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Widmung

Für Adalyn
Mögest du mutig, wild und heiter sein und dein Schicksal immer selbst wählen können.

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Sandflügler

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Aussehen:

blassgoldene oder weiße Schuppen von der Farbe des Wüstensandes, giftige Schwanzspitze, gespaltene schwarze Zunge

Fähigkeiten: können lange ohne Wasser überleben, vergiften Feinde mit ihren Schwanzspitzen wie Skorpione, graben sich zur Tarnung in den Wüstensand ein, speien Feuer

Königin: Seit dem Tod von Königin Oasis ist der Stamm gespalten. Es gibt drei konkurrierende Anwärterinnen auf den Thron: die Schwestern Burn, Blister und Blaze.

Bündnisse: Burn kämpft an der Seite der Himmelsflügler und Erdflügler, Blister hat sich mit den Meeresflüglern verbündet, Blaze wird von den meisten Sandflüglern und den Eisflüglern unterstützt.

Erdflügler

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Aussehen: dicke, gepanzerte braune Schuppen, manchmal mit bernsteinfarbenen und goldenen Unterschuppen; große, flache Schädel mit Nüstern auf der Oberseite der Schnauze

Fähigkeiten: können Feuer atmen (wenn ihnen warm genug ist), bis zu einer Stunde lang den Atem anhalten, sich in großen Schlammpfützen verbergen; sind in der Regel sehr stark

Königin: Königin Moorhen

Bündnisse: zurzeit mit Burn und den Himmelsflüglern im großen Krieg verbündet

Himmelsflügler

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Aussehen: rotgoldene oder orangefarbene Schuppen, riesige Flügel

Fähigkeiten: starke Kämpfer und Flieger, können Feuer speien

Königin: Königin Scarlet

Bündnisse: zurzeit mit Burn und den Erdflüglern im großen Krieg verbündet

Eisflügler

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Aussehen: silberfarbene Schuppen wie der Mond oder blassblaue wie Eis; Krallen mit Furchen, um besseren Halt auf dem Eis zu haben; gespaltene blaue Zungen; schmale Schwänze, die in einer dünnen Spitze auslaufen

Fähigkeiten: können Temperaturen unter null und grellem Licht standhalten, atmen einen todbringenden Eisatem aus

Königin: Königin Glacier

Bündnisse: zurzeit mit Blaze und den meisten Sandflüglern im großen Krieg verbündet

Regenflügler

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Aussehen: Schuppen wechseln ständig die Farbe, in der Regel bunt wie Paradiesvögel, in der Regel Greifschwänze

Fähigkeiten: besitzen Tarnschuppen, die mit der Umgebung verschmelzen, benutzen ihre Greifschwänze zum Klettern; keine bekannten natürlichen Waffen

Königin: Königin Dazzling

Bündnisse: nicht am großen Krieg beteiligt

Meeresflügler

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Aussehen: blaue, grüne oder grünblaue Schuppen, Schwimmhäute zwischen den Krallen, Kiemen am Hals, Leuchtstreifen auf Schwanz, Schnauze und Bauch

Fähigkeiten: können unter Wasser atmen, im Dunkeln sehen, große Wellen mit einem Schwanzschlag erzeugen; hervorragende Schwimmer

Königin: Königin Coral

Bündnisse: zurzeit mit Blister im großen Krieg verbündet

Nachtflügler

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Aussehen: lilaschwarze Schuppen mit vereinzelten silbernen Schuppen auf der Unterseite der Flügel – wie ein Nachthimmel voller Sterne, gespaltene schwarze Zunge

Fähigkeiten: können Feuer speien, in dunklen Schatten verschwinden, Gedanken lesen, die Zukunft voraussagen

Königin: ein streng gehütetes Geheimnis

Bündnisse: zu geheimnisvoll und mächtig, um am Krieg teilzunehmen

Die Prophezeiung
der Drachen

Wenn der Krieg getobt hat zwanzig Jahr,

werden die Drachlinge kommen.

Wenn das Land gepeinigt wird von Blut und Gefahr,

werden die Drachlinge kommen.

Die Schwingen des Meeres im Ei vom dunkelsten Blau.

Die Schwingen der Nacht gebracht aus nebligem Grau.

Das größte Ei, hoch oben auf dem Berg gelegen,

wird Dir die Schwingen des Himmels geben.

Die Schwingen der Erde haben im Sumpf geruht,

in einem Ei so rot wie Drachenblut.

Und gut versteckt vor den Königinnen im Zwist,

wartet das Ei mit den Schwingen des Sandes dort, wo es ist.

Blister, Blaze und Burn, drei Königinnen gar,

zwei werden sterben und eine wird gewahr,

dass sie erlangt die Schwingen des Feuers,

wenn sie sich fügt einem Schicksal teuer.

Fünf Eier, geschlüpft in der hellsten Nacht,

fünf Drachlinge, geboren, zu enden die Schlacht.

Dunkelheit steigt auf und bringt das Licht mit Macht.

Die Drachlinge kommen …

Prolog

Vor zwanzig Jahren …

Es ist so gut wie unmöglich, einen Drachen zu bestehlen, insbesondere einen, der königlichen Blutes ist und einen Palast mit Wachen und sehr hohen Mauern besitzt.

Zumindest sagte sich das Königin Oasis immer wieder, während sie an den dunklen Hallen vorbeieilte und Feuer atmete, um den Weg zu erleuchten.

So gut wie unmöglich und ausgesprochen dumm.

Und doch hatte sie jetzt dieses ungute Gefühl …

Irgendetwas stimmte hier nicht. Irgendetwas krabbelte in ihrem Palast herum. Mit ihrem ausgesprochen guten Sandflüglergehör vermeinte sie ein Quieken zu hören, wie weit entfernte Mäuse. Und etwas, das vielleicht das Klimpern von Münzen war.

Aber Mäuse stahlen kein Gold.

Was war es dann? Bildete sie sich das nur ein? Sie war mit einem Ruck aus tiefem Schlummer erwacht, als hätte ihr ein anderer Sandflügler seine giftige Schwanzspitze in die Brust gestoßen. Es schien unmöglich, aber … sie wollte trotzdem nach ihrem Schatz sehen.

Als die Königin der Sandflügler um eine Ecke schoss, stieß sie mit zweien ihrer Töchter zusammen, Blaze und Blister.

»Aua«, beschwerte sich Blaze, die mit schmerzverzerrter Schnauze zurückwich. »Mutter, du bist mir auf die Klaue getreten!«

Blister sagte nichts, drückte sich aber in eine Ecke, um Oasis nicht im Weg zu stehen. Ihre dunklen Augen verfolgten jede Bewegung der Königin, auf jene verstörende Art, die ihr eigen war. Oasis hatte schon immer ein schlechtes Gefühl bei ihr gehabt, schon von dem Moment an, in dem Blister geschlüpft war. Sie ahnte, dass diese Tochter sie irgendwann töten würde. Ihre älteste Tochter, Burn, war größer und stärker, aber mit ihr kam die Königin eigentlich recht gut aus. Die beiden verstanden sich, abgesehen davon, dass Burn Gefallen daran fand, Tiere zu verstümmeln. Aber deshalb war es auch so einfach, Burn abzulenken: Man brauchte ihr nur etwas Lebendes zu geben, das irgendwie merkwürdig aussah, und schon verschwand sie tagelang in ihren Gemächern.

Blister dagegen schien immer zu überlegen, wann mit dem Ableben ihrer Mutter zu rechnen war. So war sie schon als kleiner Drachling gewesen – seit ihr zum ersten Mal klar geworden war, dass sie Königin werden würde, wenn sie ihre Mutter tötete.

Nur zu. Fordere mich ruhig heraus, dachte Oasis verächtlich, während sie auf Blister hinuntersah. Ich werde dich wie einen Käfer zerquetschen, und das weißt du auch.

»Weshalb die Eile?«, erkundigte sich Blister, als würde sie die Boshaftigkeit im Blick ihrer Mutter gar nicht bemerken. »Gibt es eine königliche Krise? Lass mich raten – Smolder hat mal wieder versucht, mit seiner Freundin durchzubrennen.«

»Nein, darum habe ich mich schon gekümmert«, erwiderte Oasis. »Ich will nur schnell nach dem Schatz sehen.«

»Ach, dieses alte Glitzerzeug«, meinte Blaze gelangweilt. »Gute Nacht, Mutter.«

So ein duseliger Drache, sagte sich Oasis insgeheim, während sie davoneilte. Blaze wäre eine grauenhafte Königin, aber als Tochter war sie ganz annehmbar. Bei ihr muss ich mir wenigstens keine Gedanken darüber machen, was sie mir alles antun wird.

Als sie hinter sich Krallen über den Steinfußboden scharren hörte, wirbelte sie herum. Blister hielt die Klauen hoch und breitete die Flügel aus, die in dem schmalen Gang kaum Platz hatten.

»Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe«, meinte sie wenig überzeugend. »Ich habe mich nur gefragt, ob ich dich begleiten könnte.«

Oasis zögerte, aber wenn sie Nein sagte, würde Blister bestimmt eine Möglichkeit finden, sich trotzdem in die Schatzkammern zu schleichen. Es war immer besser, ihre Tochter dort zu haben, wo sie sie sehen konnte. »Na gut. Aber fass nichts an.« Ich weiß, was du sehen willst, du hinterhältige Schlange. Aber du wirst erst etwas davon haben, wenn ich tot bin.

Sie rannten durch den langen Gang, der in die vier Schatzkammern führte.

Es schien alles in Ordnung zu sein – die Fackeln flackerten friedlich, die Türen waren geschlossen und verriegelt.

Aber da war ein sonderbarer Geruch, nach Haaren und Holz und Blumen, alles gleichzeitig. Hier war eindeutig jemand gewesen.

Oasis kauerte sich hin und lugte unter den Türen hindurch. Zwischen den Türen und dem Boden befand sich ein großer Spalt … Für einen Drachen war er natürlich nicht breit genug, aber …

»Riechst du Zweibeiner?«, fragte sie Blister.

»Ich weiß doch gar nicht, wie die riechen.« Blister rümpfte die Schnauze. »Für meinen Geschmack sind sie sowieso viel zu sehnig und zappelig.«

Königin Oasis wählte die richtigen Schlüssel von der Kette an ihrem Hals und sperrte die Türen auf. Dann stürmte sie hinein und durchsuchte jede Kammer, wobei sie die Türen offen ließ.

Als sie wieder herauskam, hatte sie die Schnauze in tiefe Falten gelegt und rauchte vor Wut.

»Oh-oh. Das sieht nicht gut aus«, bemerkte Blister.

»Zweibeiner«, fauchte die Königin. »Sie haben mich bestohlen. Wie können sie es wagen?« Sie ließ ihren Schwanz hin- und herpeitschen. »Sie können nicht weit gekommen sein. Weck Burn auf und sag ihr, dass sie draußen auf mich warten soll.«

»Burn?«, wiederholte Blister, während sie an ihrer Mutter vorbei in die Schatzkammern starrte.

»Nur für den Fall, dass eine ganze Horde von ihnen hier ist und wir kämpfen müssen«, erklärte Oasis. »Ich habe gesehen, was sie mit ihren winzigen Schwertern anrichten können. Ich bin doch nicht so dumm und fliege allein nach draußen.«

»Oh, nein, natürlich nicht«, versicherte Blister. »Aber warum Burn? Ich bin doch da.«

Oasis bedachte sie mit einem vernichtenden Blick. »Ich brauche eine richtige Kämpferin«, sagte sie. »Keinen Drachen, der glaubt, er könnte sein Gehirn benutzen, um sich aus allem herauszuwinden, aber nicht einmal halb so klug ist, wie er denkt.«

»Verstehe«, erwiderte Blister kühl. »Ich werde sie sofort wecken.« Sie machte einen Schritt den Gang entlang, drehte sich dann aber um. »Was haben sie mitgenommen?«

»Vor allem kleine Dinge«, fauchte Oasis. »Aber sie haben auch das Onyx-Auge gestohlen.«

Das sorgte dafür, dass Blisters Schnauze zuckte, als würde tatsächlich ein Gefühl – Besorgnis? Überraschung? – durchkommen wollen.

»Wir werden es wiederbeschaffen«, versprach Oasis. »Und zum Frühstück gibt es gebratene Zweibeiner.« Sie drängte sich an Blister vorbei und stürmte auf dem kürzesten Weg nach draußen. »Ich werde den Ausgang hier nehmen. Weck Burn. Und beeil dich.«

»Oh, ja. Sofort«, erwiderte Blister.

Als Oasis in den Hof hinausrannte, die Flügel ausbreitete und sich in den Himmel erhob, glaubte sie für einen Moment zu sehen, wie Blister sich umdrehte und in die Schatzkammern starrte. Ich habe vergessen, sie wieder abzusperren, dachte Oasis mit einem unguten Gefühl. Aber das hier wird nicht lange dauern. Und falls sie so dämlich sein sollte, auch nur eine Kleinigkeit an sich zu nehmen, habe ich eine gute Entschuldigung dafür, sie umzubringen. Aber so dumm ist sie nicht.

Die Königin flog auf die Außenmauern zu und ließ ihren Blick über den Sand schweifen. Was, wenn sie Burn nicht weckt? Was, wenn ich mich den Dieben allein stellen muss, ohne Verstärkung?

Dann fand sie, was sie gesucht hatte. Drei Zweibeiner – zwei von ihnen warteten im Sand neben der Außenmauer, der dritte kletterte gerade aus einem Fenster nach unten. Keiner von ihnen beobachtete den Himmel. Was für verlauste dumme Affen. Oasis fauchte und legte die Flügel an, um sich lautlos hinter ihnen fallen zu lassen. Vielleicht konnte sie die Zweibeiner zu Tode erschrecken; das Essen schmeckte immer besser, wenn es auf diese Art gestorben war.

Sie sind doch nur zu dritt, dachte die Königin. Ich brauche nicht auf Burn zu warten, falls Blister sie überhaupt geweckt hat. Mit drei lästigen Zweibeinern werde ich doch allein fertig.

Oasis kniff die Augen zusammen und näherte sich der Stelle in den Dünen, von der das Quieken zu ihr drang.

Was soll schon passieren?

1. Kapitel

Sunny hatte immer gewusst, dass sie der richtige Drache für ein heldenhaftes Schicksal war.

Ihr war vorbestimmt, die Welt zu retten. Sie und ihre Freunde würden auf den Schwingen des Feuers fliegen, was auch immer das bedeuten mochte, und allen Drachen in Pyrrhia Frieden bringen. So stand es in der Prophezeiung: Fünf Drachlinge, geboren, zu enden die Schlacht. Das war ihr Schicksal. Das war ihre Aufgabe.

Außerdem erklärte das alles. Warum sollte sie sonst so klein sein und so merkwürdig aussehen? Sie war kein normaler Sandflügler. Ihre Schuppen und Augen hatten die falsche Farbe, und sie hatte keinen Giftstachel am Ende ihres Schwanzes. Aber das machte ihr nichts aus; genau genommen war es sogar logisch. Natürlich musste eine Drachenheldin mit solch einer monumentalen Aufgabe ein bisschen anders sein als alle anderen. Und wenn sie den Krieg beendet hatte, würde es sowieso allen egal sein, wie sie aussah.

Und dann waren da noch ihre Eltern, die geheimnisvollen Drachen, die Sunnys Ei im Sand der Wüste vergraben hatten, allein und unbewacht. Es war egal, dass sie ihre Tochter offenbar nicht haben wollten. Es machte Sunny überhaupt nichts aus, weil es Teil der Prophezeiung war: Und gut versteckt vor den Königinnen im Zwist, wartet das Ei mit den Schwingen des Sandes dort, wo es ist. Das passte alles; in den Schriftrollen hatten die Helden häufig auch keine Eltern. Ihr heroisches Schicksal war wichtiger als Familie.

Und Sunnys Schicksal war wichtig. Es gab nichts Wichtigeres, als dem Krieg zwischen den Drachenstämmen ein Ende zu bereiten. Ihr ganzes Leben lang, vor allem, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlte oder traurig war oder sich Sorgen machte, hatte sich Sunny vorgestellt, wie sie und ihre Freunde die Prophezeiung erfüllten. Wie viele Leben sie dadurch retten würden. Und all die glücklichen, wiedervereinten Familien und die vielen noch gar nicht geborenen Drachlinge, die endlich in Frieden aufwachsen konnten, ohne ständig Angst vor dem Krieg haben zu müssen.

Das war der Sinn ihres Lebens gewesen.

Und es war eine Lüge.

Sunnys Flügel schrammten an Felswänden entlang, während sie durch den Tunnel von der Insel der Nachtflügler flüchtete. Das Grollen des Vulkans konnte sie bis in die Klauen spüren. Ihre Freunde waren hinter ihr; sie hatten sich Morrowseer entgegengestellt, doch Sunny musste weg, von ihnen, von ihm, von allem.

Er hat die Prophezeiung erfunden. Es war alles nur ein Trick.

Nein, das glaube ich nicht. Er ist ein rachsüchtiger, grausamer Drache, der uns und alle anderen die ganze Zeit manipuliert hat. Er würde alles sagen, um uns zu verletzen.

Die Prophezeiung ist echt. Sie muss echt sein.

Als Sunny aus dem Tunnel hinaus in den Regenwald flog, stieß sie mit einem mageren schwarzen Drachen zusammen. Der Nachtflügler grunzte überrascht und starrte sie wütend an. Sunny versuchte, umzudrehen und in die andere Richtung zu flattern, doch eine undurchdringliche Wand aus schwarzen Flügeln, Klauen und Schwänzen drängte sie zurück.

In dem vom kalten Mondlicht erhellten Regenwald wimmelte es von Drachen, die so laut fauchten und brüllten, dass sie das Prasseln der Regentropfen auf den Blättern übertönten. Die eine Hälfte der Drachen war so schwarz wie die Schatten und die andere Hälfte war getarnt, nur hin und wieder ragten Klauen und Flügelspitzen quasi aus dem Nichts hervor. Sunny wäre beinahe von einem Schwanz am Ohr getroffen worden, als sich zwei Nachtflügler in einer herabhängenden Kletterpflanze verfingen und wild um sich schlugen, da sie dachten, jemand würde sie angreifen.

»Hey, jetzt beruhigt euch doch mal!«, brüllte Glory.

»Hört zu!«, rief Grandeur, eine der früheren Königinnen der Regenflügler. »Eure neue Königin hat euch etwas zu sagen!«

Mehrere Nachtflügler murmelten etwas, aber so leise, dass man es nicht verstehen konnte. Doch selbst sie verstummten, als sie von einigen anderen angefaucht wurden.

Sunny duckte sich und versuchte, sich durch die Menge zu schieben, doch weiter als bis zu dem kleinen Bach schaffte sie es nicht. Am Ufer standen mehrere blau und violett gefärbte Regenflügler mit Speeren der Nachtflügler in den Klauen. Die meisten von ihnen sahen alles andere als gefährlich aus, da sie die Speere mit einem verwirrten Ausdruck auf der Schnauze anstarrten oder gar verkehrt herum hielten.

Trotzdem beschloss Sunny, gar nicht erst zu versuchen, an ihnen vorbeizukommen. Die Speere konnten selbst dann eine Menge anrichten, wenn sie aus Versehen getroffen wurde.

Aber am liebsten wäre sie jetzt in den Regenwald geflogen und nie mehr wiedergekommen. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihren Freunden gegenübertreten konnte, die sich verhielten, als wäre ihnen die Prophezeiung völlig egal. Und der Anblick der Nachtflügler war ihr einfach unerträglich.

Tsunami will Morrowseer glauben. Sie wollte die Prophezeiung sowieso nie erfüllen. Sie versteht einfach nicht, wie wichtig die Weissagung ist.

Clay wäre genauso glücklich, wenn niemand bemerken würde, wie großartig er ist. Dann müsste er nicht kämpfen, sondern könnte schlafen, fressen und sich um uns kümmern.

Starflight wäre es auch lieber, wenn er damit aufhören könnte, sich über die Prophezeiung den Kopf zu zerbrechen.

Und Glory hat hier genug zu tun, jetzt, da sie Königin ist.

Keiner von ihnen will für unser Schicksal kämpfen. Und sie werden mir ganz bestimmt nicht zuhören, wenn ich versuche, ihnen zu erklären, dass Morrowseer gelogen haben muss. Sie werden mir den Blick zuwerfen, mit dem sie mich immer ansehen, den Blick, der sagt: »Oh, die dumme kleine Sunny und ihre verrückten Träume. Sie ist ja so süß und harmlos.«

Sunny starrte nach oben in die dunklen Bäume über ihr, wo Mondstrahlen und Regentropfen vom Wind gejagt wurden. Selbst wenn sie versuchen würde wegzufliegen, würde sie sich vermutlich mit dem Schwanz in einem der Äste verheddern und gerettet werden müssen. Und dann würden ihre Freunde wieder einmal die Augen verdrehen und ihr den Kopf tätscheln.

In der Wüste wäre das ganz anders, dachte sie. Sie starrte auf den zweiten Tunnel jenseits des Bachs, der ins Königreich des Sandes führte. Dort könnte ich bis zum Horizont fliegen, ohne jemals darüber nachdenken zu müssen.

Nicht nachzudenken schien ihr im Moment viele Vorteile zu haben.

»Du bist genauso gewöhnlich wie alle anderen Drachen …«

Morrowseers gehässige Worte hallten in Sunnys Kopf wider und wider. »Ich habe mir die Prophezeiung ausgedacht. Der Krieg wird bis in alle Ewigkeit weitergehen, und jeden Tag werden mehr Drachen sterben, vermutlich für mehrere Generationen. Alle werden sich fragen, was mit diesen tollen Drachlingen passiert ist, die sie retten sollten, aber offenbar kläglich versagt haben.«

Sunny ballte die Klauen und zog den Kopf ein. Er log, er log, er log. Sie wollte nicht, dass die Nachtflügler sie weinen sahen.

Glory kletterte auf einen großen Felsbrocken und schlug laut mit den Flügeln. Selbst dort oben und selbst mit ihrem königlichsten Schnauzenausdruck sah Glory immer noch aus wie ein Drachling, viel kleiner als die meisten anderen Nachtflügler, von denen sie umgeben war.

Wenn die Prophezeiung nur ein Schwindel ist, warum waren dann alle so böse zu Glory, weil sie nicht darin vorkam?, dachte Sunny, während schon wieder eine ungeheure Wut auf Morrowseer in ihr aufstieg. Warum haben alle so getan, als wäre sie nutzlos – wenn wir doch alle nutzlos waren?

Weil die Prophezeiung echt ist. Sie muss echt sein.

Aber wie soll ich das beweisen?

»Nachtflügler«, rief Glory mit lauter Stimme, um trotz der unruhigen Drachen und des heftigen Regens gehört zu werden. »Eure Heimat gibt es nicht mehr. Eure Königin ist tot. Aber das ist eure Chance, noch einmal von vorn zu beginnen. Wenn ihr es vermasselt, werdet ihr eure neue Heimat auch verlieren.« Sie deutete auf die Regenflügler. »Ihr werdet diese Drachen mit Respekt behandeln, und dafür werden sie viel netter zu euch sein, als ihr es eigentlich verdient habt.«

Der Regenflügler, der am Bach stand, brachte doch tatsächlich einen Schnauzenausdruck zustande, der beinahe grimmig aussah.

Regen prasselte auf Sunnys Schnauze und Flügel. Der Sturm wurde immer stärker und ließ die Baumgipfel über ihnen hin- und herpeitschen.

»Heute Nacht werdet ihr hierbleiben«, fuhr Glory fort. »Ich will nicht, dass auch nur ein einziger Nachtflügler im Regenwald herumläuft, bevor wir euch alle gezählt und eure Namen aufgeschrieben haben. Jeder von euch bekommt zwei Regenflügler zugewiesen, die ihn im Auge behalten werden. Und falls ihr jetzt das Gefühl bekommen solltet, dass wir euch nicht so richtig vertrauen, liegt das daran, dass es genau so ist. Wir vertrauen euch nicht. Ihr seid erst im Dorf der Regenflügler willkommen, wenn ihr euch unser Vertrauen verdient habt. Bis dahin werdet ihr woanders leben.«

»Aber hier werden wir doch ganz nass«, beschwerte sich einer der etwas stämmigeren Nachtflügler.

Glory warf ihm einen eisigen Blick zu. »Du kannst gerne zurückfliegen und auf deiner trockenen Insel übernachten«, fuhr sie ihn an. »Ich habe gehört, dass es dort inzwischen ziemlich warm ist.«

Sunny musterte die Nachtflügler um sie herum. Selbst im schwachen Licht der Monde konnte sie erkennen, dass die meisten von ihnen sehr mitgenommen und bedrückt wirkten. Die Drachen hatten mit angesehen, wie ihre Heimat unter der Lava des Vulkans begraben wurde, und obwohl sie gewusst hatten, dass es irgendwann geschehen würde, und die Insel ein furchtbarer Ort gewesen war, musste es doch ein gewaltiger Schock für sie gewesen sein.

So in etwa, als würde man jemandem sagen, dass sein ganzes Leben eine Lüge ist.

Plötzlich ertönten laute Schreie in dem Gedränge hinter Sunny. Eine Wand aus schwarzen Drachen bewegte sich auf sie zu, als die Nachtflügler erschrocken mit den Flügeln schlugen. Zwei dunkelrote Regenflügler waren in ihre Mitte geschossen und hatten einen jaulenden Nachtflügler gepackt, den sie jetzt vor Königin Glory zerrten.

»Der da!«, fauchte einer der Regenflügler. »Er kann nicht hierbleiben! Er ist der Schlimmste von allen.«

»Das ist der Nachtflügler, der die Giftexperimente mit uns gemacht hat«, sagte der andere. Er peitschte mit dem Schwanz und fauchte den schwarzen Drachen vor sich an. Mit Ausnahme von Glory hatte Sunny noch nie einen Regenflügler gesehen, der so wütend gewesen war. Sie reckte den Hals, um den Nachtflügler besser sehen zu können, und da wurde ihr klar, dass es Starflights Vater war, Mastermind, der leitende Wissenschaftler des Stammes. Dem Ausdruck auf Glorys Schnauze nach zu urteilen, hatte die Königin wohl ebenfalls erraten, wer es war.

Die Nachtflügler hatten im letzten Jahr mehrere Regenflügler entführt, sie in einen Kerker gesperrt und Experimente mit ihnen durchgeführt, um herauszufinden, wie sie ihr Gift einsetzten. Ihr Plan war gewesen, in den Regenwald einzufallen und ihn den Regenflüglern zu stehlen – indem sie die friedliebenden Drachen, die dort lebten, entweder töteten oder versklavten.

Sunny hatte die von Lava verwüstete Insel der Nachtflügler gesehen. Sie wusste, dass die schwarzen Drachen verzweifelt eine neue Heimat suchten, und zuerst hatte sie es für eine brillante Idee gehalten, als Starflight ihnen angeboten hatte, durch den geheimen Tunnel in den Regenwald zu fliehen, wenn sie Königin Glory die Treue schworen und versprachen, sich friedlich zu verhalten. Sunny gefiel die Vorstellung, dass Drachen verschiedener Stämme lernten zusammenzuleben, außerdem taten ihr die kranken, hungernden Nachtflügler leid. Und sie freute sich diebisch über die ausgleichende Gerechtigkeit, dass ein Regenflügler die neue Königin der Nachtflügler wurde.

Doch als sie jetzt die aufgeregt murmelnden Drachen um sich beobachtete – die Nachtflügler, die nicht einmal halb so betrübt aussahen, wie sie hätten sein sollen, und die fauchenden Regenflügler, denen jetzt erst klar wurde, was ihre Freunde während ihrer Gefangenschaft durchgemacht hatten –, fragte sich Sunny, ob das hier nicht ein Riesenfehler gewesen war. Vielleicht hätten sie einfach zulassen sollen, dass die Nachtflügler von dem Vulkan verschlungen wurden. Vielleicht war es gar nicht möglich, ihnen zu vergeben. Vielleicht sollten wir es nicht einmal versuchen.

Wenn die Nachtflügler bei so etwas Großem und Wichtigem wie der Prophezeiung und dem Ende des Krieges gelogen hatten, würden sie vor weiteren Lügen bestimmt nicht zurückschrecken. Wie sollte Glory ihnen dann jemals vertrauen können?

»Es tut mir leid …«, krächzte Mastermind. »Es war … Ich habe es doch nur … für die Wissenschaft …« Er verstummte und wich vor den Regenflüglern neben ihm zurück.

Glory breitete die Flügel aus, über die mehrere Farben gleichzeitig huschten. »Fesselt ihn. Wir überlegen uns dann später, was wir mit ihm …«

»Achtung!«, brüllte ein Drache, der neben dem Eingang zum Tunnel stand. »Macht Platz!«

Fatespeaker schnellte aus dem Loch heraus, und einen Moment später folgte Tsunami. »Runter! In Deckung!«, kreischte der Meeresflügler.

Die Nachtflügler am Tunnel warfen sich auf den Boden. Eine Druckwelle aus sengender Hitze schoss aus dem Loch hervor und verwandelte die Regentropfen am Eingang in zischenden Dampf. Sunny gehörte zu den wenigen Drachen, die noch standen und in Richtung des Tunnels sahen, als zwei weitere Drachen herauskatapultiert wurden.

Einer davon war Clay, der die Flügel um Starflight gelegt hatte. Starflight hatte die Vorderklauen auf die Augen gelegt und über seine Schuppen zogen sich große Brandwunden. Sobald sie aus dem Tunnel heraus waren, brach er keuchend zusammen und fiel zu Boden.

»Zurück!«, brüllte Tsunami die Drachen an, die hektisch um sie herumflatterten.

»Starflight!«, kreischte Sunny, die heftige Gewissensbisse bekam. Er ist verletzt. Ich hätte meine Freunde nicht mit Morrowseer allein lassen sollen. Sie machte einen Satz und versuchte, sich zwischen den aufgeregten Drachen hindurchzudrängen, um zu ihm zu gelangen.

Plötzlich spürte sie, wie sich Klauen auf ihre Schnauze und ihre Schultern legten. Und dann wurde sie nach hinten zwischen die dunklen Bäume gezerrt.

2. Kapitel

Sunny wehrte sich heftig gegen die riesigen Flügel, die sich um sie wickelten.

»Schnell, solange alle abgelenkt sind«, hörte sie eine Stimme fauchen. Ein Schauer aus Regentropfen prasselte auf Sunnys Kopf, als der Drache, von dem sie festgehalten wurde, zwischen großen Blättern hindurchrannte. Es war schwer, mehr als schwarze Schuppen zu erkennen, aber Sunny wurde klar, dass sie in den Wald gezerrt wurde, weg von den Tunneln und den anderen Drachen.

Aber ich muss doch nachsehen, ob es Starflight gut geht! Sie schlug nach der Klaue, die ihre Flügel nach unten drückte, doch der Nachtflügler grunzte nur und packte sie noch fester.

Riesige Klauen zermalmten nasse Blätter. Den Geräuschen nach zu urteilen, vermutete Sunny, dass der Nachtflügler, der sie überfallen hatte, und zwei weitere schwarze Drachen sich wegschlichen, während alle anderen ihre Aufmerksamkeit auf Starflight und Clay gerichtet hatten.

Das ist … nicht gut. Vielleicht sollte sie besser herausfinden, was ihre Entführer vorhatten. Sunny hörte auf zu zappeln und lauschte aufmerksam.

Die schwarzen Drachen kamen schnell und leise voran, obwohl sie nicht flogen. Nach wenigen Momenten konnte Sunny nicht mehr hören, was Glory und Tsunami brüllten. Außerdem bewegten sich die Nachtflügler sehr zielstrebig vorwärts, als würden sie sich im Regenwald gut auskennen.

Ein Jagdtrupp, dachte Sunny schaudernd. Das sind vermutlich einige der Drachen, die immer durch den Tunnel gekommen sind, um Regenflügler zu entführen.

»Wir sind weit genug weg«, sagte einer der Nachtflügler nach einer Weile, und alle blieben stehen. Das Gebrüll der Drachen hinter ihnen klang selbst für Sunnys scharfe Ohren nur noch wie fernes Donnergrollen. Der Regen prasselte immer stärker herab und die allgegenwärtigen Insektengeräusche des Waldes waren verstummt.

Als Sunny auf den Boden geworfen wurde, spürte sie, wie feuchter Schlamm zwischen ihre Krallen drang und auf ihren Schwanz spritzte. Sie sprang auf und fauchte den Drachen an, der sie getragen hatte. Er warf nur einen flüchtigen Blick auf sie und wandte sich dann an die beiden anderen.

»Und jetzt?«, wollte er wissen. »Der Plan ist ruiniert. Ich werde jedenfalls nicht hierbleiben, um mich vor einem Regenflüglerdrachling zu verbeugen.«

»Ich auch nicht«, meinte einer der beiden anderen, ein Weibchen, das kaum dem Drachlingsalter entwachsen war. Sunny schätzte sie auf etwa neun Jahre. Sie war schmutzig, triefnass und klapperdürr, doch als sie schnaubend eine Stichflamme ausstieß, konnte Sunny den Starrsinn in ihren Augen erkennen.

»Außerdem werden sie mich vermutlich umbringen«, fuhr der große Drache fort. »Ihr habt doch gesehen, wie sie Mastermind behandelt haben. Wenn sie sich daran erinnern, dass ich sein Assistent war … Eigentlich war ich ja nur der Drache, der sie eingesperrt oder an die Wand gekettet hat, aber wenn wir hierbleiben, werden sie sich an mir rächen wollen.«

»Wo sollen wir denn hin?«, fauchte der dritte Drache, noch ein Männchen, das aber bei Weitem nicht so muskulös war wie der Nachtflügler, der Sunny getragen hatte. Ihm fehlten ein paar Zähne, und das Ende seines Schwanzes war ganz krumm, als hätte er ihn gebrochen und dann nicht richtig geschient. »Man hat uns den Regenwald versprochen. Das ist der Ort, an dem ich leben will, aber nicht als Drache zweiter Klasse. Es kann doch nicht sein, dass die Regenflügler uns sagen, was wir tun sollen.«

»Jetzt haben wir ja sie, wie du vorgeschlagen hattest«, sagte das große Männchen zu dem Drachling, während es mit dem Flügel auf Sunny deutete. »Und? Was machen wir jetzt mit ihr?«

Der Nachtflüglerdrachling ließ den Schwanz hin- und herpeitschen, kniff die Augen zusammen und starrte Sunny an. »Wir benutzen sie als Druckmittel für unsere Verhandlungen. Wir können sie als Geisel behalten, bis sie unseren ganzen Stamm in das Dorf der Regenflügler bringen und eine von uns zur Königin machen.«

»Und an wen hattest du gedacht?«, fragte das andere Männchen. Er stieß eine kleine Flamme aus und traf damit einen Ast über ihm, von dem Wasser auf ihn tropfte. »Greatness ist schwach und wird auf keinen Fall kämpfen. Königin Battlewinner hatte keine Geschwister und keine anderen Töchter. Es gibt sonst niemanden, der den Thron für sich beanspruchen könnte.«

»Dann nehme ich ihn eben«, meinte der Drachling. »Das wäre sogar noch besser, als in der Prophezeiung vorzukommen. Wenn dieser Regenflügler Königin sein kann, kann ich das auch. Ich bin größer als sie.«

»Stimmt«, fauchte der große Drache hinter Sunny.

»Ich glaube, ich muss euch enttäuschen«, meldete sich Sunny. »Sie werden euch gar nichts zum Tausch für mich anbieten. Ich bin nicht wichtig. Ich bin nur ein merkwürdig aussehender Sandflügler mit einem nutzlosen Schwanz.« Bevor ihre Stimme anfangen konnte zu zittern, machte sie die Schnauze zu. So etwas hatte sie ihr ganzes Leben lang gesagt, aber bis heute hatte es ihr eigentlich nie etwas ausgemacht. Wenn es keine Prophezeiung gab … bedeutete das, dass sie tatsächlich nur ein merkwürdig aussehender Sandflügler war. Und noch dazu komplett nutzlos.

Nein, so ist das nicht. Ich sehe nur deshalb ein bisschen komisch aus, weil mir mein Schicksal vorbestimmt ist. Es gibt einen Grund dafür, dass ich so bin. Es muss einen geben.

Die Nachtflügler betrachteten sie mit einem skeptischen Schnauzenausdruck.

»Das wäre ärgerlich«, sagte der große Drache. »Ich wäre stocksauer, wenn ich diese kleine Kreatur da umsonst durch den Wald geschleppt hätte. Außerdem hat sie mir auch noch die Schuppen zerkratzt. Fierceteeth, hast du nicht gesagt, dass wir sie gut gebrauchen können?«

Fierceteeth! Sunny musste daran denken, was Starflight ihnen über die Drachlinge im Königreich der Nachtflügler erzählt hatte. War Fierceteeth nicht seine Halbschwester?

»Sie ist eine Menge wert, wenn sie die ist, für die ich sie halte«, widersprach Fierceteeth. Sie stupste Sunny kräftig in die Rippen. »Bist du nicht Sunny? Starflight hat ständig etwas von einer Sunny gequasselt, wenn er geschlafen hat.«

Sunny war so überrascht, dass sie kein Wort herausbekam, und blinzelte Fierceteeth einfach nur an.

»Ja, sie ist es«, beantwortete Fierceteeth ihre Frage selbst. »Mein Bruder ist bis über beide Ohren in sie verknallt. Er wird alles tun, damit er sie wiederbekommt.«

Das könnte sogar stimmen, dachte Sunny erschrocken. Redet er tatsächlich im Schlaf von mir? Es waren nur wenige Stunden vergangen, seit ihr Starflight kurz vor der Invasion der Nachtflügler-Insel gestanden hatte, dass er sie liebte – dass er sie immer geliebt hatte.

Sunny wusste immer noch nicht, was sie davon halten sollte. Und sie wusste auch nicht, was sie von dem Gefühl halten sollte, das sie jedes Mal überkam, wenn sie an seinen Schnauzenausdruck zurückdachte. Es war so etwas wie Überraschung, wie in Ich weiß nicht, was ich tun soll und Jemand liebt mich und Tu ihm nicht weh und Warum ausgerechnet jetzt? und Aber es ist doch Starflight. Ihr gutmütiger, kluger, ständig besorgter Freund. Nie hatte sie so über ihn gedacht, kein einziges Mal.

Sie konnte immer noch nicht glauben, dass er es tatsächlich so meinte. Keiner der anderen Drachlinge nahm sie richtig ernst. Sie war immer davon ausgegangen, dass es bei Starflight genauso war – dass er dachte, sie wäre viel zu klein und lustig, um ihr richtig zuzuhören.

Konzentriere dich. Lass nicht zu, dass sie dich benutzen, um deinen Freunden wehzutun.

»Habt ihr denn Starflights Brandwunden nicht gesehen?«, fragte sie. »Er ist so schwer verletzt, dass er bei der Sache hier gar nicht mitreden kann. Und Glory bin ich so was von egal. Begreift es doch endlich – ihr könnt mich nicht als Druckmittel benutzen. Ihr solltet zurückgehen und euch den anderen Nachtflüglern anschließen.«

»Netter Versuch«, meinte Fierceteeth trocken.

»Und wenn sie recht hat?«, fragte der Nachtflügler mit der Zahnlücke. »Wenn sie sie gar nicht zurückhaben wollen? Wenn wir uns nur unnötig in Gefahr bringen und sie uns dann einfach töten?«

»Strongwings würde das nicht zulassen«, sagte Fierceteeth, während sie näher an den stämmigen Drachen herantrat.

Die beiden sind ein Paar, wurde Sunny blitzartig klar. Ein äußerst merkwürdiges Paar. Strongwings war fast doppelt so groß wie Fierceteeth, aber immer wieder drehte er sich zu ihr um und zog den Kopf ein, als würde er darauf warten, dass sie ihn herumkommandierte.

»Ich weiß, wie wir es herausfinden können«, warf der dritte Drache ein. Es zog einen flachen, ovalen Gegenstand unter einem seiner Flügel hervor, der im schwachen Mondlicht wie schwarzes Glas schimmerte und genau zwischen seine Vorderklauen passte. Trotz des Regens blieb das sonderbare Ding völlig trocken, denn die Tropfen schienen ihm auszuweichen und berührten es überhaupt nicht.

»Der Obsidian-Spiegel«, rief Strongwings anerkennend aus. »Gut gemacht, Preyhunter. Ich habe mich schon gefragt, ob jemand daran gedacht hat, ihn zu retten.« Er beugte sich vor und tippte mit einer Kralle auf die glatte Oberfläche. »Es ist keine Überraschung, dass Greatness nicht auf die Idee gekommen ist. Ihr war es wichtiger, ihre eigenen Schuppen zu retten.«

»Sie hat ihn sowieso nie benutzt«, schnaubte Preyhunter verächtlich. »Selbst als wir wissen wollten, was die Regenflügler vorhatten. Sie sagte, sie würde keinem Gegenstand trauen, der von einem Animare-Drachen verzaubert wurde. Sie ist so ein Feigling. Ich glaube, Königin Battlewinner hat gar nicht gewusst, dass Greatness ihn nicht zurate gezogen hat.«

»Er funktioniert nicht mehr so gut wie früher«, wandte Strongwings ein. »Alle glauben, dass Stonemover etwas damit angestellt hat, bevor er verschwunden ist.«

»Was ist das?«, fragte Fierceteeth interessiert.

»Ein sehr alter Teil des Schatzes, der von einem Animare-Drachen verzaubert worden ist«, erklärte Strongwings. »Das hier ist einer der wichtigsten Gegenstände, die wir aus der Schatzkammer gerettet haben, als der Vulkan zum ersten Mal ausgebrochen ist und ein Teil der Festung unter der Lava begraben wurde, damals, als ich noch ein kleiner Drachling war. Wir haben ihn benutzt, um …« Er brach ab und warf einen Blick auf Sunny. »Hmm.«

»Mach dir keine Gedanken. Wir bringen sie um, bevor sie jemandem etwas Wichtiges erzählen kann«, sagte Preyhunter.

Na dann versuch’s mal, dachte Sunny kämpferisch. Bis jetzt hat das noch niemand geschafft.

Preyhunter kippte den Spiegel so, dass er das Licht der beiden Monde einfing, das durch die Wolken hindurchdrang. Der dritte Mond war nur eine schmale Sichel, die kaum über die Baumgipfel hinausragte. Der Regen hatte nachgelassen, inzwischen nieselte es nur noch.

»Zeig mir, wie er funktioniert«, verlangte Fierceteeth. Sie riss einen Ast von einem Baum in der Nähe herunter und setzte das eine Ende in Brand. Die nassen Blätter knisterten in den Flammen.

»Wir brauchen einen Namen«, erklärte Strongwings. »Jemand, der wichtig ist.«

»Diese Regenflügler-Königin – wer denn sonst«, fuhr Fierceteeth ihn an. Als er sie verständnislos anstarrte, fauchte sie: »Glory.«

»Glory«, flüsterte der Drache, der den Obsidian-Spiegel in den Klauen hielt. Er hauchte eine Rauchwolke auf das schimmernde Glas. Die Wolke zitterte und zuckte und wand sich für einen Moment wie eine dünne Schlange um den Rand des Spiegels. Plötzlich verschwand die Wolke, als wäre sie in den Spiegel gesogen worden, und gleich darauf schraubte sich eine weiße, leicht violett schimmernde Rauchsäule aus der Mitte des Spiegels, die sich wie der Hals eines Drachen wölbte.

»Mangrove!«, befahl die Rauchsäule mit Glorys Stimme. »Vergewissere dich, dass keiner von ihnen noch einen dieser Speere hat. Jambu, du und Grandeur fangt hier zu zählen an – ich meine die Nachtflügler, nicht die Speere, nur, damit das klar ist.«

Fierceteeth grinste breit, was ihre Zähne im Mondlicht aufblitzen ließ. »Und das passiert jetzt gerade? In diesem Moment?«, flüsterte sie, worauf Strongwings nickte. »Brillant.«

Ja, das ist bestimmt ein großartiger Trick, dachte Sunny entsetzt. Vor allem, wenn man anderen Drachen weismachen will, dass man Gedanken lesen kann.

Neben dem ersten Rauchfähnchen ringelte sich jetzt ein zweites, rosafarbenes auf dem Spiegel.

»Alles klar, Eure Majestät, kein Problem«, sagte es. »Bis auf … ähm … zählen. Glory, versteh mich nicht falsch, ich bin wirklich gut im Zählen. Bis … na ja …. zwanzig? Das ist ziemlich viel, nicht wahr? Wahrscheinlich sind auch gar nicht mehr als zwanzig Nachtflügler hier.«

»Jambu, hier sind mindestens zweihundert Nachtflügler«, fuhr Glory ihn an.

»Hm«, meinte er nachdenklich. »Das wären dann … zwei Zwanziger? Vielleicht auch drei?«

»Ich kann nicht einmal mehr die Augen verdrehen«, stöhnte Glory. »Bringt mir einen Regenflügler, der zählen kann.«

»Das übernehme ich.« Ein dunkleres Fähnchen erschien, direkt neben dem ersten. Sunny brauchte einen Moment, bis sie Deathbringers Stimme erkannte. Er war der Auftragsmörder der Nachtflügler, der Glory hatte umbringen sollen, ihr dann aber geholfen hatte, von der Insel der schwarzen Drachen zu fliehen.

»Der war gut«, meinte Glory. »Erzähl mir noch einen. Ich liebe Witze, bei denen es darum geht, Nachtflüglern zu vertrauen.«

»Es ist doch zum Verzweifeln mit dir«, erwiderte Deathbringer. »Wie oft habe ich dich jetzt schon nicht getötet?«

»Ich wusste es«, knurrte Preyhunter, der die Krallen in den Spiegel grub. »Ich wusste, dass Vengeance recht hatte. Deathbringer ist ein Verräter.«

»Wir werden uns um ihn kümmern, wenn der Regenwald uns gehört«, fauchte Strongwings.

»Also gut«, sagte Glorys Stimme. »Geh die Nachtflügler zählen. Ich werde Starflight bitten, dein Ergebnis nachzuprüfen, wenn er aufgewacht ist.«

»Was für ein großartiges Vertrauensbekenntnis.« Deathbringer klang amüsiert. Das dunkle Fähnchen verschwand wieder im Spiegel, genau wie das rosafarbene. Glorys Rauchsäule schwebte jetzt allein über dem Spiegel.

»Er wird doch wieder aufwachen, oder?«, fragte sie schließlich leise.

»Ich glaube schon.« Eine neue Spirale aus erdfarbenem Rauch stieg aus dem Spiegel nach oben. Sunnys Herz hüpfte vor Freude, als sie Clays Stimme hörte. Er sorgte immer dafür, dass es ihr besser ging, selbst wenn er wie jetzt auf der anderen Seite des Regenwaldes war. »Aber er ist ziemlich schwer verletzt. Ich glaube, wir sollten die Pfeile benutzen, damit er so lange schläft, bis seine Wunden einigermaßen verheilt sind. Es wird bestimmt sehr wehtun, wenn er aufwacht.«

Oh, der arme Starflight. Sunny wickelte den Schwanz um ihre Klauen.

»Und seine Augen?«, erkundigte sich Glory. »Werden sie heilen?«

»Ich weiß es nicht«, erwiderte Clay.

»So, ich bin die Grenzen abgegangen«, sagte Tsunamis energische Stimme, während ein blauer Rauchfaden auf dem Spiel erschien. »Und habe dafür gesorgt, dass alle Lücken mit Regenflüglern gefüllt wurden, die Speere und Blasrohre in den Klauen halten. An den Tunneln habe ich zusätzliche Wachen postiert. Ich glaube ja nicht, dass sie sehr furchterregend aussehen, aber es genügt, wenn die Nachtflügler Angst bekommen.« Der blaue Rauch bewegte sich um die beiden anderen Fähnchen, als würde Tsunami um sie herumfliegen und dann landen.

»Genau deshalb brauche ich euch beide dort«, meinte Glory. »Die Heiler, die Starflight ins Dorf gebracht haben, kümmern sich um ihn, bis wir dort hinkönnen. Aber für das Einsperren von Nachtflüglern seid ihr die am gefährlichsten aussehenden Drachen, die ich habe.«

»Boah«, rief Clay. »Ich und gefährlich! Grrrrrrr!«

»Na ja, jedenfalls so lange, bis du das da tust«, bemerkte Tsunami trocken.

»Wenigstens bist du nicht himbeerrosa«, warf Glory ein. »Das ist im Moment echt ein Vorteil.«

»Geht in Ordnung«, meinte Clay. »Vermutlich ist Sunny schon im Dorf. Sie wird Starflight nicht von der Seite weichen, auch wenn sie sich vorhin so furchtbar aufgeregt hat.«

Als Sunny zusammenzuckte, sah Fierceteeth sie scharf an.

»Warum hat sie sich denn aufgeregt?«, wollte Glory wissen.

»Wegen Morrowseer, dieser schleimigen Eidechse«, gab Tsunami Auskunft. »Er hat gesagt, die Prophezeiung sei eine Lüge. Er hat sie erfunden, als Teil des Plans, mit dem die Nachtflügler den Regenwald übernehmen wollten.«

Eine lange Pause entstand. Die drei um den Spiegel gedrängten Drachen sahen Sunny an. Sie starrte auf ihre Krallen.

»WIE BITTE?«, kreischte Glory. Ihr Rauchfähnchen wurde plötzlich doppelt so groß.

»Doch, das stimmt«, bestätigte Clay. »Ist das nicht verrückt? Vermutlich wollte Morrowseer deshalb, dass wir Blister zur nächsten Königin wählen … er hat das alles geplant und …«

»ICH WERDE DIESEM VERDAMMTEN DRACHEN DEN KOPF ABBEISSEN UND IHN IN DEN VULKAN WERFEN!!!«, brüllte Glory.

»Zu spät«, meinte Tsunami. »Das ist quasi schon erledigt. Der Teil mit dem Vulkan, meine ich. Inzwischen ist Morrowseer nur noch ein Häufchen Asche.«

»Ist das dein Ernst?«, schnitt ihr Glory das Wort ab. »Es war alles nur erfunden? Es gibt kein Schicksal? Keine Schwingen des Feuers? Keinen Grund dafür, dass man uns unser ganzes Leben lang in eine Höhle eingesperrt hat? Keinen geheimnisvollen Himmelsflügler, der so viel besser ist als ich? Wir werden überhaupt nicht gebraucht

»Hey, ich bin auch sauer«, warf Tsunami ein. »Aber …«

»WIR GEHEN SOFORT ZURÜCK UND BRINGEN IHN NOCH MAL UM.«

»Wenigstens brauchen wir uns seinetwegen keine Gedanken mehr zu machen«, sagte Tsunami. »Wenn es keine Vorsehung gibt, können wir tun, was wir wollen. Die Klauen des Friedens können sich einen Kugelfisch sonst wohin schieben.«

»Aber Sunny hat sich furchtbar aufgeregt«, meldete sich Clay zu Wort. »Sie war doch immer ganz begeistert von der Prophezeiung.«

Ganz begeistert? Sunnys Schwanz zuckte. Clay, das war doch kein lustiges Abenteuer, auf das ich mich gefreut habe.

»Sunny beruhigt sich schon wieder«, sagte Tsunami. »Ihr kennt sie doch. Sie begeistert sich ständig für irgendetwas. Morgen lacht sie schon wieder, und nächste Woche hat sie die Prophezeiung vermutlich schon vergessen. Sie braucht einfach etwas Neues, mit dem sie sich beschäftigen kann. Sie könnte sich zum Beispiel um Starflight kümmern.«

»Ich hätte da einiges, mit dem ich sie beschäftigen könnte«, versicherte Glory. »Als Erstes könnte sie mir jemanden suchen, den ich anbrüllen kann. Ich glaube das einfach nicht. Wenn ich mich jetzt nicht wie eine Königin benehmen müsste, würde ich … grrrrrrr.« Ihre Stimme verlor sich in einem erstickten Gebrüll.

Sunny starrte den Obsidian-Spiegel an. Genau das hasste sie am meisten an der Art, wie ihre Freunde sie behandelten. Doch zu hören, wie sie es ganz offen sagten, machte alles nur noch schlimmer. Als würde es bedeuten, dass mir alles egal ist, solange ich fröhlich sein kann. Als bräuchte man mich nur ein bisschen abzulenken, damit ich den Sinn unseres Daseins und die vielen Drachen, die auf uns zählen, einfach vergesse. Als wäre mein Gehirn nur so groß wie eine Blaubeere, heilige drei MONDE.

Ihr fiel auf, dass Fierceteeth sie mit einem ironischen Grinsen ansah.

»Sie sind nicht sehr beeindruckt von deiner Intelligenz, stimmt’s?«, fragte der Nachtflügler.

Sunny warf ihr einen finsteren Blick zu.

»Allerdings hört es sich schon so an, als würden sie sie gernhaben«, meinte Strongwings nachdenklich. »Aber nicht so, als würden sie sie für besonders nützlich oder wichtig halten. Ich bin mir nicht so sicher, dass sie die Kleine gegen den Regenwald tauschen werden.«

Ich auch nicht, dachte Sunny. Nicht, dass ihre Freunde das tun sollten. Aber … was würden sie denn tun, um mich zurückzubekommen? Alles? Oder werden sie sich einfach denken: »Hey, als Geisel wird es ihr schon gut gehen. Schließlich begeistert sie sich ständig für irgendetwas. Und gefangen gehalten zu werden, dürfte eine ziemlich große Ablenkung für sie sein. Besser geht’s doch gar nicht!«?

Vielleicht werde ich mich einfach selbst retten. Das wär’s doch. Und danach werde ich die Prophezeiung ganz allein erfüllen. Dann werden sie schon sehen, dass sie wahr ist.

Sunny wusste, dass ihre Freunde die Augen verdrehen würden, wenn sie sie jetzt hören könnten. Aber wenn ihr Schicksal sowieso allen egal war … wenn sie der einzige Drache war, der noch daran glaubte … was sollte sie denn sonst tun?

Der Nachtflügler, der den Spiegel hielt, kippte ihn zur Seite, und die Rauchfahnen wirbelten ineinander. Dann atmete er eine kleine Flamme auf die Oberfläche. Der Rauch verschwand und das schwarze Glas schimmerte wie zuvor.

»Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, sagte Preyhunter, während er die beiden anderen Nachtflügler mit einem verschlagenen Ausdruck auf der Schnauze ansah. »Jemand, der diesen zu klein geratenen Sandflügler auf jeden Fall haben will. Jemand, der ihn vermutlich sogar ganz dringend haben will.«

Fierceteeth holte tief Luft. »Du hast recht. Drei Jemande, um genau zu sein. Wir könnten sie an die höchste Bieterin verkaufen – wer auch immer bereit ist, eine Armee aufzustellen und den Regenwald für uns zu erobern.«

Oh-oh. Sunny wollte sich auf keinen Fall an eine der Sandflüglerköniginnen übergeben lassen. Sie hatte schon genug Zeit in Käfigen und Gefängniszellen verbracht, vielen Dank auch. Ihr Blick ging zu den Bäumen und den Kletterpflanzen und suchte nach einer Lücke im Laub.

»Wir sollten mit Blister anfangen«, meinte Strongwings, dessen dunkle Augen im Mondlicht schimmerten. »Sie bezahlt ihre Informanten immer sehr gut, außerdem braucht sie uns am dringendsten von allen.«

Womit bezahlt sie ihre Informanten?, fragte sich Sunny. Der königliche Schatz der Sandflügler wurde doch von dem Zweibeiner gestohlen, der Königin Oasis getötet hat, oder nicht? Und wenn etwas übrig geblieben ist, wäre es doch mit Sicherheit in der Festung der Sandflügler, die von Burn besetzt wird.

»Aber Burn hätte diesen kleinen Freak bestimmt gern in ihrer Sammlung«, wandte Preyhunter ein. »Nach dem, was ich gehört habe, würde ein missgestalteter Drachling hervorragend zu den zweiköpfigen Kreaturen und den ausgestopften Zweibeinern passen.«

»Ich bin nicht missgestaltet«, empörte sich Sunny, aber keiner der Drachen beachtete sie.