„Geschlossene Gesellschaft“
Ein Kriminalroman
Von Jakob Stein
Jakob Stein
Ein Bücherkrimi
Jakob Stein
Geschlossene Gesellschaft – Ein Kriminalroman
© 2016 B3 Verlags und Vertriebs GmbH,
Markgrafenstraße 12, 60487 Frankfurt
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Umschlag: Claudia Manns, KUNSTSTÜCK
ISBN 978-3-943758-55-9
Dieses Buch ist auch als E-Book unter der
eISBN 978-3-943758-56-6 erhältlich.
„Es kommt nicht auf die Wirklichkeit an,
sondern auf die innere Wahrheit.“
(Joseph Roth)
Für Theo
Die Straßen sind menschenleer. Das Licht der Laternen tropft schläfrig herunter und bildet helle Pfützen, die wie Perlen auf die graue Schnur des Asphalts gezogen sind. Der Main liegt bewegungslos. In ihm spiegelt sich schemenhaft die Skyline. Die Bürotürme, sonst erleuchtete Weihnachtsbäume, verschwimmen im nachtgrauen Himmel. Die Schaufenster sind schwarz und die bunten Leuchtreklamen eintönig erstarrt.
Es ist Himmelfahrt, halb fünf Uhr morgens. Ampeln werfen ihre Signale ins Nichts hinein. Vereinzelte Nachtschwärmer torkeln die Bürgersteige entlang. Die Fassaden der Häuser sind wie vernagelt. Die toten Fenster lassen den traumlosen Schlaf ihrer pflichtbewussten Einwohner dahinter vermuten. Gleise ziehen sich ins Nirgendwo dahin, Schilder trotzen ihrer um diese Zeit offensichtlichen Sinnlosigkeit.
Das Motorengeräusch ist bereits von Weitem zu hören. Es läuft durch die Häuserschluchten wie ein gehetztes Tier, verirrt sich im Labyrinth der Seitenstraßen, Gassen, Höfe und wird von zwei sich weitenden Lichtkegeln herangeschleift. Eine rote Ampel gestattet eine Atempause, hechelnd, hinter den glänzenden Gitterstäben gefangen, holt die Maschine Luft. Die breite weiße Linie vor dem Wagen ist wie ein Gatter, das mit dem Sprung des Signals auf Gelb emporgezogen wird, und damit die sinnlose Hatz der aufheulenden Töne hinter dem davonjagenden Licht von Neuem beginnt.
Der Motor dröhnt. Es ist ein kleiner, giftiger Sportwagen. Die Fahrerin zieht die Gänge, beschleunigt stark, rast die wenigen Hundert Meter bis zur nächsten verlassenen Kreuzung dahin, überlegt kurz, ob sie nicht einfach darüber hinweg fahren soll und bremst jäh. Der Gurt drückt sich in ihren Busen hinein, mit einem letzten Ruck fällt ihr Oberkörper zurück in den Sitz.
Helen Brand liebt es, durch die verlassene Innenstadt zu rasen – in wenigen Stunden wird es unmöglich sein. Insgeheim empfindet sie eine leise Freude daran, den ein oder anderen aus dem Schlaf zu reißen und in seiner warmen Ruhe zu stören. Der Wagen schnellt auf die breite Allee in Richtung Messe, nimmt fast ungebremst die Kehre vor dem dösenden Hotelturm und wird im nächsten Augenblick von der Einfahrt zur Tiefgarage verschluckt. Die Reifen quietschen auf dem glatten, glänzenden Belag. Die Parkfläche ist bis auf zwei Wagen in der hintersten Ecke, direkt neben dem Aufgang, völlig frei. Noch einmal gibt Helen Gas, schießt quer über die Markierungen und kommt neben einem dunkelblauen Kleinwagen mit der Aufschrift „Sec24 – Sicherheit rund um die Uhr“ zum Stehen. Die Geräusche ersterben so abrupt, dass es scheint, als würde die plötzliche Stille zwischen den Wänden hin und her rollen.
Helen Brand steigt aus. Im Gehen zieht sie sich ihre Handtasche über die rechte Schulter. Das Klackern ihrer Absätze hallt in das leere Parkdeck hinein und wird zurückgeworfen. Unsichtbare Geister, Geschwister von Helen, gehen im Gleichschritt an den Mauern entlang. Sie betritt, ohne die geringste Aufmerksamkeit für ihre Umgebung, das Treppenhaus. Die zwei Stockwerke nimmt sie im schnellen Takt, um dann die breite Tür zum Foyer mit aller Kraft aufzuziehen. Der große Raum dahinter saugt die breite Glasfläche an sich heran, gibt sie nur unter größter Anstrengung frei.
Der ältere der beiden Wachmänner hinter dem Counter springt auf, streicht sich unbewusst durch die Haare und glättet seine tiefblaue Krawatte, die wie ein Strich über seine Brust läuft. Der Kopf des Kollegen daneben versinkt vollends hinter dem Tresen. „Guten Morgen, Frau Brand, auch heute so früh?“ Das Lächeln des Wachmannes misslingt und ist vom Halbschlaf gezeichnet. „Guten Morgen, Ercan, ja, auch heute so früh. Ist noch jemand im Haus?“
Der Angesprochene verneint mit einem milden Lächeln, drückt einen unsichtbaren Knopf, die schmale Glastür öffnet sich und gibt den Weg zu den Fahrstühlen frei.
Die frühmorgendliche Besucherin hebt die Schultern. Eine kleine Geste ihrer rechten Hand unterstreicht „Einen schönen Tag noch!“, mit dem sie eine der wartenden Kabinen betritt. Alle stehen sie offen.
Ein kurzer Blick in den rückseitigen Spiegel zeigt ihr ein für diese frühe Zeit akzeptables Aussehen. Die Tür fließt lautlos hinter ihr vorbei, ein stärker werdendes Ziehen im Magen verrät die Beschleunigung nach oben.
Ihr Büro befindet sich im siebenundzwanzigsten Stock des Messeturms. Die international tätige Consulting-Firma hatte sich im vergangenen Jahr nochmals verstärkt um Mandate aus dem asiatischen Raum bemüht. Helen war nach bald fünf Jahren im Unternehmen zur Senior-Consultin aufgestiegen und erstmals auf einer Akquise-Tour dabei. Die Reisen hatten Helen sehr gefallen. Bis dahin galt sie im Büro als strenge „Gouvernante“, so ihr Pseudonym unter den Kollegen. Sie ist äußerst korrekt, ja fast schon penibel genau. Vielleicht lag es daran: Aus einfachsten Verhältnissen stammend, musste sie sich das Studium selbst als Aushilfslehrerin finanzieren. So lernte sie früh die harte Klassengesellschaft kennen. Sie gab Mädchen Nachhilfestunden, die an einem beliebigen Tag mehr von ihrer Mutter geschenkt bekamen, als Helen im gesamten Monat zum Leben hatte. Sie musste streng haushalten, und tat dies auch später im Beruf.
Auf den Geschäftsreisen – bis dahin war sie eigentlich so gut wie nie verreist – liebte Helen die Unverbindlichkeit des Kennenlernens. Die Einladungen möglicher Kunden – besonders wenn es mehrere pro Tag waren – versetzten sie in eine Euphorie des nahen Erfolges. In Japan, Indien, Pakistan musste Helen den männlichen Kollegen, obwohl ihr gleichgestellt, den Vortritt lassen. Sie galt bei diesen Gesprächen lediglich als aufmerksame Zuhörerin, die im richtigen Moment Stichworte gab und vorbereitete Grafiken verteilte. In China änderte sich die Situation. Die mit der Planung der Reise beauftragte Agentur hatte es tatsächlich geschafft, mit Chen Lihua, einer der reichsten Frauen der Welt, einen Termin zu organisieren. Chen kam aus Hongkong, arbeitete zunächst als Tischlerin und hatte mit der Restauration alter Möbel ihre Selbstständigkeit begonnen. Später wurde daraus eine Fabrik, die sie noch heute, vielleicht aus Sentimentalität, betrieb. Richtig reich wurde Chen Lihua durch den Kauf und Verkauf von Luxusvillen in der ganzen Welt. In China gab es mittlerweile genügend Milliardäre, die sich entsprechende Anwesen in Los Angeles, Cannes, Monaco, Las Vegas, Paris, der Schweiz oder sonst wo leisten konnten und wollten. Woher das anfängliche Kapital für ihre zum Teil waghalsigen Transaktionen stammte, war unklar – Chen war sicherlich keine Regimegegnerin. Heute stand sie einem global agierenden Konzern vor, der in unterschiedlichen Sparten zu den Führenden zählte.
Das Treffen fand in einem kleinen, abgelegenen Restaurant statt. Außer den beiden Delegationen waren keine Gäste anwesend. Später erfuhr Helen, dass das Lokal ebenfalls Chen gehörte und ausschließlich für solche Termine genutzt wurde. Ihre Kollegen ergingen sich in einem Schwall sinnleerer Phrasen. Ihr Pech war es, dass der Dolmetscher nicht nur perfekt Englisch beherrschte, sondern auch in Heidelberg studiert hatte und über ein ausgezeichnetes Gehör verfügte. Ein, zwei geflüsterte Sätze zwischen den Herren wurden von ihm prompt mit übersetzt, woraufhin sich Frau Chen „Miss B’and“ zuwandte, die bis dahin schweigend am Tisch saß. Von diesem Moment an war sie für Chen Lihua die einzige Ansprechpartnerin. Es ging um verschiedene Bereiche, von simpler Publicity für ihre Unternehmen gegenüber möglichen Industriepartnern bis hin zur Gründung einer Europazentrale in Deutschland. Vorrangig kamen die vielschichtigen Rechts- und Steuerprobleme zur Sprache. Chen Lihua war beeindruckend informiert. Sie stellte gezielte Fragen und erwartete präzise Antworten. Mangelnde Sachkenntnis wurde von ihr akzeptiert, wenn konkrete Termine für deren Klärung genannt wurden. Helen schlug sich hervorragend. Nach wenigen Wochen intensiver Korrespondenz erhielt ihre Firma den Auftrag und Helen wurde von der Geschäftsleitung zur Projektmanagerin befördert.
Anfänglich hatte sie sich sehr über den ihr anvertrauten Auftrag und die damit verbundenen „Anpassungen“ ihrer Bezüge gefreut. Endlich konnte sie sich einen Traum erfüllen und kaufte einen knallroten Triumph TR4, bestens erhalten und restauriert. Sie mietete sogar eine Garage für ihren kleinen „Schatz“, wie sie den Wagen nannte.
Sie war mehrfach nach China gereist und hatte dies teilweise mit privaten Urlauben verbunden. Die Geschäftsleitung war äußerst großzügig und stellte üppige Spesen zur Verfügung. Selbst ihr Mann war eingeladen.
Mittlerweile, nach etwa einem Jahr, war ihr anfänglicher Elan verflogen. Chen Lihua hatte sie nach dem damaligen Termin nur noch einmal, in Zürich, wieder getroffen. Chen war auf Geschäftsreise, residierte im Dolder Grand und Helen traf sie in ihrer Suite. An der Tür standen mehrere Herren in dunklen Anzügen und mit geringelten Kabeln im Ohr. Auf dem Tisch waren Schmuckstücke aller Art: Colliers, Armreifen, Uhren, Ohrringe, Ketten, Broschen, Haarspangen ausgebreitet. Es glitzerte und funkelte wie in einem Märchen aus tausendundeiner Nacht. Hinter dem Tisch saß die Chinesin, begutachtete die ihr von einem pomadigen Herrn vorgehaltenen Stücke, ohne auch nur im Geringsten die Miene zu verziehen. Sie blickte kurz und leicht nickend zu Helen hinüber, die wie gebannt im Zimmer stand. Mit einer kleinen Geste winkte Chen sie heran. Kein Wort wurde gesprochen. Nach einigen Augenblicken griff Chen mit Bedacht einen goldenen Armreif, wog ihn kurz in ihren Händen und reichte ihn Helen hinüber. Diese verstand zunächst nicht und meinte, sie solle den Schmuck begutachten. Kritisch hob sie den Reif vor ihre Augen, suchte schon nach passenden Formulierungen, um ihr das wunderbare Stück zu empfehlen, als leise „It’s for you.“ an ihr Ohr drang. Ungläubig schaute sie auf und in das milde Lächeln ihres Gegenübers.
Damit war der Auftrag besiegelt und das Angebot angenommen. Wie in Trance reiste Helen zurück, immer wieder den Armreif an ihrem Handgelenk drehend und in einem tiefen Glücksgefühl schwelgend. Kurze Zeit später begann der graue Alltag, die langwierige und zermürbende Arbeit im Büro. Was letzte Woche noch verheißungsvoll auf dem Papier stand, sollte schale Realität werden. Eine Möglichkeit, mit Chen Lihua direkt zu korrespondieren, gab es nicht. Ihr Ansprechpartner wurde der persönliche Assistent von Frau Chen, der aufmerksame Dolmetscher.
Zwischen ihm und „Miss B’and“ entwickelte sich schon nach wenigen Wochen eine intime Feindschaft, ein mit allen Mitteln und Kniffen geführter Wettkampf um die richtige Strategie, das erfolgreichere Investment oder den idealen Standort der Niederlassung. Mehrfach mussten bereits ausgearbeitete Konzepte komplett überarbeitet werden, um dann in einer endlosen Schleife der Entscheidungslosigkeit zu vergilben. Hatte Helen anfänglich noch an eine kooperative Zusammenarbeit mit dem Sekretär geglaubt, war sie längst eines Besseren belehrt worden. Er nutzte jede sich bietende Gelegenheit – sei sie auch noch so klein –, um Helen gegenüber Frau Chen und ihrer eigenen Geschäftsleitung bloßzustellen – und gleichzeitig für seine Vorschläge zu werben. Letztens beschuldigte er sie sogar mehr oder minder direkt der Lüge, was ihren Hass auf den, wie sie fand, korrupten Sekretär ins Maßlose steigerte.
„Dafür, dass sie in einem kommunistischen Land leben, verstehen die Chinesen verdammt viel davon, wie man Geld verdient!“, sagte Helen einmal zu ihrem Chef, als dieser wissen wollte, wer denn nun das Projekt leite, sie oder Chens Sekretär? „Das interessiert mich nicht! Denken Sie bitte daran, Frau Brand, dass der Großteil unseres Honorars – und auch Ihres Einkommens – von der Umsetzung abhängt, nicht vom Darüberreden.“ Das waren die Worte des Geschäftsführers in der wöchentlichen Runde. Ihre Kollegen waren in Japan, Indien, Pakistan auch keinen Deut weitergekommen als sie, doch grinsten und nickten alle überheblich vor sich hin.
Jetzt war sie wieder „Frau Brand“. Noch vor nicht allzu langer Zeit war er spätabends immer wieder in ihr Büro gekommen, um sie herumgeschlichen, hatte sie mit Nettigkeiten bedacht, sie „Helen“ genannt. Einmal schlug er sogar vor, es war sicherlich schon zehn Uhr abends, gegenüber in Jimmy‘s Bar zu gehen. Sie hatte kühl und dankend abgelehnt. Ihre Distanziertheit schien ihn nur noch mehr zu reizen. Bevor er einen neuen Anlauf nahm, erkundigte sich Helen: „Wie geht es Ihrer Frau?“ Dass er verheiratet war, verschwieg er gerne und trug auch keinen Ring. Seine Gattin lebte zurückgezogen irgendwo, verheimlicht, mit Geld und Luxus betäubt. Damit hörten seine Nachstellungen auf.
Chens Assistent ließ es nie an Höflichkeit fehlen, machte es sich allerdings zur Angewohnheit, Helen von Montag bis Freitag täglich gegen sechs Uhr morgens im Büro anzurufen und mit mehr oder minder nichtigen Fragen zu behelligen. Den Samstag hatte sie ihm gleich ausgetrieben! Doch heute, an diesem Feiertag, von dem sie wusste, dass er es wusste, würde er sich die Chance nicht entgehen lassen und sie auf die Probe stellen. Sie ahnte auch bereits, dass er sich für heute etwas ganz Besonderes aufgespart hatte, etwas Wichtiges, woraus er dann, sofern er sie nicht erreichen würde, ein Memo an Frau Chen verfassen könnte, um sie dort weiter zu diskreditieren.
„Alles hat seinen Preis.“ An die Worte ihres Vaters musste sie in den letzten Wochen oft denken. Sie hatte ihr Gehalt, insbesondere durch den vereinbarten Bonus, enorm verbessert. Ein paar Jahre auf diesem Niveau und sie könnten sorgenfrei leben.
Sie hatte einige schöne Tage in China, diesem wundervollen Land, in purem Luxus verlebt. Andererseits war ihr Privatleben völlig aus dem Ruder gelaufen. Ihr Mann, selbst Anwalt und viel beschäftigt, zog sich mehr und mehr zurück. Er sah es genau andersherum. „Du kannst nicht in zwei Zeitzonen gleichzeitig leben“, hatte er erst kürzlich zu ihr gesagt. Heute Morgen, als kurz vor vier der Wecker klingelte, hatte er ihr demonstrativ den Rücken zugedreht und ein verächtliches Stöhnen von sich gegeben.
Sie dachte immer öfter daran, das Projekt abzugeben. Ihre Karriere in der Firma wäre damit erledigt. Woanders wäre es auch nicht besser, und sie müsste ganz von vorne anfangen – oder ihr Leben völlig neu gestalten. Kinder wollten sie keine, dieses Thema hatten sie schon vor Jahren abgeschlossen. Obwohl sie zusammen etwa eine halbe Million im Jahr verdienten, war in ihr eine tiefe Leere, die auch durch die samstäglichen Shoppingtouren nicht mehr aufgefüllt wurde. ‚Ich möchte mein Leben zurück, mein selbstbestimmtes Leben’ war einer ihrer Gedanken, der in ihr anschwoll und irgendwann platzen würde. Andererseits wollte sie diesem fiesen kleinen Chinesen nicht den Sieg gönnen. Ihm nicht, ihrem Chef nicht und den schleimigen Kollegen erst recht nicht. Sie drehte in solchen Momenten den goldenen Armreif und dachte an Chen Lihua. Sie hatte es von der einfachen Tischlerin zur Milliardärin geschafft. Sie hatte sicherlich nie aufgegeben.
In der letzten Zeit bombardierte sie den Sekretär ihrerseits mit Anrufen am Nachmittag, was in China neun Uhr abends oder später bedeutet. Eine kleine Rache, die sie genoss.
Im Büro angekommen, wirft sie ihre Tasche neben den Schreibtisch, geht nach nebenan und schaltet die Kaffeemaschine ein. Sie wartet geduldig, bis das Blinken aufhört und der Automat unter lautem Getöse einen „Dubio“ aus sich herauspresst. Mit der Tasse in der Hand geht sie wieder hinüber und stellt sich vor die Fensterfront.
Ihr erleuchtetes Büro spiegelt sich schemenhaft im Glas vor ihr. Von außen wirft sich das Bild der gegenüberliegenden Häuserzeile dagegen. Die Linien fließen ineinander, der Schreibtisch scheint wenige Meter vor ihr in der Luft zu schweben, die Wände laufen in den nächtlichen Himmel davon. Dazwischen ihr unscharfes Spiegelbild, wie in einer anderen Dimension.
Der anbrechende Tag kündigt sich als blassgrauer Streifen über den Dächern an. Am Fuße des schlanken Büroturms liegt die grell erleuchtete, menschenleere Kreuzung. In der Parkanlage gegenüber scheint noch die Nacht zu kleben. Tiefschwarze Schatten fließen unter Bäume und Büsche, um vor der heraufsteigenden Sonne Schutz zu suchen. Auch der Merkurbrunnen, mit der scheinbar schreitenden Statue obenauf, der zwischen Fahrbahn und Straßenbahnschienen etwas abseits steht, ragt als Schwarz-Weiß-Bild unwirklich empor. Die runde breite Wanne ist von einem dunklen Halbkreis durchtrennt. Der Brunnen ist trocken, seit Wochen eingerüstet und soll renoviert werden. Trotz intensiver Beobachtung konnte Helen weder eine Veränderung an dem Abbild des geflügelten Götterboten noch an dem ihn tragenden Bauwerk erkennen. Ebenerdig war das den Brunnen umschließende Gerüst blickdicht verhangen. Sie konnte jedoch von hier oben alles genau beobachten – und in der Regel sah sie nichts. Es stand zwar täglich ein Lieferwagen auf der Grünfläche vor dem Brunnen, dessen Insassen blieben allerdings von frühmorgens bis spätnachmittags unsichtbar.
Heute ist etwas anders, Helen sieht es sofort. Etwas liegt in der ausgetrockneten, breiten Wanne. Es ist etwas Großes. Sie presst die Augen zusammen, fixiert den Brunnen wie durch ein Fernglas – und – es ist ein Mensch! Kein Zweifel. Im Merkurbrunnen liegt ein menschlicher Körper! Vielleicht schläft er dort nur seinen Rausch aus? – Nein! Unmöglich! Nicht in dieser Haltung! So verkrümmt kann kein Mensch schlafen – und sei er noch so betrunken.
Helen geht zum Schreibtisch, nimmt das Telefon und ruft unten am Empfang an. Die übermüdete Stimme des Wachmannes meldet sich.
„Drüben im Brunnen liegt jemand!“, ruft sie überhastet in den Hörer.
„Was, wie bitte?“, fragt es trocken zurück.
„Ich sagte, im Brunnen gegenüber liegt ein Mensch.“ Helen versucht ihre Stimme zu beruhigen. Keine Reaktion auf der Gegenseite.
„Ist Ercan da? Geben Sie mir Ercan bitte.“ Eine kurze Pause entsteht.
„Ja, hallo, Ercan hier!“
„Hier ist Brand, Helen Brand. Ercan, gegenüber im Brunnen liegt ein Mensch! Hören Sie, ein Mensch.“
„Ich verstehe nicht, Frau Brand.“
„Ich sagte, im Brunnen gegenüber …“
„Nein, nein, das habe ich verstanden. Ich meine, warum sagen Sie mir das?“
Helen ist einen Moment fassungslos, versucht nochmals, die Dinge zu erklären.
„Es sieht von hier oben sehr merkwürdig aus. Gehen Sie doch bitte einmal nachsehen, was mit diesem Menschen los ist. Vielleicht braucht er Hilfe.“ Ihr Ton ist ruhiger und bestimmender geworden.
„Aber Frau Brand, das geht nicht. Wir dürfen hier nicht weg.“
„Was heißt das?“ Helen ist wieder an die Scheibe getreten, als könne sie dem unwilligen Pförtner, durch ihre Augen und das Telefon, ein Bild senden.
„Wir dürfen den Platz hier nicht verlassen, das ist Vorschrift. Das wissen Sie doch?“
„Ich weiß davon gar nichts. Jedenfalls ist es Unsinn.“ Helen überlegt. Sie kennt die glatten, seifigen, alles abweisenden Oberflächen pauschaler Vorschriften. Man konnte davor kapitulieren oder sie zerbrechen.
„Sie müssen doch auch mal eine Pause machen, oder?“ In Helen ballt sich der Groll der letzten Monate zusammen, ihr Ärger über die vielen vergeudeten Stunden, die ebenso ins Leere gelaufen sind wie das jetzige Telefonat.
„Pause machen wir hier“, antwortet Ercan stur.
„Aber Sie gehen doch mal zur Toilette?“ Das Gespräch wurde absurd. Helen kann sich kaum zurückhalten.
„Ja, das schon. Toilette ist aber unten, neben der Tiefgarage.“
„Ercan, bitte!“ Sie hält den Hörer auf Armeslänge von sich fort, holt tief Luft und versucht es von Neuem.
„Ercan! Ich möchte doch lediglich, dass Sie einmal hinübergehen und nachschauen, was mit diesem Menschen dort ist – ist das denn so schwer? Wer sieht Sie denn?“ Helen brüllt die letzte Frage fast.
„Aber Frau Brand, Sie verstehen nicht. Ich darf doch nicht, das ist verboten. Ich würde gerne tun. Aber wenn in diesem Moment Chef kommt, ich bin nicht da, dann ist Schluss mit Arbeit, verstehen Sie?“
Helen verzweifelt und will schon selbst zum Fahrstuhl stürmen. Doch jeden Moment kann das Telefon klingeln. Sie hat auch ihren PC noch nicht gestartet, keine Unterlagen zurechtgelegt, ist völlig unvorbereitet auf den anstehenden Fight mit ihrem chinesischen Widersacher. Nochmals atmet sie tief ein.
„Rauchen Sie?“ Ein letzter Versuch.
„Ich? Nein, ich rauche nicht, Frau Brand.“
„Raucht Ihr Kollege?“
„Ja, er raucht. Warum?“
„Er raucht doch sicherlich draußen, oder?“ Sie versucht es trotz allem Ärger mit Geduld.
„Ja, aber nicht jetzt.“
„Gut. Dann schicken Sie ihn doch einmal eine Zigarette rauchen. Am besten draußen, noch besser gegenüber, am Brunnen. Dann stinkt es hier auch nicht so, verstehen Sie?“
Es dauert einen Moment, im Hintergrund hört sie einige Sätze auf Türkisch, dann ist Ercan wieder dran.
„Kollege geht, geht eine Zigarette rauchen, drüben, am Brunnen.“ „Bitte rufen Sie mich gleich wieder zurück, Ercan, ja?“
Es klickt und auch Helen drückt das Gespräch weg. Mit dem Hörer in der Hand, die Arme ängstlich verschränkt, sieht sie, wie der Wachmann, wie zum Alibi dicke Wolken paffend, auf die andere Straßenseite geht, auffällig unauffällig zum Brunnen schlendert und einige Meter davor sich umblickend stehen bleibt.
„Na mach schon …“, flüstert sie vor sich hin, „… mach schon, geh weiter.“
Der Mann in dunkelblauer Hose und hellblauem Hemd umkreist den Brunnen, als würde sich darin ein wildes Tier verstecken. Er scheint zu rufen, zumindest glaubt Helen das an dem aus dem Mund gestoßenen Rauch zu erkennen. Zögerlich, Schritt für Schritt, tritt er näher, greift nach der schmutzig weißen Plane, hebt sie an, ist einen kurzen Augenblick darunter verschwunden und dann auf dem Gerüst zu sehen. In größtmöglichem Abstand steht er vom Körper, der nun deutlich von hier oben zu erkennen ist, entfernt, stellt sich auf die Zehenspitzen, scheint abermals zu rufen. Langsam, einen Fuß vor den anderen setzend, wie zur Flucht bereit, umkreist er den unbeeindruckt dreinblickenden Merkur und nähert sich dem Kopfende des weiterhin reglos daliegenden Menschen. Der Wachmann geht leicht in die Hocke, hebt langsam den verrutschten Mantel an und springt im nächsten Moment auf. Ziellos wirft er seine Kippe weg, springt an Ort und Stelle unter der Plane vom Gerüst herab, rennt zum Eingang des Messeturms zurück und ist im nächsten Moment ihrem Blick entschwunden.
Ohne dass noch jemand anrufen muss, weiß Helen, dass ihr Gefühl, ihre Ahnung sie nicht getäuscht hatte. Ein Schauer läuft ihr über den Rücken. Zitternd tritt sie einen Schritt vom Fenster zurück.
Die Sonne taucht blutrot, winzig und vergrämt über den Dächern auf. Helen Brand steht noch immer am Fenster und beobachtet das aufgeregte Treiben unten am Brunnen. Sie hat sich keinen Millimeter von der Stelle gerührt.
Wenige Minuten nachdem der Wachmann ihrem Sehfeld entschwunden war, kommen kurz hintereinander zwei Streifenwagen mit Blaulicht angerast, fahren auf die Grünfläche auf und halten unmittelbar vor dem Brunnen. Auf beiden Seiten fliegen die Türen auf und insgesamt vier Beamte in Uniform hasten zum Fundort hinüber. Vor dem Gerüst bilden sie eine kurze Schlange, da alle an der gleichen Stelle emporsteigen möchten. Ein Polizist springt in das Becken und nähert sich mit bedachtsamen Schritten, als ginge er über dünnes Eis, dem offensichtlich leblosen Körper. Die anderen drei beziehen auf dem Gerüst, unmittelbar darüber, Stellung.
‚Wie auf einer Galerie’, schießt es Helen durch den Kopf.
Der Beamte unten geht in die Hocke, greift erst in den Kragen, dann nach dem nach vorne ragenden Arm. Einige Sekunden verharren alle bewegungslos, auch die unsichtbare Beobachterin, weit oben hinter dem Fenster, hält die Luft an. Der Polizist im Becken schüttelt unvermutet den Kopf, die Kollegen darüber geben es wie ein Echo wieder. Helen entweicht mit dem Atem ein dünner Schrei.
Zwei Beamte bleiben beim Toten, zwei gehen zu den Streifenwagen zurück, scheinen zu telefonieren. Sie entnehmen den Fahrzeugen irgendwelche Gegenstände und gehen zur Straße. An einem Laternenpfahl beginnend ziehen sie im weiten Umkreis ein weiß-rot gestreiftes Band um den Brunnen herum. Wo notwendig, schlagen sie Stangen in den Boden, die Straßenbahnschienen lassen sie frei.
Das Telefon klingelt. Helen hatte den Hörer in den letzten Minuten so fest in ihrer Hand gepresst, dass ihre Finger ganz taub sind. Sie ringt plötzlich nach Luft, als sei sie eine Beckenlänge weit getaucht. Sie versucht tief einzuatmen und bläht ihre Lungen geräuschvoll auf. Der Apparat klingelt unerbittlich weiter.
Helen verfolgte im wahrsten Sinne atemlos die Ereignisse dort unten. Sie hatte bislang kaum etwas mit dem Tod zu tun, zumindest nicht im realen Leben. Sie verschlang zwar Krimis und Thriller, aber immer in dem Bewusstsein, dass die zum Teil abstoßenden Szenen darin frei erfunden waren. Ihre Eltern lebten und arbeiteten und auch ihre Großeltern erfreuten sich bester Gesundheit. In ihrem Freundes- und Bekanntenkreis war niemand überraschend ums Leben gekommen. Nur eine Schulfreundin von ihr, sie war Medizinerin, war bei einem Auslandsaufenthalt verstorben. Sie hatte sich mit einem Virus infiziert und war, trotz Rücktransport nach Deutschland, dem heimtückischen Erreger erlegen.
Die zahllosen Berichterstattungen über die unendlichen Opfer durch Krieg, Terror, Epidemien, Hungersnöte, Amokläufer, Naturkatastrophen, Diktatoren, Mörder und Verbrecher prallten meist stumpf an ihr ab. Dieser Mensch dort unten war der erste wirkliche Leichnam in ihrem Leben – und sie hatte ihn entdeckt. Der Tote war ihr völlig fremd, erschütterte sie aber auf eigentümliche Art und bis in ihr Innerstes hinein. Sie wusste nichts über ihn, über sein Leben und die Umstände seines Todes. Aber die Botschaft, dass das Leben endlich ist, hatte Helen wie ein Blitzschlag erreicht.
Noch immer klingelt das Telefon. Jedes Signal, eine alberne Abfolge von Tönen, scheint lauter und eindringlicher als das vorangegangene zu sein. Sie muss gar nicht auf das Display schauen, sie weiß genau, wer dran ist.
„Ja, was gibt’s?“, blafft sie unvermittelt in den Apparat.
Stille. – Ein zögerliches „Miss B’and?“ dringt an ihr Ohr, leise, wie aus einem Souffleurkasten. Der Akzent ist Helen plötzlich so verhasst, dass pure Wut sie packt.
„Ja, hie’ ist Ih’e ‚Miss B’and’, wer sonst?“ Sie wirft ihren Kopf in den Nacken. Verzerrte Geräusche und ein plötzliches Klicken sind auf der anderen Seite zu hören. Helen ahnt, was vor sich geht, und rastet nun völlig aus.
„Ah, Sie möchten unser nettes Telefonat wieder mitschneiden, aber gerne!“ Ihre Stimme wird lauter und lauter. „Hören Sie zu. Sie wollten wissen, ob ich hier bin – ich bin hier! Ich bin hier wie alle Tage in den letzten Monaten, in denen Sie Ihren Telefonterror ausgeübt haben. Ich bin heute wahrscheinlich die Einzige, die hier um sechs Uhr früh – was sage ich – die überhaupt hier erschienen ist –, aber das wissen Sie sicherlich und es freut Sie insgeheim. Ich sage Ihnen aber eins: Das war heute das letzte Mal! Wenn Sie mich in Zukunft erreichen möchten, dann rufen Sie mich zu den in Mitteleuropa üblichen Bürozeiten an, haben Sie mich verstanden!“
Helen drückt das Gespräch weg und wirft den Hörer auf den Schreibtisch. Mehrmals holt sie tief Luft – es geht ihr wesentlich besser.
Unten am Brunnen haben sich weitere Fahrzeuge eingefunden: ein Notarzt, ein Rettungswagen, eine Zivilstreife, ein unauffälliger Kleinbus, der auf der Stelle steht, die sonst der Lieferwagen der geisterhaften Handwerker einnimmt.
„Arzt“ steht klar erkennbar auf dem Rücken des Mannes, der sich über den Toten beugt. Etwa ein halbes Dutzend Personen stehen unterhalb des Brunnens, vor dem Gerüst. Nach wenigen Augenblicken richtet sich der Arzt auf, stemmt die Arme in die Hüften und ruft etwas den Außenstehenden zu. Zwei Männer ziehen sich weiße Overalls mit Kapuzen an, streifen sich Hauben über die Füße, stellen mehrere Koffer auf das Gerüst und klettern dann selbst hinauf.
Wenig später blitzt es mehrfach hintereinander. Einer der Verhüllten fotografiert den Toten von allen Seiten, sein Kollege geht im Becken umher. Auch um den Brunnen herum sind plötzlich alle in Bewegung, beugen sich, richten sich auf, beugen sich wieder – einer unbekannten Choreografie folgend. Helen erkennt die kleinen Plastiktüten in den Händen der Suchenden. Die Mülleimer werden inspiziert und geleert. Ein Mann stellt im angrenzenden Blumenbeet kleine Schildchen auf. Eine Straßenbahn kriecht vorbei, gleich darauf zwei weitere. Die wenigen Fahrgäste rücken auf die Seite des Brunnens, drücken ihre Gesichter an die Scheiben. Die Kreuzung ist noch immer unbelebt. Heute, am Vatertag, wird es so bleiben. Vereinzelt kommen Wagen angerauscht, bremsen, schleichen an den Einsatzfahrzeugen vorbei. Ebenerdig ist sicherlich nichts von dem Toten im Brunnen zu sehen.
Ein Radfahrer nähert sich aus Richtung Senckenberg Museum mit hohem Tempo. Statt ihn abzuweisen, hebt ein Polizist das Absperrband nach oben, damit er fast unvermindert, weit über den Lenker gebeugt, darunter hindurch huschen kann und zum Brunnen gelangt. Wie selbstverständlich lehnt er sein Rad gegen den Kleinbus und geht auf einen der Beamten zu. Erst jetzt, da er einer anderen Person gegenübersteht, wird seine Körpergröße deutlich. Er überragt sein Gegenüber um mindestens eine Kopflänge. Der Uniformierte gestikuliert, zeigt auf verschiedene Stellen rund um den Brunnen, dann plötzlich zum Messeturm hinauf. Helen weicht unwillkürlich einen kleinen Schritt zurück, als sei sie bei etwas Verbotenem ertappt worden. Der Großgewachsene klopft dem Polizisten kollegial auf die Schulter, geht zum Gerüst, schlüpft hindurch und steht kurze Zeit später neben der Leiche. Er unterhält sich mit einem der Männer in Weiß, geht einmal komplett um die Statue herum, bleibt dabei immer wieder stehen. Er deutet auf etwas hin, geht nochmals zurück, der Kollege im Becken antwortet offensichtlich. Der Hüne scheint der Leiter zu sein. Helen erkennt die ihn umgebende Autorität.
Ein weiterer Wagen kommt angefahren. Ihm entspringt ein jüngerer Mann, so scheint es zumindest von hier oben. Vielleicht rührt der Eindruck auch von der Trainingshose und dem Kapuzenshirt, das dieser trägt. Mit schnellen Schritten geht er zum Gerüst hinüber, ist im nächsten Moment emporgeschnellt, wird von dem Langen mit Handschlag begrüßt. Alle reden, deuten und weisen irgendwo hin. Der Leiter und sein sportlicher Begleiter verlassen den Brunnen und kommen zum Messeturm herüber – schon sind sie Helens Blick entschwunden.
‚Jetzt werden sie heraufkommen’, denkt sie und blickt vom Tatort unten auf. Sie schaut über die Messehallen hinweg zum Taunus, der sich leuchtend grün am Horizont erstreckt. Es ist heller Tag geworden, ihre Armbanduhr zeigt fast halb acht.
Helen erwacht wie aus einer Trance. Alles dort unten hatte sie bis ins Innerste gefesselt und in ihren Bann gezogen. Sie glaubte unmittelbar dabei zu sein, hatte sich in die einzelnen Personen hineinversetzt, ihre Gesten gedeutet, mögliche Sätze nachgesprochen. Jetzt wird sie sich ihrer exponierten Lage wieder bewusst, der Distanz und der durch zentimeterdickes Glas verursachten Lautlosigkeit.
Sie sucht ihre Handtasche, stellt diese auf den Drehstuhl hinter ihrem Schreibtisch, wühlt darin herum, sucht ihr Telefon. Kaum hat sie den flachen Apparat in der Hand, hält sie inne, legt ihn auf den Schreibtisch. Sie wollte ihren Mann anrufen, ist jetzt allerdings verunsichert. Was kann sie ihm sagen? „Du, ich bin’s, ich habe eben eine Leiche entdeckt!“ Womöglich würde er noch nicht einmal abnehmen. – Und eigentlich will sie ihm etwas anderes sagen, dass etwas mit ihr passiert ist, heute Morgen, eine Veränderung. Eine Veränderung, von der sie noch nicht genau weiß, wohin diese sie bringen wird.
Auch auf seiner Seite gab es einmal eine Phase, in der er einen schwierigen, komplizierten Fall betreute und in der er unempfänglich für alles andere war. Eine ähnliche Zeit waren die vergangenen Monate für Helen gewesen – nun war sie ausgebrannt.
Das Bürotelefon klingelt. Es ist Ercan vom Empfang.
„Frau Brand? Hier sind zwei Herren von der Polizei, die Sie sprechen möchten.“
„Schicken Sie sie bitte rauf“, antwortet Helen knapp. Sie geht zum Eingang, wartet hinter der verschlossenen Glastür. Die beiden Männer entsteigen dem Aufzug. Der eine ist sicherlich zwei Meter groß, schlank, fast hager, aber mit sportlich breiten Schultern, markantem Kinn und einer Habichtsnase im schmalen Gesicht. Er trägt ein graues, schlaff herabhängendes Sakko über einem leuchtend weißen T-Shirt. Der andere ist ein untersetzter, sportlicher Typ, mit rundem Gesicht‚ darüber eine militärische Kurzhaarfrisur, die den bereits deutlich schwindenden Bewuchs kaschieren soll. „Eintracht“ steht quer und verwaschen über seiner Brust. Helen schließt auf.
„Frau Brand?“, fragt der Hochaufgeschossene direkt. Sie nickt und öffnet die Tür.
„Ich bin Hauptkommissar Schwaner, das ist mein Kollege Sven Beck.“ Er deutet auf den hinter ihm Eintretenden, der sie mit einem Lächeln und „Gut’n Morg’n“ begrüßt. Sie schaut ihm ins Gesicht und unwillkürlich auf den Schatten auf seiner Oberlippe, wo ein zu seinem Typ völlig unpassender Schnauzer eine Narbe verdeckt.
„Guten Morgen“, antwortet Helen zaghaft und hält den Gruß sofort für völlig unpassend.
„Sie haben den Toten entdeckt?“, fragt Schwaner, sich geschäftig umblickend. Eine stumpfe Routine schwingt in seiner Stimme, als sei es das Gewöhnlichste von der Welt, frühmorgens eine Leiche zu entdecken. Dieses Ereignis, das für Helen ein Impuls für eine Veränderung ihres Lebens war, ist diesem Mann scheinbar gleichgültig. Tränen steigen ihr ungewollt in die Augen. Sie spürt die Blicke der beiden in ihrem Gesicht. Sie schaut zu Boden, weist stumm in Richtung ihres Büros, geht bis zum Fenster und deutet hinab. Mit dem Handrücken versucht sie unauffällig die Augen zu trocknen, während die beiden Kommissare hinunterblicken.
„Schöne Aussicht“, sagt Beck und dreht sich um. „Is’ Ihnen nich’ gut, Frau Brand? Sie sind ja ganz blass.“ Er nimmt Helens Arm, führt sie zum Schreibtisch, räumt die Tasche zur Seite und platziert sie im Stuhl. „Möcht’n Sie was trinken? Kann ich Ihnen was hol’n?“
Auch Schwaner dreht sich zu ihr um. „Entschuldigen Sie bitte unser etwas rücksichtsloses Eindringen. Wir sind …“
„Ist schon gut.“ Helen richtet sich auf, drückt die Ellenbogen auf die Armlehnen. „Wahrscheinlich ist es für Sie Alltag oder Sie sind daran gewöhnt, Leichen zu finden. Bei mir ist es das erste Mal. Daher müssen Sie schon ein Nachsehen mit mir haben.“ Helen versucht ein Lächeln, das zu einer Grimasse verrutscht.
„Wir möchten Sie auch nicht lange stören, Frau Brand.“ Schwaner ist jetzt bedacht freundlicher. Beck stellt ihr ein Glas Wasser hin, das er nebenan aus der Kaffeeküche holte.
„Wie spät war es, als Sie den Toten entdeckten?“, fragt Schwaner nun wieder sachlich.
„Es muss so viertel nach fünf gewesen sein. Ich war gerade heraufgekommen, hatte mir einen Kaffee gemacht und bin dann zum Fenster gegangen.“ Helen weist mit dem Kinn zur entsprechenden Stelle.
„Warum sind Sie zum Fenster gegang’n?“ Beck tritt nochmals an die Glasscheibe, schaut demonstrativ nach unten.
„Das ist eine Angewohnheit von mir, die mir in Zukunft schwerfallen wird, glaube ich.“
„Warum sind Sie so früh im Büro und dann noch heute, an einem Feiertag?“ Schwaner blickt sich neugierig im Zimmer um.
„Das hat mit einem Kunden von uns in China zu tun. Dort ist es jetzt Mittag und Feiertage kennt man dort auch nicht – zumindest nicht Himmelfahrt.“
„Um viertel nach fünf war’s noch dunk’l, oder?“ Beck stand immer noch am Fenster. „Alle Achtung, dass Sie das von hier oben geseh’n ham.“
„Der Tag brach gerade an und die Kreuzung ist die ganze Nacht erleuchtet.“ Helen wird ruhiger. „Außerdem sehe ich sehr gut, sagt mein Arzt.“ Über ihr Gesicht huscht ein Lächeln, das sie im nächsten Moment unterdrückt.
„Haben Sie noch etwas gesehen? Ist Ihnen etwas Ungewöhnliches aufgefallen?“
„Nein. Mir ist nur gleich aufgefallen, dass etwas im Brunnen liegt.“
„Und dann?“
„Dann habe ich unten angerufen und gebeten, dass jemand mal nachsieht.“
„Sie wollten nicht selbst nachsehen?“ Schwaner steht vor einer gerahmten Fotografie, die eine von Schlingpflanzen überwucherte Ruine zeigt. Drachenköpfe stechen aus dem grünen Dickicht hervor. Ein Schnappschuss von Helens Mann.
„Nein. Ich wartete auf einen Anruf.“
„Aus China?“
„Aus China!“ Helen hatte ihre Fassung endgültig wiedergewonnen. Sie steht auf, stellt sich neben Beck an die Glasfront, schaut hinunter. „Außerdem ahnte ich sofort, dass etwas nicht stimmt. So kann kein Mensch schlafen.“
„Wieso schlafen?“, fragt Schwaner aus dem Hintergrund.
„Erst dachte ich, da schläft jemand seinen Rausch aus. Aber dann …“ Helen sprach den Satz nicht zu Ende, wandte sich ab, setzte sich wieder hinter ihren Schreibtisch, blickte die beiden Beamten fragend an.
„Haben Sie vielen Dank, Frau Brand. Wir werden noch jemanden heraufschicken, der einige Aufnahmen von hier oben aus machen wird. Wenn Ihnen noch etwas einfallen sollte, hier ist meine Karte.“ Schwaner hält ihr geschäftsmäßig seine Visitenkarte hin, die Helen mechanisch entgegennimmt und, ohne einen Blick darauf zu werfen, auf ihrer Schreibunterlage ablegt.
Der Hauptkommissar nickt Sven Beck zu und dieses Mal gehen beide ohne einen Gruß hinaus.
Martin Schwaner und sein Assistent betreten den Fahrstuhl und lehnen sich vis-à-vis mit dem Rücken an die Kabinenwand. Beck schaut in den rückseitigen Spiegel, zieht seine Jogginghose nach oben, das Shirt nach unten.
„Ich seh’ ja blendend aus!“, bemerkt er im sarkastischen Ton.
„Ja, ich habe mich auch schon über dein Outfit gewundert, wollte aber nichts sagen.“ Schwaner blickt ihn von unten nach oben an. „Ich meinte eigentlich mein übermüdetes Gesicht“, kontert Beck trocken. Schwaner zuckt leicht zusammen. „Ähm, Tschuldigung. War nicht so gemeint“, stottert er hervor. Beck schaut seinen Chef ungerührt an, dann lacht er.
„Nee, schon klar. Ich wollte gerade den Feiertag mit einem kleinen Läufchen beginnen, als das Telefon klingelte. Da konnt’ ich mich nicht mehr umzieh’n.“
„Du gehst am Vatertag joggen? Alle Achtung!“ Der Hauptkommissar wollte trotz allem seine Scharte von eben auswetzen. „Na ja – es wär’ nur eine kleine Runde und dann zum Bäcker in der Straße gewesen. Später wollten ein paar Kumpels vorbeikommen und wir wären etwas um die Blöcke gezog’n.“ Beck grinst vor sich hin.
„Du hast doch heute frei, warum machst du es nicht?“
„Na ja, ich kann dich doch nicht alleine hängen lass’n – oder? Und vielleicht ist es ja nur ein Junkie, wie der Notarzt vermutet? Dann sind wir schnell fertig – bis auf den Papierkram.“
Leicht nachfedernd hält der Fahrstuhl. Beck stößt sich ab, steigt als Erster aus und dreht sich sofort wieder zu Schwaner um.
„Etwas seltsame Lady da ob’n, find’st du nich’?“ Sie gehen nun nebeneinander, müssen kurz an einer Schranke warten, bis ihnen vom Counter aus geöffnet wird. Während sie an den Wachleuten vorübergehen, schweigen beide, grüßen nur kurz hinüber. Kaum vor der Tür antwortet der Hauptkommissar.
„Seltsam? Nein! Ich glaube eher verwirrt, mitgenommen. Vielleicht hat sie ja recht und wir sind es, die völlig abgestumpft sind, die einem Toten gar keine Bedeutung mehr beimessen? Alles als Routine abhaken?“ Sie stehen am Straßenrand, schauen nach links: kein Auto zu sehen. Die Stadt ist noch immer wie ausgestorben.
„Aber anders geht’s doch auch nicht, oder? Wir können uns doch nicht jeden Toten zu Herzen nehm’n?“ Beck spricht, die Hände in den Hosentaschen, zum grauen Asphalt hinunter.
„Natürlich nicht. Aber wir können auch nicht alle mit unserer abgestumpften Art überfahren. Ich fand ihre Reaktion ganz heilsam – heilsam für mich!“ Einige Meter gehen sie schweigend, jeder in eigenen Gedanken versunken.
„Hast du die Geschichte mit diesem Bürgermeister mitbekomm’n?“, versucht Beck wieder ein Gespräch zu beginnen. Schwaner verneint. „Kam heute Morgen im Radio. Da hat so ein Fuzzi, von irgendeiner Kleingemeinde, längst abgängige und sogar verstorb’ne Flüchtlinge in seinen Unterkünft’n weitergeführt, weil er für jeden gemeldet’n Nam’n ein paar Hundert Euro vom Land bekommt. Un’ nich’ nur das!“ Beck vergewisserte sich, ob Schwaner ihm auch zuhörte. „Er hat den Nachbargemeind’n deren verschwundene Flüchtlinge auch abgequatscht und bei sich aufgenomm’n.“ Beim letzten Wort malte er mit zwei Fingern Anführungszeichen in die Luft. „Bis es endlich auffiel, hatte er sein Kontingent bereits mehr als verdoppelt … mit Geistern und Tot’n, wenn du so willst … Ha, ha … Mehr als drei Millionen Euro soll er auf diese Weise erschlichen ham …“
„Für sich oder wie meinst du das?“, fragte Schwaner nach.
„Ja, für sich. Er hat denen Zimmer vermietet, Verpflegung zugeteilt, Deutschkurse veranstaltet … die sind ja sehr sparsam, diese toten Seel’n. Und da pass’n auch reichlich in ein Zimmer. Und das Geld dafür floss auf seine Kont’n. Nicht schlecht, was?“ Beck schubste Schwaner an. „Nich’ schlecht …“
„Ja, da siehst du mal wieder, wer an den Flüchtlingen so alles verdient.“
Vor dem Brunnen stehen zwei Herren in grauen Anzügen, einer blickt unentwegt auf seine Uhr. Neben ihnen glänzt eine graue verschlossene Wanne mit Tragegriffen vorne und hinten. Es sind die Leichenbestatter. Sie möchten den Toten mitnehmen und scheinen wenig Zeit zu haben. Schwaner muss fast lachen über diese Ironie. Dort oben liegt ein Mensch, der für immer allen Zwängen enthoben ist. Hier unten zerdrückt das Mühlrad des Alltages jede Sekunde. Man kennt sich, man grüßt sich.
„Wie die Geier“, flüstert Schwaner vor sich hin. Er und Beck verschwinden unter der Plane, steigen auf das Gerüst und gehen zu Günther Messner, dem Leiter der KTU hinüber. Der andere Kollege in Weiß steht am Fußende des Leichnams, hält wieder den Fotoapparat in der Hand. Der Tote liegt auf dem Rücken. Seine Haltung ist nach wie vor völlig unnatürlich, da sein Körper, der Rundung des Beckens folgend, einen Bogen bildet. Die Kleidung, ein blauer kurzer Mantel und eine neu aussehende Jeans, ist völlig verschmutzt, die Sohlen der schwarzen Lederschuhe abgelaufen. Unter den Fußballen kündigen sich Löcher an.
Der rechte Ärmel ist weit nach oben geschoben. In der Armbeuge ist ein tiefblauer Fleck zu sehen. Die hellbraunen Haare liegen über dem Gesicht und lassen einen seitlichen Schnitt und Scheitel vermuten.
„Was kannst du sagen, Günther?“, fragt Schwaner, der leicht nach vorne gebeugt den Toten betrachtet. Der Fotoapparat schnappt und blitzt.
„Nun, was ich dir eben schon gesagt habe. Ein Mann, Mitte vierzig, eigentlich gepflegtes Äußeres, Markenkleidung, vielleicht nicht reich, aber mit Einkommen. Es ist deutlich ein Aftershave oder Eau de Toilette zu riechen – und bestimmt kein billiges. Sein allgemeiner körperlicher Zustand ist nicht berauschend, eher krankhaft geschwächt. Todesursache offensichtlich eine Überdosis Heroin – schätze ich.“ Günther Messner deutet auf mehrere Einstiche am linken Arm, tritt einen Schritt zurück, blickt zu Schwaner hinauf. „Aber …“, eine kurze, für Messner typische Pause, bevor er seine Entdeckungen preisgibt, „aber – es sind im gesamten Becken und auch um den Brunnen herum kein Besteck oder andere notwendigen Utensilien zu finden.“
„Na ja, die war’n sicherlich zu zweit und der andere ist abgehau’n, als er geseh’n hat, dass sein Kollege abkratzt. Wär’ ja nicht das erste Mal“, fällt im Beck ins Wort. „Das mag schon sein …“, fährt Messner ungerührt fort, „… dabei plündert er seinen Junkie-Bruder auch gleich komplett aus. Wir haben weder Brieftasche, Uhr oder sonstige Wertgegenstände bei dem Toten gefunden.“ Günther Messner deutet mit seinem Arm über den Körper hin. „Auch passt die gesamte Auffindesituation nicht zu einem Süchtigen seiner Klasse – wenn er denn einer ist.“
„Das soll heißen?“, hakt jetzt Schwaner ein. Messner richtet sich noch etwas mehr auf, drückt seine Brust raus.
„Soll heißen, dass du einen solch gut situierten Drogenabhängigen bei sich zu Hause, im Büro oder vielleicht in einem Club auffindest – aber nicht frühmorgens in einem verdreckten Brunnen. So jemand kann sich seinen Stoff leisten und lässt sich diskret zu Hause beliefern. Er zieht seine Linie auf dem Glastisch und bereitet sich seinen Schuss in der Küche wie eine Mahlzeit zu.“ Messner blickt zur Leiche hinab. „So wie hier findest du jemanden, der auf der Straße lebt, der dealt, anschafft, einbricht oder sonst wie das Geld für die nächsten paar Gramm besorgen muss.“ Alle schauen jetzt auf den Toten, dessen verkrümmtes Aussehen den Worten Messners eindrücklich recht gibt. Ein Moment der Stille, in dem weder von den Umstehenden noch von der Umgebung ein Laut zu ihnen dringt.
„Hermes geht vorüber“, sagt Messner plötzlich.
„Was soll’n das jetzt heißen?“
„Tja, mein lieber junger Kollege Beck, da sieht man deinen Mangel an Allgemeinbildung. Zu einem solchen Moment der Stille sagten die alten Griechen: Hermes geht vorüber.“
„Und wer is’ Hermes?“
„Hermes ist der Gott der Händler und Reisenden. Gleichzeitig ist er der Herold, der Bote der Götter, der den Sterblichen – das sind wir – die Botschaften aus dem Olymp überbringt. Sein römisches Pendant ist Merkur, zu dessen Füßen wir hier alle stehen. Du erkennst ihn an dem beflügelten Helm und auch an den geflügelten Schuhen.“ Alle schauen zur Statue auf. Schwaner fährt dazwischen.
„Danke, Günther, für deine wie immer lehrreichen Hinweise. Mich interessiert aber viel mehr, was du eben mit ‚wenn er denn einer ist’ gemeint hast. Was soll das heißen?“
„Ganz einfach. Bisher habe ich nur an dieser einzigen Stelle Einstechpunkte entdeckt. Zwar konnte ich noch nicht am gesamten Körper nachsehen, aber die sonst üblichen Injektionsstellen sind clean.“ Messner geht in die Hocke, greift mit den latexgeschützten Fingern in die Haare des Toten. „Außerdem ist hier am Hinterkopf eine deutliche Schwellung zu ertasten, sie hat auch leicht geblutet. Diese kann von einem Sturz herrühren, kann aber auch andere Ursachen haben, zum Beispiel durch einen Schlag. Das muss die Gerichtsmedizin klären.“ Sanft legt er den Kopf nieder, streicht die Haare aus dem Gesicht.
„Ich kenne ihn!“, platzt es aus Schwaner heraus. „Ich kenne ihn. Ich habe ihn vor ein paar Wochen getroffen. Bei einer Veranstaltung, zu der Sandra als Gast eingeladen war …“