Tusch eineinhalbmal
Mit Zeichnungen
von Norma Susanne Desing
Uns hat noch nie was leid getan,
und kostet’s auch mal einen Zahn!
Buch & Kunstverlag Oberpfalz
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
ISBN 978-3-95587-049-2
© 2016 Buch & Kunstverlag Oberpfalz
in der Battenberg Gietl Verlag GmbH, Regenstauf (www.gietl-verlag.de)
Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
www.gietl-verlag.de
Texte: Norbert Neugirg
Zeichnungen: Norma Susanne Desing
Fotos: Christian Höllerer (Titel, Seite 3 und Rückseite)
Ulla Britta Baumer (Seite 29)
Wolfgang Steinbacher (Seite 106 und 140/141)
Stephan Huber (Seite 174)
Der Tusch ist so ziemlich das Erste, wodurch man in einer Blaskapelle lernt, auf welch vielfältige Weise in der Musik etwas danebengehen kann. Doch Pannen können unser Leben bereichern. Was einem widerfahren muss, um zu solch einer Einsicht zu gelangen, möchte ich einleitend schildern:
Nachdem man zwei Jahre lang einmal wöchentlich versucht hatte, mir musiktheoretisches Wissen und das Notenlesen beizubringen, bekam ich als Vierzehnjähriger in der Jugendblaskapelle eine Trompete in die Hand gedrückt. Wie viele an dieser vom Grünspan und seinen Vorbesitzern gezeichneten Ansammlung von gewundenen Röhren schon gescheitert waren, wusste niemand. Den Dellen und inneren Hinterlassenschaften nach zu schließen, hatten schon einige an diesem Horn Hand und Lippen angelegt. In meiner jugendlichen Unbekümmertheit nahm ich das heiß ersehnte Leihinstrument begeistert entgegen. Es lagerte zuvor im verstaubten Orchesterfundus, aus dem die Anfänger kostenlos mit Gerätschaften versorgt wurden. Das sollte die Eltern der Kapellenzöglinge des Vereins davor bewahren, teure Neuinstrumente anzuschaffen, bevor man überhaupt wusste, ob der Nachwuchs für die instrumentale Tonkunst geschaffen war oder ob er das Ding nach geraumer Zeit wieder in die Ecke, aus der es gekommen war, zurückwerfen würde. Ich jedenfalls hängte meine B-Trompete an den Fahrradlenker und fuhr stolz damit in mein vier Kilometer entferntes Heimatdorf. Der dazugehörige Instrumentenkoffer war nie oder nicht mehr vorhanden. Vielleicht ist er auch in den Wirren des letzten oder vorletzten Weltkrieges verloren gegangen. Alles, was meine Trompete vor mir durchgemacht haben könnte, interessierte mich damals im Jahr 1974 überhaupt nicht. Kurz vor meinem Elternhaus stieß ich, die leichte Steigung hinauftretend, vom Fahrrad aus ins Horn. Das war sozusagen mein erster Tusch. Die erste akustische Ankündigung, dass es ab jetzt mit der Ruhe zu Hause vorbei sein wird. Meine Mutter war im Garten, und sie lachte, als sie mich kommen sah und mein schwankendes Getröte hörte. In den folgenden Jahren meiner Auseinandersetzungen mit der Trompetenkunst lachte sie oft und oft auch nicht.
Als Anfänger erlernten wir unsere Musizier-Fähigkeiten von den älteren Mitgliedern der Jugendblaskapelle, die weder Virtuosen noch ansatzweise auf dem Weg dazu waren. Wir eiferten ihnen nach. Richtiger Musikunterricht von ausgebildeten Instrumentalisten war auf dem flachen Land nicht zu bekommen. Den Sprössling mit dem Auto viele Kilometer in eine Musikschule mit richtigen Instrumentallehrern zu fahren und dann noch viel Geld dafür zu bezahlen, war bei einer siebenköpfigen Familie, wie in der, in welcher ich aufwuchs, nicht drin. „Wozu auch? Mit Musik kann man doch nichts Gescheites anfangen und schon gar kein Geld verdienen!“, war die überwiegende Meinung meines persönlichen Umfeldes. Wir wurden also Mitglieder im nächstgelegenen Dorfklangkörper. Das war die billigste Lösung, dank der wir uns zu Wald- und Wiesenmusikanten entwickelten. So nennt man im Jargon diejenigen, die bei der Ausübung ihrer Bläserkunst viel Luft nach oben und qualitativ wenig Spielraum nach unten haben, dafür aber eine ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstüberschätzung. Die besteht darin, das von einem selbst dahergeblasene Blech viel zu früh für Musik zu halten.
Der Spaßfaktor der Mitwirkenden einer Amateur-Blaskapelle hat unbedingten Vorrang vor dem Wohlbefinden der Zuhörer. Nach diesem Motto lärmte jeder von uns auf seiner Trompete, seiner Klarinette, seiner Posaune oder sonstigem Fundgegenstand aus dem Anfänger-Regal, der ihm zugeteilt worden war, in die Welt hinein, die nicht unbedingt nach uns verlangt hatte. Es folgten Jahre, in denen ich zwei Mal die Woche überschaubar sachgemäß im Blechblasen unterwiesen wurde. Unsere Stärke war in erster Linie die Lautstärke. Nicht schön Geblasenes redeten wir uns schön.
Deshalb ging es nach der Probe ins Wirtshaus. Dort wurden große Theorien aufgestellt, welche musikalischen Höhenflüge unserer Kapelle noch bevorstehen könnten. Die kühn aufgestellten Thesen schafften es aber selten über das Bierglas hinaus und mündeten zu fortgeschrittener Stunde oft im absoluten Dampfgeschwafel. Hatte sich der Dampf verflüchtigt, blieben aber ab und zu ein paar gute Ideen übrig, die das Zechgelage überlebten und in die Tat umgesetzt wurden. Heute nennt man das wohl Synergieeffekt oder Brainstorming. Diese Phänomene lernten wir kennen, ohne zu wissen, dass es sie gibt, und wir wurden durch und durch gesellige Typen. Wenn es stimmt, dass „einmal pro Woche Stammtisch den Therapeuten erspart“, dann haben wir das deutsche Gesundheitswesen vor enormen Ausgaben bewahrt. Andererseits haben wir (aus Eigenmitteln finanziert!) die Gasthäuser in unserem Aktionsradius vom Zusperren und die Wirtsleute vom Zubettgehen abgehalten. Das hat Spuren in uns hinterlassen. Nicht nur solche, derer man sich schämen müsste. Die Fähigkeit, als Gruppe auch außerhalb von Wirtshäusern zu operieren, die verschiedenen Verhaltensauffälligkeiten einschließlich der eigenen auf Allgemeinverträglichkeit zu reduzieren und soziale Intelligenz in Lebenslagen zu entwickeln, in denen mit herkömmlicher Intelligenz nichts mehr auszurichten ist, das waren weitere gute Errungenschaften, die uns das Schicksal der Laien-Blasmusik bescherte.
Blaskapellen-Zöglinge kommen früh in die Herdenhaltung und werden auf sozialverträgliches Verhalten getrimmt. Im Gegensatz zum Klavier- oder Geigenschüler, der unter Anleitung eines leidensfähigen Lehrers hinter möglichst schalldichten Türen in Einsamkeit sein Instrument malträtiert, waren wir Dorf-Blasmusik-Schüler ständig in Gesellschaft, wenn auch nicht immer in der besten. Wir wurden von Beginn an in Gruppen unterrichtet. Zuerst als Anfänger im theoretischen Unterricht, dann getrennt nach Art des Instruments, also Trompetenabteilung, Klarinettenspieler usw., und dann wieder alle Jungspunde zusammen in der Nachwuchskapelle. Von da aus wurde man je nach Bedarf oder Können in die sogenannte „große Kapelle“ überführt oder vielmehr hineingeworfen. Dann galt man als „ausgebildet“ und war im Gesamtklangkörper des Vereins. Hier saßen alle, die unter dem Dirigat eines ehemaligen Militärmusikers die Reife und den nervlichen Belastungsgrad für die Endverwendung im Amateur-Blasmusikwesen erlangt hatten. Das vierzig- bis fünfzigköpfige, rein männliche Orchester beherbergte pubertierende Jünglinge, mitten in der Balz stehende Jungmänner, angehende Familienväter und gut abgehangene, erfahrene Mannsbilder mittleren bis fortgeschrittenen Alters. Alle übten anständige Berufe aus, die nichts mit Musik zu tun hatten. Das konnte man hören. Unser Dirigent bemühte sich redlich, auch die Ungehobeltsten unter uns für die Musik brauchbar zu machen. Wir versuchten uns an Ouvertüren und Orchesterwerken, die für uns mehrere Nummern zu groß waren und die wir mit sicht- und hörbarer Anstrengung beim Frühjahrskonzert darboten. Ein bis zwei Konzerte waren der Höhepunkt des Vereinsjahres. Über Monate versuchten wir jeden Freitagabend von halb acht Uhr an, dem konzertanten Musizieren auf die Schliche zu kommen. Die Probe wurde aufgelockert durch mindestens ein Drittel Zuspätkommende, von denen die letzten eintrafen, als die ersten schon wieder gingen, weil sie früher weg mussten. Schon allein deshalb herrschte in unseren Proben immer Leben.
Hinzu kam, dass einige den Abend hindurch vorwiegend damit beschäftigt waren, Sprüche und Kommentare zur allgemeinen Erheiterung loszulassen. Wer sich mit dem Nachbarn unterhielt, statt den Anweisungen des Dirigenten zu lauschen, wurde schon mal vom Schlüsselbund oder dem Taktstock des Kapellmeisters getroffen. Das Wurfgeschoss hatte der Getroffene demütig ans Kapellmeisterpult zurückzutragen. Spätestens mit diesem Gang zum Pranger wusste jeder im Raum, wer der Störenfried war. Die permanente Gefahr, so vorgeführt zu werden, hielt die meisten von uns aber nicht davon ab, die an sich ernst gemeinte Orchesterarbeit bei günstiger Gelegenheit in eine komische Richtung zu lenken. Das geschah freiwillig oder auch unfreiwillig. Humoristischen Stolperfallen unbeabsichtigter Natur konnte sich auch unser militärisch strenger alter Herr am Pult nicht entziehen. Das erste b-Vorzeichen nach dem Notenschlüssel erniedrigt h zu b, vorausgesetzt es steht überhaupt in den Noten. Sah einer dieses b, wo es nicht war, dann erklang zum Beispiel die Tonfolge b – g statt h – g. In den harmonischen Jammer hinein, der sich tatsächlich einmal so zutrug, rief der Chef im Dirigieren die richtigen Töne „ha-ge, ha-ge“! Der Trompeter neben mir hieß Hage. Das war sein Nachname, und er wurde von allen nur Hage gerufen. Er fuhr unter den „ha-ge“-Rufen gewaltig zusammen, ging hinter seinem Notenpult in Deckung und erwartete ängstlich den Taktstock oder was immer jetzt als Projektil bei ihm einschlagen würde. Der Beschuss blieb aus. Stattdessen konnte sich selbst der Herr Kapellmeister eines Schmunzelns nicht erwehren, als er bemerkte, dass das schallende Gelächter, das nun losbrach, sein harmonischer Hilferuf „hage“ verursacht hatte.
Wie in Vereinsheimen so üblich, waren auch in unserem Proberaum Fotografien, Urkunden und Beutestücke diverser bläserischer Ruhmestaten ausgestellt. Unter anderem eine Schwarzwälder Kuckucksuhr. Überreicht aus Freude über die An- oder vielleicht auch über die Abreise der Kapelle im Zuge einer musikalisch-geselligen Heimsuchung des Schwarzwaldes. Näheres entzieht sich meiner Kenntnis, da Anfänger wie wir auf solche Genusstouren mangels Kondition nicht mitgenommen wurden. Die Kuckucksuhr stand zu Probenbeginn am Freitag immer still, weil die Gewichte während der Wochentage, in denen der Raum verwaist war, den Boden erreicht hatten. Irgendein Hallodri (und da nehme ich mich selbst nicht aus) zog in einem günstigen Moment die Uhr auf. Eines Abends, als wir wieder einmal versuchten, eine Ouvertüre aus dem Stadium der Unkenntlichkeit herauszublasen, gelangten wir an eine Generalpause. Eine Generalpause im Stück ist von allen einzuhalten. Ein kurzer erholsamer Moment, in dem auf die Zehntelsekunde genau vollkommene Stille durch gleichzeitiges Pausieren erzeugt werden soll. An dem besagten Abend gelang uns die gemeinsame Unterbrechung vorbildlich. Sogar der Chef am Pult erstarrte. Nicht so der Kuckuck. Der krähte genau in die Generalpause hinein und das gleich acht Mal. Der ganze Haufen prustete los. So um die fünfunddreißig Mann plus Chef lachten sich scheckig und die vom Komponisten geplante Generalpausen-Andacht war im wahrsten Sinne des Wortes beim Kuckuck. Das sind die wirklichen künstlerischen Highlights in der Laienmusik.
Unser in Ehren und an seinem Resthaar ergrauter Kapellmeister war zur damaligen Zeit bereits pensioniert. Nach seiner Militärmusikzeit während des Zweiten Weltkrieges schlug er sich zeitweise als Berufsmusiker durch. Dadurch war er in vielen Lebenslagen erprobt und nicht nur musikalisch sehr beschlagen. Wir staunten über sein enormes Wissen, das er uns in durchaus anspruchsvollen Proben zu vermitteln versuchte.
Im Verlauf seiner Unterweisungen erzählte er uns ab und an persönliche Erlebnisse, die meistens darauf hinausliefen, dass es sich auszahlt, ein Musikinstrument zu erlernen, weil man als Musikant selbst in wirtschaftlich noch so schlechten Zeiten besser durchkommt. Wir hörten von präparierten Saxophonkoffern, die man von außen über einen Schlauch unauffällig mit Bier befüllen konnte. Eine selbst genehmigte Dreingabe zur Gage für gewiefte deutsche Swingmusiker, die sich nach dem Krieg in amerikanischen Clubs durchschlugen. Unser alter Haudegen erzählte, dass er so lange den Radiosender AFN hörte, bis er den Ami-Groove auf Klarinette und Saxophon draufhatte und samt seinen auffrisierten Instrumentenkoffern in die Bars der US-Besatzer hineingelassen wurde. Veranstaltungen mit Musikinstrument in der einen und den Koffer in der anderen Hand zu verlassen, ist eine ebenso bewährte wie unauffällige Musiker-Frachtmethode. Unser Chef war böhmischer Abstammung. Es lag also nahe, dass neben dem Swing auch andere lebenspraktische Fähigkeiten in ihm aufkeimten, um dem deutschen Wirtschaftswunder den Boden zu bereiten.
Mindestens einmal pro Jahr gönnte sich unser Dirigent eine Auszeit vom Pensionärsdasein und ging zur Kur. Sichtlich erholt, mit gebräunter Kopfhaut und runderneuert kam er wieder. Der ansonsten aus seiner kleinen Statur ragende Bauch hatte sich in seinem Umfang deutlich verringert und die Hose war dem nicht gefolgt. Jetzt hieß es, den Gürtel enger schnallen und sich auf das letzte Loch verlassen, in das die Schonkost den Gürtel bereits gezwungen hatte. In einer der ersten Proben, in der der kurbedingte Gewichtsverlust noch nicht wiedergutgemacht worden war, verbissen wir uns derartig in ein konzertantes Stück, dass er beim Versuch, die klanglich verfahrene Situation zu retten, sein furiosestes Dirigat anwenden musste. Er war dabei, die letzten Rettungssignale in die Luft zu fuchteln, als der ins Rutschen gekommenen Musik plötzlich die Hose folgte. Dem Träger auf dem Podest vor der Kapelle gelang es, sein Kleidungsstück auf Kniehöhe abzufangen. Spätestens jetzt fiel unser sowieso schon baufälliges Konzertstück in sich zusammen und ging in die Hose. Niemand war mehr in der Lage weiterzuspielen. Die Situation war prekär. Vorne der Chef im Kampf mit seiner Hose, davor wir im Kampf mit unseren Lachkrämpfen und dem verzweifelten Versuch, diese nicht offenkundig werden zu lassen. Es gelang uns nicht! Mit Müh und Not erwürgten wir unsere Heiterkeit. Zum Glück war die Hose schnell wieder dort, wo sie hätte bleiben sollen. Keiner von uns musste eingreifen, denn der Hosenbesitzer war schneller. Blitzartig verzurrte der kurzzeitig Entblößte seine Unterleibsbedeckung dort, wo sie hingehörte. Dann ermahnte er uns in aller Strenge zu absolutem Stillschweigen: Die heruntergelassene Hose dürfe nicht nach draußen getragen werden! Das gelte im Übrigen für alles, was sich in den vier Wänden unseres Übungsraumes abspiele. Das trug unser Ziehvater am Pult genauso fest vor, wie er die kurzzeitig entwichene Hose wieder an seinem von der Kur gezeichneten Leib drapierte.
Heute nun, da ich über dreißig Jahre dieses und andere Ereignisse aus meiner Zeit als Insasse in der Geisteswelt der Amateur-Blasmusik verschwiegen und dicht gehalten habe, neige ich – wohl auch altersbedingt – zu Undichtigkeiten. Für die vorsätzliche Inkontinenz, durch die nun ein Ausfluss meiner Erinnerungen den Bereich der Diskretion verlässt, habe ich mir die Begründung zurechtgelegt, dass es diejenigen, die nicht mehr am Leben sind, absolut nicht mehr interessiert, was ich als Hinterbliebener hier von mir gebe. Zumindest ist das die Auffassung von uns Diesseitigen.
Zweitens sind die komischen Situationen, die ich als Knabe bei unseren Versuchen, ernsthaft Musik zu machen, erlebte, wichtig, um Interessierten und mir selber die späteren Fügungen des Schicksals und mein Abdriften in die Niederungen des skurrilen Humors unter Missbrauch der Musik erklären zu können. Eine seltsame Tätigkeit, die eigentlich keine ist, mich aber im Laufe meines Lebens immer mehr in Anspruch nahm.
Der Schweigebefehl des Mannes, der damals in unserer Jugendblaskapelle die Hosen anhatte, ließ mich leider auch viele kuriose Situationen meines jungen Blasmusikantendaseins vergessen. Über Sachen, die in die Hose gingen, sollten wir ja nicht reden. Weisungsgemäß schwieg und vergaß ich. Was ich alles vergaß, habe ich vergessen. Die nun folgenden Fragmente der Erinnerung, die noch ihr Unwesen in mir treiben, basieren hauptsächlich auf Erlebnissen mit einer Musikformation namens Die Altneihauser Feierwehrkapell’n.
Diese 1985 spontan, unvorbereitet und ahnungslos von mir ins Leben gerufene Kapelle besteht heute aus neun vorsätzlich nichtakademischen Musikanten, die allesamt noch unauffälligen Vollzeitberufen nachgehen. Warum es zur Gründung kam, ist wohl nicht der Erforschung wert. Die Idee, einen betont musikalisch unfähigen Haufen zu konstruieren, hat aber zu einem guten Teil das Musikmilieu gezeitigt, in das ich als knapp Zwölfjähriger hineingeworfen wurde. Mit zu hoch gelegten Latten in der Musik hatte ich Erfahrung. Warum also nicht den Sprung unter der Latte hindurch zum Programm machen? So wurzelt die Idee letztendlich in musikalisch missglückten Erlebnissen in der Jugendblaskapelle. Zusammen mit den Veranlagungen meiner Person, die mich in die Rolle des selbsternannten Kommandanten schlittern ließen, ging aus diesem psychologischen Selbstversuch schließlich Die Altneihauser Feierwehrkapell’n hervor. Um mit den Worten des Kommandanten zu sprechen:
Wird an der Qualität gespart,
kommt’s zu Kapellen dieser Art.
Das Beste ist, sich dreinzufügen
und mit der Hoffnung zu begnügen,
dass die Musik, die jetzt entsteht,
irgendwann zu Ende geht!
Es war in den allerersten Anfängen, und es war ein gut gemeinter Tusch. Dreimal sollte er erklingen. Bei irgendeiner der ersten Feiern, bei der wir als fünf Dilettanten unter dem Begriff Altneihauser Feierwehrkapell’n zwecks Darbietung einer humoristischen Einlage auftraten.
dreimalzweimalAltneihauser Feierwehrkapell’n Altneihauser