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Informationen zum Buch

Sie wehrt sich.

Sie bekommt keine Luft.

Sie kann nur das Clownsgesicht anstarren ...

Karneval in Köln. Oberkommissar Benni Scholz von der Kölner Kripo ist das Lachen vergangen. Er hat zwei anscheinend sinnlose Morde in der Altstadt zu klären. Jedes Mal hat der Mörder in der Karnevalszeit zugeschlagen, immer auf dieselbe Art. Und jetzt ist wieder Weiberfastnacht.

Der Kommissar zieht seinen Kollegen Jan Fabel von der Hamburger Mordkommission hinzu, der Erfahrung mit Serientätern hat. Auf Fabel wirken die seltsamen Bräuche der Rheinländer und deren unverständlicher Dialekt wie ein Kulturschock. Und außerdem: Wie soll er einen irren Mörder finden, wenn die ganze Stadt auf dem Kopf steht?

"Irreführende Handlungsstränge, spannende Figuren und eine Story, die es in sich hat. Ein weiterer, sagenhafter Russell-Thriller." Frankfurter Stadtkurier.

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Craig Russell

Carneval

Thriller

Aus dem Englischen von
Bernd Rullkötter

Inhaltsübersicht

Über Craig Russel

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Prolog

Erster Teil

Clownstagebuch, erster Eintrag

Erstes Kapitel

Clownstagebuch, zweiter Eintrag

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Zweiter Teil. Karneval

Clownstagebuch, fünfzehnter Eintrag

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Elftes Kapitel

Zwölftes Kapitel

Epilog

Danksagung

Impressum

 

 

 

Für Holger und Lotte

 

 

 

Der Kölner Karneval ist ein Brauch, dessen Anfänge bis zur Gründung der Stadt durch die Römer zurückgehen. Seine Wurzeln reichen wahrscheinlich sogar bis in die dunkle heidnische Vergangenheit der Kelten, die das Gebiet vor der Ankunft der germanischen und römischen Eindringlinge besetzt hatten.

Im Karneval wird Ordnung von Chaos abgelöst. Unbekümmertheit und Ausschweifung gehen der Abstinenz der Fastenzeit voran. Die Welt wird auf den Kopf gestellt, und die Menschen können für ein paar Stunden jemand anders sein.

Das Oberhaupt der Festlichkeiten ist Prinz Karneval, auch als »Seine Tollität« bekannt. Dessen persönlichem Schutz dient die Prinzengarde.

Das deutsche Wort Karneval kommt vom lateinischen carne vale: »Fleisch, lebe wohl.«

Prolog

Köln, Weiberfastnacht,
Januar 1999

 

 

 

Wahnsinn. Wohin sie auch blickte, herrschte Verrücktheit. Sie lief durch Scharen von Geistesgestörten und hielt verzweifelt nach einer Zuflucht unter geistig Normalen Ausschau, wo sie Rettung finden konnte. Die Musik hämmerte schrill und gnadenlos und erfüllte die Nacht mit erschreckender Fröhlichkeit. Die Menge war nun dichter geworden. Mehr Menschen, mehr Wahnsinn. Sie drängte sich durch die Feiernden hindurch. Fort von den beiden massiven Türmen, die sich aus dem Tohuwabohu der Straßen schwarz und bedrohlich in die Nacht erhoben. Fort von dem Clown.

Sie stolperte die Stufen hinunter. Vorbei am Hauptbahnhof. Über einen Platz. Weiter und weiter. Immer noch umgeben von den brüllenden, grinsenden, lachenden Gesichtern der Irren.

Vor einer Bude, an der Currywurst und Bier verkauft wurden, stieß sie mit einer Gruppe von Gestalten zusammen. Der frühere deutsche Kanzler Helmut Kohl stand in einer mit Geldscheinen vollgestopften Windel da und scherzte lachend mit drei Elvis Presleys. Ein mittelalterlicher Ritter mühte sich, sein Würstchen durch ein immer wieder herunterklappendes Visier zu essen. Neben ihm war ein Dinosaurier. Ein Cowboy. Ludwig XIV. Aber kein Clown.

Sie wirbelte herum und musterte die feiernde Masse, die sich hinter ihr näherte. Kein Clown. Einer der Elvisse an der Bierbude torkelte auf sie zu. Er verstellte ihr den Weg, umfasste ihre Hüfte und flüsterte ein paar lüsterne, durch Latex gedämpfte Worte. Sie stieß ihn zurück, und er prallte an den Dinosaurier.

»Ihr seid verrückt!«, schrie sie. »Ihr seid alle verrückt!« Die Gestalten lachten. Sie rannte durch einen Teil der Stadt, den sie nicht kannte. Hier waren weniger Menschen. Die Straßen wurden schmaler und schienen sie einzwängen zu wollen. Dann war sie allein in einer kopfsteingepflasterten Gasse, dunkel und gesäumt von vierstöckigen Gebäuden mit schwarzen Fenstern. Sie flüchtete in einen Schatten und versuchte, ihre Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Die Geräusche vom fernen Stadtzentrum waren immer noch laut: Ausgelassene Musik mischte sich mit dem Grölen und Kreischen der Narren. Sie horchte nach Schritten. Nichts. In den Schatten gepresst, spürte sie die beruhigende Festigkeit des Wohnhauses an ihrem Rücken.

Immer noch kein Clown. Kein Albtraum-Clown aus ihren Kindheitsträumen. Sie hatte ihn abgehängt.

Allerdings hatte sie keine Ahnung, wo sie war. Alle Straßen glichen einander. Aber sie würde sich noch weiter von dem besessenen Lärm der Stadt und von den hochragenden schwarzen Türmen entfernen. Ihr Herz hämmerte noch, doch sie atmete nun ruhiger. Dicht an die Wand gedrückt, schob sie sich voran. Die wüste Musik und das Gelächter verebbten, aber plötzlich erscholl ein neuer Lärm, als sich eine Tür öffnete und gelbes Licht über die Straße züngelte. Sie wich wieder zurück in den Schatten. Drei Höhlenmenschen und eine Flamenco-Tänzerin rannten aus dem Wohnhaus. Zwei der Neandertaler trugen einen Kasten Bier und taumelten in Richtung der anderen Irren.

Sie begann zu weinen, zu schluchzen. Es gab kein Entkommen.

Am Ende der Straße sah sie eine Kirche. Eine riesige Kirche, die einen mit Kopfsteinpflaster belegten Platz fast ganz ausfüllte. Das romanische Gebäude musste einst majestätisch inmitten von Feldern und Gärten gestanden haben, doch die Stadt hatte sich ihr im Lauf der Jahrhunderte genähert, und nun wurde die Kirche an allen Seiten von Wohnhäusern bedrängt wie ein von Bettlern umringter Bischof. Ein Pfarrhaus schmiegte sich an ihre Flanke.

Am anderen Ende des Platzes leuchtete das Schild eines Restaurants mit Bar. Sie würde das Restaurant meiden und Zuflucht in dem Pfarrhaus suchen. Während sie darauf zuging, wurde sie von dem Anblick einer kleinen, zierlichen, verängstigten Fee mit gebrochenen Schwingen in einem schwarzen Schlachtereischaufenster erschreckt. Es war ihr Spiegelbild, das ihr zwischen aufgeklebten Pappsternen mit Sonderangeboten für Rind- und Schweinefleisch entgegensah.

Die Frau erreichte die Ecke der dunkel und streng in den kalten Nachthimmel ragenden Kirche. Sie drehte den schweren Eisengriff und lehnte sich gegen die Tür, doch die gab nicht nach. Sie lief weiter zum Pfarrhaus.

Er hatte hinter der Kirche auf sie gewartet und trat nun aus seinem Versteck hervor. Zwei grüne Haarknäuel standen in einem albernen Winkel von seinem sonst kahlen Kopf ab. Seine Augen waren kalt und tot unter den Bögen seiner schwarz gemalten Brauen.

Sie wollte schreien, brachte jedoch keinen Ton hervor. Sie konnte sich weder bewegen noch um Hilfe rufen, noch die Kraft zur Flucht aufbringen. Seine Hand ruckte in einem hellblauen Filzhandschuh hoch und packte ihre Kehle. Er stieß sie in den Schatten an die Wand und hob sie auf die Zehenspitzen. Mit einer einzigen Bewegung seiner freien Hand holte er eine Krawatte aus der riesigen Flickentasche seines übergroßen Mantels hervor und schlang sie ihr um den Hals.

Nun war es zu spät, sich zur Wehr zu setzen. Die Krawatte brannte auf ihrer Haut und drückte ihr die Halsschlagader und die Luftröhre zu. Kein Atemzug erreichte ihre Lunge mehr, die sich nach einem Hilfeschrei sehnte. Ihr schwamm der Kopf, und ihre Welt verfinsterte sich. Als sich das Band um ihren Hals spannte, konnte sie ihm nur ins Gesicht starren. In sein groteskes Clownsgesicht.

 

Erster Teil

Clownstagebuch, erster Eintrag.

Datum: 11. November, 11.11 Uhr

 

 

 

ES IST ELF MINUTEN NACH ELF ES IST DER ELFTE TAG DES ELFTEN MONATS ICH BIN WIEDER WACH WACH ich bin wieder der CLOWN und ich bin wach WENN SIE CHAOS WOLLEN! WERDE ICHS IHNEN BRINGEN ich bin was ich bin kühe fressen nur gras, koalabären fressen nur eukalyptusblätter pandas fressen nur bambus kühe fressen nur gras koalabären fressen nur eukalyptusblätter pandas fressen nur bambus ich esse nur menschen ich bin was ich bin ich esse nur was ich esse ich esse nur menschen ich habe ein paar bilder in dieses tagebuch geklebt um mich daran zu erinnern herrliche bilder das fleisch zurechtgeschnitten das fleisch kochend das fleisch essend das fleisch gedanken so viele gedanken beißend essend essen töten essen heute bin ich wieder der CLOWN wieder wach seltsam wieder wach zu sein so lange her seit ich zuletzt wach war habe die schlampe getötet dann gegessen aber nicht gefickt nie gefickt spiel nicht mit deinem essen sie wollen gefickt aber nicht gegessen werden töte die schlampe nur und iss sie sie alle sind schlampen schlampen schlampen wenn ich wach bin muss bald KARNEVAL sein sie wollen CHAOS ich werde ihnen chaos bringen ich bin der KARNEVALSCLOWN aber niemand lacht alle haben nur angst angst wenn ich mein gesicht bemale ist mein lächeln groß breit beißendes lächeln sie sehen das lächeln das große schöne clownslächeln und die zähne und sie werden von meinem lächeln verbrannt und warten darauf gegessen zu werden niemand lacht über den CLOWN ich beobachte sie dann beobachte sie und finde ein versteck ein versteck springe dann auf sie zu und sie sehen mich und sie schreien und lachen nicht dann erwürge ich sie und zerschneide sie und esse sie und werde stark so stark und je stärker ich bin desto länger kann ich wach bleiben ich werde wieder töten und wieder essen und das clownsgesicht tragen und wenn sie das clownsgesicht anschauen können sie nicht davonlaufen oder sich bewegen sie haben eine solche angst sie sind eingeschüchtert sie sind machtlos weil das clownslächeln das clownslächeln allmächtig ist und sie nichts sind SIE WERDEN MEINE NAHRUNG ich weiß nicht wie alt ich bin ich bin alt älter ich fühle mich als hätte ich erst einen tag gelebt oder hundert jahre ich lebe und esse seit langem aber so lange schlafpausen dazwischen ich erinnere mich an die letzte die letzte mahlzeit KERNEVAL ist nahe ich bin mir sicher ich kann ihn riechen er kommt es ist wie der geruch von kochendem fleisch irgendwo in der ferne und der geruch wird von der brise herangetragen und du nimmst ihn nur eine sekunde wahr bevor er verschwindet doch er lässt dich so hungrig werden genau so ist es ich rieche dass der KARNEVAL näher näher kommt so lange geschlafen nun bin ich wach und ich bin der clown und brauche nichts zu teilen ICH WERDE IMMERWACH SEIN UND DANN IST JEDEN TAG KARNEVAL und ich werde immer und immer der clown sein und mich wie ein wirklicher mensch fühlen nicht so als würde ich mich selbst beobachten ich habe so lange und so tief und so fern von der welt geschlafen und nun bin ich wach nun habe ich ich selbst das heft in der hand nicht mehr die andere person sie versucht mich zu verleugnen so zu tun als würde ich nicht existieren und manchmal glaube ich es selbst aber ich existiere und habe zähne warum finden sie meine taten so abscheulich so abscheulich ich bin der CLOWN und ich bin aus eisernem fleisch und ich esse fleisch ich habe zähne und eine zunge und einen magen und ich würde sterben wenn ich nichts äße alle müssen essen um zu überleben und manche können nur überleben indem sie eine einzige art nahrung essen kühe fressen nur gras koalabären fressen nur eukalyptusblätter pandas fressen nur bambus und ich esse nur menschen so einfach ist das wenn ich nicht das fleisch von anderen äße würde ich schwach werden und sterben ich bin der CLOWN und ich muss stark bleiben

und bald wird es zeit für mich mir das CLOWNSGESICHT aufzumalen ich werde ihnen chaos bringen ich habe so lange geschlafen

und ich bin hungrig

Erstes Kapitel

13.–16. Januar

1.

Der Chef des Mobilen Einsatzkommandos wirkte überrascht, als Fabel sich neben ihn hockte und hinter dem großen Panzerwagen Deckung bezog.

»Ich war in der Gegend und habe den Notruf gehört«, kam Fabel seiner Frage zuvor. Er schaute zu dem vierstöckigen Wohnblock hinauf, der sich weiß vom blauen Winterhimmel abhob. Makellos und fröhlich. Balkons mit Winterstiefmütterchen, am Straßenrand Mittelklassewagen. Schwer bewaffnete, schwarz uniformierte MEK-Beamte geleiteten die Hausbewohner durch den Haupteingang zu der Stelle auf der Jenfelderstraße, wo uniformierte Polizisten hastig eine Absperrung errichtet hatten.

»Ich dachte, Sie hätten aufgehört, Herr Hauptkommissar.«

»Stimmt«, sagte Fabel. »Ich arbeite nur noch meine Kündigungsfrist ab. Was liegt vor?«

»Eine Meldung über einen Ehestreit. Die Nachbarn haben die Polizei angerufen. Der erste Streifenwagen war gerade eingetroffen, als Schüsse ertönten. Dann hat der Mann im Innern auf einen der Streifenpolizisten geschossen.«

»Wohnt der Schütze in dem Gebäude?«

Der behelmte MEK-Chef nickte. »Aichinger. Georg Aichinger. Aus seiner Wohnung war der Streit zu hören.«

»Wissen wir etwas über ihn?« Fabel schlüpfte in die kugelsichere Weste, die ihm einer der MEK-Männer reichte.

»Keine Vorstrafen. Laut den anderen Hausbewohnern hat es bisher nie Probleme gegeben. Scheinbar der perfekte Nachbar.« Der MEK-Leiter runzelte die Stirn. »Er hat eine Frau und drei Kinder. Oder vielleicht hatte er sie. Nach den ersten Schüssen ist kaum noch ein Geräusch aus der Wohnung gedrungen. Es waren vier Schüsse.«

»Welche Waffe?«

»Offenbar ein Jagdgewehr. Er hat es entweder nicht wirklich ernst gemeint, oder er ist ein schlechter Schütze. Der Blödmann aus dem ersten Streifenwagen hat ihm eine perfekte Zielscheibe geboten, denn er ist einfach die Treppe raufgerannt. Aichinger hat ihn um einen Meter verfehlt. Eher ein Warnschuss, wenn Sie mich fragen.«

»Also leben die Angehörigen möglicherweise noch.«

Der Einsatzleiter zuckte die Achseln. »Wie gesagt, es ist seitdem ziemlich ruhig. Wir haben einen Unterhändler angefordert.«

Fabel nickte grimmig. »Darauf können wir nicht warten. Ich gehe rein, um mit ihm zu reden. Kann ich einen Mann haben, der mir Deckung gibt?«

»Damit bin ich nicht einverstanden, Herr Hauptkommissar. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen erlauben kann, sich selbst zu gefährden. Oder vielleicht einen meiner Männer.«

»Wenn Aichingers Familie noch lebt, dann vielleicht nicht mehr lange. Während er mit mir redet, kann er sie jedenfalls nicht umbringen. Ich möchte ihn nur beschäftigen, bis der Unterhändler eintrifft.«

»Na gut, aber die Sache gefällt mir überhaupt nicht. Zwei Männer sind schon auf dem Absatz außerhalb der Wohnung postiert. Ich gebe Ihnen noch einen mit. Aber wenn Aichinger nicht zum Plaudern aufgelegt ist oder wenn er aggressiv wird, möchte ich, dass Sie sofort rauskommen.« Der MEK-Chef sah zu einem Mitglied seines Teams hinüber. »Geh mit dem Hauptkommissar.«

»Wie heißen Sie?« Fabel musterte den jungen MEK-Mann: kräftige Muskeln unter der kugelsicheren Weste. Harte, vor Erregung leuchtende Augen. Die neue Generation. Eher Soldat als Polizist.

»Breidenbach. Stefan Breidenbach.«

»In Ordnung, Stefan. Mal sehen, ob wir ohne Ihr Arsenal auskommen können.« Fabel deutete mit dem Kinn auf die Heckler&Koch-Maschinenpistole, die der MEK-Mann an die Brust drückte. »Und denken Sie daran, dies ist eine Geiselverhandlung und ein möglicher Tatort, kein Gefechtsgebiet.« Breidenbach nickte brüsk und machte keinen Versuch, seinen Groll über Fabels Bemerkung zu verbergen.

Fabel ließ sich von ihm ins Gebäude und die Treppe hinauf führen. Aichingers Wohnung lag in der ersten Etage, wo sich bereits zwei MEK-Männer – die Gesichter hinter Helmen verborgen – an die Wand pressten.

»War irgendwas los?«, fragte Fabel den Mann am Kopf der Treppe.

Der schüttelte den Kopf. »Alles ruhig. Ich glaube, wir haben einen Mehrfachmord. Kein Weinen, keine Bewegung.«

»Okay.« Fabel schob sich am Treppenabsatz vor, während Breidenbach seine Waffe auf die geschlossene Wohnungstür richtete.

»Herr Aichinger …«, rief Fabel in Richtung der Tür. »Herr Aichinger, hier ist Leitender Hauptkommissar Fabel von der Polizei Hamburg.«

Schweigen.

»Herr Aichinger, können Sie mich hören?« Fabel wartete einen Moment lang vergeblich auf eine Antwort. »Herr Aichinger, ist da drinnen jemand verwundet? Braucht jemand Hilfe?« Erneut Schweigen, doch ein schwacher Schatten bewegte sich über das Milchglas des kleinen quadratischen Fensters in der Wohnungstür. Breidenbach änderte sein Ziel, aber Fabel hob warnend die Hand.

»Herr Aichinger, wir wollen – ich will – Ihnen helfen. Sie sind in eine Situation geraten, aus der Sie jetzt keinen Ausweg mehr sehen. Das verstehe ich. Aber es gibt immer einen Ausweg. Ich kann Ihnen helfen.«

Immer noch keine Antwort, doch Fabel hörte, wie die Türfalle geöffnet wurde. Sie gab einen nur wenige Zentimeter breiten Spalt frei. Die drei MEK-Beamten bewegten sich vor und zielten weiterhin auf die geöffnete Tür.

Fabel hob warnend die Augenbrauen.

»Möchten Sie, dass ich reinkomme, Herr Aichinger? Möchten Sie mit mir reden?«

»Nein!«, zischte Breidenbach. »Sie können nicht reingehen.«

Fabel schüttelte verärgert den Kopf.

Breidenbach schob sich dichter an ihn heran. »Ich kann nicht zulassen, dass Sie sich als Geisel präsentieren. Sie sollten wieder nach draußen gehen, Herr Hauptkommissar.«

»Ich habe ein Gewehr!« Die Stimme aus der Wohnung war vor Furcht angespannt.

»Das ist uns bewusst, Herr Aichinger«, sagte Fabel durch den Türspalt. »Und solange Sie das Gewehr in der Hand halten, bringen Sie sich in Gefahr. Bitte, schieben Sie es durch die Tür, und dann können wir miteinander reden.«

»Nein. Nein, auf keinen Fall. Aber Sie können reinkommen. Langsam. Wenn Sie mit mir reden wollen, dann hier in der Wohnung.«

Breidenbach schüttelte heftig den Kopf.

»Hören Sie, Herr Aichinger«, erwiderte Fabel, »ich behaupte nicht, dass dies kein Problem ist. Aber wir können es lösen, ohne dass jemand zu Schaden kommt. Ich muss Ihnen sagen, dass ich bewaffnete Beamte bei mir habe. Wenn sie meinen, dass ich bedroht werde, werden sie schießen. Und ich bin sicher, dass Sie das Gleiche tun werden, falls Sie sich in Gefahr glauben. Diese Situation müssen wir hinter uns lassen, und zwar schrittweise. Einverstanden?«

Eine Pause. »Ich will keine Lösung. Ich will sterben.«

»Das ist albern, Herr Aichinger. Nichts … kein Problem … ist so hoffnungslos, dass es sich lohnt, dafür zu sterben.« Fabel blickte sich zu den MEK-Männern um. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, dass drei tote Kinder und eine tote Frau in der Wohnung lagen. Und wenn Aichinger unbedingt sterben wollte, dann konnte alles mit einem »Selbstmord mit polizeilicher Hilfe« enden. Er brauchte nur mit seinem Gewehr fuchtelnd auf den Treppenabsatz zu stürmen, woraufhin Breidenbach und dessen Kollegen seinen Wunsch gern erfüllen würden.

Irgendwo in der Wohnung klingelte ein Telefon. Es hörte nicht auf. Offenbar war der Unterhändler eingetroffen.

»Wollen Sie nicht rangehen?«, fragte Fabel durch den Türspalt.

»Nein. Das ist eine Falle.«

»Das ist keine Falle, sondern eine Hilfe. Einer meiner Kollegen ist am Apparat. Jemand, der Ihnen wirklich nützlich sein kann.«

»Ich rede nur mit Ihnen.«

Fabel ignorierte Breidenbachs vorwurfsvollen Blick. »Hören Sie, Herr Aichinger. Der Mann am Telefon ist viel besser geeignet als ich, Sie aus dieser Situation herauszuholen.«

»Ich habe doch gesagt, dass ich nur mit Ihnen rede. Der Mann am Apparat will mir bloß weismachen, dass er mein bester Freund ist. Ich rede mit Ihnen. Nur mit Ihnen. Ich habe von Ihnen gehört, Herr Fabel. Sie haben letztes Jahr die Morde aufgeklärt.«

»Herr Aichinger, ich möchte, dass Sie die Tür öffnen, damit wir Auge in Auge miteinander sprechen können.« Fabel achtete nicht auf Breidenbachs rasende Gesten.

»Die werden mich erschießen.«

»Nein«, versicherte Fabel, doch er fühlte sich genötigt, Breidenbach bedeutungsvoll anzusehen. »Ich befehle ihnen, nicht zu schießen, es sei denn, Sie tun es als Erster. Bitte, Herr Aichinger, öffnen Sie die Tür.«

Ein langes Schweigen.

»Herr Aichinger?«

»Ich denke nach.«

Eine weitere Pause. Dann erschien die Mündung von Aichingers Gewehr, während er die Tür weiter aufschob.

»Ich trete vor, sodass Sie mich sehen können, Herr Aichinger. Ich bin nicht bewaffnet.«

Einer der anderen MEK-Beamten griff nach Fabels Jackettärmel, als er sich der Tür näherte, doch er riss sich los. Fabels Herz hämmerte, und er nutzte jede durch den Stress gedehnte Sekunde, um so viel wie möglich in sich aufzunehmen. Der im Flur stehende Mann hätte nicht durchschnittlicher sein können. Ende dreißig, mit dunklem, kurz geschnittenem und gegelltem Haar, hatte er scheinbar austauschbare Züge. Noch nicht einmal ein Gesicht in der Menge, sondern ein so unauffälliges Gesicht, dass man es nach einer Begegnung sofort vergessen hätte. Georg Aichinger war jemand, der nie Aufsehen erregte. Nun allerdings doch. Er hielt ein neu wirkendes Sportgewehr in den Händen, aber er richtete es nicht auf Fabel. Seine Arme waren gestrafft, und er drückte den Lauf unter sein hochgerecktes Kinn. Sein Daumen bebte am Abzug.

»Ruhig …« Fabel hob die Hand. »Ganz ruhig.« Er spähte an Aichinger vorbei in den Flur. Die Füße eines Menschen, der auf dem Boden des Wohnzimmers lag, ragten über die Schwelle. Kleine Füße. Die Füße eines Kindes. Scheiße, dachte er, der MEK-Chef hat recht gehabt.

»Georg, hören Sie auf. Bitte … geben Sie mir das Gewehr.«

Fabel schritt nach vorn, was Aichinger erstarren ließ. Der Daumen am Abzug zitterte nicht mehr. »Wenn Sie näher kommen, schieße ich. Ich bringe mich um.«

Fabel warf einen weiteren Blick auf die Füße des Kindes. Ihm war übel. In diesem Moment war es ihm gleichgültig, ob Aichinger sich eine Kugel ins Gehirn jagte oder nicht. Dann sah er es. Winzig. So winzig, dass es ihm hätte entgehen können. Eine kleine Bewegung.

»Georg … Die Kinder. Ihre Frau. Lassen Sie uns durch, damit wir ihnen helfen können.« Fabel hörte, wie jemand hinter ihm durch die Tür vorrückte. Er drehte sich um. Breidenbach zielte mit seiner Maschinenpistole auf Aichingers Kopf. »Runter damit!«, zischte Fabel. Breidenbach bewegte sich nicht. »Um Himmels willen, es ist doch schon eine Waffe auf ihn gerichtet … seine eigene. Senken Sie Ihre. Das ist ein Befehl.«

Breidenbach ließ das Visier seiner Maschinenpistole ein wenig sinken. Fabel drehte sich wieder zu Aichinger um. »Ihre Frau … die Kinder. Haben Sie sie verletzt? Haben Sie die Kinder verletzt, Georg?«

»Nichts hat einen Sinn«, sagte Aichinger, als hätte er Fabel nicht gehört. »Plötzlich habe ich gemerkt, dass nichts den geringsten Sinn hat. Wahrscheinlich habe ich in letzter Zeit oft darüber nachgedacht, aber heute Morgen hatte ich das Gefühl … ja, als wäre ich nicht real. Als hätte ich keine wirkliche Identität. Wie eine Gestalt in einem schlechten Film oder so.« Aichinger hielt mit gefurchter Stirn inne, als würde er etwas erklären, das er selbst nicht völlig verstand. »Als Kind hatte ich ein Bild im Kopf. Von dem Menschen, der ich sein würde. Dann habe ich gemerkt, dass ich dieser Mensch nicht bin. Nicht der Mann, der ich hätte werden sollen. Ich bin ein anderer.«

Er machte eine Pause. Fabel lauschte durch das Schweigen hindurch angestrengt nach einem Geräusch aus dem Wohnzimmer.

»Alles ist verrückt«, setzte Aichinger seine Tirade fort. »Ich meine die Art, wie wir leben. Wahnsinnig. Die Dinge, die um uns herum passieren. Alles ist Mist. Chaos. Nichts ist logisch … Nehmen Sie Ihren Kollegen. Ihn juckt es, mir eine Kugel in den Kopf zu schießen. Und Sie sind hier, weil ich ein Gewehr habe und drohe, davon Gebrauch zu machen. Er hat ebenfalls eine Waffe und droht, sie zu benutzen. Aber das ist akzeptabel. Warum? Weil er Polizist ist. Er soll für Ordnung sorgen. Nur ist es keine Ordnung.«

»Georg …« Fabel schaute an Aichinger vorbei durch den Flur, um sich zu überzeugen, ob sich die kleinen Füße noch bewegten. »Die Kinder …«

»Wissen Sie, womit ich mir meinen Lebensunterhalt verdiene, Herr Fabel? Ich bin ›Personalberater‹. Das heißt, ich hocke während meiner Arbeitsstunden hauptsächlich in einem Büro herum und suche nach Leuten, die andere Büros in anderen Firmen füllen. Es ist die zwecklose, beschissene Verschwendung eines Lebens. Meines Lebens. Das ist aus mir geworden. Ich bin ein Hamster in seinem Laufrad, der andere Hamster für andere Laufräder findet. Ich liefere den Nachschub für den großen unternehmerischen Fleischwolf. Damit verbringe ich mein Leben.

Welchen Sinn hat das? Dreißig und ein paar Stunden pro Woche. Ich hab’s ausgerechnet: Bis zu meiner Rente werde ich fast vierzigtausend Stunden an meinem Schreibtisch verbracht haben. Vierzigtausend. Irrsinn. Ich habe immer versucht, das Richtige zu tun, Herr Fabel. Immer. Was von mir erwartet wurde. Habe mich an die Spielregeln gehalten. Alles andere führt angeblich ins Chaos. Aber nichts leuchtet mir ein. Begreifen Sie? All die Dinge, die ich nie gesehen habe. Orte, an denen ich nie gewesen bin.«

Tränen liefen über Aichingers Gesicht. Fabel versuchte, seine Worte und seinen schrecklichen Kummer zu verstehen.

»Alles ist eine Illusion. Wir führen ein lächerlich kleines Leben. Wir leben in Kästen. Arbeiten in Kästen. Opfern uns für sinnlose Arbeit. Und dann … sterben wir. Einfach, weil wir glauben, dass es so zu sein hat. So etwas halten wir für Stabilität und Ordnung. Aber eines Tages bin ich aufgewacht und habe diese Welt so vor mir gesehen, wie sie ist. Wahnsinnig. Sie hat nichts Vernünftiges oder Reales oder Wesentliches an sich. Dies ist das Chaos. Dies ist die Anarchie. Gut, ich habe es getan. Ich habe alles auf den Kopf gestellt. Auf den Kopf. Dies bin nicht ich. Sie müssen mir glauben. Ich will kein Teil mehr davon sein.«

»Das verstehe ich nicht.« Fabel streckte langsam die Hand aus. »Geben Sie mir das Gewehr, Georg. Sie können es mir erklären. Wir können darüber sprechen und die Dinge in Ordnung bringen.«

»In Ordnung bringen?« Aichinger lächelte traurig. Fabel hatte den Eindruck, dass sein Lächeln eine unverfälschte, doch betrübte Dankbarkeit enthielt. Aichinger schien sich zu entspannen. Der Daumen am Abzug war weiterhin ruhig. »Ich bin froh, dass Sie es waren, Herr Fabel. Wenn Sie über meine Worte nachdenken, werden Sie sie bestimmt verstehen. Sie tun wenigstens etwas. Wenn Sie morgens aufwachen, finden Sie einen gewissen Sinn, eine Bedeutung in Ihrem Leben. Sie retten Menschen. Beschützen Menschen. Ich bin froh, dass ich es Ihnen erklären konnte. Sagen Sie … sagen Sie allen, dass ich nicht mehr damit leben konnte, ein anderer zu sein. Dass es mir leid tut.«

Der Schuss wurde durch das Fleisch gedämpft, das sich unter Aichingers Kinn an den Lauf presste. Eine Fontäne aus Blut, Knochenfragmenten und Hirngewebe stieg durch Aichingers Schädeldecke auf, und seine Beine knickten unter ihm zusammen.

Fabel sprang über die Leiche hinweg und stürmte ins Wohnzimmer. Auf die winzigen Füße an der Tür zu.

2.

Ansgar Hoeffers Mahlzeit war fast fertig.

Sein Haus im Kölner Bezirk Nippes war bescheiden, doch aufgeräumt und peinlich sauber. Aber es wurde von niemandem geteilt oder besucht. Im Lauf der Jahre hatte er sich allmählich zurückgezogen. Sein Leben spielte sich zu Hause, an seinem Arbeitsplatz und auf der Fahrt zwischen beiden ab. Oft kam ihm sein Leben wie ein großes Landhaus vor, in dem nur ein paar Zimmer benutzt und perfekt in Ordnung gehalten wurden, während die übrigen – mit heruntergelassenen Rollläden und in der Dunkelheit verhüllten Möbeln – verschlossen waren. Ansgar wusste, dass man diese Zimmer am besten nicht betrat.

Die Küche in Ansgars Haus war, wenn man seinen Beruf bedachte, überraschend klein, doch erwartungsgemäß gut ausgestattet. Makellos und durch das große Fenster, das auf seinen schmalen Garten und die kahle Seitenmauer des Nachbarhauses hinausblickte, mit Licht überflutet.

Der Herd klingelte. Das Fleisch war gar.

Zu Hause kochte Ansgar am liebsten einfachere Mahlzeiten. Unkomplizierte Gerichte, bei denen die wahre Substanz und der Eigengeschmack des Fleisches klar zum Ausdruck kamen. Wie immer hatte er alles vortrefflich aufeinander abgestimmt. Der auf dem Herd siedende Spargel hatte genau die richtige Beschaffenheit. Ansgar nahm das Schüsselchen mit Apfelmus aus dem Kühlschrank. Wenn er das Fleisch und den Spargel auf den Tisch stellte, würde es die perfekte Temperatur erreicht haben – frisch, doch nicht kalt. Er goss eine halbe Flasche Gaffel Kölsch in ein Glas und achtete darauf, dass die Schaumkrone genau die richtige Größe hatte. Dann zog er das Backblech aus dem Ofen und wickelte das Filet aus der Folie. Sich vorbeugend schnupperte er den köstlichen Geruch des zarten, mit Thymian gewürzten Fleisches, wobei seine Brillengläser kurz beschlugen. Er tat das Fleischstück auf den Teller und garnierte es mit einem frischen Zweig Thymian und etwas Apfelmus. Danach goss er den Spargel ab und legte die Stangen akkurat ausgerichtet neben das Fleisch.

Ansgar trank einen Schluck Gaffel und betrachtete sein Mahl. Der erste Bissen Fleisch zerging ihm auf der Zunge. Währenddessen dachte er wieder an die Ukrainerin, die mit ihm in der Restaurantküche arbeitete: Jekaterina. Er runzelte die Stirn und versuchte, sie aus seiner Vorstellung zu verbannen. Ein weiterer Bissen. Seine Zähne gruben sich in das nachgiebige Fleisch, und das Mädchen kehrte in seine Gedanken zurück. Ihre blasse junge Haut zog sich straff über ihre üppigen Kurven. Sogar im Winter stieg die Temperatur in der Küche durch die Hitze, die von den Herden ausstrahlte. Jekaterinas blasse Haut rötete sich dann und wurde nass vor Schweiß, als werde sie selbst langsam gekocht. Erneut bemühte er sich, sich auf sein Essen zu konzentrieren, doch bei jedem Bissen dachte er an ihr Gesäß. Ihre Brüste. Ihre Brustwarzen. Ihren Mund. Vor allem an ihren Mund. Ansgar aß weiter. Unwillig registrierte er das Prickeln zwischen seinen Beinen, den Druck gegen den Hosenstoff. Er trank einen zweiten Schluck Bier und unternahm den Versuch, sich zu sammeln. Nun aß er etwas Spargel und rückte die Gewürzgarnitur gerade. Ein weiterer Bissen. Er wurde härter und spürte Schweiß auf seiner Oberlippe. Erneut dachte er an ihr helles Fleisch, das sich an ihrem schwarzen T-Shirt rieb. Wieder an die Wölbung ihrer Brüste. Wieder an ihren Mund.

Sein Gesicht war jetzt von einem Schweißfilm bedeckt. Wieder und wieder kämpfte er gegen die Bilder an, die sich ihm aufdrängten. Jene verdrehten, köstlichen Bilder, voll von dem Chaos, das er aus seinem Leben verjagt hatte. Jene süßen, kranken, perversen Fantasien, die er sich nicht mehr gestatten wollte. Und sie war ein Teil davon, stets ein Teil der Szenen, in denen zartes, saftiges Fleisch und zubeißende Zähne die Hauptrolle spielten. Er kaute auf seinem Filet und war nicht fähig, es hinunterzuschlucken. Ansgar Hoeffer dachte an das sinnliche Gefühl des Essens in seinem Mund und wieder an das Mädchen im Restaurant. Ein Schauer überlief ihn, als er in seine Hose ejakulierte.

3.

Fabel brauchte vier Stunden, um die Bürokratie des Todes zu bewältigen – all die Formulare und Auswertungen, die Aichingers sinnlose Handlungen eine offizielle Form gaben. Wie viele Male in seiner Laufbahn war Fabel mitten in eine menschliche Tragödie geraten und von ihrer heftigen emotionalen Hitze verbrannt worden, um dann an ihrer Umwandlung in kalte, sterile statistische Daten mitzuwirken. Aber er würde Aichingers letzte, traurige Dankesworte nie vergessen und wohl auch nie verstehen.

Er saß im dritten Stock des Hamburger Polizeipräsidiums im Gemeinschaftsbüro der Mordkommission auf der Tischkante und trank Kaffee aus einem Pappbecher. Werner Meyer, Anna Wolffund Henk Hermann waren ebenfalls da: das Team, das er fünfzehn Jahre geleitet hatte und nun bald verlassen würde. Nur Maria Klee fehlte. Sie war seit anderthalb Monaten auf unbestimmte Zeit krankgeschrieben. – Fabel war keineswegs der Einzige, den die letzten drei großen Fälle in Mitleidenschaft gezogen hatten.

Er seufzte müde und schaute auf seine Uhr. Ihm blieb nichts anderes übrig, als noch zu warten, weil sein Vorgesetzter, Kriminaldirektor Horst van Heiden, ihn zu einem Gespräch gebeten hatte, sobald die Formulare ausgefüllt und die Fragen der internen Revision beantwortet waren.

»Wirklich, Chef …« Oberkommissar Werner Meyer, ein untersetzter Mann in den Fünfzigern mit einem grauen Stoppelhaarschnitt, hob seinen Kaffeebecher, als handelte es sich um ein Glas Champagner. »Ich muss zugeben, dass du dich in großem Stil verabschiedest.«

Fabel schwieg. Die Bilder, die ihn in Aichingers Wohnzimmer erwartet hatten, zogen weiterhin durch seinen Kopf, genau wie die damit verbundenen Gefühle. Die Furcht und die Hoffnung, die in ihm aufgeblitzt waren und seine Brust zusammengeschnürt hatten, während er durch den kurzen Wohnungsflur rannte.

»Das hast du gut gemacht, Chef«, meinte Anna Wolff. Fabel lächelte sie an. Anna sah immer noch nicht aus wie eine Kriminalkommissarin der Mordkommission. Sie war klein und hübsch und wirkte jünger als ihre neunundzwanzig Jahre. Ihr dunkles Haar, dessen Spitzen abstanden, war kurz, und sie hatte tiefrote, volle Lippen.

»Tatsächlich?«, meinte Fabel freudlos. »Ich habe einen geistig labilen Mann nicht entwaffnen können, bevor er sich das Gehirn rausgepustet hat.«

»Du hast einen verloren«, sagte Werner. »Einen, der schon vor deiner Ankunft chancenlos war, aber vier gerettet.«

»Wie geht es Aichingers Familie?«, fragte Anna.

»Gut. Jedenfalls körperlich. Aber alle sind traumatisiert. Die Schüsse, die die Nachbarn gehört hatten, waren in die Decke gefeuert worden … und Gott sei Dank hielt sich zu dem Zeitpunkt niemand in der Wohnung darüber auf.«

Fabel hatte Aichingers Frau, seine siebenjährige Tochter und seine beiden Söhne, neun und elf Jahre alt, im Wohnzimmer vorgefunden. Der Mann hatte sie gefesselt und mit Paketband geknebelt. Fabel würde nie erfahren, ob Aichinger es getan hatte, um sie später umzubringen. »Das kleine Mädchen leidet am stärksten. Für Kinder ist die Welt sehr einfach. Als sie heute Morgen aufwachte, war ihr Leben genau so, wie es sein sollte. Aber heute Abend wurde ihre Welt auf den Kopf gestellt.« Fabel bemerkte, dass er gerade Aichingers Worte wiederholt hatte. »Wie kann man einem Kind in dem Alter erklären, was geschehen ist? Wie soll sie mit der Erinnerung leben?«

»Hauptsache, dass sie damit leben wird.« Werner nippte an seinem Kaffee. »Sie werden alle damit leben. Wenn du Aichinger nicht zum Reden gebracht hättest, wären alle vier vielleicht tot.«

Fabel zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht…«

Das Klingeln des Telefons unterbrach ihn. Werner hob den Hörer. »Du wirst in den fünften Stock bestellt«, sagte er mit einem Grinsen und legte auf. Im fünften Stock des Polizeipräsidiums befanden sich die Büros sämtlicher hohen Tiere, auch die der Präsidialabteilung.

Fabel verzog das Gesicht. »Dann mache ich mich wohl besser auf den Weg …«

4.

Wenn Saschas Informationen stimmten, wusste Taras Buslenko bereits, wo das Treffen stattfinden würde. Aber die andere Seite ahnte das natürlich nicht und würde ihn durch ganz Kiew schicken, bevor sie ihm das Ziel verriet. Und er musste sich auf den Firlefanz einlassen.

Beim ersten Anruf auf Buslenkos Handy hatte man ihm befohlen, sich zum Hotel Mir am Golossejewski-Prospekt aufzumachen und auf dem Parkplatz zu warten. Nach zehn Minuten hatte er einen zweiten Anruf mit der Aufforderung erhalten, ins Stadtzentrum zurückzukehren. Dort sollte er in der Kiewski-Passage parken und den Kreschtschatik-Boulevard hinuntergehen.

Es war ein Samstagabend, und man hatte den Kreschtschatik wie jedes Wochenende für den Verkehr gesperrt, damit tagsüber Einkaufende und Touristen und nachts Clubbesucher ungehindert herumspazieren und die Pracht des Boulevards bewundern konnten. Sogar Buslenko, der die riesige Straße entlang marschierte, bemerkte unwillkürlich, wie schön sie, immer noch mit glitzernden Weihnachtslichtern geschmückt, aussah. Frischer, leichter Schnee war gefallen, sodass der breite Boulevard und die ihn säumenden Bäume an dem frostigen Winterabend mit Puderzucker bedeckt zu sein schienen.

Buslenko schritt, wie man ihn angewiesen hatte, in die entgegen gesetzte Richtung vom Unabhängigkeitsplatz. Er war im November und Dezember 2003 dort gewesen, fasziniert vom Anblick der orangenen Fahnen. Die Luft hatte unter der Verheißung des Wandels geknistert, und er hatte sich als Teil von etwas Gewaltigem, Unaufhaltsamem gefühlt. Allerdings war Buslenko kein Anhänger einer der beiden Seiten gewesen. Vielmehr hatte er einen Sicherheitstrupp angeführt, der den Platz schützen und eine blutige Auseinandersetzung zwischen den »blauen« Gefolgsleuten von Janukowitsch und den »orangenen« Revolutionären Juschtschenkos verhindern sollte. In erster Linie jedoch war es die Aufgabe der Miliz gewesen, die Stärke des Regimes zu demonstrieren. Aber die Leiter der Miliz und der Nachrichtendienste hatten die Wende erkannt, und viele Angehörige der Sicherheitstruppen, darunter Buslenko, sympathisierten mit der Revolution. Schließlich war seine Abteilung abgezogen worden.

Buslenko achtete darauf, ohne einen Seitenblick am Nachtclub Celestia vorbeizuschlendern. Vielleicht hatte Sascha sich geirrt, oder vielleicht waren die Personen, mit denen er sich treffen sollte, einfach übervorsichtig.

Fast hatte er das Zentrale Kaufhaus erreicht, als sein Handy erneut klingelte. Diesmal forderte man ihn auf, an der Bar des Nachtclubs Celestia zu warten. Das Celestia war eines der glitzernden Symbole für die Sehnsüchte der neuen Ukraine: ein strahlendes Vergnügungslokal im Kiewer Stadtzentrum am Kreschtschatik, unweit vom Unabhängigkeitsplatz. Buslenko fühlte sich erleichtert, denn er hatte befürchtet, zu einem fernen Teil Kiews umgeleitet zu werden. In der Öffentlichkeit war es schwieriger, jemanden umzubringen und seine Leiche zu beseitigen.

Trotz seiner Ausbildung setzte sich Buslenko unbeirrt für den neuen Weg der Ukraine ein. Er war stets Patriot gewesen und sah nun die Zukunftsmöglichkeiten, die sein Land verdiente. Sein Herz hatte der Orangenen Revolution gehört, doch in einem Milieu wie dem des Celestia fühlte er sich unbehaglich. Hier wollte man westlichen Wohlstand und Glamour nachahmen, doch irgendetwas daran kam Buslenko unecht und fremdartig vor. Als hätte er ein rotwangiges Bauernmädchen in einem zu grellen Cocktailkleid und mit ungeschickt aufgetragenem Make-up vor sich.

Am Eingang des Clubs hatten sich zwei schwarz gekleidete Türsteher aufgebaut. Der eine war stiernackig und von schweigender Massivität; der zweite, kleiner, schlanker und freundlicher, lächelte Buslenko an, während er ihm die Tür öffnete. Wie in jeder Situation schätzte Buslenko automatisch das Risiko ein, das die Männer darstellten. In Sekundenschnelle identifizierte er den kleineren als Hauptgefahr, denn dieser bewegte sich schnell und behende und versteckte seine Gedanken hinter einer lächelnden Maske. Im Gegensatz zu dem schwerfälligen Bodybuilder war er vermutlich zu rascher und tödlicher Gewalt fähig. Ein Killer – wahrscheinlich mit einer Speznas-Vergangenheit. Es war wie ein Blick in den Spiegel.

Buslenko trat an die Bar und bat um ein Obolon. Der Barkeeper erklärte mit ernster Miene, dass im Celestia weder Obolon noch irgendein anderes ukrainisches Bier angeboten werde. Daraufhin bestellte Buslenko ein überteuertes deutsches Pils. Das Personal im Celestia hatte viel zu tun, ohne überlastet zu sein. Die Kunden, jung und vermögend, waren in den Glanz von Gucci und Armani gehüllt. Ein langer, ausladender Bogen aus funkelndem schwarzem Granit über edlem Walnussholz bildete den Bartresen. Die Wände waren von Deckenflutern erhellt, die geschmeidige, erotische Gestalten auf die samtene, tiefrote Tapete warfen. Auf Buslenko wirkte das Celestia, als hätte ein moderner Innenarchitekt die Hölle darstellen wollen. Der ideale Ort, dachte er, um sich mit dem Teufel zu treffen.

Er bemerkte eine Person an seiner Seite und drehte den Kopf. Sein Blick fiel auf eine junge blonde Frau. Sie war hochgewachsen und schlank und hatte kurzes blondes Haar, hohe slawische Wangenknochen, eine breite, blasse Stirn und strahlend hellblaue Augen. Ihr wunderschönes Gesicht konnte nur einer Ukrainerin gehören.

»Guten Abend«, begrüßte ihn die ukrainische Schönheit mit einem perfekten Porzellanlächeln. »Sie werden erwartet. Würden Sie mir bitte folgen. Ihre Gesprächspartner haben ein Privatzimmer reserviert.« Sie stellte Buslenkos Bier auf ein Tablett, wandte sich von der Bar ab und warf einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass er ihr folgte. Zunächst musterte Buslenko die anderen Gäste in seiner Nähe, als wolle er sicher sein, dass ihn niemand beobachtete.

Die ukrainische Schönheit führte ihn durch eine Doppeltür in einen dunklen, tunnelartigen Flur mit Wänden aus schwarzem Obsidianglas. Sie wurden von winzigen, hellen Punktstrahlern erleuchtet, deren Glanz sich auf dem reflektierenden Obsidian unendlich wiederholte. Die Frau klopfte an eine Tür und hielt sie Buslenko weit auf, der das große, luxuriöse Hinterzimmer betrat.

Vier Männer saßen auf einem teuren L-förmigen Sofa an einem niedrigen Tisch. Darauf standen Wodkagläser und eine Flasche, neben denen eine Akte mit blauem Einband lag. Die Männer erhoben sich, als Buslenko eintrat. Wie bei den Türstehern war ihre frühere Zugehörigkeit zu den Spezialtruppen nicht zu übersehen. Alle schienen vierzig bis fünfzig Jahre alt zu sein, was bedeutete, dass sie wahrscheinlich Kriegserfahrung hatten. Buslenko nahm die dunkle Glaswand hinter ihnen zur Kenntnis, die diese Bewirtungssuite offenbar von der nächsten trennte. Der Nachbarraum lag im Dunkeln, und die Verbindungstür war geschlossen. Doch ein vages, gleichwohl sicheres Gefühl sagte Buslenko, dass er nicht leer war.

Der Mann in der Mitte des Sofas hatte früh ergraute Haare, die auf seinem Schädel zu Stoppeln gestutzt waren. Von den Borsten zog sich eine Narbe über seine breite Stirn bis zum äußeren Ende seiner rechten Augenbraue.

Buslenko hatte das Zimmer wie üblich bereits zum zweiten Mal in aller Eile gemustert und aus der Körpersprache der anderen auf den höheren Rang des Narbigen geschlossen. Aber er konnte auf seinen Instinkt und seine Ausbildung verzichten, um zu wissen, dass er einen miesen, gefährlichen Scheißkerl vor sich hatte. Schon beim Betreten des Zimmers hatte er den Russen erkannt, und ihm schnürte sich die Brust zusammen.

Kotkin. Was hatte Dmitri Kotkin hier zu suchen? Seine Stellung in der Organisation war so hoch, dass er nichts mit der Anwerbung von Personal zu tun haben konnte. Buslenko brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass nun ein fünfter Mann – neben der Tür – hinter ihm war, doch er spürte, dass noch jemand anders hier sein musste. Jemand, der sich Buslenkos Reichweite entzog, der still und ungesehen hinter der dunklen Glaswand im Nachbarzimmer wartete.

Die ukrainische Schönheit stellte Buslenkos Bier auf den Tisch und verließ den Raum. Er zuckte nicht einmal mit dem Kopf, als sich die Tür klickend hinter ihm schloss. Die Anwesenheit des fünften Mannes war belanglos. Zwar fühlte sich Buslenko durchaus fähig, in der richtigen Situation mit vier oder fünf Männern fertig zu werden. Doch dies war nicht die richtige Situation, und es waren nicht die richtigen Männer. Sie alle hatten einen ähnlichen Werdegang wie Buslenko hinter sich und vermutlich mehr als einmal Menschen getötet. Bestenfalls konnte er ein oder zwei von ihnen mitnehmen. Wenn der Tod wirklich kam, dann von hinten und von dem Mann an der Tür.

»Sie sind Rudenko?«, fragte Kotkin auf Russisch.

Buslenko nickte.

»Setzen Sie sich«, forderte ihn Kotkin auf und nahm ebenfalls Platz. Die drei anderen blieben stehen. Der Narbige öffnete die Akte. »Sie haben einen sehr eindrucksvollen Lebenslauf vorzuweisen. Genau das, was wir brauchen. Jedenfalls hat es den Anschein. Aber ich möchte wissen, warum Sie nach uns Ausschau gehalten haben.«

»Habe ich nicht. Sie sind mit mir in Kontakt getreten«, antwortete Buslenko ebenfalls auf Russisch. Er dachte daran, einen lässigen Schluck aus seiner Bierflasche zu nehmen, fürchtete jedoch, dass seine Hand zittern würde. Nicht aus Angst, sondern wegen des Adrenalinschubs.

Kotkin hob die Augenbrauen, wodurch die Narbe abstoßende Falten schlug. »Sie haben Nachforschungen angestellt. Doch nicht nur das. Sie haben es verstanden, die richtigen Fragen am richtigen Ort zu stellen. Das kann nur zweierlei bedeuten … Sie wollten für sich werben, oder …«

Buslenko schüttelte lachend den Kopf. »Ich bin kein Polizist, wenn Sie das sagen wollten. Hören Sie, es ist ganz einfach. Geld. Ich will Geld verdienen, und zwar eine Menge. Und ich möchte im Ausland arbeiten. Genau solche Leute brauchen Sie doch, oder?«

»Eines nach dem anderen.« Der Narbige nickte den anderen zu, und zwei von ihnen näherten sich Buslenko. Sie bedeuteten ihm, aufzustehen und die Arme zu heben. Der eine tastete ihn ab, während ihn der andere mit einem Scanner nach einem Abhörgerät absuchte. Buslenko lächelte. Nachdem sie sich vergewissert hatten, dass er sauber war, setzten sich die beiden Männer wieder hin.

»Wir wissen, wen wir benötigen. Sie müssen uns davon überzeugen, dass Sie der richtige Mann sind.«

»Ich nehme an, dass dort schon alles drinsteht.« Buslenko wies mit dem Kopf zu der Akte hinüber. »Zwölf Jahre Erfahrung. Als Fallschirmjäger und dann bei der Speznas-Einheit Titan des Innenministeriums. Ich kann mich verteidigen und jeden Auftrag für Sie erledigen.«

»Ich weiß über Titan Bescheid. Kennen Sie Juri Protschew? Er muss dort ungefähr zur selben Zeit gedient haben.«

Buslenko tat so, als müsse er seiner Erinnerung auf die Sprünge helfen. Er war die Akten und sämtliche Personallisten ein Dutzend Mal durchgegangen und wusste, dass Juri Protschew nicht existierte. Es war offensichtlich ein Trick. Zu offensichtlich. Kotkin wollte nicht, dass Buslenko behauptete, eine fiktive Gestalt zu kennen. Vielmehr sollte er den Sachverhalt ganz rasch bestreiten und dadurch verraten, dass man ihn geschult hatte.

»Nein … Ich kann mich nicht an ihn erinnern«, meinte Buslenko schließlich. »Ich kannte fast alle. Aber keinen Juri Protschew. Es gab einen Juri Kadnikow. Könnte es der gewesen sein?«

»Sie sind in Schwierigkeiten geraten?« Kotkin ignorierte Buslenkos Antwort.

»Manchmal. Nicht oft. Wir mussten einen Häftlingsaufstand im Gefängnis SIS013 niederschlagen. Ich habe einen Insassen getötet … Unter den Umständen keine große Sache, aber ein Gefängnisbeamter hat eine Kugel in den Hals gekriegt, weil er die Befehle nicht befolgte und sich nicht fernhielt. Nicht meine Schuld, sondern seine. Aber sein Bruder war ein hohes Tier im Innenministerium. Sie wissen, wie das ist …«

»Wir brauchen keine Einzelgänger oder Aussteiger, sondern Soldaten. Gute Soldaten, die Befehle ausführen können.«

»Genau das kann ich.« Buslenko richtete sich in seinem Ledersessel auf. »Aber ich dachte, Sie wären auf der Suche nach Leuten, die … na ja, die das Gesetz brechen.«