Nachdem vor zwei Jahren Band I des "Werkbuch Psalmen" (Wb Pss) erschienen ist, kann nun die Erarbeitung aller 150 Psalmen mit Band II abgeschlossen werden. Dass dieser Band – wie im Vorwort von Band I angezeigt – termingerecht erscheinen konnte, ist alles andere als selbstverständlich. Die vorgesehene Fertigstellung innert zwei Jahren erwies sich nämlich neben einem vollen Pfarramt als nicht realistisch. Dass dies trotzdem gelang, verdanke ich dem Umstand, dass ich meine Pfarramtstätigkeit für gut ein halbes Jahr reduzieren und die dadurch freigewordene Zeit in die Arbeit am Wb Pss II investieren konnte. Möglich gemacht haben dies grosszügige finanzielle Zuwendungen, zunächst von einem privaten Geldgeber, dann von der Basler "Freiwilligen Akademischen Gesellschaft" (FAG) und schliesslich von der Kirchenleitung (Synodalrat) "meiner" Evangelisch-reformierten Kirche Bern-Jura-Solothurn. Für die finanzielle Unterstützung sei an dieser Stelle den drei Geldgebern herzlich gedankt. Ebenfalls danke ich der Kollegin und dem Kollegen, die mich durch Teilvertretungen in meinem Pfarramt entlastet haben.
Die Aufnahme des Wb Pss I ist, soweit mir diese durch persönliche Reaktionen sowie Rezensionen zugänglich geworden ist, weithin wohlwollend geschehen. Was die einzelnen Rubriken betrifft, wurde namentlich "Struktur und Poesie" als hilfreich beurteilt, währenddem etwa die "Anregungen für die Praxis" ein vermischtes Echo auslösten. Die Absicht wurde meist begrüsst, die Durchführung aber nicht immer als gelungen betrachtet.
Insgesamt schien es mir nicht angebracht, in der Gestaltung vom Grundkonzept abzuweichen. So wurde die Anlage für Wb Pss II, das die Erarbeitung der Psalmen aus den Psalter-Büchern III (Ps 73–89), IV (Ps 90–106) und V (Ps 107–150) enthält, beibehalten. Nach einer stark am hebräischen Originaltext (bis hin zur Wortstellung) sich orientierenden Roh- bzw. Arbeitsübersetzung folgt die Aufschlüsselung des hebräischen Vokabulars. Daran schliessen sich die vier Rubriken "Form und Inhalt", "Struktur und Poesie", "Kontexte" und "Anregungen für die Praxis" an.
Beim Korrektur-Lesen haben verdankenswerterweise folgende Kolleginen und Kollegen mitgeholfen: Pfrn. Dorothee Bertschmann, Pfr. Christoph Beutler, Vikarin Petra Burri, Pfr. Martin Frey, Pfr. Walter Gisin, Pfr. Jürg Luchsinger, Pfr. Philipp Nanz, Pfr. Hans-Jürg Stefan und Pfr. Michael Ziegler. Verbliebene Fehler gehen selbstverständlich auf mein Konto.
Für Hinweise jeder Art (Korrekturen, Ergänzungen etc.) aus dem Leser- bzw. Verwenderkreis bin ich dankbar (Pfr. Dr. B. Weber, Birrmoosstr. 5, CH-3673 Linden BE; E-mail: weber-lehnherr@freesurf.ch).
Dieser zweite Band ist zum einen meinem verstorbenen Bruder, zum andern einem Ehepaar gewidmet, das durch sein Engagement Anteil am Gelingen dieses Buches hat.
Linden BE (Schweiz), im Sommer 2003 |
Beat Weber |
Die Erstauflage des "Werkbuch Psalmen II" von 2003 ist seit kurzem vergriffen. Der Verlag Kohlhammer bemühte sich die Lieferbarkeit dieses Wb Pss II aufrecht zu erhalten. Daher ist dieser Band, freilich zu höherem Preis, neu als "Book on Demand" (BonD) lieferbar. Es handelt sich nicht um einen unveränderten Nachdruck, vielmehr geschieht dies in einer 2., aktualisierte Auflage. Die Verbesserungen sind formaler und in kleinem Rahmen auch inhaltlicher Art. Stärkere Eingriffe (aber nicht Gesamtüberarbeitungen) wurden bei folgenden Psalmen vorgenommen: Ps 73; 76; 78; 82f.; 87–90; 94; 100; 102f.; 105f.; 109; 114; 116; 118–125; 127; 132; 134f.; 137–139; 141; 149f. (zum Teil handelt es sich um Psalmen, bei denen eigene Neubearbeitungen zu veränderten Einschätzungen geführt haben). Meinen pensionierten Kollegen, Pfr. Dr. Edgar Kellenberger, danke ich für die neuerliche Korrekturlesung herzlich. Auch danke ich dem verantwortlichen Lektor des Kohlhammer Verlags, Dr. Sebastian Weigert, für die hilfreiche Betreuung. Das beigegebene Literaturverzeichnis ist mit dem der Erstauflage identisch und wurde nicht nachgeführt. Eine weitergeführte Fassung (BiblioPss1990+) findet sich digital unter www.academia.edu (Search: Beat Weber) bzw. über den Kohlhammer Verlag (www.kohlhammer.de/wms/instances/KOB/data/pdf/978-3-17-031461-0_O.pdf). Auf meiner Academia-Seite ist auch weitere, von mir publizierte Literatur zu Psalmen und Psalter aufgeführt (und z.T. herunterladbar). Für eine Kontaktaufnahme mit mir ist neu die Mailadresse weber.lehnherr@gmail.com zu verwenden.
Linden BE (Schweiz), im Juli 2016 |
Beat Weber |
Was die Abkürzungen bei bibliographischen Angaben (Zeitschriften, Buchreihen etc.) angeht, sind diese hier nicht aufgeführt, sondern richten sich nach S.M. SCHWERTNER, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete (IATG 2 ), Berlin – New York 2 1992 bzw. S.M. SCHWERTNER, Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin - New York 2 1994.
Gen Ex Lev Num Dtn Jos Ri Rut 1. Sam 2. Sam 1. Kön 2. Kön 1. Chr 2. Chr Esr Neh Est Hi Ps Spr Koh Hld Jes Jer Klgl Ez Dan Hos Jo Am Obd Jon Mi Nah Hab Zeph Hag Sach Mal Sir
Mt Mk Lk Joh Apg Röm 1. Kor 2. Kor Gal Eph Phil Kol 1. Thess 2. Thess 1. Tim 2. Tim Tit Phlm Hebr Jak 1. Petr 2. Petr 1. Joh 2. Joh 3. Joh Jud Offb
EG |
[Deutsches] Evangelisches Gesangbuch (für Gottesdienst, Gebet, Glaube, Leben) (Hannover 1993) |
Der Stammteil (Nummern 1-535) ist allen Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Evangelischen Kirche Augsburgischen und Helvetischen Bekenntnisses in Österreich sowie der Kirche Augsburgischer Konfession und der Reformierten Kirche im Elsass und in Lothringen (Frankreich) gemeinsam. Darüber hinaus wurden konsultiert: |
|
EG-BT |
Ausgabe für die Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Bayern und Thüringen (München – Weimar o.J.) |
EG-West |
Ausgabe für die evangelischen Kirchen des Westbundes: Evangelisch-reformierte Kirche (Synode evangelisch-reformierter Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland), die Evangelisch-altreformierte Kirche in Niedersachsen, in Gemeinschaft mit der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen, der Lippischen Landeskirche, in Gebrauch auch in Gemeinden des Bundes evangelisch-reformierter Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland (Gütersloh – Bielefeld – Neukirchen-Vluyn 1996) |
EG-Wü |
Ausgabe für die Evangelische Landeskirche in Württemberg (Stuttgart 1996) |
GL |
Gotteslob. [Deutsches] Katholisches Gebet- und Gesangbuch. Stammteil (Stuttgart 1975) |
KG |
Katholisches Gesangbuch. Gesang- und Gebetbuch der deutschsprachigen Schweiz (Zug 1998). Ergänzend dazu: |
KG CN |
Cantionale. Kantoren- und Chorbuch zum Katholischen Gesang- und Gebetbuch der deutschsprachigen Schweiz (Zug 1999) |
RG |
Gesangbuch der Evangelisch-reformierten Kirchen der deutschsprachigen Schweiz (Basel – Zürich 1998) |
abs |
absolutus |
Adh |
Adhortativus |
Adj |
Adjektiv |
Adv |
Adverb |
äg. |
ägyptisches |
AK |
Afformativkonjugation ("Perfekt") |
akk. |
akkadisch |
aram. |
aramäisch |
Art. |
Artikel |
AT |
Altes Testament |
atl. |
alttestamentlich |
cs |
constructus |
Diss. |
Dissertation |
d.h. |
das heisst |
du |
Dual (Zweizahl) |
Ed. |
Editor(en), Herausgeber |
eigtl. |
eigentlich |
etc. |
et cetera (und so weiter) |
etw. |
etwas |
ev.-ref. |
evangelisch-reformiert |
evtl. |
eventuell |
f |
femininum |
f. |
folgender (Vers) |
ff. |
folgende (Verse) |
FS |
Festschrift |
G |
griechische Textüberlieferung |
griech. |
griechisch |
hap leg |
hapax legomenon (einmaliges Vorkommen im AT) |
hebr. |
hebräisch |
hi |
hiphil (Kausativstamm) |
hitp |
hitpa'el (und Sonderformen des hitp-Stammes) |
ho |
hophal (Passivstamm des hi-Stammes) |
Hrsg. |
Herausgeber |
Impt |
Imperativ |
Inf |
Infinitiv |
Jh. |
Jahrhundert |
jm. |
jemanden |
Juss |
Jussiv |
K |
Ketib (Geschriebenes) |
Koh |
Kohortativ |
koll |
kollektiv |
KTU |
The Cuneiform Alphabetic Texts from Ugarit… (s. Literaturverzeichnis 1e unter DIETRICH M.) |
Lw. |
Lehnwort |
LXX |
Septuaginta (griechische Übersetzung des ATs) |
M |
masoretische (hebräische) Textüberlieferung |
m |
maskulinum |
masch. |
maschinenschriftlich |
m.E. |
meines Erachtens |
m.W. |
meines Wissens |
Ms(s) |
Handschrift(en) |
n.Chr. |
(Jahr) nach Christus |
Nf |
Nebenform |
ni |
niphal |
NS |
Nominalsatz |
NT |
Neues Testament |
ntl. |
neutestamentlich |
o.ä. |
oder ähnlich |
o.J. |
ohne Jahr |
o.O. |
ohne Ort |
par |
Parallele(n), Parallelstellen |
pass |
passiv |
pi |
pi'el (Verdoppelungsstamm) |
pil |
pilpel (Sonderform des pi-Stammes) |
PK |
Präformativkonjugation ("Imperfekt") |
pl |
plural |
po |
po'el (Sonderform des pi-Stammes) |
pol |
polel (Sonderform des pi-Stammes) |
Präp |
Präposition |
Ptz |
Partizip |
pu |
pu'al (Passivstamm des pi-Stammes) |
Q |
Qere (Gelesenes) bzw. (mit Zahl davor, z.B. 4Q) Fundort (Höhle) in Qumran (am Toten Meer) |
qal |
Grundstamm des Verbes |
R |
Refrain oder Rahmen |
s. |
siehe |
sg |
singular |
sog. |
sogenannte |
s.o. |
siehe oben |
s.u. |
siehe unten |
Suff |
Suffix |
T |
Targum (aramäische Übertragung des ATs) |
theol. |
theologisch |
u.a. |
unter anderem |
Übers. |
(alte) Übersetzung(en) |
ug. |
ugaritisch |
u.ö. |
und öfter |
u.U. |
unter Umständen |
V. |
Vers |
v.a. |
vor allem |
v.Chr. |
(Jahr) vor Christus |
vgl. |
vergleiche |
w |
Konjugation W ("und") |
Wb Pss |
Werkbuch Psalmen (Band I, II, III) |
wiss. |
wissenschaftlich |
wPK |
Konjugation W mit Verdoppelung (bzw. Dehnung) bei nachfolgender PK ("Imperfektum consecutivum") |
z.B. |
zum Beispiel |
z.T. |
zum Teil |
(?) |
Unsicherheit in der Übersetzung (unklare Vorlage bzw. Textverderbnis) |
I, II, III Bezeichnung unterschiedlicher Wurzeln oder der Stanzen |
|
1 |
1. Person (Konjugation) |
2 |
2. Person (Konjugation) |
3 |
3. Person (Konjugation) |
(…) |
"wörtliche" Textbedeutung |
[…] |
sinngemässe Ergänzung |
{…} |
möglicherweise späterer Eintrag (Ergänzung, Glosse o.ä.) |
// |
Markierung der Verszeilen-Trennung innerhalb eines Verses bzw. Abtrennung der einzelnen Eintragungen beim Vokabular |
| |
Abtrennung von (strophischen bzw. stanzischen) Einheiten |
|| |
parallel zu |
– |
bis |
+ |
und |
= |
gleich, identisch |
≠ |
ungleich, nicht (identisch) |
=> |
in Beziehung zu |
<= |
in Beziehung zu |
<=> |
gegensätzlich zu |
1 |
Ein Psalm – Asaph zugehörig. |
||
I A |
a |
Fürwahr! Gut zu Israel [ist] Elohim, |
|
(A) |
b |
zu denen, die reinen Herzens [sind]. |
|
2 |
a |
Ich aber – beinahe wären gestrauchelt meine Füsse, |
|
b |
fast wären ausgeglitten meine Schritte. |
||
3 |
a |
Denn ich ereiferte mich über die Blender (oder: Prahler?), |
|
b |
das Wohlergehen der Frevler kann ich sehen. |
||
I B |
4 |
a |
Denn keine Qualen gibt es für sie, |
b |
heil und feist [ist] ihr Wanst. |
||
5 |
a |
In [der] Mühsal der Leute sind sie nicht, |
|
b |
und mit [anderen] Menschen zusammen werden sie nicht geplagt. |
||
6 |
a |
Deswegen hat sie als ihr Halsschmuck umgeben Hochmut, |
|
b |
umhüllt ein Gewand von Gewalttat sie. |
||
II A |
7 |
a |
Es glotzte aus [dem] Fett hervor ihr Auge, |
b |
es quellen über die Gedankengespinste [ihres] Herzens. |
||
8 |
a |
Sie höhnen und reden im Bösen: |
|
b |
"Bedrückung [stammt] aus der Höhe", reden sie. |
||
9 |
a |
Sie setzten an den Himmel ihr Maul, |
|
b |
und ihre Zunge geht einher auf der Erde. |
||
II B |
10 |
a |
Darum [sagen sie]: "Soll er [doch] sein Volk zurückführen hierher; |
b |
ja, Wasser die Fülle soll geschlürft werden von ihm!" |
||
11 |
a |
Und sie sagen: "Wie sollte El [es] wissen? |
|
b |
Ja, gibt es [überhaupt] Erkenntnis bei Eljon?!" |
||
12 |
a |
Siehe, diese [eben sind die] Frevler! |
|
b |
Ja, immerzu ungestört mehrten sie [ihr] Vermögen (oder: [ihre] Macht). |
||
III A |
13 |
a |
Fürwahr! Umsonst hielt ich rein mein Herz, |
(B) |
b |
wusch ich in Unschuld meine Hände. |
|
14 |
a |
Ich war ein Geplagter den ganzen Tag, |
|
b |
und meine Züchtigung [war jeden] Morgen [neu da]. |
||
III B |
15 |
a |
Wenn ich gesagt hätte: "Ich äussere mich [jetzt] wie sie", |
b |
siehe, das Geschlecht deiner Söhne hätte ich treulos verlassen. |
||
16 |
a |
Ich sann nach, um dies zu begreifen ("erkennen"), |
|
b |
[doch] Mühsal [war] es in meinen Augen, |
||
17 |
a |
bis ich gekommen bin zu den heiligen Stätten Els; |
|
b |
ich will achten auf ihr Ende. |
||
IV A |
18 |
a |
Fürwahr! Auf schlüpfrige Wege wirst du sie stellen, |
(A') |
b |
hast sie fallen lassen in Täuschungen (oder: an öde Orte). |
|
19 |
a |
Wie sind sie geworden zum Entsetzen so plötzlich, |
|
b |
haben ein Ende gefunden, sind umgekommen vor [Todes-]Schrecken! |
||
20 |
a |
Gleich einem Traum nach dem Erwachen, Adonaj, |
|
b |
so wirst du nach dem Aufwecken ihre Schattengestalt verachten. |
||
IV B |
21 |
a |
Wenn verbittert sich zeigt mein Herz, |
b |
und in meinen Nieren ich dann Stiche empfinde (oder: klage[?]), |
||
22 |
a |
[dann bin] ich doch ein Tier und erkenne nicht, |
|
b |
wie Vieh bin ich gewesen bei dir. |
||
23 |
a |
Doch ich [bin] beständig bei dir, |
|
b |
du hast ergriffen meine rechte Hand. |
||
V A |
24 |
a |
Mit deinem Rat leitest du mich, |
b |
und am Ende wirst du [in] Ehren (oder: in [deine] Herrlichkeit) mich [an-, auf]nehmen. |
||
25 |
a |
Wer [ist] mir im Himmel [ausser dir]? |
|
b |
Ja, [bin ich] bei dir [,] habe ich kein Gefallen auf Erden! |
||
26 |
a |
Schwindet [auch] dahin mein Leib und mein Herz, |
|
b |
der Fels meines Herzens und mein Anteil |
||
c |
[ist doch] Elohim für immer! |
||
V B |
27 |
a |
Denn sieh an! Diejenigen, die sich von dir fernhalten, werden zugrunde gehen; |
b |
du vernichtest jeden, der sich treulos abwendet von dir. |
||
28 |
a |
Ich aber [bekenne]: Die Elohim-Nähe [ist] mir gut, |
|
b |
gesetzt habe ich in Adonaj, JHWH, meine Zuflucht, |
||
c |
um zu erzählen alle deine Werke. |
1 ךְאַ ja, fürwahr, gewiss; nur, bloss; (je)doch // בוֹט gut, gütig // לאֵרׇשְׂיִ Israel (manche ändern zu: לאֵ רשָׁיׇּלַ "… zum Redlichen [ist] Elohim") // רבַּ rein.– 2 טעַמְכִּ um ein weniges, beinahe // הטנ (sich) neigen, ausgleiten, abbiegen (K: Ptz pass m sg / Q: AK qal 3 pl) // ןיִאַכְּ um nichts, um ein weniges, fast // ךפשׁ hingiessen, pu: hingegossen werden, ausgleiten (K: AK pu 3 f sg / Q: AK pu 3 pl) // רוּשׁאֲ Schritt.– 3 אנק pi: eifern, sich ereifern über (בְּ), beneiden (AK pi 1 sg) // ללה I qal(?): glänzen; II pi: rühmen; III qal: verblendet sein; IV qal: betrügen (Ptz qal m pl).– 4 בצׄרְחַ Bande, Fesseln, Qualen // תוֶמָ Tod (wohl zu ändern in: םתָּ וֹמלָ "für sie // vollständig …") // אירִבָּ fett // לוּא (hap leg) Leib, Wanst.– 5 למָעָ I Mühsal, Not // שׁוֹנאֱ I Mensch(en) // עגנ mit Gewalt berühren, pu: geplagt werden (PK pu 3 m pl).– 6 קנע "umhalsen", wie ein Halsgeschmeide umgeben (AK qal 3 f sg + Suff) // הוׇאֲגַּ Hoheit, Hochmut // ףטע I sich einhüllen, jm. (לְ) umhüllen (PK qal 3 m sg) // תישִׁ Tracht, Kleidung, Gewand // סמָחָ Gewalttat, Unrecht.– 7 אצי hinausgehen, (ent)schwinden (AK qal 3 m sg) // בלֶחֵ Fett // ןיִעַ Auge (einige ändern zu: וֹמנׇוׄעֲ "ihr Vergehen") // רבע I (vor)übergehen, heraustreten, überlaufen (AK qal 3 pl) // תיכִּשְׂמַ Bild(werk), Gebilde, Einbildung.– 8 קומ (hap leg) hi: höhnen, spotten (PK hi 3 m pl) // ערׇ schlecht, böse; das Böse // קשֶׁעׄ Bedrückung, Gewalttätigkeit, Erpressung (oder zu ändern in: שׁקֵּעִ I verdreht, falsch).– 9 תישׁ setzen, stellen, legen (AK qal 3 pl).– 10 בושׁ zurückkehren (Q), hi: zurückführen (PK hi 3 m sg [K, Gott als Subjekt]) // םלׄהֲ hier(her) // הצמ (aus)schlürfen, ni: ausgeschlürft, ausgepresst werden (oder von ץצמ schlürfen) (PK ni 3 m pl?) // ומל = ול (auf das Volk bezogen) (zur Diskussion über Lesevarianten und Verstehensoptionen dieses Verses vgl. E. Zenger).– 11 הכָיאֵ wie, was? // העָדֵּ Weisheit, Wissen (substantivierter Inf von עדי I kennen, wissen).– 12 ולֵשָׁ ungestört, sorglos // הגשׂ gross werden, hi: gross machen, mehren, steigern (AK hi 3 pl) // ליִחַ Vermögen, (Heeres-)Macht.– 13 קירִ leer, nichtig, umsonst // הכז rein sein, pi: rein (er)halten (AK pi 1 sg) // ץחר (sich) waschen (wPK qal 1 sg) // ןוֹיקָּנִ Unschuld, Schuldlosigkeit, Reinheit.– 14 תחַכַוֹתּ Züchtigung.– 15 רפס I (auf)zählen, pi: erzählen, berichten (PK Koh pi 1 sg) // דגב treulos handeln (AK qal 1 sg).– 16 בשׁח planen, ersinnen, pi: nachsinnen, über-, bedenken, erwägen (wPK Koh pi 1 sg).– 17 שׁדׇּקְמִ Heiligtum // ןיב verstehen, einsehen, achten auf, bedenken (PK Koh 1 sg) // תירִחֲאַ Ende, Ausgang, Zukunft.– 18 קלָחָ glatt, schlüpfrig, f pl: Glätte, Falschheit, schlüpfriger Boden // לפנ (unabsichtlich) fallen, hi: fallen lassen (AK hi 2 m sg + Suff) // האָוּשּׁמַ Täuschung (oder von: האָוֹשׁמְ Öde, Ödland).– 19 ךְיאֵ wie?! // המָּשַׁ I Schauerliches, Entsetzen // עגַרֶ (kleine) Weile, (im) Nu, Augenblick // ףוס ein Ende finden (AK qal 3 pl) // םמת vollendet, fertig sein/werden, ein Ende nehmen, umkommen (AK qal 3 pl) // ההָלָּבַּ (jäher) Schrecken, Schrecknis.– 20 ץיק II hi: auf-, erwachen (Inf cs hi) // רוע II wach sein, hi: aufwecken, erregen, aufwachen (Inf cs hi) // םלֶצֶ I (Götter-)Bild; II Schatten(bild)(?) // הזב geringschätzen, ni: verachtet werden, hitp(?): verachtet werden (PK qal 2 m sg) (E. Zenger liest am Versschluss: הזֵּבַתְמִ םלֶצֶ "ein verächtliches Traumbild").– 21 ץמח I durchsäuert sein, hitp: sich scharf/verbittert zeigen (PK hitp 3 m sg) // היָלְכִּ pl: Nieren // ןנשׁ I schärfen, hitp: sich scharf gestochen fühlen; III(?) schreien, klagen (PK hitp 1 sg).– 22 רעַבַּ viehisch, dumm.– 23 דימִתָּ beständig, unablässig.– 24 הצָעֵ I Rat, Plan, Gemeinschaft // החנ I führen, leiten, hi: leiten (PK hi 2 m sg + Suff) // רחַאַ (da)hinter, hernach, alsdann.– 26 הלכ I aufhören, (dahin)schwinden, verschmachten (AK qal 3 m sg) // ראֵשְׁ Leib, Fleisch // בבָלֵ Herz (als Sitz des Wollens und Planens).– 27 קחֵרׇ einer, der sich fern hält (Ptz qal m pl + Suff von קחר fern sein) // תמצ hi: vertilgen, vernichten (AK hi 2 m sg) // הנז I buhlen, Gott treulos sein, sich buhlerisch abwenden von (Ptz qal m sg).– 28 הברְקִ Annäherung, Nähe, Nahesein // הסֶחְמַ Zuflucht(sort) // הכָאלָמְ Werk, Arbeit.–
Der Asaph zugeschriebene Ps 73 (vgl. Überschrift), welcher das (mittlere) Teilbuch III eröffnet, weist reichlich seltenes Vokabular auf, hat vermutlich dialektale Einschläge aus dem Nordreich (vgl. G. Rendsburg) und bietet zudem an einigen Stellen textliche bzw. verstehensmässige Schwierigkeiten ("Lesarten" von 1a.4b.21b.24b, das Verständnis von 7.10.20 insgesamt, der Plural von 17a – für Details vgl. die Kommentare). Der Psalm passt nicht einfach in eine der üblichen Gattungen, was zu unterschiedlichen formkritischen Bestimmungen geführt hat. Zwei Dinge lassen sich über diesen Psalm diesbezüglich aber mit einiger Sicherheit sagen: Er nimmt Formelemente des Danklieds des Einzelnen (הדות) auf (u.a. Notschilderung, Rettungsbezeugung, Verkündigung), und er zeigt eine weisheitliche "Imprägnierung". Ps 73 hat aber auch noch in anderer Weise ein "Doppelgesicht": Er ist quasi "autobiographisch" formuliert, hat aber zugleich deutlich eine Akzentuierung auf den Erfahrungshorizont der Gemeinde hin und dadurch eine paradigmatische Qualität. Diese wird durch die weisheitlich-reflektierende, ja didaktische Akzentuierung gleichermassen unterstrichen wie durch den kollektiven Horizont, der an Schlüsselstellen (vgl. 1.10.15.28) durchscheint (einige Ausleger werten diese Doppelheit literarkritisch dahingehend aus, dass sie eine spätere, kollektivierende Überarbeitung annehmen [vgl. u.a. die beim Vokabular unter 1 genannte Leseoption: "Fürwahr! Gut zum Redlichen ist Elohim …"]).
Der asaphitische Psalmdichter formuliert zu Beginn in Spruchform (1ab) einen weisheitlichen Regel-Satz (Sentenz), der den bekannten Tun-Ergehen-Zusammenhang nach seiner positiven Seite hin in Worte fasst. Der nachfolgende Psalm zeigt in einem Entwicklungsprozess auf, wie dem Psalmisten (und mit ihm der Gemeinde) dieses moralische Welterklärungsprinzip an der wahrgenommenen Lebenswirklichkeit zunächst zerbricht: Den Gottlosen geht es – entgegen der weisheitlichen Regel (1ab) – unverschämt gut, und mir (und den andern, die sich in Ehrfurcht zu JHWH halten) geht es schlecht (2ff.). Die Krise wird von Beobachtungen und Erfahrungen angestossen, ist aber theologisch und besteht und in einem Auseinanderfallen der Einheit von Glauben, Denken und Leben. Ihre Behebung geschieht nicht durch Nachdenken (16), sondern durch eine Gotteserfahrung, die ihm durch das (mehrmalige?) Gehen an "heilige Stätten" (ob bereits ursprünglich der Jerusalemer Tempel im Blick ist, ist fraglich) gewährt wird (17a). Sie ist mit einer Wahrnehmungserweiterung und -vertiefung, namentlich im Blick auf das "Ende" der Frevler, verbunden (17b, dann 18ff.). Erst ab diesem Moment werden die Überlegungen im Gespräch vor Gott geäussert (vgl. die "du"-Anrede ab 18), sind also Teil eines Gebets (1 ist ein Lehrsatz, 2ff. wirken wie eine Problem- oder Anklage-Rede, wobei offen bleibt, ob diese vor Gott oder Menschen geschieht). Am Schluss wechselt die Rede zu bekenntnishaft-verkündigenden Aussagen (26.28). Das erste Element des Lösungsprozesses nach der Klageschilderung aber ist – noch vor der Gotteserfahrung! – der Willensentschluss, sich von den Frevlern abzusetzen (im Sinne von Ps 1,1f.) und dem "Geschlecht deiner Söhne" (15), der zu JHWH haltenden Gemeinde (und damit JHWH selbst), die Treue zu halten (auch durch Zeiten und Krisen hindurch).
Die Lösung des (mit)erlebten Problems der Diskrepanz zwischen Tun und Ergehen liegt nicht auf der denkerischen Ebene (allein); die "Antwort" liegt – wenn man so will – vielmehr darin, dass die Frage von ihrer Schärfe und Qual durch eine ganzheitliche und vertiefte Schau der Lebenszusammenhänge verloren hat. Am Schluss des durchlebten Prozesses findet ein Neubedenken des zu Beginn formulierten weisheitlichen Lehrsatzes statt. Dieser wird nicht bestritten, aber neu akzentuiert. Zunächst wird er im Blick auf die negative Seite hin bestätigt: Wer Gottlos lebt und sich entsprechend verhält, wird – auch wenn es lange anders aussehen mag – (am Ende) "zugrunde gehen" (27, vgl. 17ff.). Das Ende der JHWH-Getreuen wird dagegen die Aufnahme bei ihm in Ehren sein (24). Der alte Lehrsatz über Gottes "Gut-sein" (vgl. 1ab) wird zum Bekenntnis gewandelt und durch eine "Innenerfahrung" gefüllt: Gut ist mir die "Elohim-Nähe" (interpretierbar als Nähe zu Gott als auch als Nähe von Gott). Sie ist möglicherweise mit der räumlichen Nähe zu den heiligen Stätten (vgl. 17), jedenfalls mit einer – auch gegen den Augenschein durchzuhaltenden – "Setzung" der Zuflucht auf Gott verbunden, aus der sich die Verkündigung seiner Heilstaten ergibt (28).
Ob diese vom Ziel und Ende her gedachte Lebensperspektive noch auf innerweltliches Wirken Gottes abstellt oder (auch bzw. schon) im Blick auf das Jenseits formuliert ist (so etwa M. Witte), lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen und hängt auch mit der zeitlichen Ansetzung dieses Psalms zusammen (vgl. zur Diskussion auch B. Janowski). Üblich ist die Zuweisung von Ps 73 in spätweisheitliches Milieu und damit eine nachexilische Datierung (wofür auch seine Platzierung am Anfang von Buch III zu sprechen scheint). Die Zugehörigkeit des Psalms zur weithin vorexilischen Asaph-Sammlung und einige Eigenheiten, lassen mich aber eine vorexilische Abfassung (durch einen levitischen Tempelsänger aus der Asaph-Gilde) zumindest nicht ausschliessen (vgl. Nordreich-Dialektismen und den Plural "heilige Stätten Els" [= Spuren vorjosianischer Kultorte?] – nach einigen Auslegern handelt es sich allerdings um einen Extensions- bzw. Amplifikationsplural, also einen gesteigerter Ausdruck für die Heiligkeit des [singularischen] Orts der Gottesgegenwart).
Ps 73 ist ein mit starken Kontrast-Elementen gestaltetes "Dreiecks-Drama", in das die Grössen "Psalmist/JHWH-Gemeinde", "Frevler" und JHWH involviert sind. Der Psalm gliedert sich in zehn Strophen, die überwiegend aus sechs Verszeilen bestehen (Ausnahmen: III A mit vier, V A mit sieben und V B mit fünf Zeilen). Je zwei Strophen paaren sich zu einer Stanze, die – mit Ausnahme der zentralen Stanze III mit zehn Zeilen – alle zwölf Zeilen umfassen. Als Hauptstruktur kann man die fünf Stanzen zu drei Hauptteilen (Cantos) zusammenziehen (I–II, III, IV–V), wobei deutlich ist, dass III den Drehpunkt im Psalm darstellt (Prozess der zuteil gewordenen Erkenntnis), während I–II das Problem entfaltet und III–IV die Lösung darbietet (ABA'-Gesamtanlage) (vgl. J.C. McCann).
Auffallend für Ps 73 sind Formen von reimartigen Anfangsmustern (Akrostichien), die z.T. die Funktion strukturierender Textsignale haben. So eröffnen alle drei Cantos mit der Emphase-Partikel ךא "Fürwahr!" (1a.13a.18a, mit nachlautendem ךיא "wie!" in 19a). Ebenfalls strukturierend eingesetzt wird die Konjunktion יכ "denn, wenn" am Strophenanfang (4a.21a.27a, vgl. auch den Versanfang 3a). Ferner sind an Akrostichien zu erwähnen: der Inclusio-artig wirkende Versanfang ינאו (2a.28a, vgl. ferner 22a.23a), der durch weitere Zeilenanfänge auf א(ו) verstärkt wird (vgl. über die ך(י)א-Anfänge hinaus noch 11a.13b.14a.15a.16a.17b.23b.24b.26c). Auch die יכ-Anfänge werden durch weitere auf כ (2b.20a.26a) oder י (6b.7a.8a) verstärkt (vgl. ferner auch die beiden ןכל-Eröffnungen in 6a.10a).
Bereits die (gutturale) Akrostichie der die Mittestanze III markierenden Verse 13–17 (ךא – האו – םא – חאו – דע) zeigt auf, dass deren Mitte (und damit das Zentrum des Psalms) 15 mit seinem "hypothetischen Zitat" bildet (zu eingespielten Widersacher-Worten vgl. 10f. und 8b[?]). Deutlich ist die Verzahnung von 15 mit der Ich-Aussage des Schlussverses (vgl. auch die Doppelung von רפס "äussern, erzählen" 15a.28c), aber auch mit den Frevler-Reden von II B (vgl. die Doppelung רמא "sagen" 11a.15a sowie הנה "sieh[e an]" 12a.15b). Auch die andern Verse zeigen die "Scharnierstelle" des Psalms dadurch an, dass Bezüge zu den rahmenden Hauptteilen des Psalms vorliegen. So lehnt sich die Formulierung von 13a deutlich an den Eröffnungsvers an (1ab), die "Plage" bzw. "Mühsal"-Aussagen von 14.16 an diejenigen von 5 (עגנ 5b.14a, למע 5a.16b), und die in der Schlusszeile 17b formulierte Einsicht auf "ihr Ende" findet sich nachfolgend variierend wieder (vgl. v.a. 19b.24b.26f.).
Als Leitwort des Psalms dient der in jeder Strophe auftauchende Begriff בבל "mein Herz" (1b.7b.13a.21a.26a.26b). Zudem hat die Begrifflichkeit der (inneren) Einsicht einen wichtigen Stellenwert (vgl. die Ableitungen der Wurzel עדי 11a.11b.16a.22a, ferner ןיב "achten auf" 17b). Erwähnenswert ist auch die für die Asaphpsalmen typische Variierung der Gottesbegrifflichkeit (Elohim 1a.26b., El 11a.17a, Eljon 11b, Adonaj 20a.28b, JHWH 28b).
Auch die rahmenden Stanzen bzw. Cantos (I–II, IV–V) sind durch eine Reihe von Begriffen und Aussagen miteinander verbunden. Über das bereits Genannte hinaus ist das einen Merismus (zwei Gegensatz-Begriffe drücken ein Ganzes aus) bildende Paar "Himmel/Erde" in 9 und 25 zu erwähnen, das die Aussagen dieser beiden Verse kontrastiv verbindet. Weiter sei auf Formulierungen mit Formen des Verbs תישׁ "setzen, stellen" (9a.18a.28a) hingewiesen (vgl. auch die Klangverbindung mit תישׁ "Gewand" [6b]). Deutlich ist auch, dass die am Anfang stehende Wortfügung, bestehend aus dem Wort בוט "gut" und der Gottesbezeichnung "Elohim", am Schluss nochmals aufgenommen und der Psalm damit gerahmt wird (Inclusio).
An Motivik und Metaphorik ist das Moment der Führung (eines Königs) durch die Gottheit zu erwähnen (23b) und die Anlehnung an levitisches Traditionsgut im Blick auf den Erb-Anteil (26bc). Im Blick auf 24b werden als mögliche Verstehenshintergründe diskutiert: das Wegnehmen aus einer lebensbedrohenden Situation vor dem Tod, die Aufnahme in die Lebens- und Hausgemeinschaft (z.B. durch Adoption) oder die Entrückung in die Himmelswelt (vgl. E. Zenger, M. Witte).
An Klangfiguren sind ausser der genannten Akrostichie u.a. aufzuführen: Wortspiel zwischen den mit םולשׁ "Wohlergehen" und המשׁל "zum Entsetzen" verbundenen Aussagen von 3b und 19a, u-Assonanz in 4, Dominanz von א/ע-Lauten in 5(ff).11(f.), b-Zeilen-Anfangsreim auf ע (7b.8b, ähnlich 5b.6b), מ-Alliteration (z.T. verbunden mit ל) in 10, Wortspiel mit Kontrast zwischen תוקלח "schlüpfrige Wege" (18a) und יקלח "mein Anteil" (26b), ת/ך-Laut-Muster in 24, ל-Lautdominanz in 26.
Mit Ps 73 findet – kanonisch gesehen – eine doppelte Eröffnung statt: Der Psalm eröffnet sowohl die Komposition der Asaph-Psalmen 73–83 als auch das Teilbuch III (Ps 73–89) innerhalb des Psalters (zu "Asaph" vgl. die Hinweise bei Ps 50). Ps 73 ist gezielt an den Anfang der Asaph-Psalmengruppe gestellt worden und dient als "Rezitations- und Leseanleitung für Ps 74–83" (E. Zenger). Die Asaph-Psalmen, die im Kreis der mit dem gleichnamigen Eponym verbundenen levitischen Sängergilde entstanden sein dürften und in der Zwölfzahl kanonisch überliefert sind (Ps 73–83, dazu der "externe" Ps 50), sind durchwegs mit nationalen und kollektiven Themen beschäftigt; es sind Krisenpsalmen, die einerseits nationale Desaster (Fall des Nordreichs, 722 v.Chr., sekundär auch Fall des Südreichs, 587/6 v.Chr.) klagend verarbeiten ("Gerichts-Klagen"), andererseits prophetisch das Volk insgesamt oder die Frevler darin ermahnen bzw. des Unrechts bezichtigen ("Gerichts-Ansagen") (vgl. B. Weber). Die Fragen, die sie bearbeiten, sind die nach Ort und Art der Gegenwart Gottes in seinem Volk angesichts von Frevel, Not und Zerstörungen. Mit dem Eröffnungspsalm 73 wird die national-kollektive und sozial-theologische Problematik der Unvereinbarkeit eines gerecht wirkenden Gottes und der sich darbietenden Realität von Gottlosen, die ungestraft mit Wort und Tat Gott spotten, paradigmatisch an einem leidenden Gerechten dargestellt und – allerdings erst proleptisch: im Blick auf das Ende – bewältigt. Verschiedene Begriffe, Motive und Themen, die Ps 73 anschlägt, werden in den nachfolgenden Psalmen aufgegriffen bzw. werfen aus der Retrospektive neues Licht auf Ps 73 zurück (s. dort).
Was die kompositorische Anordnung der Asaphpsalmen-Gruppe 73–83 betrifft, stehen sich zwei Auffassungen gegenüber: ein paralleles Modell, das von der Annahme eines zweifachen Kompositionsbogens Ps 73–77 und Ps 78–83 ausgeht (vgl. M. Millard, E. Zenger, M. Leuenberger), und ein zentrierend-inklusorisches Modell, gemäss dem die Psalmen 73 und 83 einen Rahmen bilden um die drei Psalmenbögen in der Mitte (74–76; 77–79; 80–82) mit Ps 78 in betonter Zentralstellung (vgl. B. Weber). Gemäss dem zweiten, hier favorisierten Modell ist Ps 73 auf den andern Eckpsalm 83 hin interpretativ zu beziehen: Das Leiden des Gerechten unter den Frevlern und dasjenige des Gottesvolkes mitten unter den sie umgebenden Frevlervölkern wird parallelisiert, und den sich gegen Gott und die Seinen Stellenden wird der Untergang angesagt (דבא "zugrunde gehen" [Ps 73,27; 83,18] – je am Psalmschluss).
Als ein Beispiel unter anderen seien das hybride Frevlerverhalten und insbesondere deren (z.T. zitathaft eingespielte) Reden innerhalb der Asaphpsalmen-Komposition herausgegriffen und dargestellt: In Ps 73,11 hört man die Frevler die Erkenntnisfähigkeit Gottes (und damit implizit seine Befähigung zum Aufspüren des Unrechts bzw. als Richter) in Frage stellen. Daraus folgt in Ps 74,8 nicht nur der Entschluss der (hier als Fremdvölker erscheinenden) Feinde, das Gottesvolk zu unterdrücken, sondern es ergibt sich daraus auch das Vorgehen, die Versammlungsstätten Gottes im Land zu zerstören. In Ps 75,5f. werden als Gegenrede die Überheblichen mit dem Hinweis auf JHWHs Gerichtsmächtigkeit gewarnt. Ps 76 erwähnt das theophane Gerichtserscheinen Gottes – die Erde (und mit ihr die Frevler) ist verstummt. Ps 77 und 78 in der Mitte der Komposition zeigen den Weg des wahren Gottesvolkes von der Klage zur Heilserinnerung und zum Sich-führen-Lassen als Herde Gottes, die durch Mose, Aaron und David geweidet wird. In Ps 79 beginnt die hybride Auflehnung gegen Gott und sein Volk aufs Neue, in gesteigerter Form: Ist in Ps 73 die Erkenntnisfähigkeit Gottes in Frage gestellt, so in Ps 79,10 angesichts des Untergangs Jerusalems mit der Frage: "Wo ist ihr Gott?" die JHWH-Präsenz überhaupt. Daraus ergeben sich in Ps 80,4.8.15 die Bitten an Gott um Rückkehr und Wiederherstellung seines Volkes. In Ps 81 wird in der Gemeinde der Gott Jakobs als Geschichtsmächtiger gelobt und zugleich der Ungehorsam des Volkes als Grund für die anhaltende Not benannt. In Ps 82 erscheint JHWH als Götterrichter, der die Mächte richtet, welche die Frevler begünstigen. In Ps 83 schliesslich kulminiert die Aggression gegen Gott und sein Volk im Vorhaben der Vernichtung Israels durch eine Völkerkoalition. Ihr entgegnet die sich im Psalm äussernde Gemeinde mit Bitten um Gericht, das Gott an den Völkern vollziehen möge – damit JHWHs Name erhaben über der Erde sei und bleibe. Die Asaph-Komposition schliesst diesbezüglich offen: Die Bitten sind geäussert, eine Heilswende ist noch nicht in Sicht.
Ps 73 eröffnet im Psalter nicht nur die Asaphsammlung, sondern zugleich das in der Endgestalt des Psalters im Zentrum stehende Teilbuch III (Ps 73–89, dazu R.L. Cole, M. Pavan). Ps 73 gehört zu den "weisheitlichen" Eck- und Scharnierpsalmen (Ps 1; 73; 90; 107; 145), genauso wie der das Teilbuch III beschliessende Ps 89 zu den "königlichen" Eck- und Scharnierpsalmen (Ps 2; 72; 89; 144) gehört. Die Verbindung zum Schlusspsalm 72 von Teilbuch II ist anknüpfend und kontrastiv zugleich. Die im Eingangsteil von Ps 73 (I + II) wahrgenommene Situation des Unrechts ist das Gegenteil der vom davidisch-salomonischen König erwarteten Rechtsdurchsetzung (vgl. etwa die jeweiligen Aussagenzusammenhänge der beiderorts verwendeten Begriffe םולשׁ "Frieden, Wohlergehen" [72,3.7; 73,3]; קשׁע "Erpressung, Unterdrücker" [72,4; 73,8]; סמח "Gewalttat" [72,14; 73,6]). Nach der Darstellung der idealen Königsherrschaft in Ps 72 markiert Ps 73 einen Bruch, der das "Krisenbuch" III im Psalter bestimmt: den Zusammenbruch des davidischen Königtums (entsprechend sind die Psalmen Davids zu Ende gekommen, vgl. Ps 72,20) und damit auch der Rechtsordnung Gottes, die den Frevler bestraft, den Armen zu seinem Recht kommen lässt und das Gottesvolk schützt und führt (vgl. auch den andern Eckpsalm von Buch III, Ps 89, der den Untergang des davidischen Königtums beklagt).
Ps 73 weist auch Rückbezüge zum Bucheröffnungspsalm 1 auf: Beide Psalmen schliessen mit dem Hinweis auf den doppelten Ausgang von Frevlern und Gerechten (vgl. 1,6 mit 73,27f.), beiderorts wird der Weg der Distanzierung von den Frevlern und ihrem Verhalten beschritten (vgl. 1,1 mit 73,13.15), und beide Male wird auf den Tun-Ergehen-Zusammenhang Bezug genommen (vgl. 1,2f.4f.6 mit 73,1.27f.). Doch ist in Ps 1 dieser Zusammenhang unbestritten, so wird in Ps 73 manifest, wie dem Gerechten keineswegs alles, was er tut, gelingt (vgl. 1,3d). Die weisheitliche Grundregel von Ps 1, die am Anfang von Ps 73 aufgenommen wird, ist in die Krise geraten. Ihre Wahrheitsfähigkeit muss durch eine Perspektivenerweiterung neu geschenkt und erkämpft werden. Man kann mit W. Brueggemann sagen, dass Ps 73 in der "Mitte" des Weges liegt, der vom "Gehorsam" (Ps 1) zum Lobpreis (Ps 150) führt und in der Krise sich bewähren muss und es auch tut.
Ps 73, den man auch als "kleinen Hiob" bezeichnen kann, weist entsprechend eine deutliche Nähe zum Hiob-Buch auf. Auch mit Ps 49 gibt es Berührungen. Obwohl Ps 73 zu den heute bekannten und beliebten Psalmen gehört, hat er kaum einen Widerhall im NT gefunden.
Zu 1 vgl. Ps 24,4; Mt 5,8, zu 2f. vgl. Jer 12,1; Ps 37,1, zu 7–9 vgl. Jer 5,28; Ps 12,5; Hi 15,27, zu 12 vgl. Ps 17,14, zu 13(f.) vgl. Mal 3,14; Ps 26,6; Hi 7,18; Mt 27,24, zu 19f. vgl. Ps 49,15; Hi 20,8, zu 23 vgl. Ps 121,5; Röm 8,35–39, zu 24–26 vgl. Num 18,20f.; Dtn 10,8f.; Ps 16,5.10; 49,16; 142,6; Klgl 3,24, zu 28 vgl. Ps 71,15.17.
Ps 73, der nicht nur eine persönliche, sondern auch eine "strukturelle Lebens- und Glaubenskrise" (E. Zenger) bearbeitet, erweist sich als ausgesprochen aktuell und "modern". Seine Frontstellung ist ein "praktischer Atheismus", eine Lebenseinstellung und Weltsicht, die nicht nur Gott als Stifter und Schützer der Weltordnung zurückweist, sondern Gottes faktisches und sogar prinzipielles Desinteresse an der Welt und am Tun der Menschen proklamiert – dies ist gleichsam die Gegenposition zu den Annahmen der Weisheitstheologie. Der zu Beginn geäusserte weisheitliche Satz wird nicht prinzipiell in Frage gestellt, wohl aber wird eine fixierte Regelhaftigkeit und damit eine verengte Auslegung von ihm problematisiert. Entgegen unseres westlichen Denkens, das dahin tendiert, verallgemeinernde Schlussfolgerungen vor die konkrete Beobachtung zu stellen, geht der biblische Denkansatz von der Lebenswahrnehmung aus und fragt dann sorgsam nach dem Allgemeinen (vgl. W. Bittner). Das wirkliche Leben setzt sich gegen ein fixiertes Denken bzw. ein einseitiges Erklären von Lebensprozessen durch.
Man kann Ps 73 auch als "Theodizee-Psalm" apostrophieren, da in ihm das Glück der Gottlosen im Gegensatz zum Leiden des Gerechten steht und damit die Gerechtigkeit Gottes problematisiert ist. Allerdings ist der Theodizee-Problematik der Kontext des aufgeklärten Denkens beigegeben, demgemäss eine "Umkehrung" stattfindet: Nun hat sich nicht mehr der Mensch vor Gott, sondern Gott vor der autonomen menschlichen Vernunft zu rechtfertigen. Geht es bei der Theodizee um ein Dilemma der Vernunft, so ist hier angesichts des Leidens eine Existenzfrage aufgebrochen. In Ps 73 und in der Tradition der biblischen Klagepsalmen wird nicht (wie in der modernen Theodizee-Problematik) vernunftmässig über Gott, sondern beziehungsmässig mit Gott das Problem verhandelt und die Not bei ihm eingeklagt (vgl. R. Feldmeier). Entsprechend vermag der Psalmist die Antwort nicht selber zu ergründen (vgl. 16); die Lösung des Problems liegt nicht in ihm selbst beschlossen, sondern wird ihm durch eine Gottesbegegnung an dessen "heiligen Stätten" zuteil (vgl.vgl.vgl.