Zum Wort „Eskimo“: Man hört immer wieder, man solle
nicht „Eskimo“ sagen, weil es angeblich ein hässliches Wort
sei und „Rohfleischesser“ bedeute. Aber das ist falsch.
„Eskimo“ war ursprünglich ein nordamerikanisches Indianerwort
für Menschen, die hoch oben in der Polarregion lebten.
Die Sprachforscher wissen noch nicht genau, ob es
„Schneeschuhflechter“ oder „Menschen, die eine andere
Sprache sprechen“ bedeutet. Manchmal ist das mit alten
Wörtern nicht so einfach. Aber ein hässliches Wort ist „Eskimo“
sicher nicht, was man schon daran sieht, dass es viele
Eskimos selbst benutzen. Wer’s nicht glaubt,
braucht nur ins Internet zu schauen.
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© 2016 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Alle Rechte vorbehalten
Umschlagbild und Innenillustrationen: Henrike Wilson
und Sarah Häring (Pinguinfamilie)
Umschlagkonzeption: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen
AW · Herstellung: AJ
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
ISBN 978-3-641-19269-3
V002
www.cbj-verlag.de
Inhaltsverzeichnis
1. Weit, weit im Norden
2. Die Verabredung
3. Der Aufbruch
4. Schnee
5. War wohl keine so klasse Idee
6. Spuren im Schnee
7. W-A-R-T-E-T!
8. Tuktuk flunkert nicht
9. Wie der kleine Eisbär verloren ging
10. Gänsehaut
11. Wuff!
12. Der spinnt!
13. Die Geschichte vom kleinen Puma
14. Der Plan der Freunde
15. Der Schneehase will überholen …
16. … das Schneehuhn auch …
17. … und die Robbe trötet
18. Nach hundert Schritten
19. Mit Karacho!
20. Die Begegnung
21. Das Wunder
22. Und danach?
23. Und noch danach?
24. Und abends beim Schlafengehen?
25. Und am nächsten Morgen in der Schule?
1. Weit, weit im Norden
Weit, weit im Norden, wo das Huhn Schneehuhn und der Hase Schneehase heißen, da wohnte der kleine Eskimo. Er ging schon in die Schule und passte auch immer schön auf, aber eines Morgens war es richtig schwer. Er wollte ja aufpassen, aber er konnte nicht. Er musste immer nur an den Eisbär denken, den er am Tag zuvor gesehen hatte. Am Meer war das gewesen, nicht weit vom Glatzkopffelsen, der so hieß, weil er wirklich wie ein Glatzkopf aussah. Der kleine Eskimo traf sich dort immer mit seinen Freunden, und die hatten den Eisbär auch gesehen. Sie hatten Ich sehe was, was du nicht siehst gespielt und erst gedacht, es sei nur ein Schneehaufen, der wie ein Eisbär aussieht. Aber dann bewegte er sich und war echt.
„Aklak?“
Aklak, so hieß der kleine Eskimo, und die Frau, die gerade seinen Namen sagte, war die Lehrerin. Aber Aklak hörte sie gar nicht, so sehr war er in Gedanken.
„Aklak!“
„Äh … wie?“
Endlich hatte er sie gehört. Die Lehrerin war sehr nett, aber als Aklak jetzt zu ihr hochschaute, guckte sie doch ein bisschen streng.
„Was hab ich gerade gesagt?“, fragte sie.
„Aklak“, sagte Aklak.
Das stimmte, aber trotzdem lachten alle: Iklik, die mit ihm in die erste Klasse ging, die Zwillingsmädchen aus der Zweiten und die drei großen Jungs aus der Dritten. Mehr Kinder gab es nicht in der Eskimoschule, und sie saßen alle im selben Klassenzimmer: die Erst- und Zweitklässler an einem Tisch und die Drittklässler an einem anderen. Viertklässler würde es erst nächstes Jahr wieder geben.
„Na!“, sagte die Lehrerin, dann war Ruhe, und sie wandte sich wieder Aklak zu.
„Und vorher?“, fragte sie.
„Auch Aklak!“, platzte da einer der Drittklässler heraus.
Jetzt musste die Lehrerin selber lachen, weil die Antwort so albern und ja trotzdem nicht falsch war.
„Schön“, sagte sie, als sie sich die Lachtränen aus den Augen gewischt hatte. „Der eine hat verstopfte Ohren, der andere einen Clown gefrühstückt – da malen wir jetzt erst mal was. Das beruhigt die Nerven.“
„Und was?“, fragte Iklik.
„Wir malen …“, sagte die Lehrerin, die es sich anscheinend auch erst überlegen musste. „Wir malen die Vögel, nach denen ich den jungen Mann mit den verstopften Ohren gefragt habe.“
„Also Pinguine“, sagte Iklik, die besser aufgepasst hatte als Aklak.
Sie nahmen in der Stunde nämlich die andere Seite der Erdkugel durch, wo es mindestens genauso viel Eis und Schnee gab wie bei ihnen. „Antarktis“ sagte man dazu, so wie man zu ihrer Seite „Arktis“ sagte. Menschen wohnten dort keine, aber es gab natürlich Tiere. Von denen hatte die Lehrerin gerade erzählt und dann nach den berühmten Watschelvögeln gefragt, die es in der Antarktis gab und in der Arktis nicht. Dass es die Pinguine waren, hätte Aklak sogar gewusst. Aber er hatte die Frage ja nicht gehört. Weil er an den Eisbär denken musste. Dass der nur bei ihnen in der Arktis vorkam, wusste er auch.
„Dürfen wir Wasserfarben nehmen?“, fragte Iklik.
„Wasserfarben, Buntstifte – was ihr wollt“, sagte die Lehrerin und setzte sich an ihren kleinen Lehrertisch.
Aklak nahm Wasserfarben, weil man damit besser Eis und Schnee malen konnte. Und er gab sich richtig Mühe. Er malte einen bläulichen Eisberg, der im dunkelblauen Wasser schwamm, und oben auf den Eisberg malte er eine Pinguinfamilie. Es sollten Kaiserpinguine werden, weil das die größten und schönsten waren. Zu Hause hatte er ein Tierbuch, darin waren sie abgebildet: weiß mit einem schwarzen Frack und leuchtend gelben Ohrflecken, und ihre Schnäbel waren oben schwarz und unten rosa oder lila oder orange. Aklak beschloss, Lila zu nehmen, das fand er am witzigsten. Einmal kleckste er, aber zum Glück nur beim Eisberg.
„Sind wir so weit?“, fragte die Lehrerin, als es nur noch zehn Minuten bis zur großen Pause waren.
Da legten alle die Pinsel und Stifte weg und zeigten ihre Bilder.
„Schön“, sagte die Lehrerin, als sie Aklaks Bild sah. „Aber die Füße sehen haargenau wie Eisbärfüße aus, findest du nicht?“
2. Die Verabredung
Es war noch gar nicht lange her, da hätten sich die großen Eskimojungs über die falsch gemalten Pinguine schlappgelacht. Da waren sie richtige Rabauken gewesen und hatten die Kleinen immer nur gepiesackt. Vor allem Aklak. Aber dann hatte ihr Anführer das Hundeschlittenrennen um den Großen Eisbärbuckel gegen ihn verloren und seitdem waren sie sogar Freunde.[*] Darum lachten die großen Jungs jetzt nicht über die Eisbärfüße an den Watschelvögeln, sondern kicherten nur. Genau wie Iklik und die Zwillingsmädchen.
Die Lehrerin kicherte nicht. Sie schmunzelte nur leise und sagte: „Vielleicht solltest du eine Eisbärfamilie mit Pinguinfüßen dazumalen, dann können sie tauschen.“
Jetzt mussten doch wieder alle lachen. Eisbären mit Pinguinfüßen! Wie doof hätte das denn ausgesehen! Außerdem hätten die Eisbären zum Tauschen um den halben Erdball latschen müssen. Oder die Pinguine watscheln. Anscheinend hatte die Lehrerin heute selbst einen Clown gefrühstückt.
„So, genug gelacht!“, sagte sie, als sie sich schon zum zweiten Mal an diesem Morgen die Lachtränen weggewischt hatte. „Ab in die Pause mit euch!“
Das brauchte man den Kindern in der Eskimoschule nicht zweimal zu sagen. Sie stürmten ins Freie, und alle hatten genau dieselbe Idee: Schneepinguine bauen. Mit falschen Füßen!
„Ihr seid mir vielleicht Quatschtüten!“, sagte die Lehrerin, als sie es sah. Aber dann half sie den großen Jungs sogar bei ihrem Riesenpinguin und machte ihm selbst die falschen Füße, damit er rechtzeitig vorm Ende der Pause fertig wurde.
Aklak und Iklik bauten jeder einen Pinguin für sich, aber natürlich kleiner. Und die Zwillingsmädchen bauten noch ein bisschen kleinere, aber dafür so viele, dass am Ende der halbe Schulhof damit voll war. Niemand wusste, wie sie das so schnell schafften, aber sie konnten auch die schnellsten Schneemänner, und immer sahen alle haargenau gleich aus. So wie jetzt ihre Pinguine mit den Eisbärfüßen.
„Fertig“, sagte Aklak, obwohl er mit dem Schnabel immer noch nicht ganz zufrieden war. Er hatte es dreimal neu versucht und immer war nur ein Entenschnabel dabei rausgekommen.
„So“, sagte Iklik. „Auch fertig.“
„Deiner ist viel schöner“, sagte Aklak.
[*] Wer wissen will, wie das war: Es steht in dem Buch „Aklak, der kleine Eskimo – Das große Rennen um den Eisbärbuckel“.