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FRIEDEMANN FEGERT

Emerenz Meier

in Chicago

AUSWANDERUNG
UND LEBEN IHRER FAMILIE
IN AMERIKA

Amerika ist nicht
mehr das Land,
das von Milch und
Honig fließt.

Für Ulla, Martin, Karin und Nora, Christine und Thomas, in Erinnerung an die mutigen Bayerwaldler, die ihre ganze Hoffnung auf Amerika richteten und in deren Nachkommen wir wahre Freunde gefunden haben.

Mein Dank gilt

Paul Praxl, der mir vor nahezu zwei Jahrzehnten Mut gemacht hat, mich mit der Auswanderungsthematik auseinanderzusetzen und der mit mir zusammen die ersten Gedanken für das Auswanderungsmuseum in Schiefweg gesponnen hat;

Charles Hackl und Greg Meier, die als Nachkommen „meiner“ Auswanderer mich mit ihrem Wissen und unzähligen Dokumenten unermüdlich unterstützt haben; Kenneth Madl, der wieder sein privates Einwanderer-Archiv großzügig geöffnet hat; Richard Schiffler vom Stadtarchiv Waldkirchen, der wichtige Abbildungen und Texte zur Verfügung gestellt hat;

Cornelia Zetzsche vom Bayerischen Rundfunk und Markus Muckenschnabl von Atelier & Friends, die in Amerika wertvolle Spuren der Emerenz Meier dokumentiert haben;

Hannelore Hopfer und Heinz Lang von der edition Lichtland, die mit Begeisterung und Leidenschaft der Publikation ihr unverwechselbares Gesicht gegeben haben; und last but not least der Grafikerin Edith Döringer, die mit viel Einfühlungsvermögen, Phantasie und Sachverstand auf meine Vorstellungen eingegangen ist.

Amerika ist nicht
mehr das Land,
das von Milch und
Honig fließt
.

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EMERENZ MEIER

Portrait in den 1890er Jahren, Waldkirchen, Bayerischer Wald (StA Waldkirchen). Zitat 12./13. Oktober 1922, Chicago, Illinois; USA

Umschlagbilder – Vorderseite/Klappe:

Emerenz Meier Portraitfoto um 1900 (StA Waldkirchen)

„Steger Building Chicago, Ill. from Jackson Blvd. and Wabash Ave.“

(Postkarte) um 1910 (Fegert)

Emerenz Meier mit ihrer Familie in Oberndorf im Herbst 1905

(StA Waldkirchen)

Umschlagbilder – Rückseite/Klappe:

Emerenz Meier

Portrait in den 1890er Jahren, Waldkirchen (StA Waldkirchen)

Geburtshaus der Emerenz Meier in Schiefweg um 1890 (StA Waldkirchen)

Passagierschiff „Finland“ um 1910 (U. S. Naval Historic Center)

Chicago, State Street um 1910 (Fegert)

Hochzeit Emerenz Meier und Franz Schmöller in Chicago 1907

(StA Waldkirchen)

Friedemann Fegert, Ausstellungseröffnung Landshut 2012

Erste Innenseite:

Schiffsfahrkarte Bremerhaven – New York der Katharina Stadler,

1926 (Archiv Fegert)

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Friedemann Fegert

Emerenz Meier in Chicago –

Auswanderung und Leben ihrer Familie in Amerika

„Amerika ist nicht mehr das Land,

das von Milch und Honig fließt.“

Freyung. 2014

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlags zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-942509-80-0

ISBN der gedruckten Ausgabe: 978-3-942509-36-7

© 2014

edition Lichtland, Freyung

Gestaltung und Reproduktionen:

Friedemann Fegert

Umschlaggestaltung:

Edith Döringer

Druck und Bindung:

EuroPB Druckservice, Příbram

Vorwort

1. Oktober 2013: Eine Büchersendung liegt im Briefkasten in Karlsruhe, verschickt aus Zürich für die Book Depository in Gloucester, Vereinigtes Königreich, “print on demand“ von der gemeinnützigen Nabu Press, Charleston, South Carolina, USA, auf der Grundlage des Exemplars in der University Library Princeton, N. J., USA mit Bibliotheksstempel vom 15. Mai 1897, herausgegeben vom nordböhmischen Oberrealschul-Professor für deutsche Sprache und Literatur Karl (Franz Joseph Weiß-) Schrattenthal im mährischen Preßburg, 1897 verlegt und gedruckt in Königsberg in Ostpreußen, seit 1893 geschrieben von Emerenz Meier in Oberndorf, Niederbayern: „Aus dem bayrischen Wald“, ihr einziges Buch!

Schon im Jahr der Veröffentlichung 1897 von deutschen Auswanderern in Amerika gelesen – vom Autor 2013 in Deutschland wiedergelesen!

Welch‘ ein Zeit – Raum!

Friedemann Fegert

Inhalt

Die „Wirtssenz“:
„narrische Vers’lmacherei“

Auswanderungslust

Emerenz‘ frühe Erzählung:
„furt’trieb’n ins Amerika“

In die Fremde – und doch daheim

Amtliches Auswanderungsverfahren

Verwandte in Chicago

Chicago um die Jahrhundertwende

Reise in die Neue Welt

Ankunft in New York

Familienauswanderung

Heirat im deutschen Viertel

Wohnquartier der Emerenz Meier in Chicago

Leben mit der Familie:
„Gott behüte mich, daß ich auf Maries Gnaden angewiesen.“

Briefe in die alte Heimat:
„unter Wilden in der Wildnis gelebt“

Wirtschaftliche Lage in Amerika:
„Man lebt wohl zu üppig in Amerika.“

Lage der Familie:
„Hätte ich Haus und Geld, wie meine Schwester Marie …“

Wirtschaftskrise:
„Das große, reiche Amerika ist ruiniert.“

Politische Haltung:
„Ich bin fürchterlich radikal gesinnt.“

Deutsches Leben in Chicago

Ansehen der Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg: „Deutschenhaß“

Emerenz Meier:
„Geistige Unterernährung“

Joseph – Joe Schmoeller:
Die amerikanische Generation

Emerenz Meier:
Überleben statt Schreiben

Dichterin Emerenz Meier:
„Schriftstellern“

Hilfe für die Heimat:
„ein paar Dollar für die armen hungernden Kinder“

Einladung:
„Leben im freien, reichen Amerika“

Heimweh:
„ein paar Schöpfel von der Erde“

Krankheit und Tod:
„Du würdest selber weinen.“

Nachkommen – Joe, Marie-Anne, Greg

Erinnerung:
“Meier Family History“

Emerenz Meier – Was bleibt?

Literatur

Abbildungsnachweis

Die „Wirtssenz“: „narrische Vers’lmacherei“

Emerenz Meier wird am 3. Oktober 1874 in Schiefweg am „Goldenen Steig“ (Fegert 1991, 1995, 1997), dem mittelalterlichen Handelsweg nach Böhmen, in eine bäuerliche Welt hineingeboren. Als Tochter des Landwirts, Vieh- und Güterhändlers Josef Meier lernt sie früh, in der Landwirtschaft mit anzupacken.

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DORFKERN VON SCHIEFWEG IM 19. JAHRHUNDERT (Archiv Fegert).

Direkt an der Kreuzung der Dorfstraßen liegt das Elternhaus der Emerenz. Der im 17. Jahrhundert in einem Erbrechtsbrief genannte „Fuchsenhof“ wird 1835 bei einem Konkurs „zertrümmert“. Nach fünfmaligem Besitzerwechsel hat dann 1866 Josef Meier aus Manzenberg, der Vater der Emerenz, den „Restkomplex“, also den Gasthof mit einem kleinen Scheunenteil, gekauft.

Der Herausgeber von Emerenz Meiers einziger Buchveröffentlichung zu ihren Lebzeiten im Jahre 1897, der Preßburger Oberrealschul-Professor für deutsche Sprache und Literatur Karl (Franz Joseph Weiß-) Schrattenthal, gibt einen wichtigen Hinweis auf die Impulse, die Emerenz durch ihre älteste Schwester Petronella erfahren hat. Dies ist umso bemerkenswerter, da Petronella auch für Emerenz‘ Auswanderung und ihr Leben in Amerika eine Rolle spielen wird.

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GEBURTSHAUS DER EMERENZ MEIER IN SCHIEFWEG UM 1890 (StA Waldkirchen).

Das Wirtshaus direkt an der Straßenkreuzung war das Kommunikationszentrum im Dorf.

„Von den Geschwistern, deren fünf am Leben sind, war Petronella die älteste und mußte schon mit fünfzehn Jahren die Stelle der Magd vertreten. Sie war ein ungewöhnlich gescheidtes und energisches Mädchen und wußte sich die Herrschaft über die jüngeren bald zu sichern; sie war es auch, welche den Bildungsgang unserer Emerenz am allermeisten beeinflußte. Die Leidenschaft zum Lesen und zum Schriftstellern schien ihr ebenso angeboren wie der jüngeren Emerenz, nur mit dem Unterschiede, daß sie nicht den Mut hatte derselben zu fröhnen. Sie durchstöberte die halbe Pfarrei nach Büchern aller Art und las ganze Nächte hindurch. Und weil sie es that, that es Emerenz auch. So kam es, daß letztere mit zehn Jahren schon Werke von Schiller und Goethe und unzählige Romane, gute wie schlechte, gelesen hatte. In der Schule war sie die beste Schülerin, außer derselben mußte sie auf dem Felde arbeiten, als Kellnerin mithelfen oder Kühe und Gänse hüten. Letzteres war ihr die angenehmste Beschäftigung, da ihr dadurch Gelegenheit und Zeit wurde, ihrer Neigung zu fröhnen und in der freien Natur zu sein.

Durch Petronella angeregt, die Geschichten in phrasenvollem Romanstile verfaßte, versuchte sie sich zuerst in kurzen Gedichten und dann in Bauerngeschichten. Das wurde allerdings insgeheim betrieben, denn die Eltern fanden es für nötig, diesem Beginnen zu steuern. Bei Emerenz war es zu spät, denn sie begann sich in ihrem Stande einsam, unbehaglich und unverstanden zu fühlen. Sie ließ sich’s allerdings vor den Leuten nicht merken, daß sie ‚lese und schreibe‘ und das nahmen die Landsleute übel. […] Vor drei Jahren sandte sie heimlich eine kurze Erzählung an die Redaktion der ‚Donau-Zeitung‘; sie wurde angenommen und honoriert. Bald darauf wurde ein Aufsatz über die ‚bäuerische Dichterin‘ in einem bayrischen Blatte veröffentlicht, Briefe von allen Seiten fanden den Weg in die Einsamkeit, ja sogar an Besuchern fehlte es nicht – mit einem Worte: alles geschah, um dem strebsamen Wäldler-Mädchen den Weg, der ihr durch Geburt und Erziehung vorgezeichnet war, als den nicht eben richtigen erscheinen zu lassen.“

(SCHRATTENTHAL 1897,VI F.)

Schrattenthal weiß weiter zu berichten, Emerenz versorge „zehn Stück Rinder dreimal täglich und bearbeitet mit ihren drei noch im Hause anwesenden Geschwistern und einem Knecht zweiundfünfzig zum Hofe gehörende Tagwerk Felder und Wiesen und entspricht noch den Forderungen, die Haus und Herd an sie stellen.“

Andererseits weiß ihre Freundin Auguste Unertl zu berichten:

„Das heranwachsende Mädchen mußte manch scharfen Tadel ihres Vaters über sich ergehen lassen, wenn er über die ‚narrische Verslmacherei‘ kam, die sie insgeheim betrieb. […] Sie verschlang nächtlicherweise alle möglichen Gattungen von Lektüre, die ihr nur irgend erreichbar waren. […] Sie schaffte mit neuerwachter Freude bei den Feld- und Waldarbeiten im Vaterhause mit, mit der stillen Hoffnung im Herzen, daß ein klingender Erfolg ihrer geistigen Arbeiten es ihr ermöglichen werde, daheim im geliebten Wald ihrem schriftstellerischen Talente leben zu können.“

(UNERTL 1924)

Emerenz Meier lebt also in der Spannung, einerseits im Stall und auf dem Acker kräftig mitarbeiten zu sollen, andererseits mit dem inneren Drang, Verse und Gedichte zu schreiben. Doch ihr Vater hat dafür kein Verständnis.

Unverbesserlich

Der Vater verbot mir das Dichten,

Das Mütterchen stimmte mit ein:

Ich soll nach dem Stande mich richten,

Die Bücher dem Backofen weih‘n.

Wohl hab‘ ich es heilig versprochen,

Zu tun, was ihr Wille gebeut,

Das Wort hundertmal doch gebrochen,

Das Schwören noch öfters bereut.

Doch gestern, zu Tränen gerühret,

Erneut‘ ich es nochmals bei Gott,

Durch Bitten und Drohen verführet

Und weiter durch peinlichen Spott.

Ich ging in die dunkelste Kammer,

Hielt über die Verse Gericht,

Verfaßte dann in meinem Jammer

Verstohlen dies Klagegedicht.

Im Alter von 22 Jahren gelingt ihr mit dem „Juhschroa“ eine tiefsinnig-tragische Geschichte aus dem Leben der einfachen Leute im Bayerischen Wald.

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ELTERNHAUS DER EMERENZ MEIER IN OBERNDORF UM 1920 (StA Waldkirchen).

Im „Ihäusl“ (Hintergrund) hat Emerenz ihre Stube, in der sie ihre Geschichten schreibt, mit der Türaufschrift: „Zu Emerenz Meiers Zimmer. Zutritt verboten!“

Neben dem Alltagsgeschäft, der Bauernarbeit bzw. der Mitarbeit in der Gaststube, wird der „Wirtssenz“ das Schreiben zum Lebenssinn. Inzwischen sind Verse und kurze Erzählungen in Zeitungen und Volkskalendern abgedruckt worden. Nun ist der Vater sogar stolz auf ihre „G’schreibereien“, wie ihre Freundin Auguste Unertl später berichtet (UNERTL 1924). Der junge Medizinstudent und angehende Literat Hans Carossa pilgert zu ihr in den Bayerischen Wald und im ostpreußischen Königsberg wird 1896 ihr erstes und einziges Buch „Aus dem bayrischen Wald“ veröffentlicht.

Da Emerenz inzwischen als Versl-Schreiberin bekannt geworden ist, wird sie anlässlich eines Besuchs auf Schloss Fürsteneck vom Eigentümer Wilhelm Fein geradewegs um ihren Eintrag in das Gästebuch gebeten.

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EINTRAG DER EMERENZ MEIER IN DAS GÄSTEBUCH SCHLOSS FÜRSTENECK, 1897 (Archiv Fegert).

Die Dichterin ist sich trotz aller Bescheidenheit durchaus ihrer Bedeutung bewusst.

„‘s is g’rad, damit i aa dasteh,

Wann i a Versl mach‘,

Weil i halt woaß: Mein Nam‘, dem folgt

A liabe G’sellschaft nach.“

19. Aug. 1897

Emerenz Meier v. Oberndorf.

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EMERENZ MEIER VOR IHREM GEBURTSHAUS IN SCHIEFWEG, 1898 (Reproduktion, Archiv Fegert).

Da die „Senz“ zu dieser Zeit schon eine „gedruckte“ und damit bekannte Schriftstellerin ist, veröffentlicht der geschäftstüchtige Fotograf Alphons Adolph in Passau diese Postkarte, die dann auch Emerenz selbst verschickt.

Nachdem der Vater Josef Meier im Jahre 1891 den Hof in Schiefweg seiner ältesten Tochter Petronella nach deren Heirat übergeben und sich ein Anwesen in Oberndorf gekauft hat, geht es auf dem Bauernhof dort immer schlechter. Der trunksüchtige Vater versucht der bäuerlichen Not mit spekulativen Handelsgeschäften Herr zu werden. Er muss aber schon 1897 sein Gewerbe als Güterhändler aufgeben wie auch den Viehhandel im Jahr 1901. Es kommt zur Katastrophe, als er schließlich im Jahr 1900 „abgehaust“, also, seinen halben Anteil am Bauernhof in Oberndorf an seine Schwester verloren hat. Seine Schwester verkauft den gesamten Hof einschließlich dem „Ihäusl“ an die Brauerei Lang in Jandelsbrunn. Josef Meier ist nun bankrott und heimatlos. Emerenz kommt kurzzeitig bei den Unertls in Waldkirchen, danach als Mieterin in ihrer bisherigen Stube im Oberndorfer „Ihäusl“ und dann als Haushaltshilfe in Straßkirchen unter. Ihr Vater muss „im Alter noch Steineklopfen“ (EM2 = Emerenz Meier, Werke, Bd. 2, 11. Dezember 1923).

Emerenz glaubt ihrerseits 1902, mit der Pacht der Wirtschaft „Koppenjäger“ in Passau ihr Glück zu finden, indem sie daraus eine Künstlerkneipe machen will. Doch auch sie scheitert.

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EMERNZ MEIER MIT IHRER FAMILIE IN OBERNDORF IM HERBST 1905 (StA Waldkirchen).

Emerenz Meier (rechts) mit ihrer Schwester Anna Gumminger (links) und den Eltern (sitzend), der Schwiegermutter der Schwester, Kreszenz Gumminger (hinten Mitte), sowie den zwei Kindern Joseph (3.8. 1900) und Johann Franz (23.1.1903) der Schwester. Annas Säugling Anna setzt man mit 11 Monaten noch nicht der frischen Luft aus. Annas Mann Joseph ist im Frühjahr schon nach Amerika vorausgereist.

In diesen wirtschaftlich misslichen Verhältnissen keimt in der Familie Meier der Gedanke auf, nach Amerika auszuwandern. Dort kann es nur besser werden!

Auswanderungslust

In den Zeitungen, etwa der „Passauer Zeitung“ oder der „Freyunger Waldpost“, konnte man immer wieder Nachrichten über die Auswanderer nach Amerika lesen. In ihnen werben auch eine Reihe von Schifffahrtsagenturen um Auswanderungswillige. Auswandererlieder machen die Runde:

„Jetzt ist die Zeit und Stunde da: /Wir reisen nach Amerika! /Der Wagen steht schon vor der Tür, /Mit Weib und Kind marschieren wir. […] Und wenn wir sind in Baltimor, /Dann heben wir die Händ’ empor /und rufen laut: Viktoria! /Wir sind jetzt in Amerika!“ (WAGNER 1992, 6).

Briefe von Verwandten und Bekannten, die meist nur die positiven Seiten des Lebens in Amerika beschreiben, kursieren im Dorf: „Ihr ghönt es Eich gar nicht vorstelen wie es in Amerigha zu ged.“. Reiseführer gehen von Hand zu Hand.

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REISEFÜHRER VON TRAUGOTT BROMME, 1866 (Archiv Fegert).

Diese bekannte Schrift über Amerika wurde in mehreren Auflagen gedruckt.

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WERBESCHRIFT FÜR MANITOBA, 1866 (Archiv Fegert).

Auch für Kanada wurde mit kostenlosem Erwerb von Landbesitz geworben.

Emerenz‘ frühe Erzählung: „furt’trieb’n ins Amerika“

Auch in der Waldkirchner und Freyunger Gegend ist das Auswandern nach Amerika in den Köpfen der Bevölkerung fest verankert. In jedem der Dörfer kennt man Junge und Alte, die in die „Neue Welt“ gegangen sind. So ist dies auch ein frühes Thema der Emerenz Meier, was sie bereits 1899 in der Erzählung „Der Scheib’nhofbauer“ dichterisch verarbeitet.

Eine Holzhauerswitwe muss ihre Tochter zu einem rabiaten Bauern in Dienst geben, um so das Überleben der Familie mit zu sichern.

„[Sie] erachtet […] es als Unglück, daß er [der Scheib’nhofbauer] gerade ihr einziges Kind, die Nanni, von ihr zur Magd begehrt hat vor drei Monaten. Wäre sie keine arme Holzhauerswitwe, die nichts besitzt als ein baufälliges Hüttchen und ein paar Ziegen dazu, sie würde lieber das ganze Jahr hindurch nur trockenes Brot essen, als ihr Kind dem Scheibenbauern zur Magd geben. So aber hätten sie beide nicht einmal das, wenn Nanni nicht bald selbst etwas verdiene.