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1. Auflage 2017
© 1966, 1997, 2017 der deutschsprachigen Ausgabe:
cbj Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Neubearbeitung 2017
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
Die Originalausgabe erschien 1962 unter dem Titel:
»Five Have a Mystery to Solve« bei
Hodder and Stoughton Ltd, London.
Enid Blytons Unterschrift und »Fünf Freunde«
sind eingetragene Warenzeichen von Hodder and Stoughton Ltd.
© 2017 Hodder and Stoughton Ltd.
Alle Rechte vorbehalten
Übersetzung: Ilse Winkler-Hoffmann
Bearbeitung: Kerstin Kipker
Umschlagabbildung und Innenillustrationen: Gerda Raidt
Umschlaggestaltung: semper smile, München
SaS · Herstellung: AJ
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-17098-1
V001
www.cbj-verlag.de
Das schönste Wort der Welt
»Das schönste Wort der Welt ist das Wort Ferien«, sagte Dick und nahm einen Löffel voll Marmelade aus dem Glas. »Gib mal bitte den Toast rüber, Anne. Mutter, wie fühlst du dich eigentlich, wenn deine drei Quälgeister daheim sind?«
»Ausgezeichnet«, sagte seine Mutter. »Das Einzige, was mich jedes Mal zu Beginn der Ferien beunruhigt, ist das Wort Essen. Irgendwie schaffe ich es nicht, genug im Haus zu haben, um euch drei den ganzen Tag über satt zu bekommen. Und da wir gerade darüber sprechen, möchte ich euch fragen, was mit den Würstchen passiert ist, die in der Speisekammer waren.«
»Würstchen?«, sagte Julian gedehnt und runzelte die Stirn. »Würstchen? Da muss ich scharf nachdenken.«
Anne begann zu kichern, denn sie wusste nur zu gut, was damit geschehen war. »Ja, das war so«, Julian grinste, »du hast gestern beim Fortgehen gesagt, wir sollten uns unser Abendessen allein zubereiten. Wir haben uns also in der Speisekammer umgesehen, die Würstchen entdeckt und uns für sie entschieden.«
»Aber Julian!«, rief die Mutter. »Ihr werdet doch wohl nicht das ganze Dutzend gefr… ich meine verdrückt haben!«
»Aber du weißt doch, Mutter, wie hungrig einen die Ferien machen«, sagte Julian und grinste.
»Wir wollen heute ohnehin eine schöne Wanderung unternehmen«, sagte Dick. »Dann bist du uns zum Essen los. Somit sparst du eine ganze Menge.«
»Ich will euch aber nicht los sein«, widersprach die Mutter. »Frau Layman hat sich zum Tee angesagt, sie möchte etwas mit euch besprechen.«
Die drei stöhnten und Dick protestierte: »Mutter, am ersten Ferientag sollen wir zu Hause bleiben? Das ist gemein!«
»Halt den Mund«, flüsterte Julian und stieß ihn unter dem Tisch an, denn er sah, dass die Mutter die Stirn runzelte. »Frau Layman ist eine nette alte Dame und hat uns immer etwas mitgebracht, als wir klein waren«, fügte er laut hinzu.
»Wir können heute sowieso nicht ewig unterwegs sein, weil George heute Nachmittag mit dem Zug aus Kirrin ankommt«, erinnerte Anne. »Und Timmy natürlich!« Anne strahlte, als sie an ihren vierbeinigen Freund dachte.
»Wann genau kommen sie?«, fragte die Mutter.
Anne wusste es: »Zum Tee wird sie da sein, hat George gemeint. Und sie freut sich schon auf dein leckeres Abendessen!« Anne fiel noch etwas ein. »Wir müssen unbedingt noch einen Begrüßungsknochen für Timmy besorgen!«
»Da ihr gestern Abend einen großen Teil meiner Vorräte vertilgt habt, wird wohl außer dem Begrüßungsknochen noch Einiges andere einzukaufen sein«, sagte die Mutter seufzend. »Was schlagt ihr vor, was es zum Abendessen geben soll?«
»Würstchen!«, riefen alle wie aus einem Munde.
Die Mutter lachte. »Wenn ihr unbedingt wollt, ich habe nichts gegen eure Lieblingsspeise einzuwenden!«
Julian überlegte. »Wenn wir sowieso heute keine große Wanderung machen können, dann könnten wir eigentlich das Einkaufen für dich erledigen, Mutter.«
»Das wäre großartig, Kinder«, sagte die Mutter. »Macht euch einen faulen Vormittag am Strand und genießt den ersten Ferienvormittag – und dann fahrt ihr gleich nach dem Mittagessen zum Einkaufen. So seid ihr zum Tee pünktlich zurück.«
»Sollen wir zum Tee auch Kuchen mitbringen?«, fragte Anne.«
»Ich werde ein paar Rosinenbrötchen backen, und ihr könnt mitbringen, was ihr sonst noch so mögt – aber bitte nicht den ganzen Laden leerkaufen!«
Und so machten sie es. Nach dem Mittagessen stiegen die drei auf ihre Räder und fuhren zum Dorf hinunter. Es war ein wunderschöner Frühlingstag. Das Schöllkraut blühte golden in den Gräben und auf den Wiesen die Gänseblümchen. Dick begann auf einmal zu singen, und die Kühe hoben erstaunt die Köpfe.
Anne lachte. Es war wunderbar, wieder mit den beiden Brüdern zusammen zu sein. Sie vermisste sie sehr während der Schulzeit. Und nun lag beinahe ein ganzer Monat des Beisammenseins mit ihnen und ihrer Cousine George vor ihr. Plötzlich war auch sie derart guter Laune, dass sie in Dicks Lied mit einstimmte und die Brüder sie grinsend von der Seite betrachteten.
»Ach, Anne«, rief Dick, »du bist immer so ein kleines, stilles Mäuschen, wie schön, dich einmal laut zu hören!«
»Eine Maus?«, fragte Anne erstaunt und ein bisschen beleidigt. »Ich soll eine kleine, stille Maus sein? Na, warte nur, vielleicht wirst du dich eines Tages noch wundern!«
»Schon möglich«, Julian lachte, »aber ich bezweifle es. Ein Mäuschen verwandelt sich selten in einen Tiger. Außerdem ist eine Wildkatze in der Familie genug. George zeigt ihre Krallen bei jeder Gelegenheit und brüllt und rast und tobt.«
Alle lachten, als sie sich George als rasenden Tiger vorstellten und Dick verlor einen Augenblick die Herrschaft über sein Rad und fuhr gegen das von Anne. Mit blitzenden Augen drehte sie sich um.
»Pass doch auf, du Idiot! Du hättest mich beinahe umgestoßen. Hast du keine Augen im Kopf, du Blindschleiche?«
»He, Anne, was ist denn in dich gefahren?« Julian war maßlos erstaunt, seine kleine, liebe Schwester so angriffslustig zu sehen.
Anne lachte. »Schon gut, ich habe nur mal gezeigt, dass ich auch anders kann, wenn ich will.«
Dick grinste. »Ich habe dich noch niemals so schimpfen hören. Das war wirklich gut. Wie wär’s, wenn du George auch einmal zusammenstauchst?«
»Hör jetzt auf damit«, entgegnete sie. »Hier ist der Metzger. Holt die Würstchen, ich werde inzwischen den Kuchen kaufen.«
Als Anne wenig später die großen Bäckertüten in ihrem Lenkerkorb verstaute, freute sich Dick: »Das wird eine leckere Teestunde heute.«
»Also lasst uns in die Pedale treten, sonst ist George womöglich vor uns da!«, rief Julian.
»Habt ihr auch den Knochen für Timmy nicht vergessen?«, fragte Anne.
»Wir haben so ein Prachtexemplar von Knochen erstanden, dass ich befürchte, Mutter wird ihn viel zu schade für Timmy finden und eine Suppe daraus kochen wollen«, berichtete Julian. »Ich werde ihn lieber verstecken, bis Timmy kommt.«
Anne lachte. »Ja, der gute Timmy. Er ist wirklich der beste Hund der Welt. Wie viele Abenteuer er schon mit uns erlebt hat. Und er hat jedes einzelne davon genossen!«
»Wir etwa nicht?«, sagte Dick. »Wer weiß, vielleicht erleben wir in diesen Ferien auch wieder etwas. Ich rieche es förmlich, ihr nicht auch?«
»Untersteh dich«, sagte Anne. »Ich will meine Ruhe haben nach der vielen Mühe in der Schule. Ich habe ganz schön geschuftet.«
»Und bist Klassenbeste geworden«, sagte Julian und nickte anerkennend. »Du hast dir wirklich ruhige Ferien verdient. Und die sollst du auch haben, verlass dich drauf. Keine Abenteuer, das ist abgemacht. Hast du gehört, Dick? Keine Abenteuer!«
Anne warf ihrem Bruder einen zweifelnden Blick zu. »Das glaubst du doch selbst nicht«, sagte sie. »Na ja, wir werden sehen.«
Aussicht auf eine herrliche Aussicht
Timmy stand, die Ohren gespitzt, mitten auf der Straße, wedelte mit dem Schwanz und geriet außer sich vor Freude, als er die drei auf ihren Rädern um die Wegbiegung kommen sah. Freudig bellend raste er auf sie zu.
»Timmy, mein Lieber – ihr seid schon da!«, jubelte Anne, die schnell abgestiegen war, damit Timmy sie nicht umwarf, und strich über sein dichtes Fell. »Lass die Zunge nicht so heraushängen, sonst verlierst du sie noch.«
Timmy war vor Freude ganz aus dem Häuschen – so lange hatte er seine Freunde nicht mehr gesehen.
»Nun ist es aber genug, alter Junge«, sagte Dick und stieg wieder auf sein Rad. »Und wo ist George?«
Auf Timmys Gebell hin war sie aus dem Haus gekommen, stand auf der Straße und erwartete sie lachend. »Ah, ihr habt eingekauft!«, rief sie. »Sei still, Timmy. Tut mir leid, dass ihr in diesen Ferien nicht zu uns kommen konntet, aber ich bin froh, dass ich bei euch sein kann. Mein Vater sucht mal wieder irgendwelche Unterlagen. Selbst bei Mutter im Nähkästchen hat er danach herumgewühlt. Es ist das reinste Irrenhaus bei uns, alle Schränke werden ausgeräumt, sogar der Küchenschrank. Ich weiß auch nicht, wie er darauf kommt, dass sie dort sein könnten.«
»Ich kann mir das lebhaft vorstellen«, sagte Dick. »Dein Vater rauft sich die Haare und hat die wertvollen Unterlagen wahrscheinlich in den Papierkorb geworfen.«
»Mensch, daran haben wir nicht gedacht!«, schrie George. »Ich werde meine Mutter sofort anrufen, damit sie dort nachsieht. Dick, die Idee ist genial!«
»Ja, tu das, wir stellen einstweilen unsere Räder weg«, sagte Julian. »Steck deine Nase nicht in das Würstchenpaket, Timmy. Mutter ist allergisch gegen Würstchendiebe.«
In diesem Augenblick kam George auf sie zugelaufen. »Sie sind da!«, rief sie schon von Weitem. »Meine Mutter hat gleich nachgesehen, du hast recht gehabt, Dick.«
»Wie immer«, er nickte, »wie immer.«
George lachte. »Übrigens«, fragte sie dann, »wer ist eigentlich diese Frau Layman, die heute zum Tee kommt? Eure Mutter hat mir davon erzählt. Müssen wir dabei sein? Ich hätte große Lust, irgendwo zu picknicken.«
»Daraus wird leider nichts«, sagte Dick. »Frau Layman will irgendetwas mit uns besprechen. Folglich haben wir gestriegelt und gebürstet zu erscheinen. Und selbst du musst dich benehmen!«
George gab ihm einen kleinen Stoß in die Seite und Dick stupste zurück. »Übrigens hast du heute etwas versäumt, George. Du hättest Anne sehen sollen, sie hat mich angebrüllt und mir die Krallen gezeigt wie ein Tiger, und …«
»Idiot«, sagte Anne. »Mach dich ruhig lustig …«
George lachte. »Was? Das kann ich mir ja gar nicht vorstellen! Brüllen und Fauchen passt doch gar nicht zu dir!«
»Wieso nicht? Na, wartet’s nur ab, eines Tages werdet ihr noch euer blaues Wunder erleben.«
»Schon gut«, besänftigte Julian sie. »Kommt, wir gehen ins Haus, Timmy interessiert sich zu sehr für die Tüten und wird sich noch unseren Kuchen einverleiben. Lass das, Timmy!«
»Wuff«, machte Timmy und wandte sich dem Paket mit dem Knochen zu.
»Ja, das ist für dich«, sagte Anne. »Und viel Fleisch ist dran. Den gibt’s aber erst später. Pfui, Timmy, lass das, die sind nicht für dich. Nein, dieser Hund ist doch zu verfressen. Man könnte denken, du lässt ihn hungern, George.«
»Dann denkst du falsch«, sagte George empört.
Sie gingen hinein und lieferten ihre Einkäufe in der Küche ab. Die Köchin Doris warf Timmy einen misstrauischen Blick zu.
»Bringt lieber den Hund raus«, sagte sie. »Ich muss den Tee vorbereiten. Wirst du wohl, nimm deine Pfoten von meinem sauberen Tisch!«
Timmy zog sich gekränkt zurück. Es war ein Jammer, dass Köchinnen keine Zuneigung zu ihm empfanden. Er für sein Teil fand sie äußerst anziehend, denn sie dufteten immer so gut, und in ihrer Umgebung gab es viele Leckerbissen.
Nur wenig später läutete es an der Haustür und eine ältere Dame erschien, die die Kinder freundlich begrüßte.
»Herzlich willkommen, Frau Layman«, sagte die Mutter. »Nehmen Sie doch bitte Platz. Wir freuen uns sehr über Ihren Besuch.«
»Ich bin gekommen«, sagte Frau Layman, »um die Kinder um etwas zu bitten. Oh, welch ein zauberhaft gedeckter Tisch! Wie gut, dass ich einen rechten Appetit mitgebracht habe.«
Den hatten die Kinder auch und bald waren Sandwiches und Rosinenbrötchen, Törtchen und Kekse verschwunden. Timmy saß neben George, die ihm ab und zu, wenn es niemand sah, etwas zuschob. Endlich rückte Frau Layman mit ihrem Anliegen heraus.
»Nun«, sagte sie, »ich wollte eure Mutter fragen, ob ihr drei und euer Cousin«, sie nickte George freundlich zu, »ob ihr mir vielleicht aus einer Verlegenheit helfen könntet.«
Niemand klärte Frau Layman darüber auf, dass George ein Mädchen war, und George strahlte. Genau das wollte sie: als Junge gelten.