EIN APPELL VON
MICHAIL
GORBATSCHOW
AN DIE WELT
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Wals bei Salzburg
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5071 Wals bei Salzburg, Österreich
Mitarbeit am russischen Original: Karen Karagesjan
Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT
Gesetzt aus der Palatino, New Baskerville, Trade Gothic LT
Umschlaggestaltung: b3K design, Andrea Schneider, diceindustries
Foto Umschlag: © Kommersant Photo/Kontributor
Foto Seite 4: © Bigi Alt; Foto Seite 7: © Dmitrij Belanowskij;
Foto Seite 56: © Jurij Lisunow
ISBN 978-3-7109-0016-7
eISBN 978-3-7109-5029-0
EIN APPELL VON
AN DIE WELT
MIT FRANZ ALT
Kommt endlich
zur Vernunft –
VORWORT
Wir sind EINE Menschheit!
Franz Alt im Gespräch mit dem Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow
Die Gorbi-Story
Michail Gorbatschow Lebensdaten
Dr. Franz Alt
Literatur
Ein grauer Herbsttag 2016 in Moskau. Wir, das sind Michail Gorbatschow, seine langjährige Dolmetscherin Marina Cronauer, sein enger Vertrauter Wladimir Poljakow und ich, sitzen im Arbeitszimmer der Gorbatschow-Stiftung, um abschließend und nur leicht kontrovers den Text dieses kleinen Buches zu diskutieren. Hinter Gorbatschow ein großes eindrucksvolles Bild des heiligen Berges der Japaner, des Fujiyama. An den Wänden Fotos von Gorbatschow mit US-Präsident Bush, mit Helmut Kohl, mit Hans Dietrich Genscher und besonders viele Bilder von und mit Raissa Gorbatschowa.
Draußen fällt erster Schnee. Das frostige Moskauer Wetter passt gut zum derzeitigen Klima zwischen Russland und dem Westen. Doch Michail Gorbatschow spricht auch jetzt unerschütterlich von »möglicher Versöhnung« und erinnert daran, dass selbst im Kalten Krieg vor 30 Jahren Versöhnung und Abrüstung durch gegenseitiges Vertrauen möglich wurden. Auch Präsident Putin, so Gorbatschow, habe am Vorabend im russischen Fernsehen von Versöhnung gesprochen.
Auf meinen Einwand, dass zwischen Putins Worten und Taten oft Widersprüche lägen, meint er: »Warten wir ab. Wir brauchen Geduld. Das erwarte ich von beiden Seiten. Zurzeit machen alle Fehler. Ich sehe noch immer die Gefahr eines Atomkriegs, solange die letzte Atombombe nicht abgeschafft ist. Ein solcher Krieg wäre der letzte in der Menschheitsgeschichte. Danach gäbe es niemand mehr, der noch Krieg führen könnte.«
Ich bin überzeugt, dass heute diese Stimme der Versöhnung und der Vernunft ebenso wichtig ist wie im letzten Jahrhundert, als die Welt am Rande des atomaren Abgrunds stand. Deshalb dieses kleine Buch mit der Stimme des großen Politikers. Als ich nach Moskau flog, las ich in westlichen Zeitungen entsetzte Kommentare über russische Bomben in Syrien. In Moskauer Zeitungen kurz danach ähnliches Entsetzen über westliche Bomben in Nahost. Gibt es gute Bomben und schlechte Bomben? Gute Bomben von uns und böse Bomben der anderen?
Ich erfahre bei diesem Besuch auch, dass Michail Gorbatschow die Nowaja Gazeta, eine der wenigen unabhängigen Zeitungen in Russland, mitgegründet und über Jahre finanziell unterstützt hat. Er ist bis heute ihr Aktionär. Seit dem Jahr 2000 sind fünf Journalisten dieser Zeitung – unter ihnen auch Anna Politkowskaja – ermordet und mehrere weitere Kollegen schwer verletzt worden.
In diesen Zeiten neuer Feindbilder brauchen wir überlebensnotwendig vermittelnde und versöhnende Stimmen wie die des 85-jährigen erfahrenen und mutigen Realisten Michail Gorbatschow.
Er hält konsequent an seiner Devise fest: Nie wieder Krieg! Frieden ist möglich.
Franz Alt
Im November 2016
Wohin geht die Entwicklung der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts? Warum ist die heutige Welt unruhig, ungerecht, militarisiert?
Diese Fragen stellen Menschen, umgetrieben von zunehmender Sorge. Auch ich.
Man hätte denken können, das Ende der globalen Konfrontation und die noch nicht dagewesenen Möglichkeiten, die die neuen Technologien eröffnen, hätten der Welt neuen Auftrieb geben und das Leben jedes Einzelnen besser machen müssen. Doch es kam anders.
Eine einfache Erklärung dafür gibt es nicht. Die Politik erwies sich ihrer Aufgabe nicht gewachsen. Das habe ich mehrmals gesagt. Diejenigen, die den »Sieg des Westens im Kalten Krieg« erklärten und sich weigerten, ein neues, gleichberechtigtes Sicherheitssystem aufzubauen, tragen einen großen Teil der Verantwortung für die heutige Lage. Siegesrausch ist ein schlechter Ratgeber! Und in internationalen Angelegenheiten erst recht.
Aber es liegt nicht nur daran. Man hat es bislang nicht geschafft, die neue globalisierte Welt zu verstehen, man hat sich mit ihr noch gar nicht richtig auseinandergesetzt. Dabei erfordert sie neue Verhaltensregeln und eine andere Moral. Doch die führenden Politiker kommen vor lauter Tagesgeschäft einfach nicht dazu, sich damit zu beschäftigen.
Ich glaube, hier liegt die Hauptursache der globalen »Wirren«, die wir heute erleben.
Die Menschen sind besorgt wegen der Spannungen in der Welt. Doch nicht weniger besorgt sind sie um ihre eigene Lage und Perspektive. Denn das eine hängt mit dem anderen unmittelbar zusammen.
Selbst in den hoch entwickelten Industrienationen zeigt sich die Mittelklasse, der Motor jeder erfolgreichen gesellschaftlichen Entwicklung, mit ihrem Leben unzufrieden. Immer häufiger unterstützen Wähler Populisten, die auf den ersten Blick einfache, in Wirklichkeit jedoch gefährliche Lösungen bieten.
Die Urheber undurchsichtiger Finanzstrukturen hingegen, die niemandem Rechenschaft ablegen müssen, haben sich sehr rasch an die Globalisierung angepasst und profitieren davon. Sie erzeugen eine Blase nach der anderen und machen Milliarden – buchstäblich aus Luft! Diese Milliarden stehen dann einem immer enger werdenden Kreis an Personen zur Verfügung, die sich deren Versteuerung entziehen. In jüngster Zeit wurden wir Zeugen neuer Enthüllungen, die das belegen. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs … Abgesehen davon haben sich die organisierte Kriminalität, Drogen- und Waffenhändler, Schleuserbanden, die aus den Migrantenströmen Kapital schlagen, Cyber-Kriminelle und vor allem Terroristen in der globalisierten Welt längst eingerichtet. Sie fühlen sich darin wohl und sicher.
Auf keine dieser Herausforderungen hat die Weltpolitik eine wirksame Antwort geliefert. Inzwischen ist eine neue Runde des Wettrüstens gestartet worden, die Umweltkrise verschärft sich, die Kluft zwischen den reichen und armen Ländern wird immer größer und die Schere zwischen Arm und Reich innerhalb der Staaten öffnet sich immer weiter. Das sind Probleme, die ganz oben auf der Weltagenda stehen sollen und müssen. Doch sie werden nicht gelöst. Sackgassen überall, wohin man auch schaut.