The Biggest Loser-Gewinner, Koch, Fitnesstrainer, Busfahrer, »Kneipenkind« und Familienmensch: Das alles ist Carlo Werner. Der Tausendsassa hat in seinem Leben schon so einiges ausprobiert, auch diverse Diäten. Bis zu seiner Teilnahme an The Biggest Loser aber ohne Erfolg. »Damals wusste ich nicht, wie ich das anstellen soll und wollte eigentlich auch nicht so richtig abnehmen. Ich habe eine Kartoffel-Diät gemacht, dabei mag ich gar keine Kartoffeln. Das ist doch total bekloppt«, sagt er in seiner unverstellt rheinländischen Art und lacht herzlich über seine gescheiterten Diät-Versuche der Vergangenheit.
Bei Carlo ist das so: Wenn er etwas wirklich will – also von ganzem Herzen – dann zieht er eine Sache auch durch. Dass er die Staffel 2011 von The Biggest Loser gewinnen würde, war aber überhaupt nicht klar. Denn nicht er war es, der sich für die Show angemeldet hatte, der die Teilnahme von Anfang an wollte, sondern seine Frau Sandra: »Das geschah mehr oder weniger heimlich, aber irgendwann habe ich etwas geahnt«, verrät er. Als er die Geheimaktion seiner Frau aufdeckte, blieb er erst einmal relaxed, er hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass er tatsächlich als Kandidat ausgewählt werden würde. Als dann aber der Bescheid kam, änderte sich das schlagartig: »Mir war direkt klar: Jetzt ist nichts mehr mit Relaxen. Ich mache mit, um zu gewinnen. Wenn schon, denn schon, Larifari gibt’s bei mir nicht.« Und tatsächlich, der gebürtige Neusser hat geschafft, was er sich vorgenommen hat, und sein Erfolg gibt ihm recht: Durch die Teilnahme an The Biggest Loser hat Carlo seine 145,6 Kilogramm Startgewicht auf 87 Kilogramm heruntergeschraubt. Anders gesagt: Er hat ganze 59 Kilo abgenommen – das entspricht dem Normalgewicht einer etwa 1,60 Meter großen Frau; er hat sich quasi einen ganzen Menschen „wegtrainiert“. Diese Leistung wurde dann auch mit dem Sieg honoriert. Carlo erinnert sich: »Ganz klar, der beste Moment in der Show war für mich das Finale. Ich bestand nur noch aus Glücksgefühlen und Adrenalin pur.« Mehr weiß er aber nicht mehr. Das Letzte woran er sich erinnert, sei eine Backstage-Begegnung mit Moderator des Finales Oli P. »Er kam zu mir, hat mir auf die Schulter geklopft und mir alles Gute gewünscht. Danach weiß ich nix mehr.« Wie das Finale dann gelaufen ist, hat er sich einige Tage später im TV angesehen: »Zum Glück waren da ein paar Kameras dabei«, sagt er schelmisch. Im schicken schwarzen Hemd, dazu eine braune Krawatte und eine schmale, graue Anzughose: So boxte sich der 47-Jährige durch die Papierwand mit seinem alten Bild, bevor es im Finale um alles ging. Am Ende hat er sich tatsächlich durchgeboxt, im wahrsten Sinne. In der Finalshow gibt Fitness-Coach Silke Kayadelen zu: »Carlo hatte ich nicht von Beginn an als Favorit auf dem Schirm. Er hat mich echt überrascht.« Ob er denn immer fair gespielt habe, will Moderator Oli P. dann noch von ihm wissen. »Ich sach mal so«, holt er in gewohnt flapsiger Manier aus »ich bin Rheinländer, ich habe eine große Klappe, ich teile gerne aus.« Breites Grinsen, dann eine kurze Pause. »Aber ich pass schon auf, dass die Sprüche noch oberhalb der Gürtellinie bleiben.«
Den Umfang seiner eigenen Gürtellinie hat der Neusser ja bekanntlich drastisch reduziert, nach dem Finale sind aber wieder einige Kilos dazugekommen. Im Moment wiegt er 98,6 Kilogramm und fühlt sich »sauwohl«, wie er sagt. »Ich muss auch zugeben, dass ich mich direkt nach dem Finale gar nicht richtig gut gefühlt habe. Ich habe in den Spiegel geschaut und gedacht: ›Das ist doch nicht der Carlo, der dich da anguckt‹.« Mit seinen knapp hundert Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,80 Metern ist er nun sehr zufrieden, so kann es bleiben, meint er. Und dann sagt er noch voller Respekt: »Das Schwere ist nicht das Abnehmen selbst, sondern das Gewichthalten, das ist der eigentliche Kampf.«
Der Familienvater war sein ganzes Leben lang übergewichtig. Mit fünf Jahren hatte er eine Gehirnhautentzündung und bekam Kortison – eine häufige Nebenwirkung des Medikaments ist eine Gewichtszunahme. »Das war wohl der Startpunkt«, mutmaßt er heute. Schon in der Grundschule war er der Dickste in der Klasse, als 14-Jähriger brachte er bereits über hundert Kilogramm auf die Waage. Richtig schlimm fand er das aber nie. »Ich kannte es ja nicht anders. Ich war schon immer der dicke, große Bär. So kannte ich mich, so kannten mich die Leute.« Egal ob Handball oder der Besuch im Schwimmbad: Carlo war trotz seiner Extrakilos aktiv, fühlte sich selten eingeschränkt. Erst nach der Show, sagt er heute, habe er gemerkt, dass ihn sein früheres Übergewicht schon das ein oder andere Mal mehr eingeschränkt habe, als er wahrhaben wollte: Beim Toben mit den Kids ging ihm schnell die Puste aus und ständig nur auf der Couch zu liegen, machte ihn auf Dauer auch nicht glücklich. Generell, das ist ihm wichtig zu betonen, kann man aber auch als dicker Mensch ein erfülltes, gutes Leben haben. Vor allem sollte man immer tun, worauf man Lust hat, findet er: »Im Schwimmbad hatte ich immer eine Scheißegal-Einstellung. Das Einzige, was mich aufgeregt hat, waren die Gaffer, die mit den Augen gerollt haben. Wenn jemand ein Problem hat, dann soll er mir das doch sagen. Aber einfach nur gaffen und sich angewidert wegdrehen, das finde ich echt daneben.« Dies waren Momente, in denen Carlo sich nicht zu einhundert Prozent wohlgefühlt hat, »das war vielleicht ein- bis zweimal im Monat der Fall.« Kritisch wurde es für ihn erst, als sein Körper nicht mehr mitspielte, er bekam Gelenkschmerzen und Knieprobleme. »The Biggest Loser kam für mich genau zur richtigen Zeit«, sagt er. »Ohne den Druck der Öffentlichkeit hätte ich es nie geschafft.« Mit den Kameras und den Erwartungen des Publikums ging er ganz locker um: »Klar, man könnte es ja auch so auslegen, dass ich mich jede Woche vor ganz Deutschland zum Affen gemacht habe. Wer das so sehen will, soll das so sehen. Ich weiß, dass mir die Show wirklich etwas gebracht hat. Nur das zählt für mich.«
CARLOS ABNEHM-MANTRA
»Es muss schmecken! Auch bei einer Diät. Es bringt doch nichts, alles ohne Gewürze und Öl zu essen, da kann man auch gleich einen Wattebausch frühstücken. Sucht euch also eine Diät, die euch schmeckt, und lasst am Abend die Kohlenhydrate weg.«
Auf die Frage, ob er eher mit seinem inneren Schweinehund zu kämpfen habe oder die Rampensau in ihm manchmal etwas zügeln müsse, zögert er keine Sekunde: »Ich bin eine Rampensau, ganz klar.« Und wie hält er es generell im Leben – schämen oder scheißegal? »Ganz klar: scheißegal.« Schon wieder kommt die Antwort blitzschnell aus ihm herausgeschossen. Was noch auffällt, wenn man sich mit Carlo unterhält: Er sagt häufig Worte wie »ganz klar«, »logisch« oder »selbstverständlich«. Zu fast allem hat er eine klare Meinung: Bei ihm heißt es ja oder nein, ein »jein« gibt es in Carlos Welt so gut wie nie. Nur bei einer Frage, da kommt er doch ins Schleudern: Pizza oder Burger? »Das ist gemein!«, protestiert er lachend. »Kann ich beides nehmen?« Etwas ernster erklärt er dann noch: »Ich versuche immer, alles mit Sinn und Verstand zu betrachten, dann werden die Dinge klar.«
Mit Sinn und Verstand ging er nicht nur die Show an, sondern sein ganzes Leben. Als er ein paar Jahre vor The Biggest Loser nach Dänemark auswanderte – ja, genau, Dänemark: Carlo hat schon einiges gesehen von der Welt – arbeitete er erst einmal ein paar Wochen zur Probe und erst, als alles in geraden Bahnen verlief, holte er seine Familie nach: »Einfach so alles stehen und liegen lassen, das wäre doch total bekloppt gewesen.« An Dänemark – »das war schon eine geile Zeit« – erinnert er sich gerne zurück: Hier hat er in einem kleinen Restaurant gekocht, wohnte mit seiner Frau Sandra und seinen Kindern Dana und Nico in dem Küstenörtchen Juelsminde, die Ostsee direkt vor der Nase. Als er wegen der Wirtschaftskrise seinen Job verlor, ging die Familie nach drei Jahren zurück nach Deutschland. Zurück in seinen alten Job wollte der Koch aber nicht mehr: »Ich koche wahnsinnig gerne, das ist noch heute so. Aber die Arbeitszeiten in der Gastronomie sind einfach nichts für einen Familienvater.« Und dann ist da ja noch das Thema mit dem Abschmecken: »Klar, als Koch ist man nur am Essen. Du musst doch wissen, was du deinen Gästen vorsetzt«, sagt er und lacht schon wieder in sich hinein. Heute setzt Carlo nur noch seinen Liebsten oder Gästen seine Leckereien vor. Ganz wichtig: Der Speiseplan im Hause Werner wird nicht von Carlos Diät diktiert. Seine Kinder, die 12-Jährige Dana und der 16-Jährige Nico, dürfen sich einmal pro Woche etwas wünschen, und das gibt es dann auch. »Die Lasagne esse ich natürlich mit, das ist doch klar. Ich habe mir immer und von Beginn an gesagt: ›Ich bin nicht die Geisel meines Körpers‹.« Denn eines ist ihm sehr wichtig: Verbieten möchte er sich nichts, dafür isst er, der aus vollster Überzeugung von sich behauptet, ein Genussmensch zu sein, viel zu gern.
Mit Sport und Bewegung gleicht er das wieder aus. Schon während The Biggest Loser entdeckte er das Laufband für sich: »Da stand ich dann auch früh morgens um halb sechs schon drauf, als die Kameras noch aus waren«, erzählt er. Als sie dann an waren, hat er sich allerdings auch ordentlich geplagt. Was ihm dabei geholfen hat? Alle wissen zu lassen: »Ich habe Schmerzen ohne Ende«, war einer seiner Standardsprüche im Camp. Jetzt, zurück aus dem Camp, hält er sich mit Boxen fit: »Das kann ich jedem nur empfehlen. Da tun einem hinterher Muskeln weh, von denen man bisher gar nicht wusste, dass man sie hat.« Und, einen geheimen Sporttipp hat Carlo noch in petto:
»Klick« gemacht hat. kann man es direkt sein lassen. | |
Viel Bewegung! Und wenn es nur Spazierengehen ist: Bewegen, Bewegen. Bewegen. | |
Sport! Am besten dreimal in der Woche. | |
Abends keine Kohlenhydrate essen: Wenn man abends ein Butterbrot isst, ist der ganze Diät-Tag umsonst gewesen. Besser ist Fisch, Salat, leichte Kost. | |
Viel trinken! Je mehr Wasser man trinkt, umso mehr nimmt man ab. Das geht hervorragend mit Brennnesseltee oder Zitronenwasser. |
Er liebt seinen Schrebergarten sehr, hier entspannt er sich und packt an: »Umgegraben werden muss immer«, sagt er beschwingt. »Der Schrebergarten ist zu meinem persönlichen Fitnessstudio geworden.«
Weil er viel Sport macht, kann er sich auch seinen ultimativen Vorsatz für jede Diät leisten: »Es muss schmecken!« ist einer der Leitsprüche, die ihn schon bei The Biggest Loser beim Abnehmen begleitet haben: Carlo ist zu sehr Koch und Genießer, als dass er es übers Herz bringen würde, ein Gericht nicht zu salzen und es fad schmecken zu lassen: »Es muss doch Geschmack ran, da ist mir auch egal, dass Salz ein Diät-Killer ist.« Anders kann man in seinen Augen auch gar nicht erfolgreich und auf Dauer abnehmen: »Das meinte ich mit der Kartoffel-Diät. Sich was reinzuquälen, ist doch völliger Quatsch.« Essen ist für Carlo zum Genießen da – egal ob er sich eine schön fettige Pizza erlaubt oder eine magere Hähnchenbrust mit Pfannengemüse kocht. Letzteres ist übrigens in Carlos Augen das Diät-Essen überhaupt: »Super schnell, super lecker, super einfach.« Er könnte das noch immer jeden Tag essen, seine Frau Sandra habe aber mittlerweile ihr Veto eingelegt. Neben Gemüse, Joghurt und Limo ohne Zucker hat Carlo vor allem eines im Kühlschrank: »Fleisch. Und das in allen Variationen. Ich bin das genaue Gegenteil eines Vegetariers. Was ist besser als Fleisch? Noch mehr Fleisch.« Lautes Lachen. Und, hat er auch ein Lieblingsgetränk? »Zitronenwasser«, schießt es aus ihm heraus. Er beginnt zu schwärmen: »Das ist genial, schmeckt schön frisch und ist dazu noch gesund.« Viel Trinken sei sowieso das A und O bei einer Diät, meint Carlo. Und dann gibt er doch noch zu: Manchmal, »aber wirklich nur ganz selten«, trinkt er auch gerne mal ein Gläschen Cognac – und zwar »eine richtig gute Marke.« Wenn schon, denn schon. Dann erklärt er noch, Alkohol komme bei ihm so gut wie nie auf den Tisch. »Ich brauche das nicht, um lustig zu sein.«
Man könnte sich fast darüber wundern, dass Carlo noch keine Berufslaufbahn als Büttenredner oder Comedian eingeschlagen hat. Denn beruflich hat er schon so einiges hinter sich: Der gelernte Koch ist als »Kneipenkind«, wie er selbst sagt, groß geworden. Seine Eltern hatten einen Gastrobetrieb in Neuss, schon als Kind ist er zwischen den Barhockern hin und her geflitzt, als Erwachsener stand er dann sowohl hinter als auch vor dem Tresen. Aber die Gastronomiezeiten sind längst vorbei, nach The Biggest Loser hat der Turbo-Abnehmer selbst einen Trainerschein gemacht, er war total angefixt. Mittlerweile hat er aber gemerkt, dass so ein freiberufliches Trainerdasein mit unsicherer Auftragslage nicht immer die finanzielle Sicherheit mit sich bringt, die er seiner Familie gerne bieten möchte. »Und deshalb bin ich jetzt Busfahrer«, sagt er, als wäre es das Logischste auf der Welt. »Ich liebe meinen Job«, schiebt er hinterher und lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass er es auch genauso meint. Aber wird einem nicht irgendwann langweilig, wenn man jeden Tag von A nach B gondelt? »Überhaupt nicht, ich fahre ja verschiedene Strecken. Ich habe meine Schulkinder und am Wochenende manchmal Kegelclubs und andere Vereine, die einen Ausflug machen.« Manchmal, so erzählt er, kämen vor allem die Kids noch auf ihn zu: »Dann tuscheln die erst, gucken zwei, dreimal rüber, bis dann einer mit großen Augen vor mir steht und wissen will, ob ich denn der Carlo von The Biggest Loser bin.« Darüber freue er sich bis heute, sagt er. Am Anfang sei der Zuspruch schon überwältigend gewesen, holt er aus: »Von jetzt auf gleich hatte ich über viertausend Facebook-Freunde.« Carlo hat sich mit seinem Neffen Marco, der in der gleichen Staffel teilgenommen hatte, allerdings nach der sechsten Woche nach Hause fahren musste, über diesen neuen Ruhm ausgetauscht: »Wir haben uns gegenseitig mit unseren Freundschaftsanfragen überboten«, sagt er lachend. Irgendwann sei es aber zu viel geworden: »Es gab nur noch Bing Bing Bing: Das Handy hat pausenlos geklingelt.« Da habe ihm seine Frau Sandra das Handy weggenommen und es einfach ausgemacht. »Das war genau das Richtige«, sagt er. Genau das Richtige ist auch der Job als Busfahrer, das muss er auch nach diesem Exkurs noch einmal betonen: »Meine Arbeitskollegen sind so etwas wie eine zweite Familie für mich«, erzählt er. In den fünf Jahren, die er nun schon für das Busunternehmen arbeite, habe er keinen einzigen Tag gefehlt, sei er noch kein einziges Mal zu spät gekommen. Da ist es wieder: Wenn Carlo etwas macht, dann aus vollem Herzen und ohne Wenn und Aber.
Zum Schluss sagt er noch etwas Bemerkenswertes, das möglicherweise erklärt, warum Carlo so ist, wie er ist: »Ich mache nur das, worauf ich richtig Lust habe. Dann bin ich auch automatisch gut in dem, was ich tue. Das ist mir viel mehr wert, als am Ende des Monats dann den einen oder anderen Hunderter mehr auf dem Konto zu haben. Oder anders ausgedrückt: Es muss schmecken!«