Waltraud Witte
Eiskunstlauf Basics
Meyer & Meyer Fachverlag & Buchhandel GmbH
Eiskunstlauf Basics
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© 2002 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen
2. überarbeitete Auflage 2009 von „Tipps für Eiskunstlauf“
3. Auflage 2016
Auckland, Beirut, Dubai, Hägendorf, Hongkong, Indianapolis, Kairo, Kapstadt, Manila, Maidenhead, Neu-Delhi, Singapur, Sydney, Teheran, Wien
Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)
978-3-8403-3590-7
verlag@m-m-sports.com
www.dersportverlag.de
ISBN 978-3-8403-3590-7
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir uns entschlossen, durchgängig die männliche (neutrale) Anredeform zu nutzen, die selbstverständlich die weibliche mit einschließt.
Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder die Autorin noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, Haftung übernehmen.
Eiskunstlauf umfasst die Disziplinen Einzellauf, Paarlauf, Eistanz und Formationslauf. Im Einzellauf werden die Basistechniken erlernt und Grundlagen für eine eventuelle spätere Spezialisierung auf die verschiedenen Disziplinen gelegt. „Eiskunstlauf Basics” hat zum Ziel, diese Grundlagen anschaulich darzustellen.
Das Buch richtet sich
an alle, die gern Eislaufen und dabei ästhetisch-schönes, artistisch-tänzerisches Bewegen bevorzugen,
an Personen, die auch schwierigere sportliche Elemente, wie Sprünge oder Pirouetten, erlernen möchten,
an solche, die auch an Wettbewerben teilnehmen wollen.
Das Buch beansprucht aber nicht, einen Trainer zu ersetzen. Um wirkliches Können zu erreichen, ist die Anleitung eines ausgebildeten Eiskunstlauftrainers unverzichtbar.
Danken möchte ich
Marion Sobottka, Eislauflehrerin des Staatlichen Schulamtes der Stadt Nürnberg, die mir für die Fotoaufnahmen bereitwillig einen Teil der von ihr angemieteten Eisfläche abtrat,
der ARENA NÜRNBERGER VERSICHERUNG und deren Eismeistern für die gute Beleuchtung,
den Trainerinnen des EC Nürnberg, Carolin Meister-Goschy, Verena Diebold und Siglinde Rappel, die mir als fachliche Beraterinnen zur Seite standen, und ihre Schüler für die Aufnahmen freistellten.
Mein ganz besonderer Dank aber gilt den begabten und sich begeistert einsetzenden Eiskunstläufern Victoria Bauer, Esther Herzog, Saskia, Sören, und Svenja Koenen, Jenny Kussmann, Ronja Nickel, Steffi Sobottka und Julia Tillmanns.
Eislaufen ist die älteste und bis Mitte des 20. Jahrhunderts auch die meistbetriebene aller Wintersportarten! Es lässt sich durch archäologische Funde in verschiedenen Gegenden Europas rund 6.000 Jahre zurückverfolgen!
Damals war Eislaufen natürlich noch kein Sport, sondern diente vermutlich nur dem Zweck, sich im Winter auf gefrorenen Seen und anderen Wasserflächen schneller und müheloser fortzubewegen. Dazu schnallte man sich gespaltene Tierknochen, z.B. von Rindern, Rentieren oder Pferden, unter die Füße und stieß sich mit einem oder zwei langen Stöcken vom Eis ab, ähnlich wie jetzt beim Skilaufen.
Eiskunstlauf entwickelte sich ab der Mitte des 18. Jahrhunderts: In Edinburgh wurde 1742 der erste Eislaufklub der Welt gegründet, 1772 erschien das erste Eislaufbuch, „A treatise on skating“, in dem u.a. Kunstlauffiguren wie die Spirale vorwärts auswärts, der Mond und der Dreierschritt beschrieben wurden. Der „englische Stil“ zeichnete sich aber durch steifes und eintöniges Laufen aus. Es herrschten starre Posen vor, die meist auf Kommando eines „callers“ gelaufen wurden.
1825 erschien auch in Deutschland ein Eislauflehrbuch, Ch. S. Zindels Der Eislauf und das Schlittschuhfahren. Es behandelte die Wahl der Kleidung, die richtige Befestigung der Schlittschuhe und unterschied vier Elementarbewegungen: den geradeaus erfolgenden Eislauf, das Übertreten, den auswärts gehenden Bogenlauf und das Umwenden.
Der erste deutsche Eislaufverein wurde 1861 in Frankfurt gegründet, die ersten Eislaufhallen entstanden 1881 in Frankfurt und 1896 in Nürnberg. Eislauf teilt sich nun auch schon in Eiskunstlauf und Eisschnelllauf auf.
Mitte des 19. Jahrhunderts leiteten die Vorführungen des Amerikaners Jackson Haines eine weitere Wende im europäische Eislauf ein. In seinem Tanzprogramm zeigte er viele bis dahin unbekannte Figuren: blitzschnelle Wendungen, kleine Sprünge und auch eine Sitzpirouette. Diese neuen, sportlicheren Elemente erlaubte ihm sein selbst erfundener Schlittschuh, ganz aus Metall und fest am Schuh angeschraubt.
1868 kam Haines nach Wien, wo er durch einen Walzertanz auf dem Eis begeisterte. In der Folge revolutionierte Haines’ Laufstil das Eislaufen. Es entstand die Systematik der „Wiener Schule“, die von fünf Grundfiguren ausging – Bogen, Schlangenbogen, Dreier, Doppeldreier und Schlinge – und auch das Laufen in Achterform auf einem Fuß entwickelte, Grundlage der bis Ende der 80er Jahre gültigen Pflichtfiguren.
Abb. 1: Die fünf Grundfiguren der Wiener Schule
Die Wiener Schule favorisierte kleine, mit wenig Schwung gelaufene Figuren. Man bewegte sich kaum vorwärts, gefiel sich in schwierigen Kombinationen und in Figurendrechslerei. Eduard Engelmann z.B., 1892 und 1894 Europa-meister, rühmte sich, er könne eine komplette Kür auf einer Eisfläche laufen, die nicht größer als eine Tischplatte sei!
Erste Wettbewerbe im Eiskunstlauf gab es 1872. Verlangt waren eine Kür, die obigen Grundfiguren sowie eine Spezialfigur. Haines’ Schüler entwickelten den Eiskunstlauf weiter und formulierten auch die ersten Eislaufregeln, den „Regulativ“, der später von der Internationalen Eislauf-Union (ISU) übernommen wurde.
Neue Impulse kamen Ende des 18. Jahrhunderts aus Norwegen. Dort wurde athletisch-kraftvoll gelaufen, voll Schwung und Frische. Einer dieser norwegischen Sportler war Axel Paulsen. 1882, bei einem Wettbewerb in Wien, zeigte er erstmals den nach ihm benannten Sprung mit anderthalb Umdrehungen.
Anfang des 20. Jahrhunderts prägte der Schwede Ulrich Salchow die Eiskunstlaufszene. Er erfand die Zacken an den Eisen der Schlittschuhe. Verewigt hat er sich durch die Erfindung des Salchows.
Ende des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten nationalen und internationalen Eislaufverbände: 1889 der „Deutsche und Österreichische Eislauf-Verband“, 1892 die Internationale Eislauf-Vereinigung „IEV“, heute „ISU“ genannt. Sie schufen einheitliche Regeln für die Ausübung des Eislaufsports und führten 1902 das Klassenlaufen ein. Damals gab es drei Klassen, in den unteren Klassen waren nur Pflichtfiguren zu laufen, in der ersten, gleich Meisterklasse, zusätzlich drei Kürfiguren.
Hier noch einige interessante Daten:
1882 Der Norweger Axel Paulsen zeigt den nach ihm benannten Axel auf Schnelllaufschlittschuhen (!).
Bis heute gilt der Axel als der schwierigste aller Grundsprünge.
1891 Erstes gemischtes Paarlaufen (Dame und Herr) in Wien. Vorher liefen jeweils zwei Herren zusammen!
1891 Die ersten europäischen Meisterschaften für Eisschnelllauf und Eiskunstlaufen werden in Hamburg ausgetragen.
1896 Erste Weltmeisterschaft im Eiskunstlaufen, nur für Herren (!), in St. Petersburg.
1898 Der Schwede Ulrich Salchow zeigt zum ersten Mal seinen Salchow.
1902 Erste Weltmeisterschaft mit Beteiligung einer Frau. Es gewinnt Ulrich Salchow, Madge Syers aus Großbritannien, die einzige weibliche Teilnehmerin, wird Zweite.
1906 Erste Weltmeisterschaft für Damen in Davos, Gewinnerin wieder Madge Syers. Die Anforderungen im Pflichtlauf entsprechen denen bei den Männern, in der Kür laufen die Damen aber vier Minuten, die Männer fünf.
1908 Erste Weltmeisterschaft für Paare in St. Petersburg, Gewinner Hübler-Burger, Deutschland.
1908 Seit 1908 ist Eiskunstlaufen olympisch. Bei der Sommer(!)-Olympiade in London gab es erste Eiskunstlaufwettbewerbe in der Halle, allerdings noch außerhalb des offiziellen olympischen Programms. Gewinner bei den Herren: Ulrich Salchow.
1909 Eröffnung der ersten Freiluftkunsteisbahn der Welt in Wien-Hernals.
1910 Der Deutsche Werner Rittberger erfindet den Rittberger.
1913 Der Wiener Alois Lutz springt den nach ihm benannten Sprung.
1915-1921 Keine Europa- und Weltmeisterschaften.
1924 Erste Olympische Winterspiele in Chamonix/Frankreich. Eislaufwettbewerbe werden im Eiskunstlauf (Herren, Damen, Paare), Eisschnelllauf und Eishockey durchgeführt.
1928 Der Schwede Grafström und der Kanadier Montgomery Wilson stehen den ersten Doppelsprung, einen Salchow.
1927-1936 beherrscht Sonja Henie den Eiskunstlauf der Damen. Sie erzielt drei Olympiasiege und gewinnt 10 Welt- und sechs Europameisterschaften.
1940-1946 Keine Europa- und Weltmeisterschaften.
1940 u. 1944 Keine Olympiade.
1943 Die Reichsjugendführung schafft die Eislaufmeisterschaft der Hitlerjugend ab, da Eislaufen als weibisch und wertlos für die Wehrertüchtigung angesehen wird.
1948 Richard (Dick) Button springt bei seinem ersten Olympiasieg in St. Moritz als erster Läufer in einem Wettbewerb einen doppelten Axel.
1951 Erste Weltmeisterschaft im Eistanz.
1952 Olympiade in Oslo. Paul Falk und Ria Baran werden Olympiasieger im Paarlauf.
Dick Button soll hier bei seinem zweiten Olympiasieg zum ersten Mal einen Dreifachsprung gezeigt haben, den Rittberger. Die Meinungen gehen aber auseinander. Dieser Sprung und auch der erste dreifache Lutz werden ca. 1957 auch David Jenkins zugeschrieben. Oder war es
1962 Donald Jackson (Kanada) bei der Weltmeisterschaft in Prag?
In diesem Jahr springt auch Denise Biellmann als erste Frau den dreifachen Lutz.
1967 Der ISU-Kongress beschließt, Pflicht und Kür als gleichwertig zu behandeln: Wertung je 50 %.
1972 Einführung einer „Pflichtkür“. Sie entspricht dem heutigen Kurzprogramm. Dies zählt 20 %, die Pflicht 30 % , die Kür 50 %.
1976 Eistanzen wird olympisch.
1984 Fadejew zeigt bei der Olympiade in Sarajewo den ersten vierfachen Sprung, einen vierfachen Toeloop. Auch hier gehen aber die Meinungen auseinander. Andere Quellen sagen, dass
1988 bei der WM in Budapest der Kanadier Kurt Browning der erste Läufer gewesen sei, dem der vierfache Toeloop gelang.
1990 Abschaffung des Pflichtprogramms. Ab 1991 werden nur noch Kür (66,7 %) und Kurzprogramm (33,3 %) gelaufen.
1991 Die Französin Surya Bonaly springt bei der Weltmeisterschaft in München als erste Dame den vierfachen Toeloop. Es ist allerdings umstritten, ob sie ihn erfolgreich stand.
1997 In Deutschland werden die Kürklassen (Reihenfolge 8 bis 1) eingeführt, abzulegen beim jeweiligen Landesverband.
Der Kanadier Elvis Stojko zeigt bei einem ISU-Grand-Prix erstmals die Sprungkombination vierfacher Toeloop – dreifacher Toeloop.
1998 Timothy Goebel, USA, springt den ersten vierfachen Salchow beim Finale des ISU Junior Grand-Prix in Lausanne.
2000 Beim Finale des ISU Grand-Prix zeigt Timothy Goebel die unglaubliche Sprungkombination: „vierfacher Salchow, dreifacher Toeloop, dreifacher Rittberger“.
2002 Als erste und bislang einzige Frau springt die Japanerin Miki Andō einen vierfachen Salchow.
2004 In der Saison 2004/05 wird von der ISU ein neues Bewertungssystem eingeführt, welches das bisher gültige „6.0 System“ ablöst.
2010 Bei der WM in Turin wird erstmals ein Japaner, Daisuke Takahashi, Weltmeister in der Herrenkonkurrenz. Er versucht einen vierfachen Flip zu springen, der allerdings auf Grund der unvollständigen vierten Drehung auf einen dreifachen Flip abgewertet wird.
2011 Der Amerikaner Brandon Mroz landet in Colorado Springs als erster Eiskunstläufer einen vierfachen Lutz in einem Wettbewerb.
Vierfachsprünge sind in diesem Jahr aufgewertet worden. Daher werden auch bei der WM in Moskau mehr Vierfachsprünge als üblich gezeigt. Drei Läufer zeigen zwei Vierfachsprünge in der Kür, zwei sogar zwei verschiedene (Toeloop und Salchow).
2015 Erstmals wird ein Spanier, Javier Fernandez, Weltmeister.