IMPRESSUM
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Textquelle: Kurt Tucholsky, Gesammelte Werke in 10 Bänden.
Hrsg. von Mary Gerold-Tucholsky und Fritz J. Raddatz. Reinbek 1975
ISBN E-Book 978-3-355-50039-5
ISBN Buch 978-3-355-01857-9
© 2017 Verlag Neues Leben, Berlin
Umschlag und Konzept: Buchgut, Berlin
Die Bücher des Verlags Neues Leben
erscheinenin der Eulenspiegel Verlagsgruppe.
www.eulenspiegel.com
EIN KLEINER DICKER BERLINER, DER MIT DER SCHREIBMASCHINE EINE KATASTROPHE AUFHALTEN WOLLTE.«
ERICH KÄSTNER
INHALT
K.T. HASST:
DAS MILITÄR
DIE VEREINSMEIEREI
ROSENKOHL
DEN MANN, DER IMMER IN DER BAHN DIE ZEITUNG MITLIEST
LÄRM UND GERÄUSCH
DEUTSCHLAND
K. T. LIEBT:
KNUT HAMSUN
JEDEN TAPFERN FRIEDENSSOLDATEN
SCHÖN GESPITZTE BLEISTIFTE
KAMPF
DIE HAARFARBE DER FRAU, DIE ER GERADE LIEBT
DEUTSCHLAND
K. T. HASST:
DAS MILITÄR
Jede GLORIFIZIERUNG eines Menschen, der im Kriege getötet worden ist, bedeutet DREI TOTE IM NÄCHSTEN KRIEG.
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NICHT DER allein mordet, der die Handgranate wirft. AUCH DER, der die Atmosphäre schafft, in der so etwas möglich ist.
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GENERÄLE können keinen Krieg führen, wenn sie keine SOLDATEN haben.
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Der Krieg ist eine üble Angelegenheit, und es wird nicht leicht fallen, dem Soldaten klar zu machen, MORD SEI ERLAUBT, JA PFLICHT, und das viel geringere Delikt des DIEBSTAHLS SEI VERBRECHEN.
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Da gab es vier Jahre lang ganze Quadratmeilen Landes, auf denen war der Mord obligatorisch, während er eine halbe Stunde davon entfernt ebenso streng verboten war. Sagte ich: Mord? Natürlich Mord. SOLDATEN SIND MÖRDER.
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Wer BEIM PREUSSISCHEN MILITÄR war, weiß, dass der Mann die Stelle macht, nicht umgekehrt. Muss ein Offizier untergebracht werden, dann wird eben eine Stelle für ihn geschaffen – das tatsächlich vorhandene Bedürfnis ist dabei NICHT MASSGEBEND.
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Dieses Gemisch aus Streberei, Ordensschiebung, Urlaubsverweigerung, Huren, Saufen und Fressen, DIESER EKLE BREI VON MONOKELLEUTNANTS DER TRÜBSTEN ETAPPE – diese Suppe aus Roheit, Mannschaftsfresserei und Dünkel – das war DIE ALTE KAISERLICHE DEUTSCHE ARMEE.
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Niemand ist feiger als DER DEUTSCHE MILITARIST von heute.
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DER DEUTSCHE OFFIZIER – und er besonders, weil er ja an den maßgebendsten Plätzen saß – STAHL OHNE BEDENKEN, allerdings fast nur im großen Stil. Es fing mit »ERINNERUNGEN« an (manche Offiziersfrauen tragen diese Souvenirs noch heute), und es hörte mit WAGGONLADUNGEN auf.
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Seit die Weltgeschichte steht, haben noch immer Generale ihren WAFFENSTILLSTAND unterzeichnet und nicht Zivilisten vorgeschickt, die das ausfressen durften, was jene ihnen eingebrockt hatten. DIE KAPITULATION IST SACHE DES FELDHERRN. Dazu war Herr Hindenburg zu feige.
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ES WIRD DIE ZEIT KOMMEN, wo man pathoslos und sachlich einsehen wird, dass es klüger und ökonomischer ist, KEINE KRIEGE ZU FÜHREN.
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Wer im Kriege gefallen ist, ist FÜR EINEN DRECK gefallen.
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Es ist unsre Menschenpflicht, gegen die allgemeine Wehrpflicht nicht mit dem ärztlichen
Attest und den Beziehungen anzugehen, sondern sie zu verweigern, sie BEDINGUNGSLOS ZU VERWEIGERN – auch dann, wenn sie Gesetz wird.
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Die Stellung des deutschen Offiziers zum Mann war etwa die eines Dresseurs ZU EINEM VERPRÜGELTEN HUND.
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Und hier steckt die ungeheure MORALISCHE GEFAHR des deutschen Militarismus. Er und nur er, er allein erkennt Ausnahmezustände ÜBER DEM RECHTE an. Er und nur er hat den Begriff der »MILITÄRISCHEN NOTWENDIGKEITEN« geschaffen. Was aber ist das für ein Rechtszustand, der jederzeit von jedem Leutnant durchbrochen werden kann!
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Diese Militärmacht STÖSST MÖRDER AUS IHREN REIHEN NICHT AUS. Es darf also ausgesprochen werden: In der deutschen Militärmacht dienen Mörder.
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Der STOLZ AUF DES KÖNIGS ROCK! Gewiss: auf den Rock. Oder WERDEN ETWA DIE RÖCKE ANGESPUCKT, getreten, geschlagen? Der gemeine Mann, der Kerl wird es. Wie gesagt: Stolz. Und Bewunderung. Denn er umhüllt gleichmäßig Gerechte und Unteroffiziere.
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Der SOLDAT braucht KRIEG, damit er GERECHTFERTIGT ist.
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Als mich im Jahre 1918 ein Unterrichtsoffizier befragte, was man denn GEGEN DIE GERÜCHTE über das gute Leben der Offiziere unternehmen könnte, durfte ich ihm die rechte Antwort nicht geben. Heute kann ich es. Ihr hättet eben anständiger leben sollen – DANN WÄREN DIE GERÜCHTE UNTERBLIEBEN.
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HUNDERTTAUSENDE sind in Ackergräben verdreckt und verreckt und viele Knaben bluteten vor Ypern, weil EINEM GENERAL auf der fettgepolsterten Brust NOCH EIN ORDEN fehlen mochte.
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IST UNS DAMIT GEHOLFEN, dass die Schulbuben im Jahre 2000 bestenfalls – was ich aber nicht glaube – lernen werden, die Militärs hätten DEUTSCHLAND INS UNGLÜCK gestürzt und es darin ein SCHLAMM- UND BLUTBAD nehmen lassen?
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IM KRIEGE habe ich einmal diesen Satz gehört: »Die Bohnensuppe ist das Klavier des kleinen Mannes.«
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Wir erkennen keine »Herren« an – und wir wollen nichts von den »Kerls« wissen. Wir wollen andere Typen. Was wir wünschen, ist, dass sich AUS DEN BEIDEN UNMÖGLICHEN ARTEN EINE NEUE ENTWICKELT. Wir haben genug und übergenug von dem Herrn und auch von dem Kerl. Wir erhoffen den Mann.
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Es muss IN DIE KÖPFE HINEIN, dass Militarismus auch noch ANDERSWO als auf dem Kasernenhof existiert, und dieser andere ist der gefährlichere.
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Ich will nicht, DASS MEINE KINDER EINMAL AUF EINEM KASERNENHOF STEHEN und von einem uniformierten Großknecht angebrüllt werden, indes ein gleichfalls uniformierter Gutsinspektor mit viereckigen, aber polierten Fingern lässig, in der Geste des geborenen Herrn, eine Front von Verprügelten abschreitet.
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Millionen und Millionen haben IHR LETZTES hingegeben – Geld und Gold und Sparpfennige. Und: DAS LEBEN.
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Militarismus ist eine GEISTESVERFASSUNG, es ist der GLAUBE AN DIE GEWALT, an die – und vor allem an die Kasteneinteilung der Menschheit. SEINE ZEIT IST VORBEI.
ABER HIER WAREN LEUTE, DIE EINEN SOMMER UND EINEN WINTER LANG AN DEN EIGENEN LEIBERN ERFAHREN HATTEN, WAS DAS HEISST: TÖTEN, UND WAS DAS HEISST: HUNGERN. UND DA VERSCHWAND DER ›TIEF EINGEWURZELTE HASS‹, UND MAN ASS GEMEINSAM KARTOFFELN … DIESELBEN KARTOFFELN; DIESELBEN KAPITALISTEN. ABER ANDERE RÖCKE. DAS IST DER KRIEG.