Vorwort
Sprachgeschichte und historische Einflüsse
Hochsprache vs. Dialekt
Exkurs: Vorarlberg
Österreichisch vs. Bundesdeutsch
Typisch österreichisch!
Aussprache
Grammatik
Artikel
– Das Mensch hat eine Schneid!
Hauptwortbildung und Fugen-s
Mehrzahl
– Von den Brillen und der Jean
Zahlwörter
– Trotz Nuller einen klassen Einserschmäh
Präpositionen
– Nicht drauf vergessen!
Verben
– Tu nicht so viel konjugieren!
Zeiten – Er sitzt, weil er gestanden hat
Eigenschaftswörter
– Wie es halt so ist
Füllwörter
– Sag’s mit Nachdruck!
Homonyme
– Gleich und doch ganz anders
Die hörbare Mentalität
– Das ist halt so …
Konversation
Servus, Pfiat Gott und auf Wiederschauen!
– Die Zeit
– Die Familie
– Leben und Sterben
– Lokale Kultur & Feiertage
– Der Sport
Alltag und Arbeitswelt
Welcome to Austria!
– Im Büro
– Behörden und Ämter
– Schule und Studium
– Das liebe Geld
– Die Medien
– Das Wetter
– Politik
Dahoam is dahoam!
– Auf dem Land und in den Bergen
– Unterwegs in Österreich
– Kleidung und Shoppen
– Wohnen
– Kontakte
– Haustiere
– Gesundheit
Essen und Trinken: Mahlzeit!
– In der Küche
– Einkaufen
– Fleisch und Wurst
– Beim Bäcker
– Kaffee und Mehlspeise
– Im Wirtshaus / Rauchen
Die lockere Sprache des Alltags
– Heut’ kauf’ ich mir einen Rausch!
– Streit und Ärger
– Flirten auf österreichisch
– Redewendungen
Anhang
Sprachtest: Wie fit sind Sie für Österreich?
Literaturhinweise
Wörterliste
Impressum
Das Wichtigste im Überblick:
Nichts verstanden? – Ein Dialog
Die wichtigten Richtungsangaben
Die wichtigsten Zeitangaben
Uhrzeit
Begrüßung und Abschied
Floskeln und Fragen
Redewendungen
Aussprache und Betonung
Buchstabieren in Österreich
Abkürzungen
Sie lieben Österreich zum Schifahren, Städte-Tripping oder Wanderurlaub? Vielleicht sind Sie ja bereits Fan von Wiener Kaffeehäusern, Topfenpalatschinken, Marillenknödeln oder Tiroler Gröstl? Möglicherweise gehen Sie ja auch zum Arbeiten oder zum Studium in die Alpenrepublik? Aber dennoch beginnen Sie zögerlich, dieses Büchlein durchzublättern, denn was um alles in der Welt ist Österreichisch? Manch österreichischer Dialekt mag wie eine Fremdsprache klingen, aber die Hochsprache ist doch die gleiche wie in Berlin oder Zürich, oder etwa nicht?
Oberflächlich betrachtet haben Sie schon recht, doch bei der Lektüre einer österreichischen Speisekarte, beim Obst- und Gemüsestand am Markt oder auch im Regionalteil der lokalen Zeitung mögen bundesdeutsche oder eidgenössische Reisende schnell ans Ende ihrer Kenntnisse gelangen, denn Deutsch unterscheidet sich nun mal nicht nur auf der gesprochenen Ebene.
Auch wenn bereits ab dem 6. Jahrhundert germanische Völker wie Bajuwaren und Alemannen das heutige Österreich bevölkerten, so hat sich die deutsche Sprache zwischen Bodensee und Donaubecken in vielerlei Hinsicht anders entwickelt als weiter nördlich oder westlich des Sprachgebiets. Diese Unterschiede machen sich auch im Hochdeutschen bemerkbar, denn ob Sie’s glauben oder nicht, es gibt eine unabhängige österreichische Form des Hochdeutschen, die sich vom deutschen oder Schweizer Standard abgrenzt – und es geht hier nicht um Dialekt!
Grundsätzliches
Es muss hier einmal gesagt sein: Deutsch ist (ebenso wie z. B. Englisch, Französisch, Portugiesisch oder Spanisch) plurizentrisch und eine Sprache, die von mehr als 100 Millionen Menschen in unterschiedlichen Ländern als Muttersprache gesprochen wird.
Die von etwa 77 Millionen in der Bundesrepublik verwendete Variante des Deutschen mag vielleicht die bei weitem gebräuchlichste sein, doch die einzige oder gar einzig korrekte ist sie deshalb noch lange nicht! Andere wichtige nationale Standardvarietäten sind z. B. das Schweizer Hochdeutsch sowie das hier behandelte österreichische Deutsch.
Die Hochsprache der Republik Österreich – auch als österreichisches Standarddeutsch bezeichnet – unterscheidet sich dabei nicht nur in Vokabular und Aussprache, sondern auch in Grammatik, Rechtschreibung und Idiomatik in zahlreichen Punkten von den Schweizer und bundesdeutschen Normen.
Grundlegend dafür ist unter anderem das seit 1951 bestehende Österreichische Wörterbuch, das in seiner Funktion dem Rechtschreibduden ähnelt und für Schulen und Ämter Österreichs verbindlich ist. Doch Sie fragen sich, was man sich unter diesen Differenzen vorzustellen hat? Nun, wenn im Alpenland ein Satz wie Wenn es sich im Jänner bei dir nicht ausgeht, dann schick mir doch rasch ein E-Mail oder Wir haben heute untertags viel ausgerichtet, drum lass uns doch im Park ein bisserl ausrasten fällt, so mag das den einen oder anderen Sprachverwandten in Bremen, Erfurt oder Appenzell mutmaßen lassen, sein Gegenüber spreche „falsch“. Doch dem ist nicht so, denn man folgt in der rot-weiß-roten Republik einfach anderen Gesetzmäßigkeiten. Sie mögen fragen: Aber ist denn das wirklich so umfangreich? O ja, das können wir versichern. Überzeugen Sie sich selbst.
Ein weiterer Einwand könnte sein, dass man in Österreich doch auch mit bundesrepublikanischem oder eidgenössischem Deutsch verstanden wird; wozu also dieses Buch? Als österreichischen Autoren ist es uns ein Bedürfnis, das Deutsche in seiner ganzen Vielfalt zu zeigen und Sprachbewusstsein zu schaffen. Die eigene Art zu sprechen ist ein wesentlicher Teil des Selbstverständnisses, und der für Österreich so typische Charakter und die unabhängige Kultur lassen sich besonders durch die eigene Sprachvarietät erfahren. Es geht hier also wahrhaftig nicht um die „Ösimaus“, die brüllte!
Als die Idee zu diesem Buch entstanden ist und wir begonnen haben, Material zusammenzutragen, wussten wir noch nicht, in welche sprachwissenschaftlichen Tiefen wir hinabsteigen würden, um eine schier unendliche Menge an österreichischen Spracheigenarten zu Papier zu bringen. Deshalb kann das vorliegende Werk auch niemals als vollständig bezeichnet werden, vielmehr soll es eine nützliche Darstellung der namhaftesten Unterschiede sein – nicht mehr und nicht weniger.
Wer also mit der österreichischen Alltagskultur in Kontakt treten, das wahre Österreich erfahren und im Land Sympathiepunkte sammeln will, wird mit diesem Buch eine wahre Entdeckungsreise antreten!
Mit diesen Worten lassen wir Sie nun den Inhalt dieses Büchleins entdecken und hoffen, dass Ihnen die Lektüre nicht nur ungläubiges Stirnrunzeln, sondern auch reichlich Spaß bescheren wird. Viel Freude dabei!
Daniel Krasa & Lukas Mayrhofer
„Nur durch Sprache können wir uns als geschichtliche Wesen erfassen“, meint der Schriftsteller und Essayist Karl-Markus Gauß. Im Mittelalter waren das heutige Österreich und der Süden Deutschlands die Regionen, in denen die namhaftesten Sprachzeugnisse auf Alt- und Mittelhochdeutsch verfasst wurden. Zwischen dem 16. und der Mitte des 18. Jahrhunderts sah es zeitweise so aus, als würde sich die durch süddeutsche und bairisch-österreichische dialektale Eigenheiten geprägte oberdeutsche Schriftsprache des Klerus auch als Amts- und Literatursprache im mehrheitlich katholischen Bayern und in den habsburgischen Erbländern durchsetzen und damit zu einer Sprachteilung des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation führen. Denn in den protestantischen Landstrichen bevorzugte man nach der Reformation das so genannte kursächsische Lutherdeutsch, das aus der sächsischen Kanzleisprache hervorgegangen war und deshalb auch als Meißnisch bezeichnet wurde.
Mit der Einführung der Schulpflicht in Österreich im Jahre 1774 und der Notwendigkeit einer einheitlichen Verwaltungssprache entschied sich das habsburgische Kaiserhaus unter Maria Theresia und ihrem Sohn Joseph II. aus pragmatischen Gründen letztendlich für die Einführung der Meißnischen Varietät, auch weil man den Einfluss auf nördlichere Landstriche nicht verlieren wollte und in Sachen Bildungspolitik einiges aufzuholen hatte. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war v. a. der österreichisch-mährische Gelehrte Joseph von Sonnenfels. Doch identisch mit jenem im Norden war das geschriebene Deutsch – das gesprochene natürlich noch viel weniger – auf österreichischem Terrain trotzdem nie.
Anfang des 19. Jahrhunderts schlugen mehrere Versuche fehl, die gesamtdeutsche Sprache zu standardisieren, bis 1866 der Deutsche Bund aufgelöst wurde und es in Folge zur Neuformierung der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn auf der einen und dem Deutschen Reich auf der anderen Seite kam.
Ab jetzt waren zwei – nicht selten miteinander konkurrierende – deutschsprachige Staaten geboren, die beide unabhängig voneinander ihre schriftsprachlichen Gewohnheiten als Regeln kodifizierten und damit einen Grundstein für den plurizentrischen Charakter der deutschen Sprache legten. Diese Entwicklung wurde bis zur Gegenwart mehr oder weniger ausgeprägt weitergeführt.
Richtig oder falsch? Die in diesem Buch dargestellten Standards (was z. B. das Geschlecht von Hauptwörtern angeht) sind die in Österreich üblichen, häufig einzig zulässigen bzw. „richtigen“, auch wenn sie andernorts seltsam klingen mögen.
Spezifisch österreichische Begriffe, Wörter und Wendungen werden stets fett markiert, bundesdeutsche hingegen kursiv dargestellt, d. h. kursiv = in Österreich oftmals ungebräuchlich oder auch unbekannt.
Nach dem Zusammenbruch der Habsburger Monarchie im Jahr 1918 wollte man die „deutschösterreichische Republik“ ausrufen, was die alliierten Siegermächte jedoch im Friedensvertrag von St. Germain unterbanden.
Das Land war aufgrund der eigenen Bezeichnungen („Deutschösterreich“ von 1918-1919 bzw. „Ostmark“ nach dem Anschluss an Hitlerdeutschland) nach Kriegsende nicht nur auf Verdrängungskurs der politischen Geschehnisse und Verantwortlichkeit, sondern auch auf sprachlicher Identitätssuche. Der Wunsch nach kultureller Abgrenzung zu Deutschland führte u. a. dazu, dass bis Mitte der 50er-Jahre in Schulzeugnissen nicht von „Deutsch“, sondern lediglich von „Unterrichtssprache“ die Rede war. Nicht zufällig fällt auch in diese Zeit die Erstausgabe des oben erwähnten Österreichischen Wörterbuchs.
Komplett aufgegeben wurde das oberdeutsche Wortgut übrigens nicht, und so finden sich in der modernen Sprache immer noch Relikte daraus, wie Bub, Hafner, Leintuch, Kutteln, Rechen, schlecken, Stecken oder Zins.
Äxgüsi, liebe westliche Alpennachbarn: In weiterer Folge werden wir den typisch österreichischen Begriffen aus platztechnischen Gründen nur bundesdeutsche Entsprechungen gegenüberstellen und hoffen, dass diese auch von Schweizer Leserinnen und Lesern verstanden werden.
Eine Vielzahl rechts- und verwaltungstechnischer Begriffe geht übrigens noch heute auf das österreichische, maßgeblich von Joseph von Sonnenfels geprägte Amtsdeutsch im Habsburgerreich zurück, so z. B. Ausdrücke wie approbieren (zulassen), die Causa (Fall, nicht Rechtsgrund), dirimieren (entscheiden), die Krida (Konkurs), das Legat (Vermächtnis), das/die Servitut (Dienstbarkeit), skartieren (Akten vernichten) oder urgieren (auf eine Entscheidung drängen). In manchen Fällen sind in Österreich noch ältere Begriffe zu hören, wie das bis ins 19. Jahrhundert auch in Deutschland übliche Jänner (statt Januar).
Gänzlich anders verhält es sich mit ausländischen Lehnwörtern. Während Anfang des 20. Jahrhunderts Deutschland mehrheitlich deutschsprachig war, gaben zur gleichen Zeit nicht einmal 25 % der Einwohner Österreich-Ungarns Deutsch als ihre Muttersprache an, und so erstaunt es nicht, dass bis heute zahlreiche Entlehnungen aus slawischen Sprachen oder dem Ungarischen zu finden sind:
der Brimsen der Frischkäse aus Schafmilch; slowak.: bryndza |
der Fogosch (im Burgenland) der Zander; ung.: fogas |
die Jause die (kalte) Zwischenmahlzeit; slowen.: južina |
der Kren der Meerrettich; kroat./serb.: hren, poln.: chrzan, slowak.: chren, tschech.: křen |
der Kukuruz der Mais; kroat./serb.: kukuruz |
die Maschekseite (ostösterr.) die Rückseite, Hinterseite; ungar.: másik (= der/die andere) |
der Mulatschak das (ausgelassene) Fest, die Party; ung.: mulatság |
der Powidl das Pflaumenmus; tschech.: povidla |
Besonders in Ostösterreich und speziell in Wien hat das Tschechische viele Wörter rund ums Essen geprägt (bürgerliche Wiener Haushalte hatten traditionell böhmische Köchinnen), aber auch auf die Alltagssprache Einfluss genommen. So gehören Ausdrücke wie auf Lepschi gehen (sich herumtreiben, von tschech. lepší „besser“), petschiert sein (ruiniert sein, von tschech. peče? „Siegel“) oder pomali (langsam, mit Gemach von tschech. pomalu „langsam“) zum lokalen Wortbestand.
Ebenso finden sich gerade in der Wiener Umgangssprache Überbleibsel des Jiddischen, wie beispielsweise: der Haberer (Freund, Kumpan), ein Masel (a Masn) haben (Glück haben), mauscheln (undeutlich sprechen – ursprünglich antisemitisch gemeint, also mit jiddischem Akzent sprechen), die Mischpoche (Familie, Sippe), der Schmattes (Trinkgeld), Tacheles reden (Klartext reden), der Tinnef (Blödsinn, billiges Zeug) oder vermasseln (verderben, verhindern).
Fragt ein Deutscher einen österreichischen Bekannten: „Sag, was ist diese Mischpoche, über die ihr immer redet? Ist das was zum Essen?“ Antwortet ihm darauf der Österreicher: „Nein, zum Speiben (Kotzen)!“
Geradezu massiv wurde das österreichische Deutsch auch durch das Französische geprägt, war es doch wie in vielen anderen Ländern Europas die Sprache des Hofes.
Im Gegensatz zum Bundesdeutschen wurde die Originalschreibung beibehalten, z. B. das Bouquet (sprich [bukeh] statt Bukett), das Buffet (sprich [büffeeh] statt Büfett), das Canapé (statt Kanapee), das Parfum (sprich [parfön] (statt Parfüm), das Rouleau (statt Rollo) oder die Sauce (statt Soße).
Ebenso behält man in Österreich meist die Betonung französischer Lehnwörter bei, also Kaffee (statt Kaffee) oder Kabarett (sprich [kabaree] statt Kabarett) bzw. die Originalaussprache, so v. a. bei Chance (sprich schohns und nicht schangse), Cousin (sprich [kusön] statt kuseng), Giraffe (sprich [shiraffe] statt giraffe) und jovial (sprich [showial] statt jowial).
Interessanterweise ist dies auch noch dort häufig der Fall, wo die Schreibweise zwischenzeitlich eingedeutscht wurde, wie bei Kai (von franz. quay), das in Österreich als [kee] und nicht als [kaj] artikuliert wird.
In Deutschland weitestgehend unübliche französische Entlehnungen sind außerdem:
applanieren |
beilegen, schlichten |
die Bouteille |
die Flasche |
delogieren |
zum Ausziehen zwingen |
der Fauteuil |
der Sessel |
die Garçonnière |
die Einzimmerwohnung |
das Gilet |
die ärmellose Weste |
inskribieren |
einschreiben |
insultieren |
beleidigen |
konvenieren |
passen, recht sein |
das Necessaire |
der Kulturbeutel |
der Plafond |
die Zimmerdecke |
der Portier [portier] |
der Hotelportier, auch: der Hausmeister |
prolongieren |
verlängern |
refundieren |
rückvergüten, zurückzahlen |
retournieren |
zurücksenden |
reversieren |
umkehren |
das Trottoir |
der Bürgersteig |
Die meisten dieser Wörter behalten ihre französische Aussprache bei. Ausnahme ist z. B. der Portier, sprich [portier] und nicht [portjee]!
Sehr häufig hört man außerdem vis-à-vis (statt gegenüber) und apropos (häufiger als „übrigens“). Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das Österreichische in einigen Fällen italienische Lehnwörter vorzieht, wo das Bundesdeutsche französische kennt, so z. B. das Aviso (statt der Avis – Hinweis), der Gusto (statt Appetit), der Kontrollor (statt Kontrolleur) oder die Melanzani (statt Aubergine).
Weitere italienische Lehnwörter sind:
ein Alzerl ein bisschen (von ital. „alzo“ – ein Stück Leder, das den Schuh ausfüllt) |
die Biskotten die Löffelbiskuits (oft [bischkotten] gesprochen) |
detto dasselbe (wie oben), wie schon gesagt (in Deutschland „dito“) |
die Maroni die Maronen, die Kastanien |
die Parte die Todesanzeige (von ital. „dare parte“) |
die Pasta die Paste (Zahnpaste) |
perlustrieren genau durchsuchen (von ital. „perlustrare“) |
die Polizze die Versicherungspolice |
(so) quasi sozusagen |
Aus dem Englischen finden sich speziell im Wortschatz des Fußballs einige Lehnwörter, wie der Corner (der Eckball, der Eckstoß), das Out (das Aus), der Penalty (der Strafstoß, der Elfmeter), aber auch manchmal das Goal (das Tor), der Keeper (der Torwart) oder der Referee (der Schiedsrichter). Und wo Norddeutsche Pampelmuse sagen, geht Österreicherinnen und Österreichern nur das englische Grapefruit über die Lippen.
Praktisch das gesamte deutsche Sprachgebiet kennt neben der Hochsprache diverse regionale Sprachregister. Auch in Österreich gibt es abseits der hochsprachlichen – meist geschriebenen – Standardvarietät zahlreiche Dialektformen, wobei diese in einer Art Wechselspiel mit dem österreichischen Hochdeutsch stehen und sich entsprechend gegenseitig beeinflussen. Insofern ist die Abgrenzung zwischen Dialekt, Hoch- und Umgangssprache gerade in Österreich sehr häufig nicht ganz eindeutig, nicht zuletzt weil der eigene österreichische Charakter der Sprache oftmals besser über mundartliche Formen transportiert werden kann. Somit finden sich auch in unserem Buch einige Begriffe, die sich eher in eine Art hochsprachlich-dialektale Grauzone einordnen lassen, doch spiegeln sie in allen Fällen das gesprochene Wesen des Landes wider.
Vielerorts überwiegt in Österreich im Alltag der Dialekt, doch wird er kaum verschriftlicht – sieht man von Filmdrehbüchern, Mundartdichtung, Musiktexten und neuerdings Chats und SMS ab.
Man unterteilt Österreich grob in zwei Dialektgruppen: die bairische und die alemannische. Zum Verbreitungsgebiet letzterer zählen neben der Deutschschweiz, Schwaben, Teilen Baden-Württembergs, Liechtenstein, dem Elsass und kleinen Teilen Norditaliens auch das kleinste österreichische Bundesland: Vorarlberg. Die anderen Dialekte werden der bairischen Gruppe zugeschrieben, wobei es einen Unterschied zwischen südbairischen Dialekten (mit ihren typischen Kehlkopflauten, vor allem in Tirol, Osttirol, Kärnten und Teilen Salzburgs und der Steiermark) sowie mittelbairischen (in allen anderen Teilen der Republik) gibt. Entsprechend finden sich selbst im kleinen Österreich teilweise unterschiedliche Begriffe für ein und dasselbe Wort, so sagt man im Norden und Osten Heidelbeere, in Teilen Tirols und Salzburgs Moosbeere, in Vorarlberg Blaubeere, in anderen Regionen vereinzelt aber auch Schwarzbeere.
Überschneidungen mit süddeutschen Begriffen sind also immer wieder möglich, weshalb Sie als Leser aus dem süddeutschen Raum bei dem einen oder anderen Begriff denken werden: „Das sagen wir doch auch“.
Sprecherzahlenmäßig dominieren die in Ostösterreich gesprochenen Dialekte und dabei speziell der in und rundum Wien, der gerade auch medial weitaus präsenter ist als die restlichen. Aber sagen Sie das bloß keinem Tiroler!
Für viele in Österreich gilt der Vorarlberger Dialekt als der am schwersten verständliche. Kein Wunder, denn „das Ländle“ wurde von Alemannen und nicht wie der Rest des Landes von Bajuwaren besiedelt. Nicht nur die Aussprache der „G’siberger“, wie man die Vorarlberger oft scherzhaft nennt (aufgrund ihrer gebräuchlichen Vergangenheitsform „I bin g’si” [gewesen]), sondern auch ihr Wortschatz weichen in vielen Bereichen von jenen im Rest Österreichs ab.
Aufmuntern kann man Vorarlberger mit einem nit lugg lo, was soviel heißt wie „Nur nicht nachlassen!”
Finden Vorarlberger (neben den Tirolern) etwas so richtig supertoll, sagen sie bärig!
Die Bewohnerinnen und Bewohner Vorarlbergs schaffa bzw. puggla (arbeiten, malochen) gern und viel, weswegen ihnen der Ruf vorauseilt, sehr fleißig zu sein. Man schiebt die Karretta (Schubkarre) und stärkt sich dafür um neun Uhr mit einer Vormittagsjause (Es Z’nüni) oder später beim Z’Vieri, dem Nachmittagsimbiss, und labt sich an Schübling (Knackwurst) oder Wienerle (Frankfurter Würstchen).
Und wenn der Ehni (Großvater) die Schesa (Kinderwagen) schiebt, liegt kein einfaches Mädchen, sondern ein Moatle, Motl, Schmelg, Meigi oder Maiggi drinnen, denn ein Mädchen in Bregenz ist nun mal anders als eines in Feldkirch oder im Montafon.
In einigen Fällen benutzt man in Vorarlberg, aber auch in Tirol Begriffe, die anderswo in Österreich als typisch deutsch gelten, beispielsweise: der Blumenkohl (statt der Karfiol), das Hackfleisch oder G’hackte (statt das Faschierte), der Kamin (statt der Rauchfang), der Pfifferling (statt das Eierschwammerl; man hört aber auch das Eierschwämmle), der süße Rahm (für das Obers), und Limonaden sind – wie in Deutschland – feminin, also die Cola, die Fanta usw. (statt das Cola, das Fanta).
Gewöhnungsbedürftig, wenn auch gänzlich unpolitisch gemeint, ist der Gruß unter Bekannten Heile!, und an die Schweizer Nachbarn erinnert die Abschiedsfloskel Uf Wiederluega! (Auf Wiedersehen!).
Das österreichische Deutsch stellt in seiner Wahrnehmung ein gewisses Paradoxon dar. Durch die weichere Aussprache und Sprachmelodie stoßen österreichische Sprecherinnen und Sprecher häufig auf Wohlwollen bei ihrem ausländischen Gegenüber, und auf den einen oder anderen Austriazismus wird – besonders in Deutschland – oft mit Verzückung reagiert. „Hübsch” wird aber nicht automatisch mit „richtig” gleichgesetzt, und fast könnte man von einem Imageproblem sprechen. Denn Studien zeigen, dass das österreichische Deutsch im Ausland oft als nicht korrekte Varietät wahrgenommen wird, und manche Österreicher empfinden ihre eigene Sprache als weniger elegant oder geschliffen als das Deutsch der Bundesrepublik. Mangelndes sprachliches Selbstwertgefühl oder David gegen Goliath?