Praxiswissen BWL - Erfolgreiche Übernahme von Führungsverantwortung
von Fritz Schulte zur Surlage
© 2017 Fritz Schulte zur Surlage
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Autor: Fritz Schulte zur Surlage
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Hinweis
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beide Geschlechter.
Herzlichen Glückwunsch!
Wozu?
Vermutlich haben Sie den Traumjob gefunden, den Sie sich gewünscht haben.
Nun stehen Sie vor dem Gedankengang, welche Aufgaben und Herausforderungen auf Sie zukommen werden, wenn Sie nun eine neue Führungsrolle einnehmen werden.
Auch wenn Sie bereits Führungserfahrungen sammeln konnten, ist es denkbar, dass neue und andere Aufgabenstellungen auf Sie zukommen werden.
Welche Faktoren sind somit signifikant, um eine Führungsübernahme bestmöglich realisieren zu können:
Zeitraum zur Vorbereitung auf die neue Stelle
Sind Sie ein neuer Mitarbeiter für das Unternehmen?
Netzwerk zum Unternehmen und zur Branche
Allgemeine Führungserfahrungen in der Vergangenheit
Ist-Zustand der Abteilung (Motivation, Prozesse, Optimierungsgrad etc.)
Wie können Sie wertvolle Vorarbeit leisten, bevor Sie die neue Position übernehmen:
Informationen des Unternehmens einholen: Kennzahlen, Daten der Internetseite, Broschüren, Geschäftsberichte, Internetabfragen in Suchmaschinen (Pressetexte etc.)
Wahrnehmung der Unternehmenskultur
Mittelfristige und langfristige Unternehmensziele verinnerlichen und verstehen
Bereiten Sie sich auf optionale Austauschgespräche vor, die vermutlich kommen werden (z.B. Aussagen, Verhaltensweisen und Handlungsbeispiele). Auch wenn die Realität davon leicht abweichen könnte, ist es eine gute Vorbereitung und macht Sie souveräner.
Machen Sie sich Gedanken, was Ihre Vorgesetzten (Geschäftsführer etc.) von Ihnen erwarten werden und in welchem Zeitraum Sie diese Schritte umsetzen müssen (ggf. haben Sie bereits Realerwartungen erfahren, auf die Sie sich gedanklich vorbereiten können).
Konzentrieren Sie sich auf Ihre Fähigkeiten und Kompetenzen und nutzen Sie diese gezielt beim Antritt in der neuen Führungsposition.
Gehen wir davon aus, dass Sie komplett neu im Unternehmen sind. Hierbei ist es immer ein guter Weg, ein paar „sehr gute“ Sätze gedanklich vorzubereiten, die man dann am ersten Tag vor dem Team vortragen wird. Der Vertrauensaufbau zum Team ist elementar und beginnt natürlich direkt am ersten Tag. Das Team wird wissen wollen, wer Sie sind, was Sie bereits getan haben, wofür Sie stehen, wie Sie mit dem Team umgehen möchten, welche Veränderungen es geben wird usw.
Welche Faktoren sind für die erste Ansprache an die Mitarbeiter wichtig zu nennen:
Gegenseitiger Respekt
Authentische Wertschätzung
Freundliche Bitte um Unterstützung des Teams bei der Ausübung der neuen Stelle. Es ist ein Vertrauensvorschuss, der nicht immer selbstverständlich ist.
Terminplanung für die Umsetzung von Zielen und neuen Prozessen etc.
Zeigen Sie sich menschlich und echt. Machen Sie klar, dass Sie sich der neuen Aufgabe gewachsen fühlen, aber auch ggf. in diese Position hineinwachsen möchten.
Reden Sie nicht schlecht über alte Arbeitgeber, frühere Mitarbeiter etc., dies zeigt wenig Stil und ebenso wenig Loyalität.
Welche wichtigen Grundfragen sollten Sie sich zwingend selber vor dem Antritt des neuen Jobs stellen:
Welche Art von Chef / Vorgesetzter möchten Sie sein?
Welchen Führungsstil möchten Sie anstreben?
Was macht genau Sie aus, um diese Position perfekt bekleiden zu können?
Haben Sie die beidseitigen Erwartungen (Arbeitgeber / Arbeitnehmer) im Detail geklärt?
Welche Werte und Interessen sind Ihnen wichtig, die auch in der Führungsrolle in Erscheinung treten werden?
Welche Erwartungen haben Sie an sich und an die Teammitglieder?
Beherrschen Sie ein gutes Konfliktmanagement (konstruktive Kommunikation)?
Welche Feedbackkultur möchten Sie aktiv im neuen Job „leben“?
Sind Sie sich im Klaren, dass auch Reibungen zur Übernahme des Jobs gehören werden?
Haben Sie familiären Rückhalt für die Startphase (weniger Freizeit, mehr Konflikte möglich, temporäre Interessenverschiebungen privat / geschäftlich) etc.)
Welche positiven Glaubenssätze sind für den Start anzuraten:
Sie haben ein echtes und stabiles Selbstwertgefühl und keine Angst, dies auch inhaltlich zu transportieren (nonverbal).
Sie vertrauen Ihren Erfahrungen und Ihren Kompetenzen.
Sie gehen von Erfolgen und positiven Erlebnissen (in der Vielzahl) aus.
Sie zeigen sich optimistisch und transportieren diesen Impuls an Ihr Team.
Welche Meilensteine sind gerade in der Anfangszeit signifikant in der neuen Führungsrolle:
Die Phase des allseitigen Kennenlernens
Die Phase der organisatorischen Gliederung im Verantwortungsbereich
Die Phase des nachhaltigen Vertrauensaufbaus
Die Phase des erprobten Leitens (Vorbildfunktion, Vertrauen, aktiver Leistungsträger im Gesamtteam etc.)
Gibt es einen pauschalen Plan für die ersten Wochen in einer neuen Führungsverantwortung? Eine Art „Masterplan“ mit allen notwendigen Schritten, um erfolgreich sein zu können?
Vermutlich gibt es diesen eher nicht, denn jede Vakanz und jedes Unternehmen sind unterschiedlich, somit auch die erwarteten Ziele, Meilensteine, Unternehmensideale usw.
Allerdings kann man zur Planung und auch Orientierung eine allgemeine „Roadmap“ formulieren, die für den Start allgemein betrachtet sehr hilfreich sein kann.
Beispielhafte Roadmap für einen systematischen Start in einer Führungsrolle (Laufzeit dieser Punkte ca. ein Quartal):
Einleitende Worte bei Mitarbeitern des Teams
Ersteinblick in laufende Aufgaben, Strukturen und Projekte
Einblick in Organisationsstrukturen
Einblick in die Kultur des Unternehmens
Betriebs- und Teamklima analysieren (schnelle Entwicklungen nötig?)
Authentischer Vertrauensaufbau (Geschäftsführerebene und auch Teamebene)
Führungsstil definieren und im Alltag leben
Kommunikationskultur entwickeln und bekanntmachen
Einzelgespräche mit Teammitgliedern führen (Erwartungen, Kompetenzen, Wünsche etc.)
Kleinen Einstand mit Symbolwirkung geben (symbolische und persönliche Geste)
Projekt- und Aufgabengewichtung
Projektteams definieren und Zusammenarbeit bewerten (ggf. neue Zusammensetzungen von Teams nötig?)
Akten prüfen und vorhandene Daten bewerten (Kennziffern einführen etc.)
Informationskultur bewerten und ggf. neu aufstellen
Verbesserungen der Arbeitsplätze nötig?
Motivationsmeilensteine definieren
Monatsrückblicke einführen und an Gesamtzielen ausrichten
Qualifikation der Mitarbeiter prüfen, besprechen und gewichten
Organisationsstruktur nochmals bewerten und ggf. Veränderungsprozesse einleiten
Stärken und Schwächen der Mitarbeiter analysieren
Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit bewerten und ggf. optimieren
Verbesserungswünsche der Mitarbeiter erfahren und ggf. anteilig sofort umsetzen
Gespräche mit dem Personalmanagement zu Vergangenheitserlebnissen der Abteilung (Highlights, Krisen, Negativ- und Positiverfahrungen der letzten Jahre)
Austauschgespräche mit anderen Abteilungsleitern führen
Aktuelle Ziele mit der Geschäftsführung besprechen und ggf. auch selbstreflektierende Abfrage bei der Geschäftsleitung zur bisherigen Leistung in Ihrer neuen Position (ausreichend, andere Erwartungen, bisherige Fehler?)
Zielvereinbarungen mit Mitarbeitern besprechen (ggf. nur in Grobpunkten weitergeben, bzgl. Vertraulichkeit in Zielen der Geschäftsführung?)
Bereichsziele mit Gesamtunternehmenszielen abgleichen (Pro- / Contra-Betrachtung)
Weiterbildungsmaßnahmen für das Team anbieten (Förderpläne, Qualifikationsaufbau etc.)
Zielvereinbarungen bzgl. Qualifikationsaufbau mit den einzelnen Mitarbeitern führen
Hinterfragung der eigenen Leistungen (Teamempfindung, Führungsverhalten etc.)
Hinterfragung des aktuellen Bereichsklimas (Zufriedenheit, Abteilungsharmonie etc.)
Ziele im Selbstmanagement nochmal neu hinterfragen und ggf. Abweichungen bewerten und schriftlich festhalten
Arbeitstechniken nochmals hinterfragen und ggf. anteilig optimieren
Abteilungsleitsätze fixieren und bekanntgeben (in der Praxis aktiv leben und konsequent bei Abweichungen nachhalten)
Projekt- und Terminplanungstools kritisch hinterfragen und ggf. anpassen
Geburtstage Ihrer Teammitglieder kennen und proaktiv gratulieren
Lernen Sie die unterschiedlichen Persönlichkeiten in Ihrem Team kennen und versuchen Sie, zu jedem Teammitglied auch eine „gewisse“ persönliche Basis aufzubauen (Besonderheiten, Interessen, Familie, Stärken und Schwächen etc.).
Ausgewogene Abteilungsurlausplanung entwickeln und gemeinsam mit dem Team abstimmen
Kunden und/oder wichtige Lieferanten kennenlernen
Markt- und Branchenanalysen sichten und neue, ergänzende Analysen hierzu erstellen (falls nötig)
Wir wünschen Ihnen viel Freude, viel Erfolg sowie ein Höchstmaß an persönlicher Erfüllung und Zufriedenheit in Ihrem neuen Traumjob. In den nun folgenden Kapiteln erhalten Sie viele weitere nützliche Wissensimpulse zu den Themenfeldern Mitarbeiterführung, Verhandlungsführung, Einstieg in die Führungsrolle, Kommunikation, Mitarbeitergespräche und Mitarbeitermotivation.
Praxisbeispiel: Schritt für Schritt zur besseren Einkaufsabteilung
Nehmen wir in diesem Beispiel an, dass Sie eine neue Führungsrolle in einem Unternehmen einnehmen. In diesem Fall werden Sie Einkaufsleiter in einer Industrieunternehmung. Sie müssen zum Start im neuen Job einen schnellen Überblick über Bestandssituationen erhalten und anschließend nötige Analyse- und Optimierungsschritte einleiten.
Nehmen wir hier also beispielhaft an, Sie sind nun in der ersten Woche in einer leitenden Stelle eines Unternehmens und möchten einen erfolgreichen Tätigkeitsstart realisieren.
Welche Ziele gibt es im Idealfall zu beachten:
Viel umsetzen, weniger darüber reden und große Versprechungen machen
Offene und transparente Kommunikation pflegen
Es gilt zu beachten, sich nicht in tiefer Theorie zu verfangen, sondern pragmatische und umsetzbare Wege zu gehen (natürlich mit tiefem Wissen).
Auch während einer Analyse können bereits kleine Schritte in der Umsetzung realisiert werden, hierfür bieten sich sogenannte Quick-Win-Themen an.
Es ist zu beachten, dass auf eine grundlegende Höflichkeit und Sympathie zu achten ist. Man sollte nie das Team verschrecken oder vergraulen (ein wesentlicher Erfolgsbausteine ist Teambindung und Vertrauen).
Erste Schritte in einem Analyseprojekt:
1)
Analyse und Anforderung von notwendigen Daten (Einkaufsdaten und Kreditorendaten sind hierbei sehr hilfreich, A-Lieferanten etc.)
Erstellen Sie eine Excel-Tabelle als Datengrundübersicht, gegliedert z.B. nach Kreditorennummer, Kreditorenname, Warengruppen & Inhalt, Kreditorenumsatz lfd. Jahr, Kreditorenumsatz Vorjahr, Vertragsart, Vertragslaufzeiten, letzte Vertragsverhandlung, Lieferantengewichtung (A/B/C) etc.
2)
Logistik und die Infrastruktur kennenlernen (Strukturwege kennen, IT-technische Anbindungen und Systemlandschaften bewerten etc.)
Fordern Sie Daten von der IT und/oder Buchhaltung an, um eine Kostenstrukturübersicht zu erhalten. Finden Sie heraus welcher Umsatz pro Lieferantentyp (A/B/C) vorhanden ist. Bewerten Sie diese Daten kritisch und leiten Sie anschließend ggf. notwendige Maßnahmen ein.
3)
Analyse durch Fragebögen (Team einbeziehen, Meinungen hinterfragen und ernsthaft gewichten)
Seit wann existieren die Lieferantenbeziehungen? Warum? Besonderheiten? Langzeitverträge? Konkurrenzsituationen zum Lieferanten? etc.