Anmerkungen

1 Aus derartigen Gründen erklärt etwa der Pädagoge Klaus Doderer in «Die Zeit» vom 23. Mai 1969, das Buch sei für die moderne Jugend nicht zur Lektüre geeignet.

2 Siehe dazu http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/johanna-spyri/; besucht am 4.1.2017.

3 In den dreißig Jahren von 1871 bis zu ihrem Tod veröffentlichte Spyri 31 Bücher, 27 Erzählbände und 4 Broschüren, insgesamt 48 Erzählungen. Im September 2011 ging ihr Nachlass, der über 1000 Briefe, Manuskripte, Notizen und Dokumente umfasst, an die Zentralbibliothek Zürich über.

4 Etwa 7200 CHF bzw. 6700 EUR; Stand 4.1.2017.

5 Etwa 960 CHF bzw. 900 EUR; Stand 4.1.2017.

6 Die Umsetzung von Dunants Vorschlägen aus seinem Buch Eine Erinnerung an Solferino führte im Februar 1863 zur Gründung des Internationalen Komitees der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege, das seit 1876 den Namen «Internationales Komitee vom Roten Kreuz» trägt (IKRK). Im Rahmen dieser Bestrebungen wurde am 22. August 1864 anlässlich einer diplomatischen Konferenz die erste Genfer Konvention beschlossen. Details finden sich unter https://de.wikipedia.org/wiki/Genfer_Konventionen und https://de.wikipedia.org/wiki/Henry_Dunant oder in einer der vielen Biografien über das Leben Dunants.

7 Solferino ist ein kleiner Ort zehn Kilometer südlich des Gardasees in der italienischen Provinz Mantua (Lombardei). Quelle: de.wikipedia.org.

8 Christlicher Verein junger Männer.

9 1890 in einem Brief an einen Freund. Zitiert von Hans Amann in Henry Dunant: Das Appenzellerland als seine zweite Heimat, Appenzeller Verlag: Herisau 2008, Seite 22.

10 Sur le drapeau féderal. Manuskript um 1830: «Revue militaire Suisse 1869».

11 Siehe dazu: Heidy M. Müller: «Pädagogik in Johanna Spyris Heidi-Büchern: literaturgeschichtliche Koordinaten eines ‹Bildungsromans›», in: «Schweizer Monatshefte: Zeitschrift für Politik, Wirtschaft, Kultur», 69/1989, Seite 924ff.

12 In: «Pädagogische Revue», Centralorgan für Pädagogik, Didaktik und Culturpolitik, hrsg. von Dr. Mager, Erster Band, Verlag der J. F. Cast'schen Buchhandlung: Stuttgart, Juli–Dezember 1840, Seite 316.

13 Siehe Florian Stark: «Wahrer Erfinder des Sudoku war ein Schweizer», in: «Welt» online, 15.4.2013.

14 Eine Zusammenfassung seiner wissenschaftlichen Leistungen findet sich unter https://de.wikipedia.org/wiki/Leonhard_Euler.

15 So etwa die Kreiszahl p , das Summensymbol S , Sinus, Cosinus, Tangens und viele mehr.

16 Henri Poincaré, ebenfalls ein bedeutender Mathematiker.

17 Pierre Simon Laplace, französischer Mathematiker, Physiker und Astronom.

18 Ein Schweizer Mathematiker und Physiker (1700–1782).

19 Für Details zu dieser Sicht, siehe Niall Ferguson: Der Westen und der Rest der Welt, List: Berlin 2011, oder auch mein Buch Ehrenmord vor unserer Haustür, Brunnen: Gießen 2016, Seite 124ff.

20 Es gibt auch die Nicht-Schiller'sche Version «ein einig Volk von Brüdern», die gerne zitiert wird, weil sie inhaltlich so gut passt.

21 «Wir haben auch einhellig gelobt und festgesetzt, dass wir in den Tälern durchaus keinen Richter, der das Amt irgendwie um Geld oder Geldeswert erworben hat oder nicht unser Einwohner oder Landmann ist, annehmen sollen» (Bundesbrief, datiert Anfang August 1291, aus dem Lateinischen).

22 Siehe das Buch «Richter» im Alten Testament.

23 Alle Bibelzitate stammen aus der Schlachter-Bibel.

24 Simon, der Zelot, und Levi, der Zöllner.

25 Die Landsgemeinde ist in der Schweiz eine der ältesten und einfachsten Formen der direkten Demokratie. Die wahl- und stimmberechtigten Bürger eines Kantons, eines Bezirks oder eines Kreises versammeln sich an einem bestimmten Tag unter freiem Himmel, um ihre verfassungsmäßigen Aufgaben zu erledigen (Quelle: de.wikipedia.org). Heute nur noch aktiv in den Kantonen Appenzell Innerrhoden und Glarus.

26 Der große griechische Gelehrte Pythagoras soll gewissen Berichten zufolge ursprünglich von einem keltischen Druiden unterrichtet worden sein.

27 Die französischsprachigen Schweizer.

28 Der Schweizer Kanton Waadt (Waadtländer) oder französisch Vaud (Vaudois).

29 http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=1571; besucht am 11.1.2017.

30 Die Idee der Gewaltentrennung wurde in ihren Anfängen insbesondere von John Locke verfochten, der sich als Christ bekannte und unter anderem politische Ansätze des Schweizer Reformators John Calvin weiterentwickelt haben soll. Er forderte vom Staat Religionsfreiheit und begründete dies mit der Bibel.

31 Luther sah Römer- und Galaterbrief als die wichtigsten Bücher der Bibel an, während er den Jakobusbrief am liebsten aus der Bibel rausgeworfen hätte.

32 In einigen Schweizer Kantonen wird der Vorsitzende der Kantonsregierung «Landammann» genannt, nämlich in Uri, Schwyz, Nid- und Obwalden, Zug, Glarus, Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden, Solothurn und Aargau. Quelle: de.wikipedia.org.

33 Gemeint ist der sogenannte Dreißigjährige Krieg, der von 1618–1648 dauerte.

34 Es gibt auch andere Erklärungsversuche für den Namen «Hugenotten», doch dieser ist nach wie vor der plausibelste.

35 Man denke dabei nicht nur an Ehrlichkeit und Verachtung von Luxus, sondern auch an die Abneigung gegen Bestechungsgelder.

36 Fairer in dem Sinn, dass nicht nur eine Elite, sondern das ganze Volk vom Reichtum profitiert.

37 Peter von Matt auf dem Umschlagtext des von ihm herausgegebenen Buches mit Erzählungen von Jeremias Gotthelf: Wilde, wüste Geschichten, Nagel & Kimche: München 2012.

38 Verdingung bezeichnet in der neueren Schweizer Geschichte die Fremdplatzierung von Kindern zur Lebenshaltung und Erziehung. Oft wurden die Kinder an Bauern vermittelt, von denen sie als günstige Arbeitskraft meist ausgenutzt, misshandelt und missbraucht wurden (Quelle: de.wikipedia.org).

39 Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten, Beck: Nördlingen 1868, 1. Auflage, Seite 39.

40 Ein Völkerbundsmandat, das nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg an Großbritannien übertragen wurde. Auf dem Mandatsgebiet entstanden später das heutige Israel und Jordanien, der Gazastreifen und das Westjordanland (Quelle: de.wikipedia.org).

41 Neu aufgelegt vom Chronos-Verlag: Zürich 1999, 2. Auflage 2004. Ursprünglich Tempel-Verlag in Potsdam 1921.

42 Seite 101ff.

43 Als Oberschwaben oder Schwäbisches Oberland wird das Gebiet zwischen Baden-Württemberg und Bayern nördlich des Bodensees im Dreieck zwischen Donau, Lech und Bodensee bezeichnet.

44 2003. Der Film basiert auf dem Roman Die Schwabenkinder: Die Geschichte des Kaspanaze von Elmar Bereuter (Herbig: München 2013) und erhielt den Fernsehfilmpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste.

45 Siehe Geborgenheit, Sehnsucht des Menschen, Humata-Verlag Blume: Bern 1986, 12. Auflage.

46 http://www.medecinedelapersonne.org/de; Zugriff am 13.1.2017.

47 Paul Grüninger, nach dem ein Stadion in St. Gallen und eine Schule in Wien benannt sind.

48 Oppositionsbewegung evangelischer Christen in der Nazizeit.

49 Francis A. Schaeffer: Preisgabe der Vernunft, La Maison de la Bible: Genf 1970.

50 Elisabeth Seiler: Tut seine Wunder kund, Verlag der Liebenzeller Mission: Bad Liebenzell 1969.

51 Zitat stammt von der Webseite der «Kopten ohne Grenzen».

52 Matthäus 7,1.5.12.

53 Lukas 23,34; Hoffnung für alle.

54 Römer 9,3.

55 Die sogenannte Stiftshütte wurde unter Mose errichtet. An diesem Ort waren Priester damit beschäftigt, Menschen durch stellvertretende Tieropfer von ihrer Schuld zu befreien und mit ihrer Gemeinschaft wieder zu versöhnen.

56 Siehe dazu mein Buch Ehrenmord vor unserer Haustür, Brunnen: Gießen 2016.

57 «The Mission» ist ein britischer Spielfilm von Roland Joffé aus dem Jahre 1986, der auf wahren Begebenheiten beruht.

58 Apostelgeschichte 20,29.

59 Wie dieses Wissen nach Europa kam, ist bei Historikern bis heute umstritten. Internationale Händler, überlebende Kreuzritter, spanische Mauren oder auch flüchtige griechische Gelehrte sind als Vermittler ins Spiel gebracht worden.

60 Epik, Lyrik, Komödie, Historik, Flöte, Astronomie, Tragödie, Tanz und Geometrie, Gesang und Tanz.

61 Sibyllen sind mystische Prophetinnen aus den griechischen Sagen. Sie sind bekannt für ihre doppeldeutigen Voraussagen.

62 Als «Bulle» bezeichnet man eine Urkunde, in welcher der Papst einen Erlass verkündet.

63 Humanismus ist eine seit dem 19. Jahrhundert gebräuchliche Bezeichnung für verschiedene, teils gegensätzliche geistige Strömungen in diversen historischen Ausformungen, unter denen der Renaissance-Humanismus begriffsbildend herausragt. Gemeinsam ist ihnen eine optimistische Einschätzung der Fähigkeit der Menschheit, zu einer besseren Existenzform zu finden. Es wird ein Gesellschafts- und insbesondere Bildungsideal entworfen, dessen Verwirklichung jedem Menschen die bestmögliche Persönlichkeitsentfaltung ermöglichen soll. Damit verbindet sich Kritik an bestehenden Verhältnissen, die aus humanistischer Sicht diesem Ziel entgegenstehen. Hinsichtlich der konkreten Inhalte bestehen zwischen den einzelnen Humanismuskonzepten große Unterschiede, die sich aus der Verschiedenheit der anthropologischen Grundannahmen ergeben. Insbesondere besteht ein Gegensatz zwischen den Modellen, die aus der Tradition des Renaissance-Humanismus hervorgegangen sind, und alternativen Entwürfen der Moderne, die sich in Opposition zum traditionellen Humanismus begreifen und mit ihm wenig gemeinsam haben, aber am Begriff Humanismus als Selbstbezeichnung festhalten. (Quelle: de.wikipedia.org.)

64 Matthäus 5,5.9.

65 Brunnen: Gießen 2016.

66 Ein Vergleich, der auf den Kirchenvater Augustinus zurückgeht und der unter anderem von Galileo Galilei aufgegriffen wurde.

67 Siehe eine Untersuchung dazu unter http://www.hoye.de/galileo/lieferung8.pdf; Zugriff am 16.1.2017.

68 Siehe dazu Vishal Mangalwadi: Das Buch der Mitte. Wie wir wurden, was wir sind. Die Bibel als Herzstück der westlichen Kultur, Fontis: Basel, 4. Auflage 2015.

69 Hier stellt sich im Hintergrund die Frage nach der Unterscheidung zwischen Kirche und Sekte. Letztere rücken sich selbst bzw. ihre Leiter und Ausführer exklusiv ins Zentrum, während Kirchen nicht ihre Organisation, sondern das Heilswerk Jesu verkünden.

70 Ich setze hier den «Tempel Gottes» mit der Kirche gleich.

71 1. Mose 3,4.

72 Dieses Sprichwort stammt übrigens aus der Bibel, und zwar aus den Sprüchen Salomos 16,18.

Kurt Beutler
Die Schweiz und ihr Geheimnis

www.fontis-verlag.com

Dieses Buch ist meiner wunderbaren Mona gewidmet.
Dank ihrer großen Fantasie hat sie
die Schweiz ganz anders gesehen als ich.
Damit hat sie mir neue Perspektiven eröffnet.
Ohne sie wäre dieses Buch nie geschrieben worden.

Kurt Beutler

Die Schweiz und ihr Geheimnis

Warum dieses Land anders ist

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2017 by Fontis – Brunnen Basel

Umschlag: Spoon Design, Olaf Johannson, Langgöns
Foto Umschlag: Miro Novak / shutterstock.com
E-Book-Vorstufe: InnoSet AG, Justin Messmer, Basel
E-Book-Herstellung: Textwerkstatt Jäger, Marburg

ISBN (EPUB) 978-3-03848-462-2
ISBN (MOBI) 978-3-03848-463-9

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Inhalt

Vorwort

Teil 1
Vier Sterne am Schweizer Himmel

1. Spyris Heidi – die berühmteste Schweizerin

2. Henry Dunant – der barmherzigste Schweizer

3. Pestalozzi – großzügig bis zum Bankrott

4. Leonhard Euler – das Jahrhundert-Genie

Teil 2
Hinter den Kulissen der Schweizer Geschichte

5. Das Geheimnis der Schweiz

6. Ein Schwur vor Gott

7. Mehr als nur ein Winkelried: Das Selbstopfer

8. Die berüchtigten Eidgenossen auf Abwegen

9. Wie die Schweiz neutral wurde

10. Die Verfassung und der Souverän der Schweiz

Teil 3
Ein neuer Blick auf die Bibel

11. Zwingli, Zürich und die Reformation

12. Keine Kompromisse mehr: Die «Schweizer Brüder»

13. Schweizer Schützenhilfe für Johannes Calvin

Teil 4
So vielseitig sind Schweizer Christen

14. Gotthelf und die Bosheit der Menschen

15. Das weiße und das Rote Kreuz

16. Carl Lutz – der vergessene Held

17. Jakob Künzler: Arzt und Waisenvater unter Armeniern

18. Als die Schweiz noch arm war: Die Schwabenkinder

19. Der Wegbegleiter vieler Seelsorger: Paul Tournier

20. Die Heilsarmee: Alles ganz anders

21. Flüchtlingspfarrer und Flüchtlingsmutter

22. Karl Barth, der «Kirchenvater des 20. Jahrhunderts»

23. Francis Schaeffer, der Apologet in L'Abri

24. Pfarrer Rochat und sein «Blaues Kreuz»

25. Frère Roger: Ein Schweizer Pfarrer gründet Taizé

26. Der «Evangelische Brüderverein»: Sekte oder Freikirche?

27. «Christian Solidarity»: Hunderttausend Sklaven freigekauft

Teil 5
Die Fehler der Christenheit

28. Diese schreckliche Sehnsucht nach Macht

29. Gottesreich versus irdisches Reich

30. Die Verfolgung von Hexen und Juden

31. Angriff auf die Ketzer und Freikirchler

32. Sechs weitverbreitete Missverständnisse

Teil 6
Der große Irrtum

33. Die Hochzeit mit der Renaissance

34. Wenn ein humanistischer Papst überzeugte Gläubige straft

35. Jesus – Gottes Sohn oder bloß ein Humanist?

36. Humanistisches Denken: Überwindung des Christentums?

37. Was war. Was ist. Was bleibt.

MEOS – ein Kompetenzzentrum für Immigration

Anmerkungen

Ein herzlicher Dank
gebührt dem Historiker Philippe S.,
der das gesamte Manuskript
auf seine geschichtliche Korrektheit geprüft
und zahlreiche Änderungen angebracht hat.

Vorwort

Ich habe das Vorrecht, Kurt Beutler seit vielen Jahren zu kennen. Bei seinem ersten Buch Zwischen Bomben und Paradies durfte ich als Ratgeber mitwirken. In der Zwischenzeit wurde der Autor einem großen Leserkreis als Spezialist für den Islam, Flüchtlinge und Integration bekannt. Er schreibt mit großem Sachverstand und mit Passion. Und er kennt die Nöte und Sehnsüchte der Muslime, Flüchtlinge und Immigranten. Seine bisherigen Buchveröffentlichungen zeugen davon.

In diesem Band liefert er nicht nur viele Informationen und viel Wissenswertes für einen breiten Leserkreis, sondern auch eine Unterstützung für diejenigen, die sich um Immigranten kümmern. Die Völkervermischung ist in unseren Breitengraden eine Realität. Viele Fragen werden über die Hintergründe, die Geschichte der Gastgeberkultur und die wirklichen Motive der Flüchtlinge gestellt. Die Antworten darauf greifen oft zu kurz. Staatliche, nichtstaatliche und private Anbieter sind oft überfordert.

Der Autor hat einige historische Persönlichkeiten porträtiert, die für unsere Kultur prägend sind. Sie gehören zu einem Personenkreis, der Großes geleistet hat und gleichzeitig die Ehre Gottes suchte. Es sind Männer und Frauen, die Profan- und Reich-Gottes-Geschichte geschrieben haben und damit viele inspirierten. Sie dienen uns heute noch als Vorbilder. Sie stellten sich selbst nicht in den Mittelpunkt, sondern dienten den Mitmenschen.

Alle Generationen haben das Recht auf ein solides geistiges und geistliches Erbe. Nur wer weiß, woher er kommt und wovon er geprägt wurde, kann überzeugend seine Zukunft gestalten. Darum wurde dieses Buch geschrieben. Unsere Kinder und Enkel dürfen aber ihre Augen nicht vor den negativen Entwicklungen verschließen. Tatsache ist, dass sie heute schon mit riesigen finanziellen Schuldenbergen, zweifelhaften Geschichtsauslegungen, humanistischem und christlichem Wertezerfall und vielen weiteren Problemen klarkommen müssen. Durch das wissenschaftlich Machbare kommen neue große Veränderungen hinzu.

Genügen ihre Grundlagen, um das zu bewältigen? Sie brauchen verlässliche Entscheidungshilfen. Die Frage nach den unverzichtbaren biblischen und weltanschaulichen Werten, die auch die Grundlage der Menschenrechte bilden, muss immer wieder neu betrachtet werden. Der Autor hilft, das Gute zu erkennen und zu behalten und sich vom Schlechten zu trennen, um neue Entscheidungen treffen zu können. In diesem Sinne hilft das Buch den Neuankömmlingen wie auch einer breiten interessierten Öffentlichkeit.

Dr. Marco Gmür

Teil 1

Vier Sterne am Schweizer Himmel

Kapitel 1

Spyris Heidi – die berühmteste Schweizerin

Die berühmteste Schweizerin ist Heidi. Dies jedenfalls erklärte mir jener syrische Asylsuchende, der ebendiesen Namen für seine Tochter ausgewählt hatte. Er erzählte, dass er die Geschichte von Heidi und dem Geißenpeter schon von klein auf geliebt habe und sich darum für seine Tochter keinen anderen Namen hätte vorstellen können. Durch ihn wurde mir bewusst, dass das Mädchen aus den helvetischen Alpen weltweit bekannt und beliebt ist.

Wer «Heidi» googelt, der trifft tatsächlich eine ganze Reihe von Superlativen an. Dieses Buch sei das mit Abstand bekannteste Werk der gesamten Schweizer Literatur, habe es doch eine Gesamtauflage von über fünfzig Millionen Exemplaren erreicht. Es gehöre zu den bekanntesten Kinderbüchern überhaupt und zu den am meisten übersetzten Büchern der Welt (über fünfzig Sprachen).

Als Johanna Spyri 1881 die Geschichte schrieb, soll sie damit sogar eine neuartige Literaturgattung geschaffen haben, kann man da erfahren. Zum ersten Mal in der Geschichte sei ein Buch aus der Perspektive eines Kindes geschrieben worden. Auch der Heimatfilm «Heidi» von 1952 war ein weltweiter Erfolg, die Fortsetzung «Heidi und Peter» von 1955, der erste Schweizer Farbfilm, ein noch größerer. Und das Interesse nimmt keineswegs ab. Die Geschichte soll mehr als ein Dutzend Mal neu verfilmt worden sein.

Während unzählige Kindergeschichten kommen und gehen, gibt es nur wenige Dauerbrenner. Wieso fasziniert gerade diese Geschichte seit Generationen die Welt? Darüber ist viel gerätselt worden. Berührt Heidi die Herzen, weil sie ein schutzloses Waisenkind ist? Oder weil das vermeintlich überflüssige Mädchen zur Hauptperson wird? Trotz ihrer Schwäche wird sie ja zur Heldin der Geschichte. Damit kann sich die Leserschaft offenbar identifizieren.

Das Buch beginnt schon im ersten Kapitel damit, dass Heidis Tante Dete das Kind los sein will. In ihrem Egoismus hört sie nicht auf die Warnungen der Dorfbewohner. Sie bringt es fertig, das Kind auf den lebensfeindlichen Berg ausgerechnet zum Alpöhi zu bringen, vor dem sich sogar die Erwachsenen fürchten. Sie bringt es auch fertig, eines Tages die Kleine völlig überraschend einfach wieder zu holen und in das ferne Frankfurt zur wohlhabenden Familie Sesemann zu verfrachten. Dort soll sie nicht nur lernen, artig zu sein, sondern auch zu lesen und zu schreiben.

Dies sind allerdings nur vorgeschobene Gründe. In Wirklichkeit ist sie geholt worden, um die Einsamkeit der gelähmten Klara erträglicher zu machen. Wenn die Tante auch behauptet, Heidis Wohl im Sinn zu haben, stellt sich doch unweigerlich heraus, dass es ihr wieder einmal nur um den eigenen Vorteil geht.

Heidi erscheint in der Geschichte zweimal als Opfer. Zunächst einmal bei ihrer erzwungenen Ablieferung beim menschenfeindlichen Alpöhi, der sie zuerst nicht haben will. Dies scheint sie aber gar nicht zu bemerken. Sie fühlt sich auf dem Berg sofort wie ein Fisch im Wasser. Umgekehrt wird ihr späterer Aufenthalt im Hause Sesemann in Frankfurt, der eigentlich als die große Chance ihrer Kindheit gesehen werden könnte, für sie zunehmend zum Albtraum.

Nicht nur die Handlungen der Erwachsenen überraschen den Leser, sondern auch Heidis Reaktionen darauf. Diese bleibt aber immer sich selbst treu. Gerade dadurch gewinnt sie die Herzen der Leser. Sie fürchtet sich nicht vor dem gewaltigen Alpenwind und kann mit dem verbitterten Großvater genauso umgehen wie mit dem genauso eigenbrötlerischen Geißenpeter. Dessen Großmutter liebt sie und möchte ihre Armut und ihr Leiden irgendwie lindern.

Mit kindlicher Unschuld sammelt sie in den ersten Tagen im reichen Frankfurter Haus Brötchen, die sie für die blinde Frau aufheben will. Sie sieht diese nämlich nicht nur als die Großmutter des Geißenpeters, sondern auch als ihre eigene. Für derartige Gefühlsduseleien hat aber die Erzieherin Fräulein Rottenmeier kein Verständnis. Damit beginnt eine endlose Serie von Problemen.

Während sie sich vorher an das Leben auf der Alp sofort anpassen konnte, bleibt sie in Frankfurt ein Fremdkörper. Physisch ist sie zwar in Deutschland, aber innerlich lebt sie immer noch in den Bergen. Schrittweise zieht sie sich in sich selbst zurück und wird seelisch krank. Sie isst und freut sich nicht mehr und erschreckt das ganze Haus dadurch, dass sie schlafwandelt.

Der Arzt ist es schließlich, der sie rettet. Er setzt das Undenkbare durch, und Heidi wird wieder auf die Alp geschickt, wo schließlich die gesamte Frankfurter Familie sie besucht. Nun sind sie es, die als Fremdkörper wirken. So wie sie einst über Heidi geredet haben, kommen sie nun ins Gerede der Bergdorf-Bewohner. Doch auf wundersame Weise führt der Besuch der Familie auf der Alp zur Heilung der gelähmten Klara. Zudem versöhnt sich der Alpöhi nicht nur mit Gott und den Menschen, sondern zieht sogar um – zurück in sein Haus im Dorf, das er nun mit dem deutschen Arzt teilt, welcher Heidi sogar als seine Erbin einsetzt.

Johanna Spyri war offensichtlich begabt darin, unterschiedliche Persönlichkeiten zu schildern. Sie malt dem Leser nicht nur die fröhliche Heidi und den verbitterten Großvater Seite um Seite vor Augen, sondern auch den wortkargen, denkfaulen Geißenpeter und dessen mausarme Familie mit der gefühlvollen Großmutter. Die pedantische, von Ängsten geplagte Erzieherin Rottenmeier bringt jeden zum Schmunzeln. Sie wird im Hause Sesemann offensichtlich in Kontrast zur herzensguten Großmutter von Klara gesetzt. Heidis ungewollte Streiche bringen das noble Frankfurter Haus durcheinander, und man kann sich darüber ein ums andere Mal mit der gelähmten Tochter Klara mitfreuen.

Viele Deutungen der Heidi-Geschichte sind versucht worden. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass sich das Buch gegen die Verstädterung wenden wolle. Es sieht so aus, als wolle Johanna Spyri mit dieser Geschichte gegen die Entwicklung der modernen Welt und gegen die Industrialisierung protestieren. Zu einer Zeit, als man die Berge wegen ihres rauen Klimas gefürchtet habe, werde das Leben auf der Alp in Johanna Spyris Buch geradezu idealisiert. In der Geschichte werde deutlich gezeigt, dass nicht das Leben in der Großstadt, sondern dasjenige auf der Alp lustig und lohnenswert sei.1

Doch derartige Deutungsversuche sind viel zu weit gegriffen. Sie vergessen, dass es sich um ein Kinderbuch handelt. Darin wird ganz einfach erzählt, wie Heidi die Berge und im Gegensatz dazu die Großstadt empfindet. Nirgends wird behauptet, dass das Leben auf der Alp allen Menschen so leichtfällt und so lustig erscheint wie ihr. Ganz im Gegenteil. So wird in ebendiesem Buch etwa auch berichtet, wie schwer es der Großmutter des Geißenpeters fällt, die in der Nacht nicht schlafen kann, weil sie Angst hat, dass die starken Winde ihr altes Haus einstürzen lassen.

Heidi ist zwar nicht geschaffen für Frankfurt, aber es kommen durchaus Persönlichkeiten in der Geschichte vor, die dorthin besser passen als in die Alpen. Und auch wenn das Kind aus den Bergen in Deutschland nicht glücklich wird, so reift es doch dort. Es lernt nicht nur lesen und schneidern, sondern sammelt Lebenserfahrung, die es bei seiner Rückkehr gewinnbringend einsetzt.

Traurig ist Heidis Misserfolg in Frankfurt. Sie ist nicht anpassungsfähig. Könnten Kinder nicht mehr aus einem Buch lernen, das von Erfolg erzählt? Ist vielleicht die versteckte Aussage der Heidi-Geschichte, dass es zu Hause am schönsten sei, anstatt dass man sich verändern und Neues lernen müsse? Aber wer solches vermutet, hat das Buch missverstanden.

Nachdem die Tante das kleine Mädchen zum Alpöhi bringt, wo es eigentlich gar nicht zu Hause ist, passt es sich sogar unglaublich schnell und gut dem extrem schwierigen Öhi und seinem kargen Alpleben an, obwohl es eigentlich ja zu diesem Zeitpunkt dort noch gar nicht zu Hause ist. Wieso aber kann es sich später in Deutschland nicht zurechtfinden? Weil es einfach nur ein Kind mit seinen Grenzen ist. Es ist durchaus realistisch, dass nicht jeder sich überall zurechtfinden kann – und schon gar nicht ein herumgeschubstes Waisenkind.

Heidi wird zwar als ein aufgewecktes Mädchen geschildert, aber eben gerade nicht als ein Wunderkind. Das macht es umso attraktiver und realitätsnaher. Es kehrt zwar in die Heimat zurück, aber nicht nur, um wieder so zu leben wie früher, sondern um seine Mitmenschen dank der neu gewonnenen Deutschland-Beziehungen und Auslands-Erkenntnisse zu beglücken.

Wer den Sinn des Buches verstehen will, muss im Leben der Autorin suchen. Im Stadthaus von Zürich soll Johanna Spyri 1879 den ersten Teil des Heidi-Romans innerhalb von vier Wochen geschrieben haben.2 Er kam direkt aus ihrem Herzen, weil das, was darin steht, ihre eigenen Gefühle und Erfahrungen ausdrückt.

Sie war zwar kein Waisenkind, aber sie war auch auf dem Land aufgewachsen und hatte zu einem Anwalt mitten in die Stadt Zürich geheiratet. Während ihr Vaterhaus immer voll von Menschen gewesen war, hatte ihr Ehemann keine Zeit für Gäste.

Es geht in der Heidi-Geschichte überhaupt nicht um versteckte Anspielungen auf politische und wirtschaftliche Entwicklungen, sondern um das Innenleben eines Menschen. Die Autorin hat ja ebenso wie das Heidi eine psychische Krankheit durchgemacht, und zwar eine längere.

Wie viel ihre unglückliche Ehe dazu beigetragen hat, können wir nicht sagen. Jedenfalls gebar sie nur einen einzigen Sohn und wurde während der Schwangerschaft von Depressionen übermannt. Früh schon zeigte sich, dass der Sohn kränklich war und nicht lange leben würde. Aus derart schwierigen Situationen wurde der Glaube geboren, von dem sie in der Heidi-Geschichte erzählt.

Was das Buch so ergreifend macht, ist tatsächlich nicht nur die Erzählung selbst, sondern es sind die feinfühligen Beschreibungen von zwischenmenschlichen Beziehungen und Gefühlen. Nicht nur Landschaftsbeschreibungen, sondern auch Gespräche und Handlungen von Personen werden oft dazu benutzt, um tiefe innerliche Regungen auszudrücken.

Die christliche Seite der Geschichte kommt bei Kritikern offensichtlich schlechter an als bei den Lesern. Von «schwärmerisch-pietistischer Frömmigkeit einer vergangenen Zeit» zeuge das Heidi-Buch, wird da etwa behauptet, und dass die religiöse Ausrichtung von Johanna Spyris Werk ihren Geschichten «etwas Unwirkliches» gebe.

Tatsächlich haben denn auch mehrere Verleger alles, was mit dem Glauben zu tun hat, einfach aus dem Text rausgestrichen. Die Geschichte des Waisenmädchens, das sich verblüffenderweise gerade in den rauen Bergen beim verbitterten Alpöhi zu Hause fühlt, dagegen in der fortgeschrittenen, wohlhabenden Großstadt seelisch krank wird, bleibt bei diesen Verlegern trotzdem erhalten. Aber das, was Johanna Spyri eigentlich mit dem Buch sagen wollte, geht dann verloren.

Darum verstricken sich manche Ausleger der Heidi-Geschichte in politischen Dimensionen und lesen Aussagen in das Buch hinein, die völlig erfunden sind, weil sie das, was offensichtlich dasteht, nicht wahrhaben wollen. Es ging Johanna Spyri offensichtlich in erster Linie darum, zu zeigen, wie der Glaube in den schwierigsten Lebenssituationen helfen kann.

Das Buch enthält keineswegs theoretische, weltfremde Religiosität, sondern zeigt einen Glauben, der erst durch Lebenserfahrung entsteht und ganz praktisch hilft, den Alltag zu bewältigen. Natürlich begegnet Heidi dem Gottvertrauen weder bei der egoistischen Dete noch beim verbitterten Alpöhi oder dem einfältigen Peter, wohl aber bei dessen blinder Großmutter.

Deren Glaube kann nun wirklich nicht als schwärmerisch bezeichnet werden, hat sie doch selber über viele Jahre sogar die Liedertexte vergessen, die sie so gerne singen möchte. In ihrer Blindheit, Armut und Krankheit hätte sie allen Grund, einen verbitterten, unausstehlichen Charakter zu entwickeln. Sie verlangt aber vom Leben nicht mehr, als ihr jemanden zu schicken, der aus dem Gesangbuch vorlesen könnte. Sie, die nicht nur ihren Sohn und ihr Augenlicht, sondern auch sonst so ziemlich alles verloren hat, was anderen Leuten Lebensfreude schenkt, ist keineswegs in Selbstmitleid und Anschuldigungen versunken. Kälte, Hunger, Schmerz, Verlust und Angst sind ihre täglichen Begleiter. Sie empfindet aber trotzdem die Güte Gottes und findet Grund, für die kleinsten Dinge dankbar zu sein. Man kann sie um diesen Glauben nur beneiden!

Auch in Frankfurt begegnet Heidi dem Glauben, und zwar bei Klaras Großmutter, der großen Pädagogin des Buches. Sie vollbringt ein wahres Wunder, indem sie Heidi davon überzeugt, dass sie lesen und schreiben lernen kann. Als Einzige erkennt sie die psychische Not des Kindes und akzeptiert auch, dass dieses sich niemandem mitteilen will. Ganz weise ermutigt sie das Schweizer Mädchen, seine Not stattdessen insgeheim mit Gott zu besprechen, was dieses auch mit Freuden tut. Das ist sicher realistisch, denn Kinder lieben es im Allgemeinen, zu beten.