Martina Liel

Nicht ohne meine Wärmflasche

MARTINA LIEL

NICHT OHNE MEINE WÄRMFLASCHE

LEBEN MIT ENDOMETRIOSE

Diagnostik • Therapie • Ganzheitliche Ansätze

INHALT

Vorwort

Der Kopf plant – der Bauch schmunzelt

Rosenmontag 2004 – verdamp lang her

Am Aschermittwoch ist alles vorbei

Lust auf Leben

Endometriose – das Phantom der Gynäkologie

Ein rätselhaftes Leiden

Zellen auf Abwegen

Menstruationsmaskerade

Irgendwas stimmt mit mir nicht!

Symptomchaos der Endometriose

Wehen ohne Schwangerschaft

Schmerzen bei Endometriose – Last Woman Standing!

Schmerz-Ranking für Heldinnen

The trick is to keep breathing

Endometriose ist nicht gleich Endometriose

Wachstumsmuster und Wachstumsphasen

Formen der Endometriose

Stadien der Endometriose

Diagnose der Endometriose

Miss Marple, bitte in den OP!

Untersuchungen von Darm, Blase und Niere – das muss man erst mal verdauen

MRT und CT

Ursachen der Endometriose

Die Dunkle Materie der Gynäkologie

Die Lücken der Transplantationstheorie

Metaplasie – wenn Zellen sich umwandeln

Wenn das Immunsystem auf stur schaltet

Erhöhtes Endometrioserisiko?

Keine Wirkung ohne Nebenwirkung

Schulmedizinische Therapie der Endometriose

Die Suche nach dem Heiligen Gral

Behandlung mit Hormonen

Hormone bei verschiedenen Endometrioseformen

Endometriose-OP

Operation bei Adenomyose

Schmerzmittel bei Endometriose

Vereint gegen den Schmerz

Die multimodale Schmerztherapie

Eat, Train, Kur

AHB und Reha

Eine Kur – nur was für alte Leute?

Kinderwunschlos glücklich?

Familienplanung mal anders

Ursachen der Unfruchtbarkeit bei Endometriose

Schwangerschaft mit Nachhilfe

Besuch des Zentrums für Kinderwunschbehandlung Köln

Zerreißprobe – Geburt nach Endometriose-OP

Endometriose und Krebs

Leben und Lebensträume

Endometriose ist kein Krebs

Endometriose – eine Vorstufe von Krebs?

Pattsituation

Endometriose – die unterschätzte Krankheit

Wenn Hormone neu gewürfelt werden

Der Weg zum Elefantenfriedhof

Die Gestagen-Klatsche

Verwachsungen bei Endometriose

Es wächst zusammen, was nicht zusammengehört

Folgen von Verwachsungen – da denkt man gerade, man sei fein raus

Was kann man gegen Verwachsungen tun?

Immer zu zweit sie sind

Endometriose und Begleiterkrankungen

Hilfe, ich greife mich an!

Endometriose als Symptom einer Mastzellerkrankung?

Endometriose und Migräne

Beim nächsten Frauenarzt wird alles anders

Partnersuche der etwas anderen Art

Ist Endometriose denn ein Verbrechen?

Das Leben ist nicht die Schwarzwaldklinik!

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Werbeagentur

So weit, so mittelprächtig

Von Diskrepanzen und Widersprüchen

Lücken in der Kommunikation

Vertrauen ist gut, Gesundheit ist besser

Seele auf Halbmast

Endometriose und Psyche

Wie viel Psyche steckt in der Endometriose?

Finde deine emotionalen Trigger!

Von Primär- und Sekundäremotionen

Die Methode Wildwuchs

Die Endometriose haut auf die Psyche

Wenn man denkt, es geht nicht mehr

Ernährung, Entspannung, Bewegung

Endometriose ganzheitlich gesehen

Körperkompetenz-Workshop

Entspannung hilft bei Schmerzen

Die Küche als Versuchslabor

Immer in Bewegung bleiben!

Tipps einer Physiotherapeutin

Die Balance finden

Menschen, nicht Krankheiten behandeln

Alternativ- und Komplementärmedizin bei Endometriose

Homöopathie - ich geb mir das Kügelchen!

TCM - damit die Lebensenergie fließt

TCM zur Unterstützung der Kinderwunschbehandlung

Phytotherapie - pflanzliche Mittel bei Endometriose

Weitere natürliche Heilmetoden

Naturidentische Hormone

Alltag mit Endometriose

Leben mit einem Chamäleon

Tabuthema Periode

Existenzängste sind an der Tagesordnung

Was kostet die Endometriose?

Endometriose und Partnerschaft

Ab auf den Sondermüll!

Herausforderung Jahresplanung

Krank ist das neue Normal

Du bist nicht allein!

Endometrioseselbsthilfe

Die Endometriose-Vereinigung Deutschland e. V

Endometriosezentren

Empfehlungen für Endometriosepatientinnen

Endo March – eine neue Hoffnung

Über die Autorin

Glossar

Literaturtipps

Endometriose

Naturheilkunde

Hormone

Frauengesundheit

Entspannung

Biografie

Link-Tipps

VORWORT

Vor etwa drei Jahren begann ich, auf meiner Website www.endobay.de über ein Leben mit Endometriose zu bloggen. Ich hatte weder Plan noch Strategie. Ich wollte einfach nur meinen Schmerz hinausschreien! Dabei ging es nicht nur um den Endometrioseschmerz und die heftigen Nebenwirkungen der Hormontherapie, sondern vor allem um den Schmerz des Nichtverstandenwerdens, um den Ärger über verharmlosende oder sogar falsche Darstellungen und über Ignoranz, selbst vonseiten mancher Ärzte.

Schon bald merkte ich, dass ich mit meinen Eindrücken nicht allein war, und begriff die Website als Möglichkeit zur Vernetzung mit anderen Betroffenen. Plötzlich stand ein Fernsehteam in meinem Wohnzimmer, und ich sah, dass meine Website auch eine Plattform für eine breitere Öffentlichkeit sein kann. Und jetzt darf ich auch noch dieses Buch in die Welt hinausschicken, um zur Endometrioseaufklärung beizutragen! Dafür danke ich dem Verlag tausendfach!

Ich habe versucht, der oft vereinfachten und eindimensionalen Beschreibung der Endometriose in vielen Medien einen möglichst differenzierten Blick auf die Erkrankung entgegenzustellen. Denn bei der Endometriose handelt es sich nicht einfach um verschleppte Gebärmutterschleimhaut, bei der es nur zu stärkeren Menstruationsschmerzen kommt. Es handelt sich ja noch nicht einmal um Gebärmutterschleimhaut! Wie Endometriose entsteht, was die Ursachen sind und wie man sie endgültig heilen kann, diese Fragen bleiben bis heute unbeantwortet.

Dies ist kein Buch des Heilsversprechens. Das wäre bei einer so vielfältigen, individuell verlaufenden und kaum erforschten Krankheit wie der Endometriose äußerst unseriös. Ich bin mittlerweile weitestgehend schmerzfrei – nicht beschwerdefrei. Ich werde immer Endometriosepatientin bleiben, allein schon wegen der Verwachsungen und den Folgen der OPs. In den letzten zwölf Jahren habe ich nach einem Weg gesucht, mich mit der Krankheit zu arrangieren. Auf diesem Weg habe ich viele tolle Endofrauen kennenlernen dürfen, die mir von ihren Erfahrungen, Versuchen und Erfolgen, vor allem außerhalb der konventionellen Therapien, berichteten. Einige von ihnen kommen hier zu Wort.

Ich habe zusammengestellt, was ich gerne schon damals nach der Diagnose gewusst hätte. Dabei kann ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Zu jedem Kapitel in diesem Buch könnte man jeweils ein weiteres Buch schreiben! Aus meiner eigenen Erfahrung erzähle ich, was es bedeutet, mit Endometriose zu leben. Bei dieser Erkrankung ist es wichtig, mit Tabus zu brechen und die Dinge anzusprechen. Denn nur so wird man in allen Bereichen auch nach Lösungen suchen können. Ich möchte gerade Mädchen und jungen Frauen vermitteln, dass es nichts mit und um die Endometriose gibt, wofür man sich schämen muss. Bevor wir nun in meine Geschichte springen, muss ich folgende Punkte klarstellen:

Dieses Buch ersetzt auf gar keinen Fall den Rat durch einen Arzt, Heilpraktiker, Physiotherapeuten, Psychotherapeuten oder sonstigen medizinisch ausgerichteten Spezialisten. Heilmethoden, Anwendungen und Präparate, ob konventionell oder alternativmedizinisch, sollten immer erst mit einem Spezialisten abgeklärt werden. Die eigenmächtige Anwendung von jeglichen Methoden in diesem Buch erfolgt auf eigene Gefahr. Zur Endometriose fehlen groß angelegte Studien. Prozentangaben sind mit Vorsicht zu genießen und geben eher Tendenzen wieder. Ich habe mich um Richtigkeit und Aktualität der Aussagen bemüht, bin dabei aber von den jeweiligen Quellen abhängig und kann keine Gewähr dafür übernehmen, vor allem, weil sich bei den Erkenntnissen um die Endometriose ständig etwas ändert und selbst Experten sich oftmals nicht einig sind.

Auf das Gendering in Form von Arzt/Ärztin etc. habe ich zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet, meine aber immer beide Geschlechter, wenn allgemein von Ärzten die Rede ist.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die an diesem Buch direkt oder indirekt beteiligt waren:

Ich danke Prof. Dr. Sven Schiermeier vom Endometriosezentrum Witten für Korrektur und Kommentare zum ersten Teil meines Buchs, in dem es um Endometriose, Diagnose und Therapie aus schulmedizinischer Sicht geht.

Ich danke Frau Dr. Eva Schwahn vom Zentrum für Kinderwunschbehandlung Köln, Prof. Dr. Matthias Korell von der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe Neuss, TCM-Arzt Dr. Andreas Kalg, Melanie Schmitz vom Institut Körperkompetenz und den Buchautorinnen Nicole von Hoerschelmann und Angelika Koppe für die netten Interviews. Ich danke den Mädels der Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V., hier stellvertretend Andrea Franke, meiner SHG-Bonn und meinen Endoschwestern Antonia, Bianca, Daniela, Katja, Nadine und Sarah! Ich danke Birte, dass sie meine Schreibblockade gelöst hat! Ich danke meinem Mann, dass er mir den Rücken frei gehalten hat, und meiner Schwester Melanie für die erleuchtenden Gespräche!

Dann kann es jetzt losgehen!

Ich hoffe, ich kann euch ein wenig auf eurem Selbstheilungsweg inspirieren!

Eure

Martina

DER KOPF PLANT – DER BAUCH SCHMUNZELT

ROSENMONTAG 2004 – VERDAMP LANG HER

Es ist zwar schon ein paar Jährchen her, aber der Tag hat sich tief in meine Gefühlswelt eingebrannt. Wenn ich an die Geschehnisse denke, ist es so, als würde ich ihn noch einmal erleben, den 23. Februar 2004. Ein Tag, der wie für den Ausnahmezustand geschaffen war – Rosenmontag im Rheinland! In Bonn war das normale Leben zum Erliegen gekommen. Ich tat es der Stadt gleich – mit dem Unterschied, dass ich nicht mehr in mein normales Leben zurückfinden sollte.

Es war noch keine Woche seit meiner Abschlussfeier an der Universität vergangen, und ich freute mich schon darauf, bald endlich nach Schottland auswandern zu können. Ich hatte zuvor zwar festgestellt, dass sich mein Körper während der Lernphase verändert hatte. Dass ich so stark abgenommen hatte und mein Bauch verhärtet war, schob ich aber auf den Stress. Monatelang tagsüber im Verkauf arbeiten und nachts die Magisterarbeit schreiben, da baut man schon mal ab. Und unter wehenähnlichen Menstruationsschmerzen, die mich ans Bett fesselten, litt ich sowieso schon seit meinem 15. Lebensjahr. Damals wurde mir gesagt, dass dies ganz normal sei. Ansonsten ging es mir ja gut. Bis zu diesem Rosenmontag.

Ich stand vor dem Waschbecken in meinem WG-Zimmer und konnte plötzlich nicht mehr gerade stehen. Unerträgliche Schmerzen im Unterbauch, im unteren Rücken und auf dem Ischias bis in die Beine zwangen mich in die Knie. Ich war völlig kraftlos und hätte nur noch weinen können. Doch trotz der heftigen Schmerzen wollte ich nicht wahrhaben, dass etwas mit mir nicht stimmte.

Echte Fründe

Anders als gewohnt verfiel ich nicht in Panik. Lasst es mich so sagen: Im Vergleich zu mir ist ein Hypochonder ein besonnener Mensch. Wenn mir der Arm einschläft, ist es ganz klar: ein Schlaganfall. Bin ich erschöpft, ist Skorbut noch das Geringste auf meiner Verdachtsliste. Dass ich mich noch nicht gegen Zwingerhusten habe impfen lassen, ist auch schon alles. Meine Mitbewohner kannten mich so gut, dass sie mir nie erzählten, wenn Halsschmerzen oder Durchfall im Haus die Runde machten. An diesem Rosenmontag aber war alles anders. Ich muss wohl bereits unter Schock gestanden haben.

Als ich einer meiner Mitbewohnerinnen lapidar von meinen Schmerzen erzählte und nebenbei erwähnte, dass auch noch Blutungen eingesetzt hätten, obwohl ich noch gar nicht mit meiner Regel dran war, musste sie mich auf den Ernst der Lage hinweisen. Sie ließ mir keine Wahl: »Wir fahren jetzt ins Krankenhaus, aber sofort!«, sagte sie streng. Es war eine seltsame Busfahrt zur Uniklinik. Normalerweise waren wir die zwei »gackernden Hühner« im Haus, die ständig zusammen Blödsinn machten. Nun saßen wir schweigend nebeneinander und trauten uns kaum zu sprechen.

Denn wenn et Trömmelsche jeiht

Ein junger Gynäkologe untersuchte mich in der Notaufnahme. Ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmte: Während der gesamten Untersuchung sagte er kein Wort. Beim Ultraschall machte er fortlaufend Standbilder. Mit dem Mauszeiger wurde etwas vermessen, eingekreist und festgehalten. Ich traute mich nicht nachzufragen. Ich wollte es nicht hören. Mir war einfach nur übel vor Angst. Dann sagte er: »Moment, ich hole den Oberarzt. « Da war er, der Augenblick, in dem ich dachte: »Das war’s!« Auf einmal war Sterben eine Möglichkeit und nichts, was erst nach einem erfüllten, langen Leben auf einen wartete. Ich war 28.

Der Oberarzt schaute sich die Bilder ebenso schweigend an und sagte nur: »Wir müssen so schnell wie möglich weitere Untersuchungen machen.« Zwei Tage später lag ich im laut trommelnden MRT. Was 20 Minuten dauern sollte, wurde zu anderthalb Stunden – nicht gerade ein Fest für einen Klaustrophobiker.

AM ASCHERMITTWOCH IST ALLES VORBEI

Eine Gynäkologin der Frauenklinik klärte mich über die Auswertung der Bilder auf: »Wir können noch nicht hundertprozentig sagen, was es ist. Aber wir vermuten, es könnte Endometriose sein. « – »Endo-was?« Ich hörte dieses Wort zum ersten Mal in meinem Leben. Sie erzählte was von »zweithäufigster Frauenerkrankung«. In der Schule hatten sie mich mit so essenziellen Dingen wie Ablautreihen, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Völkerball konfrontiert. Wieso hatte ich noch nie von etwas gehört, was für uns Frauen zu wissen augenscheinlich so wichtig war?

Die Ärztin sprach von Hormonpräparaten. Doch die kämen bei mir nicht mehr infrage. Der Tumor wäre mittlerweile so groß, dass akute Lebensgefahr bestünde. Der ganze Kladderadatsch könnte jederzeit platzen. Man müsse so schnell wie möglich handeln. Tumor? Bis dahin hatte ich immer gedacht, Tumore hätte man nur bei Krebs. Was passierte da eigentlich mit mir? Meine beste Freundin fuhr mich zurück in meine WG. Als ich mein Zimmer betrat, war es nicht mehr mein Zimmer. Mein Leben war mir plötzlich völlig fremd.

Niemals geht man so »ganz«

Vor der OP musste ich mich in die Schlange zu weiteren medizinischen Unannehmlichkeiten stellen: Darmspiegelung und Darmröntgen. Ersteres sollte durchgeführt werden, um zu schauen, ob man Geschwüre auch innerhalb des Darms finden würde, Zweiteres, um zu sehen, wie weit der Darm durch den Tumor von außen eingestülpt und verschoben war.

Zwischendurch wurde ich mehrmals gynäkologisch untersucht. Mit meinem Einverständnis lernten Medizinstudenten, was »Kissing Ovaries« sind: Die Geschwüre hingen so schwer an den Eierstöcken, dass diese nach hinten geklappt waren und sich »küssten«. Den Darm schlossen sie in ihr heißes Date gleich mit ein. Es war ein riesiger Haufen an Verwachsungen!

»Holt alles raus! Gebärmutter, Eierstöcke, alles!«, flehte ich unter Schmerzen. Es war mein Ernst. Ich wollt nur noch diese Qualen loswerden. Ein Chirurg kam hinzu und teilte mir mit, dass ich eventuell mit einem künstlichen Darmausgang aufwachen würde, das könnten sie nicht ausschließen. Auf jeden Fall müsse ein Stück Darm entfernt werden. Das war der Moment, in dem sich mein Bewusstsein verabschiedete und ich auf Autopilot schaltete.

Die Hände zum Himmel

Am Abend vor der OP war ich allein in meinem Krankenzimmer. Ich hörte den Song »Fighter« von Christina Aguilera in Dauerschleife und tigerte nervös auf und ab. Ich haderte mit meinem Schicksal, mit dem Leben, mit dem Kosmos im Allgemeinen. Da wird einem klar: Durch das Schlimmste musst du allein durch! Ich fragte mich, was ich wohl falsch gemacht hatte, an welcher Stelle ich »falsch gelebt« hatte und wieso ich mit so was »bestraft« würde.

Irgendwas passierte in mir, während ich mich auf den »Gang zum Schafott« vorbereitete. Der Song pushte mich. »Makes me that much stronger.« Nicht mit mir! »Makes me work a little bit harder.« Ich lass mich nicht unterkriegen! »Makes me that much wiser.« Ich verbündete mich mit meinem Darm: Wir werden sie schon loswerden, diese Endowas-auch-immer!

Ein Freund hatte mir in Schottland einmal gesagt: »Du musst mehr für dich selbst eintreten, mehr für dich kämpfen!« Ich glaube, an dem Abend hatte sich der Hebel, auf den er mich damals aufmerksam machen wollte, umgelegt. Thanks for making me A FIGHTER!

Bye bye, my love

Am 3. März 2004 wurde ich operiert und wachte auf der Intensivstation wieder auf. Ich hörte die Stimme meiner Mutter: »Du hast keinen künstlichen Ausgang. Es ist alles gut gegangen.« Dann fiel ich wieder in einen erschöpften Schlaf, begleitet vom Piepsen der Geräte und unterbrochen durch die Blutdruckmanschette, die sich immer wieder fest um meinen Arm aufpumpte.

Am nächsten Tag kam ich auf Station und erfuhr nach und nach, was geschehen war: sechs Stunden OP, zwei Bluttransfusionen, vier Kilogramm entferntes Gewebe, darunter größtenteils Endometriose, daneben Myome und Zysten. 30 Zentimeter Enddarm wurden entfernt, weil die Endometriose hier bereits bis zur Muskelschicht vorgedrungen war. Ein Eileiter und Teile der Eierstöcke mussten ebenso geschlagen den Kampfplatz verlassen. Mein Harnleiter zur rechten Niere war zwar voller Endometriose gewesen, ihn konnte man aber noch retten. Die Gebärmutter hatten sie aufgrund meines Alters erhalten. Sie wollten mir die Möglichkeit offenhalten, noch Kinder zu bekommen.

Gleichzeitig machten sie mir klar, dass ich auf natürlichem Wege wohl nicht mehr schwanger werden könnte. Eine Schwangerschaft sei ab sofort auch mit hohen Risiken verbunden. Mehr sagte man mir dazu erst mal nicht. Ich musste auch nicht mehr hören. Ich schloss sofort mit dem Thema ab. Mein Kinderwunsch war nie groß genug gewesen, um meine Gesundheit weiter aufs Spiel zu setzen.

Es sollte eine Phase kommen, in der mir dies alles doch noch zusetzte, aber erst sehr viel später. Meine größte Sorge war zunächst: Kann ich meinen größten Lebenstraum erfüllen? Kann ich noch nach Schottland auswandern?

LUST AUF LEBEN

Ich teilte mir mein Zimmer mit Elke (Name geändert). Sie war im November zuvor erst bei der Mammografie gewesen, und es war alles in Ordnung gewesen. Nun, vier Monate später, die Diagnose: Brustkrebs. Eine Brust hatte man entfernen müssen. Auf den ersten Blick – vor der Zeit ihrer Chemo – sah ihr Zustand noch besser aus als meiner. Nach ihrer OP war sie mobil und konnte ihre Schokobonbons kauen. Ich hingegen war wie eine neue Spezies auf dem Seziertisch mit allen möglichen Schläuchen und Kabeln an mein Bett gefesselt. Durch einen Katheter im Hals wurde ich eine Woche lang ernährt. Ich konnte mich über Tage nicht einen Millimeter bewegen, musste gewaschen werden und, wie soll ich es sagen: Dixie-Klos sind seit dieser Zeit für mich reinste Wellness-Tempel. Am dritten Tag dufte ich voll verkabelt kurz zum Wiegen aufstehen. Bei einer Körpergröße von 1,64 wog ich noch 43 Kilogramm.

Ich weiß, es klingt unglaublich, aber die Schwestern erzählten uns, wie sie morgens auslosten, wer von ihnen zum Blutdruckmessen zu uns ins Zimmer kommen durfte. Bei uns war tatsächlich immer gute Stimmung! Elke und ich waren auf einer Wellenlänge. Wir hatten dieselbe Art von Humor, mit der wir versuchten, das Beste aus unserer Lage zu machen. Und wir vertrauten uns gegenseitig unsere tiefsten Geheimnisse an, als hätten wir begriffen, dass man dafür keine Zeit zu verlieren hat.

… stell dich nit esu ahn

Mit kleinen Schritten ging es bergauf. Jeden Tag wurde ein neuer Schlauch gezogen. Nach einer Woche trainierte ich, den Flur auf und ab zu gehen. Ich hatte Musik auf den Ohren, fühlte mich unbeobachtet und machte vorsichtig Tanzschritte. An der Rezeption angekommen, zeigte mir ein Monitor, dass ich dabei alles andere als unbeobachtet gewesen war. Nach einem kurzen Anflug von Scham beschloss ich, dass es mir egal war. Ich wollte so schnell wie möglich Normalität zurückerlangen. Mit eiserner Disziplin machte ich meine Übungen – und der Mensch an der Rezeption bekam seine kostenlosen Show-Einlagen.

In der Physiotherapie stieg ich in eine andere »Klasse« auf: Von einem Pfeifchen im Bett, in das ich reinpusten musste, um Flüssigkeit von der langen OP aus meiner Lunge zu befördern, ging ich nun zur Beckenbodengymnastik. Ich war die Einzige mit Endometriose auf der Matte. Als wir gerade unsere Schließmuskel trainierten, fragte die Frau neben mir mit breitem Lächeln und ebenso breitem französischem Akzent: »’aben Sie auch göradö ärst entbundön?« Die Dame wusste es ja nicht, aber eine falschere Frage konnte man in dem Moment nun wirklich nicht stellen …

Wer soll das bezahlen?

Nach zwölf Tagen musste ich mich von Elke verabschieden. Wir entließen uns gegenseitig in eine ungewisse Zukunft. Ich sollte sie danach noch einmal wiedersehen. Am Tag der Entlassung drückte mir ein Arzt ein Gestagenpräparat (Minipille) in die Hand mit dem Kommentar: »Das wird Ihre Periode unterdrücken, Sie sollten jetzt nach der OP erst mal nicht bluten. Nehmen Sie die aber nur sechs Monate lang und passen Sie auf, die können Depressionen auslösen!«

Ich konnte in meinem Zustand nicht direkt zurück in die WG und musste erst einmal wieder bei meinen Eltern wohnen – der Traum einer jeden Endzwanzigerin … Dort hatte ich nach deren Umzug allerdings kein Zimmer mehr und musste mit einer harten Couch im Büro vorliebnehmen. Später sollte ich nicht nur meinen Rücken zu spüren bekommen, sondern auch, dass ich mich da schon mitten in der Versorgungslücke Deutschlands befand: von der Uni in die Krankheit. Ich hatte zwar vorher einen Studentenjob, aber keinen festen Arbeitsplatz, demnach kein Krankengeld und keinen Anspruch auf gar nichts. Niemand war für mich zuständig. Für mich standen jedoch erst einmal die Fragen im Raum: Wie bewältige ich ab sofort meinen Alltag? Werde ich mich eines Tages mehr als zehn Meter von einer Toilette entfernen können? Und war ich diese Endo-wie-auch-immer nun los?

ENDOMETRIOSE – DAS PHANTOM DER GYNÄKOLOGIE

EIN RÄTSELHAFTES LEIDEN

Wien, Mitte des 19. Jahrhunderts: Carl Freiherr von Rokitansky, seines Zeichens Arzt und Pathologe, bereitete alles für die Operation vor. Es war schon seltsam, dass er bisher keine Erklärung für die rätselhaften Symptome der jungen Frau gefunden hatte, die nun vor ihm auf dem Operationstisch lag. Monat für Monat war sie ohnmächtig unter dramatischen Schmerzen im Bauchraum zusammengebrochen. Alle Untersuchungen hatten bisher kein Ergebnis gebracht. Es nützte alles nichts, er musste sie aufschneiden.

Rokitansky setzte das Skalpell an und legte erstaunt frei, was er in seiner bisherigen medizinischen Karriere noch nie gesehen hatte: Der gesamte Bauchraum der Frau war von Gewebe, ähnlich dem der Gebärmutterschleimhaut, durchzogen. Es breitete sich über Blase, Darm und Bauchfell aus. Rokitansky hatte soeben die Endometriose entdeckt.

Die Symptome der Erkrankung wurden angeblich bereits auf einer Schriftrolle des Alten Ägypten beschrieben. Man geht davon aus, dass es sich damals schon um Endometriose handelte, auch wenn man zu dieser Zeit noch keinen Namen für die Krankheit hatte.

Ein hinkender Vergleich

Oft ist zu lesen, Endometriose sei Gebärmutterschleimhaut, die sich außerhalb der Gebärmutter an anderen Stellen im Körper ansiedle und sich hormonabhängig mit dem Menstruationszyklus aufbaue und wieder abblute. Diese Definition ist allerdings ein bisschen wie Kapitän Ahab in Moby Dick: hinkend, frei erfunden und doch von einer wahren Begebenheit.

Das stark vereinfachte Bild der »versprengten Gebärmutterschleimhaut« trägt meines Erachtens dazu bei, dass es viele Missverständnisse um die Endometriose gibt und dass man uns Betroffene in der öffentlichen Wahrnehmung, wenn wir überhaupt wahrgenommen werden, nicht ganz ernst nimmt – nach dem Motto: Frauen! Sind halt nicht »ganz dicht« und haben ein bisschen stärkere Menstruationsschmerzen, weil sie in den Bauchraum hineinsuppen. Doch ganz so einfach ist es nicht …

ZELLEN AUF ABWEGEN

Endometriose (abgeleitet vom griechischen »endon« = innen und »metra« = Gebärmutter) ist ein Getümmel von Zellen, die solchen Zellen ähneln, die man sonst nur in der Gebärmutter, im Gebärmutterhals und in den Eileitern findet. Von den dortigen Zellen unterscheiden sich Endometriosezellen in vielerlei Hinsicht: Sie weisen eine andere mikroskopische Struktur auf, liegen in vielen verschiedenen Entwicklungsstufen vor und verfügen über weniger bis gar keine Hormonrezeptoren. Zudem finden sich in Endometrioseherden unter anderem Enzyme, die in der Gebärmutterschleimhaut nicht. vorkommen. Generell verhält sich Endometriose ganz anders. Die tief infiltrierende Endometriose etwa (siehe »Formen der Endometriose«, Seite 36 f.) kann aggressiver in Organe hineinwachsen als mancher Krebstumor. Endometriose ist nie mit Gebärmutterschleimhaut identisch!

Endometriose gilt im Allgemeinen als östrogenabhängige Erkrankung, das heißt, sie wird in den meisten Fällen durch Östrogen aktiviert. So tritt sie für gewöhnlich erst mit der Geschlechtsreife ein. Ab dann passiert vereinfacht dargestellt Folgendes im weiblichen Körper: Die Eierstöcke bilden die Hormone Östrogen und Progesteron. Unter Einwirkung des Östrogens baut sich die Gebärmutterschleimhaut auf. Das Progesteron sorgt im Anschluss für deren Erhalt, damit sich ein befruchtetes Ei in Ruhe einnisten kann. Kommt es nicht zu einer Schwangerschaft, sinkt das Progesteron nach einer Weile wieder ab, und der Laden wird mit der Menstruation wieder leer gefegt.

Eine Frage des Charakters

Diejenigen Endometrioseherde, die der Gebärmutterschleimhaut in ihrer Struktur sehr ähnlich sind – das sind laut Becherer und Schindler (siehe »Literaturtipps«, Seite 221) etwa 50 bis 60 Prozent –, reagieren ebenfalls auf die Hormonveränderungen von Östrogen und Progesteron. So zeigen sie gesteigerte Aktivität unter Östrogeneinfluss und unterliegen schmerzverursachenden Veränderungen nach dem Abfallen des Progesterons während der Menstruation.

Laut Prof. Dr. Schweppe, Vorsitzender der Stiftung EndometrioseForschung (siehe »Literaturtipps« Keckstein, Seite 221), weisen Endometrioseherde bei verschiedenen Patientinnen aber verschiedene Charaktereigenschaften auf. So erinnerten manche Herde nur noch entfernt an Gebärmutterschleimhaut und wüchsen von sich aus, ohne vom Menstruationszyklus beeinflusst zu werden. Manche reagierten erst gar nicht auf den Einfluss von Hormonen. Es gibt Endometrioseherde, die fast nur aus glatten Muskelzellen bestehen, oder Herde, die mehr der Schleimhaut im Inneren der Eileiter ähneln. Wie sich eine Endometriosezelle ausprägt, das ist von Beginn an in ihren Erbinformationen festgelegt. Jedenfalls liegt hierin wahrscheinlich die Ursache dafür, dass Hormonbehandlungen nicht bei jeder Endometriosepatientin gleichermaßen ansprechen.

Sternzeichen: Gebärmutter

Endometriose wächst außerhalb des »Cavum uteri«. Was hier wie ein Sternbild klingt, ist die »Gebärmutterhöhle«. Wie und warum man Endometriosezellen außerhalb dieser findet, ist bis heute ebenso wenig geklärt wie das Geheimnis der Dunklen Materie des Universums. Bei manchen Frauen beginnen die »falsch platzierten« Zellen zu wuchern. Da weiß auch noch niemand, warum das eigentlich so ist. Generell könnten wir »Endofrauen« uns bei derzeitigem Forschungsstand um die Position des achten Weltwunders bewerben.

Unter vielen spekulativen Ansichten gibt es die Theorie, dass jede Frau Endometriose hätte. Das Vorkommen dieser Zellen an sich stellt auch noch kein Problem dar. Tatsächlich gibt es Frauen mit ausgeprägten Endometrioseherden, die Zeit ihres Lebens nichts davon spüren. Bei anderen Frauen mit schmerzfreiem Verlauf kann es nach einer Blinddarmoperation schon mal heißen: »Sie standen übrigens kurz vor einer Nierenstauung. Haben Sie denn nicht gewusst, dass Sie Endometriose haben?«

Und dann gibt es die Frauen, die durch die Endometriose massive Beschwerden haben, einzeln oder all-inclusive: Schmerzen, Unfruchtbarkeit, Einschränkung von Organfunktionen. Und damit beginnt die »Krankheit« Endometriose.

MENSTRUATIONSMASKERADE

Die meisten Endometrioseherde verursachen besonders zurzeit der Menstruation heftige Schmerzen. Der Grad der Schmerzen richtet sich dabei nicht nach ihrer Größe. Auch stecknadelkopfgroße Miniherde können massive Beschwerden verursachen. Früher dachte man, dass das Endometriosegewebe selbst wie die Gebärmutterschleimhaut abblute. Mittlerweile hat die Molekularendokrinologie laut Prof. Dr. Huber (siehe »Link-Tipps« Huber, Seite 223) da mehr Licht ins Dunkel unserer geplagten Bäuche gebracht: Endometriosezellen setzen wohl eher Gewebsstoffe frei, die im umgebenden Gewebe Entzündungen, Schwellungen und Blutungen verursachen.

Genau genommen sind Endometrioseschmerzen jedenfalls keine Menstruationsschmerzen. Sie treten bei den Herden mit hormonabhängigem Aktivitätsmuster meist nur parallel zu den eigentlichen Menstruationsschmerzen auf. Manche Betroffene überfällt der Schmerz durchaus auch außerhalb der Periode. Da kann es einen jederzeit erwischen. Eine Art Nervenkitzel, auf den ich locker verzichten könnte.

Ach du heilige Endometriose!

Bevorzugt siedeln sich Endometriosezellen am Bauchfell (Peritoneum: kleidet den Bauchraum und die meisten inneren Organe unterhalb des Zwerchfells aus) und an den Eierstöcken (Ovarien) an. Gern nisten sie sich auch an oder in Blase und Darm ein, wo sie neben den Schmerzen beunruhigende Symptome wie Blut in Stuhl und Urin verursachen können. So manch eine diagnostizierte »Reizblase« oder ein »Reizdarm« hat es in Wahrheit vielleicht mit einer Endometriose zu tun.

Die Endmometriose kommt in ganz seltenen Fällen da vor, wo man sie nie vermuten würde: in der Lunge, im Kiefer, in den Fingerspitzen, im Wadenmuskel, in der Nase oder sogar im Gehirn. Endometriose hat man außer im Herzen und in der Wirbelsäule schon überall im Körper entdeckt. Man vermutet, dass sich Endometriosezellen wie Krebszellen über Lymphsystem und Blutbahnen verbreiten können. Vielleicht entstehen sie aber auch an Ort und Stelle durch Zellumwandlung (siehe »Ursachen der Endometriose«, Seite 47 ff.). Man weiß es nicht genau. Gibt es in einem abgelegenen Dorf eine mysteriöse Frau, die Blut statt Tränen weint und so dem Örtchen spirituell motivierte, zahlungswillige Touristen einbringt, könnte dahinter jedenfalls eine Endometriose stecken.

Physiologisches Unkraut

Schätzungen zufolge leiden etwa 7 bis 15 Prozent aller Frauen im geschlechtsreifen Alter an Endometriose. Weltweit sind es rund 200 Millionen, in Deutschland allein bis zu 6 Millionen Frauen. Die Endometriose ist somit keine seltene Erkrankung und eine der häufigsten Ursachen für Unfruchtbarkeit (Infertilität). Bei fast jeder zweiten unfruchtbaren Frau liegt sie als eine der Ursachen vor.

Endometriose macht sich, wie gesagt, in den meisten Fällen erst ab Eintritt der Menstruation bemerkbar und klingt oft mit den Wechseljahren wieder ab. Doch wo eine Regel, da auch eine Ausnahme: In seltenen Fällen hat man auch noch nach den Wechseljahren mit Endometriose zu kämpfen. Endometriosezellen wurden laut Dr. Camran Nezhat (siehe »Link-Tipps« Nezhat, Seite 224) auch schon bei jungen Mädchen vor der ersten Regelblutung, bei Babys, Föten und sogar bei Männern gefunden.

Die Endometriose verläuft meist chronisch. Es gibt keine Substanz, die sie heilen könnte. Die Ursachen der Erkrankung sind bis heute unbekannt. So können nur die Symptome behandelt werden. Und diese sind in ihrer Komplexität und Individualität sehr vielfältig.

IRGENDWAS STIMMT MIT MIR NICHT!

Geboren und aufgewachsen bin ich in der Eifel. Vor langer Zeit, als ich jung war, gab es für uns Mädchen dort eine ganz klare Reihenfolge: Kommunion – Tanzkurs – Pille. Die Pille war so ein bisschen wie die Zahnspange, die hat man ab einem gewissen Alter einfach gekriegt. So fand ich mich mit 15 Jahren beim Frauenarzt wieder. Meine Mutter stellte mich mit den Worten vor: »Das Kind ist mir zu dünn und hat schlechte Haut!« Daraufhin bekam ich eine Pille mit hohem Östrogenanteil verschrieben Und die Probleme begannen.

Etwas später suchte ich den Frauenarzt wieder auf. Ich schilderte ihm, dass es mir seit Einnahme der Pille vor und während der Periode zunehmend schlechter ginge. Übelkeit und unerträgliche Schmerzen machten mir das Leben schwer. Der Arzt interpretierte es mit scharfem medizinischem Sachverstand und therapeutischem Feingefühl: »Ach, jede Frau hat da so ihre Probleme …!« Er fügte noch hinzu, dass meine Schilderungen so gar nicht stimmen könnten. Normalerweise würden Menstruationsprobleme unter der Einnahme der Pille gelindert. So ging ich mit dem Gefühl nach Hause, einfach nur ein besonderes Sensibelchen zu sein.

Schmerzmittel und Antibiotika oder: Wenn Ärzte nicht mehr weiterwissen

Ich nahm die vom Frauenarzt verordneten Schmerztabletten ein. Jeden Monat nur an den zwei schlimmsten Tagen. Meine Schmerzen waren von den Tabletten kein bisschen beeindruckt – mein Magen und meine Nieren leider schon. Langsam erhärtete sich bei mir der Eindruck, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Die Ärzte hingegen schienen alles für ganz normal zu halten.

Aufgrund der Nierenschmerzen musste ich zum Röntgen. Dabei sah man eine Verengung unterhalb der rechten Niere. Heute weiß ich ja, dass der Harnleiter voller Endometriose war. Damals sagte man mir, man wüsste nicht, was es sei – das »könne halt schon mal so sein«. Ich bin mir fast sicher, heimlich das Mutterschiff aller antibiotikaresistenter Keime zu sein: In dem Jahr bekam ich wegen Blasen- und Nierenentzündungen zehnmal (!) Antibiotika verschrieben.