Lexikon der Heilsteine
Mit Fotos von
Wolfgang Dengler
Hinweis des Verlages
Die Angaben in diesem Buch sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt und die Heilwirkungen der Steine wurden vielfach erprobt. Da die Menschen aber unterschiedlich reagieren, kann der Verlag oder der Autor im Einzelfall keine Garantie für die Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit der Anwendungen übernehmen. Bei ernsten gesundheitlichen Beschwerden wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Heilpraktiker.
Lexikon der Heilsteine
© Michael Gienger, 1996; Neue Erde GmbH 2000
Titelbild: Goldtopas
Titelgestaltung: Monika Siegmund
Photos: Wolfgang Dengler
Gestaltung: Monika Siegmund
Illustrationen: Elaine Vijaya Nash, Fred Hageneder
Herstellung: Reichow und Hagemann,
Punktum Postscript Service
eISBN 978-3-89060-206-6
ISBN 978-3-89060-032-1
NEUE ERDE GmbH
Cecilienstr. 29 . D-66111 Saarbrücken
Deutschland . Planet Erde
www.neue-erde.de
Widmung
Dieses Lexikon ist allen Menschen gewidmet,
denen die Steinheilkunde am Herzen liegt,
vor allem jedoch allen Mitgliedern des
Steinheilkunde e.V. Stuttgart, allen Teilnehmern
des Forschungsprojekts Steinheilkunde und
ganz besonders meinen lieben Kolleginnen von
Cairn Elen–der Schule der Steinheilkunde:
Petra Endres
Dagmar Fleck
Annette Jakobi
Francoise Schwaab
Es gibt nichts schöneres als leuchtende Augen,
entzündet von einem funkelnden Stein,
einem strahlenden Stern oder
einem Moment tiefen Glücks.
Dies sind die wahren Juwelen
aus dem Schatz des Herzens,
die es täglich zu erringen
und täglich zu verschenken lohnt.
Was ist der Unterschied zwischen einem „gewöhnlichen Stein“ und einem Mineral, zwischen einem Edelstein und einem Heilstein? – Wenn ich zurückdenke, begegnete mir die erste dieser Fragen, als ich acht Jahre alt war. Bis zu jenem Zeitpunkt sammelte ich alle bunten und interessanten Steine einfach ihrer Schönheit wegen. Erst dann erfuhr ich, daß es so etwas wie Mineralien gibt und daß Mineralien aus einem einzigen Stoff oder einer einzigen Stoffverbindung bestehen, während „normale Steine“ immer ein Gemisch vieler Bestandteile sind. Diese Besonderheit hob die Mineralien plötzlich aus den gängigen Kieseln heraus, und die Suche galt von nun an allem, was nach Kristall, Mineral oder Edelstein aussah. Die Frage „Wer bist du, Stein?“ war geboren.
In der Folge sah ich mich sehr bald immer wieder in der Position, daß Verwandte, Freunde und Bekannte mir ihre Fundstücke vorlegten, um zu erfahren, ob denn das gute Stück auch „etwas sei“. Wobei sich hinter diesem „etwas“ meist die Hoffnung auf einen möglichst wertvoll klingenden Namen verbarg. Ich war natürlich überfordert, aber auch angespornt, mich mehr und mehr in die Mineralogie zu vertiefen und den Steinen nicht nur mit dem Auge, sondern auch mit Ritzbesteck und Strichtäfelchen zu Leibe zu rücken. Eine faszinierende und unschuldige Welt tat sich damals vor meinem jugendlichen Eifer auf, denn im Prinzip war ja jeder dieser Steine „etwas“, man mußte eben nur herausfinden, was!
Die zweite Frage nach dem Unterschied zwischen einem Edelstein und einem Heilstein begegnete mir erst dreizehn Jahre später. So wie die Information, was ein Mineral ist, im Alter von acht Jahren das Hobby des Steinesammelns in die Leidenschaft des Mineraliensammelns verwandelte, so verwandelte das Erlebnis, daß Mineralien heilen können, mein Interesse im Alter von 21 Jahren erneut: Aus dem Sammeln der Mineralien wurde das Sammeln von Informationen und Erfahrungen mit der Heilkraft der edlen Steine. Die Frage „Was kannst du, Stein?“ war geboren. Und auch hier tat sich erneut eine faszinierende und unschuldige Welt auf, denn im Prinzip konnte ja jeder Stein „etwas“, man mußte eben wiederum nur herausfinden, was!
Mit diesem neuen Thema fanden auch viele neue Mineralien Einzug in meine Sammlung, und auch neue Formen wurden erstmals interessant: Hatte ich mich bis dato nur mit Rohmineralien beschäftigt, so gelangten nun die ersten Trommelsteine, Ketten und Schmuckstücke in meine Hände. Es war kein einfaches Unterfangen, alle in der heilkundlichen Literatur beschriebenen Heilsteine zu finden, so daß im Laufe der Jahre die Idee entstand, aus der Not eine Tugend zu machen und selbst einen Mineraliengroßhandel zu gründen, um speziell Heilsteine in einem umfassenden Sortiment anzubieten. Gesagt, getan – so wurde im Februar 1990 die Firma Karfunkel gegründet.
Der Handel zerstörte sehr schnell die bis dahin bestehende unschuldige Welt des Mineraliensammelns und der Steinheilkunde. Je mehr Einblick ich durch meine Tätigkeit in die Förderung und Verarbeitung von Mineralien und Edelsteinen gewann, desto kritischer wurde meine Haltung gegenüber den auf dem Markt angebotenen Steinen und gleichzeitig auch gegenüber den so weltfremd abgehobenen, inzwischen jedoch um so mehr verbreiteten esoterischen Philosophien der Edelsteintherapie. Vor allem war ich erstaunt, wie wenig sowohl Mineralogen als auch Edelsteintherapeuten über die tatsächlichen Vorgänge auf dem Mineralienmarkt informiert sind.
Aus diesem Grund entstand schon während der Arbeit an dem Handbuch „Die Steinheilkunde“ das Bedürfnis, in einem zweiten Werk nicht von der Heilkunde, sondern speziell von den Heilsteinen zu berichten. „Was ist der Unterschied?“ wurde ich in der Zwischenzeit oft gefragt, so daß ich vor allen anderen Ausführungen dieser Frage noch Raum im Vorwort geben möchte: Der Unterschied zwischen dem Wissensgebiet Steinheilkunde und dem Wissensgebiet Heilsteine ist vergleichbar mit dem Unterschied zwischen Medizin und Pharmazie. Während der Arzt die therapeutische Wirkung seiner Arznei kennen muß, beschäftigt sich der Apotheker mit der Arznei selbst, ihrer Gewinnung, Beschaffung und gegebenenfalls auch Herstellung. Wenn wir diesen Vergleich einmal auf die Literatur der Steinheilkunde übertragen, so zeigt sich erstaunlicherweise, daß es über 100 Werke zum Heilen mit Steinen gibt, jedoch kaum eines, das über die zur Beschaffung und Bereitstellung der Heilsteine wichtigen Fragen aufklärt:
Wie lautet der korrekte Name eines Heilsteins und unter welcher Bezeichnung erhalte ich ihn im Handel? Wie entsteht der Stein und welche Eigenschaften der Mineralien sind für die Heilkunde wichtig? Wie können Heilsteine sicher bestimmt, Verwechslungen vermieden und Fälschungen identifiziert werden? Wozu wird das Mineral üblicherweise verwendet und welche Heilwirkungen und Indikationen sind bekannt? – Alle diese Fragen sind für den sicheren Umgang mit Heilsteinen von elementarer Bedeutung, denn – einmal ganz schlicht gefragt – was haben Sie davon, wenn Sie einen Larimar suchen und Ihr Händler nicht weiß, daß damit ein blauer Pektolith gemeint ist? Oder wenn Sie einen Smaragd brauchen und mit einem grün gefärbten Achat nach Hause kommen? Wer die Steinheilkunde praktizieren will, kommt an der Thematik Heilsteine nicht vorbei, denn nur wenn das richtige Hilfsmittel für den richtigen Zweck verwendet wird, kann eine Therapie erfolgreich sein.
Daher soll das Lexikon der Heilsteine nun diese Lücke füllen und alle wichtigen Informationen zu den Heilsteinen zusammentragen. Es ist gedacht als Nachschlagewerk für alle, die mit Heilsteinen arbeiten oder sich aus privater Initiative damit beschäftigen. Das Lexikon bietet neben den grundlegenden mineralogischen und heilkundlichen Eigenschaften der Mineralien erstmals auch ausführliche Informationen über Fälschungen und Verwechslungsmöglichkeiten sowie einen umfassenden Index der Mineraliennamen, der die Identifikation aller derzeit bekannten Heilsteine ermöglicht. Ich bin heute sehr dankbar, daß sich zu den 24 Jahren Mineraliensammeln und den elf Jahren Steinheilkunde auch die sieben Jahre Mineralienhandel gesellt haben, denn nur so ist es mir möglich geworden, alle diese Informationen zu sammeln, zu verbinden und zur Verfügung zu stellen. Nachdem ich mich in diesem Jahr wieder aus dem aktiven Mineralienhandel zurückgezogen habe, hoffe ich, mit diesem Buch noch einen Beitrag leisten zu können, daß die richtigen Heilsteine in die Hände derer gelangen, die sie suchen.
Dem lexikalischen Teil dieses Buches möchte ich eine kurze Einführung in die Minera logie und Steinheilkunde voranstellen, in welcher auch jene Begriffe geklärt werden, die in den Beschreibungen der einzelnen Heilsteine als Fremdwörter unerklärt auftauchen können. Um Ihnen die Arbeit mit den im Hauptteil folgenden Darstellungen zu erleichtern, möchte ich Sie bitten, diese Einführung vorweg zu studieren. Sollte sie Ihnen zu kurz sein, verweise ich hiermit natürlich gerne auf mein beim Verlag Neue Erde erschienenes Buch „Die Steinheilkunde“. Dort ist vor allem die Heilkunde ausführlich geschildert, hier sollen ja in erster Linie die Heilsteine zu Wort kommen bzw. ins Visier genommen werden. Das hat für Sie der Fotograf Wolfgang Dengler bereits in hervorragender Weise erledigt, dem ich an dieser Stelle ganz herzlich danken möchte.
Ein weiteres Dankeschön möchte ich außerdem all jenen aussprechen, die aktiv und engagiert zum Entstehen dieses Lexikons beigetragen haben:
Meinem Verleger, Herrn Gerhard Kupka, danke ich für die Geduld mit seinem eigenwilligen Autoren und dafür, daß er das stetig wachsende Projekt bis zu dessen Vollendung mitgetragen hat. Herrn Marco Schreier aus Ludwigsburg und Herrn Dieter Jerusalem aus Herborn danke ich für die vielen Tips und Hintergrundinformationen zum Mineralienhandel und den aktuellen Fundgebieten, Herrn Jens Schmidt aus Ulm für den kritischen Blick und die konstruktiven Ratschläge zu den wissenschaftlichen Grundlagen und der Mineralogie der Heilsteine. Ein ganz besonderes Dankeschön geht auch an Herrn Bernhard Bruder, Geschäftsführer des Instituts für Edelsteinprüfung (EPI) in Ohlsbach, der mir bei der gesamten Recherche des Lexikons half und meine Kenntnisse über Manipulationen und Fälschungen von Steinen auf den neuesten Stand brachte. Ebenso an Herrn Hintze von der Firma Jentsch in Extertal und Herrn Claus Hedegaard aus Faarvang, Dänemark, die mir eine Fülle von Hinweisen zur Überarbeitung der dritten Auflage zukommen ließen. Weiterhin möchte ich Frau Elaine Vijaya und Herrn Fred Hageneder von Dragon Design, England, herzlich für ihre Fähigkeit danken, aus meinen hieroglyphenähnlichen Skizzen hervorragende Grafiken zu zaubern, sowie Frau Monika Siegmund, Grafikerin aus Köln, für die gelungene Gestaltung des Lexikons.
Abschließend möchte ich jedoch vor allem Herrn Walter von Holst aus Stuttgart und jenen Mitgliedern des Steinheilkunde e.V. Stuttgart danken, die die Tätigkeit von derzeit 20 Forschungsgruppen zur Steinheilkunde initiierten und koordinieren und damit eine großartige Pionierarbeit zur Entwicklung der Steinheilkunde leisten. Ich hoffe, dieses Lexikon ist Ihnen und allen Lesern eine echte Hilfe bei der Arbeit mit Heilsteinen.
Tübingen, im Sommer 2000
Michael Gienger
Zunächst einmal sind es Steine – Gesteine, Mineralien oder Edelsteine –, die auf uns Menschen eine nachvollziehbare Wirkung im körperlichen, seelischen, mentalen oder geistigen Bereich zeigen. Steine, die sich aufgrund ihrer natürlichen Eigenschaften, bedingt durch Entstehung, Struktur, Mineralstoffgehalt oder Farbe, dazu eignen, für medizinische oder therapeutische Zwecke verwendet zu werden. Dies trifft natürlich auf eine ungezählte Vielfalt der bekannten Mineralien zu, daher müssen wir die Definition für Heilsteine in diesem Lexikon noch etwas enger fassen:
Heilsteine sind Steine – Gesteine, Mineralien oder Edelsteine –, deren Wirkung auf den menschlichen Organismus, auf Seele, Verstand und Geist so weit erforscht und durch wiederholte Erfahrungen bestätigt ist, daß sie gezielt zu medizinischen oder therapeutischen Zwecken verwendet werden können. Diese Definition bietet die für eine seriöse Heilkunde notwendige Sicherheit in der Anwendung und schließt unbestätigte Einmal-Phänomene (griech. phainomenon = Erscheinung) ebenso aus wie überlieferte Rezepte, die keinem gesicherten Mineral zugeordnet werden können.
Diese Vorsicht ist notwendig, um die Steinheilkunde und mit ihr das Wissen um die Heilsteine nicht endgültig durch z.T. ahnungslose, z.T. skrupellose Machenschaften diskreditieren zu lassen. In den letzten Jahren führte die große Nachfrage nach Heilsteinen und der Mangel an therapeutischen Dienstleistungen auf diesem Gebiet leider dazu, daß jedes publizierte Werk ohne Prüfung seines Inhalts weite Verbreitung und begeisterte Anhänger fand. In nur fünf Jahren explodierte die Literatur zur Edelsteintherapie und Steinheilkunde von weniger als zehn zu mehr als 100 Titeln, deren Autoren jedoch in den seltensten Fällen selbst praktische Erfahrungen mit allen von ihnen beschriebenen Heilsteinen besitzen! Dadurch bildete sich ein schwerverdaulicher Informationscocktail aus Wahrheiten, Halbwahrheiten, Irrtümern, bewußter Irreführung und freier Phantasie, der heute jedem Neueinsteiger in die Welt der Steinheilkunde und der Heilsteine den Start um ein Vielfaches erschwert. Vor zehn Jahren war die Welt in dieser Beziehung noch recht einfach…
Um hier wieder Klarheit zu bekommen, helfen nur ein sehr kritischer Blick und die Wahrung des gesunden Menschenverstandes auch bei den atemberaubendsten Beschreibungen. Fragen Sie die entsprechenden Autoren nach Referenzen über beschriebene Krebs-Heilungen mittels Handschmeichler, und fordern Sie genaue Anweisungen, wie denn nun der AIDS-Schutz mit Hilfe eines Steins im praktischen Fall bewerkstelligt werden soll. – Doch Spaß beiseite: Natürlich müssen wir als ernsthafte Forscher auf dem Gebiet der Steinheilkunde jedem Hinweis auf eine vermutete Heilwirkung nachgehen, doch publiziert werden sollte eine solche Wirkung nur dann, wenn sie wiederholt bestätigt ist! Das fordert das Gebot der Verantwortlichkeit.
Kritisch zu prüfen ist dabei auch, was leichtfertig durch alte Quellen belegt wird. Die heutige Namenszuordnung der Mineralogie ist nicht mehr identisch mit der mittelalterlichen und schon gar nicht mit der der Antike. So war der lateinische „sappirus“ bei Plinius der heutige Lapislazuli, dasselbe gilt z.T. für die europäischen mittelalterlichen Lapidarien (z.B. bei Konrad von Megenberg), während in arabischen Schriften desselben Zeitraums bereits der moderne Saphir mit diesem Namen belegt wird. Daher können nicht alle Überlieferungen des Namens „Saphir“ in einen Topf geworfen werden. Auch hier tut wissenschaftliche Gründlichkeit not!
Um also der umseitig genannten Definition eines Heilsteins gerecht zu werden, müssen wir sicherstellen, daß erstens der Stein selbst genau und eindeutig bestimmt ist und zweitens seine Wirkung bekannt, gründlich erforscht und klar nachvollziehbar ist. Zu beidem soll dieses Lexikon einen Beitrag leisten.
Noch vor den mineralogischen und heilkundlichen Grundlagen beginnt die Beschäftigung mit den Heilsteinen daher bei einer eigenen Wissenschaft mit recht eigentümlichen Phänomenen: der Herkunft der vielfältigen Namen, mit denen Heilsteine heute belegt werden. Bevor die junge wissenschaftliche Disziplin der Mineralogie in den letzten zwei Jahrhunderten etwas Ordnung und Übersicht in die Welt der Steine zu bringen vermochte, tummelten sich oftmals viele Namen für ein und dasselbe Mineral. Das lag einerseits daran, daß verschiedene Varietäten (Abwandlungen, lat. variare = verändern, verschieden sein) und Erscheinungsformen eines Minerals noch für eigenständige Mineralien gehalten wurden, andererseits an den verschiedenen Berufsgruppen, die mit den Steinen zu tun hatten und ihnen z.T. ihre eigenen Namen gaben: So kannten die traditionelle Steinheilkunde, die Alchimie und die mythologischen Überlieferungen (Sagen und Märchen), der Bergbau und der Volksmund sowie der Handel und die Juweliere mitunter sehr verschiedene Bezeichnungen für ein und dasselbe Mineral. Die Mineralogen des 18. und 19. Jahrhunderts versuchten, Klarheit in diese Verwirrung zu bringen, wurden sich jedoch untereinander in der Namensgebung oftmals auch nicht einig. So findet sich in der mineralogischen Literatur zu Anfang dieses Jahrhunderts z.B. ein „Stilbit deutscher Mineralogen“ (gemeint ist ein Blätterzeolith) und ein „Stilbit französischer Mineralogen“ (gemeint ist ein Strahlzeolith). Inzwischen wird der Begriff „Stilbit“ international für den „Blätterzeolith“ verwendet, was ich jedoch - um ganz ehrlich zu sein - bei der Erstausgabe dieses Lexikons selbst noch nicht wußte.
Den Handel schließlich kümmerte das Bemühen um eine einheitliche Namensgebung weder vor 100 Jahren noch heute. Je wohlklingender der Name eines Minerals, desto besser verkauft es sich. Das war zu allen Zeiten gleich. Daher wurde der blaue Zoisit, dessen Name zu sehr an engl. „suicide“ (Selbstmord) erinnerte, von der New Yorker Juwelierfirma Tiffany eines Tages als „Tansanit“ verkauft. Das Geschäft florierte, der Rest der Welt zog nach. Auch heute boomt ein unscheinbarer Eisen-Oolith, der seit der Antike bereits als Aetit oder Adlerstein bekannt war, plötzlich unter dem Namen „Moqui Marbles“, gut aufgemacht mit Zertifikat und garniert mit rührenden Indianermärchen. Insofern ist der Mineralienhandel eine nie versiegende Quelle der Inspiration. Fast jedes Großhandels-Unternehmen, einige wirklich seriöse Firmen einmal ausgenommen, bedient sich inzwischen der Namensschöpfung, um die überfüllten Lager zu räumen.
Hinzu kommt, daß die Anzahl der gelernten Edelsteinschleifer, Mineralogen und Gemmologen im Geschäft stetig abnimmt und immer mehr fachfremde Kaufleute und Glücksritter auf den Markt drängen. Da finden sich dann auch schnell noch falsch übersetzte englischsprachige Begriffe, die in deutschen Landen ein erstaunliches Eigenleben entwickeln. Und als wäre es nun nicht endlich einmal genug, taucht auch noch die Steinheilkunde auf, insbesondere der esoterische Zweig, und löst sich elegant von allen noch durch Bergbau oder Handwerk erdverbundenen Begriffen und hebt die Mineralien hinauf in das Sphärenreich der Engel, wo sie ebensolche Namen erhalten. Aus Skelettquarzen werden so „Elestiale“, flieder farbener Chalcedon verwandelt sich in „Lavendelquarz“ und aus einem Rhyolith mit Spaltenfüllungen aus Chlorit, Quarz und Zeolith wird ein „australischer Amulettstein“. Als Geschäftsführer eines Handelsunternehmens für Heilsteine war es mir Gott sei Dank vergönnt, alle diese exotischen Steine in die Finger zu bekommen, sonst hätte ich sie für dieses Lexikon niemals identifizieren (lassen) können.
So stellt sich nun die Frage, welchen Namen man für ein Lexikon der Heilsteine verwenden soll. Nach einigem Nachdenken haben wir – Verlag und Autor – uns darauf geeinigt, den gebräuchlichsten Namen zu verwenden. Den, der das Mineral am eindeutigsten identifiziert und unter welchem es am besten zu finden ist. In der Mehrzahl der Fälle ist dieser Name identisch mit dem heute festgelegten mineralogischen Namen, doch nicht immer. So haben wir uns z.B. für den Handelsnamen „Lapislazuli“ entschieden, der viel bekannter ist als der mineralogische Begriff „Lasurit“, ebenso z.B. für die Phantasienamen „Pop Rocks“ und „Moqui Marbles“, da diese mit einem Begriff definieren, was sonst aufwendig umschrieben werden müßte. Sprache ist lebendig, das geht auch an Lexika nicht vorbei. Ob also manche Namen bei späteren Auflagen in den nächsten einhundert Jahren wieder umgeschrieben werden müssen, wird die Zeit zeigen.
Um jedoch ganz eindeutig zu definieren, welches Mineral besprochen wird, beginnt jedes Kapitel im lexikalischen Teil mit dem Abschnitt „Name, Synonyme, Handelsbezeichnungen“, welcher die Namensherkunft klärt, den eindeutigen mineralogischen oder geologischen Bezug herstellt und auf die wichtigsten aktuellen Synonyme (gleichbedeutende Begriffe, griech. syn = zusammen, onoma = Name, Begriff) verweist. Darüber hinaus folgt im Anhang an den lexikalischen Teil ein Index der Mineraliennamen, der alle Synonyme, die heute noch verwendet werden, in alphabethischer Reihenfolge enthält. Da im steinheilkundlichen Umfeld unbefangen traditionelle Begriffe der Mineralogie und Steinheilkunde bis hin zu den hebräischen, indischen, persischen, arabischen, griechischen und lateinischen Wurzeln ausgegraben wurden sowie Mythologie, Alchimie, Bergbau, Handel und moderne Edelsteintherapie mit ihren Wortschöpfungen und auch Irrtümern Einzug gehalten haben, ist dieser Index mit seinen über 3600 Suchbegriffen für ca. 300 Mineralien bzw. Varietäten der umfassendste Synonyma-Index, den es derzeit gibt. Ich hoffe, auch hiermit den Anspruch eines Lexikons als Nachschlagewerk und echtes Hilfsmittel für Suchende zu erfüllen.
Mit dem Wesen und der Natur der Steine befassen sich verschiedene Wissenschaftszweige, die alle ihren eigenen Hintergrund und ihre eigene Entwicklung besitzen. Dies führt nun leider dazu, daß dasselbe Gebiet von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet wird, wodurch z.T. verschiedene Bezeichnungen für dasselbe Phänomen entstehen oder – schlimmer noch – dieselben Bezeichnungen für verschiedene Sachverhalte verwendet werden. Dies mag Spezialisten nicht stören, die sich nur in ihrem Fachgebiet bewegen, doch bei der Beschäftigung mit Heilsteinen berühren wir zwangsläufig verschiedene Disziplinen, was zu Begriffsverwirrungen führen kann. Auch hier soll dieses Lexikon dazu dienen, Klarheit zu schaffen.
Die „Geologie“, die „Wissenschaft von der Erde“ bzw. genauer die „Wissenschaft von der Entstehung, Entwicklung und Veränderung der Erde“, beschäftigt sich mit dem großen Rahmen der Erdgeschichte, der Entstehung der Kontinente und der Gesteine. Dort fügt sich dann eine weitere Wissenschaft an, nämlich die „Petrologie“, die „Gesteinskunde“, die sich mit der Zusammensetzung der Gesteine und ihrer Mineralien beschäftigt. Diese wiederum führt unweigerlich zur „Mineralogie“, der „Wissenschaft von der Zusammensetzung der Mineralien, ihrem Vorkommen und ihren Lagerstätten“, die die individuellen Erscheinungsformen der Mineralien untersucht. Als spezieller Zweig hat sich aus der Mineralogie die „Gemmologie“ entwickelt, die „Wissenschaft von den Edelsteinen“, deren Hauptaufgabe es heute geworden ist, echte und falsche unter den Juwelen zu identifizieren.
Alle vier Wissensgebiete haben am Themenkreis dieses Lexikons ihren Anteil, da wir es bei Heilsteinen sowohl mit Gesteinen, wie z.B. Rhyolith, Konglomerat oder Marmor, Mineralien, wie z.B. Bergkristall, Malachit oder Pyrit, als auch mit Edelsteinen in geschliffener Form, wie z.B. Diamant, Saphir oder Topas, zu tun haben können. Um nun den bereits erwähnten Begriffsverwirrungen zu entgehen, habe ich im Lexikon der Heilsteine auf kritische Begriffe weitestgehend verzichtet und mich an die deutsche Sprache gehalten. Obwohl ich im Kampf mit der babylonischen Sprachverwirrung zwischen den Disziplinen nun auch allmählich verstehe, wie die Wissenschaft es schafft, daß sie tatsächlich „Wissen schafft“!
Wirklich unvermeidbare Fachausdrücke werden bei ihrem ersten Auftreten im Text erläutert. Studieren Sie daher die wissenschaftlichen und heilkundlichen Grundlagen vor der Benutzung des lexikalischen Teils. Alle folgenden Ausführungen werden sehr viel leichter verständlich, wenn Sie unverständliche Begriffe vorab für sich definieren. Doch auch die einfachsten Worte können zu Verwirrung führen, wenn keine klare Übereinkunft besteht, was gemeint ist, daher sollen die fünf wichtigsten Grundbegriffe dieses Lexikons gleich jetzt definiert werden:
Stein: Der Begriff „Stein“ stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet ursprünglich „der Harte“. Steine sind also eine harte Masse. In der Regel versteht man heute unter einem Stein ein loses Stück von der Größe eines Kiesels bis zu der eines Findlings. Im Rahmen dieses Lexikons können wir das Wort „Stein“ also als unspezifischen Überbegriff verwenden, der die Begriffe Gestein, Mineral und Edelstein umfaßt.
Gestein: Unter „Gestein“ versteht man landläufig eine große Masse der festen Erdkruste, jener Schicht, die die Erde umhüllt und den festen Boden unter unseren Füßen bildet. Im geologischen und mineralogischen Sinn ist ein Gestein ein festes Stoffgemenge. Also auch ein kleiner Stein in unserer Hand ist ein Gestein, wenn er aus einem Gemenge mehrerer Stoffe besteht.
Mineral: Ein Mineral dagegen ist eine einheitliche Stoffverbindung, besteht also durchweg aus derselben Substanz und tritt daher auch äußerlich sehr einheitlich in Erscheinung. Das Wort „Mineral“ selbst leitet sich von dem Wort „Mine“ (lat. minera = Erzgrube) ab, wo viele Mineralien ursprünglich gefunden und gefördert wurden.
Edelstein: Als Edelsteine galten früher nur Diamant, Rubin, Saphir und Smaragd. Heute sagt man zu allen Mineralien oder Gesteinen Edelstein, wenn sie sich durch besondere Schönheit und Reinheit auszeichnen. Der Begriff „Halbedelsteine“, der die Vielzahl edler Steine von den vier „echten“ Edelsteinen (Diamant, Rubin, Saphir und Smaragd) abgrenzen sollte, ist im Aussterben begriffen und wird in diesem Lexikon nicht mehr verwendet (lediglich bei den etwas antiquierten Zollformalitäten wird man noch mit diesem Begriff konfrontiert).
Kristall: Kristalle sind der Definition nach einheitlich zusammengesetzte feste Körper, die von regelmäßig angeordneten ebenen Flächen begrenzt sind. Viele Mineralien bilden aufgrund ihrer inneren Struktur solche Formen aus, daher spricht man im Zusammenhang mit Heilsteinen immer dann von einem Kristall, wenn ein Mineral in seinem natürlichen Wachstum (!) eine solche regelmäßige Form gebildet hat. Der Name „Kristall“ wurde vom Bergkristall abgeleitet (griech. krystallos = Eis), der meist regelmäßige drei- oder sechseckige Formen zeigt.
Ausnahmen gibt es in einer lebendigen Sprache natürlich immer: Obwohl der Achat durchaus aus verschiedenen Mineralien bestehen kann, würde ihn niemand ein Gestein nennen, er bleibt ein Mineral. Umgekehrt würde den Marmor, der durch und durch aus Calcit besteht, niemand als Mineral bezeichnen, da er zu große Massen, eben ganze Gesteine bilden kann.
Gesteine, die nur aus einem einzigen Mineral bestehen, werden daher auch „monomineralische Gesteine“ genannt und Mineralien, die „allein“ ein ganzes Gestein bilden können, entsprechend „gesteinsbildende Mineralien“.
So weit dieser kleine Vorspann. Lassen Sie sich von den verschiedenen kursierenden Definitionen nicht entmutigen, sondern sehen Sie darin die Chance für persönliche Freiräume. Wo festgelegte, disziplinübergreifende Systeme noch nicht existieren, da kann man auch noch nicht so viel falsch machen!
Die Geologie kennt für die Entstehung der Gesteine und damit auch der darin enthaltenen Mineralien drei grundlegende Bildungsprinzipien. Jedes davon stellt einen Entwicklungsprozeß mit gesetzmäßigen Abläufen dar und wird aus diesem Grund auch Abfolge genannt:
Die Entstehung von Gesteinen und Mineralien erfolgt hier direkt aus dem Magma, der glutflüssigen Gesteinsschmelze des Erdinneren, oder aus magmatischen Lösungen. Dieses Bildungsprinzip wird auch das „primäre Bildungsprinzip“ oder die „magmatische Abfolge“ genannt. Gesteine und Mineralien, die in dieser Abfolge entstehen, werden Primärgesteine oder Magmatite bzw. Primärmineralien oder magmatische Mineralien genannt.
Die magmatische Abfolge beschreibt einen Abkühlungs- und Erstarrungsprozeß, der sich in verschiedene Abschnitte gliedert: Zunächst wird unterschieden, ob das Magma in der Tiefe oder (als Lava) an der Erdoberfläche abkühlt und erstarrt. In der Tiefe dauert es aufgrund der isolierenden Gesteinsschicht darüber länger (Jahrtausende bis Jahrmillionen), an der Oberfläche geht es schneller (Stunden bis Tage), bis das Magma zu Gestein erstarrt ist. Entsprechend bilden sich verschiedene Gesteine und Mineralien. Gesteine der Tiefe werden nach Pluto, dem griechischen Herrn der Unterwelt, „Plutonite“, an der Oberfläche durch vulkanische Aktivität entstandene Gesteine entsprechend „Vulkanite“ genannt.
Als dritte Gruppe gibt es die sog. „Ganggesteine“, die zwar im engeren Sinn entweder plutonischer oder vulkanischer Natur sind. In Gängen bilden sich jedoch aufgrund verschiedener Faktoren oft größere Kristalle oder besondere Mineral-Paragenesen. Daher können Ganggesteine durchaus als eigene Gruppe betrachtet werden.
Abb. 1: Entstehung der Magmatite
Die zweite Unterscheidung zur Differenzierung von Magmatiten bezieht sich auf ihren Mineralgehalt. Durch die unterschiedlichen Schmelzpunkte verschiedener Mineralien bilden sich im Laufe des Abkühlungsvorgangs verschiedene Gesteine. Dabei muß man sich vergegenwärtigen, daß die Konzentration eines in Flüssigkeit gelösten Stoffs von Temperatur und Druck abhängig ist. Je höher die Temperatur und je höher der Druck, desto mehr Stoffe bleiben in Lösung. Bei der Entstehung magmatischer Gesteine sinken nun Druck und Temperatur allmählich ab, so daß die enthaltenen Stoffe sich nach und nach als Mineralien abscheiden.
Dieser Prozeß verläuft fließend: In dem Maß, in dem die Löslichkeit der einzelnen Stoffe sinkt, werden sie auch abgeschieden. Schlecht lösliche Stoffe scheiden sich als erste ab und sind zu einem bestimmten Zeitpunkt dann völlig aus der Lösung verschwunden. Gut lösliche Stoffe scheiden sich dagegen kontinuierlich während des gesamten Abkühlungsvorgangs ab. Sehr gut lösliche Stoffe bleiben extrem lange in Lösung und scheiden sich oftmals erst dann ab, wenn nur noch Restlösungen des Magmas übrig sind. Daher unterscheidet die Geologie hier drei verschiedene Abschnitte:
1. Frühkristallisation: Hier scheiden sich die ersten, überwiegend schwer löslichen Mineralien ab. Sie sind meist dunkel und basischer Natur (kieselsäurearm). Da sich die einzelnen Kristalle hier freischwebend im flüssigen Magma bilden, sinken sie allmählich ab. Dies führt zu einer Anreicherung basischer Mineralien in tieferen Regionen, wo sich später auch überwiegend basische Gesteine finden (siehe folgende Tabelle). Aus diesem Grund finden sich in den höherliegenden Ganggesteinen (siehe vorangegangene Grafik) auch anteilig weniger basische Gesteine.
2. Hauptkristallisation: Hier scheiden sich die meisten Mineralien aufgrund des kontinuierlichen Absinkens von Druck und Temperatur parallel ab, wodurch „gut durchmischte“ Gesteine intermediären bis sauren Charakters entstehen (intermediär bedeutet, daß saure und basische Anteile weitgehend ausgewogen sind).
3. Restkristallisation: Zum Schluß scheiden sich schließlich die noch verbliebenen, überwiegend sauren (kieselsäurereichen) Bestandteile ab. Dabei bilden sich manchmal aus dem nunmehr sehr zähflüssig gewordenen Magma auch Gesteine mit sehr großen Kristallen. Diese sog. „Pegmatite“ finden sich als oberer Abschluß des Magmaherdes oder werden mitunter in Gänge und Spalten des darüberliegenden Gesteins gepreßt. Aus diesem Grund finden sich Pegmatite auch als Ganggesteine und sind in der folgenden Tabelle auch so eingeordnet.
Die Zusammensetzung eines Gesteins hängt also davon ab, in welchem Abschnitt der Kristallisation es gebildet wurde. Das gilt im Prinzip auch für Vulkanite und Ganggesteine, bei denen entscheidend ist, wann der Vulkanausbruch erfolgte bzw. zu welchem Zeitpunkt das Magma in die Spalten und Gänge gedrückt wurde. Gesteinsbildungen in Gängen und an der Erdoberfläche vollziehen sich aufgrund der rascheren Abkühlung in beiden Fällen schneller, so daß die gebildeten Kristalle kleiner bleiben, das Gestein also feinkörniger erscheint. Kristalle, die zum Zeitpunkt des Vulkanausbruchs bzw. des Eindringens in den Gang bereits gebildet waren, treten daher im späteren Gestein als einzelne, größere Individuen hervor. Diese gesprenkelte Zeichnung wird auch „porphyrisch“ genannt, entsprechend tragen viele dieser Gesteine, ob Vulkanite oder Ganggesteine, auch den Zusatz „Porphyr“ oder „Porphyrit“ im Namen (vgl. folgende Tabelle).
Um die vielen verschiedenen Gesteine, die sich weltweit auf diese Weise bilden, grob strukturieren und ordnen zu können, werden ihre Mineralien in große Gruppen zusammengefaßt. Dabei kann man sich als Eselsbrücke mit dem alten Schulspruch der Zusammensetzung des Granits behelfen: „Feldspat, Quarz und Glimmer, die drei vergeß‘ ich nimmer!“ Allerdings wird zur Beschreibung aller Magmatite eine vierte Komponente notwendig, so daß die wissenschaftliche Unterteilung heute vier Gruppen unterscheidet:
1. Quarze: | Alle Vertreter der Quarz-Familie und verwandte Mineralien, wie z.B. Opal. |
2. Feldspäte: | Orthoklas, Plagioklas und Mikroklin (siehe Seite 230). |
3. Foide: | Analcim, Hauyn, Nosean, Sodalith. |
4. Mafite: | Magnesium-Eisen-Silikate, wie Glimmer, Augit, Hornblende, Peridot. |
Das Verhältnis dieser vier Komponenten zueinander und ihre jeweilige Entstehung bestimmen nun, um welches magmatische Gestein es sich handelt. In der folgenden Tabelle sind diese Gesteine nach dem Kieselsäuregehalt ihrer Mineralien geordnet. Am deutlichsten fällt dabei der aus fast 100% Kieselsäure gebildete Quarz ins Gewicht, gefolgt vom relativ kieselsäurereichen Feldspat und den relativ kieselsäurearmen Foiden und Mafiten. Auf diese Weise ergibt sich die u.g. Reihenfolge. Die Übergänge sind dabei natürlich fließend, denn jede Einteilung und Unterscheidung ist ein Stück menschliche Willkür. Von links nach rechts wird in der Tabelle unterschieden, welche Gesteine sich aus ähnlichem Magma aufgrund der verschiedenen Entstehungsweisen bilden.
Anmerkung: Quarze und Foide schließen sich gegenseitig aus, da Quarze nur aus kieselsäurereichem, Foide dagegen nur aus kieselsäurearmem Magma entstehen können. Daher die Bezeichnung „oder“ bei der Angabe der Mineralzusammensetzung. – Die in Klammern gesetzten Ganggesteine gehören zwar zu den jeweiligen Plutoniten bzw. Vulkaniten, unterscheiden sich jedoch als späte Bildungen etwas in der Zusammensetzung. Es wurden hier auch nicht alle möglichen Gesteine in die Tabelle aufgenommen, sondern jeweils nur die wichtigsten Vertreter der verschiedenen Gruppen.
Als Heilsteine sind derzeit folgende Plutonite (Gesteine) bekannt: Granit, Syenit (hier vor allem der norwegische Larvikit), Diorit (insbesondere der korsische Kugeldiorit) und Peridotit. Von den Vulkaniten sind in Verwendung: Rhyolith, Porphyrit, Diabas, Kimberlit und Obsidian.
Vulkanisch gebildete Mineralien mit Ausnahme von Schwefel haben bisher als Heilsteine kaum Bedeutung. Die Bildung bestimmter Mineralien in Plutoniten muß dagegen zur genaueren Unterscheidung nochmals in drei Phasen differenziert werden:
Liquidmagmatische Phase: In der liquidmagmatischen Phase bilden sich die Mineralien direkt aus dem flüssigen Magma (lat. liquidus = flüssig). Beispiele hierfür sind Apatit, Aventurin, Epidot, Magnetit, Peridot, Rosenquarz, Spinell und Zirkon. Besonders vielfältig sind dabei die letzten Restbildungen vor der Erstarrung des gesamten Magmas. In dieser Restkristallisation bilden sich Mineralgänge und -lagerstätten, Pegmatite genannt (siehe Seite 20), die große Kristalle vieler für uns interessanter Heilsteine enthalten: Apatit, Aquamarin, Bergkristall, Beryll, Kunzit, Rutilquarz, Turmalinquarz.
Pneumatolytische Phase: Ist das Magma verfestigt, verbleiben aufgrund der noch immer sehr hohen Temperatur (450 °C bis 375 °C) aggressive mineral- und säurehaltige Dämpfe, die in das umliegende Gestein eindringen, dort Stoffe herauslösen und aus der Verbindung mit ihnen Mineralien bilden. Dieser Vorgang wird „pneumatolytisch“ genannt (griech. pneuma = Dampf und lyein = lösen). Dabei bilden sich z.B. Mineralien wie Apatit, Dumortierit, Lepidolith, Magnetit, Topas und Turmalin.
Auch die umliegenden Gesteine werden natürlich durch diesen Stoffaustausch verändert, man spricht dabei von einer Metasomatose (Stoffaustausch). Da dieser Stoffaustausch sich unter Druck und Hitze vollzieht, sind die entstehenden Gesteine und ihre Mineralien in ihrem heilkundlichen Charakter den Gesteinen und Mineralien der metamorphen Abfolge ähnlicher und werden daher in diesem Zusammenhang besprochen.
Hydrothermale Phase: Unter 375 °C verflüssigt sich Wasser unter hohem Druck, und die noch verbliebenen Mineralstoffe und Säuren gehen in der Flüssigkeit in Lösung. Daher wird diese wäßrige Phase auch „hydrothermal“ genannt (griech. hydro = Wasser und therme = heiße Quelle). Beim Aufsteigen der wäßrigen Lösungen kühlen sich diese natürlich kontinuierlich weiter ab und führen so zu Mineralbildungen in Hohlräumen des Gesteins. Diese können durch Schrumpfung bei der Abkühlung (Gänge und Spalten), durch Zerrung des Gesteins bei Verschiebungen (Klüfte) oder aus bei der Gesteinsbildung eingeschlossenen Gasblasen (Blasenräume, Mandeln) entstanden sein. Die eindringenden und darin abkühlenden Flüssigkeiten füllen diese Hohlräume dann ganz oder teilweise wieder aus. Klassisches Beispiel hierfür ist der Achat. Der Mineralreichtum der hydrothermalen Phase ist riesig, es gehören hierzu: Amazonit (kristallin), Amethyst, Apatit, Apophyllit, Aragonit (kristallin), Bergkristall, Blauquarz (kristallin), blauer Chalcedon, Epidot (kristallin), Fluorit, Galenit, Hämatit (kristallin), Karneol, Larimar, Mondstein, Prehnit, Rauchquarz, Rutilquarz, Sardonyx und Zinnober. Der Zusatz „kristallin“ bedeutet, daß es für dieses Mineral mehrere Bildungsmöglichkeiten gibt, daß gut kristallisierte Mineralien sich jedoch überwiegend bei der hydrothermalen Bildung zeigen.
Übersicht der Heilsteine aus magmatischen Gesteinen und Mineralien (Beispiele):
Die Entstehung von Gesteinen und Mineralien erfolgt durch Verwitterung und Neuablagerung (Sedimentation) der im Verwitterungsprozeß aufgelösten Stoffe. Dieses Bildungsprinzip wird auch das sekundäre Bildungsprinzip oder die sedimentäre Abfolge genannt. Gesteine und Mineralien, die in dieser Abfolge entstehen, werden Sekundärgesteine, Verwitterungsgesteine, Ablagerungsgesteine oder Sedimente bzw. Sekundärmineralien oder Verwitterungs-Mineralien genannt.
Grundsätzlich müssen wir hier zwei verschiedene Prozesse unterscheiden, je nachdem ob die Verwitterung größere regionale Ausmaße hatte oder im kleinen Bereich durch eindringendes Oberflächenwasser ins Grundgestein erfolgte. Ersterer Vorgang soll im folgenden nun „sekundäre Gesteinsbildung“ genannt werden, da hierbei auch großräumige Gesteinsbildungen beschrieben werden. Entsprechend wird der zweite Vorgang „sekundäre Mineralbildung“ genannt, da diese Vorgänge keine großräumigen Gesteinsumbildungen bewirken, wohl aber zu vielen neuen Mineralbildungen führen können.
Bei der überregionalen Gesteinsbildung „im großen Stil“ werden die entstehenden Sedimente in fünf Kategorien unterteilt:
Klastische Sedimente: Hier handelt es sich um die rein mechanische Verwitterung von Felsen und Gebirgen durch Wind und Wasser, Hitze und Kälte, bei der Schutt, Geröll, Sand und Staub gebildet, abtransportiert, zerkleinert, im Transport sortiert und an anderer Stelle abgelagert und neu zusammengefügt wird. Verkittet werden die Trümmerstücke dabei durch Kalk, Ton oder Kieselsäure. Solange im neugebildeten Sediment das Ausgangsmaterial noch erkennbar ist, spricht man von sog. „Verwitterungsrestbildungen“, „Trümmergesteinen“ oder in der Fachsprache von „Klastiten“ bzw. „klastischen Sedimenten“ (griech. klan = brechen, zertrümmern).
Chemische Sedimente: Im Verwitterungsprozeß werden vor allem durch Wasser und im Wasser enthaltene Säuren manche Stoffe völlig aufgelöst und weggeschwemmt. Verdunstet dieses Wasser nun zu einem späteren Zeitpunkt oder ändert sich durch den Zu- oder Abgang weiterer Stoffe das Mengenverhältnis (die Konzentration) der gelösten Stoffe, kann dies dazu führen, daß bestimmte Stoffe „ausfallen“, d.h. wieder feste Substanz bilden und sich ablagern. Neue Mineralien und/oder Gesteine bilden sich dadurch vorwiegend an Quellen, kleinen Bächen und Wasserbecken als Tropfsteine in Höhlen (Sinter). Als großräumige Ablagerungen entstehen sie außerdem in Seen (limnische Bildung, griech. limne = See, Teich) und flachen Meeren (maritime Bildung, lat. mare = Meer). Chemische Sedimente zählen zu den „Verwitterungsneubildungen“.
Biogene Sedimente: