Annett Lesall

BDSM: Zuckerbrot und Peitsche

Erotik Short Stories Nr. 75

Impressum

ISBN

9783961182992 (ePub)

9783961183005 (mobi)

darkbook.de edition 2017

andersseitig.de

Heute eine gute Sklavin

Es ist eine hohe Kunst, in Würde zu kriechen. Fast hat man den Eindruck, der wahre Meister ist die Sklavin, die doch so voller Grazie und Anmut dahinzugleiten scheint-weit gefehlt. Die Meisterschaft hat er, der ihr dies entlockte. Schlafen ließ, was nur Unbehagen hervorrief und zum Erblühen brachte, was nur auf ihn gewartet hatte. Er folgt ihr mit seinen Blicken. Sie wirft die Haare zurück. Ihren Blick kann er nicht ganz deuten. Will sie ihn verführen oder lacht sie ihn am Ende innerlich aus? Was ist das für ein Glanz, der sich dort spiegelt, wo vor einer Woche noch keiner war?

"Meine kleine Sklavin..." Er forscht nach Gefühlen in ihrem Gesicht. "Sag mir, was dich bewegt." Sein fragender Blick bringt sie zum Schmunzeln. Sie kommt auf allen Vieren heran, legt den Kopf auf sein rechtes Bein. Die Kerze vom Esstisch spiegelt sich in ihren Augen. "Ich bin froh... und so dankbar, dass du mich nicht weggeschickt hast."

Ihr Stolz ist jetzt ein anderer; sie teilt jetzt den seinen. Dieser Stolz, der sie vor ein paar Tagen weglaufen ließ. Er hatte sie gefragt, ob sie bereit wäre, sich von ihm bestrafen zu lassen. Er hatte ihr die Peitsche gezeigt und gesagt, dass er ihre Verfehlungen nicht mehr einfach so würde durchgehen lassen. Er mochte keine Halbherzigkeit, wollte sie zum Nachdenken bringen über das, was sie tat. Ihr Blick war hart geworden bei seinen Worten, sie hatte sich umgedreht und war gegangen, war ohne Ziel und Sinn durch die Stadt gelaufen. Die bunten Schaufenster nahm sie genauso wenig wahr, wie die Leute, die entgegenkamen. Alles ausgeblendet außer ihren Gedanken. Wie konnte er nur so etwas sagen? Sie hatte sich doch Mühe gegeben, ihm gerecht zu werden.

Als sie das nächste Mal bewusst aufschaute, war es bereits dämmrig geworden. Jetzt brauchte sie Ruhe, um die Wut abzuschütteln, die ihr Herz umklammert hielt. Sie schlenderte ein Stück weit in den Park hinein, der ihr mit seinem Grün und der friedvollen Stimmung, die dort herrschte, immer so viel Freude bereitet hatte; hier konnte sie sich jederzeit entspannen. Sie setzte sich auf eine Bank am Wegesrand. Um diese Stunde war niemand mehr hier, sie war allein mit den Dingen, die sie bewegten. Nur der gerade aufgegangene Mond schaute an Fetzen einer Wolke vorbei zu ihr herab. Warum nur wollte er sie bestrafen? Sie hatte sich doch sogar entschuldigt für ihre Bockigkeit, hatte ihm zuliebe Fesseln getragen. Mit geballten Fäusten starrte sie vor sich hin ... Er hatte einmal gesagt, wenn sie seine Befehle nicht mit voller Überzeugung ausführe, hätte das ganze keinen Sinn. Erwartete er etwa, dass alles gleich perfekt lief -von Anfang an?

Die schweren Tropfen eines Gewitterregens rissen sie aus ihren Gedanken. Mist. In ihrer Wut hatte sie alle ihre Sachen bei ihm gelassen und abreisen konnte sie um diese Uhrzeit wohl auch nicht mehr ... also wo sollte sie schlafen, wenn nicht bei ihm? War sie überhaupt noch willkommen bei ihm, nachdem sie ihn ohne ein Wort hatte stehen lassen? Plötzlich wurde ihr schmerzhaft bewusst, wie einfühlsam und zuvorkommend er doch die ganze Zeit gewesen war. Und dass er nie etwas ohne Grund tat. Aber sie hatte ihn mit ihrem Verhalten vor den Kopf gestoßen, ohne wenigstens einen Grund zu haben -er hatte ja eigentlich nur eine Frage gestellt. Tränen gesellten sich zu den Regentropfen auf ihren Wangen und bildeten ein Rinnsal an ihrem Kinn. Wie ein Schlafwandler ging sie den Weg zurück zu seinem Haus, verlief sich in die falsche Straße und erschrak schon fast beim Gewahrwerden seiner Haustür.

Im Wohnzimmer brannte noch Licht. Es versetzte ihrem Herzen einen erneuten Stich, als ihr klar wurde, dass er sich wahrscheinlich unheimliche Sorgen um sie machte. Ihr Arm war schwer wie Blei, als sie den Klingelknopf drückte. Für eine Sekunde hatte sie panische Angst, ihn zu sehen, doch da ging die Tür auf. Sie wagte nicht, ihn anzuschauen, ihr verklärter Blick heftete sich an die Fußmatte, auf der ironischerweise "Willkommen" stand. Er machte ihr Platz, so dass sie eintreten konnte. Ein Augenblick der Stille. Auf einmal überfiel sie ein Gefühl von unendlicher Dankbarkeit und sie sank vor ihm auf den Flurboden. Sie fand keine Worte dafür, also starrte sie nur schweigend seine Knie an.

Er griff ihr in die Haare und hob ihren Kopf soweit, dass sie ihm in die Augen schauen musste. Die Mischung aus Besorgnis, Härte aber auch Erleichterung, die sie darin sah, jagte ihr einen Schauen über den Rücken und ließ ihren Atem stocken. "Tu das nie wieder." Er zog ihren Kopf noch ein Stück höher. "Und jetzt geh in dein Zimmer." Immer noch wie apathisch folgte sie seinem Befehl, zog sich dann im Zimmer die Sachen aus und hängte sie über die Heizung. Nackt wanderte sie ins Badezimmer. Das heiße Wasser der Dusche lockerte sie soweit, dass sie sich dem bis dahin unterdrückten Weinkrampf hingeben konnte. Lange stand sie so in Wasser und Dampf der Dusche... die Traurigkeit vieler Monate bahnte sich ihren Weg.

Irgendwann war er dann ins Bad gekommen, hatte das Wasser abgestellt und sie mit einem großen blauen Handtuch abgetrocknet. Dann nahm er sie auf den Arm und trug sie ins Bett. Den Kopf auf seinem Schoss weinte sie sich leise wimmernd in den Schlaf.