Herausgeber:
GEO
Die Welt mit anderen Augen sehen
Gruner + Jahr AG & Co. KG, Druck- und Verlagshaus,
Am Baumwall 11, 20459 Hamburg
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Eine Tür in Trumps Mauer: Die bewegende Geschichte einer Umarmung
Zweimal im Jahr öffnen die USA eine Tür
im Grenzzaun zu Mexiko.
Dann dürfen sich Familienangehörige
wenige Augenblicke lang umarmen.
Ein Wimpernschlag Nähe
in der verworrenen Beziehung zwischen
beiden Ländern
An einem Morgen im November steht ein Mann allein vor einer Tür am Meer. Es ist kurz nach 8 Uhr in Tijuana, Mexiko, und der Mann, sein Name ist Eduardo Hernandez, schaut empor. Vor ihm erhebt sich ein Zaun, dreimal höher als er selbst. Ein Bollwerk aus Stahlstreben, so dicht aneinandergereiht, dass Hernandez das Gesicht gegen das Metall drücken müsste, um auf die andere Seite zu sehen.
Links von ihm, im Westen, reicht der Zaun meterweit in den Pazifik. Gen Osten schlängelt er sich die Berge hinauf, das Ende nicht zu sehen. Eduardo Hernandez blickt geradeaus. Der einzige Weg in die Vereinigten Staaten führt von hier durch diese Tür.
Hernandez ist früh aufgestanden am Morgen, hat seine schwarzen Lederschuhe geputzt, erst mit einer Bürste, dann mit einem nassen Tuch. Hat zweimal sein Hemd gewechselt und einmal die Hose. Schließlich hat er es zu Hause nicht mehr ausgehalten.
Deshalb steht er jetzt hier, viel zu früh, und wartet darauf, dass die Tür der Hoffnung sich endlich öffnet. Vier Stunden noch, bis Grenzpolizisten auf amerikanischer Seite den Riegel verschieben. Wenn alles gut geht, wird an der Schwelle sein Sohn stehen. Sie werden sich umarmen dürfen – zum ersten Mal, seit Eduardo Hernandez aus den USA abgeschoben wurde. Vielleicht wird es ihre letzte Umarmung sein.
Sie werden drei Minuten Zeit dafür haben.