fallenlassen-Methode in die Tat umsetzen wollte, durchschnitt diese Stimme den Plan wie eine scharfe Klinge ein Satinband. Ein neues Gefühl breitete sich in mir aus. Gänsehaut überzog meinen Körper, gefolgt von unkontrollierbaren Kälteschauern. Tränen schossen mir in die Augen, und ich drehte mich um. Der Klammergriff um mich hatte sich gelöst, so dass ich mich bewegen konnte. Mir gegenüber lag der Mann, den ich mehr wollte als alles andere auf der Welt.
Wes.
Die Tränen strömten über mein Gesicht. Er legte seine Hand an meine Wange. »Hast du mich vermisst?« Er grinste, und in dem Moment setzte mein Hirn aus.
Blitzschnell wie ein Ninja hatte ich ihn auf den Rücken gedreht und mich rittlings auf ihn gesetzt. Ein sehr eindrucksvoller Teil seines Körpers wollte mich ebenfalls begrüßen, aber dem wollte ich mich später widmen. Mein Mund war schon beschäftigt. Ich bedeckte jeden Zentimeter seines Gesichts mit Küssen. Seine Stirn, die Wangen, sein stoppeliges Kinn, das an meinen Lippen kitzelte und kratzte. Den Hals, an dem er einen Verband trug, ließ ich aus.
Oh Gott, ich kann nicht glauben, dass er tatsächlich hier ist.
Endlich drückte ich meine Lippen auf seine. Sofort öffnete er sie. In weniger als einer halben Sekunde hatte ich ihn verschlungen.
Seine Zunge war warm, feucht und alles, wovon ich die letzten zwei Monate geträumt hatte. Ich umfasste sein Gesicht mit beiden Händen, und unsere Zungen tanzten miteinander. Wes strich mir über den Rücken und bohrte seine Hüfte zwischen meine Schenkel, besänftigte mich und entfachte gleichzeitig ein Feuer in mir.
Er unterbrach kurz unseren Kuss, um ein atemloses »Ich muss in dir sein, Mia. Mach mich ganz« auszustoßen.
Ohne meine Lippen von seinen zu lösen, ging ich auf die Knie, um mir den Slip auszuziehen. Dann schob ich seine Shorts weit genug nach unten, dass ich den Stoff mit den Zehen zu fassen bekam und sie an seinen Unterschenkeln herunterziehen konnte. Er schüttelte sie ab und umfasste meine Hüften. Sein Schwanz war lang, stark und steinhart, reckte sich stolz in die Luft und wartete darauf zuzustoßen.
Da war kein Platz für Vorspiel, sanfte Berührungen oder verführerische Worte. Es ging nicht darum, miteinander zu schlafen oder jemanden zu vögeln, den man lange nicht gesehen hatte. Nein, es ging um reines Besitzergreifen. Animalisch und doch voller Verehrung und Sinnlichkeit.
Ich hob noch einmal die Hüfte, verteilte seinen Lusttropfen um seine Eichel und stöhnte auf. Wie gern hätte ich seinen Schwanz in den Mund genommen, aber ich brauchte eine intensivere Verbindung. Ich senkte die Hüfte auf Wes hinab und schrie auf, als sein dicker, geäderter Schaft sich in mich bohrte. Alle Luft verließ meine Lunge, und meine Mitte krampfte sich zusammen und pulsierte um seine harte Männlichkeit. Ich ließ mich nach vorne sinken, legte meine flache Hand über Wes’ Herz und sah ihm in die strahlenden grünen Augen.
»Wes«, ich strich ihm über die Brust, »du bist wirklich hier.«
»Und du bist ein göttlicher Anblick.« Er holte tief Luft, und sein Blick sprach Bände. Wie sehr er mich vermisst hatte. Welche Sehnsucht er nach mir hatte. Und wie unsere Liebe ihn nach Hause geführt hatte. »Gott, du bist unfassbar schön.« Seine Hände schlossen sich so fest um meine fleischigen Hüften, dass er mir beinahe weh tat.
Es war mir egal. Ich wollte, dass er seine Spuren auf mir hinterließ. Sobald er mich genommen hatte, wusste ich, dass er zu Hause war, leibhaftig. Ich würde ihn nie wieder gehen lassen.
Wes’ Hände wanderten unter mein Tanktop, und ich streifte es mir über den Kopf und warf es vom Bett. Dann stieß ich mit der Hüfte gegen ihn. Er sog die Luft durch die Zähne und schloss die Augen.
»Lass die Augen offen!« Meine Stimme zitterte.
Wes leckte sich die Lippen, stemmte mich hoch, bis sein Schwanz nur noch gerade eben in mir war, und überließ den Rest der Schwerkraft. Wir rangen beide nach Luft, so tief war er in mir. Sein Schaft schwoll an, als ich mit meinen inneren Muskeln zudrückte.
»Wieso, Baby?«, fragte er und stieß nach oben. Sein steinharter Schwanz traf den perfekten Punkt in mir.
Ich liebkoste sein Gesicht, berührte jeden seiner Züge mit den Fingerspitzen, um mich zu vergewissern, dass er real war. Als ich an seinen Lippen angelangt war, saugte er meine Finger in den Mund und knabberte an ihnen, bis pure Ekstase durch mich hindurchzuckte. Meine Pussy krampfte sich um seinen Schaft, und die Stelle, wo unsere Körper aufeinandertrafen, wurde feucht.
Ich wiegte mich vor und zurück, hoch und herunter, und er überließ es mir, das Tempo zu bestimmen.
»Wieso?«, fragte er wieder, spielte mit meinen Brustwarzen, zupfte daran, verwandelte sie in schmerzhafte Spitzen, die darum bettelten, von seinem warmen Mund berührt zu werden.
Ich legte beide Hände auf seine Brust, stützte mich hoch und ließ mich auf ihn fallen und rieb meine Klitoris an seinem Beckenknochen. »Verdammt, Süße. Wenn du weitermachst, komm ich gleich.«
»Das ist der Plan.« Ihn kommen zu lassen und ihn von seiner Frage abzulenken.
Doch das ließ Wes nicht zu. Er hielt meine Hüfte fest, so dass ich mich nicht mehr rühren konnte. Es war, als hätte er mich an die Wand gepinnt, nur nicht mit einer Reißzwecke, sondern mit seinem riesigen pulsierenden Schwanz. Ich stöhnte auf, ganz erfüllt von ihm. Aber ich durfte ihn nicht reiten, bis ich kam.
»Sag’s mir.«
Ich rollte den Kopf hin und her, löste die Verspannung in meinem Nacken, die sich anfühlte, als wäre sie schon mein ganzes Leben lang da gewesen. »Baby, in meinen Träumen sind unsere Augen geschlossen«, sagte ich schlicht. Es war eine Antwort, aber sie war vage und verschleierte die Wahrheit.
»Hast du oft von mir geträumt?« Seine Frage überraschte mich. Sie legte den Finger direkt auf die bohrende Angst, die ich schon wieder verspürte. Ich würde allein aufwachen, am Boden zerstört, mit einem Loch im Herzen, das so groß war, dass der ganze Pazifik Platz darin finden würde, ohne mich zu ertränken.
Ich antwortete nicht, bis er seinen Schwanz in mir bewegte, kreisförmig, und meine Klitoris zu pochen begann und mein ganzer Körper bebte. »Oft, Süße?«
Ich nickte, biss mir auf die Lippe und genoss jede seiner Bewegungen in mir. Ich wollte, dass er meinen Körper nie mehr verließ. Um ehrlich zu sein, wollte ich, dass er mich nie mehr verließ.
»Bist du gekommen, wenn du an mich gedacht hast?« Seine Augen leuchteten dunkelgrün, und seine Pupillen waren geweitet.
Ich seufzte und entspannte mich, als er mir erlaubte, meine Hüften zu bewegen und nach dem kleinsten bisschen Erleichterung zu suchen.
Vorsichtig holte ich Luft und antwortete ihm. Ich würde alles für ihn tun, selbst wenn es mich bloßstellte. Er war nach Hause gekommen. »Manchmal. Aber meistens bist du verschwunden, und ich bin allein in einem leeren Bett aufgewacht.«
Er umfasste meine Hüfte, drückte mich nach oben und kontrollierte mein Tempo, als ich mich wieder hinabsenkte, Zentimeter für Zentimeter. Sein starker Schwanz schob sich langsam durch mein sensibles Gewebe, und ich spürte ein Kribbeln, Vorbote meines nahenden Höhepunkts.
»Lass die Augen offen«, sagte ich wieder.
»Ich bleibe hier bei dir.«
Wes stützte sich auf und lehnte sich mit dem Oberkörper gegen das Kopfende. Sein Schwanz war unglaublich tief in mir, und ich schnappte nach Luft, ließ den Kopf nach hinten fallen, bis mein Haar meinen Hintern und seine Oberschenkel berührte und kitzelte. Mit einer Hand hielt er mich an der Hüfte fest, die andere ließ er meine Wirbelsäule hochwandern, liebkoste erst meinen unteren Rücken, dann die Kuhle zwischen meinen Schulterblättern, bis seine Hand in meinen Haaren verschwand und zupackte … fest. Er drückte meinen Kopf hoch, bis wir uns in die Augen blickten.
Sein fester Griff in meinen Haaren und der prickelnde Schmerz an den Haarwurzeln verwandelten sich schnell in Lust. Ich stöhnte. Mein Mund schwebte über seinem.
»Das hier, Süße. Was wir haben. Du und ich. Das hat mich am Leben gehalten. Dir verdanke ich mein Leben.« Seine Augen füllten sich mit Tränen; er sah mich an, als könne er bis in meine Seele blicken.
Ich schüttelte den Kopf, leckte mir die Lippen und berührte seine. Ich schnappte nach Luft. Zwei Tränen liefen ihm die Wangen herunter. »Nein, Wes. Ich lebe für dich. Seit du bei mir bist, glaube ich daran, dass ich mehr verdiene. Und Baby, dieses ›Mehr‹ bist du … mein Ein und Alles.«
Ich umklammerte sein Gesicht und er meines, während unsere Lippen aufeinandertrafen, nahmen, gaben, liebten. Was ich früher für Liebe gehalten hatte, war nichts im Vergleich zu dem, was hier geschah. Ich wusste, dass ich nie wieder jemanden so lieben würde, wie ich Weston Channing den Dritten liebte. Mit meinem ganzen Wesen.
Er löste sich von meinen Lippen und bedeckte mein Gesicht mit Küssen. Sein Schwanz war noch immer tief in mir. Es schien, als wäre er zufrieden damit, einfach in mir zu sein, eins mit mir zu sein.
»Ich heirate dich bald.« Sein Atem war heiß an meinem Ohr, aber seine Worte waren noch heißer und drangen bis in mein Innerstes vor. Ich klammerte mich an ihn, und er stöhnte.
»War das ein Antrag?« Ich bewegte die Hüfte und erinnerte ihn daran, dass wir verbunden waren. Ihn dort tief in mir zu spüren, hart und entschlossen, war das reinste Aphrodisiakum. Ich seufzte, ging auf die Knie, ließ seinen Schwanz ein paar Zentimeter aus mir herausgleiten, senkte die Hüfte und fachte das Feuer wieder an.
Auch er seufzte und spielte mit meinen Brustwarzen, ehe er sich vorbeugte und eine von ihnen in seinen warmen Mund nahm. Ich drückte seinen Kopf an meine Brust, schwelgte in seiner Berührung. Meine Nippel schmerzten vor lauter Vorfreude. Wes saugte fest an der Spitze, zog den Kopf zurück und ließ sie aus dem Mund schnellen. Sein Speichel glänzte im Morgenlicht auf der Knospe und spiegelte auf erotische Weise wider, was sich weiter unten zwischen uns abspielte.
»Ich frage dich nicht, ob du mich heiraten willst, weil du nicht die Wahl hast, nein zu sagen«, sagte er, ehe er mit seiner Zunge um die vernachlässigte Brustwarze kreiste.
»Ach ja?«, seufzte ich, kreiste mit der Hüfte und versuchte, mehr Reibung zu erzeugen.
Er stöhnte an meiner Brust. »Dieser Körper gehört mir.« Er saugte fest an meinem Nippel. Lustblitze zuckten durch mich hindurch, bis nach unten zwischen meine Schenkel, und ich wurde unglaublich feucht. Seine Lippen wanderten an die Stelle, an der mein Herz heftig schlug. »Dieses Herz gehört mir.« Er leckte und küsste die Haut und legte beide Hände in meinen Nacken. Seine Lippen schwebten jetzt über meinen. »Diese Liebe gehört uns.« Er besiegelte seine Worte mit einem leidenschaftlichen, atemberaubenden, Gänsehaut erzeugenden Kuss.
Weston hatte recht. Diese Liebe gehörte uns, und die nächste Stunde über zeigte er mir, wie unsere Liebe aussah, und raubte mir wieder und wieder den Verstand.
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Später, nachdem wir uns geliebt hatten, beobachtete ich Wes, während er schlief. Ich sah ihm bei jedem Atemzug zu. Nie hätte ich gedacht, dass es eine solche innere Ruhe in mir auslösen würde, wenn ich meinem geliebten Mann dabei zusah, wie er schlief und atmete, aber so war es. Er hatte mich total überrascht, als er beim Aufwachen plötzlich hinter mir gelegen hatte. Selbst jetzt, als ich ihm durch die Haare strich, konnte ich kaum glauben, dass er sicher und wohlbehalten wieder zu Hause war. Völlig geschafft, aber quicklebendig schlummerte er neben mir.
Plötzlich ging die Zimmertür auf, und Judi kam herein. Ihr Blick fiel auf mich, dann auf Wes. Sie schnappte nach Luft, und der Stapel Bettwäsche in ihrer Hand zitterte. Ich lächelte. Judis Miene hellte sich auf, und ihre Wangen nahmen eine hübsche rosa Färbung an. Hastig legte sie den Stapel Bettwäsche und Handtücher auf der Kommode ab, drehte sich um und verließ das Zimmer.
Langsam krabbelte ich aus dem Bett, zog das weiße T-Shirt über, das Wes getragen hatte, und spürte, wie mich sein Duft umhüllte. Auf Zehenspitzen schlich ich aus dem Zimmer in die Küche, wo Judi Kartons aus dem Schrank zog. Ihre Hand bebte, als sie die Pfannkuchenmischung auf die Arbeitsplatte stellte.
»Judi?« Ich ging um den Tresen herum, und sie hielt inne und ließ die Schultern fallen. Dann wirbelte sie herum, zog mich in ihre Arme und zerquetschte mich fast.
»Mein Sonny ist wieder zu Hause. Dem Himmel sei Dank.« Sie lachte und weinte gleichzeitig, und ich hielt sie ganz fest. »Jetzt können wir eine Familie sein.«
Da war es wieder. Dieses kleine Wörtchen bedeutete mir inzwischen mehr als alles andere.
»Wenn es nach Wes geht, wird das eher früher als später der Fall sein.«
Sie trat zurück und hielt mich an den Oberarmen fest. Mit gerunzelter Stirn legte sie den Kopf schief. »Wie das? Hat er Sie gefragt …?« Sie schlug sich eine zierliche Hand vor den Mund und riss die Augen auf. »Dieser kleine Teufel.« Sie klang ehrfürchtig und aufgeregt.
»Er hat mich nicht gefragt, ob ich ihn heiraten will.«
Judi verzog das Gesicht und stemmte die Hände in die Hüfte. »Wie bitte?«
Ich schüttelte den Kopf, sah ihr in die Augen und ließ sie nicht länger zappeln. »Wes hat mir mitgeteilt, dass er mich heiraten wird.«
Die Frau, die sich neben seiner Mutter am meisten um ihn gekümmert hatte, grinste. »Ich habe es Ihnen doch gesagt, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, bekommt er es auch.«
Sie drehte sich um und holte Pfannen und andere Küchenutensilien hervor.
»Was machen Sie da?« Ich sah auf die Uhr. Es war kurz nach zwölf.
»Ich mache Ihnen beiden ein legendäres Willkommensfrühstück, Liebes.«
Natürlich tat sie das. Judi drückte ihre Freude aus, indem sie uns mit Liebe ein Frühstück zauberte. Und ich hatte vor, jeden einzelnen Bissen davon zu verputzen. Bei dem Gedanken an eine selbstgekochte Mahlzeit begann mein Magen sofort zu knurren. Seit ich Texas verlassen hatte, hatte ich nicht mehr richtig gegessen, sondern nur appetitlos alles auf dem Teller hin- und hergeschoben.
Ich machte mir gerade einen Becher Kaffee, als sich ein Paar warme, starke Arme um meine Taille legten.
»Mmmh, du warst nicht da, als ich aufgewacht bin. Das finde ich gar nicht gut.« Sein Tonfall machte deutlich, dass das kein Scherz war. Was seltsam war. Mehr als seltsam. Es passte gar nicht zu meinem coolen, lässigen Typen.
Lachend lehnte ich mich an ihn. Meine Schläfe kam mit etwas Rauem, Kratzigem in Berührung. »Seit wann das denn?« Ich wollte die Stimmung etwas auflockern. Diese plötzliche Persönlichkeitsveränderung gefiel mir nicht. Früher hatte derjenige, der zuerst aufgewacht war, den anderen schlafen lassen. So hatten wir es immer gehalten, wenn wir im selben Bett schliefen. Jetzt war alles anders.
»Stell keine Fragen, auf die du die Antworten nicht hören willst«, warnte er, und seine Stimme klang härter als sonst. Der lässige Wes, den ich kannte, war immer noch da, aber er schien unter der Oberfläche seiner neuen angeschlagenen Persönlichkeit zu schlummern.
Jetzt pikte mich irgendetwas in der kratzigen Fläche an meiner Schläfe. »Autsch!« Ich hob die Hand und fuhr mit den Fingern über den rauen Stoff.
»Ah, verdammt!« Wes stieß einen schmerzerfüllten Fluch aus und packte mich an der Hüfte.
Ich wirbelte herum und sah mir die Verletzung an. An seinem Hals war ein großer weißer Verband, der mir bereits aufgefallen war, bevor ich mich wie eine ausgehungerte Nymphomanin auf ihn gestürzt hatte. An der einen Seite breitete sich ein blutroter Fleck aus.
»Oh mein Gott, deine Schusswunde. Himmel! Ich hätte vorsichtiger sein müssen.« In diesem Augenblick dämmerte mir, dass Wes noch lange nicht wiederhergestellt war. Jetzt, da wir unseren ersten Hunger aufeinander gestillt hatten, betrachtete ich ihn mir genauer.
Wes hatte mehrere Kratzer und Prellungen auf der Brust. An einem seiner Unterarme war etwas, das nach Verbrennungen aussah. Mit zitternden Fingern untersuchte ich die Wunden. »Baby …« Ich konnte kaum sprechen, so dick war der Kloß in meinem Hals.
»Mir geht es gut. Wir sind beide wieder zu Hause und können das hinter uns lassen.« Seine Stimme war fest. Doch eine unterdrückte Wut mischte sich schneidend wie ein Messer in seinen Tonfall.
»Dir geht es nicht gut.« Ich beugte mich vor und küsste jede Wunde und jede Narbe, die ich fand. Am meisten beunruhigte mich die an seinem Hals. »Wieso ist die Schusswunde noch nicht verheilt?«
»Ein paar Tage nach der OP ist die Wunde wieder aufgeplatzt und musste neu genäht werden. Offensichtlich muss man die ganze Zeit im Bett bleiben, um hektische Bewegungen zu vermeiden, von denen die Naht aufgeht.« Er grinste, und ich verzog das Gesicht. Während seiner Abwesenheit war ich verrückt vor Sorge gewesen. Ihm musste es zehnmal schlechter gegangen sein. Ich konnte mir vorstellen, was für ein Patient er gewesen war.
Ich untersuchte weiter seinen Körper, nahm jede seiner Verletzungen unter die Lupe und bemerkte jetzt, dass die pockennarbigen Verbrennungswunden an seinem linken Unterarm aussahen wie wunde rote Quaddeln, Krater mit Schorf in der Mitte. Als ich die Lippen daraufdrücken wollte, umfasste er meinen Nacken und schüttelte den Kopf.
»Nicht. Ich will nicht, dass deine Perfektion besudelt wird.« Sein Kiefer war verkrampft, und seine Augen wirkten wie schwarze Löcher mit dünnen smaragdgrünen Rändern.
Ich hörte nicht auf ihn und sah mir die Narben genauer an. Er schloss die Augen und biss die Zähne zusammen.
»Deine Augen, Baby.« Ich erinnerte ihn an meine Bitte von vorhin. Er wusste, dass seine Entführung mir noch immer zu schaffen machte. Uns blieb nur eine Möglichkeit, die Sache durchzustehen. Wir mussten sie gemeinsam durchstehen. Wir mussten unsere psychischen Wunden öffnen und sie ausbluten lassen, damit sie heilen konnten.
Wes sah mir in die Augen. Seine Nasenflügel blähten sich, während meine Lippen über einer der Wunden schwebten. Ich hielt seinen Blick fest und legte die Lippen genau auf eine der garstigen Brandwunden. Wenn sie das waren, wofür ich sie hielt – und ich hatte einen von Blaines Schlägern einmal dabei beobachtet, wie er diese Strafe ausführte –, hatten die Terroristen Zigaretten auf Wes’ Arm ausgedrückt. Seine wunderschöne sonnengebräunte Haut verschandelt und Erinnerungen daran hinterlassen, wo er gewesen war. Ich wollte diese Erinnerungen durch etwas Schönes ersetzen.
Also tat ich das Einzige, was ich tun konnte, küsste jede einzelne Wunde und holte sie mir zurück. »Dieser Körper gehört mir«, wiederholte ich flüsternd seine Worte und arbeitete mich seinen Arm hoch bis zu seiner Brust. Ich drückte meine Lippen auf sein Herz, küsste und leckte die Stelle, genau wie er es getan hatte. Er seufzte tief, behielt aber die Augen offen. »Dieses Herz gehört mir.« Ich leckte mir die Lippen, stellte mich auf die Zehenspitzen und schlang die Arme um seine Schultern, vorsichtig, ohne seinen verletzten Hals zu berühren. Mit dem Mund an seinem sagte ich: »Diese Liebe gehört uns.« Dann küsste ich ihn, lang und leidenschaftlich, und legte all meine Liebe, die sich in den letzten zwei Monaten in mir angestaut hatte, in diesen Kuss.
»Hört ihr irgendwann auch mal auf zu schmusen und esst das Festmahl, das ich euch zubereitet habe?«, rief Judi vom anderen Ende der Küche und unterbrach uns bei dem, was sich ansonsten hundertprozentig in eine Runde heißen Sex an Ort und Stelle verwandelt hätte.
Wes lachte an meinen Lippen. Mit der einen Hand hielt er mich an der Hüfte und presste unsere Körper fest aneinander. Mit der anderen Hand hatte er meine Pobacke umfasst und ordentlich geknetet. Sofort war Erregung zwischen meinen Beinen aufgeflackert.
Ich rieb meine Nase an seiner. »Wir haben noch die Ewigkeit vor uns, Baby. Lass uns was essen. Du bist viel zu dünn«, sagte ich und spürte seine Rippen, als ich über seinen nackten Brustkorb strich. Er hatte abgenommen, aber das hatte seinen Muskeln und dem perfekten Waschbrettbauch keinen Abbruch getan. Die verführerischen Grübchen an seiner Hüfte waren jetzt deutlicher zu sehen, fast als würden zwei Pfeile direkt auf das Zentrum meiner Begierde zeigen. Ich legte meine flache Hand über seinen Schwanz, der schon wieder steif wurde. »Später?«, formulierte ich mein Versprechen als Frage.
Er packte meinen Hintern und rieb seinen Schaft an meiner Klitoris. Mein Gott, er schaffte es wirklich jedes Mal, zielsicher meine empfindlichsten Stellen zu treffen. »Na schön, Süße, aber du gehörst mir. Den ganzen Tag und die ganze Nacht.« Er ließ mich los.
Ich prustete und band meine Haare mit dem Haargummi, das ich ums Handgelenk trug, am Hinterkopf zu einem unordentlichen Knoten zusammen. Ein paar Strähnen fielen mir ins Gesicht, und seine Augen wanderten meine nackten Beine hoch – und ich zeigte viel Bein – über meine Brust, wo sich der Stoff am V-Ausschnitt teilte und über meine großen, schweren nackten Brüste spannte. Er vögelte mich mit seinen Blicken, und ich musste die Beine zusammenpressen, um wenigstens ein bisschen Druck abzubauen.
»Neandertaler«, konterte ich zwinkernd.
Er kam auf mich zu, legte eine Hand um meine Hüfte und zerrte mich wieder an seine Brust. Dann beugte er sich vor und flüsterte mir ins Ohr: »Oh Süße, wenn du wüsstest. Ich habe nur überlebt, weil ich an diesen Körper gedacht habe, an deine rosa Lippen um meinen Schwanz und deine heiße enge Pussy, die ihn fest umschließt. Ich werde mich wie ein Höhlenmensch auf deinen Hintern stürzen.« Sein Atem ging stoßweise. Er kitzelte in meiner Ohrmuschel. Seine Worte klangen verführerisch und erregend. »Ich brauche es. Ich brauche dich. Immer«, sagte er noch.
Ich schmolz in seinen Armen dahin. »Sollen wir das Frühstück auslassen?«, schlug ich hoffnungsvoll und laut vor, denn zwischen meinen Beinen pochte es schon vor lauter Vorfreude.
»Oh nein, das werdet ihr nicht! Ich habe ein Festmahl zubereitet, um meinen Sonny willkommen zu heißen. Kommt sofort herüber, ihr beiden!«, schimpfte Judi übertrieben entrüstet. Wes und ich konnten uns das Lachen nicht verkneifen. Wir waren vollkommen aus dem Häuschen, fast wie im Rausch, was unserer Erschöpfung geschuldet war, unseren geflickten Herzen und unserer außer Kontrolle geratenen Sehnsucht nach körperlicher Vereinigung.
»Okay, Judi, wir essen, wir essen«, sagte Wes besänftigend.
Ich schmollte ein bisschen, bis ich am Frühstückstisch saß und mir ein dampfender Teller mit Rührei, Speck, Pfannkuchen und Obstsalat gereicht wurde. Auf Wes’ Teller türmten sich die gleichen Leckereien. Etwas an diesem Anblick erfüllte mich mit Glück. Ich war wie ausgehungert. Zum ersten Mal seit Wochen, die sich eher wie Jahre anfühlten, war ich hungrig. Als ich Wes nach einer Gabel voll Pfannkuchen genüsslich seufzen hörte, hielt ich es nicht mehr aus. Ich stopfte mich mit so viel Essen voll, dass man mich aus der Küche würde rollen müssen.
»Judi, du hast dich selbst übertroffen«, sagte Wes, als er seinen Teller geleert hatte. Seine Augen sahen ganz müde und klein aus. Im Laufe eines Monats hatte er mehr durchgemacht als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben.
»Wie wär’s mit einer Dusche?«, schlug ich vor.
Er machte die Augen wieder auf. Sie hatten das Grün von frischgemähtem Gras – ein untrügliches Zeichen seiner Lust, das wusste ich inzwischen.
Er stand auf, nahm meine Hand und half mir vom Barhocker. »Auf jeden Fall. Du gehst vor.«
Ich kicherte und schwang auf dem Weg ins Schlafzimmer die Hüften. »Du willst mir doch bloß auf den Hintern starren.«
»Ganz genau.«