Heinz-Georg Luxen
Die schönsten Kanutouren
in Schleswig-Holstein und Hamburg
48 Kanuwandertouren
auf Auen, Flüssen und Seen
Impressum:
© 2016 DKV Wirtschafts- und Verlags GmbH
Postfach 10 03 15
D-47003 Duisburg
Tel.: +49 (203) 99759-0
Fax: +49 (203) 99759-61
1. Auflage Oktober 2016
Karten: © Jübermann Verlag
Fotos: Christine Luxen, Heinz-Georg Luxen, Hermann Grube, Torsten Sellingsloh, Frank Butenhoff, Jan Teich, Antje Frers, Maren Harder, Sabine Wilcken, Anne-Christine Schlangenotto, Hans-Peter Wagner
Titelbild: Auf der Trave durch Lübeck, Foto Frank Buntenhoff
Gestaltung: www.publicdesign.de
Redaktion: Dieter Reinmuth
Lektorat: Antje Weber
Aktuelle Infos:
Der Deutsche Kanu-Verband und die Zeitschrift KANU-SPORT bieten aktuelle Informationen über ihre jeweilige Homepage. Anregungen zu diesem Buch werden in der nächsten Auflage berücksichtigt. Verlag und Autor sind für alle Hinweise dankbar und erreichbar unter:
info@dkvgmbh.de
Sonstige Adressen und diverse Infos:
Deutscher Kanu-Verband e.V.
Bertaallee 8, 47055 Duisburg
Tel. 0203/99759-0, Fax -60
Internet: www.kanu.de
ISBN: 978-3-9377-43-46-2
Heinz-Georg Luxen
Die schönsten Kanutouren
in Schleswig-Holstein und Hamburg
48 Kanuwandertouren
auf Auen, Flüssen und Seen
DKV Wirtschafts- und Verlags GmbH
Postfach 100315 - 47003 Duisburg
Schleswig-Holstein, das Land zwischen den Meeren, sowie der Großraum Hamburg bieten auf kleinstem geographischem Raum eine der größten wassersportlichen Aktivzonen, deren besondere Vielfalt sich am Besten im Kanu entdecken lässt. Dabei ist es bei den meisten Touren völlig unerheblich, ob man das Kajak oder den Canadier bevorzugt. Zwischen dem mächtigen Gezeitenstrom der Elbe und dem Fjord der Schlei bieten schmale, dschungelartige Auen, einsame Flüsse und reizvolle Seen für den Entdecker Abwechslung pur, egal ob nur für eine kurze Nachmittagsrunde oder eine mehrtägige Gepäckfahrt. Die norddeutsche Kultur und Geschichte besitzt besonders an den Gewässern gewichtige Schnittpunkte und rundet somit das Naturerlebnis auf interessante Weise ab.
Dieser Kanuführer erhebt keinen Anspruch auf die Vollständigkeit der Gewässerbeschreibungen der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg, sondern beschreibt aus rein subjektiver Sicht des Autors die schönsten Touren der Region und vermittelt Tipps und Alternativen auch neben dem Paddeln. Mein Dank gilt den Gastautoren, die einige Tourenbeschreibungen aus Hamburg beigesteuert haben, sodass auch die pulsierende Hansestadt in diesem Band würdig vertreten ist.
Kanuten, die das nördlichste Bundesland nebst der Hansestadt erstmalig besuchen, werden erstaunt sein, welche Vielfalt in, am und um die Gewässer im Norden der Republik vorhanden ist und selbst „alte Hasen“ werden hier und da vielleicht noch ein schönes Fleckchen Erde für sich entdecken.
Die salzige Luft, die weite Landschaft, freundliche Menschen und Weltstadtflair prägen diese einmaligen Kanureviere. Ein gepflegtes Brauchtum hat hier im Norden ebenfalls seinen Platz wie Marsch und Geest. Bei uns wird nicht lange „geschnackt“ (geredet), man braucht nicht viele Worte, um sich zu verständigen und ein freundliches „Moin“ passt hier zu jeder Tages-und Nachtzeit.
In diesem Sinne: Moin, herzlich willkommen im Norden und viel Spaß auf dem Wasser!
Heinz-Georg Luxen
Die Wilsterau bietet unbeschwertes Paddelvergnügen.
1. Vermeiden Sie das Parken in der freien Landschaft und suchen Sie öffentliche Parkplätze auf. Ein längerer Trageweg auf befestigten Wegen zur Ein- und Ausstiegstelle ist zumutbar.
2. Nehmen Sie Rücksicht auf alle anderen Erholungssuchenden, seien Sie freundlich und hilfsbereit.
3. Vermeiden Sie jede Beschädigung der Wasser- und Ufervegetation.
4. Wählen Sie möglichst trittsichere Ein- und Ausbootstellen sowie unempfindliche Rastplätze.
5. Verzichten Sie auf das Befahren ungeeigneter und zu viel benutzter Gewässer. Informieren Sie sich vor Fahrtantritt über ausreichenden Wasserstand.
6. Beachten Sie die besonderen Bestimmungen in Naturschutzgebieten, erkundigen Sie sich rechtzeitig bei den örtlichen Naturschutz- und Kanu Verbänden.
7. Benutzen Sie öffentliche Zeltplätze. Wildes Zelten in der freien Landschaft ist bei uns nur ausnahmsweise erlaubt, in Landschafts- und Naturschutzgebieten verboten. Feuermachen in der Natur ist äußerst gefährlich und im Allgemeinen auch verboten.
8. Fremdes Eigentum ist zu achten, besonders beim Umtragen und Erkunden an Wehren, Schleusen, Mühlen usw. Auf keinen Fall Böschungen, Büsche, Zäune usw. beschädigen.
9. Müll und Abfälle werden selbstverständlich mitgenommen und umweltfreundlich beseitigt.
► Überprüfen der Auftriebskörper
► Gepäck wasserdicht verstauen
► Boot nicht überladen
► Kinder auf jeden Fall nur mit Schwimmweste mitnehmen (bei starker Strömung und auf Großgewässern auch für Erwachsene erforderlich)
► zweckmäßige Kleidung und Schuhe auswählen
► keine Nichtschwimmer mitnehmen
► Tour dem Könnensstand und der Kondition anpassen
► Rückfahrt organisieren
► am Anfang nicht alleine paddeln (erfahrene Begleiter suchen)
► nicht bei Hochwasser ein Fließgewässer paddeln
► keine Touren auf Seen bei Gewitterneigung (Windböen, Blitzschlag)
► größte Vorsicht an Wehren und künstlichen Einbauten
Einflüsse der Natur wie Hochwasser durch Schneeschmelze oder heftige Niederschläge sorgen für ständige Veränderungen. Hinzu kommen bauliche Maßnahmen der Wasserwirtschaftsämter und Veränderungen an Brücken, Uferbefestigungen und Wehren. Misstrauen Sie allen flusstechnischen Daten, da auch hier keine tagesaktuellen Angaben gemacht werden können (also besser zusätzlich vor Ort überprüfen). Für sämtliche kanusportlichen Angaben kann keine Haftung übernommen werden. Rechtsansprüche sind ausgeschlossen. Der Autor ist dankbar für Hinweise über Veränderungen. Diese werden in einer späteren Auflage berücksichtigt. Grundsätzlich ist größte Vorsicht geboten, wenn ein Fluss Hochwasser führt. Kennzeichen dafür sind schlammiges Wasser, überschwemmte Ufervegetation oder mit schwimmende Äste. In diesem Fall sollten unerfahrene Kanuten prinzipiell auf eine Tour verzichten. Jedes Jahr sterben einige Paddler wegen leichtsinnigen Verhaltens. Vertrauen Sie sich erfahrenen Mitpaddlern an, kontaktieren Sie eine qualifizierte Kanuschule oder einen Kanuclub.
Angaben über die Befahrbarkeit von Wehren sind unverbindlich!
Die Befahrbarkeit ist vom Können, Ausrüstung und Wasserstand abhängig. Die Befahrung erfolgt immer auf eigene Gefahr.
Wer 100% Sicherheit haben will, muss jedes Wehr umtragen.
Der Norden Deutschlands trumpft, wie hier auf der Osterau, zumeist mit ganzjährigen Paddelmöglichkeiten auf.
Holsteiner Auenland – Die grüne Mitte Holsteins
In der Mitte Schleswig-Holsteins, zwanzig Autominuten vor den Toren der Millionenmetropole Hamburg und genau zwischen Nord- und Ostsee, liegt das Holsteiner Auenland. Im Auenland findet man eine Vielzahl an Möglichkeiten für besondere Tagesausflüge. Es ist ein Geheimtipp für Erholung fernab ausgetretener Pfade. Hier trifft man auf freundliche Menschen, kann die Seele baumeln lassen und dabei aktiv die Natur erleben.
Mit über 250 Kilometern Wasserwegen findet jeder, der das kühle Nass liebt, eine passende Tour im Revier Holsteiner Auenland, egal ob Anfänger oder erfahrener Kanute. Die kurvenreichen, natürlichen Auenverläufe durch urige Wälder vermitteln ein gewisses Dschungelgefühl. Hier muss man sich schon mal ducken, um unter einem querliegenden Baum durchzupaddeln. Im Bereich der Stör wird das flache Land schon etwas überschaubarer. Hier und da scheint der Slogan: “Schleswig-Holstein – Land der Horizonte“ wie aus der Realität gegriffen.
Gewässer
Das Revier Holsteiner Auenland umfasst im Wesentlichen zwölf paddelbare Flüsse unterschiedlicher Charaktere. Vom kleinen Dschungelbach bis zum tidenabhängigen Fluss findet der Wassersportler auf kleinstem geografischen Raum alles, was das Paddlerherz begehrt. Im Bereich um Bad Bramstedt warten Osterau, Schmalfelder Au, Ohlau und Bramau auf ihre Entdeckung. Das Einzugsgebiet der Stör lockt den Kanuten mit Burger Au, Wilsterau, Bekau, Kremper Au, Bünzau, Breitenburger Kanal, Herzhorner Rhin und Stör.
Die historische Fischbauchbrücke in Eversdorf.
Kanuvermietungen
Ist man einmal ohne eigenes Boot unterwegs, braucht man nicht auf ein unvergessliches Naturerlebnis zu verzichten, bieten doch einige Kanuverleiher der Region ihre Dienste an:
► Funkajaks-Outdoor und Kanusport
Wiesengrund 22, Mözen
Tel. 04551/8824860, www.funkajaks.de
Flüsse: Osterau, Trave
► Kanu Base, Bekende 14, Huje
Tel. 04827/999452, www.kanu-base.de
Flüsse: Wilsterau, Bekau, Stör
► Kanu Gantzer, Glückstädter Str. 2, Mönkloh
Tel. 04192/3405, www.kanu-gantzer.de
Flüsse: Bramau, Stör, Osterau, Trave
► Wilsterau Kanu, Achterhörn 7
Neuendorf-Sachsenbande
Tel. 04825/7649, www.wilsterau-kanu.de
Flüsse: Burgerau, Wilsterau
► Kanu Horns, Alt Wittenbergen 3
Wittenbergen, Tel. 04822/7652
www.kanuverleih-horns.de
Flüsse: Stör, Bramau
► Kanuvermietung Alfer
Breitenburger Str. 8, Kellinghusen
Tel. 04822/2392, www.alfernet.de
Flüsse: Stör, Osterau, Bramau
► Roland Kanu, Mühlenstr. 21, Bad Bramstedt
Tel. 04192/85347, www.rolandkanu.de
Flüsse: Bramau, Osterau, Schmalfelder Au, Stör
► Rhin-Kanu, Königstr. 24, Glückstadt
Tel. 04124/7557, www.rhin-kanu.virtuga.com
Flüsse: Herzhorner Rhin
Unterkünfte, Übernachtungsmöglichkeiten
Campingplätze:
► Camping in Bad Bramstedt
www.camping-roland.de
► Camping in Weddelbrock (nahe Bad Bramstedt) www.campingplatz-vogelzunge.de
► Biwakplatz Bad Bramstedt
Direkt an der Osterau in Bad Bramstedt gelegen, bietet der Biwakplatz einen hervorragenden Ausgangs- und Pausenplatz für alle Kanufahrer. Er ist eine Kombination von Rast- und Übernachtungsplatz für Paddler. Der Platz ist ausgestattet mit einer überdachten Grillmöglichkeit, und bietet Informationen über Bad Bramstedt sowie die Auenlandschaft. Außerdem sind Balken zur Bootslagerung vorhanden. Es wird eine Gebühr für die Nutzung der Toiletten, der Grillanlage und für den Zeltplatz erhoben.
Anmeldung: Tourismusbüro Bad Bramstedt, Tel. 04192/50627, touristinfo@badbramstedt.de
DKV-Kanu-Stationen
► DKV-Kanu-Station, Itzehoer Wasserwanderer e.V., rechtes Störufer km 25
► DKV-Kanu-Station, Kanu Gruppe Wilster e.V. rechtes Ufer der Wilsterau km 16,4
► DKV-Kanu-Station, Itzehoer Kanu-Club e.V. rechtes Ufer der Stör, km 22,8
Wohnmobilstellplätze
► Wohnmobilstellplatz Bad Bramstedt König-Christian-Str., 24576 Bad Bramstedt (kostenlos)
► Wohnmobilstellplatz Kaltenkirchen Norderstr. 8, 24568 Kaltenkirchen (gegenüber der Holstentherme) kostenlos
► Wohnmobilstellplatz Glückstadt Außenhafen, 25348 Glückstadt
► Wohnmobilstellplatz Itzehoe Malzmüllerwiesen, 25524 Itzehoe (kostenlos)
► Wohnmobilstellplatz Kellinghusen Jacob-Fleischer Str., 25548 Kellinghusen
Weitere Informationen zu Übernachtungen, auch in Pensionen, Ferienwohnungen und Hotels, findet man unter: www.holstein-tourismus.de
Informationsstellen
► Holsteintourismus, Große Nübelstr. 31
25348 Glückstadt, Tel. 04124/6049592
www.holstein-tourismus.de
► Glückstadt Tourist-Information
Große Nübelstr. 31, 25348 Glückstadt
Tel. 04124/937585
www.glueckstadt-tourismus.de
► Stadtmanagement Itzehoe, Breite Str. 4
25524 Itzehoe, Tel. 04821/5800
www.wirfueritzehoe.de
► Tourismusbüro Bad Bramstedt, Bleek 17
24576 Bad Bramstedt, Tel. 04195/50627
www.bad-bramstedt.de
► Tourismusbüro Burg (Dithmarschen)
Holzmarkt 7, 25712 Burg, Tel. 04825/930518
www.burg-dithmarschen.de
► Stadtmarketing Kellinghusen, Hauptstr. 18
25548 Kellinghusen, Tel. 04822/37107
www.kellinghusen.de
► Wilstermarsch Service GmbH, Mühlenstr. 13
25554 Wilster, Tel. 04823/9215950
www.wilstermarsch-service.de
Hier ist eindeutig im Vorteil, wer klein ist. Enge Brückendurchfahrt am Herzhorner Rhin
Rechter und zugleich größter Nebenfluss der Elbe in Schleswig-Holstein.
Die westlichen Höhenzüge im nördlichsten Bundesland zwangen in der Eiszeit die Schmelzwasserströme, die sich vom wechseleiszeitlichen Eisrand nach Westen über die Niedere Geest ergossen, als Treene und Stör nach Süden abzubiegen, bis sie einen Durchlass zur Nordsee beziehungsweise zur Elbe fanden. Die Treene fand ihn nördlich, die Eider südlich des Stapelhorns. Die von der Stör und der Bramau gesammelten Wasser fanden ihn zwischen Kellinghusen und Bökel-Hörnerkirchen und strömten nördlich und südlich der Münsterdorfer Geestinsel in das Urstromtal der Elbe. Infolge des sehr geringen Reliefs der Niederen Geest ist die Wasserscheide des Einzugsgebietes der Stör im Norden gegen das der Eider und im Süden gegen das der Krükau sehr flach.
Bis die Stör und ihre oberen Zuflüsse die Niederungen erreichen, die nur noch wenige Zentimeter über NN oder gar bis mehr als zwei Meter darunter liegen, haben sie eine Strecke von rund 40 km der knapp 90 Kilometer langen Gewässerstrecke zurückgelegt. Diese Gefällhöhe genügt, um eine Strömung zu erkennen. Daher wird der Name Stör auch von “Starkfließender Strom“ abgeleitet. Da das Gefälle der Stör jedoch oftmals wechselt, gibt es Flussstrecken, an der die Strömung gegen Null tendiert.
Die Begradigung der Stör bis in den Oberlauf wurde schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchgeführt. Seit dem Jahr 2009 findet jedoch ein Rückbau statt. Ab Arpsdorf wurde durch Renaturierungsmaßnahmen begonnen, den ursprünglichen Flussverlauf wieder herzustellen.
Ab dem Pegel Rensing bei Kellinghusen bis zur Mündung in die Elbe gilt die Stör als Seeschifffahrtsstraße und unterliegt dem Einfluss der Tide. Das 1975 erbaute Störsperrwerk schützt das untere Störgebiet vor Sturmfluten der Nordsee. Während die Bedeutung der Seeschifffahrt auf der Stör kontinuierlich zurückgeht, steigt die Beliebtheit des Gewässers bei Freizeitsportlern adäquat an.
Der erste Sandfang erfordert eine genaue Routenwahl.
Die mittlere Stör
Jahrzehntelang wurden die Flüsse ihrer Natürlichkeit beraubt. Sie sind durch Begradigungen und Uferbefestigungen in ein enges Korsett geschnürt worden, Wehre bremsten ihre so entstandene, höhere Fließgeschwindigkeit. Mittlerweile hat ein Umdenken stattgefunden, viele Wehre wurden bereits zu Sohlgleiten umgebaut und die ein oder andere Uferbefestigung entfernt, um unter anderem den Fischen wieder eine Wanderung flussauf zu ermöglichen.
Das Projekt an der mittleren Stör setzt jedoch völlig neue Maßstäbe. Eine große, weithin sichtbare Infotafel unweit der Einstiegsbrücke bei Arpsdorf gibt Auskunft über bereits durchgeführte und geplante Maßnahmen im Hinblick auf eine naturnahe Flusslandschaft. Ein komplett verlegter Gewässerverlauf mit großen Mäandern und Sandfängern zeugt vom ehrgeizigen Ziel, einen Fluss zu renaturieren und einen neuen Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu schaffen, ein Ökosystem wie vor einhundert Jahren mit viel Platz für die ehemals eingezwängte Stör. Sandbänke und flache, sanfte Gleithänge sowie Prallwände mit starker Strömung formen auf einer kurzen Strecke bereits das Landschaftsbild und bieten somit einen idealen Lebensraum für die Wasserlebewesen. Im weiteren Verlauf der Stör wurde vielfach Totholz im Flussbett verankert, um die Strömung bewusst gegen die Ufer zu lenken, so dass über einige Jahre gesehen wieder, wie zu früheren Zeiten, zahlreiche Mäander entstehen.
Wir prüfen die Ausrüstung vor der Tour.
Ein letzter Schwall vor Willenscharen.
Einsame, spätherbstliche Störtour.
Die Stör sucht ihr Bett…
…und wir die entsprechende Route im Fluss. Der anfänglich recht schmale Fluss erreicht bereits nach kurzer Zeit den ersten Sandfang, wo er sich überproportional ausdehnen kann. Je nach Wasserführung sollte man seine Route dicht am Ufer der Außenkurve suchen, um ein Aufsetzen zu vermeiden. Hat man die letzten Häuser der Ortschaft Arpsdorf hinter sich gelassen, taucht man in eine bemerkenswerte Stille ein, die nur von Vogelstimmen, Wind und ab und an vom Säuseln des Flusses unterbrochen wird. Die Landwirtschaft reicht meist bis an die Ufer, entfernt gibt es Wälder. Der Flusslauf wird durch Uferabbrüche, Sandbänke und das vielfach seitlich fixierte, bereits eingangs erwähnte Totholz geprägt. Nur selten trifft man auf andere Kanuten, die benachbarte Bramau ist einfach bekannter. Den meisten Paddlern ist die Stör nur als Endpunkt einer Bramautour bei Wittenbergen bekannt, dabei hat der Fluss gerade in seinem oberen Bereich einen gewissen Charme.
Fixiertes Totholz hilft dem Fluss, sein neues Bett zu finden.
Besonders bei etwas schlechterem Wetter und grau verhangenem Himmel hat das Gewässer etwas Mystisches. Irgendwie wirkt jede Kurve spannend. Was sich wohl dahinter verbirgt? Bei höheren Wasserständen kann der Bach sogar eine gewisse Sportlichkeit nicht verleugnen. Mit einer für hiesige Verhältnisse recht flotten Strömung von immerhin drei bis vier Stundenkilometern geht es um teils enge Kurven mit spritzigem Wasser, was bei längeren Kajaks und Canadiern ein wenig Bootsbeherrschung erforderlich macht.
Viel zu schnell ist die Mündung der Bünzau erreicht, nur noch knapp zwei Kilometer trennen uns vom Endpunkt der Tour in Willenscharen. Die Stör ist nun etwas breiter und gemächlicher geworden, nur noch vereinzelt kräuselt sich die Wasseroberfläche. Der hinter uns liegende Abschnitt unserer persönlichen “Stör-Wildnis“ erscheint schon fast wie ein Traum. Ein Traum, der jedoch hoffen lässt, irgendwann wieder überall eine naturnahe Flusslandschaft mit einem intakten Ökosystem erleben zu können.
Die Einsatzstelle in Willenscharen trumpft mit einem kleinen Highlight auf, dessen Besichtigung man sich nicht entgehen lassen sollte. Die Wallburg in Willenscharen, direkt an der Stör gelegen, ist ein begehbares Naturdenkmal, welches von den Sachsen im 9./10. Jahrhundert zur Abwehr der Slawen erbaut wurde. Der sehr gut erhaltene Ringwall ermöglicht eindrucksvoll Rückschlüsse auf das ehemalige Bollwerk.
Eingebettet zwischen Wiesen und Wälder erreicht der Wasserwanderer auf dem langsamer gewordenen Fluss alsbald das erste, demontierte Wehr mit anschließendem kleinen, leicht zu befahrenden Schwall, im Gegensatz zum obigen Teilstück leider das einzige bewegte Wasser bis zum Zielpunkt der Etappe bei Rosdorf. Wenige Kilometer später lädt rechtsufrig ein Kanurastplatz mit einer weiteren Einstiegsmöglichkeit bei Rotensande zur Pause ein. Auch hier sind an der Wehranlage bereits die Schotten demontiert und ermöglichen sowohl dem Paddler als auch den Fischen ein barrierefreies weiterziehen. Auf der weiteren Fahrt warnt schon bald rechtsufrig eine Hinweistafel eindrucksvoll vor dem folgenden Wehr: “Achtung! Lebensgefahr!“. Eine Warnung, die vor einigen Jahren sicherlich noch ihre Berechtigung hatte. Heute sind die schon arg in Mitleidenschaft gezogenen Schotten in paddlerfreundlicher Höhe fixiert und scheinen ihrer ursprünglichen Funktion beraubt. Dennoch hat die alte Wehranlage gerade bei trübem Wetter etwas Bedrohliches an sich und man fährt doch, gerade in Verbindung mit der nicht mehr relevanten Warntafel, mit einem mulmigen Gefühl unter den Schotten hindurch. Wie leicht der Mensch doch manipulierbar ist. Kurz hinter der Rosdorfer Straßenbrücke befindet sich dann auch der Ausstieg des letzten tidenunabhängigen Teilstücks der Stör, bevor wenige Kilometer flussab bei dem Pegel Rensing der Fluss zur Bundeswasserstraße wird, auf dem die entsprechenden Bestimmungen einzuhalten sind und sich der Tidenkalender zur Fahrtenplanung als unabdingbar erweist.
Ausstieg in Rosdorf.
Der alte Hafen in Kellinghusen erinnert eindrucksvoll an eine Zeit, zu der die Stör noch ein viel genutzter Transportweg war. Heute verirrt sich jedoch statt irgendwelcher mit Waren befüllter Lastkähne höchstens mal ein Sportboot an diesen doch recht weit flussauf gelegenen Hafenstandort. Für uns Paddler bietet er allerdings einen perfekten Startpunkt zu einer schönen Tour, die uns bei passender Tide und einer entsprechenden Paddelgeschwindigkeit innerhalb weniger Stunden bis zur Elbe und eventuell noch weiter bringt. Des Weiteren sind hier im tidenabhängigen Bereich des Flusses bei geschickter Ausnutzung der Gezeiten viele Touren ohne lästiges Autoumsetzen möglich.
Bereits kurz nach dem Start in Kellinghusen ist die Stör eingedeicht, wobei die Uferregionen teilweise noch natürlichen Charakter besitzen und einzelne Sandbänke idyllische Pausenplätze bilden. Schon bald erreicht man die Mündung der Bramau und passiert den Wittenberger Getreidehafen. So langsam mausert sich die Stör, gemessen an dem Mittellauf, zu einer beachtlichen Flussbreite. In diesem Zusammenhang ist es durchaus sinnvoll, bei der Tourenplanung nicht nur auf den Tidenverlauf zu achten, sondern ebenfalls die Windvorhersage zu berücksichtigen, ansonsten kann aus der eher gemütlichen Fahrt schnell mal ein ansprechendes Konditionsprogramm werden. Mittlerweile fließt die Stör, von Binsengürteln gesäumt, durch eine einsame Wald- und Feldlandschaft weit ab jeglicher Siedlungen. Außerhalb der eigentlichen Saison ist es hier recht einsam und still, kein einziger Mensch, geschweige denn irgendein Boot lässt sich auf der ausgewiesenen Schifffahrtsstraße ausmachen. Erst die Brücke der “Breitenburger Fähre“ mit angrenzendem Restaurant und rustikal anmutendem Angelhafen holen den Kanuten visuell in die Realität zurück. Am Horizont erkennt man nun bereits den Kirchturm und einige Hochhäuser von Itzehoe. Zuvor paddeln wir noch am Münsterdorfer Sporthafen und der mittlerweile geschlossenen Schleuse zum Breitenburger Kanal vorbei. Schon bald erblickt man das Bootshaus des Itzehoer Kanu Clubs, wo nach vorheriger Anmeldung auch Übernachtungsmöglichkeiten bestehen. Richtig städtisch wird es jedoch erst beim Erreichen des Hafens mit seinen mächtigen, ja fast schon überdimensioniert wirkenden Anlegern. Irgendwie ist man froh, mit dem Anblick des Gebäudes der Itzehoer Wasserwanderer, ebenfalls eine DKV-Station, den Spundwänden endgültig zu entrinnen und dem Auge erneut den Blick in die Natur zu gönnen. Nach kurzer Zeit erreichen wir Heiligenstedten und passieren die dortige interessante Klappbrücke. Rechter Hand entdecken wir alsbald die Bekaumündung und erreichen gut drei Kilometer weiter Kasenort. Hier, an der Mündung der Wilsterau bei einer antik anmutenden Schleuse, beenden wir zumeist nach 31 Kilometern den aus unserer Sicht schönsten Teil der Störer Tidentour.
Der alte Hafen in Kellinghusen erinnert an eine Zeit, zu der die Stör noch als Transportweg diente.
Selbstverständlich lässt sich die Tour noch nach Belieben verlängern. An Beidenfleth mit seinen großen, schon von weitem erkennbaren Speichern vorbei (Vorsicht bei der Seilfähre!) geht es weiter bis nach Wewelsfleth, von wo aus wir nach zwei Kilometern das Hochwassersperrwerk erreichen. Das Sperrwerk wurde 1975 fertiggestellt und beendete so das Leidwesen der Marschbewohner, die bei vielen Sturmfluten Landunter melden mussten. Wenn nicht gerade eine Sturmflutkonstellation vorherrscht, steht das Sperrwerk offen und lässt sich problemlos durchfahren. Nimmersatte können nun ihre Exkursion auf der Elbe fortsetzen und beispielsweise noch bis zur Elbinsel Pagensand paddeln, wo per Dauerausnahmegenehmigung noch eine Nacht mitten im Strom gezeltet werden darf, oder nach Erreichen der Elbmündung einfach mal die Insel Neuwerk besuchen. Mit genügend Zeit und einem Zelt im Gepäck sind der Fantasie bezüglich der Tourenplanung fast keine Grenzen gesetzt.
Alte Schleuse bei Kasenort.
KURZ-INFO STÖR
Rechter und zugleich größter Nebenfluss der Elbe in Schleswig-Holstein
Fahrstrecke Tour 1:
Arpsdorf – Willenscharen, ca. 6 km
Gefahren: Schnelle Strömung mit engen Kurven, verankertes Totholz (s.Tourbeschreibung).
Oberhalb von Arpsdorf kann eine Kanutour je nach Wasserstand aufgrund vieler Steine schnell zu einer Materialschlacht ausarten und ist daher vor allem während der Sommermonate nicht zu empfehlen!
Fahrstrecke Tour 2:
Willenscharen – Rosdorf, ca. 7 km
Gefahren: Sohlgleite hinter dem ersten demontierten Wehr
Fahrstrecke Tour 3:
Tidentour: Kellinghusen – Wewelsfleth, ca. 46 km
Kürzere oder längere Abschnitte sind jederzeit möglich, unter geschickter Ausnutzung der Tide kann auch wieder zurückgepaddelt werden.
Gefahren: Motorboote, je nach Wetterlage Wind und Wellen, der Störunterlauf sowie der Elbbereich ist nur erfahrenen Paddlern zu empfehlen!
Nützliche Infos:
Auf der Internetseite der Itzehoer Wasserwanderer (www.itzehoer-wasser-wanderer.de) findet man einen äußerst praktischen Gezeitenrechner, der die Tourenplanung auf der Stör zum Kinderspiel macht!