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Wichtiger Hinweis

Die in diesem Buch vorgestellten Übungen, Rezepte und Anwendungen wurden von der Autorin und vom Verlag sorgfältig geprüft und haben sich in der Praxis bewährt. Jede Person reagiert jedoch individuell. Achten Sie sorgfältig darauf, was Ihnen bekommt, Ihnen förderlich und hilfreich ist und was nicht. Es kann keine Garantie übernommen werden. Jegliche Haftung seitens der Autorin bzw. des Verlages für etwaige Nachteile oder Schäden ist ausgeschlossen.

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© für die Originalausgabe und das eBook: 2016 nymphenburger in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlaggestaltung: atelier-sanna.com, München

unter Verwendung eines Fotos von getty images

Grafiken: Mascha Greune, München

Satz und eBook-Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-485-06137-7

Inhalt

Vorwort

KAPITEL 1:

Die weiblichen Hormone – Ganzheitlich betrachtet

KAPITEL 2:

Achtung Östrogen – Schulmedizinische Therapien

und ihre Risiken

KAPITEL 3:

Natürliche Hormone – Die neue Mode?

KAPITEL 4:

Hormonwirksame Heilpflanzen – Natürliche Regulation statt Hormonersatz

KAPITEL 5:

Verhütung – Hormonfrei in den zweiten Mai

KAPITEL 6:

Verstärkte Menstruation in der Lebensmitte

KAPITEL 7:

Heiße Frauen – Hitzewellen können ganz schön lästig sein

KAPITEL 8:

Au weh! – Knochengesundheit und Beweglichkeit

KAPITEL 9:

»Was wollte ich gerade noch tun?« – Gedächtnis und Konzentration

KAPITEL 10:

Eine Achterbahn der Gefühle? – Seelisches Wohlbefinden in Zeiten des Umbruchs

KAPITEL 11:

Gute Nacht! – Was tun, wenn der Schlaf heikel wird?

KAPITEL 12:

»Ich bin da so empfindlich geworden« – Schleimhautprobleme

KAPITEL 13:

Lust und Liebe ... oder: »Ich war da schon mal präsenter«

Anhang

Anmerkungen

Glossar

Weiterführende Literatur

Bezugsquellen und andere Hinweise

Register

Dank

Hinweis: Die im Text mit () gekennzeichneten Begriffe werden im Glossar erklärt.

Vorwort

Als 2010 das Hörbuch Körperweisheit als letztes meiner Projekte eingesprochen und veröffentlicht war, lag die Idee für ein Buch über die Zeit der hormonellen Veränderungen bereits in der Schublade, und um ein Haar, meine damalige Lektorin freute sich schon, hätte ich ohne Unterbrechung weiter meine Ferien drangegeben, meine Patientinnen für meine Schreibklausuren um Nachsicht ersucht und das Buch einfach geschrieben. Ich war 56 Jahre alt, fühlte mich voller Elan und gleichzeitig mittendrin im Thema. Da sagte eine kleine Stimme in mir: Wie wäre es, wenn du dir nach sieben Jahren des Schreibens ein bisschen Ruhe gönnst? Dich mal etwas »auf deinen Lorbeeren ausruhst« und nicht einfach im gewohnten Rhythmus weitermachst? Was würdest du denn gerne tun, wenn nicht jede freie Zeit ausgefüllt wäre? Die Antwort aus meinem Innern kam prompt und klar: reisen und mich fortbilden. Es war, als müsste ich ein fast schon überdrehtes Pferd am Zügel nehmen und es lehren, auch mal wieder im Schritt zu gehen. Ich reiste, lernte und, um ehrlich zu sein, ich hielt so viele Seminare wie nie. Das mit dem Im-Schritt-Gehen war gar nicht so leicht umzusetzen. Ich arbeite bis heute daran. Aber zumindest hatte ich nicht für ein größeres Werk Fristen einzuhalten und das genoss ich ungemein … und vielleicht musste sich auch meine eigene hormonelle Situation beruhigt haben, bis ich darüber schreiben konnte. Wenn wir auf unser inneres Wissen hören, entsteht ja eine im Moment nicht immer durchschaubare, aber im Nachhinein sehr klare Logik. Und so nahm ich die Hürde des Sechzigers und hatte auf einmal wieder Lust, mir Zeit zum Schreiben zu nehmen. Lust auf dieses Vergnügen, wenn sich die Wörter aus mir herausdrängen, wenn sich intuitiv eine sinnvolle Struktur ergibt.

Ich habe mich beim Schreiben ausschließlich an diesem Prozess orientiert, und als die Idee aufkam, bestimmte Fakten mit Studien oder Zitaten zu erhärten, habe ich es einfach getan, ebenso wie ich dem Impuls gefolgt bin, in die Kapitel das persönliche Erleben als kleine Geschichten einzustreuen. Diese sind gespeist aus meinen eigenen Erfahrungen und den vielen charakteristischen Berichten, die ich im Rahmen meiner Arbeit angehört und hier nun anonymisiert eingeflochten habe. Sie, liebe Leserinnen, werden sich in der einen oder anderen dieser Geschichten sicher wiedererkennen, denn sie sind typisch für die verschiedenen Phasen des hormonellen Übergangs.

Ich darf mich jetzt schon bei Ihnen bedanken, dass Sie sich intensiver mit dieser manchmal turbulenten, aber immer interessanten Zeit »ab 40« auseinandersetzen und sich meinen ganzheitlichen, gelegentlich kritischen Zugang anhören.

Möge er Sie bereichern und bei Beschwerden hilfreich sein.

Freiburg, im Herbst 2016

Ihre Heide Fischer

KAPITEL 1:

Die weiblichen Hormone – Ganzheitlich betrachtet

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Knaben und Mädchen vor der Pubertät trotz eines gewissen kleinen Unterschieds eine recht ähnliche Körpersilhouette aufweisen? Schmales Becken, gerade Taille, flacher Brustkorb. Dies ändert sich beim weiblichen Geschlecht durch übergeordnete Impulse aus dem Gehirn im Alter zwischen 9 und 16 Jahren. Pubertät und Wechseljahre weisen im emotionalen Erleben eine gewisse Ähnlichkeit auf. Beide Phasen gehen mit körperlichen und seelischen Turbulenzen einher. Ein Grund dafür ist das in Wellen und Schwankungen ansteigende Östrogen bei den Mädchen, im Wechsel vollzieht sich dasselbe nur in umgekehrter Richtung. Daher halte ich es für klug, sich einmal grundsätzlich mit dem Charakter der weiblichen Hormone auseinanderzusetzen: Hat der Körper eines Mädchens eine bestimmte Größe sowie ein angemessenes Gewicht erreicht, signalisieren Hypothalamus () und Hypophyse (), dass es an der Zeit ist, die Geschlechtsreife einzuleiten. Die Eierstöcke beginnen, vermehrt Östrogen auszuschütten, und bewirken damit Veränderungen im Körperinneren, im Aussehen und im seelischen Erleben.

Hilfe, die Hormone schießen – Veränderungen im Körperinneren

Gebärmutter und Eierstöcke erfahren in der Pubertät ein Größenwachstum und eine Zunahme ihrer Aktivität. Der Östrogenspiegel im Blut steigt messbar an. Da schon im Mutterleib im Eierstock ca. 400000 Eibläschen angelegt wurden, kommt es ab einem bestimmten Hormonlevel im Alter zwischen 9 und 18, meist zunächst unregelmäßig, zu einem Eisprung. Zeitgleich wird auch die Gebärmutterschleimhaut zum Wachstum angeregt. Springt ein Ei, bildet die Eihülle im Eierstock den sogenannten Gelbkörper, der das Gelbkörperhormon Progesteron () produziert. Es wird zur Transformation (Umwandlung) der Schleimhaut benötigt, die auf eine möglich Ei-Einnistung vorbereitet wird (Progesteron = pro gestationem = für die Einnistung). Tritt dies nicht ein oder reichen die Östrogenspiegel noch nicht für einen Eisprung aus, kann auch ohne diesen irgendwann eine Blutung einsetzen. Das Gehirn signalisiert den Eierstöcken: »Hormonproduktion kurz mal runterfahren«, die Schleimhaut löst sich, und der Körper entledigt sich auf diese Weise des nicht mehr benötigten Gewebes. Diese erste Menstruation im Leben eines Mädchens bezeichnet man als »Menarche«. Irgendwann reichen die Östrogenspiegel für einen Eisprung aus, das Mädchen kann nun theoretisch schwanger werden. Die große Bandbreite für den Eintritt in die »Geschlechtsreife« ergibt sich aus genetischen und familiären Einflüssen, kann aber ebenso durch die Ernährung und vermutlich noch andere, bislang unbekannte Faktoren in seinem Ablauf beeinflusst werden.

Ohne Eisprung keine Progesteronausschüttung, aber … nicht jeder Menstruation ist ein Eisprung vorausgegangen.

Seelische Veränderungen

Auf der seelischen Ebene erfahren Mädchen durch das Einschießen der weiblichen Hormone eine starke innere Veränderung. Hormonelles Auf und Ab zeigt sich nach außen mit Erröten, Schweißausbrüchen, Kreislauflabilität. Oft erleben sich Mädchen als unsicher, die Stimmung kann wechseln von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Die Forschung tut sich allein schon wegen der stündlichen, täglichen, wöchentlichen Schwankungen schwer, eindeutige Zuordnungen zwischen Östrogenspiegeln und emotionalem Erleben herzustellen.[1]

Je nach Vorbereitung wird die erste Menstruation begrüßt oder der Übergang ins Frausein als Fluch erlebt. Als Mütter, Tanten, Pädagoginnen fällt uns die Aufgabe zu, den Mädchen ein positives Bild der auf sie zukommenden Lebensphase zu vermitteln, die Menstruation als Potenzial zu betrachten, unabhängig vom eigenen Erleben. Nur ein mit seiner Weiblichkeit ausgesöhntes Mädchen mit echten nachahmenswerten Vorbildern hat die Chance, die Menstruation beschwerdefrei zu erleben.

Wie in den Wechseljahren kann die Schilddrüse über die Hypophyse () in dieses Auf und Ab einbezogen werden. Emotional verändert sich die infantile Sexualität hin zu einer partnerschaftlichen, was verfängliche Fragen wie die nach der eigenen Attraktivität und auch Verhütungsfragen nach sich zieht. Wen findet umgekehrt das Mädchen anziehend? Männer, Frauen? Kräftig, zierlich, blond, braun? Attraktivität wird, wie wir heute wissen, neben gewissen zeitgebundenen Moden vor allem durch Pheromone (Duftstoffe) geregelt. Auf unbewusster Ebene findet Anziehung statt zwischen Menschen, die sich genetisch und seelisch ergänzen. Es sei denn, dies wird durch künstliche Hormonzufuhr (hormonelle Verhütung) gestört.[2] Dann folgt das große Erwachen erst bei Kinderwunsch und Absetzen der Verhütung. Plötzlich kann sie ihn (oder er sie) buchstäblich nicht mehr riechen.

Die zu starke Orientierung an einem potenziell partnerschaftlichen Gegenüber ist die größte emotionale Herausforderung, die die neuen hohen Östrogenspiegel mit sich bringen können. Aus wilden Mädchen, die eben noch auf Bäume geklettert sind, können sittsame Wesen werden, die sich in dieser Phase mehr mit ihrem Äußeren beschäftigen (»Erhöhung des Marktwertes«) als damit, was ihnen wirklich Spaß macht oder was sie erfüllt. Das gilt sowohl hinsichtlich ihrer Lebensgestaltung als auch in der Begegnung mit möglichen PartnerInnen. Das »Zähmungshormon« Östrogen[3] hat zugeschlagen.

Östrogen – ein »Fürsorglichkeits- und Wachstumshormon«

Eine ganzheitliche Betrachtung hormoneller Vorgänge bezieht sich nicht ausschließlich auf mess- und beobachtbare Vorgänge im weiblichen Körper. Trauen wir uns einmal, die Wirkung von Hormonen im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne zu beschreiben.

Fürsorglichkeit: Östrogen ist das Hormon im weiblichen Körper, das uns überhaupt in die Lage versetzt, über Jahre die eigenen Interessen hintanzustellen, zugunsten der »Aufzucht« von Kindern und dem Schaffen eines harmonischen Umfeldes hierfür. Frauen sehen sich zeitlebens nicht in der Lage, einfach hinter einer Zeitung zu verschwinden und vom um sie herum tobenden Geschehen nichts mitzubekommen. Östrogen sorgte in alten Zeiten dafür, dass wir als Sammlerinnen nicht nur nach essbaren Beeren und Wurzeln Ausschau hielten, sondern gleichzeitig die Kleinen im Auge behielten, den Größeren unser Wissen weitergaben, auf die Bedürfnisse der ganz Kleinen – die wir stets auf dem Rücken oder in einem Korb bei uns trugen – Rücksicht nahmen und dabei gleichzeitig noch auf alle möglichen Gefahren achteten. Diese Multitasking-Fähigkeiten haben Frauen ins postindustrielle Zeitalter hinübergerettet und können daher nach wie vor mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft halten. Wenn es jedoch keine ausgesprochenen Rituale des Innehaltens und Um-sich-selbst-Kümmerns gibt – wie es damals die Menstruationshütten () gewesen sein mögen –, ist diese Fähigkeit mit der Gefahr verbunden, sich in den gestellten Aufgaben zu verlieren. Und das geht auf Kosten der eigenen Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Dieser Zustand kann sich im Alter zwischen 40 und 50 potenzieren: Die Anforderungen sind durch (erneute) Berufstätigkeit gewachsen, die Kinder sind noch im Haus, und vielleicht gibt es schon alte Eltern, die Fürsorge brauchen – während die eigenen Kräfte begrenzt bleiben oder sogar spürbar weniger werden. Wie gut, dass die Wechseljahre mit ihren absinkenden Östrogenspiegeln dieser Verausgabung ein Ende setzen.

Wachstum: Wie bereits bemerkt, fördert Östrogen die Reifung eines Mädchens zur Frau. Im Menstruationszyklus ist es für das Höhenwachstum der Gebärmutterschleimhaut und für die Eireifung zuständig. Ist zu wenig vorhanden, bleibt die Schleimhaut schmal, die Menstruation ist eher schwach, der Eisprung bleibt aus oder verspätet sich, womit der Zyklus sich verlängert oder ganz ausbleiben kann wie beim PCO-Syndrom (). Schwanger werden ist dann erschwert bis unmöglich. Gering östrogenisierte Frauen sind eher schlank, es sei denn (wie bei PCO), die männlichen Hormone sind erhöht. Wird zu viel Östrogen ausgeschüttet, überwiegen die Wachstumsprozesse, was man Östrogendominanz nennt. Die Schleimhaut wird hoch aufgebaut, die Menstruation ist verstärkt und/oder verlängert. Das Progesteron kommt in der zweiten Zyklushälfte nicht dagegen an, Frauen entwickeln prämenstruelle Beschwerden (PMS) mit Wassereinlagerungen, Brustschmerzen, schlechter Laune & Co. Die Östrogenausschüttung und damit die biologische Fruchtbarkeit nimmt physiologischerweise ab dem 30. Lebensjahr ab. Es finden bereits seltener Eisprünge statt. Zwischen 40 und 50 nimmt das Progesteron noch etwas schneller ab als das Östrogen (siehe Schaubild 3 im Abschnitt Östrogendominanz ab 40 ...), die Gefahr einer Östrogendominanz mit verkürzten Zyklen und verstärkter Blutung potenziert sich. Diese Konstellation wird durch Umwelteinflüsse weiter verschlimmert. Über 200 östrogenwirksame Umweltgifte aus Industrie und Landwirtschaft sowie die Ausscheidungen der Hormonkonsumentinnen im Grundwasser verschlimmern die Östrogeneffekte auf den weiblichen Körper. Die Schere des Gleichgewichts zwischen Östrogen und Progesteron geht immer weiter auf, und wenn dann die mit dem Alter abnehmende Fähigkeit des Organismus, Reparaturen an veränderten Zellen vorzunehmen, hinzukommt, steigt die Krebsanfälligkeit.

Östrogen steht für Wachstum und Quantität. Es sollte ausreichend vorhanden sein, aber nicht überwiegen (Östrogendominanz). Progesteron steht für Umwandlung und Qualität.

Äußerliche körperliche Veränderungen

Äußerlich verbreitert sich das Becken, die für das weibliche Geschlecht typische Fettverteilung führt zur Rundung von Po und Hüfte mit schmaler Taille. Die Venuslippen () werden üppiger und je nach Hauttyp dunkel pigmentiert. Auch die Vagina wird größer. Ihre Schleimdrüsen beginnen schützende Sekrete abzusondern, die die mechanische Belastung des Liebesaktes mildern. Milchsäurebakterien siedeln sich an. Bald wird es zur Auseinandersetzung mit Fremdkeimen kommen, da muss das feuchtwarme Milieu durch eine Herabsetzung des pH-Wertes stabilisiert werden. Zusammensetzung und Geruch des Schweißes ändern sich, Mädchen schwitzen mehr als vor der Pubertät. Hierdurch ergibt sich die Notwendigkeit des Körpers, zarte Zonen wie den Intimbereich vor herabrinnendem Schweiß zu schützen. Die Venusbehaarung beginnt zu sprießen. Hautfalten wie die Achselhöhle, die mit besonders vielen Schweißdrüsen auch eine Ausscheidungsfunktion haben, erhalten ebenfalls ein Haarkleid. Der Busen wächst (meist zunächst nicht symmetrisch), was mit Schmerzen verbunden sein kann.

Endlich die erste Mens ... aber wie!

Ich erinnere mich noch gut, als meine Freundinnen am Ende der Grundschule mit meiner Mutter zu tuscheln begannen: »Was, sie hat sie noch nicht …« Ich fühlte mich nicht dazugehörig, wusste auch nur vage, was mich da erwartet. So fühlte ich einerseits Erleichterung, als die Blutung mit 11 endlich eintrat. Andererseits hatte ich von Anfang an starke Krämpfe, mit der Folge, dass ich mein Blut hasste. Die damaligen Binden staken in einem Gazeschlauch, der in einen Gürtel eingehängt wurde. Das klebrige Gefühl zwischen den Beinen, der Geruch und dazu die Schmerzen waren nicht dazu angetan, mich mit diesem monatlichen Geschehen auszusöhnen. Wo Tampons genau hingehörten, war mir auch nicht klar, und ich beschwor meine Mutter, mir diese zu platzieren, damit ich das blöde Blut zumindest nicht mehr sehen und riechen musste. Es gab da aber auch eine Angst, das Jungfernhäutchen zu verletzen, ganz abgesehen davon, dass meine Mutter meine Bitte entschieden ablehnte. So lebte ich Jahre damit, einmal im Monat stärkste krampflösende Zäpfchen zu brauchen. Dieser Horror löste sich in Luft auf, als ich mich Ende der 70er-Jahre in meiner ersten Frauengruppe wiederfand. Allein die Auseinandersetzung um das Besondere des Frauseins hatte den Würgegriff um meine Gebärmutter gelöst.

Neben dieser Negativseite des Frauseins erinnere ich jedoch auch den Stolz auf den wachsenden Busen und daran, dass meine Mutter auf mein Drängen hin mit mir einen ersten BH kaufen ging. Ich hatte behauptet, die Brust täte mir beim Laufen weh und bräuchte dringend eine Stütze. Als selbst die kleinste Größe noch deutlich zu groß war, wurde mein Wunsch zu meiner Freude nicht etwa abgetan, sondern meine schneidernde Mama nähte einen Abnäher ins Körbchen. Ich trug fortan einen Büstenhalter und fühlte mich sehr weiblich.

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Schaubild 1: Hormonsynthese

Der Unterschied zwischen Progesteron und synthetischem Gestagen

Progesteron wird in den Eierstöcken im sogenannten Gelbkörper (daher auch der Name »Gelbkörperhormon«) aus Cholesterin über verschiedene Stufen hergestellt. Messen wir die Progesteronspiegel in Blut oder Speichel am 22. Zyklustag bzw. ungefähr am 7. Tag nach dem Eisprung, sollten Blutwerte über 12 ng/ml messbar sein, die die Umwandlung der Schleimhaut und das Andocken eines befruchteten Eies begünstigen. In der Schwangerschaft erhöht sich der Wert noch weiter.

Statt Progesteron wird gelegentlich der Begriff »Gestagen« verwendet. Dies ist insofern ungenau, als es verschiedene synthetische Gestagene gibt, die seit den 60er-Jahren von der Pharmaindustrie aus patentrechtlichen Gründen als Teil der Präparate zur hormonellen Verhütung wie auch zur Hormontherapie in den Wechseljahren hergestellt werden. Sie tragen Namen wie Dienogest, Desogestrel, Norethisteron. Alle diese Substanzen sind nicht identisch mit dem natürlichen, körpereigenen (bioidentischen) Progesteron, und sie wirken im Körper auch nicht immer ausschließlich progesteronähnlich. So hat man 2013 festgestellt, dass die Hormonspirale Mirena das Brustkrebsrisiko erhöht.[4] Sie enthält kein Östrogen, sondern nur das Gestagen Levonorgestrel, von dem man diese Wirkung nicht erwartet hatte.

Leidet der Körper unter einem Östrogendefizit, kann er sich aus dem »Progesterontopf« bedienen. Führen wir zu viel Progesteron zu, wie es in der Schulmedizin gelegentlich mit täglichen Dosen bis 600 mg der Fall ist (physiologischer Tagesbedarf 20 mg), kann der gute Wille in sein Gegenteil umschlagen, und wir befördern ab einem bestimmten Punkt die Östrogenproduktion.

Progesteron wird in der zweiten Zyklushälfte und in einer Schwangerschaft gebraucht. Ist in den Wechseljahren die Menstruation versiegt, wird dieses Hormon nicht mehr benötigt. Seine (naturgemäß niedrigen) Spiegel in Blut oder Speichel zu bestimmen, ist nicht sinnvoll.

Östrogen ist nicht gleich Östrogen

Sie ersehen aus der Abbildung zur Hormonsynthese, dass der weibliche Körper aus Progesteron Östrogen herstellen kann, aber nicht umgekehrt. Zirkuliert im Körper zu viel Östrogen, sitzen Frauen in einer Östrogendominanz, der einerseits mit Progesteron(pflanzen) entgegengewirkt und die andererseits durch Leberunterstützung () abgebaut werden kann. Schauen wir genau hin, sehen wir, dass es physiologischerweise drei körpereigene Östrogene gibt: Östradiol, Östriol und Östron (internationale Schreibweise: Estradiol = E2, Estriol = E3, Estron = E1). Wenn ich von Östrogen spreche, meine ich im Allgemeinen Östradiol, das am stärksten wirksame Hormon in dieser Reihe. Seine Ausschüttung ändert sich im Laufe des Zyklus, und eine Messung in Blut oder Speichel sollte (siehe Schaubild Zyklus) ca. am 5. bis 8. Zyklustag erfolgen, wenn wir verfolgen wollen, ob der Spiegel für Eireifung und Schleimhautaufbau ausreicht. Seine Aufgabe im weiblichen Körper ist vielfältig:

1.Wachstum und Reifung von Gebärmutter, Eierstöcken und Brust in der Pubertät

2.Verweiblichung der Körpersilhouette

3.Allmonatlicher Schleimhautaufbau

4.Knochenwachstum

5.Eireifung, wichtig zur Auslösung des Eisprungs

Schaubild 2: Zyklus

Östrogendominanz ab 40 mit Progesteron(pflanzen) ausbalancieren

Sowohl Progesteron als auch Östradiol sinken ca. ab dem 30. Lebensjahr ab, die biologische Fruchtbarkeit wird weniger. Progesteron sinkt jedoch schneller ab als Östradiol, weswegen viele Frauen in der Lebensmitte zwischen 40 und 50, gelegentlich schon ab Mitte 30, eine deutliche Östrogendominanz mit PMS, verkürzten Zyklen und verstärkter Blutung erleben.

Schaubild 3: Der Östrogen- und Progesteronspiegel zwischen 40 und 60

Frauen sind in dieser Lebensphase gefährdet, sich zu verausgaben, was die hormonelle Schieflage bedrohlich verschärfen kann. Die behandlerische »Dreieinigkeit« besteht in dieser Lebensphase aus Hormonausgleich mit Progesteron bzw. progesteronwirksamen Pflanzen und gegebenenfalls Blutstillung und Blutbildung, wie Sie in den Kapiteln 3, 4 und 6 nachlesen können. Bestehen Sie bei starken Blutungen, die naturheilkundlich nicht ausreichend gelindert werden konnten, immer zunächst auf einem Hormonausgleich mit natürlichem, bioidentischem Progesteron. Es ist als Utrogest, Progestan oder Famenita in 100- oder 200-mg-Kapseln auf ärztliches Rezept in Apotheken erhältlich und kann, auch wenn es nicht auf der Packungsbeilage steht, über Nacht in die Vagina eingeführt werden. Ein zweites Präparat, Progestogel, ist schwächer dosiert und wird auf die Haut aufgetragen. Bestimmte Apotheken (siehe Bezugsquellen) stellen Hormoncremes, -kapseln und -zäpfchen in jeder gewünschten Dosierung selbst her. Das Progesteron wird hierfür meist aus dem Diosgenin der Wilden Yamswurzel (Dioscorea villosa) teilsynthetisch im Labor hergestellt. Achtung: Die Yamswurzel selbst enthält kein Progesteron! Es ist in jedem Fall sinnvoll, Hormone ausschließlich über die Haut zu geben. Sie gelangen so übers Blut direkt dahin, wo sie gebraucht werden, die Leber wird nicht unnötig belastet, und es reichen geringere Dosierungen aus.

Östrogentäler ab 50 – Bitte hormonfrei behandeln!

Die absinkenden Östradiolspiegel machen sich meist erst ab dem 50. Lebensjahr bemerkbar, bei manchen Frauen (gelegentlich die ganze weibliche Linie einer Familie) schon in ihren 40ern. Die Menstruation wird schwächer, seltener und verabschiedet sich im Durchschnitt mit 52 ganz. Dieser Abschied kann von einem Monat auf den anderen der Fall sein oder sich über ein bis zwei Jahre erstrecken. Charakteristisch ist das nicht lineare, sondern wellenförmige Abnehmen des Östradiols, das durch Rückmeldung an Hypophyse und Hypothalamus auch deren Hormone »ins Tanzen« bringt. Im Zwischenhirn werden Funktionen wie Herzrhythmus, sexuelles Verlangen, Tag-Nacht-Rhythmus und Wärmehaushalt geregelt. Der Hypothalamus gehört zum limbischen System (), das unseren Gefühlshaushalt regelt. Aus diesen Gründen können in Östrogentälern die typischen Wechseljahresbeschwerden wie plötzliche Hitzegefühle mit Schweißausbrüchen, Herzrasen, Herzstolpern, Schlafstörungen, sexuelle Unlust sowie schwankende Gefühle mit heftiger Gereiztheit oder Stimmungstiefs ohne erkennbare Ursache vorkommen.

Diese Beschwerden sind weder gleichbleibend, noch dauern sie in den meisten Fällen länger als einige Wochen an. Allerdings können sich die beschwerlichen Phasen wiederholen. Immerhin sprechen wir von Wechsel-Jahren. Sie auf längere Sicht mit Östradiol (unter Beigabe eines Gestagens) zu behandeln, wie es viele Jahrzehnte von Pharmaindustrie und Ärzteschaft empfohlen wurde, kann aufgrund der aktuellen Studienlage nur noch in Ausnahmefällen und über kurze Zeit empfohlen werden. Diese Aussage hat sich nach den bahnbrechenden Studien von 2002 und 2003 (WHI-Studie und One-Million-Women-Study) wegen zu befürchtender Neben- und Langzeitwirkungen wie zum Beispiel einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und gynäkologische Krebserkrankungen nicht grundsätzlich geändert.[5]

Bitte bedenken Sie auch bei Aussagen von Befürwortern »natürlicher Hormone«, dass der weibliche Körper, wenn die Menstruation versiegt, diesen Wachstumsimpuls mit Östradiol nicht mehr benötigt, dieser sogar kontraproduktiv ist. Ist eine Hormontherapie in den Wechseljahren dennoch unumgänglich, sollte selbstverständlich besser mit natürlichen als mit synthetischen Hormonen gearbeitet werden. Dies ist jedoch selten nötig, da sich Beschwerden – so sie denn überhaupt auftreten – bei 95 % aller Frauen naturheilkundlich lindern lassen. Mehr zu diesem Thema in Kapitel 4.

Östradiol sinkt nach der letzten Menstruation physiologischerweise auf ein niedriges Niveau ab. Diese Abnahme erfolgt in Wellen und erzeugt zeitweilige, vorübergehende Hormontäler, denen bei Beschwerden mit östrogenausgleichenden Pflanzen begegnet werden kann.

»Genug mit der Fürsorglichkeit für andere – ich bin wieder dran«

Das tendenzielle Absinken des Fürsorglichkeitshormons Östradiol führt dazu, dass Frauen von ihrem Körper darin unterstützt werden, sich aus der Versorgerinnenrolle allmählich zurückzuziehen und sich wieder mehr auf sich selbst zu besinnen. Ist die Zeit zwischen 40 und 50 durch Mehrfachbelastung und auslaugende verstärkte Blutungen gelegentlich eine anstrengende, beginnt mit 50 plus oft eine neue, energiegeladene Lebensphase. Die Kinder sind erwachsen, der Partner noch im Beruf, der gelegentlich verunsichernde Wiedereinstieg in eine eigene berufliche Tätigkeit ist (hoffentlich) geschafft. Da wird Energie frei, wenn Frauen es sich eingestehen, dass sie objektiv als Versorgerinnen weniger gebraucht werden. Dies kann ein vorübergehendes Gefühl von Leere auslösen. Seien Sie nicht zu voreilig, direkt neue Verpflichtungen einzugehen. Wie in der Pubertät lohnt es sich, Verunsicherung nicht durch das Hineinschlüpfen in vorgefertigte Rollenbilder zu beruhigen. Stellen Sie sich lieber selbst Fragen nach Ihrer Zukunft: Wer will ich sein als älter werdende Frau? Welche Facette von mir will noch gelebt werden? Gibt es alte Träume, die nach Verwirklichung verlangen? Was interessiert mich wirklich? Was möchte ich in diesem Leben noch umsetzen? Ein Musikinstrument oder eine neue Sprache lernen, einen Lesekreis gründen, eine berufliche Herausforderung annehmen oder gerade nicht, weil ich mehr Zeit für mich brauche? Darf ich auch einfach mal nichts tun? Wo ist meine Kreativität geblieben?

Diese Neuorientierung trifft, wie gesagt, auf absinkende Östradiolspiegel, das Progesteron hat sich ohnehin zur Ruhe gesetzt. Es gibt aber noch ein anderes Gleichgewicht zu beachten: das zwischen weiblichen und männlichen Hormonen, die beide von beiden Geschlechtern, nur in unterschiedlicher Konzentration, produziert werden. Gibt das Östrogen nach, kommen bei Frauen im Wechsel die männlichen Hormone mehr zum Tragen, die emotional gesehen mit Zielstrebigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Streitkultur und der Fähigkeit verbunden werden, sich nicht dauernd darum zu kümmern, was die anderen denken und ob es denen auch gut geht. Eine gute Voraussetzung für neue, eigene Pläne.

Aufmüpfig werden

Ich war in unserer Familie immer die ausgleichende Kraft. Habe viele Jahre mit meiner Berufstätigkeit ausgesetzt, um mich stressfrei der Erziehung unserer drei Kinder zu widmen. Mein Mann hat gut verdient, aber die ganze Hausarbeit hing natürlich an mir. Von Elternabenden, Lehrergesprächen, der Hilfe bei den Hausaufgaben ganz abgesehen. Die Pubertät der drei war eine echte Herausforderung. Da flogen die Fetzen. Das hat sich Gott sei Dank beruhigt. Jetzt haben die beiden älteren Jungs eine Freundin, unsere »Kleine« ist auch schon 17 und in ihrer Mädelsclique aufgehoben. Seit drei Jahren übe ich meinen alten Beruf als Fremdsprachensekretärin wieder aus, habe mich mit einem kleinen eigenen Büro selbstständig gemacht. Da sollten jetzt eigentlich alle im Haushalt mithelfen, damit der Laden läuft. Aber die scheinen sich daran gewöhnt zu haben, dass Mama alles macht, und ich stoße mit meinen Anliegen auf taube Ohren. Ich mag auch eigentlich keinen Streit, aber jetzt beobachte ich seit einigen Monaten, dass ich nicht mehr bereit bin, das so hinzunehmen. Mir platzt öfter der Kragen oder ich gehe aus dem Haus und treffe mich einfach mit einer Freundin. Sollen sie doch sehen, wer den Abwasch macht. Mir fällt auf, dass ich eher bereit bin, mich mit der Familie auch mal anzulegen, seit meine Regel schwächer wird und seltener kommt. Kann das sein? Gibt es da einen Zusammenhang?

Absinkende Östradiolspiegel unterstützen Frauen ab 50, sich wieder auf sich selbst zu besinnen. Sie werden im wahrsten Sinne des Wortes eigensinniger und unbequemer.

Haben auch Männer Wechseljahre?

Männer haben keine lunaren (Menstruations-)Zyklen wie Frauen. Dennoch sind auch sie Rhythmen unterworfen, und diese sind noch längst nicht hinreichend erforscht. Sie kennen, wenn sie sich das zugestehen (können), Phasen intensiver Aktivität ebenso wie das Gefühl »Heute krieg ich nichts auf die Reihe, mach ich besser mal was Nettes für mich«. Männer brauchen ebenso wie Frauen Ruhe- und Erholungsphasen, sind mal mehr, mal weniger extrovertiert, introvertiert, kontaktfreudig, gesprächsbereit oder müssen für sich sein. Sie sind mit individuellen Unterschieden dank hoher Testosteronwerte tendenziell streitbarer (Kriegsführung), durchsetzungsfähiger als Frauen (Chefetagen), trauen sich mehr zu (hoher Anteil unter Selbstständigen), können sich besser abgrenzen (z.B. von Haushaltspflichten) und abschirmen (Zeitung lesen trotz Tohuwabohu). Alles Eigenschaften, von denen Frauen sich gelegentlich gern eine Scheibe abschneiden würden.

Was passiert also im männlichen Körper beim Älterwerden? Die Testosteronspiegel sinken ab, was sich weder auf die sexuelle Erlebnisfähigkeit noch auf die Standfestigkeit (Erektion) auswirken muss.[6] Auch Männer merken, dass sie weniger Kraft und Energie zur Verfügung haben als in jungen Jahren. So weit, so gut. Aber auch bei ihnen gibt es ein Gleichgewicht zwischen Testosteron und (in weit niedrigerer Konzentration vorhandenem) Östrogen. Sinken die männlichen Hormone ab, kommt die Qualität der weiblichen mehr zum Tragen. Auch wenn mit 50 plus die Kinder meist längst erwachsen sind, bemerken Männer, dass sie sich plötzlich mehr Sorgen machen, dem Nachwuchs könne etwas passieren, dass sie öfter danach fragen, ob alles in Ordnung ist. Sie werden stör- und ablenkbarer, harmoniebedürftiger, einfühlsamer und berührbarer. Sie stehen häufiger am Herd; das Bedürfnis, seine Lieben zu verwöhnen, steigt. Auch bei Männern schlägt also das Fürsorglichkeitshormon irgendwann zu. Die Partnerin freut es, und sie fühlt sich vielleicht mehr denn je in ihren eigenen Plänen unterstützt.

Auch Männer kriegen Wechseljahre

Ich bin mit meinem Mann seit fast 40 Jahren verheiratet, wir haben zwei wunderbare Töchter, die schon lange in die Welt gezogen sind. Leider haben wir noch keine Enkel, die Mädels haben noch andere Pläne. Ich habe mich nach der Familienphase noch einmal fortgebildet und führe mit Leidenschaft eine Praxis für Manuelle Therapie. Daneben bin ich mit anderen Aktivitäten ausgelastet: Ich spiele einmal die Woche mit Freundinnen Karten, singe im Chor und habe für mich das Aquarellieren entdeckt, hierfür einen wunderbaren Lehrer gefunden, dessen Ferienkurse ich mindestens einmal im Jahr für eine Woche besuche. Meine Töchter habe ich in der klassischen Rollenverteilung großgezogen, mein Mann hat die beiden nur nach Feierabend und am Wochenende mitgekriegt. Das hat mir zeitweilig richtig leidgetan für ihn. Dieses Heranwachsen von Kindern zu begleiten ist doch gar zu schön. Heute weiß ich sie beschäftigt und gut versorgt. Mein Mann ist zwei Jahre jünger als ich und arbeitet, seit er 60 ist, nur noch zu 75 % in seiner Firma ... und jetzt kommt’s: Was mich seit einiger Zeit wundert, und meine Mädels auch, ist eine nie da gewesene Anhänglichkeit an die beiden. Er ruft sie neuerdings einmal die Woche an, spricht mit mir abends, wenn ihm aus den Gesprächen etwas nachgeht. Er macht sich große Sorgen, die ältere lebt in den USA, wo man doch so viel über die Kriminalität in den Städten liest … Jetzt weiß ich endlich, dass es die Hormone bei ihm sind.

Östron – selten bestimmter Indikator nach den Wechseljahren

Das am schwächsten wirksame Östrogen wird selten gemessen, da es als Indikator erst nach den Wechseljahren wichtig sein kann. Es wird in den Eierstöcken gebildet oder aus Hormonvorstufen wie Androstendion oder DHEA im Unterhautfettgewebe. Sein Wert kann bestimmt werden, um die Östrogenversorgung nach den Wechseljahren zu untersuchen, wenn das Östradiol abgesunken ist. Bei Frauen mit Übergewicht ist es aus naheliegenden Gründen erhöht.

Östriol – auch für Haut und Schleimhäute will gesorgt sein

Zeitgleich mit der Östradiol-Ausschüttung beim Übergang ins Frausein wird ein weiteres, schwächer wirksames Östrogen ausgeschüttet, das Östriol, auch Estriol (E3) genannt. Es beeinflusst den weiblichen Zyklus nicht, ist jedoch erforderlich für Aufbau und Ernährung von Haut und Schleimhäuten. Auch seine Spiegel können für das Eintreten einer Schwangerschaft und die Funktion des Mutterkuchens (Plazenta) wichtig sein und sollten im Falle von unerfülltem Kinderwunsch kontrolliert werden. Die fühlbaren Auswirkungen seines Absinkens werden von Frauen nach meiner Erfahrung nicht erst mit 50 plus bemerkt. Oft stellen die Frauen schon ab 40 fest, dass Haut und Schleimhäute empfindlicher und trockener werden. Die Haut wird anspruchsvoller und pflegeintensiver, worauf die Kosmetikindustrie sich mit speziellen Serien längst eingestellt hat. Ungewohnter für die Frauen ist, dass sich Nase, Mund und Augen trockener anfühlen können.

Von »Scheidentrockenheit« hat frau vielleicht schon einmal gehört. Dieser Begriff ist jedoch irreführend, da manche Frauen berichten, dass Trockenheit überhaupt nicht ihr Problem sei. Der Intimbereich fühlt sich vielleicht empfindlicher an, das Liebesleben wird trotz vorhandener Feuchtigkeit als strapaziös erlebt. Das Vaginalinnere kann empfindlicher sein als der äußere Bereich, oder umgekehrt. Die Betroffenen klagen bei der Frauenärztin über quälenden Juckreiz an den Venuslippen, aber es sind keine Keime zu finden, und die Pilzsalbe macht alles noch schlimmer. Achten Sie ab 40 darauf, ob diese Erscheinungen vor allem nach dem Eisprung auftreten, wenn die Östrogenspiegel sich kurzfristig »ausruhen«, wie das Schaubild 2 zeigt. Diese Schleimhautprobleme sind beim Älterwerden ebenfalls gewissen Schwankungen unterworfen, es gibt empfindlichere und weniger empfindliche Phasen, aber im Gegensatz zu Hitzewallungen, Schlafstörungen & Co. beruhigen sie sich nicht, sondern sind Ausdruck eines echten »Mangels«, dem abgeholfen werden sollte. Ich möchte dringend für dieses Problem sensibilisieren. Die Schleimhaut im Intimbereich kann reißen und bluten, kann wirklich dramatisch aussehen und sich auch so anfühlen, das Liebesleben kann unmöglich gemacht werden. Lassen Sie es nicht so weit kommen, sondern lesen Sie im Kapitel 12, wie Sie Ihre »Vulvina« () fit halten. Dies gilt auch für alleinstehende Frauen. Wer weiß, was das Leben noch so bietet.

Hitzewallungen, Schlafstörungen & Co. beruhigen sich irgendwann, Haut- und Schleimhautpflege bleibt Thema bis ans Lebensende. Spätestens ab Mitte 40 zweimal täglich den Intimbereich ölen oder cremen, das stabilisiert auch Blase und Harnröhre.