Buch:
Seit seine Mutter ihn als Kind verlassen hat, lebt der dreißigjährige Michele von der Außenwelt abgeschottet im Bahnhofshäuschen eines verschlafenen, idyllischen Dorfs in Italien. Seine einzige Gesellschaft sind die liegen gebliebenen Gegenstände, die er im täglich ein- und ausfahrenden Zug einsammelt und in seinem Zuhause um sich schart. Doch dann begegnet ihm Elena, die sein Leben wie ein Wirbelwind auf den Kopf stellt und ihn aus seiner Einsamkeit reißt. Als er kurz darauf sein mit seiner Mutter verschwunden geglaubtes Tagebuch wiederfindet, gibt dies den Anstoß für eine wundersame Reise quer durch Italien, die Micheles ganzes Leben verändern wird …
Autor:
Salvatore Basile wurde in Neapel geboren und lebt heute in Rom, wo er als Drehbuchautor und Regisseur arbeitet. Seit über zehn Jahren lehrt er Drehbuchschreiben an der Alta Scuola in Media Comunicazione e Spettacolo dell’Università Cattolica in Mailand. Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands ist sein erster Roman.
Besuchen Sie uns auch auf www.facebook.com/blanvalet und www.twitter.com/BlanvaletVerlag
SALVATORE BASILE
ROMAN
DEUTSCH VON ELVIRA BITTNER
Die Originalausgabe erschien 2016 unter dem Titel
»Lo strano viaggio di un oggetto smarrito« bei Garzanti S.r.l., Mailand.
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Das Zitat auf folgender Seite stammt aus:
Jorge Luis Borges, Gesammelte Werke in zwölf Bänden.
Band 5: Der Erzählungen erster Teil.
Universalgeschichte der Niedertracht / Fiktion / Das Aleph
Herausgegeben von Gisbert Haefs und Fritz Arnold.
Aus dem Spanischen von Karl August Horst, Wolfgang Luchting
und Gisbert Haefs.
© 2000 Carl Hanser Verlag München
1. Auflage
Copyright der Originalausgabe © 2016 by Salvatore Basile
License agreement made through: Laura Ceccacci Agency
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2017
by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Redaktion: Kathrin Wolf
© Johannes Wiebel | punchdesign,
unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com
(fotosutra; Stokkete; Dar1930; bouybin; LenaSunny)
KW · Herstellung: sam
Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach
ISBN 978-3-641-19502-1
V003
www.blanvalet.de
Für Tina, meine ganze Kraft
Für Viola und Arianna, meinen Atem
Für Roberto und Geppina, Ursprung meiner besten Seite
Es ist verrückt, alle Rosen zu hassen,
nur weil eine Rose dich gestochen hat,
alle Träume aufzugeben,
nur weil einer sich nicht erfüllt hat,
auf jeden Neubeginn zu verzichten,
nur weil einer gescheitert ist …
Da werden immer andere Gelegenheiten sein,
andere Freundschaften, eine andere Liebe,
eine neue Kraft.
Auf jedes Ende folgt ein neuer Anfang.
Antoine de Saint-Exupéry
»Mama …«
Die Frau dreht sich um, überrascht.
»Michele …«
Der Junge lächelt. Er hat seine Schultasche über der Schulter hängen und ist ein wenig außer Atem.
»Wir durften eine Stunde früher gehen, die Lehrerin ist krank …«
Die Frau nickt, sieht ihn aber nicht an.
Der Junge geht auf sie zu, will ihr sagen, dass er furchtbar schnell nach Hause gerannt ist, das Meer ganz wild war und er die roten Fahnen, die Gefahr bedeuten, im Wind hat flattern sehen, obwohl November ist und sich kein Mensch am Strand aufgehalten hat.
Aber dann fällt sein Blick auf das rote Heft in der Hand seiner Mutter.
»Das wirst du doch wohl nicht lesen wollen? Das ist mein geheimes Tagebuch …«
»Ich weiß, keine Sorge.«
Die Frau will ihm das Heft gerade zurückgeben, als sie mitten in der Bewegung innehält.
»Wenn ich dir verspreche, dass ich es nicht lese, darf ich es dann behalten?«
Michele versteht nicht: Warum sollte sie es behalten, wenn sie es gar nicht lesen will? Aber er weiß ja, wenn man erst sieben ist, gibt es eben jede Menge Dinge, die die Großen verstehen und man selber noch nicht.
»Gibst du es mir später wieder?«
Die Frau nickt kaum merklich.
»Versprichst du’s mir?«
Sie zögert.
»Versprichst du’s mir?«, fragt der Junge beharrlich.
»Ich versprech’s dir.«
Die Frau steckt das rote Heft in ihren Koffer und macht ihn zu. Michele bemerkt das Gepäckstück erst jetzt.
»Was hast du vor, fährst du weg? Wo willst du denn hin?«
Sie hat damals nicht geantwortet.
Vielleicht wurde ihre Stimme aber auch vom Rattern des ankommenden Zugs übertönt.
Michele kennt das metallische Kreischen und das rhythmisch schnaufende Geräusch nur zu gut, den plötzlichen warmen Windstoß, der, angeschoben durch die bremsende Lokomotive bei offen stehenden Fenstern durch die Wohnung fegt, das seltsame Gefühl, dass der Zug direkt in die Küche einfahren und im Gang zum Stehen kommen könnte, dass die Fahrgäste aussteigen und ihm im Schlaf die Spielsachen klauen könnten.
Als die Frau nach dem Koffer greift, blickt der Junge sie wie gebannt an, als müsste er sich später an sie erinnern. Ihre schmale, leicht nach oben weisende Nase, die Augen, schwarz schillernde Ölpfützen, die weichen Wellen der kastanienbraunen Haare, die Lippen, die ihn immer an Kirschen erinnern. Doch nun, da sie auf die Tür zugeht, scheint sich ihr Bild im Halbdunkel der heruntergelassenen Rollläden aufzulösen.
»Wann kommst du zurück, Mama?«
Sie nimmt einen tiefen Atemzug, verschlingt förmlich die Luft, die ihr in die Lungen strömt und alle Schwäche, alles Bedauern vertreibt. Nur die Schuldgefühle nicht. Die Schuldgefühle, das weiß sie, wird sie mitnehmen müssen, wie ein Gepäckstück, das man nicht auspacken und auch nicht in Verwahrung geben kann.
»Sobald ich kann«, flüstert sie.
Sonnenlicht umfängt sie, als sie über die Schwelle tritt.
Michele geht ihr nach.
Sie ist in den Zug gestiegen.
Der Junge lässt die Mutter nicht aus den Augen, läuft mit der immer noch umgehängten Schultasche den Bahnsteig an dem einzigen Gleis entlang, während sie drinnen im Zug auf der Suche nach einem Sitzplatz von einem Waggon in den nächsten geht.
Dann sieht er plötzlich seinen Vater, der in seiner Eisenbahneruniform dasteht und die Trillerpfeife an die Lippen setzt, um den Zug in die Ferne zu schicken.
Aber warum haben er und Mama sich nicht voneinander verabschiedet? Warum pfeift Papa überhaupt? Weiß er denn nicht, dass der Zug dann losfahren wird und Mama mit sich fortnimmt?
1.
Sie hockten alle zusammen in dem dunklen Zimmer. Es war der letzte Abend im November, und auch heute fuhr der Interregio aus Piana Aquilana – Ankunft 19.45 Uhr – wieder pünktlich auf die Minute in den Bahnhof von Miniera di Mare ein.
Bewegungslos horchten sie auf das Schnaufen der Lokomotive und das metallische Kreischen der Bremsen, die in die Stille des Raums eindrangen. Auch als die Holzbohlen des Fußbodens unter dem Druck der sich festfressenden Bremsen und dem kraftvollen letzten Schnaufer der Maschine erzitterten, verharrten sie unerschütterlich auf ihren Plätzen. Dann war es wieder still.
Später würde sich die Tür der kleinen Wohnung öffnen, und der Mann aus dem Zug würde heimkommen.
Wie jeden Abend.
Die Fahrgäste waren schon dabei auszusteigen. Michele stand auf dem Bahnsteig und sah ihnen nach, wie sie sich in Richtung Ausgang entfernten, um nach Hause zu gehen oder wohin auch immer. Die erwartungsvollen Mienen der Reisenden waren ihm nur zu vertraut, die Art, wie sie sich umsahen, als würden sie zum ersten Mal in die Freiheit hinaustreten, als wäre die allabendliche Heimkehr eine immer wieder neue Erfahrung, ein unerwartetes Wunder.
Auf dem Weg zum letzten Waggon fiel sein Blick auf sein Spiegelbild in einem der Zugfenster. Er blieb stehen, um sein Gesicht zu betrachten: das Gesicht eines jungen Mannes von dreißig Jahren, umrahmt von kastanienbraunem Haar, das an den Schläfen allmählich dünner zu werden begann, und mit Augen, schwarz wie Ölpfützen. Wie immer trug er seine Eisenbahnerjacke, die ihm um die Hüften herum etwas weit zu werden begann.
»Michele …«
Hastig wandte er sich der wohlbekannten Stimme zu. Sie gehörte dem Kontrolleur, der zusammen mit dem alten Lokführer auf ihn zukam.
»Sag mal, du würdest mir nicht zufällig deinen überfälligen Urlaub vermachen? Ich habe gehört, du hast noch viel zu viele Tage übrig. Dann hätte wenigstens einer was davon. Was meinst du?« Im Gesicht des Kontrolleurs prangte ein ironisches, fast schon unverschämtes Grinsen.
Michele nickte kaum merklich und gab ein befangenes Lächeln zurück.
»Was würdest du auch damit anstellen? Du bist doch sowieso immer hier …«, fügte der Lokführer hinzu.
»Er hortet freie Zeit, weißt du das nicht? … Er ist ein Sammler nicht genommener Urlaubstage.«
»Ist ja offensichtlich, dass der Junge nicht gerade ein Genießer ist …«
Hässlich lachend entfernten sich die beiden Richtung Ausgang. Die Bahnstation blieb verlassen zurück.
Michele atmete erleichtert auf: Endlich gehörte der Zug nur ihm allein. Wie jeden Abend. Bis zum nächsten Morgen.
Er öffnete die Tür des letzten Waggons und trat ein. Vor ihm lag eine lange Flucht, die er auch heute wieder abzugehen hatte. Er atmete ein und setzte sich in Bewegung, um seinen abendlichen Kontrollgang zu beginnen, der ihn ans andere Ende des Zugs bis hin zur Lokomotive führen würde.
Wie immer drang ihm gleich zu Anfang der vertraute Geruch nach Metall und dem Kunstleder der Sitze in die Nase. Er liebte diesen Geruch, der immer gleich war und doch jeden Abend anders. Mit ihm verwoben war der Geruch der Fahrgäste, die den Zug tagsüber bevölkert hatten, nach ihren Kleidern, nach dem Essen, das sie verspeist hatten, und nach dem kalten Rauch der Zigaretten, heimlich geraucht an den offenen Fenstern in den Gängen. Und schließlich der Kaffee, der ihren mitgebrachten Thermoskannen entströmt war.
Stille. Eine Stille, die ihm Sicherheit gab. Keine Stimmen, keine Gesichter. Zwar erwarteten ihn neben den Gerüchen auch noch Abfälle und Essensreste, aber immerhin waren die Leute selbst verschwunden. Nur eine leise Ahnung von ihrem fernen, unbekannten Leben war noch in der Stille haften geblieben. Es gab niemanden, der hätte beobachten können, wie er von einem Waggon zum anderen ging, niemanden, der lästige Fragen stellte, niemanden, der ihn in die Verlegenheit brachte, erklären zu müssen, warum er ein so einsames Leben führte.
Sorgfältig prüfte Michele, ob alles in Ordnung war, schloss offen stehende Zugfenster, beseitigte Müll und polierte die verchromten Türgriffe.
Als er die Lokomotive an der Spitze des Zuges betrat, sammelte er ein paar nach Wein riechende Plastikbecher und eine fetttriefende Alufolie ein, um gleich darauf den Rückweg zum letzten Waggon anzutreten. Die letzte Etappe seiner Arbeit, das Abgehen der Sitzplätze, war gleichzeitig die, die er am meisten liebte. Es war, als hätten sich die Umrisse der Fahrgäste in die weichen Sitze gegraben und als könnte er sie nun, im Schutz seiner Einsamkeit, in aller Ruhe inspizieren.
Im dritten Waggon, bei Platz 24, stach ihm etwas ins Auge. Er ging näher heran und spürte diese leichte Erregung, die ihn stets befiel, wenn er auf etwas Außergewöhnliches stieß.
Eine kleine Puppe, etwa so groß wie eine Hand, aus schon etwas mitgenommenem Hartgummi. Sie hatte dicke Pausbacken und große blaue Augen, rund wie zwei Monde. Ihr grünes Kleid war aus grober Baumwolle und mit weißen und gelben Blumen gesprenkelt: Margeriten und Sonnenblumen.
Lächelnd nahm Michele sie an sich.
»Willkommen«, flüsterte er und steckte sie in seine Jackentasche.
Als er kurze Zeit später die Haustür öffnete, war immer noch alles unverändert. Jeder Gegenstand befand sich an seinem Platz.
»Tut mir leid für die Verspätung …«, murmelte er müde und schaltete das Licht an, sodass es im Zimmer plötzlich hell war. Langsam ging er zu einem Tisch in der Mitte des Raums und zog die Puppe aus seiner Tasche.
»Wir haben einen Neuzugang«, verkündete Michele und hielt sie in die Höhe, als wollte er sie den anderen Gegenständen vorführen, die er im Laufe der Jahre im Zug gefunden hatte und die sich auf den Regalen und Tischchen seiner Wohnung aneinanderreihten: Dutzende Regenschirme, jede Menge Stöcke, Brillen und Sonnenbrillen, Bücher, Mützen und Hüte, Armbanduhren, Chromfeuerzeuge, Jacken, Westen und Tücher, Kleidungsstücke in allen Größen, auf Kleiderbügeln und an Garderobenständern, Transistorradios und alte Fotoapparate, ein Tonbandgerät, vier Kassettenrekorder, zwei alte Autoradios, ein Handy mit kaputtem Display, mehrere Wollknäuel mit darin steckenden Stricknadeln, Unmengen von Korkenziehern, ein Boxhandschuh, ein paar Trinkflaschen, eine alte Trompete, Mundharmonikas, Steinschleudern, Spielzeugpistolen, ein Fahrradlenker und zu guter Letzt mehrere Rucksäcke und leere Koffer. Inzwischen waren all diese Dinge ein Teil seines Lebens.
Michele trat näher und legte die Puppe bei den anderen Spielsachen ab, die sich dort angesammelt hatten, darunter ein Teddybär, ein kleiner Holz-Pinocchio, eine einarmige Batmanfigur aus Gummi und ein Roboter. Schweigend betrachtete er die Komposition, dann glitt sein Blick weiter zu einem gerahmten Foto an der Wand: Es zeigte einen Mann von etwa vierzig Jahren mit traurigem Blick, der in einer Eisenbahneruniform steckte. Daneben eine junge Frau mit kastanienbraunem Haar, die einen lächelnden Jungen an der Hand hielt, die Augen schwarz wie zwei Ölpfützen. Das Foto war vor einem kleinen Haus aufgenommen, das auf die Bahnhofsgleise von Miniera die Mare hinausging, dem Licht nach zu urteilen an einem eher wolkigen Herbsttag.
Im Inneren des Hauses, desselben wie auf dem Foto, erklang das Dingdong der kleinen Pendeluhr. Michele fuhr zusammen, drehte sich um und fixierte das Zifferblatt. 20.30 Uhr. Abendessenszeit. Um Punkt 22 Uhr würde er schlafen gehen, um sich am nächsten Morgen um 6.15 Uhr für die Abfahrt des ersten und einzigen Zuges fertig zu machen. Er hatte sein Leben auf den Rhythmus der Bahnstation ausgerichtet, deren einziger Wärter er war. Ein Leben, getaktet nach Abfahrt und Ankunft des Interregio, der Miniera di Mare täglich um 7.15 Uhr verließ und den ganzen Morgen und den ganzen Vormittag seinem Ziel entgegenrollte, um schließlich um 12.45 Uhr in Piana Aquilana anzukommen. Drei Haltestellen waren auf dieser Reise vorgesehen: Solombra Scalo um 7.38 Uhr, Prosseto um 8.15 Uhr und Ferrosino um 9.20 Uhr. Pünktlich um 14.15 Uhr trat derselbe Zug dann die nachmittägliche Rückreise an und traf um 19.45 Uhr wieder in Miniera di Mare ein.
Michele war immer zur Stelle, sowohl, um dem Zug im Morgenlicht nachzublicken, als auch, um ihn bei Sonnenuntergang wieder in Empfang zu nehmen, zumindest im Sommer. Im Winter war es schon dunkel, wenn er abends in die Station einfuhr. Und dann also sein üblicher Kontrollgang. Wohltuende Routine.
Er ging in die Küche, öffnete den Kühlschrank und nahm zwei Eier und einen Teller mit bereits vorgegartem Spinat heraus. Er stellte einen Topf mit Wasser auf den Herd und gab einen halben Würfel Gemüsebrühe hinzu.
Dann breitete er eine Tischdecke über dem Küchentisch aus, holte den Teller mit dem Spinat, ein Glas und eine Flasche Mineralwasser, um dann noch eine Papierserviette sowie Gabel und Löffel dazuzulegen.
Er schlug die beiden Eier in einer Schüssel auf, salzte sie und verrührte sie mit einer Gabel. Anschließend ließ er sie in die kochende Brühe einlaufen.
Er rechnete mit drei Minuten Kochzeit, bis die Stracciatella schön weich würde und nicht zu viel von der Brühe verdampfte.
Während er den Eiern beim Gerinnen zusah, geschah etwas gänzlich Unvorhergesehenes. Es kündigte sich mit einem leisen, aber nachdrücklichen Geräusch an, einem Pochen, das ihm vorkam, als klopfte ein Vogelschnabel ans Fenster. Ein eigensinniges Rotkehlchen vielleicht. Es wäre nicht das erste Mal. Allerdings geschah das eher tagsüber, wenn die Tiere die im Sonnenlicht blitzende Fensterscheibe mit einer glitzernden Wasserpfütze verwechselten. Aber draußen war es schon dunkel, und Rotkehlchen schliefen bei Dunkelheit. Außerdem pickten sie immer nur wenige Sekunden an das Glas. Dieses Klopfen aber wollte gar nicht aufhören, sondern wurde im Gegenteil drängender und lauter. Fast hatte Michele den Eindruck, der Eindringling wollte die Scheibe einschlagen. Ganz deutlich war jetzt auch eine Frauenstimme zu hören, die keinesfalls nach einem Rotkehlchen klang.
»Ist da jemand? Bitte … Ist da jemand?«
Michele fuhr erschrocken zusammen: Es war durchaus nicht üblich, dass sich jemand zu so später Stunde an der Station herumtrieb, und dass man einfach so an seine Haustür klopfte, war überhaupt noch nie vorgekommen. Er warf einen besorgten Blick auf die vor sich hinköchelnde Stracciatella und dachte, dass er den öffentlichen Zugang noch nicht abgeschlossen hatte. Gewiss, oft erledigte er das erst nach dem Abendessen, bevor er schlafen ging, aber genau das hatte sich in diesem Moment als fataler Fehler erwiesen. Wie hatte sein Vater immer gesagt? »Man kann nie vorsichtig genug sein!« Und er hatte eindeutig recht gehabt, auch wenn ihm seine Vorsicht kein langes Leben beschert und auch nicht verhindert hatte, dass seine Frau an einem relativ warmen Novembermorgen in den Zug gestiegen und auf Nimmerwiedersehen verschwunden war.
Er nahm sich fest vor, den Zugang von morgen an immer schon vor dem Abendessen abzuschließen. Jetzt allerdings konnte er nicht länger ignorieren, dass dieses Weibsbild da draußen immer heftiger gegen seine Haustür hämmerte. Wenn sie so weitermachte, würde die Scheibe am Ende wirklich noch in tausend kleine Splitter explodieren.
»Warum antwortet mir denn keiner? Ich sehe doch, dass Licht brennt …«, rief sie. Ihre Stimme war nun sehr laut.
Michele seufzte und verbrachte eine weitere Minute damit, im Kopf zu überschlagen, wie lange die Stracciatella noch köcheln musste und ob er es in dieser Zeit schaffen würde, der aufdringlichen Dame zu erklären, dass der Zug erst am nächsten Morgen um 7.15 Uhr abfuhr, ihr höflich den Weg zum Ausgang zu weisen und dann in die Küche zurückzukehren und den Herd auszuschalten. Wenn er das hinbekam, würde ihn aber ganz sicher nichts und niemand mehr daran hindern, in seiner gewohnten Seelenruhe zu Abend zu essen! Und zwar allein. In Sicherheit.
Er durchquerte das Zimmer mit den Fundsachen, ging eilig zur Haustür und öffnete sie. Er fand sich einer jungen Frau im Trainingsanzug gegenüber, nicht älter als fünfundzwanzig, deren langes schwarzes Haar zum Pferdeschwanz gebunden war. Ihre großen Augen waren von einem ungewöhnlichen Grau, das im Licht der Deckenlampe kleine grüne Fünkchen zu sprühen schien. Ihr ebenmäßiges Gesicht war völlig ungeschminkt, und sie reichte Michele, selbst nicht größer als eins achtzig, bis zur Schulter. Sie war nicht im eigentlichen Sinne schön, aber sie hatte ein entwaffnendes Lächeln.
»Ciao … guten Abend, meine ich. Ich bin Ele. Also, eigentlich heiße ich Elena«, sagte sie, und es klang, als wollte sie sich für ihren Namen entschuldigen.
Michele versuchte, dem Mädchen zuvorzukommen, bevor es auf die Idee kam, ihn in ein Gespräch zu verwickeln.
»Der nächste Zug fährt morgen um 7.15 Uhr«, sagte er schnell, »und …«
»Ich weiß – ich fahre jeden Tag mit dem Zug«, unterbrach ihn Elena.
Michele wusste nicht, was er sagen sollte. Er öffnete den Mund, aber das Mädchen kam ihm schon wieder zuvor.
»Weißt du, ich bin Pendlerin, und mein Platz ist die 24 im dritten Wagen. Ich fahre jeden Morgen von Solombra Scalo bis Prosseto. Da arbeite ich, aber das wirst du dir schon gedacht haben. Am Nachmittag, wenn ich fertig bin, geht’s wieder nach Solombra zurück. Aber das ist eigentlich völlig unwichtig. Es ist so, dass … also, vielleicht kannst du mir helfen. Ich hab was im Zug verloren, heute früh erst … und da das hier ja die Endhaltestelle ist, dachte ich, ob du vielleicht … also, ob es vielleicht sein könnte, dass du eine kleine Puppe gefunden hast?«
Michele fiel keine Erwiderung ein. In den fast zehn Jahren, die er in der Station arbeitete, hatte noch nie jemand nach einem verlorenen Gegenstand gefragt. Fast immer waren es wertlose Dinge, und selbst wenn nicht – normalerweise machte sich niemand die Mühe, ernsthaft nach den Sachen zu suchen. Abgesehen davon konnte er sich auch wirklich nicht vorstellen, dass die abgegriffene Puppe für irgendjemanden von besonderem Wert war.
»Also? Weißt du was von Milù?«
»Milù?«
»Ja, die Puppe … So heißt sie.«
Michele zögerte. Das hier war wirklich alles andere als ein korrektes Vorgehen: Er hatte Feierabend und befand sich in seinen eigenen vier Wänden, und auch wenn die nicht auf dem Bahnhofsgelände lagen, war das noch lange kein Grund, sein Haus als Fundbüro zu betrachten! Davon abgesehen: Die Fundsache musste morgen katalogisiert werden. Erst dann konnte sie innerhalb der üblichen Bürozeiten seiner rechtmäßigen Eigentümerin zurückgegeben werden. Und genau das würde er diesem Mädchen jetzt verklickern.
»Ähm … ja, vielleicht habe ich eine Puppe gefunden, aber …«
Es gelang ihm nicht, den Satz zu Ende zu bringen, denn Elena stieß einen gellenden Jubelschrei aus und fiel ihm unvermittelt um den Hals. Noch bevor er wusste, wie ihm geschah, hatte sie ihm einen dicken Kuss auf die Backe gedrückt. Es war das erste Mal, dass ihn jemand umarmte, seit seine Mutter fortgegangen war. Und es war erst recht das erste Mal, dass eine Frau ihn küsste.
Wie zur Salzsäule erstarrt stand er vor ihr. Offensichtlich hatte Elena seine Verlegenheit bemerkt, denn sie zog sich schnell zurück, grinste ihn aber weiterhin breit an, als wäre die Welt etwas absolut Wunderbares.
»Du musst mir verzeihen … Ich weiß, ich kann ziemlich überschwänglich sein. Das sagen alle. Aber wenn ich mich freue, kann ich mich einfach nicht bremsen. Es ist … wie soll ich das erklären? Als ob ich einen Schlag bekäme, also einen elektrischen, meine ich. Ja genau, so ungefähr.«
Michele starrte sie wie betäubt an. Auf seiner Stirn bildeten sich erste Schweißtröpfchen.
»Oh Gott, du weißt ja gar nicht, wie glücklich ich bin … Aber wo ist sie denn nun?«
»Äh, wer?«
»Na Milù. Wo steckt sie? Kann ich sie wiederhaben?«
Michele wurde von der leisen Ahnung beschlichen, dass es besser wäre, sich über das übliche Verfahren hinwegzusetzen und ihr die Puppe gleich zurückzugeben. Dasselbe morgen noch mal, mit diesem Wirbelwind von einer jungen Frau, das konnte Konsequenzen haben, die nicht zu überblicken waren.
Er bedeutete ihr zu warten. »Ich gehe sie holen, dann können wir schauen, ob es sich wirklich um die richtige Puppe handelt.«
Hastig und bevor Elena etwas erwidern konnte, machte er auf dem Absatz kehrt und eilte ins Haus.
Er durchquerte das Zimmer mit den Fundsachen. Als er gerade nach dem Püppchen auf dem Spielzeugregal greifen wollte, hörte er ihre Stimme hinter sich.
»O MEIN GOTT!!!«
Michele fuhr herum, verdattert wie ein Dieb, den man in flagranti erwischt hatte.
Sie stand mitten im Zimmer und sah sich erstaunt um.
»Aber … ist das hier etwa … das Fundbüro?«
»Verlasse auf der Stelle mein Haus!«, hätte Michele am liebsten gebrüllt, aber er hatte das Gefühl, als hätte sein Atem ausgesetzt und als hätte er gar nicht genug Luft dafür. Seit dem Tod seines Vaters, oder besser seit dessen Beerdigung, hatte niemand mehr einen Fuß in seine Wohnung gesetzt. Das war fast elf Jahre her, und jetzt wurde ihm bewusst, dass er keine Übung mehr hatte im Umgang mit Menschen. Sich in den eigenen vier Wänden nicht nur mit stummen Gegenständen, sondern mit einer Person aus Fleisch und Blut auseinanderzusetzen – das war er nicht mehr gewohnt. Wie hatte das nur geschehen können, und wann hatte die Einsamkeit die Oberhand in seinem Leben gewonnen? Wann war die Stille hier eingezogen, wann waren die täglichen Verrichtungen und die Abwesenheit anderer zur Essenz seines Lebens, oder vielleicht besser, Überlebens geworden?
Elena hatte begonnen, im Zimmer auf und ab zu gehen, sämtliche Gegenstände eingehend zu studieren und zu allem Überfluss noch wortreich zu kommentieren. »Meine Güte, das ist ja unglaublich, dass die Leute all diese Dinge einfach vergessen haben. Und dass sie dann nicht mal herkommen, um sie sich wiederzuholen! Sieh nur, hier … seit ich klein war, habe ich keinen Kassettenrekorder mehr gesehen … Und diese Autoradios erst! Ich weiß noch, dass mein Vater so eins hatte und es beim Aussteigen immer unter dem Sitz versteckt hat. Einmal hat jemand das Fenster eingeschlagen und es trotzdem geklaut.«
Sie griff nach einem Boxhandschuh und zog ihn sich über die Hand.
»Toll!«, rief sie hin und her hüpfend, während sie ihre Fäuste wie im Ring durch die Luft wirbelte. »Weißt du, dass ich früher immer boxen wollte? Aber dann hatte ich Angst, dass mir jemand die Nase bricht, also habe ich lieber mit Pilates angefangen. Habe ich dann aber auch nicht weitergemacht. Ich bin nicht sehr beständig, weißt du? Vielleicht müsste ich einfach mal ein richtiges Ziel haben, etwas, das mich wirklich packt, und mich dann voll hineinstürzen. Aber was soll ich machen? Es gibt viel zu viele Dinge, die mich interessieren. Oh, das ist aber eine schöne Jacke … kann ich die mal anziehen?«
Michele hob schwach die Hand, wie um Elena aufzuhalten, aber da hatte sie sich die Jacke schon halb übergezogen. Nur der Boxhandschuh hinderte sie daran, auch den anderen Arm einzufädeln.
»Ach Mist, wie dumm von mir … ich hätte den Handschuh vorher ausziehen sollen. Kannst du mir … Entschuldigung, wie heißt du noch mal?«
»Mi… Michele.«
»Oh, ciao, Michele. Also, ist mir ein Vergnügen. Dass ich Elena heiße, hab ich dir schon gesagt, nicht wahr? Also kannst du mich jetzt bitte befreien?«
Sie kam näher und hielt ihm den Handschuh hin. Seine Hände zitterten und er war ganz fahrig, als er mit einem Ruck daran zog. Sie dankte ihm mit einem strahlenden Lächeln und streifte sich dann die Jacke über, ein leichtes Damenjackett in einem herbstlichen Grünton, der perfekt zu ihren Augen passte.
»Und, wie sehe ich aus?«, fragte sie und drehte eine leichtfüßige Pirouette. Michele hätte nie gedacht, dass die Jacke so elegant wirken könnte.
»Wenn du willst … kannst du sie behalten«, wisperte er. Er konnte nicht glauben, dass es seine Stimme war, die das gesagt hatte. Wahrscheinlich war er noch verblüffter als Elena selbst, die überrascht die Augen aufriss und ihn anstrahlte, als wollte sie das ganze Zimmer zum Leuchten bringen. Bestimmt war ihm das nur so herausgerutscht, um dieses aufdringliche Mädchen so schnell wie möglich loszuwerden und in seine Stille und das Alleinsein zurückzukehren. Doch davon konnte fürs Erste keine Rede sein, denn schon fand er sich von Neuem in einer Umarmung wieder, offenbar auch dies ein Ausdruck ehrlicher, überschwänglicher Freude.
»Michele, bist du denn verrückt geworden? Was für ein wunderschönes Geschenk!«, rief Elena und platzierte noch einen dicken, schmatzenden Kuss auf seiner Wange. Michele schluckte und sah ihr wortlos zu, wie sie überglücklich Pirouetten drehte. Dann wurde sie plötzlich ernst.
»Aber wenn nun jemand kommt und seine Jacke wiederhaben will? Was machst du dann? Denkst du dir eine Geschichte aus?«
»Mach dir keine Sorgen … Es wird keiner danach fragen«, antwortete er verlegen und wandte ihr den Rücken zu, vorgeblich, um sich dem Regal mit den Spielsachen zuzuwenden, in Wirklichkeit jedoch, um sich in Sicherheit zu bringen, bevor sie ihm ein weiteres Mal um den Hals fiel. Außerdem konnte er ihr so gleich die Puppe zeigen.
»Milù!«, jubelte sie und strich ihr liebevoll durch die künstlichen Haare. »Ich bin ja so froh, dass ich dich wiedergefunden habe … Milù wäre wirklich traurig gewesen. Ach so, das muss ich dir noch erklären, Michele: Milù ist meine Schwester. Das heißt, meine Schwester ist natürlich nicht die Puppe, auch wenn die ebenfalls Milù heißt … also, die Puppe, meine ich. Meine Schwester heißt Milù und die Puppe auch. Sie haben denselben Namen, wenn du verstehst. Puppe und Schwester. Und sie hängt ja so wahnsinnig an Milù … meine Schwester, meine ich. Und ich hab sie ihr weggenommen, ohne ihr was davon zu sagen, und wenn ich heute Abend ohne Milù nach Hause gekommen wäre, hätte Milù mir ganz bestimmt eine schlaflose Nacht bereitet. Also meine Schwester Milù. Na gut, schätze, du hast es kapiert, oder?«
Michele nickte erschöpft und streckte ihr die Hand hin, wie um sich von ihr zu verabschieden. Sie drückte sie begeistert, bedankte sich und setzte plötzlich eine besorgte Miene auf.
»Michele, also ich weiß nicht … riecht es hier nicht irgendwie verbrannt?«
Michele wurde bleich und rannte in die Küche.
Von der Stracciatella war nur noch ein kleiner verkohlter Haufen übrig, eingehüllt in dichten schwarzen Rauch, der einmal eine Gemüsebrühe gewesen war. Michele packte den Topf, riss ihn vom Herd und wollte schon zum Spülbecken laufen, als er auf halbem Weg bemerkte, wie heiß die Henkel waren. Er stieß einen leisen Fluch aus, bevor er den Topf ins Becken warf und seine verbrannten Finger schüttelte.
»Hast du dir wehgetan?«, fragte Elena, die nun ebenfalls mitten in der Küche stand, besorgt.
Michele stöhnte. Offensichtlich hatte dieses Mädchen keinen blassen Schimmer davon, dass man nicht einfach in die Häuser und die Leben anderer Leuten einbrach, ohne vorher um Erlaubnis zu bitten.
»Ist nicht schlimm«, murmelte er, »du gehst jetzt wohl besser und …«
»Zeig mal.«
Bevor Michele noch etwas einwenden konnte, hatte Elena schon nach seinen Händen gegriffen und untersuchte sie aufmerksam.
»Du hast dich verbrüht. Oder verbrannt, um genau zu sein. Sieh dir nur mal diesen Finger an! Und den hier erst! Wenn wir da nicht gleich was draufschmieren, bekommst du Brandblasen.«
Michele entzog sich ihr entschlossen.
»Das geht schon. Ich halte sie einfach unters Wasser und …«
»Bist du verrückt? Wasser macht es nur noch schlimmer! Wir brauchen eine Brandsalbe. Hast du so was?«
»Nein, aber mach dir keine So …«
»Dann eben Olivenöl. Am besten extravergine. Wo finde ich das?«
Michele sah automatisch zum Küchenschrank neben dem Herd. Elena folgte seinem Blick, und es gelang ihr tatsächlich, die Flasche aufzustöbern. Sie nahm eine Papierserviette vom gedeckten Tisch, gab etwas Öl darauf und sagte Michele, er solle sich setzen. Sie selbst nahm auf dem Stuhl gegenüber Platz.
»Ich mach das schon, gib mir mal deine Hände …«, sagte sie mit einem Lächeln, das ihm unendlich sanft erschien.
Michele fühlte einen leichten Schwindel. Bereitwillig überließ er sich Elena, während die Erinnerung an einen Abend im Mai vor vielen Jahren sein Bewusstsein überlagerte.
»Gib mir deine Hände, dann tun sie gleich nicht mehr weh«, flüstert die Mutter, und der kleine Michele gehorcht. Vorsichtig macht sie sich daran, die Schürfwunden an seinen Fingern zu säubern. Sie erzählt ihm von Kriegern aus alten Zeiten, die so stolz auf ihre Wunden waren, wie sie im Kampf ihre Narben zeigten, damit ihre Feinde erkannten, welch tapfere Männer sie vor sich hatten und wie viele Kämpfe diese schon ausgefochten hatten, ohne je aufzugeben. Die Tränen des Jungen trocknen, er weint nicht mehr. Die Mutter sagt ihm, er solle sein wie ein Krieger, seine Wunden nicht verbergen und niemals kapitulieren im Leben.
»Geht’s besser?«
Michele fuhr zusammen, und ja, er kapitulierte. Auch diesmal wieder. Er kapitulierte, indem er seine Hände zurückzog und sich schnell erhob. Er kapitulierte, wie unzählige Male zuvor in seinem Leben, indem er vorgab, es gehe ihm gut, er fühle keinen Schmerz, er sei ganz bestimmt nicht verletzt. Er kapitulierte und hoffte, dass Elena nun endlich gehen würde, bevor er auf die Idee kam, auf ihre Rückkehr zu hoffen. Niemand kehrte je zurück, auch nicht, wenn er es versprochen hatte. Vor allem dann nicht.
2.
Als der frühe Morgen das Haus in helles Licht tauchte, schienen auch all die Fundstücke, stille Zeugen einer ungewöhnlich quälenden Nacht, erschöpft zu sein.
Michele konnte sie im Badezimmerspiegel sehen, da die Tür nur angelehnt war. Er stand am Waschbecken und war mit seiner Morgenrasur beschäftigt. Als er sich einen kleinen Schnitt unter dem linken Backenknochen zufügte, empfand er keinen Schmerz. Er sah zu, wie ein Blutstropfen langsam über seine Wange lief, sich am Kinn mit Rasierschaum vermischte und ihn rot färbte. Offensichtlich waren seine Hände noch etwas zittrig vom Abend zuvor.
Am Ende war er ohne Abendessen ins Bett gegangen und hatte eine unruhige Nacht verbracht. Immer wieder war er kurz eingeschlafen und dann wieder hochgeschreckt, sobald Elenas Gesicht in seinen Träumen aufgetaucht war.
Er hatte ihr nachgeschaut, als sie, in die grüne Jacke gehüllt und mit dem wiedergefundenen Püppchen in der Hand, fortgegangen war. Sie hatte sich noch einmal umgedreht und ihm zum Abschied gewinkt, bevor sie den Bahnhof hinter sich gelassen hatte. Er war unwillkürlich zurückgezuckt, hatte sich hinter dem Vorgang versteckt und sich redlich bemüht, ein Gefühl der Erleichterung in sich heraufzubeschwören. Später hatte er den von der verbrannten Stracciatella geschwärzten Topf gespült und die Küche wieder in Ordnung gebracht, um sich dann wie jeden Abend seinen Fundsachen zu widmen. Sie waren das einzig Gegenwärtige in seinem Haus, dem er traute.
Erst hatte er die Uhren aufgezogen und sich von ihrem rhythmischen Ticken einlullen lassen. Das Geräusch erinnerte ihn an das vertraute Platschen von Regentropfen, wenn er an Winterabenden auf dem Bahnsteig stand und den Zug erwartete. Dann war sein Blick auf den Boxhandschuh gefallen, den Elena auf dem Tisch zurückgelassen hatte. Er hatte ihn an sich genommen, um ihn wieder auf seinen Platz zu legen, aber dann hatte er dem Impuls, ihn anzuziehen, nicht widerstehen können. Seine Hand, so war es ihm vorgekommen, hatte in dem warmen Innenfutter Elenas Hand gefunden. Verärgert hatte er ihn wieder abgestreift, entschlossen, sich ein Vergnügen, das er sich nicht zugestehen konnte, so schnell wie möglich aus dem Kopf zu schlagen.
In der Nacht war er mehrmals aufgestanden, um sich schließlich um drei Uhr morgens einen Kamillentee zu kochen, in der Hoffnung, dass er dann endlich schläfrig würde. Er hatte sich in der Küche ans Fenster gestellt und die Umrisse des Zugs draußen betrachtet, der ihm im Halbdunkel vorgekommen war wie eine riesige schlafende Schlange. Kurz hatte er daran gedacht, aus dem Haus zu gehen, in den ruhenden Zug zu steigen und sich auf den Platz zu setzen, den sonst Elena jeden Morgen einnahm. Er erinnerte sich gut, es war die Nummer 24, im dritten Waggon. Gleich darauf hatte er die absurde Idee verscheucht und den Teebeutel ins heiße Wasser getaucht, in der Hoffnung, mit dem Schlaf, den er nun finden würde, auch den Riss zu schließen, der sich ganz plötzlich in der Mauer all seiner Sicherheiten aufgetan hatte, die er über die Jahre mit Geduld und Entschlossenheit errichtet hatte.
Er hatte den Fernseher eingeschaltet, noch ein altes Modell mit Leuchtröhre, und sich in einer nächtlichen Wiederholung von Harry und Sally wiedergefunden, einem Spielfilm, den er schon mehrmals gesehen hatte. An seinem Kamillentee nippend war ihm plötzlich aufgefallen, dass ihn Meg Ryan wegen der komischen Grimassen, die sie manchmal schnitt, an Elena erinnerte. Aber solche Gedanken, hatte er sich eingeschärft, durfte er gar nicht erst zulassen. Elena war einfach nur die erste Frau, mit der er nach langen Jahren des Schweigens gesprochen hatte, die erste Person, die zu ihm ins Haus gekommen war und seine Isolation mit einem wahren Paukenschlag durchbrochen hatte. Statt sich davon in Aufruhr versetzen zu lassen, sollte er sie einfach nur so schnell wie möglich vergessen. Also war er aufgestanden und hatte den Fernseher ausgeschaltet, und zwar genau an der Stelle, als Sally im Restaurant einen Orgasmus simulierte. Der Gedanke, dass Frauen ihre Lust nur vortäuschen konnten, stürzte ihn in Hoffnungslosigkeit und verstärkte sein Gefühl schutzlosen Ausgeliefertseins. Wenn man es recht bedachte, hatte ja auch seine Mutter nur so getan, als würde sie ihn lieben, um ihn dann einfach so aus dem Nichts zu verlassen. Und da er selbst noch ein Kind gewesen war, hatte er keine Chance gehabt, nicht auf sie hereinzufallen. »Ich kann Wahrheit nicht von Lüge unterscheiden«, dachte er bitter. Dann – beim letzten Schluck Tee – war ihm die Schlussszene des Films eingefallen, als Billy Crystal Meg Ryan eine Liebeserklärung machte. Mindestens viermal hatte er das schon gesehen, und jedes Mal hatte es ihn fast zu Tränen gerührt. Als würde es ihn persönlich betreffen. Es schien wirklich wahr – er konnte erfundene Geschichten nicht vom wirklichen Leben unterscheiden. Höchste Zeit, ins Bett zu gehen und mit dem Licht auch seine Gedanken auszuschalten.
Um 6.15 Uhr erlöste ihn das Klingeln des Weckers und beendete seinen aussichtslosen Kampf mit der Schlaflosigkeit. Schnell war er auf den Beinen, voller Ungeduld, dem neuen Tag entgegenzutreten und seine alten Gewohnheiten wieder aufzunehmen.
Es war gerade hell geworden, als die ersten Fahrgäste auf den Zug zueilten, der schon zur Abfahrt bereitstand. Fast alle waren Pendler auf dem Weg zur Arbeit, daneben ein paar wenige Touristen und eine Schulklasse, die mit ihren Lehrerinnen einen Ausflug machte. Michele sah zu, wie der Lokführer die Lokomotive bestieg, während der Kontrolleur die Fahrgäste mit der üblichen Leidensmiene zum Einsteigen aufforderte. Pünktlich um 7.15 Uhr fädelte sich der Interregio in den frühen Morgen ein und fuhr zunächst auf gerader Strecke, um dann pfeifend die erste Kurve zu nehmen. In aller Gemütsruhe ratterte er auf die Berge am Horizont zu, vor deren fernem Bild er gegen Abend wieder auftauchen würde.
Den ganzen Tag hindurch verspürte Michele ein neues Gefühl der Einsamkeit. Er verrichtete seine Arbeit am Informationsschalter, überprüfte, ob der Fahrkartenautomat korrekt funktionierte, machte einen Ausflug in die Realität, als er auf dem alten Computer im Büro die Nachrichten las, und atmete die feuchte Luft des Wartesaals, der eigentlich überflüssig geworden war, da ja kaum mehr Züge in Miniera di Mare hielten. Die Zeit bis zum Abend verstrich langsam, monoton, ereignislos.
Eingeschlossen in ein Vakuum, das aus nichts als Vorhersehbarkeiten bestand, fasste Michele dennoch neuen Mut. Er spürte, wie die Erinnerung an die Gefühle des vorigen Abends verblasste, während die Schatten der Pappeln, die den Bahnhof umstanden, mit dem Lauf der Sonne länger wurden und sich über einen Nachmittag legten, den er ebenso wie alle anderen zuvor in Einsamkeit verbrachte.
Dann kam der Zug zurück. Pünktlich auf die Minute erreichte er sein Ziel und brachte die abendliche Dunkelheit mit. Michele beobachtete, wie Schüler und Lehrerinnen eilig zum Bahnhofsausgang strebten, wie die Pendler sich umblickten, in den Gesichtern Zufriedenheit angesichts des wohlverdienten Feierabends, und wie der Lokführer und der Kontrolleur sich auf den Heimweg machten, nachdem sie sich mit einem kurzen Gruß von ihm verabschiedet hatten.
Nun stieg er endlich in den Zug. Zufrieden registrierte er den Geruch nach Metall und Kunstleder. Er atmete ihn tief ein und kam sich dabei vor, als hätte er einen alten Freund wiedergefunden.
Auf seinem Kontrollgang zur Spitze des Zuges sammelte er wie üblich Papiere und Abfälle auf, musste aber immer wieder feststellen, dass er ziemlich zerstreut war. Schneller als sonst durchwanderte er die Waggons. Den Grund dafür kannte er genau, auch wenn er versuchte, ihn vor sich selbst zu verbergen: Er hatte es eilig, in den dritten Wagen zu Platz Nummer 24 zu gelangen. Er versuchte, nicht auf das Pochen seines Herzens zu achten, das immer lauter und schneller wurde. Als er endlich angekommen war, meinte er, einen ganz besonderen Duft in der Luft wahrzunehmen, der sich von den gewohnten Gerüchen des Zugs abhob. Der Duft von Elenas Haut, der förmlich greifbar schien. Verdutzt blieb Michele stehen. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er auf der Nummer 24 eine menschliche Gestalt erblickte, die ihm den Rücken zuwandte. Sein Atem stockte.
Sie war es tatsächlich.
Da saß sie, auf ihrem Platz, die grüne Jacke in der Hand, als hätte sie auf ihn gewartet. Als ihre Blicke sich trafen, hätte Michele für einen Augenblick fast das Gleichgewicht verloren. Hastig ließ er sich in den Sitz ihr gegenüber fallen.
»Aber … was machst du denn hier?«, fragte er mit einer Stimme, von der nur mehr ein Hauch übrig war.
Elena seufzte. Sie schien ihm etwas mitteilen zu wollen, reichte ihm aber nur die Jacke und sagte: »Michele, es tut mir wirklich leid, aber ich muss dir das hier zurückgeben.« Sie klang verletzt.
Er sah sie bestürzt an, unfähig, das Kleidungsstück entgegenzunehmen, das sie ihm immer noch hinhielt. Schließlich legte sie es ihm in den Schoß und setzte zu einer längeren Rede an, die sie allem Anschein nach schon vorbereitet hatte:
»Also, es war ja sehr nett von dir, dass du mir die Jacke geschenkt hast, aber heute früh habe ich ein bisschen im Internet gesurft. Damit wir uns richtig verstehen, ich hab das nicht gemacht, weil ich dir nicht vertraue oder so, sondern einfach, weil ich wissen wollte, wie deine Arbeit funktioniert. Um es kurz zu machen: Diese ganzen Sachen, die du da sammelst … ich hab rausgefunden, dass du die gar nicht behalten darfst. Das heißt, bis zu zwei Wochen schon, danach musst du sie bei der Polizei abgeben. Die Polizei schickt sie dann ans Fundbüro und dort werden sie ein Jahr lang aufbewahrt. Wenn niemand sie haben will, werden sie zur Auktion freigegeben, damit jeder, der Interesse hat, sie kaufen kann.«
»Das weiß ich doch alles«, sagte Michele, bleich geworden.
»Ach, das weißt du alles? Und warum behältst du die Sachen dann bei dir, statt sie abzugeben? Vielleicht laufen da draußen Leute rum, die nach ihnen suchen und nur nicht auf die Idee kommen, bei dir nachzufragen.«
»Du bist tatsächlich die Einzige, die das je getan hat …« Michele war wie hypnotisiert.
Elena seufzte und sagte dann in einem Ton, aus dem Bedauern, aber auch Offenheit herauszuhören waren: »Michele … hör zu, du scheinst mir ein anständiger Kerl zu sein, und genau deshalb solltest du die Sachen abgeben. Vielleicht kannst du sie nach und nach zur Polizei bringen, sodass man dir keine unangenehmen Fragen stellt und sich alles in Wohlgefallen auflöst. Ich habe nicht vor, dich anzuzeigen, aber ich finde es einfach nicht richtig, dass du das Zeug behältst … Das war es, was ich dir sagen wollte.«
Sprachlos starrte Michele sie an. Mit ihrer bekümmerten Miene schien sie noch schöner als zuvor. Ihr Anblick bereitete ihm unerträglichen Schmerz. Sie sollte ihn nicht für einen schlechten Menschen halten. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie Nachforschungen anstellen würde, aber genau genommen hatte er auch nicht damit gerechnet, dass Elena plötzlich in sein Haus schneien und von seinen Gedanken Besitz ergreifen würde. Er war entschlossener denn je, sie aus seinem Leben zu vertreiben, so wie er im Lauf der Zeit jegliche Quelle sinnloser Illusionen und vermeidbarer Schmerzen aus seinem Dasein entfernt hatte. Ihm kam ein Gedanke: Wenn sie ihn für einen Lügner hielt und glaubte, dass er sich die Sachen unrechtmäßig angeeignet hatte, würde sie bestimmt aus freien Stücken aus seinem Leben verschwinden. Aber im Grunde seines Herzens wollte er weder, dass sie verschwand, noch, dass sie eine falsche Meinung von ihm hatte.
»Ich … ich habe sie ja zurückgegeben, und zwar alle«, sagte er zögerlich.
Elena musterte ihn mit einer Mischung aus Überraschung und Verärgerung. Abrupt stand sie auf.
»Ach ja? Du hast sie zurückgegeben? Wann denn bitte? Heute früh? Das will ich sehen …«
Mit grimmiger Miene stürmte sie auf die Waggontür zu. Wie vor den Kopf geschlagen griff Michele nach ihrer Jacke und folgte ihr.
Wenig später stand Elena in seinem Wohnzimmer, in dem sich immer noch genauso viele Gegenstände befanden wie am Abend zuvor. Sie seufzte und musterte Michele enttäuscht.
»Alles noch da. Warum lügst du mich an? Machst du dir einen Spaß daraus, die Leute zum Narren zu halten?«
Michele bedeutete ihr zu warten, ging zu einem Kästchen und entnahm ihm einen Papierstapel.
»Lies«, sagte er schlicht. Aufmerksam studierte Elena die Unterlagen. Vom Fundbüro ausgestellte Quittungen für jeden einzelnen Gegenstand in diesem Zimmer.
»Das heißt also … du … du hast das alles vom Fundbüro abgeholt?«, fragte Elena. Es klang, als würde sie mit sich selbst sprechen.
»Nur die, die ich im Zug gefunden habe«, erwiderte Michele. »Nach zwei Wochen übergebe ich sie vorschriftsmäßig der Polizei und warte ein Jahr … und wenn sie dann niemand abholt … naja, dann habe ich einen Bekannten im Fundbüro, der sie mir schickt. Bevor sie entsorgt werden …«
»Aber … sollen die Sachen nicht in einer Auktion verkauft werden?«, fragte Elena stirnrunzelnd.
»Nur solche von einem gewissen Wert. Die anderen werden verschenkt oder einfach weggeworfen. Und bevor das passiert, hole ich sie mir zurück«, erwiderte Michele.
Elena lächelte. Ein Lächeln wie eine Liebkosung. »Warum tust du das?« Sie trat nahe an ihn heran und musterte ihn, als wollte sie die Gründe dafür an seinem Gesicht ablesen.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Michele. Und begriff, dass er es wirklich nicht wusste. Er begriff aber auch, dass er Elena, die ihn schon wieder an sich drückte, ebenfalls gerne umarmt hätte. Dennoch zwang er sich stillzuhalten, auch dann noch, als sie ihm einen Kuss auf die Wange drückte.
»Das hätte ich mir denken können. Ich urteile wirklich viel zu schnell. Milù sagt immer, ich soll mal für fünf Pfennig nachdenken. Und sie hat recht, verdammt noch mal. Aber mir wollte das Ganze einfach nicht in den Kopf … Entschuldige bitte, ich nehme alles zurück. Aber ich konnte ja nicht wissen, dass du so … so … besonders bist.«
Michele hatte sich noch nie wie jemand Besonderes gefühlt und die Angst, Elena könne sich über ihn lustig machen, lähmte ihn.
Am liebsten hätte er gesagt, dass er nur sie ganz besonders gern mochte. Und dass sie ihm genau aus diesem Grund Angst machte. Eine Angst, die er weder bezwingen noch ertragen konnte.
»Aber Michele! Du kannst dich doch nicht wie ein klappriger Pensionär ernähren! Jetzt muss ich wohl dafür sorgen, dass hier was Ordentliches auf den Tisch kommt.«
»Ich habe doch was gutzumachen«, sagte sie lächelnd. »Du wartest hier auf mich, in Ordnung?«
»Da fällt mir etwas ein: Welche Farbe bist du eigentlich?«
»Was … was meinst du damit?«
ie auch immer, Michele, du solltest wissen, was deine Farb
Michele dachte über ihre Frage nach: »Welche Farbe bist du eigentlich?«
Über dem Küchentisch, an dem er auf Elena wartete, hing auf einmal das Bangen. Die Angst, sie könnte nicht wiederkommen und ihn noch heute Abend, sonst aber demnächst, verlassen. Und er würde hier sitzen und warten, dass sie vom Einkaufen zurückkam, Tag für Tag, Nacht für Nacht, immer vergeblich.
Er hastete den Bahnsteig entlang am Wartesaal vorbei und zum Gittertor am Bahnhofseingang. Er hob den Sperrpfosten am rechten Türflügel und ging dann zum linken Pfosten, um ihn ebenfalls auszuhebeln, doch er war blockiert. Michele überwand seine Abneigung gegen ölverschmierte Finger und zog noch einmal mit aller Kraft. Er keuchte schwer und stieß ein heimliches Stoßgebet aus, um es erneut zu versuchen. Der Schweiß brach ihm aus. Der Pfosten steckte wie eingerammt in seinem Eisenloch. Er zog und riss mit aller Kraft – vergebens.
verdammt noch mal
Ein Gefühl der Enttäuschung breitete sich in ihm aus, das ihn noch mehr in Aufruhr versetzte und Ähnlichkeit hatte mit der Leere im Bauch, die er als Kind verspürt hatte, wenn er immer wieder vergeblich darauf gewartet hatte, dass seine Mutter aus einem ankommenden Zug stieg.
Plötzlich begriff er, dass er nur vergessen hatte, den kleinen Sicherheitsriegel zu lösen. Jetzt ließ sich der Pfosten problemlos aus seiner Verankerung lösen.