ERFOLGREICH
ANLEGEN MIT ETFs
Ihre einfache regelbasierte Geldanlage mit Exchange Traded Funds
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2. Auflage 2017
© 2016 by FinanzBuch Verlag,
ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,
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Die im Buch veröffentlichten Ratschläge wurden von Verfasser und Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers beziehungsweise des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.
Redaktion: Philipp Lütscher, VZ VermögensZentrum; Marion Reuter
Korrektorat: Hella Neukötter
Umschlaggestaltung: Marco Slowik, München
Realisation: Corina Thomet, VZ VermögensZentrum
eBook: ePubMATIC.com
ISBN Print 978-3-89879-994-2
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-932-9
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-931-2
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ERFOLGREICH
ANLEGEN MIT ETFs
Ihre einfache regelbasierte Geldanlage mit Exchange Traded Funds
Vermögen in Krisen schützen
Potenzial für Mehrrendite erschließen
Erfolgreich investieren ohne Emotionen
INHALT
KAPITEL 1 ÜBER DIESES BUCH
KAPITEL 2 ENTSCHEIDUNGSPROZESSE FÜR DIE GELDANLAGE
KAPITEL 3 EINFÜHRUNG IN DIE REGELBASIERTE GELDANLAGE
KAPITEL 4 AUFBAU EINES REGELWERKS FÜR DIE GELDANLAGE
KAPITEL 5 ANLAGELÖSUNG FÜR PRIVATANLEGER
KAPITEL 6 ANLAGELÖSUNG FÜR UNTERNEHMEN
ANHANG 1 EXCHANGE TRADED FUNDS (ETFs)
ANHANG 2 FRAGEN UND ANTWORTEN/LITERATURVERZEICHNIS
1. ÜBER DIESES BUCH
Die Regeln fällen die Anlageentscheidungen
Kombinationen von Regeln
2. ENTSCHEIDUNGSPROZESSE FÜR DIE GELDANLAGE
Warum sind die meisten Prognosen zur Kursentwicklung falsch?
Das irrationale Verhalten der Anleger
Die Prognosequalität in sozialen Systemen
Der Mythos der Börsengurus
Kurse bewegen sich in Trends
Eine erste Regel: Kaufe, was gut läuft!
3. EINFÜHRUNG IN DIE REGELBASIERTE GELDANLAGE
Regeln erleichtern Entscheidungen
Zwei Varianten, einen Ball zu fangen
Sicher durch den Straßenverkehr
Einschätzung des Lawinenrisikos
Einfache und komplexe Systeme
Regelbasierte Entscheidungen in der Geldanlage
Komplexe Modelle führen zu einer trügerischen Sicherheit
Regeln schützen vor irrationalen Entscheidungen
Gemeinsamkeiten geeigneter Regeln
Regeln können helfen, große Verluste zu vermeiden
Eine einfache regelbasierte Anlagelösung zur Verlustbegrenzung
Weshalb die regelbasierte Geldanlage für Privatanleger neu ist
4. AUFBAU EINES REGELWERKS FÜR DIE GELDANLAGE
WahlderAnlageregeln
Regeln mit Rebalancing
Regeln mit gleitenden Durchschnitten
· Einfache gleitende Durchschnitte
· Exponentiell gleitende Durchschnitte
· Sich kreuzende gleitende Durchschnitte
· Adaptive gleitende Durchschnitte
· Die gleitenden Durchschnitte im Vergleich
Regeln mit relativer Stärke
· Einfache Anlagestrategie mit relativer Stärke
· Erweiterte Anlagestrategie mit relativer Stärke
· Vergleich von einfachen und erweiterten Anlagestrategien mit relativer Stärke
Fehlsignale
Diversifikation und Aufbau des Portfolios
Diversifikation über Anlageklassen
Diversifikation über Anlageregeln
Geeignete Kombinationen von Anlageregeln
Kombination von Regeln und Anlageklassen für spezifische Anlegerprofile
Regeln für das Risiko-Management
Starke Kurseinbrüche
Übertreibungen
Nervosität an den Märkten
Regelbasierte und traditionelle Anlagestrategien im Vergleich
5. ANLAGELÖSUNG FÜR PRIVATANLEGER
Annahmen für das Portfolio
Wahl der Anlageklassen und Titel
Gewichtungen der Module und Anlageklassen
Minimale und maximale Gewichtungen der Anlageklassen
Backtesting und Benchmark
Risiko-Management
Das Modul Rebalancing
Wahl der Rebalancing-Limits
Das Modul Gleitender Durchschnitt
Das Modul Relative Stärke
Kombination der Module zu einer Gesamtlösung
Varianten der Modulgewichtungen
Variante 60 Prozent Rebalancing
Variante 60 Prozent Gleitender Durchschnitt
Variante 60 Prozent Relative Stärke
6. ANLAGELÖSUNG FÜR UNTERNEHMEN
Herausforderung Pensionszusage
Rückdeckung durch regelbasierte Wertpapieranlage
Auslagerung von Pensionsrückstellungen
ANHANG 1
EXCHANGE TRADED FUNDS (ETFS)
Unterschiede zwischen aktiven und passiven Anlagefonds
Leistungsausweis von aktiven Fonds
Eigenschaften von ETFs
Die Rendite von ETFs
Die Risiken von ETFs
Die Liquidität von ETFs
Die Gebühren von ETFs
Die Steuern von ETFs
· Einkommensteuer
· Quellensteuer
Entwicklungen rund um ETFs
ETFs und verwandte Anlageprodukte
In sechs Schritten zum richtigen ETF
Schritt 1: Anlagestrategie herleiten
Schritt 2: Index wählen
Schritt 3: Abbildungsqualität prüfen
Schritt 4: Replikationsart wählen
Schritt 5: Jährlich anfallende Kosten vergleichen
Schritt 6: Transaktionskosten vergleichen
ANHANG 2
FAQ UND LITERATUR
Fragen und Antworten
Literaturempfehlungen
ÜBER DIE AUTOREN
PORTRÄTS
PORTRÄT VZ VERMÖGENSZENTRUM
Die Experten in allen Fragen rund ums Geld
Das VZ VermögensZentrum (VZ) ist der führende unabhängige Finanzdienstleister der Schweiz und seit 2000 auch erfolgreich in Deutschland tätig. Mitte 2016 beschäftigte die VZ Gruppe über 800 Mitarbeiter.
Unsere Kerndienstleistungen in Deutschland sind die Entwicklung von Anlagekonzepten, die Ruhestandsplanung und die Vermögensverwaltung. Unsere Kunden sind primär Privatpersonen, meist über 50 Jahre alt und leitende Angestellte, Unternehmer oder Selbstständige. Von unserer Expertise profitieren aber auch immer mehr Unternehmen, die Vorsorgegelder in Form von Wertpapieren anlegen wollen. Das VZ vertreibt keine eigenen Finanzprodukte und verzichtet zugunsten seiner Kunden auf Provisionen.
Das VZ ist ein Pionier in der automatisierten Vermögensverwaltung, die auch Robo Advice genannt wird. Seit 2010 bietet das VZ regelbasierte Anlagelösungen an, seit 2013 mit dem Schweizer FinTech-Unternehmen Dufour Capital. Bis Mitte 2015 haben sich schon mehr als 15.000 Kunden für eine regelbasierte Anlagelösung des VZ entschieden.
PORTRÄT DUFOUR CAPITAL
Dufour Capital ist ein FinTech-Startup mit Fokus auf Informationstechnologie, Datenanalyse und praxisnahe Forschung für neue Anlagelösungen. Das Unternehmen wurde 2011 von Dr. Ryan Held und Sascha Freimüller gegründet. Die VZ Gruppe hat sich 2014 an der Dufour Capital AG beteiligt und ist im Verwaltungsrat vertreten.
VORWORT
Die Bücher des VZ VermögensZentrums sind so erfolgreich, weil sie von A bis Z aus der Perspektive unserer Kunden gedacht und geschrieben sind. Für diesen Ratgeber gilt das sogar noch mehr: Er ist eine Gebrauchsanweisung für erfahrene und weniger erfahrene Anleger, um selbst erfolgreich anzulegen.
Unsere Erfahrung zeigt, dass Anleger immer wieder auf einzelne Ereignisse und kurzfristige Stimmungen reagieren. Solche Eindrücke bilden die Wirklichkeit unzureichend ab und eignen sich nicht als Basis für Anlageentscheidungen. Die Folgen sind starke Wertschwankungen und Verluste. Besonders einschneidend sind Verluste für Anleger im Rentenalter, die auf zuverlässige Erträge angewiesen sind, und für Unternehmen, die Gelder für die betriebliche Altersversorgung ihrer Mitarbeiter anlegen.
Im VZ begleiten wir sehr viele Kunden auf dem Weg in den Ruhestand und darüber hinaus. Unser gemeinsames Ziel ist es, ihr Vermögen so zu bewirtschaften, dass es möglichst viel zu ihrer Lebenshaltung beiträgt. Das bedeutet, dass nur robuste Anlagen in Frage kommen, die langfristig erfolgreich sind. In diesem Zusammenhang sind regelbasierte Anlagen eine der interessantesten Entwicklungen, die ich miterlebt habe.
Geld nach einfachen und verständlichen Regeln anzulegen ist keine neue Idee – die grundlegenden Erkenntnisse sind schon lange bekannt und empirisch erhärtet. Einige besonders erfolgreiche Vermögensverwalter investieren seit Jahrzehnten nach solchen Regeln. Für Privatanleger fehlten jedoch lange Zeit die passenden Anlageinstrumente und günstige Umsetzungsplattformen. Mit der Erfolgsgeschichte der ETFs hat sich dies zugunsten der Anleger verändert.
Das VZ arbeitet seit 2010 intensiv mit regelbasierten Anlage-Modellen. Die Ansätze wurden kontinuierlich weiterentwickelt und haben sich in unterschiedlichen Marktsituationen bewährt – so wie wir es erhofft haben.
In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie Sie intelligente Regeln nutzen können, um Ihr Geld erfolgreicher anzulegen. Unter vzfinanzportal.de können Sie die Regeln selbst testen und die Erkenntnisse für Ihr eigenes Portfolio nutzen.
Ich freue mich, wenn sich die Lektüre für Sie auszahlt!
Tom Friess
Vorsitzender der Geschäftsleitung VZ Deutschland
KAPITEL 1
ÜBER DIESES BUCH
Darum geht es in diesem Kapitel:
· Die Entwicklung an den Finanzmärkten lässt sich schwer vorhersehen
· Anlegen nach Regeln begrenzt die Verluste und erhöht das Renditepotenzial
· Besonders interessant sind Kombinationen von Regeln
· Intelligente Regeln eignen sich für Privatanleger sowie für Unternehmen, die Vorsorgegelder besser anlegen wollen
Die meisten Investoren versuchen, die Entwicklung an den Finanzmärkten vorherzusehen. Die Prognosen enttäuschen allerdings oft – unabhängig davon, ob sie von Laien oder von Experten stammen. Im Nachhinein stellen sich die Annahmen vielfach als falsch heraus. Viele Vorhersagen überschätzen die Stärke und Dauer von Kursanstiegen und erkennen einen Kurseinbruch nicht rechtzeitig. Deshalb erleiden die Anleger in sinkenden Märkten zu hohe Verluste.
Die Entwicklung an den Finanzmärkten hängt von vielen Faktoren ab, die auch sogenannte Finanzgurus kaum vorhersehen. Erfolgversprechender ist ein Blick zurück: Aus der vergangenen Kursentwicklung lassen sich einfache Regeln ableiten, die ohne Prognosen auskommen und Anleger vor irrationalen Entscheidungen schützen. Solche Regeln lassen sich zum Beispiel in Krisensituationen rasch umsetzen, und ihre Wirkung ist klar und transparent.
DIE REGELN FÄLLEN DIE ANLAGEENTSCHEIDUNGEN
Intelligente Regeln für Geldanlagen basieren auf Erfahrungswerten und unterscheiden sich damit grundsätzlich von den mathematischen Modellen, die die künftige Entwicklung vorhersagen wollen. Die Anleger definieren ihre Regeln vor der ersten Investition und prüfen anhand historischer Daten, wie sie sich in Boomphasen und in Krisen verhalten. Sobald das Regelwerk steht, ist eine menschliche Einflussnahme ausgeschlossen. Die Regeln fällen Anlageentscheidungen diszipliniert und kompromisslos und verhindern emotionale Fehlentscheidungen. Das VZ VermögensZentrum behandelt jedes Jahr Tausende von Kundenfällen und stellt immer wieder fest, dass Anleger vor allem in Stresssituationen emotional reagieren. Kein Investor, ob Laie oder Experte, handelt rein rational.
Emotionale Fehlentscheidungen lassen sich schon mit ganz einfachen Regeln vermeiden. Ein Stop-Loss-Auftrag etwa begrenzt den Verlust, wenn die Börsenkurse einbrechen. Anleger beauftragen ihre Bank zum Beispiel, eine Aktie zu verkaufen, wenn sie 10 Prozent an Wert verliert. Sinkt der Kurs 10 Prozent unter den aktuellen Wert, wird die Aktie automatisch zum Verkauf aufgegeben und der Verlust damit beschränkt. Stop-Loss-Limits eignen sich zwar, um Verluste zu begrenzen. Alleine reichen sie aber nicht aus, um eine Anlagelösung gegenüber Kurseinbrüchen robust zu machen. Hierfür sind drei Arten von Regeln besonders geeignet: Rebalancing, gleitende Durchschnitte und relative Stärke. Sie sind umfassend erforscht und der Fokus dieses Buches.
KOMBINATIONEN VON REGELN
Beim Rebalancing (englisch für »Wiedereinpendeln«) werden Anlageklassen mit Kursgewinn verkauft und Anlageklassen mit Kursverlust gekauft. Dieses antizyklische Verhalten hat zur Folge, dass Anleger keine höheren Risiken eingehen als ursprünglich gewünscht. Ein konsequent angewendetes Rebalancing kann zu einer leichten Mehrrendite gegenüber einer klassischen Kaufen-und-Halten-Anlagestrategie führen.
Bei einer Kaufen-und-Halten-Strategie werden Titel langfristig gehalten, unabhängig von Marktbewegungen.
In diesem Buch werden zwei weitere Regeltypen vorgestellt: Gleitendende Durchschnitte und relative Stärke basieren auf dem Momentum-Effekt. In der Geldanlage spricht man von Momentum, wenn sich eine Anlageklasse oder ein Titel in einem positiven Trend befindet. Trendinformationen lassen sich optimal in Regeln fassen und gut für die Steuerung eines Portfolios nutzen.
Gleitende Durchschnitte signalisieren Kauf- und Verkaufszeitpunkte. Sie lösen ein Kaufsignal aus, wenn eine Anlageklasse von einem negativen in einen positiven Trend wechselt. Solange der Trend positiv bleibt, ist die Anlageklasse investiert. Wenn sich eine negative Entwicklung etabliert, wird die Anlageklasse verkauft. Diese taktischen Verkäufe begrenzen die Verluste in einer Krise.
Der dritte Regeltypus, die relative Stärke, vergleicht die Trendstärke unterschiedlicher Anlageklassen. Anlagestrategien mit relativer Stärke investieren nur in die Anlageklassen mit dem jeweils stärksten relativen Trend. In einer Boomphase können solche Strategien ausschließlich in Aktien investieren, in einer Aktienkrise vollständig auf Aktien verzichten. Damit erhöht sich das Renditepotenzial.
Besonders interessant ist eine Kombination mehrerer Regeln. Sie reduziert das Verlustrisiko in einer Krise und schafft Renditepotenzial in einer Phase steigender Kurse. Langfristig eröffnet ein solches Regelwerk die Chance auf eine deutliche Mehrrendite gegenüber einer klassischen Anlagestrategie, bei der die Gewichtung der einzelnen Anlageklassen im Verlaufe der Zeit nicht oder nur geringfügig angepasst wird.
Trotz der Vorteile regelbasierter Anlagelösungen halten viele Finanzdienstleister an ihren komplexen Modellen und Prognosen fest. Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Experten überschätzen ihre Prognosefähigkeiten und glauben, dass sie die Märkte besser beurteilen können als einfache Regeln. Aber auch viele Anleger bevorzugen nach wie vor Anlagelösungen, die sich auf Prognosen stützen. Sie sprechen mit ihren Beratern lieber über heiße Anlagetipps als über mathematische Regeln.
Gewisse institutionelle Investoren setzen hingegen schon seit Jahrzehnten erfolgreich auf regelbasierte Anlagestrategien. Die Innovation der regelbasierten Geldanlage liegt denn auch weniger in den Konzepten und Modellen, sondern vielmehr in der Öffnung dieser Konzepte für Privatanleger. Zwei Entwicklungen sind dafür verantwortlich: Erstens braucht die regelbasierte Geldanlage einfache und günstige Anlageinstrumente, die ganze Märkte präzise abdecken. Diese Voraussetzung ist erst mit der Verbreitung der relativ jungen ETFs erfüllt. Zweitens sind regelbasierte Anlagestrategien auf niedrige Transaktionskosten angewiesen. Weil jedes Kauf- und Verkaufssignal umgesetzt wird, dürfen die Gebühren die Rendite nicht zu stark belasten. Erst der Online-Handel und die Günstiganbieter, die in den letzten Jahren entstanden sind, haben die Transaktionsgebühren auf ein attraktives Niveau gesenkt.
ETFs (Exchange Traded Funds) bilden einen Index ab und werden an der Börse gehandelt. Ausführliche Informationen dazu finden sich im Anhang.
Die Regeln, die in diesem Buch vorgestellt werden, eignen sich für private Anleger genauso wie für Unternehmen, die die Mittel für die betriebliche Vorsorge ihrer Mitarbeitenden in Wertpapieren anlegen wollen.
KAPITEL 2
ENTSCHEIDUNGSPROZESSE FÜR DIE GELDANLAGE
Darum geht es in diesem Kapitel:
· Die Fehleranfälligkeit von Prognosen in sozialen Systemen
· Der Mensch als unberechenbarer Faktor an den Finanzmärkten
· Der Leistungsausweis von Experten ist enttäuschend
· Trends, Momentum und relative Stärke
· Eine erste einfache Regel: Kaufe, was gut läuft!
WARUM SIND DIE MEISTEN PROGNOSEN ZUR KURSENTWICKLUNG FALSCH?
Wer Wertpapiere kauft oder verkauft, stützt sich bei seinen Entscheidungen in der Regel auf Kursprognosen. Anleger vertrauen dabei entweder auf ihre eigenen Fähigkeiten, Kursentwicklungen vorherzusagen, oder sie setzen auf die Analysen von Experten. Die Finanzanalyse ist in den letzten Jahrzehnten mit riesigem Aufwand laufend verfeinert worden mit dem Ziel, die Qualität der Prognosen zu verbessern. Banken, Fondsanbieter und andere Finanzdienstleister investieren Hunderte von Millionen in die Entwicklung von immer besseren Tools und Methoden, beschäftigen Zehntausende von Analysten und können Aufträge innerhalb von Millisekunden an den Börsen absetzen. Dennoch bleibt die Qualität ihrer Prognosen bescheiden: Ihre Kristallkugeln zeigen auch heute höchstens ein verschwommenes Bild der Zukunft an den Aktienmärkten.
Finanz-Analysten beurteilen zum Beispiel den Wert von Aktien und geben Empfehlungen ab (»Kaufen«, »Halten« oder »Verkaufen«).
Warum ist das so? Warum werden die Anleger immer wieder von Börsencrashs oder von Kursfeuerwerken überrascht? Weshalb gelingt es der Finanzbranche nicht, ihre Prognosequalität signifikant zu verbessern, obwohl sie enorme finanzielle Mittel dafür einsetzt? In anderen Disziplinen machen Vorhersagen doch erkennbare Fortschritte. Die Meteorologen zum Beispiel sind heute in der Lage, auf eine Woche hinaus recht präzise Prognosen zu machen. Vor 20, 30 Jahren waren so langfristige und genaue Wettervorhersagen undenkbar.
Die Antwort auf diese Fragen ist einfach: Es sind die Menschen, die den komplexen Modellen der Wirtschaftswissenschaft immer wieder einen Streich spielen. Die Mehrheit der Ökonomen geht bis heute fälschlicherweise davon aus, dass Menschen immer rationale Investitionsentscheidungen fällen und sich nicht von Emotionen leiten lassen. Aufgrund dieser Annahme versuchen Wirtschaftswissenschaftler, die Kursentwicklung mit naturwissenschaftlichen Methoden vorherzusagen. In den Naturwissenschaften wie der Chemie und der Physik spielt der Mensch keine Rolle. Chemische und physikalische Prozesse laufen immer gleich ab, frei von menschlicher Einflussnahme. Das macht sie berechenbar und vorhersehbar. Die Wirtschaft und die Finanzmärkte lassen sich aber nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden erforschen. Im Unterschied zur Meteorologie und zu anderen exakten Wissenschaften greifen Menschen mit ihrem oft irrationalen Verhalten in die Entwicklungen an den Finanzmärkten ein, und ihre unberechenbaren Entscheidungen wirken sich unmittelbar auf die Aktienkurse aus.
Die klassische Theorie der Finanzmärkte berücksichtigt diese Erkenntnis bis heute allerdings kaum. Sie betrachtet den Menschen nach wie vor als rein vernunftgetriebenes Wesen, als sogenannten Homo oeconomicus. Der Homo oeconomicus ist emotionslos. Er strebt in all seinen Entscheidungen die Maximierung seines persönlichen Nutzens an und ist immer umfassend informiert. Weil er rein rational vorgeht, ist sein Verhalten erklärbar und vorhersehbar.
Die klassische Finanzmarkttheorie stützt sich auf die Effizienzmarkt-Hypothese, die auf dem Menschenbild des Homo oeconomicus basiert.
Auf das Konzept des Homo oeconomicus stützt sich zum Beispiel die Effizienzmarkt-Hypothese des US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers und späteren Nobelpreisträgers Eugene Fama. Er formulierte seine Hypothese in den späten 1960er-Jahren. Sie besagt, dass alle Marktteilnehmer – also Käufer und Verkäufer – vollständig rational und auf der Basis gleicher Informationen handeln und dass die Summe dieser Informationen jederzeit in den Kursen enthalten ist. Als Folge davon weicht der Preis einer Anlage, beispielsweise einer Aktie, nicht von ihrem inneren Wert ab. Im Lauf der Jahre meldeten zwar immer mehr namhafte Ökonomen Zweifel an der Theorie an, weil sich damit weder Spekulationsblasen noch Börsencrashs erklären lassen. Doch bis heute greifen Finanzinstitute auf die Hypothese effizienter Märkte zurück beim Versuch, die Preisbildung an den Finanzmärkten zu erklären und vorherzusagen. Auch andere Ansätze wie die moderne Portfoliotheorie und jüngere Modelle zur Bewertung von Anlagen gehen weiterhin davon aus, dass Investoren rational handeln. Die meisten Ökonomen sind sich bewusst, dass diese Annahme nicht der Realität entspricht.
Der innere Wert einer Aktie entspricht ihrem »fairen« Preis. Weicht ihr Kurs davon ab, spricht man von über- oder unterbewerteten Titeln.
Ein Portfolio ist effizient, wenn seine Rendite bei einem bestimmten Risiko maximal bzw. sein Risiko bei einer bestimmten Rendite minimal ist. Die moderne Portfoliotheorie von Harry Markowitz beschreibt, wie ein effizientes Portfolio diversifiziert werden muss.
Der Mensch ist kein Homo oeconomicus – je nach Standpunkt leider oder glücklicherweise. Er ist ein emotionales Wesen, launisch, sprunghaft, oft schlecht informiert und je nach Situation und Temperament gierig oder panisch.
DAS IRRATIONALE VERHALTEN DER ANLEGER
Während die traditionelle Finanzmarkttheorie den Menschen als rationales Wesen beschreibt, erforscht die Behavioral Finance, wie er sich tatsächlich verhält. Dieser Fachbereich ist in den 1970er-Jahren in den USA entstanden und beschäftigt sich mit der Psychologie der Anleger. Im Zentrum der Forschung stehen ihre typischen Verhaltensweisen: Wie kommen Anlageentscheidungen tatsächlich zustande? Welche Verhaltensmuster lassen sich erkennen? Welche Fehler machen Anleger immer wieder?
Die Behavioral Finance zeichnet ein ganz anderes Bild von Anlegern als die Effizienzmarkt-Hypothese. Sie postuliert Anleger, die längst nicht alles wissen und nicht immer rational handeln. Ihre Entscheidungen führen nicht zu einer Maximierung ihres Nutzens, sondern sind die Folge von Verhaltensweisen, wie sie in vielen alltäglichen Situationen und im Zusammenleben zu erkennen sind.
Sehr anschaulich beschreibt Behavioral Finance, wie Anleger in einem Wechselbad von Gefühlen schwimmen. Der israelisch-US-amerikanische Psychologe und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman hat festgestellt: »Menschen lassen sich von der unmittelbaren emotionalen Folge von Gewinnen und Verlusten leiten, nicht von den langfristigen Aussichten auf Reichtum.«
Vor allem in Marktphasen, die durch Euphorie oder Panik geprägt sind, machen Anleger deshalb immer wieder die gleichen Fehler. In der Hoffnung auf Kursgewinne kaufen sie nach einem kräftigen Kursanstieg ohne Risikoabwägung und übergeordnete Strategie Wertpapiere, um nach einem starken Abwärtstrend verzweifelt alles zu verkaufen. Im Extremfall kaufen sie so zu Höchstkursen und verkaufen zu Tiefstkursen (siehe Abbildung 2.1).
Der sogenannte Dispositionseffekt ist ein weiteres oft beobachtetes Phänomen, das die Behavioral Finance erforscht hat. Er beschreibt die Tendenz der Anleger, verlustreiche Investitionen zu lange zu halten und Anlagen nach Kursgewinnen zu früh zu verkaufen. Eigentlich wäre genau das Gegenteil richtig: Gewinne sollte man laufen lassen, Verluste begrenzen (siehe Abbildung 2.2).
Ein Beispiel: Ein Anleger hält zwei Aktien. Aktie A hat seit dem Kauf 10 Prozent an Wert gewonnen, Aktie B 10 Prozent verloren. Jetzt braucht der Anleger Geld für eine Anschaffung. Er wird nun mit hoher Wahrscheinlichkeit die erfolgreiche Aktie A verkaufen. Ein Verkauf der verlustreichen Aktie B käme dem Eingeständnis gleich, falsch investiert zu haben. Der Verkauf der Aktie A hingegen gibt ihm ein gutes Gefühl. Er freut sich, dass er einen Gewinn gemacht hat, und schützt sich mit dem Verkauf dieser Aktie davor, den Gewinn wieder zu verlieren. Dieses Beispiel illustriert, wie emotional der Umgang mit Gewinn und Verlust ist.
Nachgewiesen wurde der Dispositionseffekt unter anderem vom US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Terrance Odean. Er beobachtete zwischen 1987 und 1993 die Transaktionen in 10.000 zufällig ausgewählten Depots eines großen amerikanischen Brokers. Der Dispositionseffekt illustriert, dass Menschen nicht rational mit Verlusten umgehen. Dabei ist die Begrenzung von Verlusten eine der wichtigsten Regeln bei der Geldanlage. Der erfolgreiche US-Investor Warren Buffet hat einmal gesagt: »Die erste Regel lautet, keine Verluste zu machen. Und die zweite Regel lautet, die erste nicht zu vergessen.«
Häufige Anlegerfehler: Erkennen Sie sich?
Die Behavioral Finance erforscht die typischen Verhaltensmuster von Anlegern. Versuchen Sie jene Situationen zu erkennen, die auch Ihre Investitionsentscheidungen beeinflussen.
Anleger entscheiden häufig aus dem Bauch heraus