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Zwei verfeindete Clans, die sie auf ihre Seite ziehen wollen.
Ein Internat für Schüler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, das ihr vorkommt wie ein Gefängnis.
Und ein Junge, den sie mehr liebt, als es gut für sie ist.
Zwischen Liebe und Verrat, Lüge und Verschwörung muss Emma die Wahrheit finden.
So schnell wie möglich, sonst werden sie sie kriegen. Und töten.
Rena Fischer, geboren in München, schrieb schon als Kind begeistert eigene Geschichten und »Gedankenbücher«, die sie mit Fotoschnipseln, Eintrittskarten, Zeitungsausschnitten und allem Möglichen zu Scrapbooks anreicherte. Nach Abitur und Wirtschaftsstudium beruflich nach Cork (Irland) geschickt, verliebte sie sich in die wildromantische Landschaft. Der Traum vom Wohnen am Meer erfüllte sich ein paar Jahre später jedoch in wärmeren Gefilden, als sie mit ihrem Mann und ihrer Tochter nach Spanien zog. Nach der Geburt ihrer Zwillingssöhne hängte sie ihren »respektablen« Beruf an den Nagel, ließ ihrer Kreativität freien Lauf und begann mit dem Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern. Zusammen mit ihrer Familie lebt sie heute in München.
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Für Sarah,
die immer an Emz geglaubt hat.
»Du hast versprochen, daran zu arbeiten«, sagt er vorwurfsvoll.
Und ich verspreche ihm erneut, sie wegzusperren: meine Erinnerungen.
Aber sie sind wie Schatten. Kann man sich einen Körper ohne Schatten vorstellen? Ein Leben ohne Erinnerungen?
Morgens ist es am leichtesten. Da denke ich, heute schaff’ ich es. Und dann kommen sie doch. Am Nachmittag. Wenn es still wird, ich allein in der Bibliothek sitze und über den Hausaufgaben brüte oder die Bahnen betrachte, in denen der Regen über das Fenster läuft. Früher habe ich Regentage gehasst. Jetzt haucht jeder einzelne Tropfen seinen Namen an das beschlagene Glas und das trommelnde Nass eines Gewitters klingt wie eine Melodie. Deshalb ist es an Regentagen besonders schwer. Nicht dass es in Irland selten regnen würde.
Ich versuche immer, mich abzulenken. Doch jede Faser in mir wartet auf den Augenblick, in dem ich plötzlich seine Gegenwart spüre. Anfangs ist es ganz zart, als würde jemand heiß hinter meinem Nacken atmen. Dann fühle ich seine Fingerspitzen auf meiner Haut. Sie kreisen über meinen Hals und malen glühende Muster hinauf zu meinen Wangen. Spätestens jetzt sind die Schatten so nah, dass ihre gierigen Blicke nach mir lecken. Aber sie schlagen erst zu, wenn seine weichen Lippen die meinen berühren. Dann jagt sein Feuer durch mich wie ein Stromschlag, sein Gesicht flackert vor meinen Augen und ich strecke die Arme aus, um ihn zu berühren, festzuhalten. Während meine Hände ins Leere greifen, treiben die Schatten ihre Fänge in die dünne Haut über meinem Herzen, reißen sie entzwei und befreien den Schmerz.
Aber am schlimmsten ist es nachts. Dann starre ich in die Finsternis, die sich zu einer riesigen Schlange verdichtet. Sie kriecht geschmeidig über das weiße Laken, schlingt sich um meinen Hals, würgt mir den Atem ab. Ihre Zähne vergiften mein Blut mit Sehnsucht, bis der Schmerz so groß wird, dass er mich in seine dunklen Träume streichelt.
Um seine schmale Gestalt vibriert ein Meer von Farben, doch der Blick seiner Augen ist metallisch grau.
»Du wirst ihn vergessen«, sagt er leise.
Und der Rabe weichet nimmer – sitzt noch immer, sitzt noch immer
auf der bleichen Büste überm Türsims wie vorher;
und in seinen Augenhöhlen eines Dämons Träume schwelen,
und das Licht wirft seinen Schatten auf den Boden schwarz und schwer;
und es hebt sich aus dem Schatten, den er breitet um mich her,
meine Seele –
nimmermehr!
(E. A. Poe: The Raven)
Ich weiß, dass etwas nicht stimmt, als Liz mir die Karten zeigt. Lächelnd streicht sie sich eine blonde Haarsträhne hinter das Ohr und sieht mich mit dem bettelnden Blick eines Kleinkindes vor der Süßigkeitentheke an.
»Ach, komm schon, Emz. Was soll daran faul sein?«
»Alles.«
Sie lacht und gibt mir einen Knuff in die Seite. »Hey, nur weil du keinen an dich ranlässt und lieber ›Schneewittchen unerreichbar schön im gläsernen Sarg‹ spielst …«
»Hör auf damit!« Ein Schauer läuft mir über den Rücken.
Ich hasse es, wenn sie mich so nennt. Vor allem, weil sie nicht die Einzige ist. Die Haut, so weiß wie Schnee, und Haare schwarz wie Ebenholz. Ich wünschte, ich wäre hellblond mit sonnengebräunter Haut und endlos langen Beinen – wie Liz. Oder zumindest goldblond wie Mama. Aber das Einzige, worin ich meiner Mutter ähnlich sehe, ist ihre kleine, zierliche Figur. Selbst die eisblauen Augen habe ich von einem Vater, dessen Namen ich noch nicht einmal kenne. Er ist genauso ein Tabuthema wie der Rest der Vergangenheit meiner Mutter.
»Kein normaler Junge schenkt einem Mädchen, das er erst seit ein paar Stunden kennt, zwei Tickets für ein seit Monaten ausverkauftes Musical! Noch dazu Plätze in der zweiten Reihe!«, sage ich und versuche den Haken an der Sache zu finden.
»Nick ist auch nicht normal. Er tanzt wie ein Halbgott, ist umwerfend männlich, süß, mit so einem Hauch von Gefahr …«
»Süß mit einem Hauch von Gefahr?« Ich lache und weiß im selben Moment, dass ich verloren habe.
Meine Neugier auf Liz’ neueste Errungenschaft ist viel zu groß, als dass ich mir diesen Abend entgehen lassen würde. Was kann schon passieren? Vielleicht hat er wirklich zwei Karten übrig und ist gestern im Club »Willenlos« Liz’ Charme verfallen. Nomen est omen. Außerdem möchte er vor dem Theater auf uns warten und nicht in einer finsteren Ecke im Stadtpark. Ich sollte wirklich nicht immer so misstrauisch sein. Aber wie könnte jemand, der von Katharina Meyer erzogen wurde, jemals so fröhlich und offenherzig sein wie meine beste Freundin?
Nimm nie etwas von einem anderen Menschen an, ohne dich zu fragen, wie er dir schlimmstenfalls damit schaden könnte. Und dann überlege, ob du bereit bist, diese Gefahr einzugehen.
Ich war erst sechs, als meine Mutter mir diesen Satz eingebläut hat. Seither habe ich ihn immer wieder von ihr gehört.
Als ich die Augen schließe, sehe ich den Spielplatz vor mir. Mein Ball ist unter eine grün getünchte Holzbank gerollt und als ich mich bücke, um ihn darunter hervorzuziehen, ist da diese Hand: elfenbeinweiß und knöchrig. Kleine blaue Äderchen spinnen ein Netz zwischen den Falten über dem Handrücken. Aber in ihren Fingern glitzert verheißungsvoll etwas Goldenes. Ich schaue auf die roten Buchstaben, die ich noch nicht entziffern kann, aber ich weiß trotzdem ganz genau, welche Köstlichkeit das Papier umhüllt. Deshalb ignoriere ich auch Mamas warnenden Ruf. Blitzschnell entziehe ich den Schatz den Fingern, reiße das Papier auf und stopfe mir seinen süßen Inhalt in den Mund. Als Mama vor mir steht, ist ihr Gesicht so bleich wie der ausgewaschene Sand zu unseren Füßen und ihre Unterlippe bebt. Wir verlassen den Spielplatz sofort. Die Wohnungstür ist kaum ins Schloss gefallen, da packt sie mich an den Schultern, schüttelt mich heftig und lässt mich schwören, nie wieder unbedacht etwas von fremden Menschen anzunehmen. Aber die Frau war wirklich nett. Weiße Haare, ein freundliches Lächeln in dem faltigen Gesicht: eine Bilderbuch-Oma. Ich schaue in die goldbraunen Augen meiner Mutter und versuche zu begreifen, warum in aller Welt sie so aufgebracht ist.
Und da passiert es.
Ihre Stimme klingt auf einmal dumpf und unklar, wie unter Wasser. Meine Kehle schnürt sich zu und ich bekomme keine Luft mehr. Zusammengekrümmt sacke ich zu Boden. Etwas Feuchtes fließt über meine Wangen. Ich öffne den Mund, um zu schreien, aber schaffe es nicht, auch nur einen Laut von mir zu geben. Angst! So viel Angst! Mein Bauch schmerzt, als hätte ich glühende Kohle verschluckt, und ich sehe Mamas Gesicht nur noch verschwommen vor mir. Ihre Augen weiten sich vor Entsetzen. Sie bewegt ihren Mund, doch ich verstehe kein Wort. Hände greifen nach mir und dann liege ich in ihren Armen und plötzlich konzentrieren sich all meine Gefühle auf einen einzigen Wunsch, drängend, geradezu übermächtig: dem brennenden Verlangen zu beschützen. Noch nie habe ich das so intensiv empfunden.
Kann ich eigentlich auch nicht.
Denn das, was ich als Sechsjährige in diesem Moment fühle, ist die Liebe einer Mutter für ihr Kind.
Aber das Kind bin ich selbst.
Erzähl niemandem davon. Sie würden mit uns experimentieren oder uns in die Irrenanstalt stecken.
Ich schlucke den bitteren Geschmack in meinem Mund hinunter und sehe Liz entschlossen an. »Okay, ich komme mit.«
»Ehrlich?«
Liz’ überraschte Stimme verrät mir, wie wenig sie mit dieser spontanen Entscheidung gerechnet hat. Es ärgert mich.
»Musst du nicht erst deine Mutter fragen?«, hakt sie dann auch sofort nach.
»Ich sag ihr einfach, du hast die Karten von deinen Eltern bekommen, dann hat sie bestimmt nichts dagegen. Sie fährt am Wochenende eh zu Hannah und Elias.«
Meine Stimme zittert leicht, aber Liz fällt es nicht auf.
Ich muss dir vertrauen können, Emma. Zwischen uns darf es keine Lügen geben. Es ist zu gefährlich. Für dich, für uns beide. Versprich es mir.
Aber ich halte mich ebenso wenig an mein Versprechen wie der Junge und erst viel später begreife ich, warum er nicht vor dem Theater auf uns gewartet hat.
Acht Nachrichten.
Die Ziffern blinken rot auf dem Anrufbeantworter und zählen von acht bis eins rückwärts, als ich die Wiedergabetaste drücke. Liz summt im Hintergrund ein Lied aus dem Musical, während sie ihre nasse Jacke auszieht und über einen Stuhl hängt. Aus den Spitzen meiner Haare tropft Wasser auf das Display. Verdammter Regen! Sämtliche Nachrichten sind von Hannah und mit jeder einzelnen wird ihre Stimme schriller.
Mama ist nicht bei ihnen angekommen.
Jeder andere Teenager mit sechzehn Jahren hätte das als hysterische Überreaktion seiner Großmutter abgetan. Aber leider ist Hannah nicht meine Großmutter und ich bin kein normaler Teenager.
Was ist passiert? Mama ist doch immer pünktlich. Und wenn nicht, ruft sie an.
»Jetzt beruhige dich mal!« Liz legt ihre Hand auf meine Schulter. »Wahrscheinlich ist nur der Handyakku leer!«
Meine Gedanken rasen. Sie hat ein Ladegerät im Auto. Und zur Not lassen sie einen an der Tankstelle telefonieren.
Ich rufe Hannah an. Als ich ihre Stimme höre, sehe ich sie vor mir: die weißen Haare zu einem Zopf geflochten, aus dem sich die widerspenstigen Locken ihren Weg ins Freie bahnen, warme hellbraune Augen in einem Gesicht voller Lachfältchen. Mama hat einmal schmunzelnd gemeint, sie habe für mich die beiden als Großeltern adoptiert. Aber ich kenne ihren Stolz gut genug, um zu wissen, dass der erste Schritt von Hannah ausgegangen sein muss, als Mama, gerade mal neunzehn, hochschwanger und ohne Familienangehörige, in ihrer Nachbarschaft auftauchte.
Hannah sagt, Elias will den Weg abfahren. Meine Hand zittert, als ich wieder auflege. Fragend sieht Liz mich an. Sie kennt natürlich nicht den Plan:
1. Notfall ist, wenn ich mich um mehr als zwei Stunden verspäte, ohne mich bei dir zu melden.
2. Dann sperr sofort deine Emotionen weg.
3. Schließ dich nicht in der Wohnung ein. Sie könnten sie aufbrechen.
4. Pack ein paar Klamotten, Ausweise, Handy und das Notfallgeld und geh zu einer Freundin.
5. Ruf von dort Hannah an.
6. Wenn sie dir eigenartig vorkommt, leg auf. Dann haust du ab. London wäre keine schlechte Wahl. Auf jeden Fall eine Großstadt. Benutz den Pass mit dem falschen Namen NUR in diesem Notfall. Wenn Hannah normal klingt, lass dich abholen, aber beobachte, ob euch jemand folgt.
7. Vergiss niemals, dass ich dich liebe. Deswegen pass auf dich auf.
Mamas Sieben-Punkte-Plan.
Mein Blick wandert zur Uhr. Drei Stunden. Sie hätte vor verdammten DREI Stunden bei Hannah und Elias sein müssen! Mein Atem geht schneller. Okay, Gefühle wegsperren, sofort! Ich schließe die Augen und konzentriere mich.
»Emz! Was ist denn los? Du siehst aus, als hättest du gerade Jack the Ripper gesehen.« Ihre Stimme klingt dumpf und weit entfernt.
»Können wir heute Nacht bei dir übernachten?«, frage ich leise.
Siebenundzwanzig, achtundzwanzig, neunundzwanzig, dreißig.
Ich weiß nicht mehr, wie oft ich diese bescheuerten Leuchtsterne über Liz’ Bett gezählt habe, als es klingelt. Mit einem Satz springe ich auf und schaue auf den Wecker. Erst kurz vor fünf. Liz zieht sich stöhnend die Decke über den Kopf, aber ich haste zur Eingangstür, bevor ihre Eltern aufwachen.
Draußen steht Elias. Mit einem Polizisten.
Bei seinem Anblick weiche ich einen Schritt zurück. Elias’ hageres, faltiges Gesicht ist bleich wie ein Totenschädel.
»Emma …«, flüstert er heiser. Dann presst er die schmalen Lippen fest aufeinander. Tränen laufen über seine Wangen und tropfen auf den dunklen, altmodischen Trenchcoat. Ich kann mich nicht erinnern, Elias jemals weinen gesehen zu haben. Der Ausdruck seiner tränennassen Augen warnt mich. Trotzdem tue ich es.
Ich tauche. Mitten hinein in seinen Schmerz. Gewaltig und unstillbar. Meine Schulter schlägt gegen den Türstock und ich klammere meine Finger an das Holz. Ich muss atmen. Langsam. Ein und wieder aus. Aber da ist dieser Sog. Er reißt mich tiefer und ich stemme mich dagegen, versuche, mich nach oben zu strampeln. Raus! Hier ist es so finster, so still, so vollkommen leblos. Ich verliere mich in dem Abgrund seiner Verzweiflung. Elias ist mir viel zu vertraut, um mich schnell von ihm zu lösen. Aber dann schaffe ich es doch, schließe meine Augen und sinke erschöpft gegen seine Brust. Er legt den Arm um mich. Seine Hand zittert.
Bevor der Polizist noch zu sprechen beginnt, weiß ich, was er sagen wird.
Mama ist tot.
Fünfunddreißig.
Wie Blüten aus Schnee wachsen die weißen Pfingstrosen aus dem dunklen Sarg und jede einzelne von ihnen steht für ein Lebensjahr. Während der Priester von Abschied und Tod spricht, klammere ich mich an ihren frühlingshaft zitronigen Duft, ein Versprechen auf ein Wiedersehen, unterdrücke krampfhaft die Tränen und grüble unentwegt darüber nach, wie Mama von der Fahrbahn abkommen konnte. Nässe und hohe Geschwindigkeit, sagt die Polizei. Aber sie ist immer vorsichtig gefahren.
Zu meinem Entsetzen hat Elias ungefragt eine Todesanzeige in der Regionalzeitung aufgegeben. Ich weiß, dass sie das niemals gutgeheißen hätte.
Wir müssen unauffällig bleiben.
Die Tage bis zur Beerdigung sind wie ein nicht endender Albtraum gewesen. Die Momente in Hannahs und Elias’ kleinem Haus auf dem Land, das Mama und ich immer so geliebt haben, brennen in meinem Inneren wie Salz auf einer offenen Wunde. Ich sehe sie einfach überall. Wie sie die Rosen im Garten schneidet, der verwitterten Gartenbank einen neuen Anstrich verpasst und mit mir Himbeeren in blauen Emailleschüsseln sammelt.
Als wir die Aussegnungshalle verlassen, blinzele ich in die Sonne, während in meinem Inneren ein Sturm tobt. Das knirschende Geräusch meiner Schuhe auf den Kieselsteinen verfolgt mich noch Tage später in meinen Träumen. Es sind nicht viele Leute gekommen. Lediglich ein paar Nachbarn.
Ich wünschte, ich wäre nicht mit Liz ins Theater gegangen. Vielleicht hätte ich es verhindern können. Vielleicht … Elias tippt mich an und raunt: »Emma, wer ist das?«
Er steht etwa zehn Meter entfernt mitten auf dem Weg. Zu weit, um richtig zu unserer Gesellschaft zu gehören, und zu nah, um zu vermuten, dass er ein anderes Grab besucht. Etwa vierzig Jahre alt, groß, schlank und aufrecht. Ganz in Schwarz gekleidet. Auch sein Haar ist schwarz und fällt ihm glatt ins Gesicht. Er hebt die Hand und streicht eine Haarsträhne nach hinten. Ich bemerke eine kleine Narbe an seiner rechten Wange. Seine Augen sind direkt auf mich gerichtet. Vorsichtig tauche ich in ihr eisiges Blau.
Und schnappe nach Luft.
Ich bin in einem Raum voller Türen. Jede verschließt sorgsam ein Gefühl. Und hinter jeder einzelnen verbirgt sich etwas Neues. Gefangene Emotionen. Trauer und Schmerz, aber zugleich Hass, Zorn, Angst und Liebe. Wie kann er das alles nur gleichzeitig empfinden und dabei seinem Gesicht diese regungslose Maske geben? Ich konzentriere mich auf das Liebesgefühl. Gilt es meiner Mutter? Es schmeckt wie bitterer Honig und inmitten der herben Süße entdecke ich etwas Eigenartiges. Klein und zart regt sich etwas, wie ein Keimling, der sich langsam dem Sonnenlicht entgegenstreckt. Eine Zuneigung, die sich gerade erst entwickelt. Doch plötzlich schlagen die Türen zu und hinterlassen eine einzige Empfindung: unbändige Wut.
Ein Schlag auf meinen Kopf reißt mich abrupt aus ihm heraus. Ich starre nach unten und reibe mir die schmerzende Stelle. Auf dem Boden liegt ein großer Tannenzapfen. Er muss sich aus dem Baum hinter mir gelöst haben.
Der Pfarrer ist endlich fertig. Ich schütte eine Schaufel dunkler Erde in das Grab und beiße mir auf die Unterlippe, aber ich weine nicht.
Und auf einmal steht der Fremde neben mir und nimmt sie mir aus der Hand. Ich zucke zusammen, als mich seine Hände berühren. Mit einem kräftigen Schwung befördert er die Erde auf den Sarg, bevor er die Schaufel stumm an Elias weiterreicht. Dann beugt er sich blitzschnell hinunter, bis seine Wange fast die meine berührt, und flüstert mir ins Ohr: »Mach das NIE WIEDER ohne meine Einwilligung, Emma!«
Mit kräftigen, geschmeidigen Schritten verschwindet er hinter den Tannen und Birken, die ihre dunklen Schatten auf die Gräber werfen. Während ich ihm nachsehe, verschwimmen ihre Stämme und das dichte Laub zu undeutlichen Klecksen aus Grün und Braun und Panik nimmt mir den Atem.
Er kennt meinen Namen.
Und meine Gabe.
Wir sind wieder in Hannahs und Elias’ kleinem Haus, aber ich muss weg. Das ist ein Notfall. Also muss ich den Plan ausführen. Fieberhaft packe ich ein paar Klamotten und eine Taschenlampe in den Rucksack, stecke mein Handy ein und zähle Mamas Geld. Wenn ich sparsam bin, reicht es für zwei Monate. Auf Zehenspitzen schleiche ich mich am Wohnzimmer vorbei in die Küche und hole mir ein paar Lebensmittel und eine Flasche Wasser. Auf dem Rückweg zur Treppe klingelt es bereits.
Mir bleibt keine Zeit mehr. Mit Rucksack und Jacke unter dem Arm verstecke ich mich im Garderobenschrank. Manchmal hat es auch Vorteile, klein und dünn zu sein. Durch den Türspalt kann ich sehen, wie der schwarzhaarige Unbekannte von Elias hereingebeten und ins Wohnzimmer geführt wird. Mamas Verfolgungswahn war doch nicht unbegründet. Das Herausfinden von Hannahs Adresse muss ein Kinderspiel für ihn gewesen sein. Ihre Namen standen schließlich in der Todesanzeige. Aber woher weiß er von meiner Gabe?
Ich reiße die Tür auf und haste ins Freie. Im Laufen ziehe ich mir die Jacke an und setze den Rucksack auf. Er ist schwer. Die Kordel des Schlafsackes schneidet in meine linke Schulter. Aber Schmerz ist gut. Er lenkt von der Angst ab.
Du musst trainieren. Wenn du verfolgt wirst, muss deine Kondition erstklassig sein.
Mühelos falle ich in meinen gewohnten Laufrhythmus. Ich kann nicht den Bus nehmen. Im Bus bin ich gefangen. Meine Füße tragen mich von der belebten Landstraße in den dunklen Forst und meine Gedanken tragen mich zu meiner Mutter.
»Wir spielen jetzt ein Spiel.« In ihren braunen Augen funkeln goldene Sprenkel. Sie streicht mir über das Haar und lächelt mich an. Aber das Lächeln erreicht nicht ihre Augen. Ich kenne diesen Blick. Mama setzt ihn immer auf, wenn sie mir wieder etwas von den anderen erzählt. Von denen, die solche wie uns suchen.
»Ich bin jetzt Herr Winkler. Egal, was ich sage, du darfst nicht traurig oder zornig werden.« Herr Winkler ist der von allen gefürchtete Hausmeister meiner Schule. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mir das Spiel keinen Spaß machen wird. Aber Mama sagt, ich muss nicht Emma sein, sondern Kate. Und Kate ist cool, geht wie ich in die dritte Klasse und hat überhaupt keine Angst vor Herrn Winkler.
»Sie hat eine ganz besondere Gabe. Sie kann die Gefühle anderer Leute spüren. Am liebsten sind ihr Wut und Hass oder Verachtung. Davon ernährt sie sich wie ein Vampir.«
Ich lache, als Mama das sagt.
Doch plötzlich steht sie mit einem Ruck auf.
»Warum hast du deine Füße nicht abgeputzt, als du vom Pausenhof hereingelaufen bist?«
Was? Fängt es schon an? Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ihre Stimme ist plötzlich so streng und ihre Augen scheinen mich zu durchbohren.
»Naaa? Wird’s bald? Du bist aus der 3b, nicht wahr?«
Ich nicke und bringe keinen Ton heraus. Sag was! Tu was!
Sie beugt sich noch weiter vor.
»DU WIRST NIE WIEDER DIESES SCHULHAUS BETRETEN, OHNE DIE SCHUHE ABZUPUTZEN!«, brüllt sie.
Und endlich kapiere ich. Mir kann doch gar nichts passieren. Ich bin ja Kate.
»SIE DÜRFEN DAS NICHT! Mich anschreien. Wenn ich das der Rektorin erzähle, bekommen Sie Ärger.«
»Und WEM wird sie wohl glauben? DIR oder MIR?«
Richtig. Frau Schneider hält grundsätzlich zu den Lehrerinnen und zu Herrn Winkler.
»Sie schreien nicht zum ersten Mal. Meine Freunde werden …«
»Freunde? So ein eigenartiges Mädchen wie du hat doch keine Freunde.«
Nein! Ich springe auf und taumle zurück. Das ist gemein. Und es ist nicht wahr. Nur momentan. Bestimmt habe ich bald eine Freundin. Sie finden mich nur so komisch, wenn ich tauche. Sie sagen, ich sehe total behindert aus. »ICH WILL DAS NICHT SPIELEN!«
Mama nimmt mich in die Arme und wischt mir die Tränen von den Wangen. »Wir spielen das nur so lange, bis du allen Winklers ohne Angst die Stirn bieten kannst.«
Müde kauere ich mich abseits der Waldwege ins Dickicht. Mein Atem rast so schnell wie mein Puls und der feuchte, würzige Geschmack von Holz, Tannennadeln und Moos schießt scharf in meine Lungen. Ich ziehe mein Handy aus dem Rucksack und reserviere einen Platz für den Nachtflug nach London. Als ich noch klein war, hat Mama als Englischübersetzerin gearbeitet. Dass sie mich zweisprachig erzogen hat, bringt mir neben leicht verdienten guten Noten in Englisch den unschätzbaren Vorteil, im Unterricht nicht aufgerufen zu werden. Lehrer lassen sich nun mal nicht gerne selbst belehren, besonders nicht vor der ganzen Klasse.
Zwei Stunden vor Abflug wollte ich ankommen. Als ich den Terminal schließlich eine halbe Stunde vor Boarding betrete, brennen Blasen an meinen Füßen, einige davon sind blutig gescheuert, und meine Oberschenkel schmerzen. Der Schweiß auf meiner Haut lässt mich in der klimatisierten Halle frösteln. Jemand berührt meine Schulter.
»Hallo, Emma.«
Verdammt! Ich weiß, dass es der Fremde ist, bevor ich mich noch umdrehe. Er mustert mich, als wäre er besorgt.
»Verschwinden Sie!« Meine Stimme klingt viel zu unsicher.
»Wir müssen uns unterhalten.«
»NEIN!«
Ich weiche ein paar Schritte zurück. Sie werden mich nicht einsperren und Versuche mit mir machen.
Er greift nach meinem Arm und beugt sich vor. »Hör zu, ich weiß nicht, was deine Mutter dir erzählt hat, aber du musst vor mir keine Angst haben.«
Seine plötzliche Nähe und der feste Griff seiner Hand sagen das Gegenteil. Ich muss ihn loswerden.
Meide unbelebte Straßenzüge. Sie wollen nicht auffallen. Sie werden dich ungern öffentlich angreifen.
Ich beginne lautstark, um Hilfe zu rufen. Der Druck um meinen Arm wird fester und er knurrt: »Lass den Blödsinn, Kind.«
Mich gegen ihn stemmend, schreie ich noch lauter. Kurz bevor die Sicherheitspolizei uns erreicht, lässt er mich los. Er lächelt.
»Was geht hier vor?«, fragt einer der Beamten.
Er ist mindestens zwei Meter groß, sodass ich den Kopf in den Nacken legen muss, um ihm direkt in die Augen zu sehen.
»Dieser Mann …«
»Tut mir leid, dass meine Tochter sich so aufführt«, unterbricht mich der Fremde.
Tochter? Scheißkerl! Mein Vater hat Mama bereits vor meiner Geburt verlassen.
»Sie sind nicht mein Vater!«
»Ich weiß, Kleines.« Sein Tonfall ist der eines Arztes, der es mit einem schwierigen Patienten zu tun hat. »Lass uns daheim darüber reden, Emma.« Er versucht, seinen Arm um mich zu legen, doch ich schlage ihn weg. Seine Schauspielkunst ist wirklich beeindruckend.
Sie wissen, wie man Leute manipuliert. Du musst besser sein als sie.
»Ich kenne diesen Mann überhaupt nicht!«
»Du bist Emma Meyer, 16 Jahre alt, Tochter von Katharina Meyer und mir«, sagt der Fremde. Sein Gesichtsausdruck wird ernst. »Und deine Mutter ist heute beerdigt worden.« Er dreht sich zu den Sicherheitsbeamten. »Sie können das gerne überprüfen. Wie gesagt. Tut mir leid, dass wir Ihnen so viele Umstände bereiten, aber sie hat heute schon einiges durchgemacht.«
Meine Lippen beben und ich presse sie fest zusammen. Wie kann er es wagen, die Beerdigung meiner Mutter für sein mieses Spiel zu missbrauchen! Vor meinen Augen tanzen verschwommene Flecken. Seit Mamas Tod habe ich kaum geschlafen. Die Erschöpfung mischt sich mit meiner Wut und der Angst vor dem, was er mit mir vorhaben könnte. Ich balle die Hände zu Fäusten und versuche, mich auf mein Atmen zu konzentrieren, als ein ohrenbetäubendes Krachen und Splittern ertönt. Der Wasserspender neben dem Check-in-Schalter fällt zu Boden. In einer großen Wasserlache glitzern die Scherben des Behälters wie flüssiges Silber. Einige Wasserspritzer und Glassplitter haben fast die Füße des Mannes erreicht. Alle drehen sich um. Weglaufen! Jetzt! Aber er ist schnell. Und sein Griff so stark.
»Lassen Sie meinen Arm los!«
Er hebt die Augenbrauen. »Nur, wenn du endlich mit mir kommst. Ich bringe dich zu den Lehmanns. Nach … Hause.«
Ich glaube ihm nicht. Warum sollte er mich zu Hannah und Elias zurückbringen?
»Ich gehe nirgendwohin mit Ihnen!«, rufe ich laut.
»Ach, jetzt hör schon auf, Mädchen«, sagt der Sicherheitsbeamte ungeduldig. Aus seinem Funkgerät quäkt eine blecherne Stimme: »Alles klar. Wir schicken den Reinigungsservice.«
»Danke«, antwortet er. Dann mustert er mich und schüttelt den Kopf. »Dass er dein Vater ist, sieht man doch auf den ersten Blick.«
WAS? Ich fühle mich, als wäre ich gerade gegen eine Betonwand gelaufen. Langsam drehe ich mich um und betrachte den Fremden genauer. Schwarze, glatte Haare, schmales Gesicht, hohe Stirn und eisblaue Augen. Meine Augen.
Oh Gott, wieso ist mir das nicht vorher schon aufgefallen! Ein Zittern läuft durch meinen Körper. Ich kann mich nicht mehr bewegen, starre ihn einfach nur an.
»Emma«, seufzt er. »Bitte komm jetzt. Wir müssen wirklich miteinander reden.«
Ich steige in eine Limousine mit abgedunkelten Scheiben. Sie erinnert mich an Mafiafilme. Nur Verbrecher fahren solche Kisten. Wo zur Hölle hat er all die Zeit gesteckt? Und woher weiß er von Mamas Tod? Hat er uns etwa jahrelang beobachtet?
Während wir die Landstraße entlangfahren, starre ich auf die Windschutzscheibe und spreche kein Wort. Er schweigt ebenfalls. Der Weg, für den ich den ganzen Nachmittag bis in die Nacht hinein gebraucht habe, fliegt nur so dahin. Schließlich siegt meine Neugier.
»Woher wusstest du, dass ich ins Ausland fliegen würde?«
»Ich hab überlegt, was deine Mutter in dieser Situation getan hätte.«
Mein Mund fühlt sich plötzlich wie ausgetrocknet an.
»Wo warst du?«, flüstere ich.
»Ich wusste bis vor Kurzem nicht einmal, dass du überhaupt existierst.« Er drückt das Lenkrad so fest, dass seine Knöchel weiß auf seinem Handrücken hervortreten. »Und erst recht nicht, wo ihr lebt.« Nach ein paar gepressten Atemzügen entspannen sich seine Hände wieder. Die Scheinwerfer der entgegenkommenden Autos blenden mich. Er wusste nicht, dass es mich überhaupt gibt?
Du musst lernen, Verstand und Gefühle zu entkoppeln. Mehr als jeder andere Mensch. Deine Gabe macht dich leichter manipulierbar, beherrschbar.
Ich kralle die Finger in meine Jeans und atme tief ein. Er lügt. Würde er die Wahrheit sagen, wäre er unschuldig.
»Wer hat es dir gesagt?«
»Ich hab die Todesanzeige in der Zeitung gelesen. Darin stand, dass ihre Tochter Emma um sie trauert.«
Jetzt weiß ich sicher, dass er lügt. »Dir muss ganz schön langweilig sein, wenn du die Zeit findest, die Todesanzeigen sämtlicher Lokalzeitungen zu durchforsten.«
Er schweigt, aber die Muskeln seines Kiefers zucken. Dann sagt er: »Ich möchte, dass du mit mir nach Irland kommst.«
»Spinnst du?«, schreie ich. Sein Kopf ruckt herum und er sieht mich eine Sekunde lang verblüfft an, bevor er sich wieder der Straße zuwendet. Kaum zu glauben! Er ist wirklich überrascht. Was hat er denn erwartet? Freudentaumel? »Mama hätte dir niemals verheimlicht, dass du eine Tochter hast. Wahrscheinlich bist du abgehauen und willst es jetzt nicht zugeben. Ich werde ganz sicher nirgendwo mit dir hingehen. Ich kenne noch nicht einmal deinen Namen!«
Selbst in dem Halbdunkel kann ich erkennen, wie er erbleicht. »Jacob. Jacob MacAengus. Und ich rate dir, freiwillig mit mir zu kommen.« Seine Stimme klingt jetzt ebenso kalt wie meine. Es gefällt ihm also nicht, als Lügner bezeichnet zu werden. Gut.
»Und wenn nicht, Jacob MacAengus?« Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie er sich auf die Unterlippe beißt. Ich freue mich. Bis mir bewusst wird, dass ich das auch immer tue, wenn ich zornig bin.
»Ich kann eine gerichtliche Verfügung erwirken.«
»Dann musst du erst einmal beweisen, dass du tatsächlich mein Vater bist.« Meine Fingernägel biegen sich unter dem Druck, mit dem ich sie in meine Oberschenkel bohre.
Er hebt die Augenbrauen und wirft mir einen spöttischen Blick zu. »Bei unserer Ähnlichkeit und unseren Gaben? Hast du tatsächlich noch Zweifel oder willst du es nur nicht wahrhaben? Ich hätte dich für intelligenter gehalten. Aber es gibt schließlich auch Blutuntersuchungen.«
Jetzt beiße ich mir auf die Unterlippe. »Mach dir um meine Intelligenz keine Sorgen, die habe ich von meiner Mutter.«
»Na, dann kann ja nichts mehr schiefgehen.«
Der Nagel meines Zeigefingers bricht, aber der Schmerz ist erträglich im Vergleich zu dem Gefühl, das sich in meinem Bauch emporschraubt. Nur mühsam kann ich meinen Blick von seinem versteinerten Gesicht abwenden und starre auf die Windschutzscheibe. Auf einmal reißt ein Scheibenwischer aus der Verankerung und fliegt über das Auto hinweg. Als ich nach hinten schaue, macht Jacob eine Vollbremsung und ich werde gegen den Sicherheitsgurt geschleudert und zurück in den Sitz gepresst.
»Bist du verrückt? Was …«, rufe ich.
Er lehnt sich zu mir. Sein Gesicht ist nur noch ein paar Zentimeter von meinem entfernt, die Augen eisige, blaue Flammen und die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst.
Rasch drücke ich mich von ihm weg ans Fenster und überlege, wie schnell ich die Tür öffnen und abhauen kann.
Seine Züge entspannen sich augenblicklich und werden weicher »Keine Angst, ich tu dir nichts. Das eben … hast du es mit Absicht gemacht?«
Es dauert einen Moment, bevor ich überhaupt begreife, was er meint. Dann lache ich hysterisch auf.
»Ich stelle dir jetzt eine Frage und erwarte eine ehrliche Antwort. Hast du absichtlich den Scheibenwischer abgerissen?«, bohrt er weiter nach.
»Natürlich nicht! Kein Mensch kann das.«
»Ich schon«, erwidert er trocken.
Na klar. Wie immer, wenn ich Menschen bei einer Lüge zu ertappen glaube, tauche ich. Instinktiv, ohne nachzudenken. Aber in ihm gibt es keine Gefühle, die mir eine Lüge verraten. Keine Unsicherheit vor dem Entdecken. Nur Besorgnis und dann Zorn. Der Sicherheitsgurt um meinen Körper schießt hoch und drückt meinen Hals fest an die Kopfstütze. Ich bekomme keine Luft mehr. Ich klammere die Hände an den Gurt, um ihn von meiner Kehle zu zerren, aber er lässt sich nicht bewegen.
»Glaubst du mir jetzt?«, höre ich entfernt Jacobs Stimme. Ich ersticke! Er bringt mich um. Wie konnte ich nur so dumm sein, zu ihm ins Auto zu steigen, einem völlig Fremden! Plötzlich lässt der Druck nach. Meine Finger tasten nach der Schnalle und ich schleudere den Gurt von mir. Doch als ich die Tür aufreißen will, um aus dem Auto zu springen, verriegelt sie sich. Und Jacob hat sich keinen Millimeter bewegt.
»Ich hatte dich gewarnt«, sagt er gleichmütig.
»Du bist wahnsinnig!« Eine Gänsehaut breitet sich auf meinen Armen aus.
»Weil ich Dinge bewegen kann, ohne sie anzufassen?« Er verzieht den Mund zu einem traurigen Lächeln.
»Weil du mich fast erwürgt hättest mit … mit diesen Fähigkeiten. Das ist einfach irre! Wie machst du das?« Rasch verstumme ich wieder, als ich sehe, wie seine Mundwinkel nach oben gleiten. Das klang eindeutig zu bewundernd.
»Glaub mir, ich hatte alles unter Kontrolle.« Er tippt mir auf die Brust. »Im Gegensatz zu dir.«
Er meint doch wohl nicht …
Jacobs Lächeln wird breiter und er schüttelt leicht den Kopf. »Hast du es noch nie zuvor bemerkt?«
»Nein.« Mein Atem geht viel zu schnell. Mein Herzschlag ebenfalls. »Bisher war ich auch noch nie so, so …«
»Wütend gewesen?«, vollendet er meinen Satz.
»JA!«
Jacob lacht auf und hebt abwehrend die Hände. Er sieht tatsächlich nett aus, wenn er lacht. Kleine Grübchen graben sich dann in seine Wangen und seine Augen funkeln.
»Vorsicht, Emma. Wir müssen erst noch daran arbeiten.«
Auf den Trick falle ich nicht rein. »Wir werden an gar nichts arbeiten! Du fährst dorthin, wo du hergekommen bist …«
»Irland. Eine bemerkenswert hübsche Insel.« Ein zynisches Lächeln kräuselt seine Lippen.
»Und ich bleibe hier bei Hannah und Elias.«
Sein Gesicht wird schlagartig ernst. »Wissen sie etwa von deinen Gaben?«
»Natürlich nicht!«
»Na, wenigstens das hat sie dir beigebracht.«
Sein Anwalt ist für meinen Fall genauso maßgeschneidert wie seine Anzüge. Und Hannah und Elias sind nicht mit mir verwandt.
»Aufgrund des dem Gericht vorliegenden medizinischen Vaterschaftsnachweises wird die elterliche Sorge für Emma Meyer hiermit allein auf Jacob MacAengus übertragen. Der Antrag der Änderung des Familiennamens auf MacAengus wird wegen mangelnder Einwilligung von Emma abgelehnt.«
Ein Teilsieg. Die Augen meines Vaters werden hart, als er das Lächeln auf meinem Gesicht bemerkt.
Wir stehen vor dem Check-in-Schalter am Flughafen. Hannah und Liz weinen, während mich Jacob mit unbewegter Miene beobachtet. Ich beiße mir so fest auf die Unterlippe, dass ich den metallischen Geschmack von Blut spüre. Keine Tränen. Nicht vor ihm.
»Ich komme zurück«, verspreche ich. Dann gehe ich zu meinem Vater. Die zwei Jahre bis zu meiner Volljährigkeit werde ich ihm zur Hölle werden lassen.
Natürlich fliegen wir Business Class. Unter anderen Umständen hätte ich das cool gefunden. Aber hier mit ihm zu sitzen ist genauso falsch wie das Lächeln der blonden Stewardess, die Jacob die neueste Ausgabe der Financial Times aushändigt. Ein Ruck geht durch das Flugzeug, als es sich langsam in Bewegung setzt, und er streckt mir plötzlich ein Taschentuch entgegen. »Du hältst dich gut, Emma. Aber du solltest dir das Blut vom Mund wischen.«
Ich ignoriere seine Hand und fahre mit dem Ärmel meiner Strickjacke über meine Lippen. Das Rot hebt sich deutlich von dem cremefarbenen Strickmuster ab.
Seine Mundwinkel zucken belustigt, als er das Taschentuch wieder wegsteckt. Erneut graben sich meine Hände in meine Oberschenkel. Er sieht mich stirnrunzelnd an. »Kannst du dich bitte beruhigen, bis wir wieder festen Boden unter den Füßen haben?« Dann beugt er sich zu mir und raunt in mein linkes Ohr: »Ich meine das ernst. Du musst dich entspannen. Sofort! Denk an den Wasserbehälter am Flughafen und an den Scheibenwischer. Wenn du so weitermachst, könntest du die Instrumente im Cockpit beeinflussen.«
Zischend schnappe ich nach Luft.
»Ich verspreche dir, du kannst mich nach unserer Ankunft genauso glühend weiterhassen wie bisher. Aber die Konsequenzen wären dann nicht ganz so dramatisch.«
Mit zitternden Fingern krame ich meinen iPod aus dem Rucksack und stöpsele mir die Kopfhörer ins Ohr. Dann drehe ich die Musik auf maximale Lautstärke und schließe die Augen.
Siebtens: Vergiss niemals, dass ich dich liebe. Deswegen pass auf dich auf.
Hast du einen Freund hinieden,
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug und Munde,
Sinnt er Krieg im tückschen Frieden.
Was heut müde gehet unter,
Hebt sich morgen neugeboren.
Manches bleibt in Nacht verloren –
Hüte dich, bleib wach und munter!
(Zwielicht – Joseph von Eichendorff)
Es regnet.
Was sonst? Ich starre durch die Seitenscheibe des Taxis in den Himmel, der genauso dunkelgrau ist wie meine Stimmung. Ich hasse Cork schon jetzt. Genau wie meinen Vater. Wie konnte er mich nur von allen wegreißen, die ich liebe?
Wir halten in der Orchard Road vor einem roten Backsteinhaus mit Erkern und spitz zulaufenden Dachgauben. Über dem Eingang und an der Seite des Hauses entdecke ich dunkle Überwachungskameras. Heimelig!
Die Tür fällt hinter mir ins Schloss und vor mir öffnet sich ein weitläufiger, lichtdurchfluteter Raum mit bodentiefen Fenstern, die den Blick zum Garten freigeben. Kubische, hellgrüne Sessel stehen vor einem Kamin mit langer, schmaler Feuerstelle, die von deckenhohen, cremefarbenen Regalen eingerahmt wird. Rechts davon thront ein wuchtiger Esstisch und acht mit hellgrünem Stoff bespannte Stühle. Dahinter gibt eine offene Schiebetür den Blick auf eine hochglanzweiße Küche frei. Ein zarter Vanilleduft liegt in der Luft und ich habe das eigentümliche Gefühl, dass gleich ein paar Fotografen für die neueste Ausgabe von Schöner Wohnen ums Eck springen werden.
Was arbeitet mein Vater eigentlich – und wie viel verdient er?
Jedenfalls wesentlich mehr als Mama als Journalistin – früher. Der Gedanke an sie brennt wie eine offene Wunde.
Ich sehe unsere winzige Wohnung vor mir: Parmaveilchen und Orchideen säumen neben Küchenkräutern die Fensterbänke und in bunten Kübeln auf dem Boden wuchern Tomaten- und Paprikastauden. Die weißen Wände sind mit Fotos von Urlauben und selbst gemalten Bildern gepflastert. Ungespülte Teetassen, Knabberzeug, Zeitungen und Bücher lassen nicht mehr viel von dem verkratzten Glas des Couchtischs erkennen. Also den Ordnungssinn habe ich jedenfalls von meinem Vater nicht geerbt. Wie beruhigend!
»Gefällt es dir?«, fragt er neugierig.
Ich zucke mit den Schultern. »Wo ist mein Zimmer?«
Wir gehen eine Treppe nach oben. Im Obergeschoss gibt es zwei Zimmer und ein Bad. Das Zimmer, das er mir zeigt, ist mindestens doppelt so groß wie meines daheim.
»Entschuldige, ich hatte bislang keine Zeit, Aidans Sachen wegzuräumen. Ich gebe dir gleich einen Karton zum Einpacken.«
Meine Hände schwitzen plötzlich. Habe ich einen Halbbruder?
»Aidan Callahan ist mein Patensohn«, erklärt Jacob. »Zurzeit ist er mit seinen Eltern im Urlaub. Aber während der Schulzeit wohnt er bei mir. Du wirst ihn in ein paar Tagen kennenlernen.«
Bevor ich weitere Fragen stellen kann, geht Jacob hinaus.
Auf dem Schreibtisch sehe ich einen Block.
Kein einfacher Collegeblock, sondern Hardcover mit schwarzer Seide bezogen und dennoch eine Spiralbindung. Eigenartig. Ich schlage den Karton um. Auf der ersten Seite heben schwungvolle, kräftige Kohlestriche einen Raben aus dem strahlenden Weiß des Papiers. Er sieht grimmig aus, als würde er gerade angreifen. Über den ausgebreiteten Flügeln stehen die Worte Luft und Wasser, über dem Kopf: Feuer. Die Anfangsbuchstaben sind größer und kalligrafisch verziert. Ich fahre mit dem Finger die Gestalt des Vogels nach. Es wäre schön, so zeichnen zu können. Das Datum über der kantigen, ausdrucksstarken Schrift auf der nächsten Seite liegt ein paar Wochen zurück.
Endlich Ferien! Sagen alle. Aber ich kann es kaum ertragen, länger als eine Woche mit ihnen zusammen zu sein. Wenn sie wenigstens streiten oder sich anschreien würden. Aber dazu müssten sie Wut aufeinander empfinden und das wäre bereits mehr an Gefühl, als sie sich gegenseitig zugestehen. Ihre Beziehung hat einen Grad erreicht (oder hatte vielleicht nie einen anderen?), an dem es nur noch gleichgültiges Ertragen des anderen gibt. Schweigen. Würde heute einer von ihnen sterben, der jeweils andere würde keinen Unterschied in seinem Leben bemerken. Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich Jacob nicht hätte …
Ich atme tief durch und klappe den Block wieder zu. Er würde bestimmt nicht wollen, dass ich das lese.
Meine Augen wandern über die Buchrücken auf dem Regal.
Feuerlaufen: Die Kunst, über brennende Kohlen zu gehen
Wellen – Paradiesstrände für Surfer
Handbuch des Gleitschirmfliegens
Führerschein für Hobbypiloten
Vulkane – Kraft aus der Erde
Dieser Aidan scheint ja einen ausgeprägten Hang für alles Gefährliche zu haben. Und plötzlich verstehe ich:
Feuer, Luft und Wasser.
Alle Bücher in seinem Regal lassen sich problemlos einem der drei Elemente zuordnen.
Es klopft. Jacob kommt mit einem Karton herein und stellt ihn vor mir ab. Sein Blick wandert von dem Block auf dem Schreibtisch zu mir. Er nimmt ihn an sich und geht zur Tür.
»Pack den ganzen Kram ein. Ich muss noch für eine Stunde außer Haus. Hast du schon Hunger?«
Ich schüttele den Kopf.
»Dann bring ich später was vom Chinesen mit.«
Der Regen hat aufgehört.
Ich öffne die Wohnzimmertür und gehe hinaus in den Garten. Wind streicht mir durchs Haar und schüttelt glänzende Wasserperlen von Blättern und Zweigen. Es duftet nach Gras, Moos und feuchter Erde. Unter einem riesigen Walnussbaum entdecke ich eine Holzbank. Ich werfe einen Blick in die dichte Baumkrone und stelle mir vor, wie es wäre, hochzuklettern. Zuletzt habe ich das mit dreizehn gemacht. Das zerfurchte Holz der Bank ist glitschig, als ich darauf trete. Vorsichtig ziehe ich mich an einem Ast nach oben. Höher, immer höher, Ast für Ast. Erst als ich etwa fünf Meter über dem Boden sitze, halte ich inne. Hier ist es einsam. Und ruhig. Hier kann man nachdenken. Aber will ich das überhaupt?
Bilder von der Beerdigung, dem Gerichtsprozess und der Auflösung unserer Wohnung, von Elias, Hannah und Liz jagen durch meinen Kopf wie ein Videoclip mit rasanten Schnitten.
Und ich muss nicht mehr stark sein. Ich bin allein. Endlich.
Langsam bahnen sich die Tränen ihren Weg über meine Wangen und tropfen auf meine Strickjacke. Ein Windstoß fährt mir ins Gesicht und ich klammere mich fester an den Ast, auf dem ich sitze. Zu meinen Füßen höre ich ein leises Geräusch. Mein Magen verkrampft sich und ich schaue nach unten. »Scheiße!«, entschlüpft es mir.
Er grinst schief. »Hi, Emma. Schön, dich kennenzulernen.«
Ich schließe die Augen. Der spricht wie der höfliche Junge aus meinem Englischbuch. Vielleicht bilde ich ihn mir auch nur ein? Du solltest dir um deinen Verstand langsam mal Sorgen machen, wenn er dir in Augenblicken der Verzweiflung gut aussehende Jungs zu deinen Füßen projiziert. Noch dazu solche, die deinen Namen kennen.
»Ich bin Aidan«, höre ich ihn sagen und schaffe es gerade noch, nicht laut aufzuschreien. Von allen Möglichkeiten ist das die eindeutig Grauenvollste. Kann er nicht einfach der Pizzabote sein, der in diese Gegend nur alle drei Jahre kommt? Wie schön wäre es jetzt auf dem Grund eines Sees. Eines sehr, sehr tiefen Sees.
»Also, ich geh dann mal rein. Von mir aus kannst du auch auf dem Baum hocken bleiben und weiterflennen.«
Ich reiße die Augen auf und klammere mich noch fester an den Ast. Dämlicher Idiot! Sein Lächeln ist das eines Filmstars und selbst auf die Entfernung kann ich erkennen, dass seine Augen etwas Besonderes sind. Unter langen Wimpern funkeln sie mir entgegen: hellblau, türkis oder doch eher grün? Die Haare, dunkelblond mit ein paar sonnengebleichten Strähnen, fallen ihm zerzaust in die dichten Brauen. Gesicht und Arme sind gebräunt.
»Solltest du nicht noch im Urlaub sein?«, frage ich spitz, während ich hinunterklettere.
Seine Augen weiten sich kurz, dann kneift er sie umso schmäler zusammen.
»Störe ich?« Der warme Tonfall seiner Stimme ist erkaltet. Ich springe das letzte Stück hinunter auf die Bank, rutsche auf dem glitschigen Holz aus und lande ihm zu Füßen auf meinem Hintern. Was für ein perfekter Tag!
Eine schmale Hand schiebt sich in mein Gesichtsfeld und ich greife instinktiv danach. Er ist kräftiger, als seine schlanke Gestalt vermuten lässt. Nicht übermäßig muskulös, eher athletisch. Mit einem Ruck hebt er mich auf seine Höhe. Na ja, nicht ganz. Er ist einen guten Kopf größer als ich.
Unsere Blicke treffen sich.
Flaschengrüne Strahlen schießen aus der schwarzen Pupille, wechseln stufenweise von einem Türkis in ein helles Blau über und werden von einem dunklen, nachtblauen Rand gestoppt. Als hätte man mit einem Pinsel die Iris liebevoll nachgemalt. Wasserelbenaugen. Ein Bild aus Mamas englischem Märchenbuch kommt mir in den Sinn. Ich verscheuche es schnell. »Danke«, nuschle ich.
Meine Jeans hat braune Flecken vom Klettern und die cremefarbene Strickjacke ist am Ärmel noch immer blutverschmiert. Wie mein verheultes Gesicht aussieht, will ich gar nicht erst wissen!
Aidan hält immer noch meine Hand in der seinen und sie erhitzt sich unter der Berührung. In meinem Bauch beginnt es zu kribbeln.
Abrupt lässt er mich los. »Ich hol nur meine Sachen und hau dann ab.«
Ich sehe ihm nach, bis er durch die Terrassentür verschwunden ist. Hab ich etwas Falsches gesagt? Plötzlich verstehe ich und stelle mir vor, wie es wäre, nicht ganz allein mit Jacob zu sein.
Mit federnden Schritten eilt er gerade die Treppe hinunter, als ich ins Wohnzimmer stürme. Seine Hände umklammern den Karton, den ich für ihn gepackt habe, wie einen Rettungsring und seine Augen meiden meinen Blick.
Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich Jacob nicht hätte …
»Warte!« Rasch stelle ich mich vor die unterste Stufe und versperre ihm den Weg. Eine Falte verdunkelt seine hohe Stirn. »Bitte, geh nicht!«
Er hält inne und blinzelt ungläubig. Und da spüre ich es wieder. Dieses eigenartige Kribbeln in meinem Bauch. Ich steige eine Stufe höher und streife die Finger seiner rechten Hand. Es fühlt sich an, als hätte ich durch die Flamme einer Kerze gestrichen. Ich will es noch einmal tun, aber ich beherrsche mich. »Weißt du, ich … ich wollte das alles nicht. Dein Zimmer wegnehmen und … und deinen Platz einnehmen. Am liebsten wäre ich gar nicht hier. Es tut mir leid. Wirklich.«
Soll ich in seine Gefühle tauchen? Nein. Das wäre … unanständig. Verwirrt schaue ich ihn an. Noch nie hatte ich ein Problem damit, in andere Menschen zu tauchen.
Aidans Augen beginnen silbern zu funkeln und seine Mundwinkel verziehen sich zu einem scheuen, aufrichtigen Lächeln.
»Emma hat vollkommen recht. Bleib! Du bist hier genauso zu Hause wie vorher.«
Jacob. Wir haben ihn gar nicht kommen hören. Er steht in der Eingangstür, hält zwei Einkaufstüten in den Händen und lächelt Aidan mit einem Ausdruck an, den ich noch nie auf seinem Gesicht gesehen habe. Warmherzig und väterlich. »Schön, dass du wieder da bist.« Als er an mir vorbei zur Küche geht, verändert sich seine Miene. »Danke, Emma«, sagt er zurückhaltend.
»Wie schön, Sie wiederzusehen. Wie ist es Ihnen im letzten Jahr ergangen?«
Was für eine Frage! Papa hat seinen Job verloren und zu trinken begonnen. Mamas Gehalt reichte kaum aus, um über die Runden zu kommen. Letzte Woche haben sie ihr ebenfalls gekündigt. Mit fünfzehn könnte ich mir auch einen Job suchen, aber Mama will nichts davon wissen. Ich soll mein Abi machen und studieren. Zur Not eben hier.